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ausgezeichnete Tiroler Lehrlinge
Die Lehre geht mit der Zeit – und bietet auch in einer dynamischen Welt Kompetenzen und einen soliden Karrieregrundstock. Über die Relevanz der Ausbildung und warum der Satz „Ich habe nur eine Lehre gemacht“ nicht zeitgemäß ist, spricht Wirtschaftskammer-Tirol-Präsident Christoph Walser im Interview.
FOTO: AXEL SPRINGER
Sie haben selbst eine Lehre zum Speditionskaufmann gemacht. Würden Sie den
gleichen Weg wieder gehen? CHRISTOPH WALSER: Ja, auf jeden Fall. Ich hätte eigentlich, wie meine älteren Geschwister, die Matura machen sollen. Ich bin zwei Jahre ins BORG Volders gegangen und habe die Schule dann abgebrochen. Ich wollte etwas Praktisches machen und habe mich dann für die Lehre zum Speditionskaufmann entschieden. Ich war vom ersten Tag an glücklich. Mir hat dieser Beruf so gut gefallen. Ich war begeistert, den ganzen Tag im Betrieb gefordert zu werden. Auch die Ausbildung an der Berufsschule fand ich super. Ich würde es wieder gleich machen. Die Lehre war für mich das wichtigste Sprungbrett in die Selbstständigkeit.
Wie kann es gelingen, die duale Ausbildung als
Karriereweg zu festigen? Seit meinem Amtsantritt als Wirtschaftskammerpräsident habe ich versucht, die Lehre wieder in den Mittelpunkt der Wirtschaft zu rücken. Das Image des Lehrberufes in Österreich befindet sich derzeit im Wandel. Kampagnen wie „Mei Madl, mei Bua“ fruchten mittlerweile. Die Wirtschaft und auch die Gesellschaft erkennen mehr und mehr, dass es sich bei Lehrlingen um begehrte Fachkräfte handelt. Aussagen wie „jemand habe nur eine Lehre gemacht“ sind längst nicht mehr zeitgemäß. Die duale Ausbildung garantiert umfassende praktische Erfahrung. Genau das, was von den Unternehmen jeweils benötigt und gefordert wird. Demnach sichert die Lehrlingsausbildung nachweislich den Fachkräftenachwuchs und steht im direkten Zusammenhang mit einer niedrigen Quote bei der Jugendarbeitslosigkeit. Auch die Verdienstmöglichkeiten sind zwischen-
zeitlich schon wesentlich besser als mit so manchem Schul- oder Studienabschluss. Zudem ist die Lehre schon lange keine Einbahnstraße mehr.
Welche Möglichkeiten gibt es hier? Mehr und mehr junge Erwachsene finden Gefallen an dem Modell der „Lehre nach der Matura“. Wir erkennen einen ganz klaren Trend vor allem bei AHS-Maturanten, nach ihrer fundierten Allgemeinbildung noch eine praxisorientierte, betriebliche Ausbildung zu machen. Ein Vorteil der Maturanten ist auch die Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr. Die Lehre nach der Matura soll sich in Zukunft noch stärker als normaler Berufsweg etablieren. Vor zwölf Jahren hatten wir gerade einmal 20 Lehrlinge, die nach ihrer AHS-Matura noch ein Lehrverhältnis abgeschlossen haben. 2019 waren es bereits weit über 200.
Wie können die Vorteile der Lehre in den Köpfen der Auszubildenden und auch Eltern verinnerlicht werden? Es muss in den Köpfen der Eltern verankert werden, dass eine gute Lehrausbildung etwas Tolles und Erstrebenswertes ist. Unser Ziel ist, dass, wenn jemand einen Beruf oder ein Handwerk erlernt, die
CHRISTOPH WALSER, PRÄSIDENT DER WIRTSCHAFTSKAMMER TIROL
Lehrlinge und die Eltern stolz darauf sind. Wir versuchen ganz stark in den Schulen aktiv zu sein und sie zu überzeugen, dass dies ihr Lebensweg sein kann, und appellieren auch an die Eltern, die Talente und Veranlagungen ihres Kindes ins Zentrum der Entscheidung zu rücken.
Was raten Sie jungen Menschen, die sich gerade entscheiden, ob Sie eine Lehre machen oder weiter in
die Schule gehen wollen? Die Entscheidung Lehre oder Schule muss zum Kind passen und ihm Spaß und Freude machen. Es soll selbst entscheiden, was es für ein Typ ist und wo es hinwill.
Vielen Dank für das Gespräch.


Wir bleiben da. Für Sie.
