Die Wirtschaft, Nr. 22, 13. Dezember 2019

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31 | Nr. 22 • Dezember 2019 • Die Wirtschaft

MAGAZIN

DIS.KURS ZUKUNFT

„Die Grenzen liegen in unserem Kopf, nicht im Material.“ Erwin Thoma Holzpionier

Nachhaltigkeit ist eine Haltung Strategieprozess Dis.Kurs Zukunft: Umwelt- und ressourcenschonende Ausrichtung der Vorarlberger Wirtschaft.

sind als konventionell gebaute. Im Sozialbereich sehen wir, dass Schulen, Kindergärten und Altersheime nachweisbar gesünder sind, wenn sie aus reinem Holz gebaut werden. Im gewerblichen Bereich sehe ich, dass Mitarbeiter im Holzbüro weniger Krankenstände haben und – wie wir an dem 6.600 m2 großen Bürohaus in Kitzbühel zeigen – auch keine Betriebskosten für den Eigentümer entstehen. Heizung und Kühlung sind bei einem echten Holzhaus ja gratis. Sie bauen Passivhäuser, die leistbar sind und ohne Dämmstoffe auskommen. Wie ist das möglich? Die Idee des Passivhauses war schon revolutionär. Allerdings gab es dann Umsetzungen mit chemischen Dämmungen, Folien und Haustechnik, die so kompliziert und teuer sind, dass der reine Heizeinspareffekt ad absurdum geführt wurde. In unserem Forschungszentrum in Goldegg haben wir gelernt, echte Holzhäuser aus reinem Holz zu bauen. Hier wird die Vollholzhülle zu einem riesigen Speicher für thermische Energie und die übernimmt die Aufgaben der sonst teuren Technik. Das geht im kleinen Einfamilienhaus genau gleich wie im vielgeschoßigen Großbau. Sie haben schon Hochhäuser, mehrstöckige Bürogebäude und ein Krankenhaus aus Massivholz errichtet. Sind dem Holzbau überhaupt Grenzen gesetzt? Die Grenzen liegen in unserem Kopf, nicht im Material. Holz ist ein Material, in dem alle Weisheit der Natur liegt, die Jahrmillionen hindurch das Leben beschützt und gefördert hat. Wie beurteilen Sie die Zukunftsaussichten für die Branche? Die Holzwirtschaft ist nicht zuletzt durch die Klimakrise zu einer Schlüsselposition gekommen. Es gibt keine Lösung dieserAufgabe ohne eine großeVeränderung unserer Bauwirtschaft hin zum nachwachsenden Rohstoff Holz. Die Aufgabe der Branche ist es nun, die Wege zu gehen, die der neue, echte Holzbau bietet. Er ist massiv, ohne Chemikalien und daher für die Bewohner gesund und vollkommen wiederverwendbar. Damit ist auch gewährleistet, dass wir in Zukunft unsere Wälder nachhaltig bewirtschaften und nicht ausplündern werden. Vielen Dank für das Gespräch!

Für alle Ideen und Anliegen in Sachen Nachhaltigkeit will die Wirtschaftskammer künftig eine zentrale Anlaufstelle und Plattform sein.

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achhaltigkeit ist ein zentrales SchwerpunktthemaimStrategieprozess Dis.Kurs Zukunft der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Mit konkreten Projekten engagiert sich die WKV auf verschiedenen Ebenen, um einen noch umwelt- und ressourcenschonenderen Wirtschaftsstandort zu forcieren. Nachhaltigkeitslabel für Vorarlberg Zur Erhöhung der Sichtbarkeit, Sicherung der Qualität, Verbesserung des betrieblichen Austausches und strategischen Forcierung des Themenkomplexes „Nachhaltigkeit“ prüft die Wirtschaftskammer aktuell die Etablierung eines Vorarlberger Nachhaltigkeits-Labels, in das bereits bestehende Zertifizierungen von Betrieben einfließen sollen (Anrechenbarkeit). Eine nachhaltige Unternehmensführung nicht nur im engeren ökonomischen Sinne, sondern auch in Bezug auf Sustainable Development Goals (SDGs) und Corporate-Social-Responsibility-Strategien (CSR), gewinnt auch in derVorarlbergerWirtschaft zunehmendanBedeutung.Vieleregionale Betriebe sind hier bereits bei unterschiedlichsten Nachhaltigkeits-Initiativen aktiv, ein abgestimmtes regionales Vorgehenistjedochnochzuforcieren.Vor diesem Hintergrund prüft die Wirtschaftskammer Vorarlberg die Entwick-

lung eines regionalen Nachhaltigkeitslabels. Dieses soll dieUnternehmen für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren, Anreize schaffen,Unterstützung bei Zielsetzung undUmsetzung bieten und über dieVerleihung des Labels entsprechende ErfolgesichtbarundfürdieIntegrationin Kommunikationsmaßnahmen nutzbar machen. Fortschritte bei Umwelt- und Energieeffizienz sind maßgeblich auf Lernund Innovationsprozesse angewiesen. Deshalb spielen Netzwerke, die geeignete Austauschplattformen für Betriebe bieten, wie etwa das Energieeffizienz-NetzwerkenoderBest-Practice-Serie „Live im Betrieb“ eine zentrale Rolle. In beiden Netzwerken tauschen sich die Betriebe über Ideen, mögliche und sinnvolle Energieeffizienz-Maßnahmen und Erfahrungen aus. Neben der Förderung notwendiger Netzwerke setzt dieWirtschaftskammerVorarlberg auch im Bereich derAus- undWeiterbildung – European Energy Manager (EUREM) – Akzente bei den Themen Energie- und Umweltmanagement. Im Rahmen einer Stiftungsprofessur des Energieversorgers illwerke vkw an der FHVorarlberg werden dieThemen Energietechnik, Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger intensiv und gemeinsam mit den Betrieben bearbeitet.


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