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Karottensuppe mit Kokosmilch

Backofen auf 180 Grad Umluft heizen. Hühnerschenkel in eine Auflaufform legen, mit der Hautseite nach oben. Sumach und Koriander darüberstreuen, mit Olivenöl beträufeln. Salzen und pfeffern. Die Zwiebel in feine Ringe schneiden, zwischen dem Fleisch verteilen. Die Pflaumen entkernen und achteln (oder vierteln, je nach Größe), zwischen das Fleisch drücken. 2 bis 3 TL Honig mit Zitronensaft vermengen, über das Huhn und die Pflaumen geben. In den Ofen schieben, ungefähr 25 Minuten lang garen. Dann weitere 2 bis 3 TL Honig auf das Fleisch streichen. Die Zwiebeln und die Pflaumen drückt man so zurecht, dass sie mit der entstandenen Flüssigkeit bedeckt sind, dann trocknen sie nicht aus, während das Huhn brutzelt. Das Ganze weitere 15 Minuten lang garen.

HUHN MIT SUMACH UND PFLAUMEN

Zutaten für 4 Personen: 4 Hühnerschenkel, 1 EL Sumach, 1 TL Koriandersamen (im Mörser zerstoßen), 2 EL Olivenöl, Salz, schwarzer Pfeffer, 1 rote Zwiebel, 5 Pflaumen (oder reife Zwetschgen), 4–6 TL Honig (flüssig), ½ Zitrone (Saft)

Alle Zutaten bis auf die Zitronenschale in einer Schüssel vermengen. Abschmecken: Fehlt Salz? Fehlt Schärfe? Fehlt Süße? Sie entscheiden. Nüsse auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech verteilen. Bei 160 Grad Umluft backen. Währenddessen ab und zu wenden, sodass sie gleichmäßig bräunen. In meinem Backofen brauchen die Nüsse exakt 18 Minuten, bis sie fertig sind. Weil jeder Backofen anders ist, sollte man ab Minute 12 immer wieder nachsehen, ob nichts verbrennt. Wenn man die Cashews aus dem Ofen holt, sind sie noch etwas weich, mit dem Abkühlen werden sie knusprig. Dann ist der Moment gekommen, in dem man den Abrieb der Zitrone unterrührt.

CASHEWNÜSSE MIT CHILI

140 g Cashewnüsse (ungesalzen), 1 TL Kreuzkümmelsamen, 1 Prise Chilipulver, etwas Zucker, etwas Salz, 20 g Butter (zerlassen), 1 TL Sonnenblumenöl, Abrieb von 1 Bio-Zitrone

Für die Currypaste die Chilischoten klein schneiden, Kerne eventuell entfernen, je nachdem, wie scharf man es mag. Zwiebeln fein hacken, Knoblauch und Ingwer schälen und fein hacken, Zitronengras klein schneiden. Alles in den Mörser geben, Koriander- und Kreuzkümmelsamen dazugeben und das Ganze zu einer groben Paste vermengen. Zuletzt Kurkuma und Salz hinzufügen. Für die Suppe das Kokosöl in einen Topf geben, darin die Paste erhitzen, bis sie zu duften beginnt. Dann geschälte, in grobe Stücke geschnittene Karotten dazugeben, kurz andünsten. Mit Kokosmilch aufgießen. Ungefähr eine halbe Stunde lang bei geschlossenem Deckel auf mittlerer Hitze köcheln lassen. Zum Schluss pürieren und eventuell nachsalzen.

KAROTTENSUPPE MIT KOKOSMILCH

Zutaten für 2 Personen: Für die Paste: 12 Chilischoten (frisch, klein, rot), 2 Zwiebeln (mittelgroß), 4 Knoblauchzehen, 40 g Ingwer, 2 Stangen Zitronengras, 2 TL Koriandersamen, 1 TL Kreuzkümmelsamen, 1 TL Kurkuma (gemahlen), 1 TL Salz; für die Suppe: 2 EL Kokosöl, 700 g Karotten, 1 Dose Kokosmilch (400 ml)

Der Scharfmacher

Einst mit Gold aufgewogen, heute oft zu braunem Staub zermahlen: Pfeffer hat einen beispiellosen Auf- und Abstieg hinter sich. Doch es gibt Grund zur Hoffnung

Das mit Abstand kleinste Exponat des Bremer Focke-Museums klemmt in einem beleuchteten, mit Vergrößerungsgläsern ausgestatteten Glaszylinder. Es handelt sich um ein graues, schrumpeliges Pfefferkorn. Unbedeutend bis auf die Tatsache, dass es vor rund 800 Jahren am Ufer der Weser in einer Latrine landete. Pfeffer aber war noch im späten Mittelalter nördlich der Alpen eine absolute Rarität. Darum galt unter den Archäologen, die das Korn 1989 bei Ausgrabungen fanden, das Bremer Pfefferkorn als Sensation. Es ist eine lange und streckenweise traurige Geschichte, die uns Menschen mit dem Pfeffer verbindet. Es geht darin nicht nur, aber meist, um Geschmack. Und die Sehnsucht danach. Mit seiner prickelnden Schärfe auf der Zunge lässt uns der Pfeffer schon seit der Antike das Wasser im Mund zusammenlaufen. Doch noch im späten Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit war das Gewürz reiner Luxus und denjenigen vorbehalten, die beim Essen nicht an Stoffwechsel und Überleben denken mussten. Die Pfeffersehnsucht war in jenen Zeiten so groß, weil der Stoff so rar war. Und er war so rar, weil er unvorstellbar weit weg wuchs: eben da, »wo der Pfeffer wächst«. Piper nigrum nennen Botaniker den Pfefferstrauch. »Piper« stammt vom altindischen pippali, Beere, was auf die Heimat des Pfeffers verweist: Indien, genauer die Malabarküste im Südwesten Indiens am Arabischen Meer. Heute liegt da der Bundesstaat Kerala. Piper nigrum rankt bis zu zehn Meter efeuartig in die Höhe, ist immergrün und hat kleine weiße Blüten. Aus denen entwickeln sich Beerenfrüchte, die anfangs grün sind (grüner Pfeffer!) und später Roten Johannisbeeren ähneln (roter Pfeffer). Schwarzer Pfeffer entsteht, wenn die grünen Körner unreif gepflückt und an der Sonne getrocknet werden. Entfernt man, zum Beispiel durch ausgiebiges Wässern, das Fruchtfleisch der reifen Beeren, erhält man weißen Pfeffer. Die Beeren waren in weiten Teilen Europas bis ins späte Mittelalter so teuer, dass sie nur in den Küchen extrem Reicher Einzug hielten. Beim Pfeffern ging es entsprechend anfangs weniger um Geschmack als um Renommee. Wer es sich leisten konnte, pfefferte alles, was auf den Tisch kam: In Fleischgerichten köchelten die Pfefferkörner mit, aber auch Süßes wurde mit gestoßenem Pfeffer versetzt, man denke an »Pfefferkuchen«. Köche bei Hof kreierten ihre eigenen Gewürzmischungen und zermahlten im Mörser Pfeffer, Ingwer und Zimt. Selbst Wein wurde so stark gewürzt, dass vom Ursprungsgeschmack praktisch nichts übrig blieb. Umstritten ist bis heute, wie sehr Pfeffer auch der Konservierung diente und ob eine übermäßige Würzung vielleicht unangenehme Gerüche oder störenden Geschmack überdecken sollte. Damals waren die Leute so scharf auf Pfeffer, dass sie das Zeug mit Gold aufwogen. Bei diesem Deal wurden alle reich, die den Luxusstoff importierten – die Händler und Kaufleute, die man »Pfeffersäcke« nannte. Der Pfeffer war in einem Maße Luxus, dass schon ein einzelnes Pfefferkorn hohen Wert hatte. Deshalb ist es mehr als manieriertes Getue, wenn das Bremer Focke-Museum als kulturgeschichtliches Highlight ausgerechnet ein winziges graues Pfefferkorn präsentiert. Bremer Archäologen haben das Korn vor 30 Jahren nahe der Weser in einer Baugrube geborgen. Genauer in einem irdenen Kugeltopf, der wohl mal als Latrine gedient hatte. Als dieses Pfefferkorn vor 800 Jahren unzerkaut ausgeschieden wurde, hatte es schon eine abenteuerliche Reise hinter sich. Start der Reise war höchstwahrscheinlich die indische Malabarküste. Dort lud man damals das »schwarze Gold« auf Segelschiffe. Findige indische oder arabische Gewürzhändler hatten nämlich herausgefunden, dass man mithilfe des Monsuns das Arabische Meer überqueren und den Persischen Golf oder sogar das Rote Meer erreichen konnte. Auf dem Landweg ging es dann mit Karawanen weiter. Konstantinopel war ein wichtiger Umschlagpunkt. Von hier fuhren Schiffe nach Italien. An Venedig kam zu der Zeit kein Pfefferkorn vorbei. Waren die Handelswege zwischen Indien und dem Mittelmeer fest in arabischer Hand, monopolisierte die Republik Venedig den europäischen Pfefferhandel. Pfeffer aus Indien musste ausnahmslos in Venedig verzollt werden, bevor er zum Beispiel über die Alpen nach Süddeutschland transportiert werden konnte. Eine weitere Handelsroute führte von Venedig über Lissabon und durch den Ärmelkanal nach London. Oder eben nach Hamburg. Vielleicht hatte das besagte Bremer Pfefferkorn diesen Weg genommen, bevor es in Bremen auf der Tafel eines Gutbetuchten landete.

Die komplizierte Route des Bremer Pfefferkorns ist dabei keineswegs das Ergebnis von Zufällen. Tatsächlich bestimmte der Pfeffer zusammen mit weiteren exotischen Gewürzen wie Muskatnüssen, Gewürznelken, Zimt und Ingwer über Jahrhunderte wichtige Handelsrouten in Europa und Asien. Das hing mit den Gewinnen zusammen, die im Gewürzhandel erzielt wurden. 600 Prozent Aufschlag waren im Zwischenhandel mit Pfeffer nicht unüblich. Solche Gewinnmargen riefen Konkurrenz auf den Plan. Es waren Seefahrernationen wie Portugal und Spanien, die im Spätmittelalter angeblich ferne Länder und Kontinente entdecken wollten, wo es ihnen doch um alternative Routen zu den Gewürzküsten ging. 1492 suchte Kolumbus die indischen Gewürzhäfen bekanntlich im falschen Ozean. Die portugiesische Konkurrenz dagegen hatte den richtigen Riecher: Vasco da Gama umsegelte sechs Jahre später das Kap der Guten Hoffnung und erreichte den indischen Gewürzhafen Calicut, heute Kozhikode. Das venezianische Monopol war geknackt. Reich wurde nun Lissabon.

Doch das Glück der Portugiesen währte gerade mal 100 Jahre. Dann vertrieben Holländer sie von den Pfeffer-Küsten. In zahlreichen Ländern beiderseits des Äquators versuchte man nun, Pfeffer zu kultivieren, oft mit Erfolg. In Indonesien und Malaysia, in Vietnam und Brasilien funktionierte der Anbau bald so prächtig, dass die Preise im Pfeffergeschäft weltweit in den Keller gingen. Dazu trug allerdings auch ein südamerikanisches Gewürz bei, dessen Wert schon Kolumbus erkannt hatte: Chili. Die scharfe Frucht der Paprikapflanze verbreitete sich bereits im Spätmittelalter über portugiesische Seefahrer bis nach Asien und ist heute auch da, wo der Pfeffer angebaut wird, unverzichtbarer Bestandteil der meisten Gewürzmischungen. Mit dem Beginn der Neuzeit also schmolzen die Profite der Pfeffersäcke und Zolleintreiber dahin. Spätestens im 19. Jahrhundert verkam Pfeffer zur Massenware. Das bedeutete, dass jeder ihn sich leisten konnte. Einerseits. Andererseits litt die Qualität der Ware. Verunreinigungen, Beimischungen von Konservierungsstoffen, Streckung mit Holzkohle und andere Panschereien beschädigten das Image. Mit der Qualität aber verschwand auch das Bewusstsein für Qualität. Kurz: Der Pfeffer wurde zu Staub, und niemand merkte es. Heute befinden wir uns auf dem Tiefpunkt der Beziehung Mensch–Pfeffer. Pars pro toto soll an dieser Stelle der sogenannte Zwillingsstreuer erwähnt werden. Er steht in Wirtshäusern, in Restaurants, in Imbissbuden und daheim auf dem Tisch, als gäbe es diesbezüglich ein Gesetz. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um dysfunktionalen Mist. Der Salzzwilling ist, weil Salz feucht wird, meist verstopft. Aus dem Pfefferzwilling aber fällt in aller Regel auf Salat und Steak bloß uralter Staub. Es kann nur noch bergauf gehen? Es geht bergauf! Wer guten Pfeffer sucht, hat immer häufiger die Chance, in der Nähe (oder im Internet) einen Gewürzbasar, ein Pfefferkontor oder Pfeffersack & Soehne zu finden. In Köln gibt es Hennes’ Finest Pfeffer-Boutique, in Berlin die Spicebar, in der Hamburger Speicherstadt residiert Hanse&Pepper. Darf man schon von einem Hype sprechen? Die Pfeffer-Avantgarde diskutiert über winzige Anbauregionen in Kambodscha, etwa Kampot, wo natürlich der beste Pfeffer der Welt wächst. Von Kleinstbauern handverlesen. Und in Tischgesprächen spielen neuerdings Begriffe wie »spannende Komplexität der Zitrusaromen«, »fruchtig-harzige Noten« oder ein »aufregendes Bitzeln auf der Zunge« eine Rolle. Wer bei Tisch wirklich glänzen möchte, der weist darauf hin, dass das sautierte Rindfleisch an Limettendip mit grünem Pfeffer gereicht wird, welcher auf ausgewählten Lateritböden wachsen durfte. Verwöhnte Zungen verlangt es nach Andaliman, einem indonesischen Pfeffer, den man ausschließlich wild findet. Er verbreitet sich erst dann, wenn seine Körner einmal durch den Verdauungstrakt bestimmter Vogelarten gegangen sind. Mit dem Hype ziehen natürlich auch die Preise an: Andaliman kostet 400 bis 600 Euro. Das Kilo. Dafür bekommt man beim Discounter 40 Kilo Pfeffer. Beim Goldpreis sind wir damit noch nicht angelangt. Dass Pfeffer aber mal mit Gold aufgewogen wurde – auch daran erinnert uns das Bremer Pfefferkorn. Seinen Wert kennen wir, seit Bremen das Korn zu Ausstellungszwecken nach Magdeburg verlieh. Als das Exponat wieder im Focke-Museum ankam, war das Korn in zwei Teile zerbrochen. Der immaterielle Schaden ist hoch. Doch die ausgezahlte Versicherungssumme war auch nicht ohne: vierstellig. Damit liegt der Wert des Bremer Pfeffers bei weit über einer Million Euro pro Kilo.

Das Experiment

Kann eine Sterneköchin aus den Zutaten, die ich zu Hause habe, ein tolles Menü kochen? ZEIT-Redakteur Yassin Musharbash lud Sonja Frühsammer zu sich ein und weinte beinahe – vor Glück

Alle meine Lebensmittel sind über Nacht verschimmelt. Vor Schreck schneide ich mir mit einem rostigen Messer in den Daumen und ziehe eine Blutspur quer durch die Küche. Kichernd kriecht unter meinem Kühlschrank eine Maus hervor ... Wer dazu neigt, sich auszumalen, was alles schiefgehen könnte, hat dazu reichlich Gelegenheit, wenn er Besuch von einer Sterneköchin erwartet. Ich will damit nur sagen: Ein bisschen nervös war ich schon. Und wie auch nicht? Kabeljau mit Ochsenmaulvinaigrette: Das ist eines von Sonja Frühsammers signature dishes. Sie gilt als die beste Köchin Berlins; seit Jahren hält sie einen MichelinStern für ihre Herdkunst im Frühsammers Restaurant in BerlinGrunewald. Ich gelte als einer der Top5Köche in meinem vierköpfigen Haushalt. Wenn ich etwas kochen will, das alle gern essen, mache ich vegetarische Lasagne. Sonja Frühsammer, so das Experiment hinter diesem Text, soll in meiner Küche mit meinen Zutaten kochen. Und ich bin angehalten, als Gastgeber nicht zu mogeln. Darein werde ich mich fügen – das ist meine erste Entscheidung, die ich Tage vor dem Besuch treffe. Am Samstag, zwei Tage vor dem DDay, mache ich meinen Wocheneinkauf deshalb genau so, wie ich ihn immer mache. Es werden nicht wie zufällig Trüffeln irgendwo auf meiner Anrichte herumstehen. Kein Chateaubriand wird aus dem Kühlschrank lächeln. Es werden sich keine YuzuFrüchte im Obstkorb rekeln. In meinen Schränken und Regalen: nur Zutaten, die ich mit Vor und Nachnamen kenne und mit denen ich schon gekocht habe. Am Sonntag räume ich die Küche auf. Das ist kein Mogeln, das ist elementare Gastfreundschaft. Mit Sonja Frühsammer habe ich mittlerweile minimalistischen WhatsApp und Telefonkontakt. Sie fragt, ob es okay wäre, wenn sie ein Messer mitbringt. Und vielleicht ihr Lieblingsgewürz? Das Herantasten hat begonnen – und zum ersten Mal vermute ich, dass auch sie einen Hauch Unsicherheit verspürt. Sie kennt mich ja nicht. Hat keine Ahnung, was sie hier vorfinden wird. Vielleicht halte ich mich an die KetoDiät oder esse nur rohes Fleisch und Getreide? Vielleicht habe ich 13 Allergien und Unverträglichkeiten? Befolge obskure religiöse Speisegesetze? Der Perspektivwechsel beruhigt mich. Was mich heftig freut: Sonja Frühsammer fragt, ob ich Lust hätte, mit ihr gemeinsam zu kochen. Anstatt ihr bloß zuzusehen. Als ihr Souschef sozusagen. Am Montag parkt zur verabredeten Zeit am frühen Nachmittag ein EAuto vor meinem Häuschen, dem eine zierliche, sportliche Person entsteigt. Und vielleicht darf ich an dieser Stelle einmal kurz vorgreifen: Es wird ein sensationell angenehmer, maximal lehrreicher Kochtag in der Casa Musharbash werden. Lachen wird Küche, Balkon und Esszimmer füllen. Ich werde nur einmal etwas Peinliches anstellen. Eine Flasche Wein wird geleert (vielleicht auch zwei). Und das Essen wird so spektakulär sein, dass ich beinahe in einen Pilzfond weinen werde. Dieser Vorgriff soll klarstellen, dass meine Nervosität unbegründet war. Und zwar vor allem, weil die Sterneköchin Sonja Frühsammer erkennbar keine Starallüren nötig hat. Kein TimRaue Gefrotzel, keine GordonRamsayAngeberei. Umso entspannter kann ich zuschauen, wie sie sich mit meiner Küche und meinen Zutaten anfreundet. Wie aus Eindrü

Ich kaufe ein, cken Inspiration wird, aus Inspiration erste Ideen entwas ich auch sonst stehen, sich aus den Ideen eine Art Plan formt und der einkaufe, denn Plan schließlich in einem VierGängeMenü mündet. ich soll als Gast Man selber kocht ja so nicht. Man geht ja nicht in seiner geber nicht mogeln eigenen Küche spazieren, probiert hier, befühlt da, schnuppert dort. Öffnet diesen Schrank oder jenen: ah, Kichererbsen, interessant! Geht in den Garten und betrachtet das Hochbeet. Kaut nachdenklich ein Blättchen von der Minze und zerreibt ein paar Thymianzweige zwischen den Fingern. »Und sind das da Beeren an dem Strauch? Was für Beeren? Super, Johannisbeeren. Voll reif! Damit machen wir was!« So vergeht die erste Stunde: Sonja Frühsammer sammelt Eindrücke. Und ich vermute, dass in ihrem Kopf dabei schon Kombinationen durchgespielt werden: Wenn das, was dann dazu? Oder doch ganz anders? So kann man natürlich nur arbeiten, wenn Rezepte schon lange keine Voraussetzung mehr sind. Wenn man theoretisch alles machen und den Fokus deshalb darauf legen kann, was am besten zusammenpasst, am meisten überrascht, heute am besten schmecken wird, weil es auf dem Höhepunkt seiner Reife ist. Das ist Handwerk. Aber auch, glaube ich, ein bisschen Genie. Der erste Gang auf jeden Fall. Der erste Gang ist eines dieser Gerichte, die ich nicht vergessen werde. Weil es vermeintlich einfach ist,

Der Fenchel aus dem Garten begeistert Sonja Frühsammer, ihr Pilzfond den Gastgeber

Vier Gänge gibt es am Ende – und neben Tomatensalat und Pilzravioli noch einen Kaiserschmarrn

zugleich so überraschend, dass man sich unwillkürlich fragt: Wieso essen das nicht alle jeden Tag, schon immer? Der erste Gang beginnt mit einer Tomate. Einer ziemlich großen Ochsentomate, die ich am Samstag beim Gemüsedealer gesehen hatte und an der ich nicht vorbeigehen konnte, weil sie mich in ihrer Saftigkeit und Röte und allgemeinen Herrlichkeit angegrinst hatte. »Tomatensalat«, sagt Sonja Frühsammer irgendwann also, eher leise als für Publikum bestimmt, aber es klingt wie eine Festlegung. Ich stelle es mir so vor: Tomate ist gesetzt. Ab jetzt geht es um den Akkord. Was passt? Was macht Spaß? Was ist interessant? In diesem Fall ist der erste Partner zur Tomate, den Sonja Frühsammer identifiziert: Minze. Und zwar eine bestimmte Sorte Minze von den drei Sorten Minze in unserem Garten. Tomate und Minze: top. Aber ein Akkord hat klassischerweise drei Töne. Zurück in die Küche, zurück an die Schränke. »Was ist das denn? Sind das Datteln? Das sind ja geile Datteln!« Das sind sie wirklich. Ich habe sie aus Bagdad mitgebracht: kleine, schwarze, süße Datteln – die Königin der Datteln nennt man sie im Irak. Sonja Frühsammer probiert, ist begeistert, legt den Kopf schief, lächelt: Das ist es. Zackibumm: Tomate, Minze, Dattel! Später wird das auf dem Teller so aussehen: eine dünne Scheibe Ochsentomate ganz unten, angemacht mit Olivenöl. Darauf ein Türmchen TomatenTatar. Darüber gesprenkelt: Chiffonade (also feine Streifen) von der Minze und kleine Stückchen von der Dattel. Etwas Rucola. Ein bisschen Dressing, in dem Fruchtgelee eine Rolle spielt. Es ist saulecker. Ist mir auch ganz gleich, ob irgendwo irgendwann schon mal irgendjemand diesen Akkord so gespielt hat: Das alles ist so perfekt, dass es – im Nachhinein, und eben nur da – geradezu zwingend erscheint. Inspiration und Handwerk: Das sind also die beiden Pole, um die sich in meinen Augen der gesamte Kochtag dreht. Die handwerkliche Dimension erkennt man daran, dass Sonja Frühsammer niemals nur eine Sache macht. Sie setzt, man bekommt es kaum mit, mal eben im Hintergrund einen Pilzfond an. Je länger der köchelt, desto besser. Ihr Gefühl für Timing ist, wie vermutlich bei allen Profiköchen, extrem. Manchmal dreht sie sich mitten im Gespräch um und regelt den Herd

herunter, als habe eine Zutat ihr telepathisch mitgeteilt, es sei jetzt an der Zeit. Unvermittelt fragt sie: »Habt ihr weiße Teller?«, weil ein Teil ihres Gehirns schon mit dem Anrichten beschäftigt ist: Wie soll das Ganze später aussehen? Und dann gibt es da Dimensionen, die Amateurköche wie ich für gewöhnlich gar nicht beachten, über die wir auch nicht genug wissen: die sogenannte Progression eines Menüs etwa, die Frage, wie die Gänge aufeinander aufbauen. Pak Choi wird gefunden, betrachtet, gemocht – am Ende wieder weggelegt. Der Fenchel aus dem Garten: gekauft! Im Kühlschrank die Möhren: »Die sind bio, oder? Die sehen richtig gut aus.« Romanesco: Wir werden sehen. Optionen offenhalten. In der Obstschale liegen ein paar Amalfi-Zitronen: Toll! Aber ob sie sich sinnvoll integrieren lassen ...? In unserem Haushalt wird kaum Fleisch verarbeitet. Drei Viertel der hier Wohnenden sind de facto Vegetarierinnen. Sonja Frühsammer nickt, als sie das erfährt, es ist womöglich etwas, worauf sie nicht vorbereitet war. Sonja Frühsammer »Auch kein Fisch?«, fragt sie. »Nein«, sage ich. probiert, legt den Manchmal, sagt Sonja Frühsammer, sei das Problem bei

Kopf schief, vegetarischen Menüs, dass man keinen natürlichen Star lächelt: Tomate, hat: die eine Prachtzutat, um die herum sich alles

Minze, Datteln! gruppiert. Sie wird dieses Problem elegant lösen, im dritten Gang, dem Hauptgericht. Aber zuvor mache ich kurz etwas Peinliches und weine dann vor Rührung fast in einen Fond. Der zweite Gang werden Pilzravioli sein. In einem Pilzfond. Dazu in Butter gedünsteter, mikroskopisch kleiner Lauch. Ich könnte nicht mehr sagen, wann Sonja Frühsammer das entschieden hat. Ich vermute, dass Pasta eine Art Lebensversicherung war, die Möglichkeiten sind ja unbegrenzt. Die Tatsachen, dass ich am Samstag zuvor wirklich schöne, pralle Bio-Champignons gekauft habe und dass Sonja Frühsammer im Gewürzschrank zudem getrocknete Shiitakepilze findet, spielen vermutlich auch eine Rolle. Sonja Frühsammer macht Nudelteig, während ich die Champignons zu etwas schneide, von dem ich aus dem Fernsehen zu wissen glaube, dass man es Duxelles nennt: eine Masse aus fein gehackten Pilzen. »Habt ihr Salbei im Garten?« Wir suchen, weil ich nicht sicher bin. Wir finden nur Thymian.

»Wir nehmen Thymian. Kein Problem. Gibt es hier auch einen offenen Weißwein?« Ha!, denke ich. Endlich! »Klar«, sage ich. »Ich hätte einen Crémant. Und einen Grauburgunder.« »Spielt keine Rolle.« Ich öffne den Crémant, nehme Gläser aus dem Schrank, schenke ein. Sonja Frühsammer lacht. Sie wollte nur etwas Weißwein für den Pilzfond. Peinlich. Egal. Wir stoßen an. Aber dieser Pilzfond! Zwischendurch darf ich ihn probieren. Werde ich nicht vergessen. Eingebrannt in meine Erinnerung. Während ich noch in den Fond flenne, ist Sonja Frühsammer schon wieder einen Schritt weiter: Sie fragt, wie viele Ravioli wir pro Person servieren wollen. »Einen oder drei? Eine gerade Anzahl sieht im Teller nicht gut aus.« Ich denke: sieben, oder neun. Ich sage: »Fünf.« Sonja Frühsammer lächelt. Ich nehme mir vor, in Zukunft so oft wie möglich meine Pasta selber zu machen. Ich glaube, über den Hauptgang hat Sonja Frühsammer sich am meisten ihre stillen Gedanken gemacht. Was tun, ohne Fleisch, ohne Fisch? »Wir machen vegetarischen Lachs«, sagt sie irgendwann. »Das ist ein Klassiker.« Und wirft eine dieser typischen Profikochfragen hinterher: »Hast du irgendwas, das nach Rauch schmeckt?« Ich überlege. Freue mich, dass mir das geräucherte Paprikapulver einfällt. Sonja Frühsammer nickt. Das wird gehen. Vegetarischer Lachs ist lustig: lange Scheiben von der Möhre, kurz blanchiert, angemacht (in diesem Fall) mit dem geräucherten Paprikapulver und Streifen von Nuri-Algen (die wir im Schrank haben, weil ich damit mal Sushi machen wollte). Die Farbe der Möhre erlaubt eine Assoziation mit einem Stück Lachs, wegen der Algen schmeckt sie nach Meer, der Rauchgeschmack simuliert Röstaroma. Dazu: braune Butter, gedünsteter Romanesco, ein Fond, den Sonja Frühsammer heimlich aus dem Fenchel gezogen hat. Und eine Art Risotto aus dem Buchweizen, der unten rechts im Schrank stand. Sie merken es: Es war unmöglich, jeden Handgriff der Köchin im Blick zu behalten. Zumal wir ja die ganze Zeit geredet haben: darüber, wie es ist, ein Restaurant zu führen. Welche TVShows mit Köchinnen und Köchen wir gut finden (mein Favorit: Masterchef: The Professionals).

Welche Gerichte wir mal gegessen haben und dass wir traurig sind, weil sich das Erlebnis nicht wiederholen lässt. Über die Bedeutung von Butter. Über Island-Ponys. Über Krankenhausessen. Über Gastrokritiker und darüber, wie es ist, wenn man einen Michelin-Stern bekommt. Und während wir reden, hat Sonja Frühsammer mit sparsamen und effektiven Handgriffen längst das Dessert vorbereitet: einen Kaiserschmarrn mit Karamell-Kick. Bis zuletzt offen war die Frage, welche Früchte den Kaiserschmarrn begleiten dürfen. Die Johannisbeeren aus dem Garten? Die Pflaumen aus dem Kühlschrank? Die Brombeeren, die meine Frau auf dem Nachhauseweg am Straßenrand gepflückt hat? Einzig richtige Antwort: alle. »Soll ich mitessen, oder wie stellt ihr euch das vor?« Was für eine Frage! Natürlich essen wir zusammen, und das ist der letzte Triumph des Handwerks an diesem frühen Abend: dass selbstverständlich alle vier Gänge genau passend fertig werden und angerichtet sind. Essen. Wein. Geschichten. Lachen. Nennen Sie es Eskapismus.

Einige Zutaten Mir egal. Ich bin Investigativjournalist, meine Frau ist entwickeln sich in Ärztin, es ist wirklich nicht so, als würden wir vor den Sonja Frühsammers Problemen der Welt davonlaufen. Wenn ich mal eine Händen unerwartet Atempause habe in Form eines so schönen Menüs, zu Stars fühle ich mich nicht schlecht, dann genieße ich das. Morgen kümmere ich mich gerne wieder um Terroristen. Ein guter Abend, ein toller Tag: Dass sich so etwas ereignet hat, erkennt man auch daran, dass man danach noch lange darüber spricht. Immer wieder darauf zurückkommt. Für meine Frau und mich war eine superinteressante Erkenntnis, wie sich einige Zutaten in Sonja Frühsammers Händen unerwartet zu Stars entwickelt haben: die irakischen Datteln; die Beeren vom Wegesrand; die Pilze; der Fenchel; die richtig, richtig gute Sojasoße, die Freunde uns im vergangenen Winter geschenkt haben und die im Pilzfond ein Zuhause fand. Aber das Beste ist vielleicht, dass ich das Gefühl habe: Um noch ein bisschen besser zu kochen und zu essen, muss ich nicht vier neue Messer kaufen und ein Sous-vide-Gerät. Ich muss vielleicht nur mal Jazz hören beim Kochen. Wenn Sie das spontane Menü gezielt nachkochen möchten, finden Sie die Rezepte online unter www.zeit.de/fruehsammer

118 Die Genussfibel

Von CAROLIN WÜRFEL Fotos PHILOTHEUS NISCH

1958 erschien das »Kochbuch der Büchergilde« und erinnerte die Deutschen daran, dass Essen Lebensart ist

Die Bäuche in der BRD waren rund, die Teller voll, und die Supermarktregale lockten mit Fertigprodukten. Die Devise der 1950er nach Jahren der Not: »Mehr ist mehr«. Autorin Grete Willinsky fand jedoch, dass es so nicht weitergehen könne. Ihr Buch war ein liebevolles Plädoyer gegen gieriges Schlingen und für echten Genuss

»Wir müssen wieder zu essen lernen«, schrieb die Autorin. Damit meinte sie dreierlei: Genussfähigkeit, die Liebe zum Kochen und Geduld. Sie muss viel von alldem besessen haben. 14 ausführliche Kapitel von Suppen über Saucen, Beilagen, Fisch- und Fleischgerichte bis zur Kunst des Backens und Einmachens beinhaltet ihr schönes Buch

Neben den 1560 Rezepten finden sich viele kleine Anekdoten aus aller Welt. Man erfährt zum Beispiel, dass Ludwig XIV. täglich zwischen den Mahlzeiten bis zu 18 hart gekochte Eier verputzte. Weiterer Fun-Fact: Der Blumenkohl heißt bei Willinsky Karfiol, wie in Österreich

Das Deutschland, in dem Grete Willinsky lebte, war ein geteiltes. Ihre Rezepte wiederum scherten sich nicht um Grenzen. Sie bediente sich an der italienischen, französischen, spanischen, polnischen, türkischen, schwedischen, serbischen, russischen und amerikanischen Küche – und baute für ihre Leserinnen heitere Brücken

Eine Pizza napoletana sei nichts anderes als »die italienische Version unseres Thüringer Speckkuchens«, und türkische Dolmas ließen sich – wenn keine echten Weinblätter zur Hand seien – auch mit Weißkohlblättern zubereiten. Der deutschen Sprache blieb Willinsky treu: Ein Hamburger ist bei ihr ein »amerikanisches Hackfleischsteak«

Willinsky erklärte in ihrem Buch nicht nur, wie man Hummer tranchiert oder Schnepfen. Sie gab auch kluge Hinweise für die Platzierung der Gäste an Festtafeln: »60 bis 70 cm für jeden Gast!« Die Gastgeber sollten einander gegenübersitzen, neben ihnen jeweils der Lieblingsgast des anderen Geschlechts

Das Interessanteste an dem Buch ist aus heutiger Perspektive die Aufzählung der Tiere, die man damals noch lustvoll verspeiste. Etwa Birk-, Schnee- und Haselhühner. 1983 starb Grete Willinsky, aber ihr Buch mit den Illustrationen des Künstlers Gerhard Oberländer ist bis heute Kult. 2013 wurde es sogar neu aufgelegt

WEIN DOCH Die Guten ins Töpfchen

Billigen Wein zum Kochen benutzen? Auf keinen Fall! Unser Weinkolumnist hat am Herd schon viel ausprobiert – hier sind seine besten Tipps

Jaja, es gibt naheliegende Witzchen zum Thema Wein und Kochen, aber ich möchte hier doch lieber ein paar erfahrungsgesättigte Tipps zum Besten geben. Und zwar erstens über das Weintrinken während des Kochens und zweitens über sogenannte Kochweine. Ein echter Koch trinkt nicht in der Küche. Zum einen ist sie ein Ort heißer Substanzen und Geräte, scharfer Messer und Zerkleinerungswerkzeuge, und dann gibt es ja auch noch die scharfen Dosenkanten, oder in den Worten Frank Zappas: »the can things with the sharp little edges / that can cut your fingers when you’re not looking«. Zum anderen erfordert professionelles Kochen ungetrübte Aufmerksamkeit für Garzeiten und dergleichen. Nun bin ich ja kein echter Koch. Ein bisschen Wein gestatte ich mir daher während des Kochens, nur eben in Mengen, die weder das Ergebnis noch mich gefährden. Und weil es in der Küche oft heiß hergeht, ist ein leichter, alkoholarmer und erfrischender Kabinettwein meine erste Wahl. Besonders gern mag ich die dezent süßen Moselrieslinge von Nick Köwerich, die freilich bewusste Zuwendung verdient haben, also nicht gedankenlos weggeschlabbert werden sollten. Es gibt da einen mit der diskutablen Bezeichnung Fräulein Mosel, den ich immer wieder empfehle. Nun aber die schwierigere Frage. Welcher Wein kommt ins Essen? Versuchen wir, systematisch zu sein. Es gibt regelrechte Weingerichte sowie solche, die es nicht sind. Das klassische Weingericht ist der Coq au vin oder sein deutsches (sowie elsässisches) Pendant, der Hahn in Riesling. Das Geflügel wird in Wein geschmort, in viel Wein. Der darf nicht zu säurehaltig oder tanninreich sein. Am besten ähnelt er dem Wein, der auf dem Tisch steht. Billige Massenware hingegen macht das Gericht kaputt. Ein Kochwein, der nicht auch Trinkwein sein könnte, ist in Wahrheit kein Kochwein. Gleiches gilt für Matelotes oder Meurettes, also für Saucen, deren Hauptbestandteil der Wein ist. Ebenso für Marinaden, mit denen Fleisch vorbehandelt werden soll. Im Übrigen unterstützen Sie die richtigen und nicht die falschen Leute, wenn Sie sich für ordentlichen Wein anstatt für Industriezeugs entscheiden. Es gibt manchmal Debatten darüber, ob sich korkiger Wein wenigstens noch zum Kochen eigne. Die Substanz, die den Korkgeschmack erzeugt, ist flüchtig, aber sie verfliegt manchmal nur unvollständig. Also besser alles wegkippen, das hat auch etwas Befreiendes. Ich rate außerdem davon ab, alle möglichen Schmorgerichte mit Wein zuzubereiten, das wird schnell langweilig. Meistens ist ein selbst gemachter Fond die bessere Schmorflüssigkeit. Wenn Sie solche Fonds herstellen, verwenden Sie besser keinen oder doch nur wenig Wein. Jeder Fond wird irgendwann konzentriert, wenn daraus eine Sauce entstehen soll, und die Säure des Weines kann dann ziemlich erschlagend wirken. Saucen, deren Hauptbestandteil Fonds sind, werden oft auf der Basis eines Ansatzes mit Wein gekocht oder mit ihm abgerundet. Im ersten Fall sind es meistens Weißweine, mit denen angeschwitzte Schalotten und dergleichen abgelöscht werden, aber nur mit ein bisschen Wein, der sodann zu dickem Sirup reduziert wird. Anschließend kommt Fisch, Kalbs oder Geflügelfond in den Topf, wird wieder eingekocht und so weiter. Im zweiten Fall dient der Wein dazu, der Sauce eine zusätzliche Nuance zu geben. Dafür wird ebenfalls nur wenig Wein verwendet, der sodann auch nicht mehr verkochen soll, damit er sein volles Aroma hinzufügen kann. Manchmal verwende ich für dieses vorsichtige Parfümieren lieber Portwein oder Cognac (der muss freilich richtig gut sein, also kein bisschen spritig oder seifig). Dezent wirkt Sake, ich benutze ihn oft, doch auch der muss schon ziemlich gut sein. Noilly Prat ist auch interessant, aber Vorsicht, er ist süß. Kürzlich habe ich während des Kochens einen 2019 Château Lion Noir, Côtes de Bourg, probiert, also einen Bordeaux. Die harmonische Cuvée besteht aus 75 Prozent Merlot sowie Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon. Fruchtig, leichte Süße, aber auch strenge Nuancen, Kaffeearomen – und spottbillig, unter zehn Euro. Mächtig Spaß hat mir sodann der »rote Onkel« gemacht, der 2020 L’Oncle Rouge von der Domaine La Famille K aus dem Beaujolais. Hergestellt ist er aus Gamaret, einer schweizerischen Neuzüchtung, die gut den Attacken der Schimmelfäule widersteht. Er präsentierte dunkle Farbe, eine angenehme Säure und Nougattöne, war glatt und cool – und auch das für wenig Geld.

»Wein doch« heißt Gero von Randows ZEIT ONLINEKolumne über Wein. Bis 2020 war er ZEIT-Redakteur, einige Jahre lang auch Korrespondent in Frankreich. Er ist Mitglied von Verkostungsjurys, organisiert Weinproben und wurde für seine Artikel mehrfach ausgezeichnet. Gern sitzt er vor einem Weingeschäft in der Nachbarschaft, das ein Freund betreibt. Dort darf es auch mal ein einfacher Riesling aus der Literflasche sein

CAMEMBERT MIT ZITRONE AUS DEM OFEN Macht sich quasi von selbst: Das einzig Schwierige an diesem Rezept ist es, einen guten Käse aus Rohmilch aufzutreiben

Cheeeese!

Charles de Gaulle grübelte einst, wie ein Volk zu regieren sei, das 246 Käsesorten kennt. Wichtiger ist aber doch die Frage: Wie kann man möglichst viele davon probieren? Fünf Rezepte für den Anfang

SÜSSKARTOFFELN MIT BLAUSCHIMMELDIP Ein Dip, würzig, leicht scharf, dazu eine im Ganzen gebackene Süßkartoffel

GRILLED CHEESE SANDWICH Definiere Hochgenuss: Knuspriges Brot, geschmolzener Käse, etwas Butter

TOSKANISCHE ZWIEBELSUPPE Was diese Zwiebelsuppe italienisch macht? Der Pecorino!

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