Radsport in Sachsen 1/2015

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egon Adler verstorben Eine große Trauergemeinde hatte sich am 20. Februar 2015 auf dem Auenfriedhof von Markkleeberg, am Rande von Leipzig, eingefunden, um einem der besten Radrennfahrer der ehemaligen DDR das letzte Geleit zu geben. Egon Adler (geboren am 18.2.1937) war nach langer schwerer Krankheit am 28. Januar im Alter von fast 78 Jahren verstorben. Bei einer würdigen

rend – stürzte, und trotz der uneigennützig auf ihn wartenden Schur und Weißleder das Feld nicht wieder erreichen konnte. Leider blieb am Ende nur der siebte Platz. Insgesamt startete Egon viermal auf dem „Course de la Paix“, gewann dabei fünf Etappen und belegte zweimal Rang fünf in der Gesamtwertung. Alle weiteren Erfolge aufzuzählen, ist nicht möglich, da es den Rahmen sprengen würde. So gewann er viermal den „Harzer Bergpreis“, siegte bei „Berlin – Leipzig“, „Rund um Dortmund“, oder „Rund um das Muldental“, triumphierte bei „Cottbus – Görlitz – Cottbus“, „Rund um Chemnitz“ sowie bei vier Etappen der DDR-Rundfahrt. Legendär auch der Sieg bei der DDR-Meisterschaft im 100-km-Mannschaftszeitfahren mit dem SC Rotation Leipzig, als sie mit ihm als Motor den Titelverteidiger SC Wissenschaft DHfK Leipzig bezwangen. Völlig unter ging im Trubel der WM 1960 um Bernhard Eckstein und Täve Schur auch Egon Adlers starke mannschaftliche Fahrweise, die ihn schließlich noch als Neunten im Ergebnis sah. Die letzten Jahre seiner Karriere fuhr er dann noch die damals äußerst beliebten Steherrennen und gehörte auch hier zu den Besten – vor allem auf seiner Heimatbahn in Leipzig – ehe er sich Ende 1966 vom aktiven Radsport zurückzog und neben seiner Tätigkeit als Taxifahrer einer zweiten Leidenschaft frönte, der Jagd. Zurückschauend auf diese Bilanz bleibt festzustellen, dass Egon Adler sich mit seiner bescheidenen Art schwer tat, diverse Einladungen zu großen Radsportveranstaltungen anzunehmen. Lieber stand er irgendwo am Straßenrand und schaute im Hintergrund zu, denn im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, gehörte nicht zu seiner Stärke. Wir trauern mit seinen Angehörigen, an der Spitze die beiden Söhne René und Uwe, von denen Letzterer selbst einst erfolgreich den Rennsattel drückte, und seinem Neffen Robert Förster, der nach wie vor als Profi weltweit unterwegs ist. Voll Respekt vor seinen Leistungen verneigen wir uns, er hat ein bedeutendes Kapitel Radsportgeschichte mit geschrieben und wir werden ihn nicht vergessen. W. S.

Trauerfeier, an der über 100 Gäste, darunter eine Vielzahl ehemaliger Rennfahrer, teilnahmen, würdigte sein langjähriger Mannschaftskapitän, Gustav-Adolf Schur, noch einmal die Persönlichkeit des exzellenten Rennfahrers. „Auf ihn konnten wir uns in allen Rennsituationen hundertprozentig verlassen, er war ein großer Kämpfer und toller Kamerad“, meinte der zweifache Straßenweltmeister. Das sahen die anwesenden Renner von einst genauso, an der Spitze Bernhard Eckstein, Günter Lörke, Wolfgang Braune, Manfred Weißleder, Rainer Marks, Günter Hoffmann, Martin Giese, Carl Riedel oder Siegfried Wustrow, um nur einige zu nennen. Unter den Klängen des Sportpalast-Walzers und der Friedensfahrt-Hymne gedachten alle nochmals des Verstorbenen. Blicken wir noch einmal kurz in die Vita von Egon Adler, dessen größter Erfolg sicherlich die 1960 in Rom errungene Silbermedaille beim 100-km-Mannschaftszeitfahren war. Auf dem glühend heißen Kurs hatte das Quartett mit ihm, sowie „Täve“ Schur, Erich Hagen und Günter Lörke hinter dem haushohen Favoriten Italien eine sensationelle Leistung gezeigt. Dieser Erfolg ließ ihn das Drama des verpassten Friedensfahrt-Sieges im gleichen Jahr vergessen, als er auf Silber im Vierer-Mannschaftsfahren in Rom 1960: v. l. Gustavder letzten Etappe – in Gelb fah- Adolf Schur, Erich Hagen, Günter Lörke, Egon Adler.

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Eine verhinderte Steher-Karriere Die letzten drei Jahre seiner Karriere betätigte sich Egon Adler mit Schrittmacher Horst Aurich dann noch als Dauerfahrer. Seine Leistungen waren so gut, dass er 1965 vom Trainerrat des DRSV der DDR für die Steher-WM im spanischen San Sebastian nominiert wurde. Zusammen mit Günter Auerswald/Erich Krüger und Karl Kaminski/Heinz Stöber traten sie auf der 285,7 Meter langen und 48,05 Grad steilen Zementpiste zu den drei Vorläufen an, in denen die jeweils beiden Ersten direkt ins Finale fuhren. Egon schaffte zwar einen guten dritten Platz, doch war schon klar zu erkennen, dass unser bester Schrittmacher, Horst Aurich, der großen Routine und vor allem der Teamorder der Profi-Akteure dieser Disziplin, nicht gewachsen war. Während Auerswald und Kaminski als Fünfte und Sechste ihrer Vorläufe dann im zweiten Hoffnungslauf leider chancenlos aufgaben, konnte Egon im ersten Durchgang nach riesigem Kampf schließlich mit der Brechstange als Sieger noch den Endlauf erreichen. Dabei war es vor allem der Kölner Adi Eifler, der wohl ausersehen war, diesen Einzug zu verhindern, was er auch mit schon perverser Energie tat. Allerdings gelang es ihm nicht, den Leipziger aufzuhalten. Im Finale fehlten dann sicher diese Körner, wobei auch hier deutlich die eindrucksvolle Dominanz der Profi-Schrittmacher zu sehen war, gegen die unser Gespann chancenlos agierte. Der fünfte Platz war deshalb am Ende für Egon Adler aller Ehren wert. So sehr sich der damals Verantwortliche für die Steher, der Leipziger Heinz Richter, auch bemühte, um 1966 mittels Bereitstellung einiger Devisen entsprechende ausländische Schrittmacher zu verpflichten, wurde dies vom obersten DTSB-Chef Manfred Ewald und seinem Gefolge strikt abgelehnt. So verzichtete Egon Adler auf einen erneuten Start unter den ungleichen Bedingungen. Das Ende war abzusehen, denn die beiden dann vorgesehenen Gespanne Georg Stoltze/Horst Aurich und Dieter Zuchold/Fritz Erdenberger wurden zwar für die WM in Frankfurt am Main nominiert, durften jedoch nicht teilnehmen. Der Stehersport war für die Vertreter der DDR international gestorben, obwohl in den Folgejahren gerade Karl Kaminski sicher stark genug gewesen wäre, mit den entsprechenden Voraussetzungen in den Kampf um Medaillen einzugreifen. Das konnte er oft auf den DDR-Bahnen gegen hochklassige ausländische Konkurrenz beweisen, bei Weltmeisterschaften allerdings nicht mehr! W. Schoppe


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