
6 minute read
GOLD, DAS NICHT VERSTAUBT Alles Wissenswerte über
Von der Skimittelschule in Windischgarsten schaffte es Sonja Brandstätter (vierte von rechts) bis zum ÖSV-Weltcupkader 1975 in Val D’Isère in Frankreich. Ihre Tochter und ihre Enkelin besuchen später ebenfalls dieselbe Schule.
Gold, das nicht verstaubt
Nachwuchswintersportler können in Österreich den Weg Richtung Leistungssport recht früh einschlagen und eine Skimittelschule besuchen. Ob aus Skifahrerfamilien stammend oder aus dem Flachland: Wichtig sind Spaß am Sport, Fleiß beim Training und eine kleine Portion Glück.
Text: Haris Kovacevic
Martina Schweighofer entschied sich ebenfalls für die Skimittelschule in Windischgarsten und trat bei etlichen Rennen für den Skiclub Wels an.

Es ist nun mal so, dass man das, was man selbst gern macht, auch leichter weitergibt“, sagt Martina Schweighofer. Ihre Mutter, Sonja Brandstätter, hatte schon die Skimittelschule in Windischgarsten besucht und es später sogar zum Weltcup geschafft. So stand Martina selbst recht früh auf der
Piste, belegte noch in der Volksschulzeit bei Wettkämpfen immer die vorderen Plätze, und als ihre damals beste Freundin ihr erzählte, dass sie in die Skimittelschule gehen wolle, war es auch für sie entschiedene Sache.
LEISTUNGSSPORT
Für junge Wintersportler hat das österreichische Schulsystem mit den Skimittelschulen ein Angebot geschaffen, das sie schon früh an die Herausforderungen des Leistungstrainings vorbereitet, ohne die schulische Ausbildung zu vernachlässigen. In den Skimittelschulen können Zehn bis 14-Jährige Training, Sport und Schule in Einklang bringen. Unter der Woche wird der Unterricht besucht und meistens zweimal am Tag trainiert, an den Wochenenden stehen Wettkämpfe auf dem Plan. „Die Schulen sind hochprofessionelle Institutionen“, erklärt Jürgen Kriechbaum, Leiter der Abteilung Entwicklung Leistungssport beim ÖSV. „Die Kinder lernen hier schon recht früh, nach leistungssportlichen Prinzipien zu handeln. Aber auch gesellschaftliche Werte wie Teamgeist, Gemeinschaft und Freundschaft sind von großer Bedeutung.“
HOHE QUOTE
Dass die Schulen nicht den Anspruch erheben können, aus jedem einen späteren Profisportler und Weltcupsieger zu machen, sei natürlich klar. Eine Skischwerpunktschule sei aber tatsächlich eine Schule fürs Le-
MARTINA SCHWEIGHOFER, ABSOLVENTIN DER SKIMITTELSCHULE IN WINDISCHGARSTEN
Der heutige ÖSV-Kader besteht zu ca. 45 %
aus Absolventen einer Skimittelschule. ben, denn hier müsse man sich „klare Ziele setzen und lernen, dafür gewisse Entbehrungen in Kauf zu nehmen“. Auch die eigene Willenskraft wird auf die Probe gestellt und sportlicher Geist verinnerlicht, was unter anderem bedeutet, mit Erfolgen, aber auch mit Misserfolgen emotional geschickt umzugehen. Dass der heutige ÖSV-Kader etwa zu 45 Prozent aus Absolventen einer Skimittelschule besteht, gibt laut Kriechbaum dem Konzept recht: „Das heißt, dass fast die Hälfte unserer Skifahrer einen anderen Weg zum Sport hätte suchen müssen, hätte es diese Schulen nicht gegeben“, erklärt der ehemalige Skitrainer.
SPÄTZÜNDER
Auch für ihn selbst sei die Skimittelschule wichtig gewesen. Aus dem „oberösterreichischen Flachland“ stammend, hatte kaum jemand in seiner Familie wirklichen Bezug zum Skisport. Als er mit zehn Jahren seinen Eltern sagte, dass er gerne in die Skischule gehen möchte, wollte man ihn, auch wenn man von der Idee

Ruth Schweighofer folgt dem Beispiel ihrer Mutter und Großmutter, besucht eine Skimittelschule und möchte selbst einmal Profi werden.
RUTH SCHWEIGHOFER, SCHÜLERIN DER SKIMITTELSCHULE IN WINDISCHGARSTEN nicht gerade begeistert war, einfach die Aufnahmeprüfung machen lassen. Und obwohl er beim Skifahren nicht überzeugen konnte, punktete er beim sportmotorischen Test und wurde aufgenommen. „Nicht nur für Kinder, die früh mit dem Skifahren anfangen, sondern auch für Spätzünder und jene, die daheim nicht diese Trainingsmöglichkeiten haben, ist die Schule im Sinne einer gezielten Förderung wichtig“, meint Kriechbaum – dafür sei unter anderem auch seine eigene Biografie ein Beleg. „Durch die Skimittelschule erlangen die Schüler eine umfassende allgemeine sportliche sowie skisportliche Ausbildung. In der Phase des sogenannten ‚goldenen Lernalters‘ passieren richtungsweisende Prägungen bezüglich Skitechnik, Kondition, aber auch in der Persönlichkeitsbildung“, so Kriechbaum, und daran habe sich seit seiner Schulzeit nichts geändert.
STRAFFE PLÄNE
Die 13-jährige Ruth Schweighofer, Tochter von Martina Schweighofer und Enkelin von Anja Brandstätter, besucht heute ebenfalls die Skimittelschule in Windischgarsten. „Sie stand schon mit zwei Jahren recht sicher auf den Skiern“, sagt Martina, „und das hat mich als Mutter sehr gefreut.“ Die 13-Jährige hat einen getakteten Tagesablauf: Auf Schule mit Sportunterricht am Vormittag folgten Schule und Training am Nachmittag. An den Wochenenden stehen Rennen an, bei denen ihre Schulkameradinnen zu Konkurrentinnen werden: aber „nur beim Start“, versichert Ruth. Im Internat der Skischule hat sie viele Freundinnen gefunden. Aber nicht nur unter den Mitschülerinnen, sondern, wie ihre Mutter sagt: „Auch Trainer und Lehrer sind hier wichtigere Bezugspersonen als in anderen Schulen. Das Konzept kann noch so gut sein, aber wenn die Verantwortlichen nicht herzlich und verständnisvoll sind, ist auch die Ausbildung nicht gut.“ Ruth habe da viel Glück gehabt – so wie sie selbst auch. Irgendwann möchte Ruth im Weltcup an den Start gehen, ja. „Viel wichtiger ist aber, dass ich weiterhin Freude am Skifahren habe“, sagt die 13-Jährige. Und auch darin ist sie sich mit ihrer Mutter einig. Denn eine Topskifahrerin muss ihre Tochter nicht unbedingt werden, meint Martina. „Medaillen verstauben irgendwann“, sagt sie, „aber das, was man in der Schule mitbekommt, bleibt einem ein Leben lang.“
JÜRGEN KRIECHBAUM, LEITER DER ABTEILUNG ENTWICKLUNG LEISTUNGSSPORT BEIM ÖSV
ÜBERBLICK
SKIMITTELSCHULEN
ALPIN LANGLAUF BIATHLON SKISPRUNG SNOWBOARD FREESKI
BAD GASTEIN
SALZBURG
Bis zu 15 Wochenstunden Sportunterricht warten auf die Schüler der Bad Gasteiner Schule. Die Trainingspläne variieren je nach Jahreszeit. Schülern steht auch das Internat der Skihotelfachschule im Ort zur Verfügung.
skimittelschule.at
LILIENFELD
NIEDERÖSTERREICH
Lilienfeld bietet den Rahmen für eine sportlich fundierte Ausbildung in den Wintersportsparten Ski, Snowboard und Langlauf samt Biathlon, aber auch Golf. Der schulische Aspekt wird dank flexiblem Stundenplan nicht vernachlässigt.
nmslilienfeld.ac.at/md/ski
SCHLADMING
STEIERMARK
Das Unterrichtspensum wird zwischen Oktober und März trainingsbedingt etwas gemindert, um es dann bis zum Sommer wieder aufzuholen. Die Begrenzung der Schülerzahl auf 15 garantiert mehr Fokus auf den einzelnen Schüler und somit eine gute sportliche und schulische Ausbildung.
skinms.schladming.at
SCHRUNS
VORARLBERG
Im Herbst und Frühjahr drücken die „Skifahrer“ in dieser Vorarlberger Mittelschule die Schulbank etwas länger, um im Winter mehr Zeit fürs Training zu haben. Schularbeiten und Prüfungspläne werden mit den Trainings- und Rennterminen abgestimmt.
sms-schruns.vobs.at
FEISTRITZ
KÄRNTEN
Jede wegen Trainings versäumte Schulstunde wird in der Kärntner Mittelschule zum Teil auch durch eigenes Internatslehrpersonal nachgeholt. Die Schule bietet ausgezeichnete Ganztagsbetreuung mit individuell abgestimmtem Trainingsprogramm.
ms-feistritz.ksn.at/ms
EISENERZ
STEIERMARK
Die Ski- und Sportmittelschule legt in Sachen Wintersport das Augenmerk nicht nur auf alpine Disziplinen, sondern auch auf Snowboard sowie Nordische Kombination und Biathlon. Skigebiete, Schanzenanlagen, Loipen und vieles mehr an Infrastruktur in unmittelbarer Nähe machen es möglich.
ms-eisenerz.at
SAALFELDEN
SALZBURG
Die nordische Skimittelschule legt den Fokus, wie der Name schon sagt, auf die nordischen Skidisziplinen, wobei auch Alpin nicht zu kurz kommt. Ein eigenes Trainer- und Lehrerteam, moderne Sportstätten und Trainingsräume garantieren eine solide sportliche und schulische Ausbildung.
schimittelschule.at
NEUSTIFT
TIROL
Die Tiroler Skischule verspricht eine allgemeine und vielseitige sportliche Ausbildung und gute Vorbereitung auf eine spätere Profikarriere. Zur Schule gehören ein Vereinshort und ein Internat im Trainingszentrum Neustift, die ausschließlich den Schülern zur Verfügung stehen.
ski-msneustift.at
WINDISCHGARSTEN
OBERÖSTERREICH
Die oberösterreichische Mittelschule stimmt seit 1966 Unterricht, Sport und Wohnen organisatorisch gut aufeinander ab, und seit letztem Jahr kann sogar zwischen den Sparten Alpin und Biathlon gewählt werden.
ski-mittelschule.at
MURAU
STEIERMARK
Ob nordisch, Ski Alpin oder Snowboard: Die Skimittelschule in Murau hat in Sachen Wintersport allerhand zu bieten. Dabei werden die Trainingspläne individuell an die Sparte sowie die schulischen Anforderungen angepasst.
nms-murau.at
Junge Wintersportler können sich in Österreich schon mit zehn Jahren für eine Ausbildung mit Skischwerpunkt entscheiden. Dabei bleiben ihnen alle Türen offen – auch jene zur Profikarriere.