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Suche nach dem Göttlichen

TROST UND VERSÖHNUNG

Zu Allerheiligen präsentieren das Zürcher Kammerorchester und die Zürcher Sing-Akademie zwei Passionsmusiken von Frank Martin und Benjamin Britten, die mit zwei geistlichen Werken Bachs in einen Dialog treten. Geleitet wird das Konzert von Florian Helgath, der für dieses spezielle Projekt zum ersten Mal mit dem ZKO zusammenarbeitet.

TEXT LION GALLUSSER

Es war zweifelsohne eine Sternstunde des ZKO, als es gemeinsam mit dem grossen Violinisten Yehudi Menuhin am 9. September 1973 Frank Martins Polyptyque in Lausanne zur Uraufführung brachte. Geleitet wurde das Konzert von Edmound de Stoutz, der das Werk bei Martin in Auftrag gegeben hatte. Seither gehört das Polyptyque zu den geistlichen Schlüsselwerken des 20. Jahrhunderts: Darin leuchtet der Westschweizer Komponist Martin die Leidensgeschichte Christi mit seiner charakteristischen Musik aus, und zwar anhand von sechs Holztafeln aus einem mittelalterlichen Polyptychon im Dom von Siena. Zu den wichtigen geistlichen Kompositionen des letzten Jahrhunderts gehört auch die Cantata misericordium, die Benjamin Britten 1963 zum 100. Jubiläum des Roten Kreuzes schrieb und die nur ein Jahr nach dem War Requiem (seine vielleicht bekannteste Komposition) uraufgeführt wurde.

Sowohl für Martin als auch für Britten hatte die geistliche Musik einen wichtigen Stellenwert.

Martin drückte mit ihr nicht zuletzt seine zeitlebens anhaltende, starke Frömmigkeit aus. Dabei versuchte er, die Musik mit den Mitteln seiner modernen Kompositionsweise – freilich ohne je die Tonalität zu verlassen – weiterzuentwickeln, wobei er subtil mit den historischen Vorbildern umging. Allen voran: Johann Sebastian Bach, dessen Werk er verehrte und das – wie im jetzigen Konzert mit dem ZKO – in Dialog mit dem eigenen Schaffen trat und tritt. Für den Pazifisten Britten wiederum bot eine breit aufgefasste Religiosität die Möglichkeit der Versöhnung nach den völkertrennenden Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Auch im Schaffen von Florian Helgath, der seit 2017 als künstlerischer Leiter der Zürcher Sing-Akademie waltet, ist die geistliche Musik ein fester Bestandteil. Angesprochen darauf, was es ihm bedeutet, mit «seiner» Sing-Akademie und dem ZKO aufzutreten, meint er: «Ohne das ZKO bereits persönlich kennen gelernt zu haben, glaube ich, dass hier zwei Ensembles zusammenkommen, die musikalisch auf einer sehr ähnlichen Wellenlänge liegen. Nicht nur was die Flexibilität angeht, sondern auch von der Durchdringung der Stücke – was unser Programm extrem erfordert, da es so facettenreich und vielfältig ist. Wir freuen uns sehr auf diese Begegnung, sowohl ich persönlich als auch die Sänger-innen und Sänger. Ich glaube, das wird etwas ganz Besonderes!»

SUCHE NACH DEM GÖTTLICHEN DI, 1. NOV. 2022, 19.30 UHR TONHALLE ZÜRICH

Florian Helgath Leitung Zürcher Sing-Akademie Zürcher Kammerorchester Willi Zimmermann Violine Solo

Grosses Abo, Kleines Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35 Johann Sebastian Bach Kantate «Nach Dir, Herr, verlanget mich» BWV 150 Frank Martin Kyrie, aus Messe für zwei vierstimmige Chöre Frank Martin «Polyptyque» für Violine und zwei kleine Streichorchester Johann Sebastian Bach Motette «Jesu, meine Freude» BWV 227 Benjamin Britten Cantata misericordium op. 69