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SRB-AKTUELL R ADSPORT IN S ACHSEN 01/2013
Wolfgang Lötzsch wurde 60 Jahre Ein Rückblick von Wolfgang Schoppe Wolfgang Lötzsch feierte am 18. Dezember 2013 den 60. Geburtstag im Solaristurm seiner Heimatstadt Chemnitz und viele, viele waren gekommen, um ihm zu gratulieren. Es waren bestimmt 300 ehemalige Renner, Freunde und Weggefährten aus allen Teilen Deutschlands, die einst mit ihm am Start standen oder zu seinen Fans zählten. Alle aufzuzählen, würde zu weit führen, wir begnügen uns mit einigen ehemaligen Assen, wie die ExWeltmeister Bernd Drogan, Uwe Ampler, Jan Schur, Dan Radtke oder Ralf Wodynski, viele Weggefährten aus dem Gebiet der ehemaligen DDR und selbstverständlich das MDR-Fernsehen. Eine tolle Party, bei der es an nichts fehlte und die erst in den frühen Morgenstunden zu Ende ging. Es gab genügend Gesprächsstoff, hatten sich doch viele von ihnen zum Teil jahrzehntelang nicht gesehen.
Warum ist gerade sein Schicksal so in der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden, fragt man sich, denn viele der jüngeren Generation haben ihn teilweise überhaupt nicht mehr als Rennfahrer erlebt. Er war eine absolute Ausnahmeerscheinung im DDR-Radsport, mit einem unvergleichlichen Talent in allen Disziplinen unserer Sportart. Blicken wir deshalb noch einmal kurz auf seine Karriere zurück, die einem einzigen Hindernislauf glich und eigentlich bereits im Alter von 19 Jahren beendet werden sollte. Wolfgang Lötzsch kämpfte von dieser Zeit an nicht nur gegen seine Gegner auf dem Rade, sondern vor allem gegen ein Regime, das mit kaum fassbaren Machenschaften und Intrigen gegen ihn vorging, der eigentlich nur eins wollte, für sich und sein Land erfolgreich Rennen zu fahren.
Mit 19 ausdelegiert 1971 erfolgte nach seiner Weigerung, nicht in die SED einzutreten, die Ausdelegierung des damals überragenden Jugendfahrers aus
dem SC Karl-Marx-Stadt. Ein weiterer Punkt war die Tatsache, dass sein Cousin Dieter Wiedemann 1964 als Dritter der Friedensfahrt bei der Olympiaqualifikation in Gießen die „Republik verriet“ und im Westen geblieben war. Ein Sicherheitsrisiko ohne Zweifel für die auf den Plan gerufene Staatssicherheit. Von da an fuhr Lötzsch als
Nur um wenige Zentimeter schlugen Olaf Ludwig und Uwe Ampler in Schleiz zur DDR-Straßenmeisterschaft 1986 den 34-jährigen Wolfgang Lötzsch im Spurt.
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nicht mehr geförderter BSG-Sportler und gewann seine Rennen mit manchmal geradezu deprimierender Überlegenheit gegen die staatlich geförderten Sportclubfahrer. Erwähnen möchte ich nur den Internationalen Harzer Bergpreis der Tribüne 1973 und 74, Rund um Berlin 1974 sowie die Gesamtwertungen der „Internationalen Radsportwochen“ 1972 und 1974. Auch auf der Bahn war der „Lange“, wie er respektvoll genannt wurde, nicht zu bremsen. Er feierte überzeugende Siege in der DDRMeisterschaft im Verfolgungsfahren 1973 und vor allem 1974 vor Thomas Huschke, der wenig später zur WM in Montreal Bronze gewann und ein Jahr später sogar Weltmeister werden konnte. Sprechchöre in Leipzig bei der Meisterehrung, wie „Lötzsch nach Kanada“ erhöhten den enormen Frust der Verantwortlichen des DDR-Verbandes. Es musste aus sportpolitischer Sicht gehandelt werden, was sich jedoch etwas verzögerte. Denn 1975 gab es eine längere Zwangspause, Lötzsch lag mit schweren Kopfverletzungen nach einem Sturz bei der Oder-Rundfahrt tagelang im Koma und griff nach seiner Genesung erst spät in der Saison erneut ins Renngeschehen