Gesund in Tirol / Frühjahr Sommer 2017

AUSGAB E # 15 FRÜHJAHR /SOMMER 2017

In Partnerschaft mit den

Kleine Sportler

Welche Sportarten für Kinder unbedenklich sind und worauf man trotzdem achten sollte.

Immunsystem Wie unsere körpereigene Abwehr funktioniert und wie bzw. ob wir sie positiv beeinflussen können.

Wege aus dem

Schmerz Wie multimodale Therapien chronischen Schmerzpatienten helfen können.

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Kurz & bündig

Zeit nutzen: Nach Regenschauern können auch Pollengeplagte die frische Luft genießen.

Kurz & bündig Soforthilfe für rasende Nasen Was Allergiker akut und ergänzend zu Medikamenten tun können, um die Pollensaison zu überstehen.

GEZIELTES LÜFTEN. In Städten herrscht zwischen 6 und 8 Uhr meist die geringste Pollenkonzentration. Auf dem Land lässt man am besten zwischen 20 und 24 Uhr frische Luft herein. Heult der Wind, sollten die Fenster aber generell geschlossen bleiben.

REGEN BRINGT SEGEN. Ist die Pollenkonzentration besonders intensiv, hält man sich besser in geschlossenen Räumen auf. Nach einem kurzen Regenschauer bietet sich aber die perfekte Gelegenheit für einen Spaziergang an der frischen Luft.

POLLENKALENDER BEACHTEN. Ein verlässlicher Verbündeter für Allergiker ist der Pollenwarndienst (www.pollenwarndienst.at). Um über die Belastungen der kommenden Tage auch unterwegs Bescheid zu wissen, gibt es den Service zudem als Smartphone-App.

10,8 % Damit rangiert der Blütenstaub vor den Katzenhaaren (6,6 Prozent) auf dem ersten Platz unter den quälenden Stoffen. Detail am Rande: Sind Allergikerinnen bei anderen allergenen Substanzen prozentuell führend, reagieren mehr Männer (11,5 Prozent) als Frauen (10,8 Prozent) allergisch auf Gräser, Birke und Konsorten.

Anfang bzw. Mitte Mai startet heuer vermutlich die Gräserblüte.

Histamin

der Österreicher reagieren allergisch auf Pollen.

sorgt als Botenstoff nicht nur für allergische Reaktionen, sondern auch für Entzündungen und die Regulation der Magensäure-Produktion. Seine Gegenspieler, die Antihistaminika, wurden 1930 von französischen Forschern entdeckt.

1942 erstmals therapeutisch eingesetzt, werden sie als Medikament besonders von Allergikern geschätzt.

Inhalt

Akupunktur, Physiotherapie, Gesprächstherapie, neurologische Schmerzstiller – Die Therapieformen, die heute bei chronischen Schmerzpatienten angewandt werden, sind umfangreich. Ebenso wichtig wie ein interdisziplinärer Ansatz in der Therapie ist das Aufsuchen einer spezialisierten Einrichtung, wie zum Beispiel die Schmerzambulanz in Hall, mit dessen Leiter wir unter anderem für diese Ausgabe gesprochen haben. Mit Sport haben wir uns dieses Mal gleich zwei Mal auseinandergesetzt: einmal im Zusammenhang mit Doping im Hobbysport und einmal im Zusammenhang mit Kindern bzw. der Frage, welche Sportarten für kleine Körper unbedenklich sind und bei welchen Vorsicht angesagt ist. Über seine neue Aufgabe als Direktor der Kinderklinik Innsbruck haben wir mit Thomas Müller gesprochen und in unserer Serie über die menschlichen Organe widmen wir uns dieses Mal der Leber.

Wir wünschen eine spannende Lektüre!

Die Redaktion

Inhalt Kurz & bündig Für Allergiker Wissenswertes und hilfreiche Tipps zum Thema Pollenallergie auf einen Blick.

Cover-Story 2

Gesund leben

Chronischer Schmerz 26 Wie ein breitgefächerter Therapieansatz das Leid von chronischen Schmerzpatienten lindern kann.

Ratgeber

Doping im Hobbysport Worauf ambitionierte Freizeitsportler und Hobby-Marathonläufer achten sollten.

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Hautkrankheit Akne Warum die psychischen Folgen von Akne oft schwerer wiegen als die körperlichen.

Das Immunsystem Wie unser Immunsystem funktioniert und wie bzw. ob wir es tatsächlich stärken können.

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Interview

Tabuthema Fehlgeburt 12 Was die Ursachen für eine Fehlgeburt sind und wo Betroffene auch seelische Unterstützung erhalten.

Thomas Müller Der neue Direktor der Innsbrucker Kinderklinik im Gespräch über seine Laufbahn und mehr.

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Wissen

Kraft der Kräuter Warum Kräuter gesund sind und wie man sie in der Küche verwenden kann.

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Lungenkrankheit COPD 40 Warum immer mehr Menschen an COPD erkranken und wie Betroffene therapiert werden.

Sportliche Kids Welche Sportarten in der Entwicklungsphase unbedenklich sind und welche nicht.

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Serie: Die Organe Dieses Mal werden die Leber und ihre Funktionen unter die Lupe genommen.

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Impressum Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: TARGET GROUP Publishing GmbH, Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck • Redaktion: Rebecca Müller (Ltg.), Klaus Erler, Daniel Feichtner, Kathrin Fenkiw, Eva Maria Hotter, Manuel Matt, Eva Schwienbacher, Barbara Wohlsein • Grafik & Produktion: Christina Rotter, Thomas Bucher • Illustration: Monika Cicho ń • Titelfoto: Shutterstock.com Fotos, falls nicht anders gekennzeichnet: Archiv/TARGET GROUP Publishing GmbH, Shutterstock.com • Geschäftsführung: Andreas Eisendle, Michael Steinlechner, Matthias Krapf Telefon: +43 (0)512/586020-0 • Fax: +43 (0)512/586020-20 • E-Mail Redaktion: redaktion@target-group.at E-Mail Verkauf: office@target-group.at • Druck: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten

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Gesund leben

Gesund leben

Alles geben

und noch mehr

Doping ist die dunkle Seite des Spitzensports.

Das Experimentieren mit leistungssteigernden Substanzen ist lange nicht mehr eine reine Angelegenheit der Profis. Auch Hobbysportler greifen inzwischen zu Hilfsmitteln, oft mit fatalen Folgen.

Gesund leben

I

m Spitzensport ist der Begriff Doping klar im World Anti Doping Codex (WADC) definiert.

Welche Substanzen und Methoden verboten sind, fasst die einmal jährlich aktualisierte Verbotsliste der World Anti Doping Agency (WADA) zusammen. Ebenfalls ist recht genau geregelt, bei welchen Wettkämpfen Dopingkontrollen durchgeführt werden und welche Athleten zum Test antreten müssen.

Wird einem Teilnehmer Doping nachgewiesen, hat das harte Sanktionen zur Folge. Grundsätzlich wird er oder sie für eine gewisse Zeit von der Teilnahme an weiteren Wettkämpfen gesperrt. Wie lange diese Sperre gilt, entscheidet eine Kommission. Während mildernde Umstände die Dauer verringern können, führt eine nachweisliche Beteiligung am Dopinggeschäft unter Umständen sogar zu einer Gefängnisstrafe.

Aber wie ist es im Hobbysport? Rein theoretisch gelten hier dieselben Regelungen. In der Praxis werden bei Breitensport-Wettkämpfen aber keine Kontrollen durchgeführt, abgesehen von ein paar wenigen Großveranstaltungen wie beispielsweise dem Vienna City Marathon.

Die Kapazitäten für einen solchen Aufwand – organisatorisch wie finanziell – wären nicht vorhanden.

Wenn ein Sportler eine Substanz der Verbotsliste eingenommen hat, beim Wettkampf allerdings nicht kontrolliert wird, dann spricht man auch nicht von Doping. „Im Hobbybereich ist deshalb vor allem der Begriff des Medikamentenmissbrauchs relevant“, erklärt Wolfgang Schobersberger, Leiter des Instituts für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG) an der Klinik Innsbruck und der UMIT Hall.

Immer schneller, immer stärker

Zu einem großen Teil werden im Freizeitsport zur versuchten Leistungssteigerung Mittel eingesetzt, die auf keiner Verbotsliste vorkommen. Weit verbreitet sind Nahrungsergänzungen wie Vitamine, Proteinshakes oder Aminosäuren. Vor allem im Ausdauerbereich (Laufen, Radfahren etc.) nehmen viele Sportler vor Wettkämpfen oder sogar während der Trainingsphase auch Schmerzmittel ein. Sie sollen verhindern, dass bei extremer körperlicher Anstrengung Muskel- und Gelenkschmerzen auftreten und dadurch die Leistungsfähigkeit eingeschränkt wird. Dieser Gedanke ist laut Wolfgang Schobersberger allerdings

ein absoluter Irrglaube: „Es ist sinnlos, vorbeugend Schmerzmittel zu nehmen. Sie führen zu keiner verbesserten Leistung, das ist wissenschaftlich bewiesen. Ein hohes Risiko steht dabei nahezu keinem Nutzen gegenüber.“ Da es viele gängige Schmerzmittel rezeptfrei in jeder Apotheke zu kaufen gibt, halten sich die gesundheitlichen Bedenken der Konsumenten meistens in Grenzen. Aber auch diese vermeintlich harmlosen Tabletten können negative Folgen haben: Unter anderem sind sie schädlich für den Magen, die Nieren und die Leber. Über Nebenwirkungen informieren sich allerdings nur die wenigsten bei ihrem Arzt oder Apotheker.

Der zweite große Bereich von Leistungssteigerung spielt sich im Kraftsport ab, wo immer mehr Sportler zu uner-

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farkten führen. Besonders auffällig sind allerdings die psychischen Auswirkungen, denn Anabolika bewirken Persönlichkeitsveränderungen und steigern das Aggressionspotenzial.

Schon alleine diese Beispiele zeigen: Die Gründe dafür, dass diese Substanzen verboten wurden, sind gravierend.

Trotzdem existiert ein illegaler Markt, als Hauptbezugsquelle gilt dabei das Internet. Zwischenhändler sind aber auch diverse Shops und Fitnessstudios.

Vom Trend zur Norm „Die Dimensionen im Hobbysport sind schwer mit früher vergleichbar, da es erst seit ca. 2006 Studien dazu gibt“, erklärt Cornelia Blank, Assistenzprofessorin und stellvertretende Leiterin des ISAG an der UMIT Hall. Aktuelle Untersuchungen zei-

„Es ist sinnlos, vorbeugend Schmerzmittel zu nehmen. Sie führen zu keiner verbesserten Leistung. Ein hohes Risiko steht dabei nahezu keinem Nutzen gegenüber.“ WOLFGANG SCHOBERSBERGER

laubten Hilfsmitteln wie Wachstumshormonen greifen. Ebenso werden anabole Steroide verwendet – synthetische Präparate, deren Struktur dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron ähnelt.

Bei intensivem Training haben diese Substanzen im Gegensatz zu Schmerzmitteln definitiv eine leistungssteigernde Wirkung: Sie fördern das Muskelwachstum und verringern den Körperfettanteil. Diese Vorteile sind für Kraftsportler sehr verlockend. Die Liste an Nachteilen ist allerdings noch viel länger. „Es gibt kaum ein Organ, auf das anabole Steroide keinen negativen Einfluss haben“, warnt Wolfgang Schobersberger. „Sie steigern nicht nur das Wachstum von Muskeln, sondern auch das von anderem Gewebe wie zum Beispiel Tumoren.“ Zudem können anabole Steroide zu Schlaganfällen, Unfruchtbarkeit, extremer Akne, verdunkelter Stimme, starker Körperbehaarung und sogar zu Herzin-

gen allerdings eine hohe Verbreitung von Medikamentenmissbrauch. So auch eine Studie, die in Zusammenarbeit der UMIT und der Universität Innsbruck durchgeführt wurde. Von den 571 befragten Studenten gaben über neun Prozent an, Substanzen einzunehmen, die im Leistungssport verboten sind.

Die Gründe für den Konsum von leistungssteigernden Mitteln, egal ob verboten oder erlaubt, sind dabei ähnlich wie im Profibereich. Die Sportler wollen immer besser werden und sich selbst und andere übertrumpfen. Oft spielen ebenso die Optik und der Wunsch nach Anerkennung eine Rolle. Aber auch die heutige Leistungsgesellschaft und der Druck, sich zu verbessern, treibt den Trend voran. „Medikamentenmissbrauch im Hobbybereich ist sicher mehr als ein Sportproblem. Für mich handelt es sich dabei um ein klassisches ‚Public Health’-Problem“, meint Cornelia Blank.

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Gesund leben

Zur Person Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger ist Leiter des ISAG an der Klinik Innsbruck und der UMIT Hall sowie stellvertretender Leiter des Departements Psychologie und Medizinische Wissenschaften an der UMIT.

©ISAG/UMIT

Laien aufgepasst

Besonders im Freizeitsport sind gewisse Hilfsmittel aufgrund der fehlenden Aufklärung gefährlich. Durch genaue ärztliche Untersuchungen und Dopinginformationen wissen Profisportler sowohl über ihren eigenen Körper als auch über die Wirkung bestimmter Subtanzen genau Bescheid. Bei Hobbysportlern ist das Gegenteil der Fall. Oft suggerieren Hersteller, man würde ein gewisses Nahrungsergänzungsmittel oder Ähnliches brauchen, um erfolgreich zu sein. Unter dem Motto „Was nicht hilft, schadet auch nicht“ wird es blind genommen, ohne sich über mögliche Nebenwirkungen zu informieren. Dabei können sogar die gängigsten Präparate fatale Folgen haben. Zum Beispiel schadet ein zu hoher Konsum von Proteinpulver und -shakes massiv der Leber.

Unabsichtlich gedopt

Die Intention bei der Einnahme legaler Hilfsmittel ist oft dieselbe wie beim klassischen Doping. Im Fall einer Kontrolle würden sie aber keine Probleme verursachen, da sie nicht auf der Verbotsliste stehen.

Eine gewisse Gefahr besteht jedoch bei grundsätzlich allen Nahrungsergänzungen. „Oft kommen diese aus großen Produktionsfirmen, die neben ‚harmlosen‘ Produkten auch Substanzen für die Pharmaindustrie herstellen, die auf der Verbotsliste genannt sein können“, erklärt Cornelia Blank. Wird eine Maschine in einer solchen Fabrik nicht sauber gereinigt, kann es vorkommen, dass anabole Substanzen in Proteinshakes und Co. enthalten sind. „Manche Firmen mischen wahrscheinlich sogar vorsätzlich solche Bestandteile in Ergänzungsmittel, damit die verbesserte Leistung auf das anscheinend harmlose Präparat zurückgeführt wird“, verdeutlicht Wolfgang Schobersberger. Das ist möglich, weil Nahrungsergänzungen nicht so strengen Gesetzesauflagen unterliegen wie Medikamente.

Bei zentraleuropäischen Firmen kommen solche Fälle zwar weniger vor, da sich diese oft freiwillig testen lassen. Bei ausländischen Herstellern hingegen, vor allem aus dem asiatischen Markt, ist das Risiko einer Verunreinigung größer.

Eine ähnliche Gefahr von unabsichtlichem Doping kann durch den Konsum von Fleisch im lateinamerikanischen Raum entstehen. Hier wird in der Rindermast das Hormon Clenbuterol eingesetzt. Es wirkt wachstumssteigernd und zählt zu den verbotenen Dopingmitteln.

HOBBYSPORT-DOPING IM ÜBERBLICK

Wie sieht es in Österreich aus?

• Dopingkontrollen im Breitensport sind sehr selten.

Nur bei einigen Großveranstaltungen wie zum Beispiel dem Vienna City Marathon werden Kontrollen durchgeführt.

• Im Vergleich zu vielen anderen Ländern hat Österreich die Thematik durch das Anti-Doping-Bundesgesetz sowie das Suchtmittelgesetz klar geregelt.

Wie wird Doping bestraft?

• In Österreich fällt Doping unter anderem ins Strafrecht und kann deshalb strenger bestraft werden als in vielen anderen Ländern.

• Genauso wie im Spitzensport wird nachgewiesenes Doping auch im Hobbysport mit Sperren von bis zu vier Jahren sanktioniert.

• Wird einem Sportler ein schwerer Betrug im Rahmen eines Dopingdelikts nachgewiesen, kann es sogar zu einer Gefängnisstrafe kommen.

Wo kann man sich informieren?

• Alle Regelungen sowie die Liste verbotener Stoffe sind im World Anti Doping Codex festgehalten. Dieser ist auf der Website der World Anti Doping Agency ersichtlich (www.wada-ama.org).

• Mithilfe von MedApp, einer kostenlosen App der NADA Austria (Nationale Anti Doping Agentur), lassen sich Medikamente in Sekundenschnelle auf verbotene Substanzen untersuchen.

• Ein an der UMIT im Jahr 2016 gestarteter Zertifikatskurs vermittelt an insgesamt fünf Tagen ein breites Wissen über Doping und Medikamentenmissbrauch sowie präventive Maßnahmen. Weitere Infos unter www. umit.at/anti-doping.

Gesund leben

© KATHARINA KERN

„Ein gesunder Mensch benötigt meiner Meinung nach keine Supplemente – besonders nicht im Freizeitsport.“ CORNELIA BLANK

Hat ein Sportler ein großes Steak verzehrt und wird er daraufhin getestet, können Spuren davon im Körper nachgewiesen werden.

Expertenrat für Hobbysportler

Um weder gesundheitliche Risiken einzugehen noch gesetzliche Probleme durch Dopingkontrollen zu bekommen, rät Cornelia Blank, sich in erster Linie zu fragen, ob man ein Präparat wirklich braucht. „Ein gesunder Mensch benötigt meiner Meinung nach keine Supplemente – besonders nicht im Freizeitsport.“ Deshalb empfiehlt sie, die Einnahme von Mitteln auch bleiben zu lassen, wenn es gesund-

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Zur Person Mag.a Dr.in Cornelia Blank ist Assistenzprofessorin und stellvertretende Leiterin des Instituts für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG) an der UMIT Hall.

heitlich nicht absolut nötig ist. Eine professionelle ärztliche Untersuchung ist in diesem Zusammenhang deshalb empfehlenswert.

Entscheidet man sich nach der Absprache mit einem Experten für die Einnahme eines Ergänzungsmittels, sollte man auf Zertifizierungen der Herstellungsfirma achten. Für absolute Sicherheit muss aber nicht nur das Unternehmen selbst, sondern jede produzierte Charge des Produktes kontrolliert sein.

Außerdem ist es wichtig, sich bei allen Präparaten über mögliche Nebenwirkungen zu informieren – nicht nur bei Medikamenten.

KATHRIN FENKIW ●●●

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Gesund leben

Körpereigene

Abwehrkraft Was ist das Immunsystem eigentlich?

Haben manche Menschen eine schwächere Abwehr als andere? Können Vitamine oder pflanzliche Hilfsmittel wirklich helfen, die Infektanfälligkeit zu vermindern?

Günter Weiss, Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Innere Medizin II, gibt Antworten.

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as menschliche Immunsystem ist eine Einrichtung des Körpers, die dazu dient, ihn vor fremden Mikroorganismen zu schützen.

Zudem eliminiert es veränderte bzw. potentiell bösartige und abgestorbene Zellen im Körper. Dabei funktioniert das Immunsystem hochkomplex und auf verschiedensten Ebenen. Günter Weiss beschreibt als wichtige Leistung des Immunsystems „das Unterscheiden zwischen Eigenem und Fremdem, damit es nicht gegen gesunde Komponenten des eigenen Körpers aktiv wird.“

Natürliche und erworbene Immunität

Es gibt zwei wesentliche Komponenten des Immunsystems, wie Weiss weiter ausführt: „Die natürliche, angeborene Immunität und die erworbene Immunität. Die natürliche Immunität bietet einen raschen, aber ungerichteten Schutz gegen fremde Mikroorganismen oder auch eindringende Fremdkörper, unterscheidet nur zum Teil, ob sie es mit einem Virus oder einem Bakterium zu tun hat.

Sie hat auch kein Erinnerungsvermögen.“ Teile des natürlichen Immunsystems sind zum Beispiel die Haut, die Schleimhäute oder der Magensaft, die allesamt

Barrieren gegen eindringende Mikroben darstellen. Weiße Blutkörperchen, wie sogenannte Granulozyten oder Makrophagen, die eingedrungene Bakterien aufnehmen und zerstören können, gehören hier dazu: Ein äußeres Anzeichen für die Aktivität dieser Blutkörperchen ist zum Beispiel das Eitern einer Wunde.

Die zweite Art der Immunität ist die erworbene Immunität. Auch hier spielt eine bestimmte Art der weißen Blutkörperchen, die Lymphozyten, eine wichtige Rolle: Sie vermehren sich ganz gezielt, wenn ein spezifischer Krankheitserreger eindringt, und entwickeln dabei ein Erinnerungsvermögen durch die Bildung

von sogenannten Gedächtniszellen. Auch wenn Viren oder Mikroben erst viele Jahre nach einer Erstinfektion wieder in den Körper eintreten, werden sie schnell von diesen in der Blutbahn zirkulierenden Gedächtniszellen erkannt. Sie aktivieren das Immunsystem innerhalb eines Tages, Eindringlinge werden so abgefangen und eliminiert, noch bevor sie eine Neuinfektion verursachen können. Krankheiten wie die Masern treten aus diesem Grund nur einmal im Leben eines Menschen auf.

Diesen Ablauf macht man sich auch bei der Impfung zunutze. Dabei werden Bestandteile eines spezifischen Virus oder Bakteriums in den Körper eingebracht, wodurch eine Infektion vorgetäuscht wird. Das Immunsystem wird aktiviert, Gedächtniszellen werden gebildet.

So kann das Immunsystem später bei nachfolgender Infektion z. B. mit dem echten Virus, gegen das geimpft wurde, rasch reagieren und eine Infektion verhindern.

Weiss ergänzt: „Das Immunsystem erkennt aber nicht nur Eindringlinge, sondern auch fehlgeleitete Zellen des Körpers, wie zum Beispiel Tumorzellen. Die meisten dieser Zellen werden so frühzeitig eliminiert, dass es zu keiner Erkrankung kommt. Bei einem geschwächten Immunsystem steigt allerdings das Risiko, dass derartige Zellen vom Immunsystem übersehen werden und eine Tumorerkrankung ausbricht.“

Immunsystem vererbbar

Wie gut ein Immunsystem funktioniert, hängt zu einem beträchtlichen Teil auch von der genetischen Mitgift eines Menschen ab. Günter Weiss verweist in diesem Zusammenhang auf Untersuchungen der Sechziger- und Siebzigerjahre, die klar gezeigt haben, dass Immunabwehr auch angeboren ist: „Wenn zum Beispiel ein Elternteil vor dem siebzigsten Lebensjahr an einer Infektionserkrankung verstirbt, dann ist für die Kinder das Risiko, ebenfalls an einer Infektionserkrankung zu sterben, fünf Mal höher.“ Auch Hormone können das Immunsystem beeinflussen. Weibliche Hormone führen zum Beispiel dazu, dass das Immunsystem besser arbeitet, Frauen besitzen also grundsätzlich ein effektiveres Immunsystem als Männer.

Eigenverantwortung wichtig

Wer jetzt allerdings davon ausgeht, selbst kaum etwas zum Funktionieren des Immunsystems beitragen zu können, weil alles vererbt ist, liegt falsch, wie Weiss betont: „Andauernder Stress zum Beispiel wirkt sich negativ auf das Immunsystem aus. Auch ein zu hoher oder ein zu niedriger Body-Mass-Index, also ein ungleiches Verhältnis zwischen Köpergröße und Gewicht, führt zu einer erhöhten Infektionsanfälligkeit. Im Gegensatz dazu zeigt regelmäßige Bewegung – das kann durchaus auch Spazieren sein – positive Effekte auf das Immunsystem.“

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Gesund leben

„Die zusätzliche Gabe von Vitaminen ist – sieht man von medizinischen Ausnahmefällen ab – nicht notwendig: In Tirol gibt es quer durch alle Bevölkerungs- und Altersgruppen längst keinen Vitaminmangel mehr.“

Ein sportliches Verhal ten, das schon in den Bereich des Leistungssports hineinragt – täglich ausgedehntes und intensives Jogging zum Beispiel –, kann allerdings wieder das Gegenteil bewirken und zu einer Erhöhung der Infektionsanfälligkeit führen.

Auch Spurenelemente spielen eine wichtige Rolle für das Immunsystem, Metalle wie Eisen oder Zink z. B. für die Entwicklung von Immunzellen. Allerdings kann deren unkritische Substituierung auch negative Auswirkungen haben, da Eisen auch ein wichtiger Wachstumsfaktor für Mikroben ist und somit Infekti-

GÜNTER WEISS onen bei Exposition gegenüber Mikroorganismen begünstigen kann. Ähnliche Vorsicht ist bei der VitaminSubstitution geboten, wie Günter Weiss erklärt: „Die zusätzliche Gabe von Vitaminen ist – sieht man von medizinischen Ausnahmefällen ab – nicht notwendig: In Tirol gibt es quer durch alle Bevölkerungs- und Altersgruppen längst keinen Vitaminmangel mehr. Unkontrollierte Vitamineinnahme hat zudem deutliche Schattenseiten: Zum Beispiel steigt mit

der kontinuierlich überdosierten Einnahme der Vitamine A und E auch das Risiko, an diversen Krebsarten zu erkranken.“ Die einzige Ausnahme stellt das Vitamin D dar, das eine noch nicht genau erkannte Rolle bei der Immunantwort des Körpers hat. Günter Weiss: „Infektionsanfällige Menschen leiden häufig unter einem Vitamin-D-Mangel. Bei schwerem Vitamin-D-Mangel, allerdings nicht bei normalem Vitaminspiegel, führt die kontrollierte Vitamin-Substitution zu einer Reduktion der Infektanfälligkeit.“ Daneben gibt es sehr viele Mythen und

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Gut beraten in der Apotheke Gesund bleiben, gesund werden, Beschwerden lindern...

Damit Medikamente optimal wirken, ist nicht nur die richtige Dosierung und der Zeitpunkt der Einnahme wichtig. Auch Wechselwirkungen mit anderen Arzneien und die individuellen Bedürfnisse jedes Menschen gilt es zu berücksichtigen.

In der Apotheke wird jeder kompetent zu Medikamenten beraten. „Auf vertrauensvoller Basis gehen die Apothekerinnen und Apotheker auf die Lebensumstände des Einzelnen ein und sorgen so für hohe Sicherheit bei der Medikamenteneinnahme“, so Dr. Martin Hochstöger, Präsident der Apothekerkammer Tirol.

IHRE TIROLER APOTHEKERINNEN & APOTHEKER

Die positive Wirkung von Echinacea oder regelmäßigem Saunieren ist wissenschaftlich nicht belegt.

© KATHARINA KERN

auch durchaus von diversen Werbungen geförderte, aber nicht durch wissenschaftliche Studien belegte „Informationen“, was alles zur Stärkung des Immunsystems gut (und teuer) sein soll. Als Beispiel nennt der Mediziner das pflanzliche Hilfsmittel Echinacea, dessen positiver Effekt auf das Immunsystem sich wissenschaftlich nicht belegen lässt: „Zu Echinacea gab es eine große kontrollierte Studie, die zeigt, dass die regelmäßige Einnahme weder die Häufigkeit viraler Infekte reduziert, noch die Krankheitsdauer verkürzt.

Letztendlich muss man nach derzeitigem Wissensstand nicht nur zu dieser Substanz, sondern auch zu vielen sogenannten ‚Immunstimulantien‘ sagen, dass diese den objektiven Nachweis der Effektivität oftmals schuldig bleiben.“ Dass Saunieren die Abwehrkräfte stärkt, wird häufig angenommen und ist laut dem Experten mitunter plausibel: „Zwar gibt es kein gesichertes Datenmaterial, jedoch könnte ein regelmäßiger Saunabesuch unter anderem durch die verbesserte Durchblutung der Schleimhäute wohl einen gewissen protektiven Effekt bei Virusinfektionen haben, was es aber noch zu beweisen gilt!“ KLAUS ERLER ●●●

Zur Person Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss ist Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Innere Medizin II, Infektiologie, Immunologie, Rheumatologie, Pneumologie.

Zudem bekleidet er die Stelle des Interim.

Direktors der Univ.-Klinik für Innere Medizin III, Kardiologie und Angiologie.

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Gesund leben

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Wenn ein

Kind geht, bevor es da ist

Viele Frauen sind von einer Fehlgeburt betroffen, trotzdem ist das Thema ein gesellschaftliches Tabu.

Gesund in Tirol hat mit der Medizinerin Bettina Toth über die Gründe für den Verlust des Ungeborenen gesprochen und über die Chancen, trotz Fehlgeburt ein gesundes Baby zu bekommen.

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esonders wenn die Schwangerschaft gewollt ist und die Eltern sich freuen, dass es endlich geklappt hat, kann der plötzliche Verlust des Kindes sehr schmerzhaft sein. Bei einer Fehlgeburt, auch Abort genannt, stellen sich die Eltern, vor allem die betroffenen Frauen, oft Fragen wie: Was habe ich falsch gemacht? Was stimmt mit meinem Körper nicht? Werde ich jemals in der Lage sein, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen?

Dabei hätten in den meisten Fällen weder die Eltern noch medizinische Fachleute die Fehlgeburt verhindern können.

Verbreitung

In Österreich durchlebt fast jede dritte Frau im reproduktiven Alter einmal im Leben eine Fehlgeburt in der frühen Schwangerschaft – oft ohne es zu be-

merken, sagt Bettina Toth, Direktorin der Innsbrucker Univ.Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Daher ist eine genaue Bezifferung der tatsächlich Betroffenen schwierig. „Wir wissen, dass zwischen 30 und 50 Prozent – nach manchen Studien auch noch mehr – der ganz frühen Fehlgeburten von den Frauen gar nicht festgestellt werden.“ Etwa dann, wenn es zur Befruchtung der Eizelle kommt, aber keine Einnistung stattfindet. Die Regelblutung setzt verspätet ein und die Schwangerschaft bleibt unbemerkt.

Gründe

Weniger häufig geschehen Fehlgeburten zu einem späteren Zeitpunkt der Schwangerschaft. So sind zwischen 15 bis 20 Prozent der Frauen, bei denen die Schwangerschaft bereits klinisch festgestellt wurde, betroffen. Seltener sind gehäufte, aufeinanderfolgende (rezidivierende) Fehlgeburten.

In 80 Prozent der Fälle kommt es in der frühen Schwangerschaft zur Fehlgeburt, also bis zur zwölften Woche. Bei vielen Frauen kann man meistens nicht

die eine Ursache identifizieren. Man weiß aber, dass einer der häufigsten Gründe für Spontan-Aborte, also wenn eine Fehlgeburt mindestens einmal, höchstens zweimal hintereinander auftritt, ein genetischer Defekt ist. Dieser kann entstehen, wenn es bei der Befruchtung – der Verschmelzung der weiblichen Eizelle mit der männlichen Samenzelle zu einem neuen Erbgut – zu einer Fehlverteilung der Chromosomen kommt.

Schutzmechanismus der Natur

In den ersten zwölf Schwangerschaftswochen zeigt sich eine Fehlgeburt durch eine starke Blutung. Auch durch das plötzliche Ausbleiben von schwangerschaftstypischen Begleiterscheinungen wie Brustziehen oder Übelkeit können Frauen spüren, dass etwas nicht stimmt. Jedoch sollte man sich von diesen sogenannten weichen Anzeichen nicht verrückt machen lassen, betont Toth, denn: „Leichte Schwankungen kommen in der Schwangerschaft vor. Sie können etwas heißen, müssen es aber nicht. Eine Abklärung beim Facharzt ist in jedem Fall ratsam.“ Bei Frauen mit rezidivierenden Fehlgeburten können verschiedenste Faktoren dahinterstecken. Diese können etwa anatomischer Natur sein, zum Beispiel,

Gesund leben

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HILFE FÜR BETROFFENE Seit Mai 2017 bietet die Innsbrucker Klinik unter der Leitung von Bettina Toth und der Oberärztin Beata Seeber eine Abortsprechstunde an, bei der betroffene Paare fachliche Unterstützung von Experten der Reproduktionsmedizin, Humangenetik und Psychosomatik erhalten und über Behandlungsmöglichkeiten informiert werden.

Kontakt: Univ.-Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Anichstraße 35, 6020 Innsbruck Tel.: 050 504–23276

„Es ist wichtig, den Patientinnen den Druck zu nehmen und ihnen zu sagen: Ihr macht nichts falsch, ihr habt auch keine Schuld, wir schaffen das gemeinsam.“ BETTINA TOTH

Risikogruppen

Bei bestimmten Frauen ist das Risiko höher, eine Fehlgeburt zu erleiden. Man weiß, dass zum Beispiel Adipositas und generell der Zuckerstoff wechsel eine Rolle spielen, aber auch Vorerkrankungen wie rheumatische Krankheiten. Auch in der Familie verbreitete Chromosomenstörungen können die Schwangerschaft beeinflussen. Bekanntlich gibt es zudem einen Zusammenhang zwischen dem Alter der Mutter und Fehlgeburten: Bei zwischen 20- und 30-Jährigen liegt das Ab-

ortrisiko zwischen zehn und 15 Prozent, bei über 40-Jährigen ist es mehr als doppelt so hoch.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich eine Fehlgeburt in den meisten Fällen nicht verhindern lässt. Frauen können jedoch bestimmte Maßnahmen treffen, die einen erfolgreichen Verlauf der Schwangerschaft begünstigen. Beispiele sind die Einnahme von Medikamenten, die die Schleimhaut aufbauen oder von Folsäure. Auch das Verabreichen von Vitamin D steht derzeit zur Diskussion. Übergewichtigen Frauen empfiehlt Toth zu einem BMI von höchstens 30 und Raucherinnen zum Rauchstopp. Darüber hinaus sollten Frauen abklären, ob die Tendenz zu vaginalen Infektionen besteht.

Schuldgefühle

Bei einer Fehlgeburt werden Betroffene vor allem von der Schuldfrage geplagt. „Habe ich zu viel geraucht? War es die Erkältung, die ich mir in der Arbeit geholt habe? Raucht mein Mann zu viel? Solche Fragen tauchen sehr häufig auf. Das ist nicht nur ein falscher Ansatz, sondern auch ein sehr belastender. Es ist wichtig, den Patientinnen den Druck zu nehmen und ihnen zu sagen: Ihr macht nichts falsch, ihr habt auch keine Schuld, wir schaffen das gemeinsam“, sagt die Reproduktionsmedizinerin. Die Chancen, dass betroffene Paare es schaffen, doch noch Mutter und Vater zu werden, stehen sehr gut. Bereits zwei Monate nach einer Fehlgeburt können Frauen laut neuesten Studien wieder schwanger werden.

Wichtig ist, dass man sich bereit fühlt für

einen erneuten Versuch und die Hoffnung nicht aufgibt, eines Tages einen gesunden kleinen Menschen im Arm halten zu können.

EVA SCHWIENBACHER ●●●

© MUI/FLORIAN LECHNER

wenn sich das Kind in der Gebärmutter aufgrund von Myomen (gutartigen Tumoren) oder Polypen nicht einnisten kann, da diese die Gebärmutter verkleinern. Aber auch hormonelle Probleme können zu Fehlgeburten führen sowie vaginale Infektionen oder immunologische Gründe. Bei vermehrten Fehlgeburten rät Toth dazu, gemeinsam mit dem Facharzt ein spezialisiertes Zentrum aufzusuchen, um abzuklären, welche Risikofaktoren vorliegen und diese gezielt zu therapieren.

Für die Frau stellt es meist eine große Belastung dar, eine Fehlgeburt zu erleben. Trotzdem ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass der Entwicklungsstopp eines Kindes in vielen Fällen ein Schutzmechanismus der Natur ist, empfiehlt die Expertin. „Die Natur merkt häufig zu einem frühen Zeitpunkt, dass keine fortlaufende Schwangerschaft möglich wäre oder, dass etwas entsteht, was nicht lebensfähig wäre. Deshalb kommt es zur Abstoßung“, so Toth.

Zur Person Univ.-Prof.in Dr.in Bettina Toth hat an der EberhardKarls-Universität Tübingen promoviert und 2008 an der Ludwig-Maximilians-Universität München habilitiert. Die gebürtige Württembergerin und zweifache Mutter war von 2009 bis 2016 als leitende Oberärztin für Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen in Heidelberg tätig.

Seit Oktober 2016 leitet Toth die Innsbrucker Univ.Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.

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Gesund leben

Interview

„Es geht um den Verlust eines Familienmitglieds“ Monika Müller-Perl, Psychologin und Psychotherapeutin, über die Folgen einer Fehlgeburt für die Seele und die Möglichkeiten, mit diesem Verlust umzugehen.

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nikseelsorge – bietet Gelegenheit zum Austausch mit Betroffenen. Wenn das Erlebnis der Geburt oder des Früh-Abortes an sich als traumatisches Ereignis erlebt wurde oder sich in den Folgewochen das Gefühl, in ein tiefes Loch gefallen zu sein, nicht ändert, sollten die Betroffenen nicht zögern, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Psychotherapie hilft, das Ereignis besser zu verarbeiten und den Verlust zu akzeptieren, damit die Hinwendung zum Leben wieder möglich wird.

bwohl fast jede dritte Frau in Österreich eine Fehlgeburt erleidet, wird wenig darüber gesprochen. Woran mag das liegen? Ich glaube, dass es damit zusammenhängt, dass nur wenige Personen dieses Leid mitbekommen. Manchmal weiß die Umgebung noch gar nicht, dass die Frau schwanger ist, und wenn das Kind stirbt, dann begreift das nur ein kleiner Kreis – nämlich die Eltern, die diesen Verlust erfahren. Es fällt ihnen dann schwer, in dieser Situation Anteilnahme von der Gesellschaft einzufordern, da es für sie selbst einen so großen Schmerz bedeutet und Trauergefühle eher zu einem sozialen Rückzug führen.

Was kann Betroffenen helfen, um mit dem Verlust umzugehen? Die Trauer und Bedürfnisse in diesem Prozess sind sehr individuell. Grundsätzlich ist es wichtig, den Betroffenen die Gelegenheit zu geben, über ihre Befindlichkeiten immer wieder zu sprechen und sich mitzuteilen.

Auch die Partner und alle nahen Bezugspersonen sind in dieser Zeit sehr wichtig. Als Außenstehender kann man ihnen Unterstützung im Alltag anbieten, zuhören, für sie da sein. Manche Elternteile finden es hilfreich, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Bei klinischen Eingriffen ist es für Frauen oft hilfreich, sich vom Partner oder einer Vertrauensperson begleiten zu lassen.

Welche psychologischen Folgen kann eine Fehlgeburt für die Eltern haben? Für die Mütter und Väter geht es um den Verlust eines Familienmitglieds. Es kann eine große Enttäuschung bezüglich ihrer Erwartungen bedeuten. Die Eltern stellen sich auf die Schwangerschaft ein, machen sich Vorstellungen über die Geburt, über die Zukunft mit dem Kind, und plötzlich ist diese Zukunftsperspektive weg. Die Eltern sind gefordert, sich auf eine komplett neue Lebenssituation einzustellen. Der Verlust bringt Gefühle der Traurigkeit und Verzweiflung. Ängste können entstehen, Schuldgefühle, Ärger, Wut, Gereiztheit, aber auch Konzentrationsschwierigkeiten, Einschlaf- und Durchschlafstörungen, Albträume können auftreten.

Welche Anlaufstellen gibt es? An der „ Psychotherapie hilft, das Klinik bieten wir Ereignis besser zu verarbeiten die Möglichkeiten, eine Psychotheraund den Verlust zu akzeptieren, peutin oder eine damit die Hinwendung zum klinische Psychologin von der MeLeben wieder möglich wird.“ dizinischen Psychologie für ein unterstützendes Gespräch anzufordern kann den Tod als Realität bestätigen und sowie Folgetermine an unserer Ambu- auch zur gesellschaftlichen Anerkenlanz zu vereinbaren. Auf Wunsch kann nung des Verlustes beitragen. Das Grab ein Seelsorger beigezogen werden, der kann zu einem Ort werden, an dem die mit der Mutter bzw. den Eltern ein Ab- Eltern trauern können. Bei einer Frühgeschiedsritual durchführt und auch eine burt gibt es keine Pflicht, das verlorene Namensurkunde erstellen kann. Das Kind bestatten zu lassen. Es gibt aber ein Elternforum – begründet von der Kli- Bestattungsrecht, d. h. das Kind kann im

Ist es aus Ihrer Sicht hilfreich, das fehlgeborene Kind zu bestatten? Für die meisten Eltern ja. Die Beerdigungszeremonie

Gesund leben

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WEITERE ANLAUFSTELLEN: Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie Tel.: 050 50-426117 E-Mail: lki.pl.med-psych-amb@tirol-kliniken.at Klinikseelsorge – Elternforum Tel.: 050 50-422285 E-Mail: lki.seelsorge@tirol-kliniken.at Peter-Mayr-Straße 1b (Marienheim)

Familiengrab, in einem Kindergrab oder dem Sammelgrab der Innsbrucker Klinik, das sich am Pradler Friedhof befindet, beerdigt werden. Zweimal im Jahr organsiert die Klinik eine Trauerfeier.

Gibt es weitere Ratschläge, die Sie Betroffenen mitgeben wollen? Ich empfehle Eltern, sich in dieser Zeit sehr ernst zu nehmen und die eigenen Empfindungen und Bedürfnisse mitzuteilen – sowohl in der Klinik als auch im Privaten. Sie sollten den Mut haben, all das, was sie in

Zur Person Mag.a Monika Müller-Perl ist Psychologin und Psychotherapeutin und seit 2012 an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie tätig. Derzeit ist Müller-Perl im Bereich Psychotraumatologie und Traumatherapie für den psychotherapeutischen Konsiliar-Liaisondienst an der Gynäkologie zuständig.

dieser schwierigen Situation brauchen, einzufordern und bei Bedarf psychotherapeutische oder klinisch-psychologische Unterstützung anzunehmen. Ein weiteres wesentliches Thema sind Geschwister: Haben die Eltern bereits Kinder, so ist es wichtig, diese nicht zu vergessen und sie auf altersentsprechende Art und Weise in den Trauerprozess miteinzubeziehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

INTERVIEW: EVA SCHWIENBACHER

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Gesund leben

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Die Ernährungswissenschaft empfiehlt deshalb vor allem im Frühling und Sommer: großzügig verwenden!

Gesund leben

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Zubereitung: Nüsse hacken, Zitronenthymian von den Ästen abblättern, Knoblauch schälen und dann alle Zutaten in ein hohes Gefäß geben und pürieren. Schmeckt zu Nudeln, Pellkartoffeln, aber auch Fisch und Fleisch.

D

as Petersilröschen ne- lauch – und generell alles, was grün ist sind? „Die Smoothies, die man im Suben dem Schnitzel und – enthält zum Beispiel auch Vitamin C permarkt kauft, sind leider nicht zu empder Rosmarinzweig auf und Kalzium, was besonders für Frau- fehlen. Oft enthalten sie bis zu vier Stück dem gegrillten Fisch en in Hinblick auf die Osteoporose-Vor- Obst, was sehr viel Fruchtzucker und sehen zwar schön beugung sehr wichtig ist.“ Hier ist die Traubenzucker entspricht. Außerdem aus, sind aber eigent- Kombination mit Käse zu empfehlen: kommt die grüne Farbe der gekauften lich eine Verschwendung. Denn Kräu- „Schlutzkrapfen mit Parmesan und viel Smoothies oft gar nicht von Spinat, sonter sollten in der bewussten Ernährung Schnittlauch drauf sind ein tolles Essen, dern von Kiwis.“ Gegen einen selbstgekeine Zierde, sondern eine häufig und das obendrein super für die Kalziumver- machten grünen Smoothie ist aber nichts großzügig eingesetzte Zutat sein. Die sorgung ist.“ Auch Spinatknödel mit Par- einzuwenden – wichtig ist hier, dass nur ein Stück Obst verwendet wird und dieGründe dafür sind vielfältig, wie Diäto- mesan haben eine ähnliche Wirkung.

Generell gilt: Alles, was scharf oder ses mit einer guten Handvoll Spinat, Rulogin Birgit Trenkwalder-Prantl von der fh gesundheit erklärt: „Zunächst einmal bitter schmeckt, unterstützt die Leber cola oder auch Löwenzahn etc. vermixt schmecken Kräuter sehr gut und geben bei der Produktion von Galle und folglich wird. Dann ist der grüne Smoothie auch wirklich die Vitalstoffeigentlich allen Speisen eine Bombe, die er sein soll. besondere Würze. Den Ge„Alles, was scharf oder bitter Birgit Trenkwalder-Prantl nussfaktor sollte man auch empfiehlt ihn zum Frühaus ernährungsphysiologischmeckt, unterstützt die Leber stück, zum Beispiel zu eischer Sicht niemals außer bei der Produktion von Galle und nem Käsebrot.

Acht lassen.“ Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass folglich bei der Verdauung.“ man durch den intensiven Unbekannte Geschmack von Kräutern Wildkräuter BIRGIT TRENKWALDER-PRANTL auch Salz einsparen kann, Neben den klassischen was zum Beispiel Menschen Küchenkräutern wie Pemit Bluthochdruck entgegenkommt. bei der Verdauung und ist deshalb gut für tersilie, Schnittlauch und Thymian gibt „Bei einem Butterbrot mit viel Schnitt- den Körper. Aus diesem Grund sind auch es auch zahlreiche Wildkräuter, die die lauch wird niemand das Salz vermissen – Rucola und Vogerlsalat eine gute Wahl, meisten auf den ersten Blick als Unkraut und es schmeckt einfach herrlich“, ist auch wenn sie eigentlich keine Kräuter, einstufen. Ein Beispiel dafür ist die GunBirgit Trenkwalder-Prantl überzeugt. sondern Salate sind. delrebe, die oft im Garten sprießt und durch ihre kleinen, runden Blätter und violetten Blüten zu erkennen ist. „Die Grünes plus Käse Und grüne Smoothies?

Die Liste der positiven Effekte geht aber Apropos grün – was hält die Ernäh- Gundelrebe schmeckt sehr würzig und noch weiter. „Kräuter enthalten zahlrei- rungsexpertin eigentlich von „Green passt zum Beispiel gut in einen Topfenche sekundäre Pflanzenstoffe. Schnitt- Smoothies“, die im Moment so populär aufstrich, den man mit Kartoffeln isst. Sie

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Gesund leben

„Schlutzkrapfen mit Parmesan und viel Schnittlauch sind ein tolles Essen und gut für die Kalziumversorgung.“ BIRGIT TRENKWALDER-PRANTL

ist ein tolles Beispiel für Kräuter, die man kaum kennt, aber unbedingt einmal probieren sollte.“ Hat man einmal zu viele frische Kräuter im Garten, am Balkon oder auf der Fensterbank, kann man diese übrigens auch sehr gut konservieren. Feine, empfindliche Blätter, zum Beispiel vom Basilikum, werden am besten zu Pesto verarbeitet, aus Bärlauch kann man Bärlauchbutter machen oder ihn in Rapsöl einlegen und einfrieren. Robustere Kräuter wie Thymian eignen sich auch zum Trocknen: Hier sollte man die Kräuter zu Mittag abschneiden und dann als Sträußchen mit den Schnittflächen nach oben aufhängen und trocknen lassen. „So sammeln sich sie ganzen Vitalstoffe in den Spitzen“, erklärt die Ernährungsexpertin. Ist der Kräuterstrauß vollständig getrocknet, kann man ihn zwischen den Fingern zerbröseln und

in ein leeres Marmeladenglas füllen. Auch Tiefkühlkräuter sind keinesfalls schlecht – „man sollte sie nur nicht erhitzen, sondern eher in Salaten und bei Zimmertemperatur verwenden.“

Auch als Tee

Ein gutes Einsatzgebiet von frischen Kräutern ist auch Tee – egal, ob warm oder kalt. „Pfefferminze wirkt kühlend und ist in den arabischen Ländern sehr beliebt. Man kann sie zum Beispiel mit grünem Tee aufbrühen, dann abkühlen lassen, ein bisschen Zitrone dazugeben und mit Eiswürfeln auffüllen – der perfekte Eistee“, empfiehlt Birgit TrenkwalderPrantl. Rezepte wie dieses helfen dabei, genug Flüssigkeit zu sich zu nehmen und beim Trinken ein Genusserlebnis zu haben, und zwar ganz ohne Zucker. Einen Tipp hat die Ernährungsexpertin noch

für den Sommer: „Man kann auch Basilikum, Minze oder eine Himbeere in einer Eiswürfelform mit Wasser einfrieren und dann in ein Glas Wasser geben, auch das schmeckt richtig gut.“ BARBARA WOHLSEIN ●●● Zur Person

Birgit Trenkwalder-Prantl, MSc, ist im Bereich Lehre & Forschung am FH-BachelorStudiengang Diaetologie an der fh gesundheit tätig.

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Schmerzen und Einschränkungen überwinden – Ziele effizient erreichen Mit NeuroScanBalance wendet Physiotherapeut Daniel Lerch-Holz eine Methode an, die über die übliche Symptombekämpfung hinausgeht und von der insbesondere Kinder mit Beeinträchtigungen profitieren können.

Mehr als nur Symptombekämpfung Entscheidend ist, die Ursache des Problems zu entdecken und aufzulösen. Ist ein Muskel angespannt, dann, weil das Gehirn den Befehl dazu gibt.

Erregende neuronale Aktivität ist im Einsatz. Werden im Gehirn statt diesen Erregungen die hemmenden Neuronen aktiviert, entspannt sich der Muskel sofort. Dies gilt auch für Menschen mit Spastiken, bei denen sich das Gehirn laufend in Übererregung befindet. Erregung hemmen zu können, ist dabei die herausragende Leistung eines fähigen Gehirns, und besonders wenn dies Kindern gelingt, zeigen sich Fortschritte augenblicklich. NSB weiß diese Informationen auf intelligente Weise zu vermitteln.

Kleine Patienten, große Wirkung Diagnosen, bei denen NSB kleinen Patienten helfen kann, sind Zerebralparesen, ADHS, Skoliose, Autismus, Downsyndrom, Lernschwierigkeiten und Entwicklungsverzögerungen. Im Rahmen von KinderIntensivtagen wird Kindern und Eltern bei NeuroScanBalance Innsbruck die Möglichkeit geboten, in die Lernprozesse einzusteigen, welche bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen nicht automatisch passieren.

Das Programm erstreckt sich über vier Tage und startet mit einer 45-minütigen Einzelsitzung inkl. Vorbereitungsgespräch am ersten Tag. An den darauffolgenden Tagen stehen jeweils drei 30-minütige Sitzungen an. Da die Aufmerksamkeitsspanne eines Kindes beschränkt ist, haben sich kurze intensive Sitzungen als besonders wirksam erwiesen. Das Gehirn wird regelrecht „umgespurt“.

Die Wirkung, die NeuroScanBalance haben kann, zeigt die Geschichte des kleinen Jannik. Kurz nach seiner Geburt wurde bei ihm eine unbekannte Muskelschwäche diagnostiziert, mit der eine Skoliose, eine Trichterbrust und ein Spitzfuß einhergingen. Ärzte prognostizierten ihm damals eine Lebenserwartung von unter einem Jahr. Heute ist er vier Jahre alt. Jannik lernte in nur sechs NSB-Sitzungen selbstständig aus seiner Flasche zu trinken, und sein Sitz verbesserte sich maßgeblich. Seine Mama erzählt: „Jetzt haben wir das vier Jahre lang mit verschiedenen Therapien versucht, und in vier Tagen mit NSB geht es auf einmal. Unglaublich.“ Mehr zu Jannik und andere Erfolgsgeschichten gibt es im Blog auf www.neuroscanbalance.at. lll

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I

n der Physiotherapie wird vor allem über die Muskulatur gearbeitet – sie setzt die Befehle, die ihr unser zentrales Nervensystem gibt, um. Wie wir uns bewegen, ist von Lernprozessen abhängig und Probleme im Bewegungsapparat können über neue Lernprozesse korrigiert werden. Bei NeuroScanBalance (NSB) wird auf eine funktionale und ganzheitliche Herangehensweise gesetzt.

Ein Beispiel: Im Fall von Schmerzen in der Schulter würden viele Physiotherapeuten die Schulter kräftigen und stabilisieren. Daniel Lerch-Holz von NeuroScanBalance geht darüber hinaus und integriert zum Beispiel auch den Brustkorb und den Rücken, mit welchen die Schulter in Verbindung steht, und untersucht das funktionelle Zusammenspiel des gesamten Bewegungsapparates.

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Daniel Lerch-Holz Neurauthgasse 10, 6020 Innsbruck Tel.: 0669 181 928 57 E-Mail: daniel.lerch@neuroscanbalance.at www.neuroscanbalance.at NeuroscanbalanceAustria

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Gesund leben

Der richtige

Sport

für kleine Körper

Damit Sport im Kindesalter die Gesundheit der Kleinen fördert und nicht zur Ursache für Langzeitschäden wird, gilt es, einiges zu beachten – besonders bei bestimmten Sportarten.

N

eulich an der Bergstation Hungerburgbahn in Innsbruck: Ein paar Kinder, schätzungsweise im Alter von fünf bis zehn, steigen auf ihre gefederten Mountainbikes. Ihre Körper sind von Kopf bis Fuß in Schutzkleidung gehüllt. Drei Erwachsene, die ebenfalls auf ihren Rädern sitzen, begleiten sie. Voll motiviert und sichtlich gut gelaunt treten sie in die Pedale, um bergauf und vermutlich auch bergab zu fahren.

Der Trendsport Mountainbiken hat offenbar auch die Jüngsten erreicht.

Ob die Sportart und die damit einhergehenden Stöße während der Abfahrt im Gelände für Heranwachsende nicht

schädlich sind? Rainer Biedermann, Kinderorthopäde an der Klinik Innsbruck, sagt auf diese Beobachtung angesprochen: „Grundsätzlich sollte man keine Sportart von vornherein verdammen.

Es kommt immer darauf an, in welchem Ausmaß die Aktivität betrieben wird.

Natürlich gibt es Sportarten mit einem höheren Verletzungsrisiko. Downhillen gehört definitiv dazu.“

Sportlicher Start ins Leben

Prinzipiell ist regelmäßige Bewegung für Kinder sehr wichtig, nicht nur für die muskuläre Entwicklung und den Knochenaufbau, sondern auch für die psychische Entwicklung, betont Biedermann. Sport ist meistens mit sozialen Kontakten verbunden, man denke an die verschiedenen

bei Kindern sehr beliebten Teamsportarten wie Fußball oder Volleyball. OutdoorSportarten haben dagegen den positiven Effekt, Kinder ins Freie zu bringen. „Sport hilft dabei, Volkskrankheiten wie Adipositas, also Fettleibigkeit, entgegenzuwirken. Man schaff t damit eine gute Basis für die Zukunft des Nachwuchses“, so Biedermann. Kinder, die sportlich sind, würden außerdem mit großer Wahrscheinlichkeit ein Leben lang in Bewegung bleiben.

Trotz der vielen Vorteile birgt der Sport im Kindesalter auch Gefahren. „Die Hauptproblematik sind meistens nicht die Sportarten selbst“, sagt Biedermann, „sondern die Eltern, die oft und gerne zu viel Ehrgeiz entwickeln, was zu Verletzungen und Langzeitschäden füh-

Gesund leben

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„Grundsätzlich sollte man keine Sportart von vorneherein verdammen.

Es kommt immer darauf an, in welchem Ausmaß die Aktivität betrieben wird.“ RAINER BIEDERMANN

ren kann.“ Er rät Eltern und Erziehungsberechtigten dazu, das Thema entspannt anzugehen, solange sich der Nachwuchs im Wachstum befindet. Das dauert bei Mädchen in der Regel bis zum 14. und bei Burschen bis zum 16. Lebensjahr. Dann gäbe es nichts Spezielles, was man verbieten müsste – mit Ausnahme einiger weniger Sportarten.

Vorsicht bei Fußball, Tennis & Co.

Es gibt Sportarten, die mit einer erhöhten Verletzungsgefahr verbunden sind.

Zu diesen zählen zum Beispiel Fußball und Skifahren. Beide Sportarten sind in

gefährdet. „Speziell bei Kindern, die den Sport sehr intensiv ausüben, etwa, wenn sie sich auf eine Sportlerkarriere vorbereiten, treten diese Probleme vermehrt auf“, weiß der Experte.

Auch wenn die akute Sportverletzung therapiert werden kann, besteht die Gefahr, dass die Verletzung zu irreparablen Langzeitschäden führt. Diese machen sich oft nicht sofort bemerkbar, sondern treten erst Jahre später auf, etwa im Alter zwischen 40 und 50 Jahren.

Kleine Hammerschläge

Im Unterschied zur Sportverletzung kann es zu Sportschäden kommen, die nicht durch einen Unfall, sondern aufgrund der ständigen Wiederholung bestimmter, extremer Bewegungsabläufe zu einer Überbelastung und infolge zu Problemen führen. „Wie kleine Hammerschläge auf eine Vase, können intensive Wiederholungen irgendwann dazu führen, dass es an bestimmten Stellen knackt“, sagt der Kinderorthopäde.

So werden zum Beispiel die Sportarten American Football, Eishockey, Tennis und Fußball in Zusammenhang mit einer

„Wie kleine Hammerschläge auf eine Vase, können intensive Wiederholungen irgendwann dazu führen, dass es an bestimmten Stellen knackt.“ RAINER BIEDERMANN unseren Breitengraden bereits unter Kindern stark verbreitet. Beide führen häufig zu Verletzungen des Kniegelenkes. Beim Fußball ist zusätzlich das Sprunggelenk

schmerzhaften Einklemmung des Hüftgelenkes, die in der Medizin Impingement genannt wird, gebracht. Heftige durch den Sport bedingte Beugebewegungen können die Ursache dafür sein.

Dominoeffekt im Rücken

Eine weitere empfindliche Stelle im Kinderkörper ist die Wirbelsäule. Bei extremen Belastungen kann es zum sogenannten Wirbelgleiten kommen. Biedermann schildert das Problem so: „Man kann sich die Wirbelsäule, die aus Lenden-, Brustund Halswirbel besteht und eine S-Form bildet, wie Würfel, die übereinanderliegen, vorstellen. Dazwischen befinden sich die Bandscheiben, dahinter knöcherne Gelenksfortsätze, die die Wirbelsäule stabilisieren. Starke Überstreckbewegungen, wiederholte Hohlkreuzhaltungen und extreme Drehbewegungen können zum Bruch dieser Gelenksfortsätze führen. Infolge verrutschen die Wirbelkörper wie Dominosteine. Die Bandscheiben werden stark belastet.“ „Nur“ sechs Prozent der „normalen“ Bevölkerung sind von diesem sogenannten Wirbelgleiten betroffen. Unter professionellen Turnern und Athleten der rhythmischen Sportgymnastik steigt der Anteil auf 17 Prozent, bei Personen, die Wurfsportarten betrieben haben auf 27, bei Speerwerfern sogar auf über 50 Prozent.

Auch unter Balletttänzern ist die Wirbelverschiebung verbreitet. Um in diesen Sportarten erfolgreich zu sein, muss man

Gesund leben

Zur Person Priv.-Doz. Dr. Rainer Biedermann ist geschäfts­ führender Oberarzt an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Orthopädie und Leiter der Schwerpunktambulanz für Kinder­orthopädie und Fußchirurgie. Seine klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen im Bereich Kinder- und Neuroorthopädie, Fußchirurgie sowie Beckenchirurgie.

© UNIV. KLINIK INNSBRUCK

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in jungen Jahren beginnen. Doch die noch nicht völlig ausgebildete Wirbelsäule hält den Belastungen oft nicht stand. „Wenn Kinder Rückenschmerzen haben, sollte man sich bewusst sein, dass sie im Unterschied zu Erwachsenen, bei denen häufig keine spezifische Ursache zu finden ist, meist ein strukturelles Problem haben, wie das Wirbelgleiten, und einen Facharzt aufsuchen“, erklärt Biedermann.

Studien haben außerdem gezeigt, dass die bei uns nur marginal betriebene Sportart Baseball zu Ellbogen- und Schultergelenksproblemen führen kann und zwar aufgrund der Schleuderbewegung und der Überstreckung des Ellbogens am Ende der Wurfphase.

Balance finden

© MULTIVISUALART (6)

Neben der Empfehlung extreme und einseitige Belastungen im Kindesalter zu vermeiden, rät der Experte zum Ausgleichsport, um Verkürzungen der Sehnen und Muskeln entgegenzuwirken und das Verletzungsrisiko zu verringern. Dabei hilft bereits gezieltes Aufwärmen in

der Vorbereitung auf den Sport sowie Dehnen in der Nachbereitung.

Klassisches Krafttraining im Kindesalter hält Biedermann hingegen für wenig sinnvoll. Monotone Bewegungsabläufe, wie Liegestütze oder Kniebeugen, würden die Schultergelenke bzw. die Kniescheiben zu sehr beanspruchen. Besser sei es, die Muskulatur und Knochen auf eine spielerische und abwechslungsreiche Art und Weise zu stärken, etwa mit Kletterpassagen bei Hindernisparcours oder durch schonendere Bodengymnastik mit wenigen Wiederholungen.

Auf die Frage, ob bestimmte Sportarten besonders empfehlenswert für Kinder sind, antwortet der Experte: „Schwimmen ist bestimmt eine Sportart mit geringem Verletzungsrisiko. Aber es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn Kinder auf höherem Niveau Fußballspielen oder Skifahren – solange es nicht zu intensiv betrieben wird, die Eltern keinen Druck auf die Kinder ausüben und sie Freude daran haben.“ EVA SCHWIENBACHER lll

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Gesund leben

Interview

Anlaufstelle

Apotheke

Seit 2007 ist Martin Hochstöger Präsident der Apothekerkammer Tirol, heuer legt er sein Amt nieder.

Im Interview erzählt er von der vielfältigen Rolle der Apotheken in der Gesellschaft und wie sich diese im Wandel der Zeit verändert hat.

H

err Hochstöger, 2007 wurden Sie mit 36 Jahren zum jüngsten Präsidenten der Apothekerkammer gewählt – was war Ihre Motivation, sich um dieses Amt zu bewerben?

Auch mein Vater war Präsident der Apothekerkammer, das Interesse an dieser Funktion war bei mir schon früh vorhanden. 2007 habe ich mich schließlich entschlossen, meinen Stand und seine Interessen in dieser Funktion zu vertreten.

Warum hatten Sie sich für die Pharmazie entschieden und was gefällt Ihnen noch heute an Ihrem Beruf? In meiner Familie bin ich Apotheker in der vierten Generation. Schon mein Urgroßvater, mein Großvater und mein Vater übten diesen Beruf aus. Ich bin also mit der Pharmazie groß geworden und habe von Kindesbeinen an gesehen, wie viele Facetten dieser Beruf hat. Studiert habe ich dann in Innsbruck, mit einem kleinen Ausflug nach Tübingen, mein Dissertationsstudium habe ich in Wien absolviert.

Welche Rolle spielen Apotheken in unserer Gesellschaft und wie hat sich diese in jüngster Vergangenheit verändert? His-

torisch betrachtet war die Apotheke bis nach dem Zweiten Weltkrieg Hersteller von Arzneimitteln. Das hat sich im Laufe der Jahrzehnte geändert, später waren sehr viele fertige Medikamente vorhanden und es war die Versorgung, die zu einer der Hauptaufgaben der Apotheke wurde.

In den letzten zehn Jahren wurde die Beratung immer wichtiger, da die Therapien immer spezifischer und individueller wurden. Die Apotheken sind hier eine Anlaufstelle bei Fragen wie: Wie wird das Medikament dosiert? Wann soll es eingenommen werden? Worauf muss man in Verbindung mit anderen Medikamenten oder zum Beispiel auch in Zusammenhang mit der Ernährung achten? Diese Fragen werden immer komplexer, auch als Herausforderung für die Apotheker.

Stichwort Online-Apotheke – wie schätzen Sie diese Entwicklung ein? OnlineApotheken sind in Österreich erst seit kurzer Zeit zugelassen, in Deutschland gibt es sie schon länger. Hierzulande spielen sie derweil noch keine große Rolle und auch in Deutschland hat bereits eine Marktbereinigung stattgefunden.

Das einzige, mit dem Online-Apotheken punkten können, ist der Preis. Die Unsicherheit der Konsumenten bei Arzneien,

die man online bestellen kann, ist aber groß – und das nicht zu unrecht. Im Netz wird auch Missbrauch betrieben, den selbst ich als Fachmann vorab nicht erkennen könnte.

Kritisch muss man auch sehen, dass Medikamente online in einer Menge oder auch in Kombination mit anderen Arzneien bestellt werden können, die man so in einer Apotheke vom Fachpersonal nicht bekommen würde. Hier werden Medikamente zu Konsumgütern, und diese Entwicklung halte ich für fahrlässig und sie geht auch am Interesse der Bevölkerung und der Volksgesundheit vorbei.

Welche sind die größten Herausforderungen für einen Pharmazeuten, wie schwierig ist es, nur anhand beschriebener Symptome die richtige Therapie zu verschreiben? Eine Herausforderung ist bestimmt die Vielzahl an neuen Arzneimitteln und Wirkungsmechanismen, hier gilt es, stets auf dem neuesten Stand zu bleiben. Die Fortschritte und Neuerungen in der Pharmazie werden, Gott sei Dank muss man sagen, laufend mehr und passieren immer schneller. Außerdem wird der Mensch immer älter, und je älter er wird, desto mehr Medikamente muss er einnehmen.

„Die Unsicherheit der Konsumenten bei Arzneien, die man online bestellen kann, ist groß – und das nicht zu unrecht.“

fh gesundheit wir bilden die zukunft

Gerade für Ältere sind Apotheken deshalb eine wichtige Anlaufstelle. Natürlich gehen sie vorab zum Arzt oder besser zu verschiedenen Ärzten, anschließend sind es aber die Apotheker, die sie betreuen. Noch dazu niederschwellig. Man muss keinen Termin vereinbaren oder vorab anrufen und ich glaube, dass Beratungstätigkeiten immer mehr werden. Ich glaube aber auch, dass Themen wie Vorsorge und frühzeitige Information in den Apotheken immer wichtiger werden.

Wie geht man mit dem Spannungsfeld zwischen „mündiger Kunde“ und der Empfehlung „Gehen Sie lieber zum Arzt“ um? Es ist die Kunst und auch die Aufgabe des Apothekers, die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen und in jedem Fall den entsprechenden Rat zu geben. Das bedeutet auf der einen Seite, die richtigen Arzneien für die Selbstmedikation des Patienten zu verschreiben, und auf der anderen Seite, den Gang zum Arzt zu empfehlen, wenn er notwendig scheint.

Apotheker sind also auch ein Regulativ, um die Menschen zum Arzt bzw. zur Diagnose zu bringen. Und dieses System funktioniert sehr gut und das auch schon sehr lange. Nicht zuletzt deshalb, weil der Berufsstand des Apothekers ein hohes Maß an Vertrauen in der Bevölkerung genießt.

Vielen Dank für das Gespräch.

© AXEL SPRINGER (2)

INTERVIEW: REBECCA MÜLLER

Zur Person Dr. Martin Hochstöger ist selbstständiger Apotheker aus Landeck und seit 2007 Präsident der Tiroler Apothekerkammer.

lll

Die fh gesundheit bietet FH-Bachelor-Studiengänge für die gehobenen medizinischtechnischen Dienste und Hebammen sowie Weiterbildungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten für Angehörige der Gesundheitsberufe mit international anerkannten akademischen Abschlüssen.

PP Bachelor-Studiengänge ■ Biomedizinische Analytik ■ Diaetologie ■ Ergotherapie ■ Hebamme ■ Logopädie ■ Physiotherapie ■ Radiologietechnologie PP Master-­Studiengang ■ Qualitäts- und Prozessmanagement im Gesundheitswesen PP Master-Lehrgänge ■ Advanced Practice Midwifery ■ Biomedical Sciences ■ Ergotherapie ■ Klinische Diaetologie ■ Kunsttherapie ■ MBA im Gesundheitswesen ■ Osteopathie ■ Pädagogik in Gesundheitsberufen ■ Radiological Technologies ■ Suchtarbeit ■ Suizidologie PP Akademische­Lehrgänge ■ AtempädagogIn ■ Cancer Nursing ■ Intensivpflege ■ Kinder- und Jugendlichenpflege ■ OP-Pflege ■ Psychiatrische Pflege

www.fhg-tirol.ac.at

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Wenn der

Schmerz nie aufhört Bei Patienten mit chronischen Schmerzen gestalten sich die Diagnose und Behandlung oft schwierig. In der Schmerzambulanz im Landeskrankenhaus Hall setzt man in der Therapie auf ein multimodales Modell. Interdisziplinarität ist entscheidend und kann Betroffenen einen langen Leidensweg ersparen.

M

an schätzt, dass rund 1,5 Millionen Menschen bzw. bis zu 25 Prozent der Bevölkerung in Österreich chronische Schmerzen haben. Laut Definition ist ein Schmerz dann chronisch, wenn er länger als sechs Monate andauert. Zunächst spricht man vom akuten Schmerz, dieser geht ab dem dritten Monat in den subakuten und schließlich in den chronischen Schmerz über. Akute Beschwerden können von einem Unfall, einer Sportverletzung, von einer inneren Erkrankung wie zum Beispiel einer Gallen- oder Nierenkolik oder einer Operation herrühren.

Gerade bei Operationen ist es wichtig, Schmerzen sofort – entscheidend sind die ersten 48 Stunden nach dem Eingriff – und ausreichend zu behandeln, wie Wolfgang Mair, Leiter der Schmerzambulanz im Landeskrankenhaus (LKH) Hall erklärt: „Geschieht das nicht, neigt ein großer Prozentsatz der Patienten dazu, später unter chronischen Schmerzen zu leiden.“ Im LKH Hall werden daher spezielle Behandlungspfade eingehalten, die festlegen, welche Therapie nach wel-

cher Operation angewandt wird. Unterschieden wird grundsätzlich zwischen dem nozizeptiven, dem körperlichen und dem neuropathischen Schmerz, dem sogenannten Nervenschmerz. Chronische Patienten leiden unter Schmerzen des Bewegungsapparats, der Wirbelsäule oder der Gelenke, an Kopfschmerzen oder eben an verschiedenen Arten des Nervenschmerzes.

Eine besonders schwere Form ist die Fibromyalgie. Patienten, die unter dieser Krankheit leiden, haben Schmerzen im ganzen Körper. Warum, hat die Wissenschaft noch nicht herausgefunden: „Die Ursache für Fibromyalgie ist noch nicht geklärt, eine Therapie ist entsprechend schwierig“, so Wolfgang Mair. Eine Herausforderung sei die Therapie von chronischen Schmerzen aber auch im Allgemeinen, erzählt der Mediziner: „Je länger ein Zustand andauert, desto schwieriger ist er zu behandeln.“

Komplexe Diagnose

Schwierig kann aber auch schon die Diagnose sein. Bei Patienten mit Rückenschmerzen geben Röntgenaufnahmen oder andere bildgebende Verfahren nicht

immer die Schmerzsymptomatik des Patienten wieder. Einen klassischen Bandscheibenvorfall kann man im Normalfall zwar relativ eindeutig erkennen, andere Patienten klagen aber vielleicht über sehr ähnliche Symptome, am Bild ist aber nichts Entsprechendes zu erkennen. Die Ursache für die Beschwerden liegt oft tief im Gewebe und ist deshalb nicht so leicht zu erkennen.

Auch als oft sehr kompliziert erweist sich die Ursachenforschung bei Kopfschmerzpatienten. In der Schmerzambulanz in Hall werden sie zunächst neurologisch untersucht, mit EEG, meist auch MRT, „damit alle möglichen körperlichen Substrate, wie zum Beispiel ein Tumor, ausgeschlossen werden können“, erklärt Wolfgang Mair die Vorgehensweise.

Der Großteil der Kopfschmerzpatienten weist auch keine entsprechende und vor allem eindeutige Ursache auf.

Bei Migränepatienten und der häufigen Mischung von Migräne- und Spannungskopfschmerzpatienten ist daher auch die Behandlung entsprechend schwierig. In Hall werden Betroffene häufig mit einer speziellen Form der Akupunktur behandelt, mit einer Punkt-

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STORY

stimulations-Akupunktur, auch weil sie medikamentös meist ausgereizt sind. „Akupunktur kann Kopfschmerz nicht immer heilen, aber sie kann bewirken, dass die Anzahl der Kopfschmerztage weniger und auch weniger intensiv wird“, erzählt Mair.

Vielfältige Therapie

Kopfschmerzpatienten laufen zudem Gefahr, durch die Einnahme von zu vielen Schmerzmitteln kopfschmerzmittelinduzierten Kopfschmerz auszulösen. Wer an mehr als zwölf bis maximal 14 Tagen im Monat Schmerzmittel einnimmt, riskiert, davon noch mehr Kopfschmerzen zu bekommen. Gerade in solchen Fällen können die Akupunktur oder

eine andere nicht-medikamentöse Therapie helfen.

Im LKH Hall wird bei allen Patienten auf eine multimodale Therapie, auch mit nicht-medikamentösen Elementen wie Entspannungstechniken, Bio-Feedback, Physiotherapie oder die sogenannte TENS-Therapie, die mit elektrischer Nervenstimulation arbeitet, gesetzt. „Zur

Behandlung eines Wirbelsäulenpatienten gehören zum Beispiel neben Medikamenten auch Bewegung bzw. physiotherapeutisches Training“, nennt Mair ein Beispiel.

Der psychologische Aspekt

Weitere Therapien, die in der Schmerzambulanz in Hall angeboten werden, sind zum Beispiel Akupunktur, manuell wird auch mit der Muskelfaszien-Tech-

„Je länger ein Zustand andauert, desto schwieriger ist er zu behandeln.“ WOLFGANG MAIR nik gearbeitet. Zum Einsatz kommen außerdem Laser oder Stoßwellen. Ein sehr wichtiger Aspekt sei zudem immer auch der psychologische, ist Mediziner Wolfgang Mair überzeugt: „Wenn die Patienten erst einmal akzeptieren, dass ihre Schmerzen auch psychische Aus-

wirkungen oder Ursachen haben, kann ihnen eine entsprechende Therapie enorm helfen.“ Mithilfe eines Psychologen lernen Betroffene vor allem mit dem Schmerz umzugehen bzw. bringt er ihnen Bewältigungsstrategien wie autogenes Training oder Muskelrelaxation bei. Die Schmerzambulanz in Hall bietet Patienten auch multimodale Schmerzgruppen an. In Einzel- und Gruppentherapien werden acht bis zehn Patienten, die vorab von einem Psychologen evaluiert werden, behandelt. Über acht bis zehn Wochen kommen sie einmal pro Woche für einen Nachmittag zusammen. Mit dabei sind dann zum Beispiel auch ein Psychologe und ein Physio-, ein Schmerz-, ein Ergotherapeut.

Schon der Austausch in der Gruppe hilft den Betroffenen oft sehr. Zumal chronische Schmerzen auch eine soziale Komponente haben. „Betroffene müssen Treffen mit Freunden öfter absagen, weil es ihnen nicht gutgeht, dadurch isolieren sie sich gesellschaftlich immer mehr“, erzählt Mair. Die Isolation schließlich führt nicht selten zu Depres-

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COVER-

STORY SCHMERZAMBULANZ HALL Seit Oktober 2001 verfügt das LKH Hall über eine Schmerzambulanz. Therapiert werden akute und chronische Schmerzsyndrome in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit den verschiedenen Fachabteilungen des Hauses. Weitere Infos unter: www.tirol-klinken.at

Viele Patienten leiden zum Beispiel an chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates oder der Wirbelsäule.

sionen, weshalb in der Schmerztherapie auch Antidepressiva zum Einsatz kommen. Gleichzeitig weiß man, dass Antidepressiva in die schmerzhemmenden Nervenbahnen eingreifen, also auch physisch wirken. So können sie auch helfen, klassische Schmerzmittel auszusparen. Umgekehrt kann zum Beispiel auch eine Depression Auslöser für den Schmerz sein.

Vorsicht vor dem Teufelskreis

Zur Person

Geschäftsführender OA Dr. Wolfgang Mair ist Anästhesist und Leiter der Schmerzambulanz im Landeskrankenhaus Hall.

©AXEL SPRINGER

Schnell finden sich Betroffene auch in einem anderen Teufelskreis wieder. Wenn man sich aufgrund von dauerhaften Schmerzen nicht mehr bewegen kann

LKH Hall Milser Straße 10 6060 Hall in Tirol Tel.: 050 504-34000

oder mag, schwächt das auch die Muskulatur, was die Bewegung wiederum schwieriger macht. Eigentlich sollte sich der Patient aber bewegen, was ihm, aufgrund des Teufelskreises, in dem er sich befindet, allerdings immer schwerer fällt.

Auf den Einsatz von klassischen Schmerzmitteln kann aber nicht immer verzichtet werden. In der Praxis sind Wolfgang Mair und seine Kollegen dabei oft mit einer Stigmatisierung dieser Medikamente konfrontiert: „Patienten haben Angst vor Opiaten, weil sie davon ausgehen, dass die sofort abhängig machen.“ In der Schmerzambulanz werden aber bewusst Opiate eingesetzt, die eine langsame Schmerzstoffausgabe aufweisen und deren Abhängigkeits- und Suchtpotenzial deshalb eher gering ist. Außerdem sind sie nicht als Dauerlösung anzusehen.

Helfen die Medikamente, werden sie zum Beispiel nach drei Wochen wieder Schritt für Schritt abgesetzt.

Schmerzpatienten werden immer mehr

Der Umgang mit chronischen Schmerzpatienten erfordert meist die Expertise mehrerer Fachrichtungen, eine vielfältige Therapie und gleichzeitig ein hohes Maß an Spezialisierung. Bei Letzterem

sieht Wolfgang Mair allerdings ein strukturelles Problem, und das gelte für ganz Österreich, betont der Anästhesist: „Es gibt zu wenige spezialisierte Einrichtungen wie die Schmerzambulanz in Hall und derzeit auch keine Pläne, dies zu ändern.“ So gehen Betroffene oft von einem Arzt zum anderen und haben zahlreiche – hauptsächlich medikamentöse – Therapien hinter sich, bevor sie Spezialeinrichtungen aufsuchen. Und dann kommen sie meist mit den Worten: „Ihr seid meine letzte Hoffnung“, was nicht gerade als ideale Ausgangslage bezeichnet werden kann. Dabei darf man davon ausgehen, dass die Schmerzpatienten in Zukunft noch mehr werden.

Auch in Hall werden rund 90 Prozent der Patienten ambulant behandelt, im Landeskrankenhaus können derweil immer nur zwei bis drei Betten für Schmerzpatienten reserviert werden, um sie stationär aufnehmen zu können. Das ist ab und zu aber notwendig, wie Wolfgang Mair an einem Beispiel zeigt: „Ich habe einen Patienten, der seit 40 Jahren unter chronischen Schmerzen leidet. Ihn müssen wir zwischendurch stationär aufnehmen, um sein System herunterzufahren.

Nur so können wir mit der Therapie überhaupt noch etwas ausrichten.“ REBECCA MÜLLER lll

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Neurochirurgischer

Schmerzstiller

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Der Schrittmacher wird den Patienten unterhalb des Schlüsselbeins und unter der Haut eingesetzt.

Mit einem „Schrittmacher im Gehirn“ kann Patienten, die an chronischen Schmerzen leiden und bei denen keine andere Therapie Linderung schaffen konnte, endlich geholfen werden. Für Betroffene bedeutet die Behandlung oft auch, einen Weg zurück ins Leben zu finden.

K

onnten alle anderen Möglichkeiten der Schmerztherapie nicht helfen, sind invasive Eingriffe häufig die letzte Möglichkeit, Betroffene von ihrem Schmerz zu befreien. In der neurochirurgischen Schmerztherapie kommt, neben anderen chirurgischen Eingriffen, zum Beispiel die Neuromodulation mittels Elektroden und Neurostimulator zum Einsatz. Dabei werden Elektroden mit 1 bis 1,5 mm Durchmesser über ca. 5 mm kleine Schädelöffnungen in der Tiefe des Gehirns platziert, um elektrische Impulse abzugeben und damit die Funktion des Gehirnes zu beeinflussen.

Der Schrittmacher wird den Patienten unterhalb des Schlüsselbeins und unter der Haut eingesetzt. Nach der Operation wird in den ersten Wochen die für den Patienten ideale Einstellung gesucht. Zuhause kann der Patient die Einstellungen des Gerätes ablesen und den Schrittmacher auch eigenständig aufladen. Die neuen Schrittmacher sind relativ klein und müssen erst nach ca. 15 Jahren ausgetauscht werden. Zu einer Beschädigung der Elektroden, die bis zu 85 mm tief im Gehirn sitzen und aus Platin gefertigt sind, kommt es nur selten.

Hilfe bei Parkinson

Zu den Fällen, bei denen die elektrische Stimulation des Gehirns helfen kann, gehören: Patienten im fortgeschrittenen Parkinsonsyndrom mit motorischen Wirkungsschwankungen, die medikamentös nicht verbessert werden können, Essentieller Tremor, Zittern unterschiedlichster Ursachen, nahezu alle Formen der Dystonie und generell Bewegungsstörungen mit unwillkürlichen Bewegungen oder Zucken. Und auch bei Patienten mit Tourette-Syndrom und Chorea Huntington wird die Neuromodulation erfolgreich eingesetzt.

bereits seit den 1980ern angewandt. Bei Schmerzpatienten ist diese Form der Therapie hingegen noch nicht sehr etabliert, da sich die Erfolge in Grenzen halten und nicht an die guten Ergebnisse bei der Behandlung von Bewegungsstörungen heranreichen. Dabei kann die Methode prinzipiell bei allen Schmerzformen helfen, deren medikamentöse Behandlung gescheitert ist.

Informationsverlust im Gehirn

Wilhelm Eisner, Neurochirurg an der Innsbrucker Klinik, ist anerkannter Experte in der Funktionellen Neurochirurgie und im Einsatz von Neurostimulatoren und hat die Therapiemöglichkeiten auf diesem Gebiet in den letzten Jahren laufend weiterentwickelt und optimiert. Der Mediziner erklärt, wie der Schrittmacher im Gehirn funktioniert: „Beim neuropathischen Schmerz, also Nervenschmerz, handelt es sich in der Regel um einen Informationsverlust im Gehirn, weil das Nervensystem selbst beschädigt ist. Mit den elektrischen Impulsen versuchen wir, diese fehlenden Informationen auszugleichen und zu ersetzen.“ Eine zentrale Rolle in der Gehirnfunktion nimmt der Thalamus ein, er ist die

„Interdisziplinarität wäre in der Schmerztherapie eigentlich essenziell, findet aber leider zu selten statt.“ WILHELM EISNER

Bei Parkinson und nicht auf medikamentöse Behandlung ansprechende Epilepsien werden die Schrittmacher im Gehirn

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Die Elektroden werden bis zu 85 mm tief ins Gehirn eingesetzt.

„Poststelle des Gehirns“ bei dem die Informationen in Form von elektrischen Entladungen aus der Peripherie über Nervenbahnen eingehen. Beim neuropathischen Schmerz kommen diese fehlerhaft oder gar nicht an und stattdessen entstehen im Gehirn fehlerhafte Wahrnehmungen (Dysästhesien) und/oder ein Brennschmerz, eine Allodynie. Unter Allodynie wird in der Medizin eine Schmerzempfindung bezeichnet, die durch Reize ausgelöst wird, die üblicherweise keinen Schmerz verursachen.

50 Prozent sind nicht genug

versuchten, mit zwei Elektroden pro Gehirnhälfte ihre Ergebnisse zu verbessern, was ihnen aber nicht gelang. „Das Schmerzempfinden der Patienten konnte im Schnitt um rund 50 Prozent verringert werden. Auf einer Schmerzintensitäts-Skala von 1 bis 11 gaben die Patienten nach den Operationen durchschnittlich 6, 5 oder maximal 4 an“, erzählt Eisner. Mit einer Verringerung der

An der Innsbrucker Klinik werden pro Gehirnhälfte zwei Elektroden verwendet, die jeweils an der entscheidenden Umschaltstelle und an der entscheidenden Durchzugsbahn im Gehirn platziert werden. „Damit können wir alle Fehlinformationen an der Hirnoberfläche so beeinflussen, dass diese unerträglichen Schmerzen nicht mehr existieren oder die Lebensqualität so umfassend beeinträchtigen“, erzählt Eisner. „Endlich sind wir in der Lage, ähnlich gute Behandlungsergebnisse für unsere Schmerzpatienten zu erreichen wie für die Parkinsonpatienten.“

Eisner setzt also zwei Elektroden mit jeweils vier Kontaktstellen pro betroffene Gehirnhälfte ein. Die Kontakte der Elektroden können individuell und unterschiedlich durch die Haut eingestellt werden. Der richtige Weg kann hier nur gemeinsam mit dem Patienten durch Testen der optimalen Stimulation gefunden werden. „Dem einen helfen aktivierende Impulse und eine niedrigere Frequenz, dem anderen werden die Schmerzen genommen, wenn die elektrischen Impulse blockierend wirken, sprich hochfrequent sind“, erklärt Eisner.

Der Operation folgt daher eine Testphase. Erst nach deren positivem Ergebnis wird der Schrittmacher eingebaut, welcher durch die Haut programmiert und nachjustiert werden kann, um den Patienten optimale Hilfe geben zu können.

„Endlich sind wir in der Lage, ähnlich gute Behandlungsergebnisse für unsere Schmerzpatienten zu erreichen wie für die Parkinsonpatienten.“

Seit 1958 in Stockholm der erste Herzschrittmacher implan tiert wurde, wurde auch an einem implantierbaren Neurostimulationssystem gearbeitet. 1967 wurde die chronische Rückenmarkstimulation in die Schmerztherapie eingeführt. 1974 kam die erste vollständig implantierbare monopolare Stimulationselektrode auf den Markt, 1981 ein Prototyp eines voll implantierbaren Stimulators. Was wir heute allgemein als Gehirn-Schrittmacher bezeichnen, wurde in der Medizin also bereits seit über einem halben Jahrhundert erfolgreich eingesetzt. Die Geräte wurden dabei stets weiterentwickelt, aktuell werden wieder aufladbare Modelle verwendet, die seit 2009 auf dem Markt sind und erst nach neun Jahren ausgetauscht werden müssen.

Weiterentwickelt wurde aber auch die Anwendung der Neurostimulationssysteme. Bisher wurde zur Schmerztherapie eine Elektrode pro Gehirnhälfte implantiert. Manche Arbeitsgruppen

WILHELM EISNER unerträglichen Schmerzen um nur rund die Hälfte wollte sich der Mediziner aber nicht zufriedengeben, denn damit waren die Patienten noch immer nicht in der Lage, zum Beispiel ausreichend Schlaf zu finden, ihre Lebensqualität war weiterhin enorm eingeschränkt.

100 Prozent möglich

Über mehrere Jahre erforschte und studierte Wilhelm Eisner neue Möglichkeiten, interessiert war er nur an einer hundertprozentigen Lösung, wie er betont: „Wer extreme Schmerzen hat, dem ist mit einer Linderung um 50 Prozent in Wahrheit nicht geholfen.“ Bei der Methode, die Eisner entwickelt hat und die seit 2012 stabil und erfolgreich an der Innsbrucker Klinik angewandt wird, erfahren die Patienten eine Schmerzreduktion von 80 bis 100 Prozent.

Zurück ins Leben

Wilhelm Eisner weiß um den Leidensdruck und teilweise auch die Scham, mit der seine Patienten kämpfen müssen.

Nicht selten erzählen sie ihm, die Worte

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„mit den Schmerzen wirst du eben leben müssen“ hätten sie nicht nur einmal gehört. Die Folgen sind Isolation, Depression und in manchen Fällen auch Suizid. Am Leben teilzunehmen, ist für Menschen, die sich vor Schmerzen krümmen, praktisch unmöglich. Dabei könnte vielen von ihnen geholfen werden, von den Möglichkeiten der neurochirurgischen Schmerztherapien wissen aber die Wenigsten: „Und das trotz unserer Erfolge und Bemühungen, die Ärzte über die Methode zu informieren“, wie Eisner betont.

Der überwiegende Teil der Patienten, die Eisner behandelt, kommt von alleine zu ihm, die wenigsten werden überwiesen. Eisner wünscht sich, dass hier ein Umdenken stattfindet und die Kooperation zwischen Ärzten und Kliniken verbessert wird. Der Mediziner kritisiert: „Interdisziplinarität wäre in der Schmerztherapie eigentlich essenziell, findet aber leider zu selten statt.“ Mehr Spezialeinrichtungen wie die Schmerzambulanzen wie in Innsbruck und Hall müssten etabliert werden, das Fach Schmerztherapie breiter im Medizinstudium verankert und in der Praxis viel öfter Spezialisten bei der Behandlung von Patienten konsultiert werden. Wilhelm Eisner ist überzeugt: „Die Chirurgie wird in der Schmerztherapie immer der letzte Schritt sein, für viele Patienten könnte es aber der entscheidende Schritt zurück ins Leben sein.“ REBECCA MÜLLER lll

Zur Person

Univ.-Prof. Dr. med. Wilhelm Eisner ist leitender Oberarzt an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurochirurgie und im Vorstand der Österreichischen Schmerzgesellschaft.

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Ratgeber

Ratgeber

Mehr als eine

Frage der Optik Pickel, Pusteln und Mitesser im Gesicht und am Körper: Akne ist vor allem unter Jugendlichen weit verbreitet. Das unschöne Hautbild ist aber nicht die einzige Folge der Krankheit, auch die Psyche kann darunter leiden.

D

ie meisten Menschen verbinden den Begriff Akne mit Hautunreinheiten. Aus ärztlicher Sicht versteht man darunter allerdings eine ernst zu nehmende Erkrankung, unter der besonders junge Menschen leiden. „Akne tritt vor allem in der Pubertät auf.

Der Grund dafür ist eine Veränderung des Hormonhaushaltes“, erklärt Gudrun Ratzinger, geschäftsführende Oberärztin an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie.

Beim Wechsel von der Kindheit in die Pubertät werden im Körper vermehrt männliche Geschlechtshormone gebildet – bei Jungs, aber auch bei Mädchen.

Diese hormonelle Veränderung bewirkt unter anderem eine verstärkte Funktion

der Talgdrüsen. Außerdem kommt es zu einer Hornbildung im Ausführungsgang der Haarfollikel. Das führt dazu, dass der Talg nicht abfließen kann und sich anstaut, die Drüsen verstopfen und entzünden sich.

Wo tritt Akne auf?

Da die Erkrankung durch die Entzündung von Talgdrüsen entsteht, kommt sie vor allem an jenen Körperstellen vor, an denen sich viele dieser Drüsen befinden: im Gesicht (Stirn, Wangen, Schläfen, Kinn), am Nacken, am Dekolleté und am Rücken. An der Hautoberfläche sind die Entzündungen anfangs als Mitesser zu erkennen. Entweder geschlossen als weiß-gelbliche oder offen als schwarze Punkte. Diese können sich allerdings schnell zu kleinen Knötchen (sogenann-

te Papeln) und in weiterer Folge sogar zu großen Knoten weiterentwickeln, die sehr stark entzündlich sind.

Welche Faktoren haben einen negativen Einfluss?

Obwohl die Ursache für die Entstehung von Akne hormonell bedingt ist, kann eine gewisse Neigung auch vererbt werden. Ein Kind, dessen Mutter oder Vater stark betroffen war oder ist, hat eine höhere Tendenz, ebenfalls daran zu erkranken. Außerdem weiß man, dass Jungs eher und stärker an der Krankheit leiden als Mädchen. Der Grund dafür sind die vielen männlichen Hormone.

Aber auch Zigaretten und Übergewicht begünstigen eine starke Ausprägung, da sowohl Nikotin als auch Fettleibigkeit die Talgdrüsen und die Schweißzusammen-

Ratgeber

setzung verändern. Zwischen der Ernährung und Akne hingegen besteht kein sicherer Zusammenhang. Oft wird zum Beispiel ein hoher Konsum von Milch oder Zucker als Ursache verdächtigt, das ist wissenschaftlich aber nicht nachgewiesen. „Es kann sein, dass Betroffene eine Verbesserung des Hautbildes wahrnehmen, wenn sie ein Nahrungsmittel reduzieren oder ganz weglassen. Schließlich reagiert jeder Körper anders auf gewisse Inhaltsstoffe“, erklärt die Expertin. Allgemein gültige Ratschläge bezüglich der Ernährung gibt es allerdings keine.

Ab wann spricht man von Akne?

Der Begriff Akne trifft grundsätzlich zu, sobald eine Entzündung der Talgdrüsen vorliegt – egal in welchem Ausmaß.

Streng genommen hat deshalb so gut wie jeder Mensch zumindest eine milde Form von Akne. Ein paar Pickel oder Mitesser hier und da sind aus ärztlicher Sicht aber ganz normal und völlig unbedenklich. Je stärker sich die Entzündung allerdings ausbreitet, desto mehr steigt auch der Krankheitswert.

Welche Symptome treten auf?

Eine Begleiterscheinung von Akne ist ein unebenes, gerötetes Hautbild, das oft mit einem unangenehmen Gefühl und eventuell leichten Schmerzen einhergeht. Abgesehen davon entstehen für gewöhnlich aber keine Beeinträchtigungen des körperlichen Allgemeinzustandes.

Nur in sehr seltenen Fällen kann es zur sogenannten Acne fulminans kommen.

Hierbei ist die Akne so stark, dass sich die Entzündung ungehemmt ausbreitet und der Körper mit Fieber reagiert. Um diese Immunreaktion zu stoppen, wird meist Kortison verabreicht. Im Vergleich zu der Anzahl an Akne-Patienten ist diese Sonderform allerdings ein absoluter Ausnahmefall.

Eine Gefahr, die aber auch bei einer gewöhnlichen Akneerkrankung gegeben ist, ist die der langfristigen optischen Folgen. Durch große Pickel und Papeln können nämlich Narben entstehen. Darüber hinaus besteht laut Ratzinger noch

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„ Es ist ganz wichtig, sich möglichst immer von demselben Arzt untersuchen zu lassen, damit er die Entwicklung und den Verlauf der Krankheit beurteilen kann.“

ein weiteres Problem: „Besonders in der Pubertät kann Akne das Selbstbewusstsein beeinträchtigen. Für Jugendliche ist es in dieser Zeit meistens sehr wichtig, was Schulkameraden und GUDRUN RATZINGER Freunde von ihnen denken. Ein unschönes Hautbild schränkt die positive Prä- begünstigen. Alle diese Produkte sind in sentation nach außen oft sehr stark ein.“ Apotheken und Drogerien problemlos Während die Krankheit aus körperlicher ohne Rezept erhältlich.

Sicht also relativ harmlos ist, kann die psychische Belastung dennoch sehr hoch Welche Therapieformen gibt es? sein.

Akne ist ganz klar eine Erkrankung unter Jugendlichen und geht in den meisWas gilt es zu beachten? ten Fällen bald wieder vorüber. Nur selten Um eine bestehende Akne nicht zu ver- tritt sie auch im höheren Alter auf (Spätschlimmern, sind einige Dinge zu berück- akne). Eine Behandlung ist zu empfehlen, sichtigen. Zum einen ist es wichtig, die wenn die Hautveränderungen sehr belasHaut täglich zu reinigen. Auf Reinigungs- tend sind und bzw. oder eine Narbenbilmilch sollte man dabei aber verzichten, da dung zu befürchten ist. diese meistens einen Ölfilm zurücklässt Der erste Schritt ist eine Lokaltheraund die Haut ohnehin schon überfettet pie, bei der die betroffenen Hautstellen ist. Deshalb ist eine milde, schäumende mit Cremes oder Gels behandelt werden.

Waschlotion die bessere Wahl. Diese sollte pH-neutral und seifenfrei sein und maximal einmal täglich zum Einsatz kommen, um die Haut nicht zu strapazieren.

Zum Kaschieren von Rötungen eignet sich ölfreies Make-up oder Puder, da diese die Talgbildung nicht

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Verlauf der Krankheit beurteilen kann.

Das ist an der Klinik manchmal schwierig“, meint die Expertin. Deshalb empfiehlt sie, einen Hautfacharzt in der Nähe des Wohnortes aufzusuchen.

Obwohl Akne sehr störend sein kann, ist sie in den meisten Fällen eine Angelegenheit der Pubertät und nicht von langer Dauer. Beginnt man frühzeitig mit der Therapie und führt man die Behandlung sowie die Reinigung der Haut konsequent durch, kann man die Symptome während dieser Zeit gut unter Kontrolle behalten und eine Narbenbildung verhindern.

KATHRIN FENKIW lll © GUDRUN RATZINGER

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Hier kommt zum Beispiel Benzoylperoxid zum Einsatz, das Keime reduziert. Besonders gut wirken auch Vitamin A Säurepräparate und Azelainsäure. Sie hemmen sowohl die Talgbildung als auch die Verhornung der Haarfollikel. Hilft die Lokaltherapie nicht ausreichend, können Antibiotika über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Wochen eingenommen werden, um die Entzündung und die Keimbildung zu reduzieren.

Die dritte und intensivste Therapieform sind sogenannte systemische Retinoide. Bei dieser Behandlung werden Vitamin A Säurepräparate über Monate oder sogar Jahre hinweg eingenommen.

Bei dieser Behandlung sind allerdings nicht nur die Erfolgschancen, sondern auch die Risiken sehr hoch. Zum einen können die Leber- und Fettwerte ansteigen. Entscheidend ist allerdings der andere Aspekt: Wird eine Patientin während der Einnahme dieser Präparate schwanger, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ihr Kind Missbildungen bekommt. Um diesen Wirkstoff verschrieben zu bekommen, müssen Mädchen bzw. Frauen deshalb eine sichere Verhütungsmethode anwenden und jeden Monat einen Schwangerschaftstest durchführen.

Zur Person Ao. Univ.-Prof.in Dr.in Gudrun Ratzinger ist gebürtige Oberösterreicherin und absolvierte ihr Medizinstudium an der Innsbrucker Univ.-Klinik. Seit 2010 ist sie geschäftsführende Oberärztin an der Univ.Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie.

Wo kann man sich behandeln lassen?

Spezialisten für die Behandlung von Akne sind die niedergelassenen Hautfachärzte. „Es ist ganz wichtig, sich möglichst immer von demselben Arzt untersuchen zu lassen, damit er die Entwicklung und den

„ Für Jugendliche ist es meistens sehr wichtig, was Schulkameraden und Freunde von ihnen denken.“ GUDRUN RATZINGER

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Personalisierte Rehabilitation Im Rehazentrum Kitzbühel, einer von insgesamt 15 Reha-Einrichtungen des internationalen Gesundheitsdienstleisters VAMED, wird der neue ICF-Standard bereits erfolgreich praktiziert. Bis Ende 2017 soll er schrittweise in allen Rehabilitationseinrichtungen der VAMED-Gruppe eingeführt werden.

I

CF steht für „International Classification of Functioning, Disability and Health“. Dieses internationale Konzept ermöglicht es, den funktionalen Gesundheitszustand des Patienten und die damit einhergehende soziale Beeinträchtigung zu beschreiben. So finden im Rehazentrum Kitzbühel bei der Aufnahme für jeden Patienten umfassende Aufnahmeuntersuchungen, die ein interdisziplinäres Team aus Medizinern, Sportwissenschaftern, Physiound Ergotherapeuten, Masseuren, Psychologen, Diätologen und dem Pflegepersonal nach objektiven Messwerten erhebt, statt.

Auf dieser Basis wird gemeinsam mit dem

Patienten ein maßgeschneiderter, individueller Therapieplan erstellt. Anhand der erhobenen Werte und dem aktuellen Fortschritt des Patienten wird der Therapieplan – wenn notwendig auch während der Rehabilitation – optimiert. Am Ende der Rehabilitation sowie sechs Monate nach Behandlungsabschluss soll der Patient die Bestimmung des Funktionszustandes wiederholen. Dabei wird festgestellt, ob die Ziele erreicht oder weitere Behandlungen empfehlenswert sind. So sichert das ICFKonzept langfristig und nachhaltig die Genesung und den Gesundheitszustand der Patienten.

Medizinische und rehabilitative Kompetenz unter einem Dach In den VAMED Gesundheitseinrichtungen werden Menschen mit krankheitsoder unfallsbedingten Einschränkungen kompetent und individuell betreut. Modernste diagnostische, therapeutische und medizinische Leistungen in einer angenehmen Atmosphäre in den schönsten Gegenden Österreichs legen den Grundstein für eine bestmögliche Funktionsverbesserung. Die Teams in den VAMED-Reha-Kliniken orientieren sich stets an den Bedürfnissen der Patienten, die im Mittelpunkt stehen. lll

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Interview

Interview

„Wir alle sind

Kinderklinik“

© FRANZ OSS

Der neue Direktor der Innsbrucker Kinderklinik Thomas Müller erzählt im Interview von Revolutionen und Herausforderungen in der Pädiatrie und davon, was er von seinen kleinen Patienten lernt.

Interview

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„Man erwartet von uns, dass wir Optimismus und Frohmut ausstrahlen. Und auch für uns Ärzte ist es wichtig, stets nach vorne zu blicken.“

A

ls Außenstehender stellt man sich die Arbeit eines Kinderarztes immer besonders schwierig vor. Was waren Ihre Beweggründe, sich für die Pädiatrie zu entscheiden? Man könnte fast so weit gehen zu sagen, es wurde mir in die Wiege gelegt. Mein Vater, der mittlerweile in Pension ist, war Kinderarzt. Er und vor allem die Einzelschicksale, von denen er uns zuhause erzählt hat, haben in mir die Faszination für das Fach geweckt. Für mich war schon in der Schule klar, dass ich Medizin studieren will, und im Studium wusste ich gleich, in welche Richtung ich mich spezialisieren wollte.

Als ich studierte war es noch freiwillig, ob man eine Doktorarbeit schreibt oder nicht. Allerdings war es ohne eine Bekundung eines Forschungsinteresses praktisch unmöglich, an der Klinik in Innsbruck eine Stelle zu bekommen. Auch das Thema meiner Doktorarbeit war ein pädiatrisches und spätestens dann war klar, dass ich Kinderarzt werde.

Die Pädiatrie verlangt ein breites Fachwissen, hat Sie auch das gereizt? Ja, und ich denke, das zeichnet und zeichnete schon immer auch die Innsbrucker Kinderklinik aus. Dadurch, dass wir Bezirks- oder Stadtund Landeskrankenhaus und Universitätsklinik sind, wurden unsere jungen Assistenzärztinnen und Assistenzärzte – auch ich damals – schon immer sehr breit ausgebildet. In den sechs Jahren, die die Ausbildung dauert, lernt man Pädiatrie von A bis Z und parallel bzw. speziell in den letzten beiden Jahren kommt dann die Spezialisierung. Diese Spezialisierung ist sehr wichtig, ein umfangreiches Fachwissen aber auch.

Worauf haben Sie sich spezialisiert? Ich habe mich auf Gastroenterologie und Hepatologie, also Magen-, Darm und Lebererkrankungen im Kindesalter spezialisiert und auch auf die pädiatrische Intensivmedizin.

Neben der fachlichen Bandbreite, die man als Kinderarzt abdecken muss, wie geht man mit der emotionalen Belastung um? Natürlich muss man sich abgrenzen. Die kleinen Patienten und vor allem die Eltern erwarten ja von uns, dass wir Optimismus und Frohmut ausstrahlen.

Und auch für uns Ärzte ist es wichtig, stets nach vorne zu blicken. Für uns gilt, immer das Beste aus jeder Situation zu machen.

Wo finden Sie Ausgleich? Es ist wichtig, zwischendurch abschalten zu können.

Mir gelingt das am besten in der Natur und beim Sport. Beim Wandern, Mountainbiken oder auch am Wasser beim Segeln. Ärzte verbringen viel Zeit in Räumen, sitzen oft zuhause noch vor dem Computer, um E-Mails abzuarbeiten, bilden sich laufend weiter und lesen viel.

Daher ist der Drang, rauszukommen, und den Kopf einfach einmal abzuschalten, oft groß.

Was ist im Umgang mit den kleinen Patienten wichtig? Bei den Kindern ist, finde ich, wichtig, dass man sich ihnen vorsichtig und auch spielerisch nähert, versucht, sie mit Fragen abzulenken und gleichzeitig Vertrauen zu schaffen. Ich frage sie je nach Alter zum Beispiel nach dem Kindergarten, der Schule oder was sie in ihrer Freizeit am liebsten machen.

Ein Kind als Patient ist in der besonderen

Lage, dass es nicht – wie es ein Erwachsener – über seine eigene Behandlung entscheiden kann. Die Eltern wiederum wollen ihrem Kind kein Leid zufügen und natürlich ist es immer ein Unterschied, ob ich etwas für mich selbst oder für jemand anderen entscheiden muss.

Die Eltern spielen also eine wesentliche Rolle.

Und was ist im Umgang mit den Eltern wichtig? Eltern, die mit einem kranken Kind in die Klinik kommen, haben vor allem Angst. Die kann man ihnen ein Stück weit nehmen, indem man signalisiert, dass man sich für ihr Kind interessiert.

Indem man also nicht nur das Fachliche in den Vordergrund stellt. Die meisten Eltern, die kommen, zweifeln nicht an der Kompetenz der Ärzte, das heißt aber nicht, dass sie ihnen auch automatisch vertrauen.

Meiner Erfahrung nach gehen Elternteile auch ganz unterschiedlich mit Angst um. Väter sind meist ganz still, erstarren fast, während die Mütter oft emotionaler reagieren. Vor allem in den ersten Lebensjahren und das sage ich ganz bewusst und auch wenn es gender-ungerecht ist – die Mutter kennt ihr Kind am besten, weshalb sie für die Ärzte auch eine wichtige Auskunftsperson ist.

Kann man sich die notwendige Empathie für den Beruf als Kinderarzt aneignen oder muss man sie mitbringen? Ich glaube, dass die jungen Ärztinnen und Ärzte, die wir einstellen, diese Empathie mitbringen. Sie wissen ja, dass die Pädiatrie kein einfaches Fach ist und sie unter Umständen auch schnell mit dem Tod eines Kindes konfrontiert werden können.

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Interview

„Die, die sich für unser Fach entscheiden, haben meist schon einen sehr ideellen Grund, das zu tun.“

Zur Person Univ.-Prof. Dr. Thomas Müller ist seit März 2017 Direktor der Innsbrucker Kinderklinik. Seit 2012 war der Kinderarzt bereits stellvertretender Direktor.

© FRANZ OSS (2)

Außerdem, wer das große Geld verdienen will, wenn es das in der Medizin heute überhaupt noch gibt, ist bei uns auch nicht an der richtigen Adresse. Die, die sich für unser Fach entscheiden, haben meist schon einen sehr ideellen Grund, das zu tun. Ich glaube aber, das kann man für die Medizin im Allgemeinen behaupten, und so wie es einen gewissen Typus braucht, um Chirurg zu werden, braucht es den auch, um Kinderarzt zu werden.

Wenn Sie an Ihre bisherige Laufbahn zurückdenken, was sind die gravierendsten Änderungen oder Neuerungen in der Pädiatrie in den letzten Jahrzehnten? Die Infektionskrankheiten sind nicht mehr das ganz große Problem, was wir unter anderem auch den Impfungen zu verdanken haben. Einen anderen Stellenwert hat hingegen das chronisch kranke Kind, das besondere Bedürfnisse hat, eingenommen. Meistens handelt es sich in diesen Fällen um genetisch determinierte Erkrankungen, die sich entweder von Geburt an oder im Kindesalter entwickeln. Diese Erkrankungen kommen im gesamten Spektrum der Pädiatrie vor. Die bahnbrechende Entwicklung in diesem Bereich ist in der Diagnostik gelungen. Erkrankungen, die sehr früh auftreten, haben in der Regel einen starken genetischen Hintergrund.

Früher hat man das hingenommen bzw. konnte man wenig Diagnostik machen.

Dadurch, dass wir heute den genetischen Code (DNA) eines Patienten in nur wenigen Wochen entschlüsseln können, was eine Revolution für sich ist, haben wir die Möglichkeit, auch seltene Erkrankungen viel schneller zu diagnostizieren.

heilkunde, jedes 2.500. Kind wird damit geboren. Vor vielen Jahren hat man zunächst den Gendefekt gefunden, der diese Krankheit verursacht, was die Diagnostik extrem verbessert und vor allem auch beschleunigt hat. Diese Früherkennung führte schließlich auch zu einer Verbesserung der Therapie und Prognose der Erkrankung.

Bislang konnte man nur die Symptome der Mukoviszidose behandeln, nun kann auch bei der Ursache angesetzt werden.

Das gilt natürlich für die gesamte Medizin und andere, vor allem seltene Erkrankungen. Wenn wir wissen, wofür zum Beispiel ein Eiweißmolekül zuständig ist, wissen wir auch, was passiert, wenn dieses Molekül fehlt bzw. nicht richtig funktioniert, und können das auch entsprechend behandeln. Die Optimierung der Diagnostik und Behandlung chronisch kranker Kinder ist daher ein wichtiges Thema für uns. Dafür ist vordergründig die Uniklinik zuständig, da dieser Bereich sehr viel Erfahrung, Know-how und unterschiedliche Spezialisierungen der Pädiatrie braucht, Interdisziplinarität ist hier sehr wichtig.

Können Sie ein Beispiel nennen? Die Mukoviszidose ist eine der häufigsten genetischen Erkrankungen in der Kinder-

Wo sehen Sie weitere Herausforderungen der Zukunft in der Pädiatrie? Eine Herausforderung ist zunächst einmal, aku-

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te Probleme rasch zu erkennen und zu behandeln. Die Kinderintensivmedizin weiterzuentwickeln, ist also sicher wichtig. Eine andere Herausforderung wird sein bzw. ist bereits, wie man mit dem nötigen personellen Mehraufwand umgeht. Eltern gehen heute mit einem kranken Kind viel schneller in die Klinik. Das hat viel mit dem generell gestiegenen Sicherheitsdenken der Gesellschaft zu tun, weil niemand riskieren will, zu lang zu warten, ein krankes Kind ist eben immer mit Ängsten verbunden.

Das Verhalten der Eltern ist also absolut nachvollziehbar, für die Klinik bedeutet dieser Umstand aber einen erheblichen, vor allem auch personellen Mehraufwand, vor allem in der Nacht und am Wochenende. Hier sind wir sicher stets gefordert, Lösungen zu finden. Wobei man auch sagen muss, dass wir gute Ressourcen an der Innsbrucker Kinderklinik haben. Zum Beispiel unser modernes Haus, das technisch auf dem neuesten Stand ist, und wir bekommen glücklicherweise auch heuer wieder Stellen dazu – seitens des Landes Tirol wird also schon sehr gut auf uns geschaut. Die Kinderklinik ist, glaube ich, auch der Bevölkerung sehr wichtig, deshalb sage ich immer: „Wir alle sind Kinderklink!“ Was sind Ihre Prioritäten als Chef? Was wollen Sie für Ihr Team, was für Ihre Patienten? Unsere über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Berufsgruppen sind das Herzstück der Kinderklinik. Meine Aufgabe ist es, ihnen die bestmöglichen Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, auch von der Stimmung und der Emotion her. Natürlich müssen aber auch die entsprechenden personellen Ressourcen vorhanden sein, dann funktioniert eine Klinik.

Auch ich bin nur ein Teil eines großen Puzzlespiels und kann nur versuchen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Fachlich gesehen zum Beispiel kann auch der Chef nur ein gewisses Spektrum abdecken.

Welche sind die schönen Seiten Ihres Berufs, was nehmen Sie vielleicht auch von Ihren Patienten mit? Die schöne Seite ist, dass man eine ganze Familie zum Lächeln bringen kann. Vom Kind, dem es besser geht, bis hin zu den besorgten Eltern und Großeltern. Diese Freude springt dann auch auf das gesamte Behandlungsteam über und dieses Gefühl ist mit nichts vergleichbar.

Was man von den Kindern lernen kann, ist, wie sie zum Beispiel mit Schmerzen, Leid, im Extremfall auch mit dem Sterben umgehen. Sie haben oft einen viel unbeschwerteren Zugang zu Dingen, die uns Erwachsenen viel schwerer fallen.

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Lunge Wenn die

in der Krise ist ...

Die chronische Lungenkrankheit COPD ist auf dem Vormarsch. Jeder vierte Raucher ist betroffen – viele ohne es zu merken. In akuten Phasen sind Patienten ähnlich schwer krank wie bei einem Herzinfarkt und müssen im Krankenhaus behandelt werden.

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„Eigentlich wäre ein Wort wie Lungenkrise hier weitaus passender, weil es den akuten Zustand bei COPD treffender veranschaulicht.“ HERBERT JAMNIG

C

hronisch Obstruktive Lungenerkrankung , abgeleitet von der engl ischen Übersetzung (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) auch kurz COPD genannt. Unter diesen Begriff fallen gleich mehrere Krankheiten: Zum einen zählt die chronisch obstruktive Bronchitis dazu, dabei sind die Atemwege entzündet und verengt. Zum anderen das Lungenemphysem, dabei verliert die Lunge an Elastizität, weil die Lungenbläschen überbläht sind. Das äußert sich insbesondere durch erschwertes Ein- und Ausatmen. „Zudem werden meist Kombinationen beider Krankheiten erfasst“, ergänzt Herbert Jamnig, Primar der Lungenheilkunde im Landeskrankenhaus Hochzirl – Natters. „Oft leiden COPD-Patienten parallel an chronischem Asthma. Haben Patienten beispielsweise Allergien sowie Asthma und rauchen ein Leben lang, können sie zusätzlich COPD bekommen.“ Allein in der Pneumologischen Abteilung in Natters zählt man jährlich über 2.000 Patientenaufnahmen mit der Diagnose COPD. Im Schnitt leiden 10 Prozent der Bevölkerung an einer behandlungsbedürftigen COPD. „Bei den über 70-Jährigen sind sogar über 20 Prozent betroffen“, weiß Jamnig. „Ein Jahrzehnte langer Nikotinkonsum wirkt dann noch stärker.“

Raucher häufig betroffen

COPD kann sich bei Menschen entwickeln, die Schadstoffen ausgesetzt oder genetisch vorbelastet sind. Meist tritt die Krankheit aber bei Rauchern auf – jeder vierte erkrankt an COPD. Gerade Frauen sind im Vergleich zu früher häufiger betroffen. „Das hängt damit zusammen, dass gerade in der Jugend Mädchen inzwischen sogar mehr rauchen als Burschen.“ Zudem haben Studien gezeigt, dass Frau-

geschrittenen Stadium die Atemfunktion einschränkt. Bei einem Emphysem äußert sich die Lungenkrankheit schleichender, weil Betroffene im Ruhezustand keine Beschwerden haben, unter Belastung kommen Betroffene aber schnell an ihre Grenzen. „Man weiß, dass COPD durch Rauchinhaltsstoffe eine entzündliche Krankheit ist, die auf vielen Ebenen wirkt.“ Neben der Grunderkrankung können Muskelabbau, Diabetes mellitus, Osteoporose oder Herzerkrankungen auftreten. Oft geht COPD auch mit schweren Depressionen einher. Patienten hören vielfach nicht mit dem Rauchen auf und gehen nicht mehr nach draußen. „Diese Depressionen müssen psychiatrisch behandelt werden.

Man weiß, dass Reha-Programme und soziale Kontakte dem wesentlich entgegenwirken können“, berichtet der Pneumologe.

„Man weiß, dass COPD durch Rauchinhaltsstoffe eine entzündliche Krankheit ist, die auf vielen Ebenen wirkt.“ HERBERT JAMNIG en empfindlicher auf schädliche Inhaltsstoffe reagieren. „Im Vergleich zu Männern reichen weniger Schadstoffe, um etwaige Krankheitssymptome auszubilden. Das betriff t die Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung und Lungenkrebs“, so der Mediziner. Denn gerade bei Rauchern mit COPD ist die Lunge schon angegriffen, deshalb können sie auch eher Lungenkrebs bekommen.

Verschiedene Symptome

Die Symptome können unterschiedlich ausfallen: Wird eine Bronchitis obstruktiv, kann daraus der umgangssprachliche Raucherhusten entstehen, der im fort-

Verlauf in Schüben

COPD ist eine chronische Erkrankung, die in Schüben verläuft. „Zum Vergleich, bei einer chronischen Herzerkrankung im akuten Zustand spricht man von einem Herzinfarkt. Und jeder weiß sofort, dass die Lage ernst ist“, erklärt Herbert Jamnig. Bei COPD heißt dieser Zustand jedoch Exazerbation. „Das bedeutet nichts anderes als eine Verschlimmerung der Erkrankung.“ Patienten müssen deswegen auch stationär aufgenommen

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werden. Sie sind schwerkrank vergleichbar mit einem Herzinfarkt. Dieser Zustand kann mehrmals im Jahr eintreten – Auslöser ist meist ein Infekt. „Eigentlich wäre ein Wort wie Lungenkrise hier weitaus passender, weil es den akuten Zustand bei COPD treffender veranschaulicht.“

Unterschiedliche Ansätze

Doch nicht immer ist der Aufenthalt in der Intensivstation notwendig. Erkennt man COPD in einem frühen Stadium, kann man mit der Behandlung rechtzeitig starten und es bleibt dem Patienten wesentlich mehr Lebensqualität. Die Behandlung erfolgt meist durch Antibiotika und Cortison, aber auch Inhalation und Sauerstoff therapie. „Bronchienerweiternde Medikamente und Reha bringen Verbesserungen. So kann man zum Beispiel wieder besser Stiegen steigen, was den Alltag erleichtert.“ In Tirol gibt es zwei pulmonale Reha-Zentren: ambulant das Rehamed Innsbruck und stationär das REHA Zentrum Münster. „Die Reha ist wichtig, denn dort sehen Patienten, dass andere auch betroffen sind, können sich austauschen und hören auch in der Gruppe eher mit dem Rauchen auf.“ Heilbar ist die Erkrankung zwar nicht, jedoch kann inhalative Therapie Lungenfunktion und körperliche Belastbarkeit verbessern, damit die Krankheit stabiler verläuft.

Mobiler durch Sauerstoff

Grundsätzlich gibt es vier Stadien im Krankheitsverlauf. „Die Stadien richten sich danach, wie sehr die Lungenfunktion eingeschränkt ist.“ Im zweiten Stadium hat man eine Lungenfunktion zwischen 80 und 50 Prozent, auf der dritten Stufe zwischen 50 und 30 Prozent. Im letzten Stadium wird meist extern Sauerstoff benötigt.

Aktuell benötigen in Tirol hunderte Personen eine Langzeitsauerstoff therapie. Pro 24 Stunden werden dabei 16 Stunden Sauerstoff zugeführt. Einerseits sind Betroffene durch die Sauerstoff flasche eingeschränkt, andererseits werden sie damit auch mobiler. „Viele Patienten bewegen sich weniger, weil sie Atemnot haben. Mit Sauerstoff können sie sich wieder besser bewegen.“ Man sollte

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„Als Raucher sollte man sich ab dem 40. Lebensjahr regelmäßig beim Lungenfacharzt durchchecken lassen.“

mit Reha und gezieltem Training darauf achten, trotz beschränkter Möglichkeiten aktiv zu bleiben, damit die Muskulatur gestärkt wird.

Ist die Krankheit bereits weit fortgeschritten, wird geprüft, ob der Patient für eine Lungentransplantation in Frage kommt. „COPD ist der häufigste Grund, warum eine Lunge transplantiert wird“, so der Pneumologe weiter.

Rechtzeitige Erkennung

Diagnostiziert werden kann die Krankheit bei einem Lungenfunktionstest, der in einer Lungenfacharztpraxis, im Kran-

© TIROL KLINIKEN

HERBERT JAMNIG

kenhaus oder als Zusatzangebot bei einer Gesundenuntersuchung durchgeführt wird. „Als Raucher sollte man sich ab dem 40. Lebensjahr regelmäßig beim Lungenfacharzt durchchecken lassen.“ Treten bei Rauchern zuvor bereits Symptome wie Auswurf, Husten oder Atemnot auf, ist ein Arztbesuch in jedem Fall ratsam. Wird festgestellt, dass jemand schlechter Luft bekommt, folgen Raucherentwöhnung, pulmonale Reha und inhalative Medikamente. „So lässt sich die Lungenerkrankung in den Griff bekommen“, betont Jamnig.

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Zur Person

Dr. Herbert Jamnig ist Pneumologe im Landeskrankenhaus HochzirlNatters am Standort Natters. Dort steht er als Primar der Abteilung Pneumologie vor.

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SERIE: Die Organe

Das Klärwerk des Körpers Filter, Speicher und Reaktor, in dem wichtige Stoffe umgewandelt, hergestellt und gespeichert werden: Die Leber ist ein echtes Multitalent, das erstaunliche Leistungen vollbringt. Dabei wird sie aber auch einer Vielzahl von Belastungen ausgesetzt.

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chon rein von ihrer Masse her fällt die Leber ins Gewicht: Mit rund 1.400 bis 1.800 Gramm ist sie das schwerste der inneren Organe. Und diese Größe braucht sie auch. „Im Oberbauch, direkt unter dem Zwerchfell gelegen, ist die Leber die erste Bastion unseres Körpers, um sich gegen Schadstoffe und Krankheitserreger zu verteidigen“, erklärt Ivo Graziadei, Leberspezialist und Leiter der Abteilung für Innere Medizin am Landeskrankenhaus Hall in Tirol. „Außerdem dient sie

als Speicher für Glukose, Fette und Eiweiße und ist die zentrale Schaltstelle unseres Stoff wechselsystems.“ Um all diese Funktionen erfüllen zu können, ist sie gleich zwei Mal an unseren Blutkreislauf angebunden. Sauerstoffreiches Blut, also gewissermaßen ihren „Treibstoff “, erhält sie über die Leberarterie. Mit „Arbeit“ wird sie dagegen über die Pfortader versorgt. Über sie gelangen vom Darm und der Milz kommend sämtliche Stoffe, die wir mit der Nahrung zu uns nehmen, in die Leber. Das sind Vitamine, Eiweiß, Fette und Kohlehydrate

ebenso wie Medikamente, Schadstoffe und Krankheitserreger. So fließen jede Minute insgesamt etwa 1,5 Liter Blut durch das Organ – rund ein Viertel der Blutmenge in unserem Körper.

Einfach gebaut

Trotz ihrer komplexen Funktionen ist die Leber relativ einfach aufgebaut. Grob wird sie in zwei Teile, den linken und den rechten Lappen, unterteilt. Sie besteht primär aus Bindegewebe sowie zahlreichen verschiedenen Zellen die jeweils unterschiedliche Funktionen haben.

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„Nur rund 15 Prozent aller Zirrhosen sind ausschließlich auf einen zu hohen Alkoholkonsum zurückzuführen.“ IVO GRAZIADEI

ANSTECKUNGSGEFAHR „Darin eingebettet liegt das stark verästelte System der Pfortader und Leberarterie“, beschreibt Graziadei. „Um diese Blutgefäße herum sind die eigentlichen Leberzellen in Form sechseckiger Leberläppchen angeordnet.“ Durch die Mitte jedes dieser Läppchen, von denen jeder Mensch geschätzt rund eine bis eineinhalb Millionen besitzt, verlaufen die Äste eines dritten Blutgefäßes: der Zentralvene, die das gereinigte Blut wieder zum Herzen zurückbringt. Die Leberläppchen sind von feinen Kanälen durchzogen, die das Blut von der Pfortader an ihrer Außenseite zur Zentralvene ihrer Mitte führen. Dabei passiert das Blut die eigentlichen Leberzellen, wo die Stoffwechselprozesse stattfinden.

Multitalent

In den Leberzellen findet der Großteil der sehr komplexen Stoff wechselvorgänge, wie Abbau, Neubildung und Speicherung von Nahrungsbestandteilen, Vitaminen aber auch von Medikamenten und Genussmitteln, wie Alkohol, statt. Bei Bedarf stellt die Leber aus ihren Speichern lebensnotwendige und energiehaltige Substanzen dem Körper wieder zur Verfügung. Giftstoffe leitet die Leber über die Galle in einem eigenen Gallengangsystem ab.

Zudem erzeugt das Organ Hormone entweder selbst oder verwandelt die Vorstufen in die aktiven Formen um.

Auch Medikamente müssen die Leber passieren und werden dort häufig erst

in ihre wirksame Struktur umgewandelt.

Erst nachdem das Blut all diese Schranken passiert hat, sammelt es sich in der Zentralvene, über die es wieder in den Blutkreislauf zurückgeführt wird.

Überlastet

„Solange die Leber nur mit einem bewältigbaren Ausmaß an Schadstoffen konfrontiert ist, geschieht das problemlos“, erklärt der Hepatologe. „Wird sie aber einer großen Menge von Giftstoffen oder Krankheitserregern auf einmal oder über längere Zeit ausgesetzt, kommt es zur Leberentzündung, der Hepatitis.“ Diese kann viele Ursachen haben und muss nicht immer auf eine ansteckende Krankheit hindeuten (siehe Infobox rechts).

Lebererkrankungen sind oft schwer zu diagnostizieren, da die Warnzeichen häufig unspezifisch sind. Patienten klagen über Müdigkeit, Übelkeit und Fieber. „Die sogenannte Gelbsucht, die bei Laien meistens mit einer Lebererkrankung in Verbindung gebracht wird, tritt nur selten zu Beginn auf“, meint Graziadei.

In vielen Fällen heilt die Entzündung alleine aus, insbesondere, wenn die Ursache beseitigt werden kann. Gefahr droht allerdings, wenn dies nicht möglich ist und die Leberentzündung chronisch wird. Dann kann eine sogenannte Zirrhose entstehen. „Dabei kommt es zur Fibrose – der krankhaften Vermehrung des Bindegewebes“, sagt Graziadei. „Das heißt, dass sich in Folge das Lebergewebe verhärtet und folglich wichtige Organfunktionen deutlich eingeschränkt sind.“

Leberentzündungen können auch durch Viren ausgelöst werden. Je nach Erreger spricht man dann von einer Hepatitis A, B, C, D oder E. Hepatitis D kommt hierzulande aber sehr selten und nur in Verbindung mit Hepatitis B vor. Hepatitis E wird in unseren Breiten nahezu nur durch zu wenig heiß gekochtes Schweinefleisch übertragen und heilt in nahezu allen Fällen ohne Beschwerden von selbst aus. Häufiger sind dagegen: Hepatitis A ist eine typische Reisekrankheit. Sie wird häufig in Urlaubsländern durch kontaminiertes Wasser oder Speisen übertragen. Gegen diese Form existiert eine wirksame Impfung. Sie heilt immer aus.

Hepatitis B ist vor allem in Asien und Afrika verbreitet. Eine Infektion mit dieser Variante erfolgt vor allem durch Sexualkontakte und benutzte Nadeln beim Drogenkonsum oder beim Tätowieren. Weltweit sind daran geschätzt rund zwei Milliarden Menschen angesteckt. Seit ein Impfstoff dagegen ‚entwickelt wurde, ist die Zahl rückläufig.

Hepatitis C war bislang die gefürchtetste der viralen Leberentzündungen und galt bis vor kurzem als sehr schwer heilbar.

Die Hepatitis C wird heute primär durch das Teilen von Nadeln oder durch verunreinigtes Piercing- und Tattoo-Besteck übertragen. Seit einigen Jahren steht eine sehr erfolgreiche und nebenwirkungsarme Therapie zur Verfügung. Dabei greifen Medikamente direkt in den Stoffwechsel der Viren ein, wodurch ein Großteil der Betroffenen geheilt werden kann.

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Fortschreitend

zen sie, kommt es zu schweren Blutun- kamente, akute Vergiftungen, wie durch Dieser Vorgang ist meistens nicht um- gen, die lebensbedrohlich sein können. den Knollenblätterpilz, virale Infektionen kehrbar. Und selbst wenn sich die Verhär- Zusätzlich steigt mit fortschreitender oder in seltenen Fällen Erbkrankheiten tung zurückbildet, geschieht das extrem Leberzirrhose das Risiko, Leberkrebs zu der Auslöser sein. Und auch bei Gallenwegserkrankungen kann es zu einem langsam. Im Gegensatz dazu schreitet entwickeln.

Rückstau der Galle kommen, der zu einer die Fibrose unweigerlich fort, wenn ihre Überlastung der Leber führt.

Ursache nicht beseitigt wird. „Das Risiko, Zivilisationskrankheit Die größte Gefahr droht dem Organ eine Leberzirrhose zu entwickeln, liegt „Lebererkrankungen haben einen bei rund einem Prozent pro Jahr“, meint schlechten Ruf“, meint Graziadei. „Sie aber durch unser persönliches Verhalder Mediziner. „Bei schwierigerem Ver- werden häufig mit Alkoholismus in Ver- ten. Nehmen wir übermäßig Fette, Zucker und andere Energieträlauf kann sich dieser Vorgang ger zu uns, verbrauchen diese beschleunigen.“ Ist einmal ein Energie aber nicht, wird diese größerer Teil des Organs be„Die sogenannte Gelbsucht, in Form von Fett in der Leber troffen, kann Patienten nur noch mit einer Transplantatidie bei Laien meistens mit einer gespeichert und es entsteht eine Fettleber. „Und das ist on geholfen werden.

Lebererkrankung in Verbindung heute die am weitesten verAb einem bestimmten breitete Ursache erhöhter LeGrad der Zirrhose sind gegebracht wird, tritt nur selten berwerte“, warnt Graziadei. fährliche Komplikationen vor„Die in unseren Breiten häuprogrammiert. Im Endstadium zu Beginn auf.“ fige Kombination aus fettem, kommt es zur Wassersucht, IVO GRAZIADEI zuckerhaltigem Essen, wenig bei der sich im Bauchraum Bewegung und AlkoholkonFlüssigkeit ansammelt, die zu sum ist ein großes Problem. einem „Kugelbauch“ führt.

Außerdem bilden sich Krampfadern in bindung gebracht. Dabei sind nur rund Es ist anzunehmen, dass die Fettleber der Speiseröhre. Diese Blutgefäße sind 15 Prozent aller Zirrhosen ausschließlich bald Hauptgrund für Lebertransplantatiextrem dünnwandig und liegen direkt auf einen zu hohen Alkoholkonsum zu- onen sein wird.“ Entscheidend ist der Leunter der Schleimhautoberfläche. Plat- rückzuführen.“ Ebenso gut können Medi- benswandel. Eine ausgewogene Diät und ausreichend Sport sorgen dafür, dass das Organ seine Arbeit tun kann, ohne Schaden zu nehmen. Besonders gelte es, auf das Körpergewicht zu achten, rät der Mediziner. „Deswegen liegt der Schlüssel zu einer gesunden Leber darin, auf seinen Körper als Ganzes achtzugeben“, Daheim gut essen! rät er. „Dann sinkt auch die Gefahr einer Lebererkrankung drastisch.“ DANIEL FEICHTNER ●●● Wir bringen Ihnen

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Zur Person Prim. Univ.-Prof. Dr. Ivo Graziadei hat an der Universität Innsbruck Medizin studiert und eine Spezialausbildung für Lebererkrankungen (Hepatologie) im In- und Ausland absolviert. Seit 2013 leitet er die Abteilung für Innere Medizin am Landeskrankenhaus Hall in Tirol.

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