Welternährung 4/2015

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welternährung Die Zeitung der Welthungerhilfe

4. Quartal 2015 | 44. Jahrgang

Das furchtbare Kind

Die jämmerliche uno

migration

Die Welthungerhilfe hat sich auf das stärkste El-Niño-Ereignis seit 1870 eingestellt.

Bürokraten, aber keine Macher sieht der streitbare Jean Ziegler bei den Vereinten Nationen.

Über die Situation von Millionen Flüchtlingen und unsere Möglichkeiten, etwas zu bewegen.

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Seite 9–12

WeltHungerhilfe Aktuell

Mehr Promis bei »Wir helfen Flüchtlingen« Bundesweit  |  436 000 Euro Spenden brachte die von Claudia Roth und der Welthungerhilfe 2014 initiierte Kampagne »Wir helfen Flüchtlingen«. Das Geld kam den Flüchtlingen, die in der Türkei leben, zugute. Jetzt startet eine Neuauflage – mit allen prominenten Unterstützern von 2014 und weiteren. Inzwischen halten sich in der Türkei rund 2,5 Millionen Menschen vor allem aus Syrien und dem Irak auf. Ihre Lage hat sich eher verschlechtert. Mehr Infos unter: www.wir-helfenfluechtlingen.de as

© Zeus

Nach den Gipfeln

Mit Erfolg: Tausende, wie hier auf den Philippinen, haben rund um den Klimagipfel für eine bessere Zukunft demonstriert.

Hat die Zukunft eine Chance? Das historische Klimaschutzabkommen von Paris ist der erste Schritt in die richtige Richtung Das Ziel ist ambitioniert: Auf deutlich weniger als zwei Grad Celsius soll die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts begrenzt werden. Der Weg dahin ist nicht wirklich klar. Ob die Armen davon profitieren, wird die Umsetzung des Abkommens zeigen.

en dort, deren Lebensraum einfach weggeholzt wird, Eskimos aus dem Norden Alaskas, deren Boden wegschmilzt, Insel- und Küstenbewohner, die umsiedeln müssen, weil sie vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht sind, Peruaner, die nach dem Abschmelzen der Andengletscher nicht mehr wissen, wo das Wasser für Energie und Landwirtschaft herkommen soll. Es war mehr als nur eine Konfrontation mit der Wirklichkeit, es war ein Aufschrei, eine ­Aufforderung an die großen Treib­ hausgasemittenten, endlich gegenzusteuern und die Welt auf einen anderen Pfad zu bringen.

Laut Vertrag soll die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius, wenn möglich auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden – für die Inselstaam Ende war es sehr emotioten eine reine Überlebensfrage. Nur: nal. Tränen flossen, die AnWie soll dieses Ziel erreicht werden? spannung bei Delegierten Der Begriff Dekarbonisierung – die und Beobachtern wich großer Ervollständige Abkehr von Kohle, Öl leichterung. Mit diesem überraschenund Gas – kommt im Vertrag nicht den Ergebnis haben viele nicht gevor. Stattdessen einigte man sich darechnet. Ob in Kyoto, Bali, Cancún rauf, dass in der zweiten Jahrhunoder Durban – oft sah es überhaupt derthälfte nicht mehr Treibhausgase nicht danach aus, dass diese Staatenausgestoßen werden dürfen als von gruppe sich jemals würde einigen der Natur absorbiert werden können. können. Nachdem 1992 auf der Damit konnten auch China, Indien Nachhaltigkeitskonferenz in Rio de und Saudi-Arabien leben. Janeiro die Klimarahmenkonvention Paris steht für ein historisches der Vereinten Nationen ins Leben Abkommen. Aber die eigerufen worden war, verhangentliche Arbeit fängt jetzt delten die 196 Mitgliedstaaerst an. Wie konkret mit beten 23 Jahre lang um dieses Mehr zum Thema reits entstandenen KlimaAbkommen. Die Welt sah Mehr Informationen zur Position der Welthungerschäden umgegangen wird, 1992 noch anders aus, es gab hilfe im Zusammenhang mit der Klimakonferenz wie die Aufstockung der FiEntwicklungs- und Industriein Paris und dem Thema Klimawandel gibt es nanzmittel für Anpassungsländer, von erneuerbaren unter: www.welthungerhilfe.de/pressemitteilungmaßnahmen aussieht, wie Energien redete kaum jeklimakonferenz-paris Klimaschutz und Armutsbemand. Zur Gruppe der Länder kämpfung Hand in Hand gehaben sich inzwischen die hen, wird die Umsetzung Schwellenländer gesellt. Vor allem China und Indien verdanken Die Gruppe der kleinen Inselstaaten zeigen. Die Zivilgesellschaft weltihr Wirtschaftswachstum dem über- aus Südsee und Karibik hat es ge- weit, die den Prozess konstruktiv mäßigen Verbrauch von Kohle. Die schafft, Wut und Verzweiflung in und kritisch begleitet hat, wird sich erneuerbaren sind gegenüber fossilen politisches Kapital zu verwandeln. nicht vom Erfolg in Paris blenden Energieträgern oder der Atomkraft Der Außenminister der Marshallin- lassen, sondern auf seine Umsetzung längst konkurrenzfähig geworden. seln, Tony de Brum, brachte die Koa- pochen. Für Deutschland heißt das: Dass unter dieser Entwicklung vor lition der ambitionierten Staaten auf Ausstieg aus der Kohle – sofort! allem die armen Länder und die mar- den Weg. Neben den Entwicklungsginalisierten Bevölkerungsgruppen ländern stießen die USA, die Europä- Michael Kühn ist Mitarbeiter der Weltleiden, konnte man in Paris hautnah ische Union, aber auch Kanada, Brahungerhilfe in Bonn und war als Be­­erleben: Es waren Indios aus Brasili- silien und andere Hardliner dazu. obachter bei der Konferenz in Paris. Von Michael Kühn

A

Berlin  |  In diesem Jahr veröffentlichen Welt­ hungerhilfe und Terre des Hommes Deutschland den 23. Bericht »Die Wirklichkeit der Entwicklungspolitik«. Der jährliche Bericht analysiert die Entwicklungspolitik der Bundesregierung. Unter dem Titel »Nach den Weltgipfeln 2015« befasst er sich mit der Frage, ob die deutsche Politik »fit für die Umsetzung der Agenda 2030« ist, der neuen Agenda für nachhaltige Entwicklung. Er bewertet die Ergebnisse der wichtigsten Gipfel und formuliert Empfehlungen an die Bundesregierung. Mehr Infos unter: www.welthungerhilfe. de/bericht-wirklichkeit-entwicklungspolitik. html bdb

Green Colleges wirken Rukka  |  Ende 2015 besuchte Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Projekte der Welt­ hungerhilfe in Indien. Vor allem von den fünf Green Colleges in Jharkhand war er begeistert. Dort lernen Kleinbauern beispielsweise moderne Methoden des Reisanbaus, erwerben tiermedizinisches Grundwissen oder lernen, wie die Milchproduktion mit einfachen Mitteln gesteigert werden kann. »Green Colleges sind ein Erfolgsmodell«, so Müller. fs

Die »Welternährung« wünscht allen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr!

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Nachrichten

WElternäHrung

Kurz notiert

Neue Website der Afrika-EU-Partnerschaft brüssel  |  Die Website der Afrika-EU-Partnerschaft

ist eine gut gestaltete Fundgrube mit Informationen rund um Afrika. Die Seite wird auf Englisch und auf Französisch angeboten, nicht aber auf Deutsch. Unter »Library« finden sich Erfolgsgeschichten über Entwicklungsvorhaben in Afrika. Im Newsroom kann man die Pressemitteilungen durchsuchen oder den Newsletter bestellen. Die EU-Afrika-Strategie hat sich einiges vorgenommen, das bis 2017 ­umgesetzt werden soll. Alle wichtigen Informationen findet man hier: www.africa-eu-partnership.org cas

Bildung fördern berlin  |  Bildung soll ein Schwerpunkt der deut-

schen Entwicklungspolitik bleiben. Jetzt hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine neue Bildungsstrategie unter dem Titel »Gerechte Chancen auf hochwertige Bildung schaffen« veröffentlicht. Vorgesehen ist vor allem der Ausbau der beruflichen Bildung. Dabei setzt das Ministerium auf eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft. Für die Umsetzung stehen jährlich mindestens 400 Millionen Euro aus dem BMZ-Haushalt zur Verfügung. http://tinyurl.com/bmzbildungsstrategie cas

Wo Senioren gut leben osnabrück  |  In der Schweiz, in Norwegen und Schweden haben Senioren den höchsten Lebensstandard. Dies besagt der nun im dritten Jahr veröffentlichte Weltalten-Index der international tätigen Hilfsorganisation HelpAge. Ganz am Ende der Skala, die die Lebenssituation älterer Menschen weltweit vergleicht, sind Länder aus allen Regionen der Welt vertreten. Afrika schneidet im Bereich Einkommenssicherheit und Gesundheitsversorgung am schlechtesten ab. Griechenland ist das Schlusslicht in Europa. Die Armutsquote steigt auch in vielen westlichen Staaten mit zunehmendem Alter. Sparprogramme treffen vor allem Senioren hart. cas

Gefährliche Schwangerschaften hannover  |  In den ärmsten Ländern der Erde stirbt

jede 260. Frau an den Folgen einer Schwangerschaft oder Geburt. Das sind etwa 25-mal so viele wie in Industriestaaten, in denen jede 6600. Frau stirbt. Während in den ärmsten Ländern jeder 16. Säugling seinen ersten Geburtstag nicht erlebt, ist es in Industrieländern jeder 200. Dies geht aus dem Datenreport für 2015 der Stiftung Weltbevölkerung hervor. Neben Zahlen zur Mütter- und Säuglingssterblichkeit finden sich weitere ­Daten für alle Länder und Regionen der Welt, a­ ngefangen von der Lebenserwartung über das Bruttonationaleinkommen bis zur HIV-Rate unter Jugendlichen. http://tinyurl.com/datenreport-weltbevoelkerung cas

Nicht nachhaltig genug gütersloh  |  Die neuen globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) stellen nicht nur Entwicklungsländer, sondern auch Industrieländer vor große Herausforderungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung aller 34 Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung durch die Bertelsmann Stiftung. Die größten Defizite gibt es beim nachhaltigen Produktions- und Konsumverhalten. Außerdem tragen die Wirtschaftssysteme der Industriestaaten häufig dazu bei, den Trend zur sozialen Ungleichheit zu verstärken. Zu den Ländern, die die neuen Nachhaltigkeitsziele am ehesten erreichen, gehören Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland, gefolgt von der Schweiz auf Platz fünf und Deutschland auf Platz sechs. Am schlechtesten bewertet werden die USA, Griechenland, Chile, Ungarn, die Türkei und Mexiko. http://tinyurl.com/Bertelsmann-SDG cas

4. Quartal 2015

Das furchtbare Kind Die Welthungerhilfe hat sich auf das stärkste El-Niño-Phänomen seit Beginn der Messungen 1870 eingestellt Er tritt zur Weihnachtszeit auf und hat daher auch seinen Namen: El Niño, das Christkind. 2015 erwarten Wetterforscher den stärksten El Niño seit 1870. Die globalen Folgen wären verheerend. Von Robert Grassmann

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as Außergewöhnliche an dem Klimaphänomen El Niño ist eine Umkehrung der normalen Wettersituation. Wenn es wirklich so kommt, wie von den Meteorologen angekündigt, drohen in manchen Regionen Überschwemmungen, in anderen hingegen Dürren. El Niño hat aber auch positive Effekte: Er versorgt sonst trockene Gebiete mit Wasser, etwa die Wüsten an der Küste von Ecuador und Peru. Doch global gesehen, werden die negativen Auswirkungen gegenüber den positiven überwiegen. So werden an der nördlichen Westküste Südamerikas sintflutartige Regenfälle erwartet. Die Folge: Flüsse treten über die Ufer und ganze Landstriche werden überschwemmt. Ganz anders ist die Situation im eigentlich feuchten Regenwald im Amazonasbecken, das unter Trockenheit leiden wird. Während sich im Atlantik unter El Niño weniger Wirbelstürme bilden, entstehen vor der Pazifikküste Nordamerikas kräftige Stürme. Der Wirbelsturm Patricia, der Ende Oktober 2015 in Mexiko auf Land traf, war eine der ersten Auswirkungen. Für Länder in der Karibik wie Haiti und Kuba werden infolge anhaltender Trockenheit immense Ernteausfälle vorausgesagt. In Südostasien drohen Buschfeuer und großflächige Waldbrände. Schon jetzt wüten in Indonesien so schlimme Waldbrände wie seit dem El Niño 1997/98 nicht mehr. Für das äquatoriale Ostafrika sind die Prognosen schwieriger. Auch der Indische Ozean scheint eine ähnliche Dynamik zu besitzen wie der Pazifik, die einen stärkeren Einfluss auf die ostafrikanischen Regenfälle hat als El Niño. Während der El Niños von 1997/98 und 2006 kam es dort zu wahren Sintfluten. Dieses Jahr führt

jedoch Dürre zu einer Nahrungsmittelkrise, unter der bereits 8,2 Millionen Menschen leiden. Die Vereinten Nationen erwarten einen Ausfall von 21 Prozent bei der Getreideernte in den 15 Ländern der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft. Auch Krankheiten treten unter El-Niño-Bedingungen gehäuft auf. Denn hohe Temperaturen sowie angeschwollene Flüsse und Seen bieten den idealen Lebensraum für Krankheitsüberträger und erhöhen die Gefahr von Epidemien. In Südostasien dürfte eine besonders ausgeprägte Dengueepidemie drohen. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO verschärfen heftige Regenfällen in Nordtansania die bereits ausgebrochene Choleraepidemie. Verursacht durch die erhöhte Wassertemperatur und das ausbleibende nährstoffreiche Tiefenwasser kommt es während eines El Niño vor der Westküste Südamerikas zu großem Fischsterben oder großen Fischwanderungen. Leidtragende sind nicht nur die Fischer – die Fischerei ist ein wichtiger Wirtschaftszweig Südamerikas. Während des El Niño 1982 und 1983 starben allein in Peru bis zu 85 Prozent der Seevögel. Ein Großteil der von El Niño bedrohten Länder sind Entwicklungsländer. El Niño gefährdet die Ernährung, die Trinkwasserversorgung und die Gesundheit der ohnehin armen Menschen. Verringerte Ernteerträge führen zu teureren Nahrungsmitteln. Die Menschen verfügen jedoch nicht über Reserven, Ersparnisse oder Versicherungen. Wird das Wenige, was sie haben, zerstört, müssen sie mit nichts wieder anfangen. Wir können El Niño nicht aufhalten oder beeinflussen, aber wir können das Katastrophenrisiko für die Menschen reduzieren. Deshalb setzen die Welthungerhilfe und ihre Partner alles daran, gefährdete Gemeinden zu stärken. In bedrohten Ländern wie Peru, Haiti und Mosambik fördert die Welthungerhilfe seit Langem die Katastrophenvorsorge. Hier werden ­ Hänge bepflanzt, um das Abrutschen zu verhindern, und Flussufer befestigt, damit Straßen nicht überflutet werden. Die Welthungerhilfe arbeitet eng mit Gemeinden und ­lokalen Behörden zusammen. Die Menschen

werden geschult. Frühwarn- und Rettungsteams ­ werden ausgebildet, die im Katastrophenfall die Bewohner benachrichtigen und Verletzte bergen. Bei einer nächsten Unwetterwarnung sind ihre Rollen klar verteilt und alle wissen, was zu tun ist. In Pakistan wurde nach den Überschwemmungen in den vergangenen Jahren Vorsorge zu einem essenziellen Element des Landes­ programms der Welthungerhilfe. Gemeinsam mit ihren Partnern der

Alliance2015 und des Start-Netzwerks (Start Network) hat sie in Peru und Haiti, in Äthiopien, Sudan, Mali, Uganda und Simbabwe Notfallpläne erstellt. Die Welthungerhilfe und ihre Partner haben den Paradigmenwechsel vollzogen: frühzeitig vorsorgen, statt erst dann zu handeln, wenn eine Katastrophe bereits eingetreten ist. Robert Grassmann ist Mitarbeiter der Welthungerhilfe in Bonn.

Wissenswertes

Was ist El Niño? El Niño ist eine Klimaanomalie, die nen und -temperaturen der Ozeane sich hauptsächlich im tropischen verändern sich. Dies hat gefährliPazifik ereignet, aber weltweit Aus- che Wetterereignisse zur Folge: wirkungen hat. Alle zwei bis sieben Sintflutartige Regenfälle, häufigere Jahre kommt es zu einer Umkeh- und stärkere Stürme oder ein rung der normalen Wettersituation: schwächerer Monsun und starke Passatwinde erschlaffen oder blei- Dürreperioden treten auf. ben aus, und die Wasserzirkulatio-

Jahre ohne El Niño steigende Luft

fallende Luft

starke Passatwinde

Peru

Indonesien steigender Meeresspiegel

50 m unter N. N.

Warmwasser

200 m unter N. N.

Aufwärtsstrom

Thermokline Kaltwasser

Jahre mit El Niño fallende Luft

Indonesien

starke Gegenwinde

athmosphärischer Druck steigt

steigende Luft

Peru

athmosphärischer Druck fällt

Warmwasser Thermokline Kaltwasser Quelle: Thomson Higher Education 2007, http://apollo.lsc.vsc.edu

El Niño und Niederschlag In Jahren, in denen ein El Niño im tropischen Pazifik auftritt, verändern sich die Niederschlagsmuster in vielen Teilen der Erde. Die Karte zeigt, wo in der Regel welche Effekte auftreten. November bis März

Januar bis April

Juli Bis September Oktober bis Januar

Juni Bis September

Januar bis April

Juli bis April

Januar bis April

Dezember bis März November bis April

Juli bis Dezember

Juni bis März Oktober bis Dezember

November Bis März

Juni bis April

Juni bis Januar

Juni bis September

Quelle: www.enso.info/enso-lexikon/lexikon-tu.html#tele

Juli bis November

April bis Juni

September bis März

Juli bis März

nass trocken

JANUAR BIS Mai

Juli bis Januar

September Bis Januar


4. Quartal 2015

Partner & Projekte

WElternäHrung

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Länderinformation

USBEKISTAN

KIRGISISTAN China

Tadschikistan

Duschanbe

Afghanistan

Pakistan

Welthunger-Index Rang 82/117 Ländern 30,3 (ernst) 0 wenig Hunger

gravierend 50

www.welthungerhilfe.de/welthungerindex

© Veser

Vor Erosion schützen

fruchtbares land: Ein Landwirt im Serafschan-Hochtal im nordwestlichen Distrikt Pandschakent bei der Ernte von Paprika, die im Gemüseanbau eine wichtige Rolle

In der Gruppe der mittelasiatischen Staaten, die bis 1991 zur Sowjetunion gehörten, ist Tadschikistan mit Abstand das ärmste Land. Neben den Kernbereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherung legt die Welthungerhilfe, die dort seit 1994 tätig ist, großen Wert auf Ressourcenschutz. Gemeinsam mit den lokalen Partnerorganisationen sucht man nach Wegen, den hohen Holzverbrauch durch den Einsatz anderer Energieträger einzudämmen. Die anhaltende Zerstörung von Bergwäldern hat in den letzten Jahren die Gefahr durch Überschwemmungen und Erdrutsche vergrößert. Deshalb ist die Welthungerhilfe vor allem im Serafschan-Tal auch auf dem Gebiet des Erosionsschutzes tätig. thv

spielt. Die früheren Kolchosen und Sowchosen wurden im Zuge einer Landreform an die ehemaligen Angestellten der Staatsfarmen übertragen.

Steiniger Weg zur Selbstversorgung Nur fünf Prozent der Fläche Tadschikistans ist für die Landwirtschaft nutzbar – Reis und verbessertes Saatgut bringen erste Erfolge Tadschikistan ist ein raues, karges Land. Mehr als zwei Drittel der Fläche sind Hochgebirge. Das Serafschan-Tal im äußersten Nordwesten gehört zu den wenigen Gebieten, in denen Landwirtschaft überhaupt möglich ist. Durch innovative Bewirtschaftungsarten, neue Pflanzensorten, Erosionsschutz und eine optimierte Bewässerung lassen sich sowohl Erntemengen als auch Qualität steigern. Von Thomas Veser

W

ährend der Blütezeit im frühen Mittelalter drehte sich im tadschikischen Pandschakent an der ehemaligen Seidenstraße alles ums Geld. Prächtige Wandgemälde aus vorislamischer Zeit bezeugen den Wohlstand des Handelsortes, der heute ein archäologisches Grabungsgebiet im Serafschan-Hochtal ist. Das moderne Pandschakent mit seinen 35 000 Einwohnern ist Sitz der Verwaltung des gleichnamigen Distrikts, der für seine fruchtbaren Böden bekannt ist. Damit kommt der Gegend an der Grenze zu Usbekistan eine Schlüsselrolle zu. Als kleinstes mittel­ asiatisches Land ist Tadschikistan überwiegend gebirgig, Landwirtschaft kann lediglich auf etwas mehr als fünf Prozent der Gesamtfläche betrieben werden. Sie wären zwar ausreichend, damit sich das etwa acht Millionen Einwohner zählende Land aus eigenen Kräften mit Nahrungsmitteln versorgen könnte. Dennoch muss Tadschikistan zurzeit über die Hälfte der benötigten Lebensmittel importieren. Dies ist in seiner Geschichte begründet: Bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion wurde das wirtschaftliche Schlusslicht der Union überwiegend mit Nahrung aus anderen Sowjetrepubliken versorgt, Weizenmehl etwa stammte aus Kasachstan, Obst und Gemüse waren ukrainischer Herkunft.

Landesweit gab es damals etwa 600 Sowchosen genannte Staatsbetriebe, in denen die Bauern ihre Ernten ablieferten. An jene Zeiten erinnern auch die zerfallenen Backsteingebäude einer ehemaligen Kolchose, die nach Karl Marx benannt war. In den besten Jahren hat man dort bis zu 700 Rinder gezüchtet. An Weiden herrschte damals kein Mangel, zumal die Hirten mit ihren Tieren auch auf usbekisches Gebiet ziehen konnten. Viehzucht in großem Maßstab wäre heute unmöglich, da Usbekistan 2010 die Grenzen zu Tadschikistan mit einem Metallzaun abgeriegelt hat. Seither ist der abgelegene Distrikt noch stärker abgeschnitten. Sowchosen und Kolchosen wurden im Zuge einer langatmigen und wenig transparenten Landreform privatisiert. Nun gibt es Dekhan-Farmen, deren Land weiterhin in staatlichem Besitz verbleibt. Je nach Flächengröße werden sie entweder von einer einzigen Familie oder von mehreren Familien gemeinsam bewirtschaftet. Die Behörden erlauben den Anbau von Obst, Gemüse, Reis und Getreide. Zudem entstanden mehrere Großbetriebe mit angestellten Arbeitern, etwa im Baumwollsektor.

»Wir bestimmen, was wir anbauen« Makhmut Zoirow (54), einst Angehöriger der KarlMarx-Kolchose, bearbeitet Felder auf einer fünf Hektar großen Fläche, die sich drei Familien teilen. Wie die meisten Landwirte zieht er Gemüse, darunter Gelbe Rüben, Tomaten, Zwiebeln, Kartoffeln und Paprika, sowie diverse Kräuter. »Als Kolchosnik ging es mir richtig gut«, erinnert er sich mit einer gewissen Wehmut. Damals gab die Leitung der Kolchose jedem Angehörigen ein Soll vor, »dafür erhielten wir monatlich ein Gehalt, um mehr mussten wir uns nicht kümmern. Zudem konnte ich meinen Hof zur Selbstversorgung behalten.« Diese einstige Sicherheit vermisst er heute. Zoirow erlebte den Aufbruch in die Marktwirtschaft als eiskalte Dusche. Vor allem die Suche nach Kunden habe ihm Mühe bereitet. »Die meisten Leute waren damals

knapp bei Kasse, und so sanken die Preise, außerdem war ich mir nicht sicher, auf welche Produkte ich setzen sollte. Das war richtig riskant«, erinnert er sich. Heute muss er den größeren Teil seiner Ernte Mittelsmännern überlassen, die damit Märkte in Duschanbe beliefern. Einen Teil kann er zu besseren Preisen auf seinem Hof absetzen, denn »inzwischen habe ich wenigstens einige Stammkunden gewonnen«, fügt er hinzu. Er schätzt den Anteil der Landwirte, die selbstständig sein wollen, auf höchstens 20 Prozent. »Die Übrigen sind damit zufrieden, als Angestellte einen sicheren Monatslohn zu beziehen.« Vier Jahrzehnte lang hatte sein heutiger Partner Farkhot Bobojew (65) der Kolchose als Traktorist die Treue gehalten. Sein Gemüse verkauft er überwiegend in der Markthalle von Pandschakent und an Kunden, die zu ihm kommen. Er weint den alten Strukturen keine Träne nach. »Jetzt ist es besser, die Regierung hat uns Land gegeben, wir können selbst bestimmen, was wir anbauen«, bekräftigt Bobojew, der mit den Herausforderungen als Unternehmer ganz gut zurande gekommen ist. Er fahre sehr gut mit seiner Gemüse- und Baumschule und züchte dort unter anderem Apfelbaumsorten und Haselnusssträucher, deren Früchte sich gut absetzen ließen, versichert er. »Nach dem Zusammenbruch des alten Systems wurden neue Arten der Landwirtschaft nötig«, erklärt Zafar Norov von der Welthungerhilfe. Aber auch Nahrungsmittel, wie die bis dahin kaum beachtete Kartoffel, gewannen an Bedeutung. Sie erweist sich in höheren Lagen als resistenter gegen Viren und sichert deshalb reichere Ernten. Deswegen unterstützt die Welthungerhilfe die Landwirte mit verbessertem Saatgut. Die gezielte Förderung des Reisanbaus liefert den Stoff für die nächste Erfolgsgeschichte. »Der für die Ernährung wichtige Reis verdrängt Weizen und Tabak«, bekräftigt Dilovar Sherali, Leiter der Reisforschungsstation. Inzwischen entwickelte das Team eine Variante, die für die klimatischen Bedingungen in diesem Landesteil – heiße Sommer und

extreme, schneereiche Winter – hervorragend geeignet ist. Fand der Reisanbau früher auf 1500 Hektar statt, liegt die Fläche nun bei 11 000 Hektar. Der Ertrag je Hektar konnte verdreifacht werden. Neues Saatgut und andere Maßnahmen sorgen jedoch nur dann für ein breiteres Nahrungsmittelangebot und gesteigerte Ernteerträge, wenn aus­ reichend bewässert wird. Allerdings stammt das ­heutige Bewässerungssystem, das von einer Behörde betrieben wird, überwiegend aus sowjetischer Zeit und weist daher einige technische Mängel auf.

Verlässliche Bewässerung Die Welthungerhilfe unterstützt die Landwirte daher nicht nur mit Beratung und Saatgut, sondern fördert auch die privaten Wassernutzungsvereinigungen. Sie halten die Anlagen in Schuss und sorgen dafür, dass alle Farmer die benötigten Mengen verlässlich erhalten. Das sichert den Bauern bessere Ernten und bringt den Teams der Wassernutzungsvereinigungen dank deutlich gestiegener Mitgliederbeiträge mehr Geld. Thomas Veser ist freier Journalist in Konstanz.

Weitere Informationen unter: www.welthungerhilfe.de/tadschikistanlandwirtschaft.html

Diskutieren Sie mit! Tadschikistan – ein Land zwischen Aufbruch und Krise. Lesen Sie mehr zu unseren Projekten auf unserem Blog: www.welthungerhilfe.de/blog/tag/ tadschikistan


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WElternäHrung

Interview

4. Quartal 2015

Die Dürreprobleme austrocknen Viehwirtschaft hat in Äthiopien Tradition – Das Nomadentum sollte und kann in der Moderne überleben, wenn es gestärkt wird

interview Yoseph Negassa Feysa (61) ist geschäftsführender Direktor der äthiopischen Nichtregierungsorganisation Action for Development, die mit Hirtengemeinschaften und Dörfern in Äthiopien zusammenarbeitet, unter anderem in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Wasserversorgung, Gesundheit, Bildung und Klimaanpassung. Negassa Feysa hat Entwicklungszusammenarbeit studiert und arbeitet vor allem in den Trockenzonen des Landes.

WELTERNÄHRUNG: Sie unterstützen Hirten in Äthiopien dabei, dass sie ihr Vieh weiterhin auf traditionelle Weise weiden lassen können. Bietet das eine Absicherung für Dürrezeiten? Yoseph Negassa Feysa: Ja, die Viehhirten lassen ihre Tiere auf offenem Weideland grasen, aber einen Teil umzäunen sie für schwierige Zeiten. Dieses traditionelle System nennt sich Kallo. Wie die Wasserquellen ist auch ein Kallo Gemeinschaftsbesitz. Bei Dürren halten die Viehhirten die Jungtiere und die Milch gebenden Muttertiere auf diesen Wiesen, um sie besser versorgen zu können. Das Kallo-System ist ein wichtiger Bestandteil des traditionellen Ressourcenmanagements und gleichzeitig eine wichtige Risikoabsicherung. Doch leider ist es in den letzten Jahren sehr geschwächt worden.

Es wird kein Szenario geben, bei dem die traditionellen Nomadengesellschaften vollkommen erhalten bleiben, das ist unmöglich. In den Gebieten der Hirtenvölker entstehen Straßen und Telekommunikationsangebote, Schulen und Gesundheitsangebote, selbst kleine Städte. Das bringt für die Nomaden auch viele Chancen, etwa für die Vermarktung ihrer Produkte oder Bildung. Viele Nomadenkinder werden andere Berufe ergreifen. Viehhaltung ist jedoch eine Lebensform, die sehr an die trockenen Regionen Äthiopiens angepasst ist. Wird sie produktiver, kann sie sicher fortbestehen. Das Interview führte Mirco Lomoth, freier Journalist in Berlin.

Weitere Informationen unter: www.welthungerhilfe.de/saubereswasser-fuer-aethiopien.html www.afd.org.et

Länderinformation

Eritrea

Addis Abeba

Somalia

Äthiopien

Kenia Welthunger-Index Rang 93/117 Ländern 33,9 (ernst) 0 wenig Hunger www.welthungerhilfe.de/welthungerindex

© Jens Grossmann/Welthungerhilfe; Porträt: privat

Woran liegt das? Das Bevölkerungswachstum hat den Druck auf das Land und traditionelle Lebensweisen erhöht. Dazu kommt, dass sich unter den Viehhirten neue Tätigkeiten verbreiten. Viele bauen heute auch Nutzpflanzen an. Die Feldwirtschaft, die sich teilweise auf Initiative von Nichtregierungsorganisationen

Welche Rolle spielt die Welthungerhilfe dabei? Sie ist seit 2011 ein wichtiger Partner. Wir haben gemeinsam Brunnen und Trinkwasserbecken für die Hirten gebaut, traditionelle Brunnen repariert sowie Hygieneprogramme gestartet. Auch bei der Verbesserung des Weidelands und der Kallos und beim Thema Tiergesundheit hat die Welthungerhilfe uns unterstützt. Den Viehhirten, die ihre Tiere durch DürMit welchen Problemen haben die verbleibenden re verloren haben, konnten wir Ersatz beschaffen. Viehnomaden zu kämpfen? Die verfügbare Weidefläche ist geschrumpft und Wie wichtig ist es, in der Zusammenarbeit mit der durch Buschvegetation verwildert. Die Folge sind Bevölkerung Traditionen zu berücksichtigen? geringere Produktivität, weniger Milch und Fleisch Sie sollten immer der Ausgangspunkt sein. Ideen, und somit weniger Ernährungssicherheit. Die Ver- die von außen kommen und traditionelle Praktiken besserung der natürlichen Ressourcen ist daher ein missachten, können sehr zerstörerisch wirken. Die zentrales Element, um die Widerstandsfähigkeit der wuchernde Buschvegetation zum Beispiel haben die Hirten gegen Dürren zu erhöhen. Wir haben ihnen Viehhirten früher durch gelegentliches Abbrennen geholfen, die wuchernde Buschvegetation zu entfer- des Weidelands beseitigt. 1974 hat die Militärregienen, um das Weideland aufzuwerten. Außerdem rung das verboten, um Entwaldung vorzubeugen, setzen wir uns dafür ein, dass sie Zugang zu ihren aber der Effekt für die Hirtenvölker war negativ. Weideflächen haben und fördern risikomindernde Nicht nur wurde ihr Weideland eingeschränkt, es hat traditionelle Praktiken wie das Kallo-System. auch wilde Tiere angezogen, die ihre Viehherden überfallen. Hätte man die indigenen Praktiken des Sind traditionelle Praktiken wirklich eine Lösung für Buschmanagements einbezogen, stünden wir jetzt die Probleme der Viehnomaden? nicht vor solchen Problemen. Natürlich gibt es bei Nein, sie sind nur ein Element. Um Gemeinden traditionellen Praktiken Raum für Verbesserungen. widerstandsfähiger zu machen, muss man auch viele andere Aspekte einbeziehen, etwa Wasser- Werden die äthiopischen Viehnomaden für die nächsversorgung, Tiergesundheit oder Bildung, die Si- te Dürre besser gerüstet sein als 2011, als am Horn tuation der Frauen, den Marktzugang und die von Afrika Zehntausende Menschen starben? Definitiv. Durch den verbesserten Zugang zu Wasser Infrastruktur. haben Menschen und Tiere bessere ÜberlebenschanIst Action for Development in diesen Bereichen tätig? cen. Die von uns gegründeten Genossenschaften Ja, wir unterstützen die Hirten zum Beispiel beim helfen ebenfalls. Mitglieder können über sie an MiZugang zu Wasserquellen. Wir bieten ein Programm krokredite kommen, zum Beispiel, um Jungtiere zu zur Frühwarnung vor klimatischen Extremsituatio- kaufen, großzuziehen und mit Profit zu verkaufen. nen und versorgen sie regelmäßig mit Klimainfor- In Dürrezeiten können sie sich mit dem gesparten mationen. Wir haben Maßnahmen vorbereitet, um Geld dann Nahrungsmittel besorgen. Die Genossenin Notsituationen schnell reagieren zu können. Au- schaften kaufen auch Getreide oder Stroh in Gegenßerdem kümmern wir uns um Gesundheits- und den, die nicht von der Dürre betroffen sind, und Hygieneprobleme, bieten eine alternative Basisbil- geben es zu fairen Preisen an ihre Mitglieder weiter. dung für Kinder und Erwachsene und bauen Genossenschaften auf, etwa Spar- und Kredit- oder Ver- Äthiopien wird seine Bevölkerung bis 2030 verdoppeln. Haben nomadische Lebensstile eine Zukunft? marktungsgenossenschaften. und der Regierung verbreitet, geht auf Kosten des traditionellen Weidelands. Mit dem Erstarken des modernen Staates verändert sich zudem die Gesellschaft auf lokaler Ebene, manche Bewohner haben die Viehwirtschaft ganz aufgegeben und sind sesshaft geworden. All das schwächt traditionelle Praktiken und Institutionen.

heute für morgen: Die Nomaden können mittlerweile Kredite bekommen, um Vieh zu kaufen, großzuziehen und mit dem Verkaufsgewinn ein Polster für dürre Zeiten aufzubauen.

gravierend 50


4. Quartal 2015

Fotoreportage

WElternäHrung

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1 Alie Lamarsh (vorn) und Junisa Bangura fahren von Haus zu Haus und holen den Müll ab. |  2 Dünger aus Restmüll: Auch er ist eine Einnahmequelle. |  3 Alfred Muana macht aus Aluminiumdosen Kochtöpfe. |  4 Im Vocational Training and Production Centre fertigen Frauen, meist Ebolaüberlebende, Taschen, Schmuck oder Schuhe. |  5 Lucinda M. Katta mit einem Schmuckstück aus Wertstoffen. Sie führt Fortbildungen durch und leitet ein Produktionszentrum.

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Müll ist in Mode

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In Sierra Leone gibt es jetzt ein Projekt, das die Umwelt sauberer hält und die Kreativität fördert.

Fotos und Text: Roland Brockmann

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is die Abfallpioniere in Bo in Sierra Leone begannen aufzuräumen, versank der kleine Ort wie so viele Städte Afrikas im Müll. An den Straßenrändern wuchsen Plastiktüten, Dosen und Essensreste zu Müllbergen heran. Wilde Deponien schossen an vielen Ecken der Stadt aus dem Boden. Die Menschen wussten nicht mehr, wohin mit ihrem Abfall. Dann startete die Welthungerhilfe die Initiative »Klin Bo Services«. In dem von der Welthungerhilfe geförderten Projekt holen junge Leute jetzt auf motorisierten Tricycles den Müll direkt bei den Haushalten ab und werden dafür von den Bewohnern bezahlt. Vor allem aber sortieren sie den Abfall: Flaschen, Dosen, Plastik werden recycelt. Denn es gibt dankbare Abnehmer, wie etwa den gelernten Schmied Alfred Muana. Waste General nennt er sich stolz. Aus weggeworfenen Aludosen macht er Töpfe und Pfannen, die günstiger sind als die importierten aus China. Ein gutes Geschäft erzählt Muana, während er die Dosen einschmilzt und in einfache Formen aus Sand gießt. Muana ist nicht der einzige, der Gewinn aus dem Abfall schöpft. Sein Nachbar, der Schneider Francis Gdondo, näht aus Plastiktüten trendige Umhängetaschen – afrikanisches Design statt westliche Importware. In Ausbildungszentren lernen junge Frauen, meist Überlebende der Ebolaepidemie, aus Wertstoffen Taschen und Schmuck herzustellen, die vor allem an Touristen verkauft werden. Selbst der Restmüll wird noch verwertet, daraus macht etwa das Ehepaar Alice Boyle und Charles Boyle organischen Dünger. Kreative Wertschöpfung aus alten Dingen ist ein Erfolgskonzept für viele Menschen in Bo. Weitere Informationen unter:

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www.welthungerhilfe.de/sierra-leoneupcycling.html


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WElternäHrung

Hintergrund

4. Quartal 2015

Es gibt viele Hebel für den Erfolg Die Wechselwirkung zwischen Katastrophen und Hunger ist nachweisbar und gilt für beide Richtungen – Große Palette von Maßnahmen

Von Peter Mucke und Katrin Radtke

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Auf der Abwärtsspirale Wer in einer Weltregion lebt, die immer wieder von Naturgefahren bedroht wird, die wirtschaftlich schwach ist und keine gute Katastrophenvorsorge vorweisen kann, den treffen Naturereignisse besonders hart und langfristig.

80 %

der Hu n Gebiet gernden leben en mit st arker in katastro phen­g Bodende efähr grada deten tion

atastrophen aufgrund extremer Naturereignisse wie Erdbeben oder Wirbelstürme sind nicht der einzige Grund für Hunger. Aber sie sind ein wichtiges Puzzleteil, wenn man die Ursachen von Hunger als komplexes Zusammenspiel itt ein ineinandergreifender Auslöser und Prozesse beSchritt 1 phe tr o r t Katas greift. Gleichzeitig besteht ein Zusammenhang in Vulnerabler Haushalt befindet sich die andere Richtung: Solange es Ernährungsunsiin fragiler, kata­strophengefährdeter cherheit gibt, werden zerstörerische NaturereignisGegend und ist von Landwirtunmit telba se und Wetterextreme katastrophale Auswirkungen schaft abhängig. Eine Flut, Dürre, re Au swirk haben. Denn eine schlecht ernährte Bevölkerung ist ein Erdbeben oder schwerer Sturm ungen anfälliger als eine gut ernährte. Deshalb wird eine trifft auf das Gebiet. Welt ohne Hunger auch eine Welt mit weniger KaSchule tastrophen sein. Katastrophen zerstören Vorräte, Ernten und Schritt 3 SSnahmen Transportwege. Ganz besonders diejenigen, deren Kinder werden aus der Schule lungsma f i Lebensunterhalt auf der Landwirtschaft beruht, genommen, Menschen essen Verzwe sind betroffen. Ein Beispiel ist Nepal. Nach dem weniger und Produktionsmittel Lebensm großen Erdbeben in diesem Frühjahr verschlechterwie Werkzeuge oder Vieh ittelund E rnähr te sich die Ernährungssituation der Bevölkerung werden verkauft. ungsk rise ernsthaft. In abgelegenen Bergregionen hatten 70 Prozent der Bevölkerung zu wenig oder grenzwertig wenig zu essen. Rund die Hälfte der Menschen in Nepal konnte sich nicht mehr ausgewogen ernähren. Die Nahrungsmittelmärkte brachen weiSchritt 5 en e Folg testgehend zusammen und etwa 35 Prozent der Verminderte Vielfalt und Geristig f g Lan Haushalte waren von Nahrungsmittelhilfen abhänsamtmenge der aufgenommenen gig. In einigen Regionen verloren 80 Prozent der Nahrung. Erhöhter Anteil an Eine we itere Haushalte ihre gesamten Vorräte. Auch wertvolle Untergewicht und WachstumsKatas trophe landwirtschaftliche Geräte und Saatgut fielen dem verzögerung bei Kindern. tritt ein Erdbeben zum Opfer. Diese Tatsache wird sich auch langfristig auf die Nahrungsmittelproduktion auswirken, denn der Großteil der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft. Ähnlich wie in Nepal führten das Erdbeben in Haiti 2010, die Flut in Pakistan 2010, der Wirbelsturm in Vanuatu 2015 sowie viele andere kleinere Katastrophen dazu, dass die schutz spielt eine Rolle. Ungeeignete Produktions- gelnde ­Technologie und geringe Investition in Menschen nicht mehr ausreichend zu essen hatten. weisen, die aufgrund von Mangelsituationen ent- Landwirtschaft, schlechte In­frastruktur, ungerechte stehen, etwa der Verzicht auf Brachezeiten zur Handelssysteme, politische Instabilität, NahrungsErholung der Böden, führen zu Umweltschäden. mittelpreisschwankungen und die Konkurrenz zwiAuch bei Sturm aufs Meer Die Folgen sind Bodenerosion und eine höhere An- schen Nahrungsmittel- und Kraftstoffproduktion sowie der Klimawandel. Es gibt zahlreiche MaßUmgekehrt ist der Zusammenhang zwischen Er- fälligkeit gegenüber Naturgefahren. Um das Ziel »Null Hunger, weniger Katastro- nahmen, die auf technischer und politischer Ebene nährungsunsicherheit und Katastrophen nicht ganz so offensichtlich. Doch statistisch lässt sich eindeu- phen« zu erreichen, muss daher die Wechselbezie- und sowohl auf lokaler wie auf nationaler und intig nachweisen, dass beide in vielen Ländern ge- hung der beiden Bereiche betrachtet werden. Dabei ternationaler Ebene ergriffen werden sollten. Zwei Fliegen mit einer Klappe ließen sich gewismeinsam auftreten, und auf den zweiten Blick las- dürfen natürlich andere Ursachen von Ernährungssen sich Ursachen erkennen. Zum Beispiel müssen unsicherheit nicht aus dem Blick geraten: Armut, sermaßen schlagen durch die Förderung von angeBauern, die von Ernährungsunsicherheit betroffen mangelnder Zugang zu Produktionsmitteln, man- passten Anbaumethoden – Verzicht auf Monokulsind, oft ihre landwirtschaftliche Produktion in Gegenden oder Jahreszeiten ausweiten, die Naturgefahren besonders ausgesetzt sind. So dehnen sie in Wissenswertes schlechten Jahren ihren Anbau in hochwassergefährdete Gebiete aus, oder sie verschieben ihn in die Hochwassersaison. Viele Fischer sind gezwungen, in der Sturmsaison auszufahren. Hinzu kommt, Das Konzept des WeltRisikoBerichts dass der körperliche Zustand von unter- und mangelernährten Menschen meist schlecht ist. Im Falle Ob Erdbeben oder Tsunami, Wirbelsturm oder folgerungen für einer Katastrophe nehmen sie eher Schaden. Überschwemmung: Das Risiko, dass sich ein HilfsmaßnahEin weiteres Problem ist die Vorratshaltung. Naturereignis zur Katastrophe entwickelt, ist men, Politik und Wenn bei akuten Katastrophen die Nahrungsmitimmer nur zu einem Teil von der Stärke des Berichterstattelproduktion und die Vermarktung zum Erliegen Naturereignisses selbst abhängig. Wesentlich tung zu ziehen. kommen und sogar Hilfsgüter wegen zerstörter sind ebenso die Lebensverhältnisse der MenStraßen nicht ausgeliefert werden können, dann schen in den betroffenen Regionen und die sind Vorräte die Rettung. Doch in einer ohnehin Möglichkeiten, schnell zu reagieren und angespannten Ernährungssituation werden nur selzu helfen. Wer im Falle eines extremen Na- Der WeltRisikoten Vorräte angelegt. Schließlich wirkt sich die turereignisses weiß, was zu tun ist, hat höhe- Bericht steht ­Ernährungssituation auf Möglichkeiten der langre Überlebenschancen. Länder, die sich auf kostenlos zum Downloaden ­ bereit unter: fristigen Anpassung von Gesellschaften an Katastdie Folgen des Klimawandels vorbereiten und www.welthungerhilfe.de/weltrisikobericht-2015. rophenrisiken aus, das heißt auf ihre Fähigkeiten, die die erforderlichen Finanzmittel bereit- html oder kann kostenlos b ­estellt werden gegenzusteuern. Besonders wichtig ist hier der Bestellen, sind besser gerüstet. Der Welt- unter: info@welthungerhilfe.de, Telefon: reich Bildung. Gerade in armen Familien müssen RisikoBericht soll einen Beitrag dazu leisten, (0228) 22 88-134 oder per Post: Welthungerdie Kinder häufig mitarbeiten – auf Kosten der diese Zusammenhänge auf globaler Ebene hilfe, Zentrale Informationsstelle, Friedrichschulischen Ausbildung und damit langfristig dem zu betrachten und zukunftsorientierte Schluss- Ebert-Straße 1, 53173 Bonn. Bildungsgrad einer Gesellschaft. Auch der Umwelt-

Schritt 2 Tod oder Verlust der Lebensgrundlage. Zerstörung von Wohnraum, Land, Viehbestand, Ernte und des Angebots an lebenswichtigen Nahrungsmitteln.

Schritt 4 Die bedenkliche Nahrungsmittelund Ernährungssituation, die sich seit der Katastrophe entwickelt hat, verschlimmert sich nun zu einer gravierenden Krise.

Schritt 6 Hungernde und mangelernährte Menschen haben schlechtere Voraussetzungen um Katastrophen zu bewältigen und sind deren Auswirkungen gegenüber vulnerabler.

turen, die die Böden auslaugen, und Verwenden von Saatgut, das für die entsprechende Klimazone ideal ist. Auch Investitionen in und Aufklärungsarbeit zu Bodenschutz und Bewässerung sowie verbesserte Transport- und Lagermöglichkeiten können die Welt nach vorn bringen. Eine wichtige Rolle bei der langfristigen Absicherung der Ernährung kann auch die Förderung von Mikroversicherungen für Kleinbauern und die Schaffung von alternativen Einkommensmöglichkeiten bieten. Umfangreiche politische Anstrengungen und finanzielle Förderung seitens der internationalen Finanzierungsinstitutionen und der Geberländer werden erforderlich sein. In diesem Sinne ist das Jahr 2015 ein gutes Jahr, denn die internationale Staatengemeinschaft hat sich mit den Nachhaltigkeitszielen und dem Sendai-Rahmenabkommen zur ­Katastrophenrisikoreduzierung auf ehrgeizige Ziele geeinigt. An Fragen, wie wirksam gegen Lebensmittelspekulationen vorgegangen wird, ob Landinvestitionen verantwortungsvoll und unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung geplant werden und ob globale Marktverzerrungen wirklich aufgehoben werden, wird sich entscheiden, ob diese Ziele realistisch erreicht werden können oder bloße Lippenbekenntnisse bleiben. Organisationen wie die Welthungerhilfe sind jetzt gefragt und müssen die Staats- und Regierungschefs immer wieder an ihre Ziele erinnern. Peter Mucke ist Geschäftsführer des Bündnis Entwicklung Hilft und Initiator der WeltRisikoBerichte, für deren Herausgabe er seit 2011 verantwortlich ist. Katrin Radtke ist Professorin für Internationale Not- und Katastrophenhilfe an der AkkonHochschule für Humanwissenschaften in Berlin und an der Ruhr Universität Bochum. Sie hat zur Entwicklung des WeltRisikoBerichts beigetragen.

© WeltRisikoBericht/WFP 2015c

Eine Welt ohne Hunger ist keine Utopie, sie ist machbar. Allerdings nur, wenn die Ursachen des Hungers reduziert ­werden. Zu diesen Ursachen gehören auch ­Katastrophen. Das zeigt der neue WeltRisikoBericht 2015.


Weltwärts

4. Quartal 2015

WElternäHrung

Fürs Leben lernen Die »weltwärts«-Freiwilligen sind in der Wirklichkeit der Bildungssysteme angekommen

© privat

Von: Niklas Marx Datum: 26.11.2015 | 8:23 An: Katharina Kern Betreff: Ganz schön schwierige Tests

Von: Katharina Kern Datum: 29.11.2015 | 22:12 An: Niklas Marx Betreff: Verstehen, was man lernt

Hallo liebe Kathi,

Hallo Niklas,

auch wenn ich mich schon gut eingelebt habe und eigentlich denke, dass wir gar nicht so anders als die Leute hier in Uganda sind, erkenne ich nun doch stärkere Unterschiede. Einen Unterschied stelle ich in meiner Arbeit im Manna Rescue Home (MRH) fest. Ich gehe morgens mit einem der beiden Lehrer in den Unterricht. Wenn ich mit Ellen, der amerikanischen Lehrerin, arbeite, kommt mir der Unterricht wie in Deutschland vor. Sie scheint ein ähnliches Verständnis von Pädagogik zu haben wie wir. Gehe ich mit Peter, dem ugandischen Lehrer, mit, merkt man schon einige Unterschiede. Sein Umgang mit den Kindern ist einfach anders. Ich habe das Gefühl, er behandelt sie mehr wie Erwachsene. Er lacht zwar viel mit ihnen, scheint aber strenger zu sein. Dafür versteht er die Kinder auf einer anderen Ebene, natürlich nicht zuletzt, weil er ihre Sprache Rutooro spricht. Ich habe mich mit Peter oft über das deutsche und das ugandische Bildungssystem unterhalten. Er erklärte mir, dass viele Lehrer das Schlagen der Schüler als Erziehungsmethode einsetzten. Das ist mit meiner Vorstellung vom Umgang mit Kindern nicht vereinbar, aber laut Peter gibt es unter den ugandischen Lehrern viele, die das anders sehen. Im Manna Rescue Home ist Schlagen als Erziehungsmethode verboten. Was mich verblüfft, ist das gute Allgemeinwissen der Kinder. Sie haben beispielsweise Kenntnisse über Krankheiten, deren Ursache und Heilung, von denen ich nicht einmal den Namen kenne. Auch scheinen mir die Tests, die in den staatlichen Schulen am Ende jedes Halbjahres geschrieben werden, sehr viel schwieriger zu sein als bei uns. Die Schüler müssen wirklich viel lernen. Das wird dadurch erschwert, dass oft über hundert Schüler von nur einem Lehrer unterrichtet werden. Und die sind unterbezahlt, wie Peter meint. Generell besuchen die Kinder aus dem MRH normale staatliche Schulen. Neun von ihnen haben allerdings einen der Halbjahrestests nicht bestanden oder sind im Unterricht nicht mehr mitgekommen, weshalb sie im MRH unterrichtet werden. Die Kinder im Heim werden nicht nach staatlichen Maßstäben unterrichtet. Hier ist vor allem Basisbildung wichtig. Das heißt, sie lernen Grundlagen wie Lesen, Schreiben, Rechnen. Der Unterricht ist daran orientiert, die Kinder auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten, und nicht daran, haargenau den ugandischen Lehrplan zu erfüllen. Nur wer möchte, schreibt die vom Staat vorgegebenen Tests mit. Außerdem kommen einmal in der Woche Lehrer ins MRH, die den Kindern handwerkliche Fähigkeiten beibringen sollen. So gibt es einen Mechaniker, der einigen Jungen den Umgang mit Werkzeug erklärt. Und die Mädchen lernen Schneidern, dafür haben sie sogar Nähmaschinen bekommen. Mit diesen Fähigkeiten haben sie bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz. Mich würde sehr interessieren, wie das Schul- und Bildungssystem bei dir in Indien funktioniert.

unser Arbeitsalltag scheint sich mehr zu gleichen, als ich das bisher gedacht hätte. Manzil ist ja auch eine Art Schule für Kinder, die in ihrem eigenen Tempo die Möglichkeit bekommen, den Unterrichtsstoff noch einmal zu wiederholen. Nur gehen sie vormittags auch noch ganz normal zur Schule. Der Unterricht wird von Freiwilligen übernommen. Diese Freiwilligen besuchen dann aber wieder andere Klassen, die von anderen Freiwilligen geleitet werden. So konnte ich die letzten Wochen einen sehr faszinierenden Austausch beobachten. Ich helfe Sangeeta manchmal in der Englischklasse, und wir unterrichten zusammen. Eine Stunde später unterrichte ich die Diskussionsklasse, in der sie Schülerin ist. Sie ist etwa so alt wie ich und studiert Sozialarbeit. Ihr Englisch ist sehr gut, weil sie früher auf eine Privatschule gegangen ist. Für mich war es am Anfang gar nicht so einfach, eine Diskussion zu leiten, das indische Englisch zu verstehen und grob das zu übermitteln, was ich den Schülern beibringen wollte. Andererseits versuche ich auch für das offen zu sein, was sie denken und meinen und wie sie viele Dinge sehen. In meiner zweiten Stunde habe ich zum Beispiel über Wasserverbrauch und virtuelles Wasser geredet. Virtuelles Wasser ist Wasser, das zum Beispiel für den Anbau von Gemüse oder beim Mästen eines Tieres verbraucht wird. Ich fand es superspannend, dass wir aus einem sehr ähnlichen Lebensumfeld kommen. Viele Kinder haben meistens fließendes Wasser, aber sie haben die Slums buchstäblich vor Augen, wo die Wasserversorgung sehr schwierig ist. Ich lerne hier sehr viel und hoffe, dass ich mein Projekt durch ein bisschen frischen Wind bereichern kann. Die staatlichen Schulen habe ich bis jetzt allerdings nur sonntags gesehen, wenn Manzil den Schulhof nutzen darf, um die kreativen Kurse wie Tanzen, Theater und Gitarrespielen anzubieten. Aber mir wurde signalisiert, dass Manzil ganz anders als das staatliche Schulsystem arbeitet, da Manzil darauf setzt, dass die Schüler Inhalte tatsächlich verstehen und nicht bloß für Prüfungen auswendig lernen und danach wieder vergessen. Auch wenn ein Schüler zehn Jahre bei Manzil Kurse besucht hat, wird er von Manzil niemals ein Zertifikat erhalten, weil ein Zertifikat eben bloß ein Blatt Papier ist, das nicht besonders viel über den Menschen und seine Fähigkeiten aussagt. Ich habe oft das Gefühl, dass sich das deutsche Schulsystem von der Art und Weise, wie Manzil versucht, Schülern Lernstoff zu vermitteln, eine Scheibe abschneiden könnte. Aber wie in Deutschland stehen die Kinder auch in einer normalen indischen Schule unter extremem Druck. Auf dem Weg nach Hause merke ich, dass es hier langsam abkühlt. Ich hole meine dicken Pullis aus dem Schrank. Ich bin sehr gespannt auf deine nächste Mail und den Winter in Fort Portal. Und auf Neu-Delhi.

Ich wünsche dir noch eine schöne Woche und bis bald! Niklas

Ich wünsche dir eine gute Zeit, Kathi

Niklas Marx (18) hat 2015 Abitur gemacht. Er hat sich in der Jugendarbeit seiner Kirchengemeinde engagiert und ist jetzt im Manna Rescue Home, einem Kinderheim, tätig. Das Heim gehört zur Organisation Youth Encouragement Services, die sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in Uganda stärken und ihnen eine Schul- und Berufsausbildung ermöglichen will.

Katharina Kern (19) hat 2015 Abitur gemacht. Sie hat sich bei Vivia con Agua engagiert und ist über deren Newsletter auf den Freiwilligendienst aufmerksam geworden. In Indien versucht sie, weiterhin zu malen, zu zeichnen, zu schreiben und zu fotografieren. Sie arbeitet bei Manzil, einer Organisation, die Förderunterricht und Freizeitaktivitäten anbietet.

Ländercheck – Bildung

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Millionen bzw. zwölf Prozent der Kinder müssen in Indien arbeiten. In Uganda sind es 117 266, das sind rund ein Viertel aller Kinder.

2293  Euro jährlich werden in Deutschland pro Kopf für Bildung ausgegeben. In Indien sind es 561 Euro, in Uganda 18 Euro.

50

Prozent der Kinder in Uganda schließen zumindest die Grundschule ab, wohingegen in Indien und Deutschland fast alle Kinder zumindest die Grundschule absolvieren.

Quellen: www.cia.gov/library/publications/ the-world-factbook; http://databank.worldbank.org

Diskutieren Sie mit!

48 : 35 : 12

In Uganda kommen auf einen Grundschullehrer 48 Schüler, in Indien sind es 35, in Deutschland zwölf.

25

Prozent der ugandischen Kinder besuchen eine weiterführende Schule. In Indien sind es rund 70 Prozent, in Deutschland fast 100 Prozent.

Neben Katharina und Niklas gibt es noch mehrere Freiwillige, die in Projekten der Welthungerhilfe arbeiten. Hier finden Sie weitere spannende Berichte: www.welthungerhilfe.de/blog/ tag/weltwaerts

wissenswertes Der entwicklungspolitische Freiwilligendienst lungsprojekt im Ausland. Über 5000 Plätze in »weltwärts« wurde 2008 vom Bundesministe- 80 Ländern für 18- bis 28-Jährige gibt es. rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ins Leben gerufen. Seitdem ha- Weitere Informationen unter: ben rund 20 000 Freiwillige teilgenommen. Sie www.welthungerhilfe.de/weltwaerts engagieren sich für ein Jahr in einem Entwick-

© privat

Niklas Marx lebt und arbeitet seit September in Uganda, Katharina Kern in Indien. Beide sind in Projekten tätig, in denen Kinder und Jugendliche außerhalb der staatlichen Institutionen unterrichtet werden. Dabei geht es darum, Lücken zu schließen oder berufspraktische Vorbildung zu ermöglichen.

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Kontrovers

WElternäHrung

4. Quartal 2015

Die jämmerliche UNO D

ie Bürokraten der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) sind Weltmeister im Erstellen komplizierter Statistiken, mathematischer Modelle und mehrerer kiloschwerer (häufig unleserlicher) Berichte in den sieben offiziellen UNO-Sprachen. Aber wenn es um die UmsetKommentar zung konkreter Maßnahmen zur Behebung der vielfachen Tragödien, die die Menschen auf unseJean Ziegler (81) wurde in jungen Jahren geprägt rem Planeten heimsuchen, geht, bleibt die UNO meist gelähmt. von seiner Freundschaft zu den Literaten JeanNehmen wir ein einziges Beispiel: das Massaker Paul Sartre und Simone de Beauvoir sowie durch einen zweijährigen Afrikaaufenthalt. Der Soziolo- des Hungers, das jeden Tag und jede Nacht Zehntausende von Menschenleben vernichtet. Vor allem gieprofessor an der Universität Genf war bis in der südlichen Hemisphäre. Die UNO-Charta trat 1999 Nationalrat im Parlament der Schweizer am 25. Oktober 1945 in Kraft. Immer und schlimEidgenossenschaft. Ziegler ist derzeit Mitglied des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen. mer wütet noch heute die Geisel. Das tägliche Massaker des Hungers ist der absolute Skandal unserer Zeit. Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind unter zehn Jahren an Hunger oder seinen unmittelbaren Folgen. Wir sind 7,3 Milliarden Menschen auf dem Planeten. Über 795 Millionen Menschen sind schwerst permanent unterernährt. Derselbe Welternährungsbericht der Ernährungs- und Landwirt-

schaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der jährlich die Opferzahlen benennt, sagt, dass die Weltlandwirtschaft in der heutigen Phase der Entwicklung ihrer Produktionskräfte problemlos normal zwölf Milliarden Menschen ernähren könnte. Also fast das Doppelte der Weltbevölkerung. Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es keinen objektiven Mangel mehr. Das Problem ist nicht mehr die fehlende Produktion, sondern der fehlende Zugang zu Nahrung. Es gibt keine Fatalität. Ein Kind, das am Hunger stirbt, wird ermordet. September 2015: Im UNO-Hauptquartier in New York verabschieden 166 (der 193) Staats-und Regierungschefs die »Agenda 2030«. In den nächsten 15 Jahren sollen die 17 schlimmsten Tragödien, welche heute die Menschheit verwüsten, beseitigt werden. »End Hunger« heißt das Entwicklungsziel Nummer 2 – der Hunger soll völlig beseitigt werden bis zum Jahr 2030. Leider sagt die UNO-Agenda kein Wort zu den Gründen des Hungers. Zum Beispiel von der Börsenspekulation durch Großbanken und Hedgefonds mit Grundnahrungsmitteln (Reis, Mais, Getreide). Diese decken 75 Prozent des

Weltkonsums. Zwischen 2002 und 2012 hat sich der FAO-Nahrungsmittelpreis-Index verdoppelt. In den Kanisterstädten und Slums der Welt, wo gemäß Weltbank 1,1 Milliarden Menschen wohnen und wo die Mütter mit ganz wenig Geld ihre tägliche Nahrung kaufen müssen, sterben bei jedem Preisaufschlag Tausende Kinder mehr. Börsenspekulation auf Grundnahrungsmittel muss deshalb sofort verboten werden. Doch die UNO schweigt. Aus Angst, die allmächtigen transkontinentalen Privatkonzerne zu verstimmen. Laut Weltbank haben die größten transkontinentalen Privatkonzerne (alle Sektoren zusammengenommen, Industrie, Finanzen, Dienstleistungen usw.) vergangenes Jahr 52,8 Prozent des Weltbruttosozialproduktes kontrolliert. Sie haben eine Macht, wie sie nie je ein Kaiser, ein König oder ein Papst in der Geschichte gehabt haben. Sie beeinflussen die Außenpolitik auch der mächtigsten Staaten. Die UNO fürchtet ihren Zorn zu Recht. Wo ist Hoffnung? Im Aufstand des Gewissens, im demokratischen Widerstand, im radikalen Reformwillen der Zivilgesellschaft.

Literaturtipp

© Yannis Behrakis/Reuters/Corbis; Porträt: C. Bertelsmann

Das Debattenbuch des Globalisierungskritikers Die Kriege sind zurück, Hunger und Not gehören auch in Europa ­wieder zum Alltag, aufklärungsfeindliches Denken gewinnt an Boden. Andererseits verfügt die Welt zum ersten Mal in ihrer Geschichte über die Ressourcen, Hunger, Krankheit und Tyrannei auszumerzen. Jean Ziegler, der seit Jahrzehnten Elend, Unterdrückung und Ungerechtigkeit anprangert, fragt, was er mit seiner wissenschaftlichen und politischen Arbeit bewirkt

hat. Warum gelang es den Menschen in den westlichen Gesellschaften bisher nicht, ihre inneren Ketten abzuschütteln, die sie hindern, frei zu denken und zu handeln? Ziegler ruft dazu auf, die Welt zu verändern und zu einer sozialen Ordnung beizutragen, die nicht auf Beherrschung und Ausbeutung basiert. Seine Hoffnung richtet sich auf eine neue weltumspannende Zivilgesellschaft, die antritt, die Ursachen der kannibalischen Weltordnung zu bekämpfen. cb Jean Ziegler: Ändere die Welt! Warum wir die kannibalische Weltordnung stürzen müssen. C. Bertelsmann Verlag, München 2015, 288 Seiten, 19,99 Euro.


Dossier

WElternäHrung

© Illustration: Simon Prades

2014 waren weltweit rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht, weit mehr als 80 Prozent fanden Zuflucht in ihrem Heimatland oder einem Nachbarstaat. Die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland steigt, und sie wird weiter steigen. Ein Dossier über die Situation der Flüchtlinge und unsere Möglichkeiten, etwas zu bewegen.

Regeln und Respekt Die Migrationspolitik muss sich ändern – Vertreibung aus der Heimat dauert oft viele Jahre an Gegenwärtig versorgt die WelthunVon Ulrich Post gerhilfe allein rund 600 000 intern Vertriebene im Südsudan und etwa inen Pass hat Isaias* noch nicht, aber imeine Million Menschen in Syrien, merhin eine Aufenthaltsgenehmigung für im Nordirak und in der Türkei. Aus seine neue »Heimat« Deutschland. Eigentlich hatte er seine junge Frau und seine Familie in Eritihrer jahrzehntelangen Er­fahrung leitet sie politische Forderungen ab. rea nicht verlassen wollen, wollte mit seinem Ein-

E

kommen als Lehrer für sie sorgen. Gemeinsam mit anderen Lehrern setzte er sich für Gehälter ein, die zum Überleben reichen. Das missfiel dem Regime. Es hetzte Häscher auf ihn. Knapp eineinhalb Jahre ist dies nun her. Die anschließende monatelange Flucht führte Isaias über den Sudan und Libyen bis zum Mittelmeer und schließlich nach Deutschland. Wie Isaias fliehen die meisten Menschen vor Verfolgung, Kriegen oder Gewalt, aus akuter Not oder wegen wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit – sie haben die Hoffnung verloren, in ihrer Heimat eine Zukunft zu finden. Die Lösungen, um Flucht unnötig zu machen, liegen vielfach in den Herkunftsländern. Aber man kann auch von außen etwas gegen die Ursachen tun, wenn auch nicht von heute auf morgen. So sollten deutlich mehr Mittel auch der Entwicklungszusammenarbeit in die Prävention von Konflikten und Krisen investiert werden. Mit politischen und diplomatischen Mitteln kann man friedliche Lösungen und die politische und wirtschaftliche Stabilität fördern oder friedensbereite Kräfte unterstützen. Auch eine restriktivere Rüstungsexportpolitik und eine ambitionierte Klimapolitik können langfristig dazu beitragen, dass sich die Lebensgrundlagen in armen Ländern nicht noch weiter verschlechtern. Die Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU) und andere reiche Länder, die viele Flüchtlinge aufgenommen haben, benötigen zusätzliche internationale Unterstützung. Zum einen durch kurzfristige humanitäre Hilfe, zum anderen durch Stärkung der Kapazitäten. Zur Versorgung gehören dabei nicht nur Unterbringung und Ernährung, sondern auch weitergehende Angebote wie Bildung und Ausbildung und der Zugang zum Arbeitsmarkt. Insbesondere dort, wo Menschen monate*Name von der Redaktion geändert

oder jahrelang in Flüchtlingslagern ausharren müssen, gilt es, eine »verlorene Generation« zu verhindern. Die Statistik zeigt: Fast zwei Drittel aller Flüchtlinge kehren frühestens nach drei Jahren in ihre Heimat zurück, die Hälfte nach zehn Jahren. Da Vertreibung also in aller Regel eine langfristige Angelegenheit ist, benötigen humanitäre Hilfe und längerfristige Entwicklungszusammenarbeit dringend neue, innovative Ansätze zur besseren Verknüpfung ihrer unterschiedlichen Herangehensweisen. Sie müssen sich zum Beispiel viel stärker damit befassen, wie sich Flüchtlinge selbst besser helfen können und wie man sie bei Rückkehr und Wiedereingliederung besser unterstützen kann.

Arbeitsmigrant oder Verfolgter? Zwar kommen Menschen aus unterschiedlichen Motiven nach Deutschland und Europa, doch die Migrationsbewegungen vermischen sich zunehmend. Ist Isaias ein Arbeitsmigrant oder ein politisch Verfolgter? Oder beides? In den Booten auf dem Mittelmeer fliehen Migranten auf der Suche nach wirtschaftlichen Perspektiven und politisch Verfolgte. Das erschwert die Entwicklung politischer Strategien. Denn während die EU-Staaten rechtlich zum Schutz von Flüchtlingen verpflichtet sind, liegt die Aufnahme von Migranten weitgehend in nationaler Entscheidungskompetenz. Flüchtlinge und Migranten müssen daher weiterhin unterschiedlich behandelt werden. Die Ursachen der gegenwärtigen Flüchtlings­ krise gehen auch auf die asyl- und migrationspolitischen Versäumnisse der EU-Länder zurück. So mühsam es auch ist: Wir benötigen in Deutschland und in der EU eine Verständigung auf ein migrationspolitisches Konzept, das Ziele formuliert und nicht nur kurzfristige Instrumente. Dabei geht es in der EU nicht allein um die Anwendung gleicher Standards bei Asylverfahren und der Versorgung von Flüchtlingen sowie um eine faire Aufteilung von Verantwortung und Lasten. Es geht auch um die Aussetzung des gescheiterten Dublin-Systems und um eine Neuregelung der Flüchtlingsaufnahme, einschließlich einer Diskussion über die Vorund Nachteile von Aufnahmequoten.

Es sollte nicht Ziel von Entwicklungspolitik sein, Migration aus Entwicklungsländern nach Europa unmöglich zu machen. Denn Migration kann wichtige Entwicklungsbeiträge für die Migranten selbst und für Herkunfts- und Aufnahmeländer leisten. Wenn das gelingen soll, muss sie politisch gewollt sein. Zweitens bedarf es eines fairen Interessensausgleichs zwischen Herkunfts- und Aufnahmeländern sowie den Migranten. Drittens müssen die Rechte der Migranten sichergestellt werden, um Lohndumping, Ausbeutung und Diskriminierung zu verhindern. Die deutsche Entwicklungspolitik sollte das Engagement für Migrationsprogramme deutlich ausweiten, die Potenziale von Migration stärken und ihre Erfahrungen in ein deutsches und ein europäisches Migrationskonzept einbringen. Politik sollte Migration nicht bekämpfen, sondern ­Regeln dazu entwickeln. Verhindern kann man sie sowieso nicht. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen alles tun, um weitere humanitäre Katastrophen an den Außengrenzen abzuwenden. Aber sie müssen auch mehr legale Zuwanderungsmöglichkeiten für nicht anerkannte Asylsuchende und Migranten schaffen. Aus vielen Flüchtlingen werden Einwanderer, denen an gesellschaftlicher Teilhabe liegt und die langfristig einen erheblichen Beitrag zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung ihrer neuen Heimat leisten können. Wie Isaias. Wenn seine Frau in ein paar Monaten kommt, wird er schon für seinen neuen Beruf ausgebildet: Er wird in seinem Gastland demnächst alte Menschen pflegen. Ulrich Post ist Leiter der Abteilung Politik und Außenbeziehungen der Welthungerhilfe in Bonn.

Diskutieren Sie mit! »Migration: Fakten, Chancen und Risiken« – lesen Sie mehr von Ulrich Post zu dem Thema in seinem Blog »Die Welt steht nicht vor unserer Tür«. www.welthungerhilfe.de/blog/migrationchancen-und-risiken

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MIGRATION

Dossier

4. Quartal 2015


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Dossier

4. Quartal 2015

© Illustration: Simon Prades

MIGRATION

WElternäHrung

Ausharren im Sumpfgebiet Im Lager Bentiu im Südsudan leben 140 000 Menschen, die vor Krieg und Hunger flüchteten Die Situation der Menschen im Südsudan ist unvorstellbar. Mehr als 700 000 Menschen flohen in Nachbarländer, rund 1,5 Millionen sind im Land auf der Flucht. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist von Hunger betroffen. In vielen Regionen wird immer noch gekämpft. Die Welthungerhilfe ist vor Ort und unterstützt fast eine halbe Million Menschen.

Von Bettina Rühl

G

uei Kai Dak sitzt auf einer Matte in der Ecke eines großen Zeltes, das mehrere Familien bewohnen. Der alte Mann, dessen linkes Auge durch eine Infektion verklebt ist, floh im Juni 2015 in das Vertriebenenlager von Bentiu, einem umkämpften Ort in den Erdölfördergebieten des Südsudan. Auf dem Grundstück der Mission der Vereinten Nationen lebt er dicht zusammen­ gedrängt mit 140 000 Menschen. Und jeden Tag kommen mehr: 200 bis 500 Hilfesuchende stehen vor dem Gatter des großen Lagers und bitten um Aufnahme. In dem seit Dezember 2013 währenden Krieg haben beide Seiten furchtbare Verbrechen begangen, die Soldaten der südsudanesischen Armee ebenso wie die Rebellen unter Riek Machar. Die Bevölkerung flieht aber nicht nur vor der allgegenwärtigen Gewalt, sondern wird auch von Hunger getrieben. Der Hunger ist eine Folge des Krieges. Wegen der Kämpfe wurden nur wenige Felder bestellt, und kaum jemand fühlt sich sicher genug für die Ernte. Die Welthungerhilfe und das Welternährungsprogramm versorgen die Menschen seit Monaten mit Nahrung, mit Sorghum und Hülsenfrüchten, Speiseöl, Salz und eiweißhaltigen Keksen.

Kai Dak flüchtete vor den Verbrechen der südsudanesischen Armee. »Die Menschen wurden umgebracht«, sagt der alte Mann, »und unsere Hütten wurden verbrannt.« Sogar seine Rinder hätten sie gestohlen, 1500 Stück. Auch wenn er nicht so aussieht mit seiner abgetragenen Kleidung und seinem tränenden Auge – Kai Dak war bis vor Kurzem ein reicher Mann, bestohlen und vertrieben von Soldaten seiner Regierung. Rinder sind wie Bankkonto und Lebensversicherung für die Familien. Wer sie verliert, kommt wirtschaftlich aus eigener Kraft kaum noch auf die Füße. Womöglich hat Kai Dak darüber hinaus auch seinen Lebensmut verloren, zehn Verwandte wurden ermordet, darunter ein Sohn und eine Tochter. Dass er jetzt auf Hilfe angewiesen ist, grämt den alten Mann und nagt an seinem Stolz – bisher konnte er seine Familie allein versorgen.

Vergewaltigung ist der Alltag Das Lager ist ein unwirtlicher Ort. In der Regenzeit weichen die Wege zwischen den langen Zeltreihen auf, alles ist schlammig. Moskitos brüten in den Drainagekanälen, die von den Helfern gegraben wurden. Infolge einer Malariaepidemie sterben seit Wochen in jeder Nacht kleine Kinder. Ältere Menschen wie Kai Dak sind von den Entbehrungen der

Wissenswertes

Fast jeder Zweite ist von Hunger bedroht 30 Jahre lang kämpften die Menschen im Südsudan für ihre Unabhängigkeit vom islamischen Norden. Aber auch nachdem 2011 die Unabhängigkeit erklärt wurde, kam kein dauerhafter Frieden. Die Auswirkungen sind verheerend. Laut den Vereinten Nationen sind 4,6 Millionen Menschen von Hunger bedroht – das ist fast die Hälfte der Bevölkerung. 2,2 Millionen Menschen ­haben ihr Zuhause verlassen, um Schutz in sichereren Gebieten oder in Flüchtlingslagern wie Bentiu zu suchen. Doch die Bedingungen dort sind schlecht, es fehlt an Zelten, Wasser und Hygiene. Die Welthungerhilfe ist seit vielen Jahren

im Südsudan tätig. In den Lagern werden die Flüchtlinge mit Frischwasser, Hygienemaßnahmen und Nahrung unterstützt. Gemeinsam mit der Bevölkerung baut die Welthungerhilfe Deiche und pflanzt Bäume, um die jährlichen Fluten besser kontrollieren zu können und so Ernten zu sichern. Kleinbauern lernen, welche Anbaumethoden ihre Ernte verbessern, erhalten Saatgut und landwirtschaftliche Werkzeuge sowie Unterstützung in der Pflege und medizinischen Versorgung ihres Viehs. Gemeinsam mit der Alliance2015 baut die Welthungerhilfe Schulen und Zentren für kleine Kinder auf. br

Flucht geschwächt und deshalb durch die Epidemie gleichfalls besonders gefährdet. Auch Rosa Nyeluak Koang ist alt, vom Krieg und vom Leben gezeichnet. Sie floh schon kurz nach dem Beginn des Krieges hierher, zwei ihrer fünf Töchter wurden ermordet, ihre 40 Rinder geraubt. Nun fürchtet sie, dass auch ihre anderen drei Töchter den Krieg nicht überleben. Sie floh mit ihnen gemeinsam ins Lager, die jungen Frauen sind gerade unterwegs und sammeln Feuerholz im Busch. »Wir Frauen im Camp leiden sehr«, sagt ­Koang. »Da draußen lauern alle möglichen Gefahren.« Koang erzählt von wilden Tieren, »aber noch schlimmer ist, dass Frauen vergewaltigt werden«. Zweimal habe sie schon zusehen müssen, wie Bewaffnete ihren Töchtern Gewalt antaten. Auch für die Helfer ist die Gewalt ein Problem. Inzwischen werden sie offenbar gezielt attackiert. Ende August wurden zwei Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen erschossen. Südsudanesische Helfer würden häufig wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit angegriffen, sagt Skye Wheeler von Human Rights Watch. Wer an diesem Morgen seine Lebensmittel bekommt, steht geduldig in langen Reihen. ­ 10 000 Menschen und mehr sind jedes Mal an der Reihe und holen Nahrung für etwa drei Wochen. Für alle Hilfsorganisationen im Südsudan ist das Vertriebenenlager in Bentiu eins der schwierigsten Einsatzgebiete. »Als Flüchtlingscamp ist das Gelände völlig ungeeignet«, sagt Jonas Wiahl, Projektleiter der Welthungerhilfe im Südsudan. »Während der Regenzeit wird es zum Sumpfgebiet.« Das Heranschaffen der Lebensmittel ist eine logistische Leistung, denn die Straße zwischen Bentiu und der Hauptstadt Juba ist für Monate unpassierbar. Die Erwachsenen haben Säcke für die Lebensmittel und eine Karte mit ihren Fingerabdrücken dabei. Mitarbeiter der Welt­hungerhilfe sitzen hinter Tischen mit Computern und Scannern für die Fingerabdrücke. Die Flüchtlinge schätzen die Hilfe, gingen aber lieber heute als morgen nach Hause. »Wir haben keine Hoffnung«, sagt eine alte Frau. »Uns bleibt nur zu beten.« Bettina Rühl ist freie Journalistin in Nairobi und Köln.

Weitere Informationen unter: www.welthungerhilfe.de/suedsudannothilfe.html


WElternäHrung

Eine Zukunft auf dünnem Eis Drei Flüchtlinge berichten von ihrer Situation und ihren Perspektiven Sie flohen vor Krieg und Ver­ folgung und fanden Aufnahme bei Fremden im eigenen Land, in einem fremden Land oder in einem Flüchtlingscamp.

Demokrat. Republik KonGo

Syrien

Afghanistan

Abhängig von den Gastgebern

Sicher, aber keine Der Winter kommt neue Heimat ins Camp

Kalega Kolime Desire (54), verheiratet, ein Sohn, eine Tochter. Er stammt aus Maymoya und lebt nun bei einer Gastfamilie in Buloloma, Demokratische Republik Kongo. Den Tag seiner Flucht wird Kalega Kolime Desire niemals vergessen. »Wie aus dem Nichts überfielen die Rebellen unser Dorf«, stammelt der Familienvater. »Sie töteten unsere Nachbarn, zerstörten unsere Häuser und plünderten alles, was sie finden konnten«, sagt der Kleinbauer. Seine Familie überlebte, weil sie sich im Haus einsperrte, als die ersten Schüsse fielen. »Gegen 22 Uhr drangen die Rebellen in unser Haus ein und wollten meine Frau erschießen«, berichtet Desire. Wie durch ein Wunder konnte sich das Ehepaar mit seinen beiden erwachsenen Kindern in die Dunkelheit retten. Im Morgengrauen flüchteten sie in verschiedene Richtungen. Der 18-jährige Sohn rannte 20 Kilometer bis ins Dorf Eringeti, wo er Unterschlupf bei einer Familie fand. Desire floh mit seiner Frau und der schwangeren Tochter bis nach Buloloma, wo sie von einer Gastfamilie aufgenommen wurden. Sein Cousin überlebte die Schussverletzungen nicht. Jetzt wächst Desires Sorge ums Überleben mit jedem Tag: »Ich kann meine Familie nicht ernähren, wir haben keine Gesundheitsvorsorge und keine Arbeit – wir haben nichts!« Er fühlt sich schlecht, weil er der Gastfamilie zur Last fällt. »Das sind allein 16 Leute, darunter drei schwangere Frauen! Wir sind total abhängig von ihnen, aber ohne sie wären wir verloren.« Ob er jemals in seine Heimat zurückkehren wird, weiß er nicht. Falls ja, muss er von vorn anfangen. Sein Haus ist zerstört, das Vieh ist tot, die Felder vernichtet. cb

Hene Casim (40), verheiratet, fünf Söhne und sechs Töchter. Sie stammt aus Bab al-Nayrab, südöstlich von Aleppo, und lebt seit 2013 in einer Flüchtlingsunterkunft in Kilis, Türkei. Über zwei Jahren ist es nun her, dass Hene Casim mit ihrem Mann und den Kindern Hals über Kopf die Heimat verlassen musste. »Die Situation war einfach nicht mehr zu ertragen«, berichtet sie mit leiser Stimme. Seit 2012 ist ihre Heimatstadt Bab al-Nayrab heftig umkämpft. »Unser Leben war praktisch permanent in Gefahr, entweder durch die Luftangriffe der syrischen Armee oder durch den Terror der ISIS. Besonders schlimm sind die Fassbomben, die große Zerstörung anrichten. Wir haben Kinder, die mussten wir doch beschützen!« Deshalb hat die Familie eines Tages alles hinter sich gelassen und ist unter großer Gefahr illegal über die Grenze in die Türkei geflohen. »Wir mussten unser Haus und unseren Laden verlassen und konnten nur mitnehmen, was wir tragen konnten«, berichtet die Frau stockend. In der Flüchtlingsunterkunft sind sie sicherer als in Syrien. Aber es ist noch keine neue Heimat. »Wir könnten uns vorstellen, weiter nach Europa zu fliehen, weil unsere Kinder dort eine gute Ausbildung erhalten könnten und wir alle in Sicherheit wären. Aber dafür haben wir nicht ausreichend Geld. Außerdem haben wir zu viel Angst, auf dem Weg übers Meer zu ertrinken.« Casim und ihr Mann vermissen ihre Heimat, ihre Familie und die Freunde. »Wir haben hier kein Internet und kein Telefon und wissen nicht, wie es unseren Verwandten geht. Wenn endlich wieder Frieden wäre, würden wir sofort nach Bab al-Nayrab zurückkehren.« ps

Farida Agha Gul (31), verheiratet, fünf Kinder. Sie stammt aus Meera Khail und lebt im Flüchtlingscamp Poli Shina Nr. 2 in der Provinz Kabul, Afghanistan. Farida Agha Gul hockt im Schatten der schiefen Lehmhütte. Die Plastikplane, die als Dach dient, raschelt leise im Wind. Ihre vier älteren Kinder drängen sich dicht an die erschöpfte Mutter, das jüngste wiegt sie in ihrem Schoß. So hatte sich die 31-Jährige das Leben im Flüchtlingslager nicht vorgestellt: voller Angst um ihren zurückgelassenen Mann, voller Ungewissheit, was die Zukunft bringt, dicht gedrängt in einem Raum mit acht Personen. Nun werden die Nächte kalt, sodass sie sich Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder macht. Trotzdem ist Agha Gul froh, in Poli Shina Nr. 2 zu sein. »Die Situation in unserem Dorf wurde durch die Taliban und den Krieg immer unerträglicher und gefährlicher«, sagt sie mit leiser Stimme. Also beschloss ihr Mann, Frau und Kinder in Sicherheit zu bringen. Er rief Verwandte im Flüchtlingslager Poli Shina Nr. 2 in Kabul an. Die waren bereit, seine Familie in ihrer Hütte aufzunehmen. Agha Gul ist auf das Brennholz und das Essen ihrer Verwandten angewiesen. An Winterbekleidung ist nicht zu denken. Sie hofft, dass der Krieg bald zu Ende ist – oder zumindest eine Pause macht. »Sobald sich die Sicherheitslage verbessert, werden wir wieder nach Hause zurückkehren«, sagt die junge Frau bestimmt. »Das ist unsere Heimat. Dort liegen unsere Felder, leben unsere Kühe und Schafe.« Am meisten sehnt sie sich nach ihrem Mann. Er ist geblieben, um Haus und Hof zu hüten. »Ich hoffe so sehr, dass ihm nichts passiert«, flüstert sie. cb

Türkei/Syrien

158 181

Flüchtlinge aus dem Ausland

195 900

Niger

26 250

Binnenflüchtlinge

Flüchtlinge aus dem Ausland

Irak

195 713 Binnenflüchtlinge

Afghanistan

24 535

Binnenflüchtlinge

Myanmar

20 000

Binnenflüchtlinge

Mali

1446

Sudan

Binnenflüchtlinge

255 593 Binnenflüchtlinge

Liberia

50 000

SüdSudan

481 079

Flüchtlinge aus dem Ausland

Binnenflüchtlinge

Zentral­ Afrikanische Republik

125 000 Binnenflüchtlinge

Hier hilft die Welthungerhilfe Flüchtlingen

Uganda

36 000

Flüchtlinge aus dem Ausland

Projekte für Flüchtlinge aus dem Inland Projekte für Flüchtlinge aus dem Ausland Projekte für Flüchtlinge aus dem Ausland und aus dem Inland

­D emokratische Republik Kongo

Stark engagiert: Die Welthungerhilfe betreute im Oktober 2015 weltweit

280 664

Die Hilfe reicht von Nahrungsmittelhilfe über die Verteilung von Saatgut

Binnenflüchtlinge

1,579 930 Millionen Binnenvertriebene und 270 431 Auslandsflüchtlinge. und landwirtschaftlichen Geräten bis zu Fortbildungen. Das Ziel aller Maßnahmen: Die Menschen sollen ein besseres Auskommen finden.

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MIGRATION

Dossier

4. Quartal 2015


MIGRATION

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Dossier

WElternäHrung

Chancen statt Risiken sehen Investitionen in die Wirtschaft vor allem in Afrika sind für den Vizepräsidenten der Welthungerhilfe der wichtigste Ansatz, damit weniger Menschen ihre Heimat verlassen – Bei der Einwanderung muss die Integration im Vordergrund stehen

I

Kommentar Joachim von Braun ist seit November 2012 Vizepräsident der Welthungerhilfe. Der Agrarökonom, ein ausgewiesener Experte für Ernährungssicherheit und Entwicklung, ist Direktor des Zentrums für Entwicklungs­ forschung an der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität Bonn.

m Jahr 2015 sind so viele Menschen nach Westeuropa geflohen und migriert wie seit Anfang der 1990er-Jahre nicht mehr. Weltweit gibt es insgesamt ungefähr 60 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene. Jedoch finden 86 Prozent davon Zuflucht in ihrem Heimatland oder den Nachbarstaaten und nur ein kleiner Anteil gelangte bisher nach Europa. Die akuten Probleme der Bewältigung der Flüchtlingsströme dominieren verständlicherweise die Diskussion bei uns. Die Behebung der Flucht- und Migrationsursachen und die humanitären ­Probleme müssen aber stärker in den Mittelpunkt rücken. Die Migration selbst bietet für alle Beteiligten – das heißt für die Migranten, für ihre Herkunftsländer und für ihre Zielländer – auch Chancen. Migration muss als Teil wirtschaftlicher Entwicklung verstanden werden. Sie sollte angemessen geregelt werden, das würde auch die Chancen krimineller Schleuser mindern. Die jüngst von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) verabschiedeten Nachhaltigen Entwicklungsziele, denen sich auch Deutschland verpflichtet sieht, enthalten unter dem Ziel 10 folgende wichtige Vorgaben: »Ermöglichen von ordentlicher, sicherer, regelmäßiger und verantwortungsvoller Migration und Mobilität von Menschen, auch durch die Umsetzung geplanter und gut verwalteter Migrations­politiken«. Kriege als Fluchtursachen erfordern außen- und sicherheitspolitisches Engagement, aber auch die Entwicklungspolitik wird einen wachsenden Beitrag leisten können und müssen. Maßnahmen zur kurz- und langfristigen Gestaltung der Migrationsund Flüchtlingsfragen sollten dabei folgende Punkte berücksichtigen: Die Notsituation der Flüchtlinge aus Kriegsund Konfliktzonen muss gemäß der Flüchtlingskonvention gelöst werden. Das Einhalten der Konvention ist von Europa und den Entwicklungsländern gleichermaßen einzufordern, außenpolitisch zu 1

© Illustration: Simon Prades; Porträt: privat

4. Quartal 2015

thematisieren und – wo die Kapazitäten fehlen – entwicklungspolitisch zu unterstützen. Die Nothilfe für Flüchtlinge sollte aufgestockt werden und sich am tatsächlichen Bedarf der Menschen orientieren.

Ländern Nordafrikas, wo Flüchtlinge und Migranten auf die Chance der Weiterreise hinarbeiten, sowie in den Herkunftsländern anzusiedeln. Dabei sollten verschiedene Optionen getestet werden, wie zum Beispiel der rasche Ausbau und die Ausstattung von Schulen in den Flüchtlingslagern, computerbasierte Fernstudien und Bildungscoupons, mit denen Migranten auf dem Weg umdrehen können und an einer (Hoch-)Schule in der Region eine Ausbildung machen und dann ihrem Land oder ihrer Region dienen können.

2 Die Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum müssen in den Herkunftsländern verbessert werden. Zu diesem Zweck sind sowohl die Handelspolitik als auch die Bedingungen für beschäftigungswirksame Investitionen zu verbessern. Das erfordert wirtschaftspolitische Reformen insbesondere in vielen afrikanischen Ländern, und der gesamte Rahmen der Entwicklungszusam- 5 Die Gesundheit und Ernährung von Kindern menarbeit muss ausgeweitet werden, um den Mig- muss gesichert und gefördert werden. Ernährung rationsdruck langfristig zu mindern. und Gesundheit von Migranten- und Flüchtlingskindern ist essenziell für deren lebenslange Poten3 Die Beschäftigungschancen in Afrika zu ver- ziale. Gezielte Programme dazu sind entlang der bessern, ist grundlegend für die Minderung des gesamten Flucht- und Wanderungsrouten sowie in Migrationsdrucks. Die Masse der Arbeitsplätze dort den Herkunftsländern auszubauen. wird zurzeit im gemischten Verarbeitungs- und Dienstleistungssektor geschaffen, in dem jedoch 6 Ein weiterer Punkt ist die Stärkung der wirtsehr geringe Arbeitsproduktivität vorherrscht. In- schaftlichen Potenziale von Rücküberweisungen. vestitionen in verbesserte Wertschöpfungsketten, Der Geldtransfer von Flüchtlingen in ihre Heimat die mit landwirtschaftlicher Verarbeitung verbun- sollte deshalb erleichtert und Anreize für Investitiden sind, wie die Sonderinitiative »Eine Welt ohne onen aus Rücküberweisungen vermehrt geschaffen Hunger« des Bundesministerium für wirtschaftliche werden. Auch in Deutschland sollten Banken – insZusammenarbeit und Entwicklung können erheb- besondere die KfW – darin einen wachsenden Gelich zu einer Verbesserung der ländlichen Beschäf- schäftszweig erkennen und sich zusammen mit der tigung beitragen. Zudem sollten auch große Be- Entwicklungszusammenarbeit mit den in den Herschäftigungsprogramme zum Infrastrukturausbau kunftsländern verbliebenen Gemeinschaften, aus erwogen werden. Indien und China haben damit denen die Migranten kommen, kooperativ engagieinsbesondere im ländlichen Raum positive Erfah- ren. Dabei können Migrantenorganisationen in rungen gemacht. Deutschland als Partner fungieren.

Den Bildungs- und Ausbildungsstand der Migranten zu verbessern, ist ein weiterer zentraler Punkt. Migranten zeigen große Lernbereitschaft. Bildungs- und Weiterbildungsinitiativen sollten Kernbereiche der Flucht- und Migrationsursachenlinderung sein. Entsprechende Initiativen sind ­sowohl in den Flüchtlingslagern als auch in den 4

Schließlich ist eine Reform des Einwanderungsgesetzes in Deutschland notwendig. Das Erreichen des Ziels, dass der volkswirtschaftliche Nutzen die Kosten der Migration übersteigt, hängt vor allem von einer gelungenen Integration ab. Asylverfahren und Bleiberegelungen bedürfen einer raschen Korrektur. Ein Einwanderungsgesetz geht nicht nur das Zuwanderungsland etwas an, sondern sollte auch entwicklungspolitische Aspekte berücksichtigen (wie die oben genannten Bildungsund Rücküberweisungsthemen in Bezug auf die Migration). Angesichts der Überlappung von Not- und Gewaltursachen, die zu Flucht und Migration führen, sollten ökonomische und menschenrechtliche Aspekte in gesetzlichen Regelungen gemeinsam beachtet werden. Migranten, die vor Hunger und Armut fliehen, sind keine »Wirtschaftsflüchtlinge«. In einer sich wirtschaftlich positiv entwickelnden Welt wird die Mobilität der Menschen weiterhin zunehmen, innerhalb von Ländern und über Grenzen und Kontinente hinweg. Bevölkerungswachstum, das in der kommenden Generation Afrika um eine Milliarde Menschen wachsen lassen könnte, kommt hinzu. In den zunehmendem Umwelt- und Klima­stress ausgesetzten Regionen wird ebenfalls die Migration zunehmen. Positive und negative Faktoren stehen hinter der zunehmenden Mobilität. Die Probleme von Flucht und Migration sind komplex, und ebenso komplex müssen die Maßnahmen sein. Langfristig ist wirtschaftliche Entwicklung entscheidend für die Verringerung der Migration, aber nicht kurzfristig. Im Zuge wirtschaftlicher Entwicklung steigt Migration zunächst an, wenn die Ressourcen zum Migrieren verfügbar werden. Erst wenn ein mittleres Einkommen erreicht ist, geht die Migration wieder zurück. Diese umgedrehte U-Kurve wird von vielen Regionen, die südlich an Europa grenzen, in den kommenden circa 50 Jahren durchlaufen werden. Kurzfristig ist es vor allem wichtig, die Fluchtursachen zu bekämpfen und die Not der Flüchtlinge zu lindern. Die Nothilfe so stark wie möglich auf langfristig verbesserte Chancen auszurichten, insbesondere mit Ernährungs- und Gesundheitsmaßnahmen für die Kinder und Bildungsinvestitionen und Beschäftigung, verbindet kurz- und langfristiges entwicklungspolitisches Engagement in produktiver Weise. 7


4. Quartal 2015

Hintergrund

WElternäHrung

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Der Klimawandel führt in die Armut

© Desmarowitz/Welthungerhilfe

Extremwetter verursacht in Entwicklungsländern verhältnismäßig sehr hohe Schäden – Beispielrechnungen für Peru und Kenia

zu viel Wasser: Überschwemmungen, wie hier am Oberen Nil im Südsudan, berauben die Menschen ihrer Habe, bringen oft Krankheiten und beeinflussen häufig noch Jahre danach die Erntemengen.

Der Klimawandel schreitet voran. In den letzten 30 Jahren gab es mehr als drei Mal mehr wetterbedingte Katastrophen wie Dürren oder Überschwemmungen als in den Jahren zuvor. Die Folgen sind vor allem für die Menschen in Entwicklungsländern verheerend. Sie verlieren Hab und Gut – und ihre Lebensgrundlage. Von Michael Kühn

D

ie Auswirkungen des Klimawandels sind bereits heute überall zu spüren, vor allem in Entwicklungsländern. Gerade hier ist er besonders problematisch, denn die ohnehin schon schwierige Ernährungslage der Menschen wird noch bedrohlicher. Klimatische Veränderungen wirken sich auf die Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen und die landwirtschaftliche Produktivität aus. Wasser- und Temperaturstress, aber auch eine erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre beeinflussen die Qualität der Erzeugnisse. Viele Folgen des Klimawandels sind überdeutlich zu sehen: Die Schnee- und Eismengen der Pole und Gletscher gehen zurück, der Meeresspiegel steigt, es gibt mehr Hitzewellen, Starkregen oder Überschwemmungen durch Hurrikane oder Taifune. Diese Veränderungen werden seit 1950 beobachtet. Die Münchener RückversicherungsGesellschaft Aktiengesellschaft bestätigt das häufigere Auftreten von Extremereignissen und deren Schäden in den letzten drei Jahrzehnten. Absolut gesehen, sind die finanziellen Schäden, die durch wetter- und klimabedingte Ereignisse in entwickelten Ländern entstehen, deutlich höher als in Entwicklungsländern. Setzt man die Schäden jedoch in Relation zum jeweiligen nationalen Inlandsprodukt, sind die Schäden in Entwicklungsländern viel höher. Auch ist das Leben der Menschen in Entwicklungsländern durch solche Katastrophen in hohem Maße bedroht: 90 Prozent

aller Menschen, die zwischen 1970 und 2008 durch Extremwetter getötet wurden, lebten in einem Entwicklungsland. Die Gründe hierfür sind so einfach wie traurig: Die Menschen sind den Wetterkapriolen nahezu schutzlos ausgeliefert, es gibt weder sichere Unterkünfte noch ein Rettungssystem. Haben die Menschen eine Katastrophe überstanden, müssen sie sich häufig dem Hunger stellen. Dürren oder Überschwemmungen führen nicht selten zu Ernteausfällen, die die Preise für Nahrungsmittel steigen lassen. Oft müssen Nahrungsmittel importiert werden. Und die können sich Menschen, deren Heim und Hof zerstört sind, kaum leisten. Selbst, wenn Nahrungsmittelimporte manchmal kurzfristig helfen, ziehen sie doch eine Kette von Problemen nach sich, so die Weltbank. Wenn Regionen ihre Nahrungsmittel nur noch importieren, kann es zu Abhängigkeiten kommen. Gibt es in der Produktionsregion Ernteausfälle, entfällt auch diese Versorgungsquelle.

Kein Strom, kleinere Ernten In manchen Klimamodellen wird eine Erderwärmung von vier Grad Celsius bis zum Jahr 2100 vorhergesagt. Sollte es wirklich dazu kommen, wären die Folgen immens. Es würde zu einem beispiellosen Auftreten von Hitzewellen und Dürren sowie Starkregenereignissen kommen, die nicht nur die landwirtschaftliche Produktivität massiv reduzieren würden, sondern auch weitreichende Konsequenzen für die Ökosysteme zu Land und zu Wasser hätten. Die meisten Gletscher würden bis dahin vermutlich komplett abschmelzen. In Peru zum Beispiel hätte ein solcher Temperaturanstieg dramatische Folgen für die Wasser- und Energieversorgung der Städte und ländlichen Bevölkerung, denn heute werden in Peru durch ­ Wasserkraft 50 bis 70 Prozent der elektrischen Energie erzeugt. Der Rückgang oder das komplette Verschwinden der Andengletscher hätte außerdem fatale Folgen für die Landwirtschaft, da die Gletscherschmelze zentral für die Bewässerung in der Andenregion ist. Insbesondere in den Höhenlagen

der Anden wären die Menschen einem größeren Risiko durch Überschwemmungen einerseits und Wassermangel andererseits ausgesetzt. Mehr als fünf Millionen Menschen wären in dieser Region von Hunger und Armut betroffen. Studien zeigen, dass unter einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auch die Häufigkeit extremer El-Niño-Ereignisse zunehmen wird (lesen Sie dazu auch Seite 2), sodass mit einer Zunahme von Dürren und Überschwemmungen zu rechnen wäre. In den Regenwäldern Perus würde die Abnahme der Niederschläge zu Ausfällen im Kakao- und im Kaffeeanbau führen, die wichtige Exportprodukte und Einnahmequellen für den Handel in der nahen Region sind.

Mehr Pilzgifte und Krankheiten

muster im Norden besteht weitgehend Konsens, ­allerdings wird über das Wie diskutiert. Um Hunger und Armut zu bekämpfen, muss vor allem der nachhaltige Ausbau der landwirtschaftlichen Produktion vorangetrieben werden, der auch lokale und regionale Gegebenheiten berücksichtigt. Zudem müssen wir die Konkurrenz zwischen Nahrungsmittelproduktion und Nutzung von Biomasse für andere Zwecke als Nahrung reduzieren. Die Verringerung von Nachernteverlusten, gerechtere internationale Handelsbedingungen und mehr Transparenz bei Nahrungsmittelpreisen auf dem Weltmarkt sind weitere Herausforderungen, vor denen wir stehen. Nur, wenn wir diese Probleme lösen, werden wir eines Tages sagen können, dass wir Hunger und Armut besiegt haben. Eine Studie, die die Welthungerhilfe beim Potsdam Institut für Klimafolgenforschung in Auftrag gegeben hat, beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die vier Säulen der Ernährungssicherung in Kenia, Peru und Pakistan – drei Projektländer der Welthungerhilfe. Sie zeigt, wie sich der Klimawandel heute und in Zukunft auf Verfügbarkeit, Zugang, Nutzung und Stabilität von Nahrung auf Ernährungssicherung auswirkt.

Auch Kenia ist ein Land, das von zunehmenden Klimaextremen stark betroffen sein würde. In Kenia ist Unterernährung bei Kindern schon heute ein weitverbreitetes und chronisches Phänomen. Die meisten Kinder unter fünf Jahren bekommen nicht ausreichend und ausgewogen zu essen. Zudem sind in Kenia viele Nahrungsmittel zum Beispiel mit Pilzgiften belastet, die sich unter steigenden Temperaturen und zunehmenden Niederschlägen entwiMichael Kühn ist Mitarbeiter der ckeln. Häufig auftretende Hochwasser, bedingt Welthungerhilfe in Bonn. durch den Klimawandel, erhöhen die Übertragung von Keimen und verschlechtern die sanitären Verhältnisse, was die Nutzbarkeit der Nahrungsmittel Weitere Informationen: ebenso reduziert. Häufig steht kein sauberes Koch- Die Studie steht als Download bereit unter: und Waschwasser zur Verfügung. Außerdem kön- www.welthungerhilfe.de/klimawandel-schafftnen wasserbedingte Krankheiten wie Cholera und hunger-armut Typhus ebenso zunehmen wie übertragbare Krankheiten, zum Beispiel Malaria. Um die Natur vor einem Kollaps zu bewahren Diskutieren Sie mit! und die Zahl der unter Hunger und Armut leidenden Menschen zu reduzieren, besteht dringender Handlungsbedarf. Auf der einen Seite muss der Wenn Sie mehr von Michael Kühn zur KliKlimawandel gestoppt werden. Das kann nur gelinmakonferenz lesen wollen, dann besuchen Sie unseren Klima-Blog: gen, wenn die entwickelten Länder die Treibhausgawww.welthungerhilfe.de/blog/tag/cop21 semissionen senken. Über die dringend notwendigen Veränderungen der Produktions- und Konsum-


Aktionen & Termine

WElternäHrung

patenschaften

© privat

Danke! Die Unterstützer der Welthungerhilfe sind so vielfältig wie die Menschen in ihren Projekten. Im Jahr 2015 gab es wieder viele Veranstaltungen, Aktionen und Events, bei denen Spenden für den guten Zweck gesammelt wurden. Egal, ob Ehrenamtlicher, Prominenter, Netzwerke, Pate oder Stifter – sie alle haben ihren Teil dazu beigetragen, dass die Welthungerhilfe Menschen unterstützen konnte, die von Hunger und Armut bedroht sind. Und dafür soll an dieser Stelle Danke gesagt werden!

Weitere Informationen unter: www.welthungerhilfe.de/mitmachen.html

förderstiftungen

So individuell wie sie

Eigenes Engagement erleben

vier themen | Wer Verantwortung nicht nur für ein einzelnes Projekt, sondern für ein konkretes Thema übernehmen möchte, unterstützt die Welt­ hungerhilfe als Themenpate für Bildung, Ernährung, Wasser oder Nothilfe. So wie Lisa Harnischmacher (Foto), die seit Mai 2015 Patin für Bildung ist. »Bildung ist ein Menschenrecht und ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem Leben ohne Armut«, sagt sie. Bildung eröffne jedem Menschen die Möglichkeit, nicht nur seine eigene wirtschaftliche und soziale Situation, sondern auch die der Gesellschaft nachhaltig zu verbessern. Die Rechtsanwältin aus Düsseldorf hat sich darüber hinaus dafür eingesetzt, dass die Weihnachtsspende 2015 ihrer Kanzlei der Flüchtlingsarbeit der Welthungerhilfe zugutekommt.

vielfalt | Über 100 Förderstiftungen unterstützen 2015 Projekte der Welthungerhilfe in aller Welt. Eine davon ist die RMV-Stiftung von Eduard Müllenbruch. In diesem Jahr hat er sich persönlich ein Bild von »seinen« Projekten in Äthiopien gemacht und weihte eine Schule ein. Stiftungen aus Deutschland und dem europäischen Ausland unterstützen verschiedene Programme in den Bereichen Nothilfe, Wasser und Hygiene, Ernährung und Bildung. Sie engagieren sich, zum Teil schon seit vielen Jahren, für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen in der Projektregion. Durch Berichterstattung oder Reisen stehen sie unmittelbar in Verbindung mit ihrem Förderprojekt.

reiten gegen den hunger

1 Stunde gegen den hunger

© Frommann

© Welthungerhilfe

viva con agua de Sankt pauli

© Stanelle

rock gegen den hunger

© Anders

4. Quartal 2015

© Welthungerhilfe

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Starke Töne und ein Pokal

Hygiene voranbringen

Viel Pferd, viel Erfolg

Schwitzen und spenden

wettbewerb | Bebende Bühnen, Konfettikanonen und musikalische Unterstützung für den guten Zweck: Vor rund 700 begeisterten Gästen ­erspielten sich die Tomra Allstars beim dritten Bat­tle von Unternehmensgruppen in Düsseldorf den »Rock gegen Hunger«–Pokal. Bandleader Andreas Pern war nach dem Erfolg überglücklich: »Wir hatten sehr viel Spaß auf der Bühne, haben aber auch bis zum Schluss vor der starken Konkurrenz gezittert.« Die Konkurrenz hieß Merger Band (Vodafone/Kabel Deutschland), So what? (Kripo Düsseldorf), The Sky Officers (McKinsey) und Stick Together (3M). Die Veranstaltung erzielte dank zahlreicher Spenden 19 500 Euro für die Projektarbeit der Welthungerhilfe in Madagaskar.

Sauberes wasser | Seit bald zehn Jahren unterstützt Viva con Agua de Sankt Pauli mit seiner Arbeit die Welthungerhilfe. Vom Pfandbechersammeln auf Festivals, Konzerten und Partys über den RUN4WASH bis hin zu Poetry-Slams: Über vier Millionen Euro hat Viva con Agua mit seinen über 10 000 Unterstützern bisher an die Welthungerhilfe überwiesen. Das Geld kam der Gesundheit von über 1,8 Millionen Menschen zugute. Der Fokus liegt immer auf WASH: Wasser, sanitäre Anlagen und Hygieneschulungen. Seit dem ersten Projekt auf Kuba im Jahr 2005 wurden über 30 Projekte von Viva con Agua mit- oder sogar vollfinanziert. Eine Verlängerung der Kooperation um weitere fünf Jahre ist angestrebt.

kooperation | Die Kooperation mit Reiten gegen den Hunger ging 2015 in eine weitere erfolgreiche Runde. Das Jahr ist noch nicht zu Ende, und es sind noch nicht alle Spenden ausgezählt, und dennoch konnte die Welthungerhilfe schon jetzt über 397 000 Euro von der Bauer Charity gGmbH in Empfang nehmen. Durch verschiedene Aktionen, unter anderem dem »Easy Panic ­Rider« von Udo Lindenberg, vielen Spenden von Besuchern der Turniere als auch dem großartigen Engagement einzelner Reiter und Veranstalter, konnte die Welthungerhilfe die Spendengelder für ein Schulspeisungsprojekt in Burundi sowie zur Unterstützung syrischer Flüchtlinge in der Türkei, in Syrien und im Nordirak einsetzen.

charity-training | Die Zähne zusammenbeißen, das taten alle Teilnehmer und Trainer des Charity-Trainings für die Welthungerhilfe am 21. Juni auf der Hofgartenwiese in Bonn. Denn sie traten bei strömendem Regen an zu ihrer ersten »1 Stunde gegen den Hunger«-Aktion für die Welt­ hungerhilfe. Gemeinsam mit den Trainern des ­Original Bootcamps Bonn trainierten »Booties«, Schüler, Lehrer und Eltern des Tannenbusch-Gymnasiums für den guten Zweck. Die Stimmung war toll und begleitete das harte und professionell geleitete Training. Statt einer Teilnehmergebühr spendeten die 35 Teilnehmer und vier Trainer fast 400 Euro an die Welthungerhilfe – eins von vielen tollen Beispielen der Aktionsreihe.

zukunftssalon

© Grabka/Welthungerhilfe

© Rolfes

mein mali

© Jungeblodt/Welthungerhilfe

botschafterin

© Weihermann

golfen gegen den hunger

Carpendale schlägt ab

Großer Fan

Reise in eine andere Welt

Mode und Hunger

benefizturniere | »Die Welt heute braucht uns mehr denn je. Was wir hier tun, ist ein Schritt in die richtige Richtung.« Mit diesen Worten startete Schlagersänger Howard Carpendale gemeinsam mit der Bauer Charity gGmbH im Juni dieses ­Jahres die Initiative »Golfen gegen den Hunger«. Unterstützt von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Rhein-Kreis Neuss mbH konnte bei dem ersten Benefizturnier in Korschenbroich eine beachtliche Spendensumme erzielt werden. Im ­ September besuchte der Musiker die Welthungerhilfe in Bonn. Danach war Howard Carpendale klar: »Ich werde meine ganze Kraft und Motivation in die Unterstützung dieser Organisation stecken.«

prominenz | »Ich habe mich entschieden, die Arbeit der Welthungerhilfe zu unterstützen, weil ich schon seit Jahren ein großer Fan der Organisation bin«, sagt Schauspielerin Gesine Cukrowski. In Karamoja im Nordosten von Uganda, in einer der ärmsten Regionen des Landes, erkundigte sie sich über die Arbeit der Welthungerhilfe. Die Maßnahmen der Welthungerhilfe zur Förderung der ärmsten Bevölkerungsschichten überzeugten die Schauspielerin, »weil es stets um Nachhaltigkeit geht«. Die Welthungerhilfe unterstützt die Menschen hier unter anderem mit der Verteilung von Ziegen an schwangere Frauen und Witwen, beim Ackerbau, dem Bau von Klassenräumen sowie Brunnen und Latrinen.

lesung | Seit 2008 engagiert sich die Fotografin Mirjam Knickriem (vorn, rechts) für Mali und für Bildungsmöglichkeiten in dem Land. Das Buch »Mein Mali« beschreibt ihre Erlebnisse, erzählt aus der Sicht eines malischen Mädchens. Das gleichnamige Hörspiel versetzt deutsche Kinder in eine andere Welt und lässt sie an der Erkundungsreise des Mädchens Ombo (siehe Seite 16) teilhaben. Zur Premiere des Hörspiels lasen die Schauspieler Katja Riemann (sitzend, rechts) und Ralph Herforth (sitzend, links) vor einem begeisterten Publikum. Die Schauspielerin Minh-Khai Phan-Thi (vorn, links), die sich ebenfalls für Mali engagiert, moderierte den Nachmittag mit 150 Gästen in der Komischen Oper Berlin.

diskussion | Wie kann die Mode der Zukunft aussehen, die gerecht und ressourcenschonend produziert wird? Im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Zukunftssalon« fasste die Welthungerhilfe das Thema unter der Leitfrage »Mode gegen Hunger – nur Utopie?« zusammen. Im Haus der ­Esmod Kunsthochschule für Mode in Berlin diskutierten Vertreter aus Politik, Entwicklungszusammenarbeit und des nachhaltigen Modedesigns darüber, welche Veränderungen dringend notwendig sind und welche Lösungen es bereits gibt. Begleitet wurde die Veranstaltung von einer Ausstellung der Abschlusskollektionen sowie von Performances der Esmod-Masterabsolventen im Studiengang »Sustainability in Fashion«.


Aktionen & Termine

4. Quartal 2015

Internationale Grüne Woche | Info- und Spendenaktion

Kriegsopfer unterstützen

Mai

WElternäHrung

15

2016

Veranstaltungskalender Januar

16. Januar

Demonstration »Wir haben es satt!«

© Grabka/Welthungerhilfe

Berlin | Mitte Januar findet die »Wir haben es satt!«-Demonstration in Berlin statt. »Wir haben es satt!« ist ein Zusammenschluss von Umwelt-, Natur-, Entwicklungsund Tierschutzverbänden, die für eine Agrarwende eintreten. Die Demonstration wird von rund 45 Organisationen getragen. Darunter sind Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Naturschutzbund Deutschland, Brot für die Welt, Demeter, INKOTA-Netzwerk, Misereor und Oxfam. 67 weitere Organisationen wie die Welthungerhilfe sind Unterstützer. Mehr Infos unter: www.meine-landwirtschaft.de

15. bis 24. Januar Internationale Grüne Woche Teamarbeit: Die Präsidentin der Welthungerhilfe Bärbel Dieckmann (vorn, Zweite von rechts) am Stand der Welthungerhilfe auf der Internationalen Grünen Woche 2015.

berlin | Mit einem Benefizempfang zugunsten der Welthungerhilfe und der Spendenaktion »Grün ist die Hilfe« wird der ErlebnisBauernhof in Halle 3.2 der Internationalen Grünen Woche am Freitag, 15. Januar 2016, eröffnet. Eine Woche später sollen die Spenden übergeben werden. Mit der Aktion wird die Flüchtlingsarbeit der Welthungerhilfe in der ­Region Syrien, Türkei und Nordirak unterstützt. Syrische Flüchtlinge, die seit mehr als einem halben Jahr in dem von Landwirtschaft geprägten türkischen Landkreis Elbeyli in der Provinz Kilis leben, sollen mit landwirtschaftlichen Geräten und Saatgut ausgestattet werden, um sich und ihre Familien selbst mit frischem Gemüse zu versorgen. Die Welthungerhilfe wird zehn Tage lang an ihrem Stand ihre Arbeit vorstellen. Darüber hinaus

wird sie anschaulich über die Situation der Menschen in Syrien und in den Nachbarländern Türkei und Nordirak informieren. Ein besonderer Fokus gilt der Ernährungssituation. In Syrien zwingt der brutale Bürgerkrieg auch im fünften Jahr die Menschen, ihre Heimat zu verlassen. In dieser größten humanitären Krise seit dem Zweiten Weltkrieg sind gegenwärtig zwölf Millionen Menschen auf der Flucht, etwa zwei Drittel davon im eigenen Land. Über vier Millionen Syrer flohen in Nachbarländer. Die Welthungerhilfe leistet seit November 2012 Überlebenshilfe für syrische Bürgerkriegsopfer – zunächst im Land selbst. Mit den zunehmenden Flüchtlingsströmen in die Türkei und in den Nordirak wurde die Welthungerhilfe auch in diesen Ländern aktiv. kb

Berlin | Die Welthungerhilfe stellt sich und ihre Arbeit im Rahmen des ErlebnisBauernhofs (Halle 3.2) der Internationalen Grünen Woche 2016 vor. Mit der Spendenaktion »Grün ist die Hilfe« werden Spendengelder für unsere Flüchtlingsarbeit in der Region Syrien, Türkei und Nordirak gesammelt. Am Stand erhält man allgemeine Informationen über die Arbeit der Welthungerhilfe und kann viel über die Ernährungssituation von Menschen in Notsituationen und auf der Flucht erhalten. Zur 90. Internationalen Grünen Woche werden über 1600 Aussteller aus rund 70 Ländern sowie über 400 000 Fach- und Privatbesucher erwartet. Gastland ist erstmals ein afrikanisches Land: Marokko. Im ErlebnisBauernhof kann man auf anschauliche Weise erfahren, was heutzutage auf deutschen Äckern und in deutschen Ställen passiert. Außerdem wird es für Kinder einen Wissenshof geben, auf dem sie unter anderem Verarbeitungsprozesse kennenlernen können, etwa, wie aus Korn Mehl hergestellt wird. Eintritt zur Internationalen Grünen Woche: ab zehn Euro (Schüler ab vier Euro). Mehr Infos unter: www.gruenewoche.de oder bei Katharina Brosch, E-Mail: katharina.brosch@welthungerhilfe.de

Februar

16. bis 20. Februar didacta gegen hunger | In 111 Städten

Wach rütteln kampagne | Mit zwei aufmerksamkeitsstarken Plakatmotiven startete die Welthungerhilfe Mitte November ihre bundesweite Spenden- und Bewusstseinskampagne »Es reicht! Für alle. Mit Ihrer Hilfe.«. Die Plakatkampagne, die bis Ende Dezember in 111 Städten zu sehen ist, wird von einem TV-Spot, Bannern und Anzeigen flankiert. Das eindrückliche Kampagnenmotto soll die breite Öffentlichkeit aufrütteln und darauf aufmerksam machen, dass immer noch 795 Millionen Menschen weltweit an Hunger leiden – obwohl rein rechnerisch genug Lebensmittel produziert werden, um alle Menschen ernähren zu können. Wir alle können einen Beitrag leisten, sungsansätze werden auf der Kampagnenseite www. damit alle Menschen ihr Recht auf Nahrung wahr- welthungerhilfe.de/es-reicht-fuer-alle.html vorgenehmen können. Zentrale Forderungen und Lö- stellt. Gleichzeitig wird zu Spenden aufgerufen. cp

Köln | Auf Europas größter Bildungsmesse didacta ist auch die Welthungerhilfe vertreten. Am Gemeinschaftsstand zum Globalen Lernen zeigen rund zehn Organisationen, wie sich Schulen und Bildungseinrichtungen zeitgemäß mit globalen Themen auseinandersetzen können. Ein Kartenspiel vermittelt zum Beispiel auf spielerische Art die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG); Lehrer werden hier auch aktuelles Material zum Thema Flucht/Migration finden. Die didacta vermittelt einen Überblick über Angebote, Trends und aktuelle Themen von der frühkindlichen Bildung bis hin zur Erwachsenenqualifizierung. Veranstaltungsort ist die Kölner Messe, Eintritt: 15 Euro. Mehr Infos unter: www.didacta-koeln.de

19. bis 21. Februar Freiwilligenseminar Königswinter | Das Seminar richtet sich an Menschen, die sich bereits für die Welthungerhilfe engagieren, aber auch an Menschen, die sich für die Organisation interessieren. An dem Wochenende erhalten die Seminarteilnehmer Einblick in die Arbeit der Welthungerhilfe und können sich mit anderen Freiwilligen austauschen. Eine Anmeldung ist bis Mitte Januar erforderlich bei Iris Aulenbach unter: iris.aulenbach@welthungerhilfe.de oder Telefon: (0228) 22 88-286.

März

Viva con Agua | Hygieneaktion

© Welthungerhilfe

#KLOvember

Sitzkönig: WASH-Experte Stephan Simon auf dem Goldthron.

wash | Noch immer leben 2,4 Milliarden Menschen weltweit ohne Zugang zu angemessenen, hygienischen Toiletten. Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen ist Voraussetzung im Kampf gegen Hunger und Armut. Um auf diesen Missstand hinzuweisen, ist seit 2001 immer am 19. November Welttoilettentag. Auch die Welthungerhilfe engagiert sich unter dem Schlagwort WASH für die drei Hygienesäulen. Für WASH setzt sich besonders stark Viva con Agua (VcA) ein. Ehrenamtliche Unterstützer von VcA aus Kiel nannten nun kurzerhand den vergangenen November in KLOvember um und riefen Freunde auf, ein Foto von sich mit oder auf der Toilette unter dem Hashtag in den sozialen Medien zu veröffentlichen. hs

Berlin | Zum 50. Mal öffnen sich am 9. März 2016 die Tore der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin. Die Welthungerhilfe ist wieder mit einem eigenen Stand dabei. Wir wollen die Tourismusbranche und Reisende auf ihre gesellschaftliche, ökologische und ökonomische Verantwortung und ihre nachhaltigen Einflussmöglichkeiten in den Reiseländern aufmerksam machen. Das Thema Nahrungsmittelverschwendung rücken wir dabei besonders in den Fokus, unter anderem im Podiumsgespräch mit Swantje Lehners, Futouris e. V., und Anne-Catrin Hummel, Welthungerhilfe, am Donnerstag, 10. März, Kleine Bühne in Halle 4.1.

© Welthungerhilfe

9. bis 13. März Internationale Tourismusbörse


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Medien & Unterhaltung

WElternäHrung

4. Quartal 2015

Neuerscheinungen | hintergrundinformationen

Rätsel und Verlosung

Politik und praktische Hilfe

Die Gründungsmitglieder der UNO In diesem Rätsel sind zehn Länder zu finden, die die Vereinten Nationen gründeten und noch heute existieren. Man findet sie waagerecht und senkrecht, vorwärts und rückwärts, gerade und geknickt, jedoch nicht diagonal. Die übrig bleibenden Buchstaben ­ergeben, richtig angeordnet, das Lösungswort.

Hunger fördert Katastrophen

Fit für die Agenda 2030?

Ombo-CD fördert mobile Schulen

WeltrisikoBericht  |  Der diesjährige Bericht enthält neben dem WeltRisikoIndex für das Jahr 2015 das Schwerpunktthema Ernährungssicherung. Ernährungsunsicherheit erhöht das Katastrophenrisiko. Denn Menschen sind Naturgefahren zum Beispiel dann stärker ausgesetzt, wenn Ernährungsunsicherheit sie zwingt, die Landwirtschaft in gefährdete Gegenden zu verlegen. Der aktuelle WeltRisikoBericht gibt Handlungsempfehlungen und zeigt auch Pers­ pektiven.

Schattenbericht  |  Seit 1993 nehmen die Welthungerhilfe und Terre des Hommes die Entwicklungspolitik der Bundesregierung kritisch unter die Lupe. Der Bericht, der sich als Schattenbericht zur offiziellen Entwicklungspolitik der Bundesregierung versteht, wurde im November vorgestellt. Schwerpunktthema in diesem Jahr ist die Frage, wie fit die deutsche Entwicklungspolitik für die Umsetzung der ehrgeizigen Vorhaben aus der Agenda 2030 der Vereinten Nationen ist.

Hörspiel  |  Das Mädchen Ombo aus Mali macht sich auf den Weg in die Hauptstadt Timbuktu – und damit auf eine Erkundungsreise durch ihr Land. Aus dem Vorlesebuch »Mein Mali« ist nun ein Hörspiel entstanden, »mit dem Kinder und Eltern in Etappen das afrikanische Land erkunden«, sagt die Autorin Mirjam Knickriem. Die CD kostet 18 Euro. Davon gehen 5 Euro in ein Welthungerhilfe-Projekt in Mali zur Förderung mobiler Schulen. Die CD ist zu bestellen über: www.meinmali.org.

Der WeltRisiko- und der Schattenbericht können kostenlos bestellt werden unter: info@welthungerhilfe.de, Telefon: (0228) 22 88-134 oder per Post: Welthungerhilfe, Zentrale Informationsstelle, Friedrich-Ebert-Straße 1, 53173 Bonn.

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Bilderbücher für Kinder zu gewinnen! Folgende Länder wurden in der Welternährung 3/2015 gesucht: Aethiopien, Timor Leste, Jemen, Tschad, Haiti, Suedsudan, Komoren, Eritrea, Sudan, Sambia, Mosambik, Burundi. Das richtige Lösungswort war: Welthungerindex. Die Gewinner der Armbänder sind: Wolfgang Bogs (Weinheim), Isabelle Hiestand (Tuttlingen) und Theo Rüve (Frisoythe).

Unter den richtigen Einsendungen der Ausgabe 4/2015 verlost die Welthungerhilfe drei Bilderbücher für Kinder des Verlags Baobab Books. Senden Sie die Lösung bis zum 29. Januar 2016 an: Deutsche Welthungerhilfe e.V., Patricia Summa, FriedrichEbert-Straße 1, 53173 Bonn. Oder schicken Sie eine E-Mail: patricia.summa@welthungerhilfe. de. Es gilt das Datum des Poststempels. Die Lösung finden Sie in der nächsten Ausgabe.

Buchbesprechungen Standardwerk für büchereien | Die Geschichte Afrikas

analyse | Schwierige verhandlungsprozesse

Stimmen und Hintergründe

TTIP und andere

Sachbuch  |  Warmherzig und voller Sympathie für die Menschen erzählt Lutz van Dijk kurze, aussagekräftige Begebenheiten aus der Geschichte Afrikas. »Geschichtsloser Kontinent« lautete lange das Vorurteil, das weder die großen alten Reiche noch den Widerstand gegen den Kolonialismus und die Entstehung unabhängiger Staaten wahrgenommen hat. Dieses Buch ro-

mantisiert nicht, sondern hält Widersprüche aus und stellt beeindruckende Persönlichkeiten vor. Mit vielen Stimmen unterlegt, macht es neugierig auf unseren Nachbarkontinent und gibt wichtige Informationen zur aktuellen Lage. Ein Standardwerk für jede Bücherei und jede Schule! rr

Lutz van Dijk »Afrika – Geschichte eines bunten Kontinents«, Peter Hammer Verlag 2015, 320 Seiten, gebunden, mit vielen Abbildungen und Karten, ab 12 Jahren, 22 Euro.

Sachbuch  |  Petra Pinzler gelingt es auf eindrucksvolle Weise, Licht in die komplexen und undurchsichtigen Verhandlungsprozesse der Freihandelsabkommen zu bringen. Jenseits fester ideologischer Standpunkte zeichnet sie ein klares Bild davon, wie einerseits mühsam errungene Ökologie-, Arbeits- und Sozialstandards zu bröckeln drohen, und andererseits die geringe demokratische Teilnahme eine zunehmende Gegnerschaft mobilisiert. Das Buch hinterfragt, wie Freihandel ausgestaltet sein soll. as

»Welternährung« im Abonnement Schicken Sie uns diesen Coupon mit Ihrer Adresse oder abonnieren Sie die Zeitung online unter: www.welternaehrung.de. Dann erhalten Sie die »Welternährung« viermal im Jahr kostenlos.

Name, Vorname

Petra Pinzler, »Der Unfreihandel«, rororo, Reinbek 2015, 288 Seiten, 12,99 Euro.

Impressum Herausgeber: Deutsche Welthungerhilfe e. V., Friedrich-Ebert-Straße 1, 53173 Bonn Redaktion: Patricia Summa (Leitung); Beate Schwarz, Camilla van Heumen, Elke ­Weidenstraß ­(muehlhausmoers corporate communications) V.i.S.d.P.: Marc Groß Telefon: (0228) 22 88-134 Telefax: (0228) 22 88-99 134 Internet: www.welthungerhilfe.de E-Mail: info@welthungerhilfe.de Gestaltungskonzept: querformat editorial design, ­Hamburg/ Aline Hoffbauer, Ingrid Nündel Layout: Anne Dittrich, Sabine Schiemann (muehlhausmoers ­corporate ­communications)

Straße

Druck: Joh. Heider Verlag GmbH, Bergisch Gladbach Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Recyclingpapier Bestellnummer: 460-9447

PLZ, Ort

E-Mail

Deutsche Welthungerhilfe e. V. | Redaktion »Welternährung« Friedrich-Ebert-Straße 1, 53173 Bonn | Telefon: (0228) 22 88-134 | Telefax: (0228) 22 88-99 134 | E-Mail: info@welthungerhilfe.de

Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer miteingeschlossen. Die »Welternährung« erscheint vierteljährlich. Die H ­ erausgabe der Zeitung wird aus Haushaltsmitteln des Bundes­ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft unterstützt. Namensbeiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Nachdruck erwünscht mit Quellenangaben und Belegexemplar. Redaktionsschluss dieser Ausgabe ist der 14. Dezember 2015.


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