Kärntner Monat (Januar 2014)

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REPORT MONAT 21

Kärntner Vokabelkunde Plantons liebste Mundartwörter himlazn - Wetterleuchten labsprinzlat - sommersprossig Tschoda - Haare Borzach - Jungwuchs im Wald urasn - verschwenderisch, vergeudend sein. Schwartling - Das erste Stück Brett (mit Rinde) eines Baumstamms Schupfn - Holzhütten fürs Heu Raftle - der erste Abschnitt vom Brot Bockshörndl - Johannisbrot, früher als Süßigkeit in Nikolaussackerln Saupappalan - hochdeutsch: Pfaffenblatt. Großblättriges Heilkraut Lockerin - Babysitter Jauck - Föhn itrachn - wiederkäuen (Kühe) Heppalanzegga - lavanttalerisch für: Büstenhalter

Sprachwissenschaftler Heinz Pohl

S

chön sprechen“ hieß es damals in der Schule, und: „Sag das noch mal, aber in richtigem Deutsch!“ Dialekt, das war eines Gymnasiasten unwürdig und später auf der Uni überhaupt pfui. So sprechen vielleicht Bauern, aber nicht Intellektuelle. Und dann: die Haider-Ära! Während der verfielen die meisten Kärntner außerhalb des Landes in einen Vermeidungsreflex: Bloß nicht über die Aussprache als Kärntner outen, weil sonst muss man in stundenlangen Diskussionen für die Landespolitiker Abbitte leisten. Aber nun, so scheint es, tut sich was im sprachlichen Selbstverständnis des Landes. Armin Assinger war der frühe Vorbote eines Trends, der sich weiter ausdehnt. Die jungen Leute halten ihre SMS und facebook-Updates vorzugsweise in Dialektsprache. Die Singleplattform Parship kürte im Vorjahr Kärntnerisch zum „erotischsten Dialekt Österreichs“. Im Radio darf die Kärntner Provenienz der Sprecher wieder durchklingen und dank TV-Formaten wie „Kärntnerisch gredt“ hat der Dialekt auch im Regionalfernsehen zumindest einen großen Auftritt pro Woche. RIESENECHO AUF MUNDART. „Sogar wenn ich im Auto auf der Kreuzung stehe, rufen mir die vorbeigehenden Leute Wörter zu, die ich einmal bringen soll“, schmunzelt Carl Hannes Planton. Seine im Rahmen von „Kärnten heute“ ausgestrahlte Dialekt-Leiste „Kärntnerisch gredt“ rief von Beginn an enorme Publikumsresonanz hervor. „90 Prozent der vorgestellten Wörter kommen von Zusehern“, erzählt der Moderator. Die Leute schicken ihm Briefe, Emails, ganze Wörtersammlungen, „wirklich rührend“, wie er meint. Dabei stand er selbst eine zeitlang auf Kriegsfuß mit dem Dialekt. „Als ich beim ORF angefangen hab, arbeiteten dort fast nur Theaterleute.

Armin Assinger, publikumswirksamer Botschafter des Kärntnerischen hat ein Lieblingswort: Tscherfl.

„Kein Kärntnerisch ohne Slowenisch“ Heinz Pohl, pensionierter Sprachwissenschaftler und Dialektforscher der Uni Klagenfurt, über Entwicklung, Image und Status Quo des Kärntner Dialekts. MONAT: Sie beschreiben als ein besonderes Merkmal des Kärntner Dialekts die „Kärntner Dehnung“. Was ist das und woher kommt’s? HEINZ POHL: Es ist die Umwandlung der mittelhochdeutschen Gruppen „kurzer Selbstlaut und verdoppelter Reibelaut“ zu „langer Vokal und einfacher Reibelaut“. Zum Beispiel: Aus hoffen, gewiss oder Wasser wurde im Kärntnerischen hofn, gwi:s und Wosa. Diese Dehnung ist eine lautliche Anpassung an das Slowenische. Den slawischen Sprachen sind Doppelkonsonanten gänzlich fremd. Obwohl: Das ist nicht der einzige Einfluss des Slowenischen aufs Kärntnerische. Was gibt’s da noch? Die teilweise Übernahme des slowenischen Satzbaus zum Beispiel. Wenn ein Kärntner sagt „Gestern wor oba kolt“ fehlt das „es“. So wird das auch im Slowenischen gemacht. Und es gibt freilich einzelne Lehnwörter mit slowenischem Ursprung. „Strankerln“ etwa, oder das „Zwillen“ von Kindern. Sie kommen ursprünglich aus Wien. Welches Image hat der Kärntner Dialekt dort? Als ich noch in Wien lebte, wurde Kärntnerisch immer als angenehm empfunden. Ganz anders als Steirisch, über das man sich eher lustig gemacht hat. In den vergangenen Jahren hat zwar das Image des Landes wohl gelitten, jenes des Dialekts aber sicher weniger. Stirbt der Dialekt aus? Oder sind Dialektsprecher in der Öffentlichkeit nur die Vorhut einer größeren Pro-Regio nalsprache-Bewegung? Einerseits gibt es sicher ein gewisses Sprachbewusstsein in Österreich. Aber im Großen und Ganzen wird alles immer mehr vereinheitlicht. Die echten Basismundarten der bäuerlichen und werkstätigen Bevölkerung gehen eigentlich verloren. Einzelne Aktivisten in der Öffentlichkeit schaffen zwar Bewusstsein, können die Vereinheitlichung aber sicher nicht mehr aufhalten.


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