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Kein Ausverkauf“ Ist eine Liberalisierung im Gesundheitswesen gefährlich?
from medianet 07.02.2020
by medianet
„Kein Ausverkauf“
Die Ärztekammer fürchtet eine zunehmende Liberalisierung des Gesundheitswesens. Der neue Minister will das bremsen.
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Gesundheitsminister Anschober: „Müssen aufpassen, dass das Gesundheitswesen nicht schleichend ausgehöhlt wird.“
© APA/Hans Klaus Techt
••• Von Martin Rümmele
WIEN. Ärztekammer und Arbeitnehmervertreter in Sozialversicherungen wie der Unfallversicherung warnen zunehmend vor einer Liberalisierung des Gesundheitswesens und Privatisierungstendenzen. „Priorität in der Gesundheitsversorgung muss das öffentliche Gesundheitssystem haben, um eine weitere Privatisierung der Gesundheitswirtschaft zu stoppen. Sonst entsteht ein massives Ungleichgewicht“, sagt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres.
„Zugang erhalten“ Das Grundprinzip müsse der möglichst niedrigschwellige Zugang zur Spitzenmedizin für alle sein. „Hochqualitative Pflege und Rehabilitation für alle, unabhängig von dem, wie viel sie in das Sozialsystem eingezahlt haben“, sagt Szekeres im medianet-Gespräch. Man sehe in verschiedenen Ländern, wie etwa Deutschland, oder auch Sparten,
wie der Tiermedizin oder Laboren in Österreich, dass private Unternehmen niedergelassene Einrichtungen übernehmen, sagt der Ärztekammer-Präsident: „Man darf die Sozialversicherungsmedizin nicht zu einem Geschäftsfeld werden lassen. Das ist ein Geschäftsmodell, das zum Nachteil der Patienten ist. Ich denke nicht, dass Privatisierung im Gesundheitswesen die Kosten reduziert. Es wir teurer und nicht besser.“ Nachsatz: „Wir kämpfen für Modelle, wo Ärzte Eigentümer von Ordinationen sind und nicht Konzerne.“ Zuletzt war durch Zusammenlegungen von Rehaeinrichtungen bei der AUVA auch über den Verkauf von Kassen-Immobilien und Liberalisierungen spekuliert worden.
Unterstützung von Anschober Sozial- und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sieht die Entwicklungen allerdings ebenfalls skeptisch. „Es geht mir da um ein Grundbewusstsein: Ich bin ein großer Freund von öffentlicher Verantwortung in der Daseinsvorsorge. Da gehört das Gesundheitswesen dazu und wir müssen aufpassen, dass das nicht schleichend ausgehöhlt wird. Um das System auf dem Niveau zu bewahren, muss man es laufend weiterentwickeln – das darf aber keine Weiterentwicklung durch einen Ausverkauf sein“, sagt Anschober im medianet-Gespräch.
Kassenreform Kritik an neuem SV-Vorsitzendem
WIEN. Arbeitnehmervertreter, rote und pinke Politiker sowie die Ärztekammer kritisieren den neuen Vorsitzenden im Dachverband der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner. Die versprochene Patientenmilliarde müsse jetzt kommen, forderte Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Lehner hatte erklärt, er könne nicht sagen, ob sie „in fünf oder in sieben Jahren“ komme.
„Etikettenschwindel“ Angesichts der aktuellen Herausforderungen sei das zu spät, sagte Szekeres in einer Aussendung. Zudem warnte der ÄrztekammerPräsident davor, Etikettenschwindel zu betreiben und die Milliarde durch Leistungsabbau oder Honorarkürzungen zu finanzieren. Auch Vizepräsident Johannes Steinhart warnte vor Einschnitten ins Gesundheitssystem. Er und Lehners Vize, Ingrid Reischl, hatten einen Risikoausgleich zwischen den Versicherungsträgern gefordert; Lehner lehnt das ab. (rüm)
Kassenboss Peter Lehner ist Vorsitzender der Selbstverwaltung im Dachverband der Sozialversicherungen. © APA/sHerbert Neubauer
© PantherMedia/SeventyFour Hersteller argumentierten, dass aufgrund aufwendiger Forschung befristete Patente Entwicklungen nur kurz schützen.

Streit um Patente
Die Weltgesundheitsorganisation und einige Mitgliedsländer überlegen, den Patentschutz bei Medikamenten zu lockern.
BRÜSSEL/WIEN. „Der derzeit herrschende Patentschutz läuft Gefahr, aufgeweicht zu werden“, fürchtet der Pharmabranchenverband Pharmig. Grund sind entsprechende Debatten innerhalb der WHO in dieser Woche. Der Patentschutz sei eine der Voraussetzungen, damit sich Unternehmen in der hoch risikoreichen Arzneimittelentwicklung überhaupt engagieren, argumentiert die Pharmig. „Dank ihm gibt es immer neue und noch leistungsfähigere innovative Therapien, mit denen Krankheiten entweder erstmals bekämpft oder die Erfolge vorhandener Therapien entscheidend verbessert werden können“, sagt Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. „Will man den Patentschutz aufweichen, im Glauben, damit den Zugang zu innovati
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ven Therapien zu verbessern, bewirkt man damit genau das Gegenteil: Weniger Firmen werden in die Arzneimittelentwicklung investieren, es wird weniger Innovationen am Markt geben, und der Forschungs- und Wirtschaftsstandort Europa verliert an Bedeutung und Attraktivität gegenüber anderen Regionen, wie etwa Asien oder den USA.“
„Breiter Nutzen“ Der Nutzen eines starken Patentschutzes sei vielfältig: „Eine rege Forschungsaktivität ermöglicht den Patienten einen frühen Zugang zu innovativen Arzneimitteln, sie generiert wertvolles Know-how bei Fachkräften, schafft Arbeitsplätze und nutzt damit der gesamten Wirtschaft. Ein solider Schutz des geistigen Eigentums stellt daher ein wichtiges Signal für Investitionen in Forschung und Entwicklung dar.“ Die Pharmig ist die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Pharmaindustrie; derzeit hat der Verband 120 Mitglieder, die nach eigenen Angaben den MedikamentenMarkt in Österreich zu gut 95% abdecken.
Brexit lässt noch Fragen offen Industrie fordert Klarheit über Zölle für Medikamente.
WIEN/LONDON. Der rechtskräftige Austritt der Briten Ende Jänner aus der EU macht auch neue Vereinbarungen für Produktion und Vertrieb von Arzneimitteln nötig. Hier will die österreichische Pharmaindustrie bald Klarheit zu offenen Punkten bei Zoll, Zulassung und Zukunft der länderübergreifenden Gesundheitsversorgung, hieß es zu Wochenbeginn. „Weiterhin offen bleibt, ob oder welche Zölle auf Arzneimittel und Medizinprodukte erhoben werden“, sagte Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog.
Werde bis zum Jahresende 2020 kein Freihandelsabkommen verhandelt und keine Verlängerung beantragt, treten die strengeren Zollregelungen der Welthandelsorganisation WTO in Kraft. (red/ag)

Noch fehlt ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien. © APA/AFP/Pool/Olivier Hoslet
Die bunte Welt des Samariterbundes …
... geht ins Ohr ;-)
Jeden dritten Freitag im Monat, 16 Uhr auf 94,0 MHz
Auch zum Nachhören auf: www.samariterbund.net/radio
SAMARITERBUND ON AIR – AUF RADIO ORANGE. In Wien ist das Programm auf Radio UKW 94.0 Mhz bzw. Telekabel 92.7 Mhz zu empfangen und über die Radio-Orange-App (app.o94.at) verfügbar. Im Internet ist „Tatütata etcetera“ via Live-Stream (o94.at) weltweit zu hören. Alle Samariterbund-Sendungen sind über www.samariterbund.net/radio kostenlos und zeitlich unbegrenzt abrufbar.
Versicherung Start-up will neue Lösungen bieten
WIEN. Der Mitgründer der Diabetes-App mySugr, Fredrik Debong (Bild unten), hat mit seinem Wiener Insurtech-Start-up hi.health seit dem Start eine mittlere siebenstellige Millionensumme eingesammelt. Zu den Investoren zählen Speedinvest, Pacific 8 Ventures aus den USA und Seedcamp, sagten die beiden Gründer Debong und Sebastian Gruber gegenüber dem Digital-Portal „Trending Topics“.
Start in Deutschland Mitte 2017 verkauften Debong und seine Gründerkollegen ihre Diabetes App mySugr an den Schweizer Pharmariesen Roche für einen kolportierten Kaufpreis von rund 100 Mio. €. Das neue Start-up hi.health tritt nun als Vermittler zwischen Versicherten und deren privaten Krankenversicherungen auf. Über hi.health können Nutzer – derzeit nur in Deutschland – Arzt- oder Medikamentenrechnungen zur Abrechnung mit der privaten Krankenkasse online hochladen. Das Startup will dafür sorgen, dass die Versicherten möglichst schnell ihr Geld rückerstattet bekommen. Allerdings entwickeln auch die Versicherungen zunehmend eigene Lösungen. (red)
Einheitliche IT-Standards Alle beteiligten Gesundheitsorganisationen bei Austrian Standards haben sich für einen Abbau von e-Health-Hürden ausgesprochen.
© PantherMedia/BiancoBlue Der Einsatz digitaler Möglichkeiten im Gesundheitsbereich wird ausgebaut. Jetzt sollen Schnittstellen verbessert werden.

WIEN. Die digitale Vernetzung im österreichischen Gesundheitswesen geht zügig voran und erfordert zunehmend einheitliche Standards und Regeln für den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), sagt Annette Altenpohl, zuständige KomiteeManagerin bei der heimischen Standardisierungsorgansiation Austrian Standards. Neben der elektronischen Gesundheitsakte ELGA ist auch das Epidemiologische Meldesystem, mit dem in Österreich Infektionskrankheiten überwacht werden, in Betrieb. Weitere Projekte wie der „e-Impfpass“ oder der elektronische Antrag auf Heilverfahren sind auf dem Weg.
Immer wieder Hindernisse „Nur durch ein reibungsloses und kompatibles Zusammenspiel zwischen den unterschiedlichen IT-Systemen der Institutionen im Gesundheitswesen können die Vorteile von ‚eHealth‘ zum Nutzen der Patientinnen und Patienten voll ausgeschöpft werden. Doch gerade an den Schnittstellen zwischen den einzelnen Organisationen treten immer wieder ungewollte Hindernisse auf“, sagt Altenpohl. Vertreter von Organisationen, die diese Regeln und Standards entwickeln, haben nun ein „Memorandum of Understanding“ unterzeichnet, um die Zusammenarbeit auszubauen. (red)
© imh
Direktverrechnung beim Arzt Versicherungsriese Uniqa baut Angebot aus.
WIEN. Mehr als 6.000 UniqaKunden können bereits eine Direktverrechnung beim Arztbesuch im „LARA“-Partner-Netzwerk nutzen, teilt der Versicherungsriese mit. Damit seien die Zeiten, wo die Behandlung beim Wahlarzt selbst bezahlt werden musste und erst im Nachhinein mit der Versicherung abgerechnet werden konnte, vorbei. Den Service gibt es für Kunden, die in Österreich nicht sozialversichert und zu 100 % bei der Uniqa krankenversichert sind – wie ausländische Studenten und Freiberufler. Derzeit seien über 200 Gesundheitsdienstleister im Partnernetzwerk, das den Besuch im Labor, beim niedergelassenen Arzt, im Röntgeninstitut und in der Apotheke noch einfacher mache, teilt die Versicherung mit. (red)
© APA/Herbert Neubauer
automotive business
Mehr Umsatz & Gewinn 2019: Pierer Mobility zieht positive Jahresbilanz 72 Mehr Sicherheit & Komfort Facelift des Mazda2 bietet viele Verbesserungen 75

Coronavirus bremst die Automobilindustrie aus
Das neuartige Coronavirus breitet sich in China weiter aus – und belastet zunehmend auch die Automobilwirtschaft. 70
© Mazda

Ferrari Umsatzplus und Gewinnrückgang
MARANELLO. Der italienische Sportwagenbauer Ferrari hat das Jahr 2019 mit einem Umsatzwachstum abgeschlossen. Der Konzernumsatz kletterte um 10,1 Prozent auf 3,8 Mrd. €, allerdings ging der Nettogewinn gegenüber dem Vorjahr um elf Prozent auf 699 Mio. € zurück. Beim bereinigten EBITDA (operativer Gewinn) wurde ein Plus von 14% auf 1,269 Mrd. € gemeldet. Erstmals konnte 2019 die Schwelle von 10.000 verkauften Autos geknackt werden. Abgesetzt wurden 10.131 Boliden, das sind 9,5 Prozent mehr als 2018. (APA)

ÖAMTC-Umfrage Leben ohne Auto ist für Menschen am Land nur schwer vorstellbar. 73
© APA/dpa/Marijan Murat
