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SRB-AKTUELL R ADSPORT IN S ACHSEN 04/2013
Helmut Stolper †
Nach langer schwerer Krankheit verstarb am 12. Juli 2013 im Alter von 85 Jahren das Mitglied des Chemnitzer Veteranenclubs, Helmut Stolper. Der am 12. Juni 1928 Geborene gehörte in den 50er-Jahren zur Spitzenklasse des DDR-Radsports, gewann u. a. 1954 die erste Austragung des heute noch durchgeführten „Rund um Sebnitz“, siegte 1956 auf dem Sachsenring und 1960 bei der schweren Erzgebirgsrundfahrt. Zweimal fuhr er die Internationale Friedensfahrt, 1956 (23.) und 1957 (10.), wo er die Mannschaftswertung mit gewinnen konnte. Mit seinem Club Wismut Karl-Marx-Stadt holte er 1956 die DDR-Meisterschaft im 100 km Mannschaftsfahren. Obwohl er die letzten Jahre ans Bett gefesselt war, verfolgte er bis zuletzt interessiert den Radsport. Alle, die ihn kannten, werden ihm ein ehrendes Gedenken bewahren.
Jürgen Burek † Wir erhielten die traurige Nachricht, dass der Leipziger Jürgen Burek (geboren am 5. April 1936), einst ein gutklassiger Straßenund Bahnfahrer sowie Steher nach kurzer schwerer Krankheit am 28. Juli 2013 in seiner Heimatstadt Leipzig im Alter von 77 Jahren verstorben ist. Er errang in seiner Laufbahn zahlreiche Siege und vordere Platzierungen auf Bahn und Straße. Herausragend der Gewinn des DDR-Meistertitels im 100 Kilometer Mannschaftszeitfahren 1959 mit dem SC Rotation Leipzig. Jürgen war seit vielen Jahren ein gern gesehener Stammgast beim traditionellen „Treff der Alten“. Wir trauern mit seinen Angehörigen und werden ihm ein ehrendes Angedenken bewahren.
Rückblick auf eine Premiere
Sensation in Lübben Wir nehmen den Tod von Jürgen Burek zum Anlass, noch einmal auf ein Ereignis einzugehen, dass damals mit einer Sensation endete und bei dem der Verstorbene einer der Hauptakteure war. Vor 54 Jahren führte der DDRRadsport-Verband erstmals die Meisterschaft im 100-KilometerMannschaftszeitfahren auf der Straße mit nur noch vier Fahrern durch, nachdem diese bis 1958 mit jeweils sechs Aktiven stattfand, von denen vier das Ziel erreichen mussten. Am 6. September 1959 gab es nun im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Rom 1960 diese Premiere, da auch dort nur vier starteten, von denen dann drei das Ziel erreichen mussten. Klarer Favorit auf der tischebenen Strecke in Lübben im Spreewald war der seit drei Jahren unbesiegte Titelverteidiger SC DHfK Leipzig, der in der Besetzung mit Weltmeister GustavAdolf Schur, Bernhard Eckstein, Günter Lörke und Erich Hagen das Rennen bestritt. Wer sollte sie schlagen? Doch dann gab es eine Riesensensation, denn der SC Rotation Leipzig in der Besetzung Egon Adler, Rudolf Appelt, Jürgen Burek und Lothar Höhne „trumpfte auf dieser schweren Disziplin gewaltig auf und holte sich bei herrlichem Spätsommerwetter den letzten zu vergebenden Meistertitel in einer Art und Weise, die respekteinflößend war“, schrieb das Fachorgan des DRSV der DDR, „Der Radsportler“. Von Anfang an lagen die krassen Außen-
seiter in Front, angetrieben vom Sieger der gerade zu Ende gegangenen Slowakei-Rundfahrt, Lothar Höhne, und dem bärenstarken Egon Adler. Nach 50 Kilometern führten sie mit 30 Sekunden Vorsprung, doch auf dem Rückweg sollten die Männer um „Täve“ Schur bei nunmehrigem Gegenwind ihre größere Physis ausspielen. Doch weit gefehlt! Wie ein Uhrwerk spulten die vier Rotationer ihr Pensum ab, nach 60 Kilometer waren es bereits 45 Sekunden, beim 70. Kilometer gar 1:10 Minuten. Auch als die Mannen um Egon Adler ab dem 82. Kilometer nur noch zu dritt waren, da Appelt dem Tempo nicht mehr folgen konnte, gab es keinen Einbruch und am Ziel hatten sie die Favoriten um sage und schreibe 2:42 Minuten geschlagen und auf den Ehrenplatz verwiesen. Der Erfolg gewann noch an Wert, wenn man weiß, dass sie praktisch ohne Anhaltspunkt über den Stand des Rennens fahren mussten, während der Titelverteidiger stets über die Zwischenstände unterrichtet war. Starteten doch die neuen Meister als „Rotation II“ bereits im ersten Drittel des Rennens, während der SC Wissenschaft DHfK als Vorletzter ins Rennen gegangen war. Wer nun glaubte, dass die Unterlegenen dem Sieger die gebührende Reverenz erweisen würden, wurde arg enttäuscht. Grußlos verließen die Geschlagenen die Stätte ihrer Niederlage, nicht einmal einen Händedruck hatten sie für die Sieger übrig, ganz zu schweigen von
der Teilnahme an der Siegerehrung. Lassen wir dazu den damaligen Radsport-Chefredakteur Hans-Joachim Mümelt zu Wort kommen, der im Fachorgan schrieb: „So begeistert die Tausende unterwegs und am Start und Ziel der DHfK-Mannschaft und besonders Weltmeister Schur zugejubelt hatten, so wurden sie hinterher enttäuscht. Während Trainer Werner Schiffner noch mit einigen Kollegen und Journalisten über den Rennverlauf diskutierte, hatte sich die DHfK-Mannschaft mit ihren anderen Trainern sofort entfernt, ohne auf die Siegerehrung zu warten. So musste der neue Meister allein die Ehrenrunde fahren, denn die Unterlegenen erschienen auch nach langem Warten nicht mehr zur Zeremonie. Manch hartes Wort hörte man von den Radsportanhängern aus Lübben. Wir meinen, in der Clubleitung des SC Wissenschaft sollte man Maßnahmen ergreifen, damit sich derartige Vorfälle in Zukunft nicht wiederholen“. Soweit der Bericht, dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist! Ein beispielloser Eklat, der bis dahin seinesgleichen gesucht hatte. Heute lebt nur noch einer der vier Helden dieses historischen Titelkampfes. Vor einigen Jahren verstarben bereits Rudolf Appelt und Lothar Höhne, denen nun auch noch Jürgen Burek folgte, so dass nur noch der Olympia-Silbermedaillengewinner von Rom 1960 im 100 Kilometer Mannschaftszeitfahren, Egon Adler, als Zeuge dieses Eklats dienen kann.
Fuhren allein eine Ehrenrunde! V. l. Lothar Höhne, Jürgen Burek, Rudolf Appelt und Egon Adler.
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