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Handelsflächen im Wandel
from medianet 08.07.2022
by medianet
Corona putzt einige Handelsflächen durch
Während in den Toplagen die Flächenreduktion greift, stemmen sich die Fachmarktagglomerationen gegen den Leerstandstrend.
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In der Toplage
Beispielsweise in der Wiener Mariahilferstraße sind laut Re/Max immer wieder Einstiegsmöglichkeiten für neue Konzepte vorhanden – Kreativität vorausgesetzt.
••• Von Christian Novacek
Ernährung, Bewegung und Rückzugsorte werden bei einer steigenden Preisspirale zu jenen Bereichen zählen, für die Menschen am ehesten mehr Geld ausgeben werden“, blickt Stefan Krejci, Geschäftsführender Gesellschafter bei Re/ Max Commercial Austria, in eine auf den ersten Blick hoffnungsvolle Handelszukunft. (Anm.: Re/Max steht für Real Estate Maximums; das US-Immobilienunternehmen agiert weltweit im Franchisesystem).
Speziell in den absoluten TopLagen würden sich immer wieder Einstiegsmöglichkeiten für neue Konzepte ergeben. Diese kommen aus der reinen „Marken-Welt“ und dienen vor allem dem klassischen Branding oder Trend-Bereichen, wie beispielsweise der E-Mobilität.
Das große Aber: Die Vermietungen in den Toplagen können den langfristigen Trend in Richtung Flächenreduktion, der bereits vor Covid-19 zu beobachten war, nicht aufhalten. So hat beispielsweise der Textilhandel – nach wie vor der zweitwichtigste Mieter in der österreichi-
© Re/Max
schen Handelslandschaft – im letzten Jahr nach Schätzungen von Standort+Markt und Handelsverband rund zwei Prozent seiner Flächen eingebüßt. Die City-Retail-Studie 2022 von Standort+Markt geht davon aus, dass in den 20 größten Städten hierzulande Verkaufsflächen von rund 54.000 m² aufgegeben worden sind. Allein der Textilhandel hat in den letzten acht Jahren rd. 80.000 m² an Flächen verloren. Gleichzeitig hat sich die Leerstandsrate in den heimischen Groß- und Kleinstädten auf rund 7,5% erhöht.
Auf Flächensuche sind indes Diskontkonzepte – neben dem besonders aktiven polnischen Unternehmen Pepco auch langjährige aktive Teilnehmer wie KiK, Tedi, Action oder NKD. Der Haken: Viele dieser Konzepte kommen als Nachmieter für Geschäftsaufgaben nicht infrage. „Das hat vielerlei Gründe wie beispielsweise die Ladengröße, fehlende Kfz-Parkplätze oder regulatorische Hürden“, berichtet Krejci unter Hinweis darauf, dass für B- und C-Lagen Corona ein Brandbeschleuniger in Bezug auf Leerstände sein kann.
Kreativität gefragt
Bei der Nachverwertung ehemaliger Handelsimmobilien kommt es zukünftig mehr als bisher auf Kreativität bei den Umnutzungen an – die, wenn sie gut umgesetzt werden, laut Re/Max zu entsprechend attraktiven Renditen führen können. „Gastronomie, Sport und Wellnessangebote sowie öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen spielen eine wichtige Rolle bei möglichen Umnutzungen. Obwohl es sich dabei um Branchen handelt, die es teilweise besonders hart getroffen hat, ist der Blick in die Zukunft teilweise recht zuversichtlich“, meint auch Raimund Baumgarten, bei Re/Max Commercial der Experte für Hotel & Gastronomie. Weiterhin hoch im Kurs stehen auch Fachmarktagglomerationen mit einem Angebot an Gütern des täglichen Bedarfs (Lebensmittel, Drogerie, Apotheken, Tierbedarf, etc.).
Spitzenmieten stagnieren
Die Spitzenmieten in Wien liegen – wie auch in den letzten Jahren – bei rund 400 € pro m² und damit erneut deutlich über den Landeshauptstädten. Wie schon 2020 konnte keine Landeshauptstadt steigende Spitzenmieten verzeichnen. Die Mietpreissituation stagnierte quer über Österreich.
„Klagenfurt ist bis dato sehr gut durch die Covid-19 Pandemie gekommen. Hochwertige Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass sich das Mietniveau während der letzten zwei Jahre durchgängig konstant entwickelt hat“, berichtet Daniel Lobnik von Re/Max Commercial in Klagenfurt.
Reinhard Götze, Re/Max Commercial in Bregenz, schätzt die Situation im Ländle ein: „Vorarlberg bleibt kaufkraftstark, neue Projekte kommen bei uns de facto nicht mehr auf den Markt. Gleichzeitig haben wir tendenziell von den zwischen den Ländern unterschiedlichen
Es wird ein ordentlicher Kraftakt der Händler notwendig sein, um Einkaufen wieder mit Freude, Spaß und sozialem Austausch aufzuladen.
Stefan Krejci
Re/Max Commercial
Covid-19 Maßnahmen ein Stück weit profitiert. Dadurch bleibt ein gesunder Wettbewerb um die besten Lagen trotz Corona bestehen und führt zu einer stabilen Mietentwicklung in der Landeshauptstadt, aber auch im gesamten Vorarlberger Raum.“
Städte mit Mieteinbußen
Während es 2020 die größten Mieteinbußen in Salzburg, Graz und St. Pölten gegeben hat, haben sich diese drei Landeshauptstädte wieder erholt und auf dem Niveau des Vorjahres eingependelt. „Die etwas negative Entwicklung der Handelsflächenmieten in der Stadt Graz ist im österreichischen Vergleich ein wenig überraschend. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in Zukunft entwickeln wird. Für die Steiermark sind wohl eher die zahlreichen Einkaufszentren wie z.B. SC Seiersberg die Zieldestinationen für den Handel“, schätzt Alois Marchel von Re/Max Commercial Steiermark die Situation ein.
Weniger überraschend ist die Entwicklung in Salzburg, wo die Abhängigkeit vom Tourismus groß ist – die Korrektur war somit unvermeidlich.
INFLATION
HV rechnet mit späterem Peak
WIEN. Noch vor wenigen Monaten ging das Gros der Wirtschaftsexperten davon aus, dass die Inflation im Sommer zurückgehen würde. Von dieser Hoffnung ist man mittlerweile abgekommen – der Juni-Wert von 8,7% markierte einen neuen Jahreshöchstwert, der gleichzeitig das höchste Niveau seit September 1975 markiert. Während WifoChef Gabriel Felbermayr seine Ganzjahres-Prognose neuerlich von 6,5% auf 7,4% anhob, rechnet Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will (Bild) damit, dass „der Inflations-Peak frühestens mit Jahresende“ erreicht werde.
Teuerung „verfestigt“
Der Ukrainekrieg und die Zero-Covid-Strategie Chinas würden die globalen Lieferketten weiterhin „massiv belasten“, dadurch habe sich die Teuerungswelle „wie von uns prognostiziert verfestigt“ und stelle „für alle Handelsformate eine existenzielle Herausforderung dar“, erklärte Will im Rahmen einer Pressekonferenz am Mittwoch. Auch die Lebensmittelpreise würden demnach „in den kommenden Wochen weiterhin zumindest leicht zulegen“. (red)
© medianet/Katharina Schiffl © APA/AFP/Thomas Samson

16 Prozent fließen in den eCommerce
Österreichs Haushalte gaben 2021 11,3 Mrd. Euro im Internet aus – ein Plus von vier Prozent gegenüber 2020.
WIEN. Nachdem der Onlinehandel in Österreich von 2019 auf 2020 coronabedingt um fast 20% zulegte, fiel die Steigerung von 2020 auf 2021 mit bescheidenen vier Prozent wieder wesentlich geringer aus, wie eine Analyse von RegioData Research zeigt. Demnach fließen von den österreichischen Haushalten aktuell 11,3 Mrd. € pro Jahr ins Internet – das sind 16,2% aller einzelhandelsrelevanten Konsumausgaben und über 1.265 € pro Einwohner.
Für das laufende Jahr 2022 rechnet RegioData wiederum mit einer Steigerung knapp über dem Niveau von 2021, nämlich von 4,3%. Die zu erwartende höhere Inflation wird jedoch letztlich zu einem deutlichen realen Rückgang führen – das gab es seit der Eröffnung des ersten Onlineshops in den 1990er-Jahren noch nie.
20-Prozent-Marke im Blick
Eine Trendumkehr sieht RegioData indes nicht: Durch Corona wurden neue Kundengruppen gewonnen, und die Jungen sind ohnehin deutlich online-affiner, sodass mittel- und langfristig jedenfalls mit Steigerungen zu rechnen sei – je nach Szenario werde der Onlineanteil in Österreich innerhalb der nächsten drei Jahre bereits zwischen 20 und 22% liegen, prognostiziert die Studie.
Im europäischen Vergleich hat der digitale Markt in Großbritannien mit 27% den größten Anteil am Einzelhandel – ausschlaggebend hierfür ist den Studienautoren zufolge die hohe Kaufkraft der Bevölkerung in Kombination mit einer geringen Verkaufsflächendichte. Österreich belegt nach Deutschland und Dänemark den vierten Rang. Zu beobachten ist ein Nordwest-Südost-Gefälle, die europäischen Schlusslichter kommen auf lediglich fünf Prozent Onlineanteil. Zur Einordnung: Einige asiatische Länder kommen bereits auf bis zu 40% Anteil des Onlinehandels am Einzelhandel.
Online-Buchhandel rückläufig
Während die meisten Branchen im österreichischen Einzelhandel ihren Online-Anteil (leicht) ausbauen konnten – am deutlichsten Bau-, Möbel- und Schuhbranche –, zeigen sich im Buchhandel sowie in der Spiele-, Freizeit- und Sportbranche leichte Rückgänge. (red)