Welternaehrung 03/2017

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WELTERNÄHRUNG DIE ZEITUNG DER WELTHUNGERHILFE

3. QUARTAL 2017 | 46. JAHRGANG

ZWEI GESICHTER

FARBE BEKANNT

UNGLEICHHEIT

Der Hunger in Kambodscha ist zurückgegangen. Der Preis für den Fortschritt ist hoch.

Umfrage unter Bundestagskandidaten zur Bedeutung von Entwicklungspolitik

Die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich innerhalb und zwischen Staaten schafft Hunger.

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© Justfilms/Welthungerhilfe

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WELTHUNGERHILFE TRAUERT

Landesdirektor bei Anschlag getötet

© Florian Kopp

OUAGADOUGOU | Der Landesdirektor der Welt-

GLOBALE HERAUSFORDERUNGEN: Extremes Wetter, Kriege und Konflikte sind Hauptursachen für Hunger und Flucht und fordern auch Antworten der deutschen Politik.

Jetzt die Weichen stellen Die Umsetzung der Agenda 2030 muss für die neue Bundesregierung oberste Pflicht sein Nach den stark diskutierten Ergebnissen der Bundestags­ wahl werden nun die Weichen für die Politik der nächsten Jahre gestellt. Die Umsetzung der Agenda 2030 der Verein­ ten Nationen (UN) mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen muss auf die Prioritätenliste der neuen Bundesregierung. Nur so kann sie den drängen­ den globalen Themen, die auch die Politik hierzulande beeinflussen, begegnen.

Buch 1.indb 1

zu verankern, die den Menschen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg und Perspektivlosigkeit verlassen müssen, Schutz bietet und die Potenziale it der Ankunft Hunderttaufreiwilliger Migranten nutzt. Eine sender geflüchteter Menweitgehend unregulierte ökonomischen aus dem Nahen sche Globalisierung hat dazu geOsten und aus Afrika haben weit entführt, dass die Verteilung von Lefernte politische und ökonomische benschancen und Einkommen nicht Krisen Deutschland unmittelbar ergerecht ist. reicht. Der Bürgerkrieg in Syrien hält Drittens: Deutschland muss seine an, und weltweit nehmen bewaffnete Stimme, die in der Europäischen Konflikte zu. Gleichzeitig mangelt es Union (EU) und international Gean Lebensperspektiven in vielen Länwicht hat, für einen fairen statt für dern aufgrund von Hunger und Areinen freien Welthandel erheben. mut. Der Klimawandel begünstigt Hier muss die neue Regiezahlreiche extreme Naturerrung ihre Möglichkeiten bei eignisse, wie etwa die immer der Ausgestaltung von Hannoch anhaltende Dürre in Mehr zum Thema delspräferenzen der EU mit Ostafrika. Auf diese drängenDie Welthungerhilfe hat der künftigen BundesreEntwicklungsländern einsetden Probleme gilt es, so gierung, den Abgeordneten und Parteien konkrete zen und auf gezielte Investischnell wie möglich befriediSchritte genannt, damit »Zero Hunger bis 2030« tionen und Förderung von gende Antworten zu finden, Wirklichkeit wird. Informationen unter: Marktstrukturen vor Ort denn sie sind die Hauptursawww.welthungerhilfe.de/koalitionsverhandlungen drängen. Auch die gesetzlichen sowohl für Fluchtbeweche Verpflichtung von Ungungen als auch für Hunger. ternehmen, bei ihren GeNur eine Woche vor der Bundestagswahl vermeldete die Welt- stehen. Da die 17 Ziele einander be- schäften und Produktionen entlang ernährungsorganisation, dass die Zahl dingen, ist vernetztes Denken und der gesamten Wertschöpfungskette der Menschen, die hungern müssen, Handeln der verschiedenen Ministe- Menschenrechte sowie Umwelt-, Arnach Jahren des Rückgangs 2016 rien in der neuen Regierung eine beits- und Sozialstandards zu wahwieder angestiegen ist – auf 815 Mil- zentrale Voraussetzung. Des Weite- ren, gehört in den Koalitionsvertrag lionen. Das sind 38 Millionen Men- ren erfordert die Umsetzung gezielte und später in entsprechende Gesetze. Entwicklungszusammenarbeit ist schen mehr als noch im Jahr zuvor. und deutlich mehr Gelder. Bei der Als wichtigste Hungertreiber wurden Verteilung der Gelder muss die Zivil- kein Allheilmittel, aber sie kann zur Kriege, Konflikte und extreme Natur- gesellschaft stärker berücksichtigt Krisenprävention beitragen und Perereignisse festgemacht. Um diese und ihre Rolle als Partner der Imple- spektiven schaffen. globalen Herausforderungen durch mentierung festgeschrieben werden. Zweitens: Es gilt, eine neue Eineine nachhaltige Entwicklung der Bärbel Dieckmann ist Präsidentin Welt zu überwinden, verabschiede- wanderungs- und Integrationspolitik der Welthungerhilfe. Von Bärbel Dieckmann

M

ten die 193 UN-Mitgliedstaaten 2015 die Agenda 2030. Auch Deutschland ist in der Pflicht, die dort vereinbarten 17 Nachhaltigkeitsziele, darunter die Abschaffung von Hunger und Armut, umzusetzen. In den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen gilt es, diese Verpflichtung konkret auszugestalten. Drei Themenkomplexe sind besonders hervorzuheben. Erstens: Die Umsetzung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele muss oberste Pflicht der neuen Bundesregierung sein und im Zentrum des Regierungsprogramms

hungerhilfe in Burkina Faso, Isidore Zongo, wurde am 13. August 2017 bei einem Terroranschlag auf ein Restaurant in der burkinischen Hauptstadt Ouagadougou getötet. Bei dem Anschlag starben 17 Menschen. Der 55-jährige Tierökonom und Klimafachmann war seit 2011 für die Welthungerhilfe tätig und verantwortete seit 2016 das Landesprogramm in seinem westafrikanischen Heimatland Burkina Faso. Seine Kollegen und alle, die ihn kannten, schätzten Isidore Zongo für sein großes Engagement, seine Intelligenz und seine freundliche und humorvolle Art. »Das ist ein großer Verlust für die Welthungerhilfe«, sagte Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe. »Alle unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen weltweit sind erschüttert, dass unser Kollege Opfer dieser sinnlosen und brutalen Gewalt geworden ist. Isidore Zongo hatte konkrete Vorstellungen, wie die Lebensbedingungen in seinem Land nachhaltig verbessert werden können. Dafür hat er gearbeitet und hat sich mit aller Kraft dafür eingesetzt. Die Welthungerhilfe trauert mit seinen Angehörigen um einen ganz besonderen Menschen.« In einer Schweigeminute gedachten alle Mitarbeiter ihres verstorbenen Kollegen und Freundes. Vorstand Mathias Mogge überbrachte seiner Familie persönlich die Anteilnahme aller Mitarbeiter und nahm an der Trauerfeier teil. kka

WELTHUNGERHILFE AKTUELL

Vorbild Uganda KAMPALA | Bei der Preisverleihung für die Arbeitgeber des Jahres 2016/2017 wurde die Welthungerhilfe vom ugandischen Arbeitgeberverband und vom Behindertenverband als beispielhafter Arbeitgeber für Menschen mit Behinderung ausgezeichnet. Die Welthungerhilfe Uganda beschäftigt seit Langem einen Fahrer mit Behinderung. Als dieser vor einer kostspieligen Operation stand, startete sie eine Spendenaktion unter Beteiligung aller Mitarbeiter und bot ihm bis zu seiner völligen Rehabilitation als Fahrer eine Tätigkeit in der Logistik an. bru

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06.10.17 10:54


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AKTUELLES

WELTERNÄHRUNG

3. Quartal 2017

Ungleichheit macht hungrig Der Welthunger-Index 2017 zeigt: Faktoren wie Alter, Geschlecht, Herkunft oder sozialer Status können massive Benachteiligungen nach sich ziehen Mit den weltweit produzierten Nahrungsmitteln könnte problemlos die Weltbevölkerung ernährt werden. Dass es trotzdem Hunger gibt, ist auch eine Folge gravierender Ungleichheit. Das legt der Welthunger-Index 2017 dar. Er wurde am 12. Oktober in Berlin von Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel Dieckmann und Dr. Klaus von Grebner vom Washingtoner Forschungsinstitut IFPRI vorgestellt.

»ernste« Hungersituationen finden sich in Südasien Nigerias 4,5 Millionen Menschen von insgesamt und in Afrika südlich der Sahara. Für weltweit etwa 180 Millionen Einwohnern von einer Hun44 Länder ist die Hungersituation der Schwere- gersnot bedroht – hauptsächlich aufgrund der angradkategorie »ernst« zuzuordnen, und in sieben haltenden Gewalt durch Boko Haram. Im Rest des Ländern gilt die Situation als »sehr ernst«. Anders Landes dagegen sind die Probleme bei der Ernähals 2016 wird die Situation in einem Land wieder rungssicherung geringfügig und der Anteil unterals »gravierend« eingestuft. Es ist die Zentralafrika- ernährter Kinder unterschiedlich hoch. Im Jemen nische Republik, die seit einigen Jahren das wird die Krise ebenfalls durch gewalttätige Konflikte verschärft. Hier betrifft sie aber das gesamte Schlusslicht des WHI ist. Für 13 Länder konnten keine WHI-Werte berechnet Land gleichermaßen: 17 Millionen Menschen – das werden, da für sie keine ausreichenden Daten vorlie- sind rund 65 Prozent der Bevölkerung – sind hier gen. Die Situation in neun dieser Länder gibt Anlass von Ernährungsunsicherheit betroffen. Zum Zeitzu erheblicher Sorge. Daten und Informationen von faktor: Zur Berechnung der Werte für das Jahr internationalen Organisationen lassen vermuten, dass 2017 werden Daten aus dem aktuellsten BezugsVon Sophia-Marie Zimmermann die Menschen gerade in diesen Ländern besonders zeitraum (2012 bis 2016) berücksichtigt. Die Werte unter Hunger und Mangelernährung leiden müssen – geben deshalb Auskunft über Hunger und Unterernährung in diesem Zeitraum. Das Ausmaß der akkute Nahrungsmittelkrisen, aber auch un- dazu gehören Somalia, Syrien und der Südsudan. Anfang 2017 meldeten die Vereinten Nationen, tuellen Krisen wird sich also erst in künftigen WHIterschiedliche Formen der Ungleichheit, die in gesellschaftlichen und wirtschaftli- dass über 20 Millionen Menschen in Nigeria, So- Indikatoren widerspiegeln. chen Strukturen begründet sind, bleiben eine zentrale Herausforderungen bei der Bekämpfung des 2017 Hungers. Darauf verweist der Welthunger-Index WELTHUNGER-INDEX Mehr zum Thema (WHI) 2017. Er stellt die aktuellen Hungerwerte für Der Welthunger-Index erscheint zum zwölften Mal. Die Welthungerhilfe gibt ihn 119 Länder vor und analysiert die Zusammenhänge gemeinsam mit dem Washingtoner Forschungsinstitut IFPRI und der irischen von Hunger und Ungleichheit, die sich von der gloNichtregierungsorganisation Concern Worldwide heraus. Sie können ihn bestellen balen bis zur lokalen Ebene in einer Vielzahl von unter Telefon: (0228) 22 88-134 oder herunterladen unter: Ausprägungen durch alle Bereiche einer Gesellwww.welthungerhilfe.de/welthungerindex2017.html schaft zieht. Ungleichheit kann durch Unterschiede in Herkunft, Geschlecht, Alter oder im sozioökonomischen Status entstehen und sich massiv auf die Konflikten trifft der KlimaHungers- Neben gewalttätigen Ernährungssituation eines Menschen oder einzel- malia, Island und Jemen von einer Grönland im Südsudan Finnland Russische Föderation Schweden im Wesent- wandel manche Teile der Welt besonders hart und not bedroht sind. Diese Krisen wurden ner Gruppen auswirken. Norwegen Kanada Estland vier hat vor allem für bereits benachteiligte und gefährIm Vergleich zum Jahr 2000 ist der globale lichen von Menschen herbeigeführt: In allen Lettland Großbritannien Dänemark Litauen Hungerwert um 27 Prozent gesunken. 14 Länder, Ländern sind gewalttätige Konflikte oder Terror an dete Bevölkerungsgruppen Hunger und MangelBelarus Nied. Polen WährendBel. für Somalia und den ernährung zur Folge. Hunger ist untrennbar mit darunter Kenia, Kambodscha, Myanmar und Nepal, der Tagesordnung.Irland Deutschland Tsch., Rep. Ukraine Lux. Mongolei Kasachstan Nigerias konnten ihre Werte und damit die Ernährungssitu- Südsudan keine Daten vorliegen, auch wenn dies nicht imSlowakeiWHI- Ungleichheit verbunden, Frankreich ist Österr. Ungarn Moldau, Rep. Schweiz Slow. Kroatien Rumänien »sehr ernst«. Es gibt ation ihrer Bevölkerung um mindestens 50 Prozent Wert »ernst« und der des JemenItalien mer offensichtlich und einfach zu erkennen ist. UnBos. & Serbien Georgien Bulgarien Usbekistan Kirgisistan Herz. Mont. Länder verbessern. ist und bleibt die Ernährungs- zwei wesentliche Gründe, gleichheit zwischen den Geschlechtern ist ein wichVereinigte Dennoch Staaten Aserb. Spanien warum dieseMaze. Armenien Albanien von Amerika Turkmenistan Tadschikistan Portugal Türkei China fallen: Unsicherheit der Menschen in vielen Regionen der nicht in die Kategorie »gravierend« Griechenland tiger Hungerfaktor. Ein geringes Geburtsgewicht Syrien Zypern sind im Nordosten Welt bedroht. Die höchsten WHI-Werte und somit gleichheit und der Zeitfaktor. So und unzureichende Ernährung von Säuglingen und Afghanistan Tunesien Libanon

Kleinkindern ist eng mit begrenzten Entscheidungsund Partizipationsmöglichkeiten von Frauen in der Familie und in der Gesellschaft verbunden. Männer und Jungen werden in der Ernährung, beispielsweise bei notwendigen Rationierungen der Mahlzeiten, oftmals bevorzugt. Noch entscheidender sind Unterschiede, die auf dem sozioökonomischen Status, der Herkunft sowie der ethnischen Zugehörigkeit basieren. Viele indigene Völker in Lateinamerika sind von Armut und soziopolitischer Marginalisierung gleichermaßen betroffen und sind deutlich schlechter ernährt als ihre Landsleute. Die krasse Ungleichheit zwischen Menschen, die Nahrung im Überfluss, und denen, die viel zu wenig haben, existiert in nahezu allen Ländern und ist Ausdruck einer starken Ungleichverteilung von Macht. Dies bezieht sich auch auf die begrenzten Möglichkeiten zur Einflussnahme und Mitsprache von Kleinbauern in der Ernährungspolitik. Damit bei der Überwindung des Hungers niemand zurückgelassen wird, gilt es, Ungleichheit in ihren verschiedenen Ausprägungen zu bekämpfen. Dafür müssen nationale Ernährungssysteme demokratisiert und zivilgesellschaftliche Teilhabe garantiert werden. Kleinbauern müssen weiterhin verstärkt im Fokus nationaler und internationaler Ernährungsstrategien stehen. Standards im Handel und der Wirtschaft müssen sichergestellt werden, um Bürger vor negativen Auswirkungen internationaler Abkommen sowie vor Landnahme, Umweltzerstörung oder Lohndumping zu schützen. Um sicherzustellen, dass alle Menschen ihr Recht auf Nahrung in Anspruch nehmen können, müssen zudem Bildungs- und Informationschancen sowie die Teilhabe an sozialen Sicherungsnetzen garantiert werden. Nordkorea

WELTHUNGER-INDEX 2017

A

WIE UNGLEICHHEIT HUNGER SCHAFFT

Marokko

Israel Jordanien

Algerien Mexiko

Kuba ZAHLEN UND FAKTEN

Libyen

Pakistan

Kuwait

Indien

Niger Mali Sudan Eritrea Jemen Senegal Tschad Gambia Dschibuti Guinea-Bissau Guinea Burkina Faso Trinidad & Tobago Benin Nigeria Somalia Costa Rica Panama Côte Ghana ZentralGuyana SüdSierra Leone Venezuela Äthiopien d'Ivoire afrikanische sudan Suriname Togo Republik Die Karte zeigt die 105 Länder mit Französisch-Guayana einem WHI-Wert höher als 5. Liberia Kolumbien Kamerun Uganda Äquatorialguinea Kongo, Berechnet wurde der WHI für weitere 14 Länder mit Werten unter 5. Kenia Rep. Kongo, Gabun Ecuador Ruanda Dem. Burundi Rep.

Guatemala El Salvador

Taiwan Hongkong

Bangladesch Myanmar

Laos

Oman

Mauretanien

Dominikanische Rep. Jamaika Haiti Belize Honduras

Nepal Bhutan

Bahrain Katar SaudiV.A.E. Arabien

Westsahara

Sophia-Marie Zimmermann ist freie Consultant und lebt in Berlin.

Iran

Irak

Ägypten

Japan

Südkorea

Philippinen

Thailand

Welthunger-Index (WHI) nach Schweregrad

Kambodscha

Nicaragua

Vietnam Sri Lanka Brunei Malaysia Singapur Indonesien

PapuaNeuguinea

Tansania Peru

Brasilien

Angola

Tschad

Sambia

Bolivien

Simbabwe

Namibia

Mauritius

Botsuana

Paraguay

Timor-Leste

Komoren Malawi Mosambik

Chile

Fidschi

Madagaskar

Jemen

Swasiland

Sierra Leone

Uruguay

Gravierend 50,0 ≤

Australien

Lesotho

Südafrika

Sudan

Liberia

Sehr ernst 35,0–49,9

Zentralafrikanische Republik

Argentinien

Ernst 20,0–34,9 Mäßig 10,0–19,9

Madagaskar

Niedrig ≤ 9,9 Unzureichende Daten, Anlass zu erheblicher Besorgnis*

Neuseeland

Unzureichende Daten Nicht berechnet**

Sambia

*Siehe Box 2.1 für nähere Angaben **Siehe Kapitel 1 für nähere Angaben

2-3_WE 3-17.indd 2

50,9

Quelle: Welthunger-Index 2017

43,5 38,5

Zentralafrikanische Rep.

38,3

Tschad

38,2

Sierra Leone

36,1

Sambia

35,5

Jemen

Madagaskar

35,3

34,5

Sudan

34,3

Liberia

34,2

Niger

33,8

32,6

Haiti

32,5

Pakistan

Timor-Leste

32,3

Angola

33,3

32,0

Äthiopien

Simbabwe

31,4

Uganda

Afghanistan

31,4

Ruanda

28,8

31,4

28,7

Tansania

Indien

28,6

Tadschikistan

30,6

28,6

Mali

30,5

28,2

Guinea

Dschibuti

27,6

Nordkorea

Mosambik

27,5

Burkina Faso

Guinea-Bissau

27,2

Laos

26,5

Malawi

26,5

25,7

25,6

Côte d'Ivoire

25,5

Kongo, Rep.

Namibia

25,5

Sri Lanka

Bangladesch

25,2

Nigeria

23,2

24,4

22,9

Gambia

24,4

22,6

Irak

Mauretanien

22,5

Myanmar

24,1

22,2

Togo

Benin

22,1

Kambodscha

Botsuana

22,0

Kamerun

Lesotho

22,0

21,2

Nepal

21,0

Indonesien

20,7

Kenia

20,0

18,4

Swasiland

Guatemala

14,7

Philippinen

14,4

Ägypten

17,2

14,3

Ecuador

Senegal

13,8

Honduras

16,2

13,7

Gabun

16,0

13,6

Guyana

Bolivien

13,4

Nicaragua

Ghana

13,3

Mongolei

Vietnam

13,2

12,2

Mauritius

11,6

Turkmenistan

13,1

11,3

Dominikanische Rep.

13,0

11,1

Oman

Südafrika

11,1

Venezuela

11,0

El Salvador

Usbekistan

10,6

Albanien

9,3

Kirgisistan

Paraguay

8,7

Panama

10,2

8,1

Thailand

8,1

Peru

10,2

8,0

Fidschi

Libanon

Marokko

8,0

Jamaika

9,9

7,7

Kolumbien

Malaysia

7,7

Georgien

Suriname

7,6

Armenien

9,6

7,6

Iran

Moldau, Rep.

9,5

7,5

China

Algerien

7,4

Tunesien

Aserbaidschan

6,9

7,1

9,2

6,7

Saudi-Arabien

6,5

6,6

6,2

Mexiko

Trinidad & Tobago

5,8

Russische Föderation

Serbien

5,4

Jordanien

5,4

5,4

Kasachstan

5,3

Argentinien

Brasilien

5,3

Mazedonien

Bulgarien

5,2

Rumänien

Costa Rica

Gravierend 50,0 ≤ Dem WHI 2017 liegen zum Anteil der Unterernährten Daten aus dem Zeitraum Sehr ernst 35,0–49,9 2014 bis 2016 zugrunde. Daten zur Ernst 20,0–34,9 Wachstumsverzögerung und Auszehrung Mäßig 10,0–19,9 bei Kindern stammen aus dem jüngsten Jahr im Zeitraum 2012 bis 2016, für Niedrig ≤ 9,9 das Daten vorliegen; Daten zur KinderUnzureichende Daten, Anlass sterblichkeit stammen aus dem Jahr zu erheblicher Besorgnis* 2015. Für Länder, zu denen keine Unzureichende Daten Daten vorlagen, und für einige Länder Nicht berechnet** mit einer geringen Bevölkerungszahl *Siehe Box 2.1 für nähere Angaben wurden keine WHI-Werte berechnet. **Siehe Kapitel 1 für nähere Angaben

06.10.17 13:25


REPORTAGE

WELTERNÄHRUNG

3

© rococomedia/Welthungerhilfe

3. Quartal 2017

RARES TIERFUTTER: Weil es viel zu wenig geregnet hat, leiden Menschen und Tiere in Kenia. Immerhin hat die Regierung aus der Hungersnot von 2011 gelernt, sodass die Hilfe schneller angelaufen ist.

Zwischen Erfolg und Krise Akute Hungerkrisen bedrohen Kenias Weg zu einer besseren Ernährungssicherung – Annullierung der Wahl könnte zur Zerreißprobe führen Kenia hat in den letzten Jahren sein Wirtschaftswachstum konstant gesteigert und erfolgreich an der Verbesserung seiner Ernährungssicherheit gearbeitet. Doch die Dürre in diesem Jahr hat Ern­ ten und Viehbestände zerstört und die Nahrungsmittelpreise in die Höhe getrie­ ben. Politisch könnte die Annullierung der Wahl zur demokratischen Zerreiß­ probe werden. Von Bettina Rühl

D

er Wind ist heiß und weht heftig über die karge Ebene im Nordosten Kenias. Die vereinzelten, niedrigen Büsche können ihn nicht brechen. Der Boden ist ausgetrocknet und rissig, hier und da liegen die Skelette von Ziegen oder ein aufgedunsener Kadaver eines Rinds. Bafkado Hassan treibt seine ausgezehrten Tiere langsam vor sich hier, viele hat er schon verloren. Mit den übrigen will er ins nächste Dorf, nach Bondarero. Dort gibt es einen Brunnen. »Ich erinnere mich nicht daran, wann es zuletzt geregnet hat«, sagt der Hirte. »Seit Jahren kommt der Regen zur falschen Zeit oder gar nicht.« In den Nachbarländern ist es nicht besser. Viele Menschen seien aus Äthiopien zu ihnen geflohen, erzählt Hassan. »Jetzt sind alle Wasserreserven aufgebraucht, und unsere Tiere finden kein Gras mehr.«

73 000 Kinder akut unterernährt In Kenia hat sich die Lage seit dem Frühjahr weiter verschlechtert, weil auch die Regenzeit vom Mai und Juni viel zu wenig Niederschlag brachte. Das ergab eine gemeinsame Erhebung der lokalen Gesundheitsbehörden, des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen Unicef und von neun Hilfsorganisationen. Demnach sind wegen der extremen Dürre der vergangenen Monate fast 73 000 Kinder akut unterernährt und vom Hungertod bedroht, wenn nicht umgehend Nothilfe geleistet wird. In manchen Regionen seien 40 Prozent der Kinder betroffen, sagt Werner Schultink, Leiter von Unicef Kenia. Vereinzelt seien es sogar 60 Prozent. Besonders

Buch 1.indb 3

besorgniserregend ist demnach beispielsweise die Situation in der Turkanaregion im Nordwesten Kenias. Dort hat sich der Anteil von Kindern, die unter akuter Mangelernährung leiden, in nur einem Jahr auf über acht Prozent fast vervierfacht. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen hungern in Kenia zur Zeit 3,4 Millionen Menschen. Das sind nicht mehr viel weniger als während der schweren Dürre 2011. Zwar hat es vereinzelt geregnet, aber das wenige frische Gras wird bald wieder abgeweidet sein. In den betroffenen Gebieten leben die meisten Menschen von ihren Tieren, Ackerbau ist selbst in den besten Zeiten kaum möglich. Viele Hirten haben die meisten oder alle ihre Tiere verloren. Immerhin hat die Dürre bisher überraschend wenig Todesopfer gefordert. Der Grund, so Werner Schultink: »Die kenianische Regierung und deren Partner haben aus der schweren Hungerkrise von 2011 gelernt. Alle reagieren jetzt früher, stellen zum Beispiel schon vorsorglich Lebensmittel bereit. Und inzwischen gehen mehr Helfer in die Dörfer, um diejenigen zu identifizieren, die in Not sind. Das ist immerhin ein Lichtblick.« Aber kein Grund zur Entwarnung. Selbst im besten Fall bleibt die Lage bis zum nächsten Frühjahr ausgesprochen kritisch. Währenddessen rücken Dürre und Ernährungssituation in den Hintergrund, weil Kenia seit vielen Wochen vor allem mit politischen Fragen beschäf-

tigt ist. Das wird noch eine ganze Weile so bleiben, nachdem das Oberste Gericht die Präsidentschaftswahl vom 8. August annulliert und deren Wiederholung verlangt hat. Nach dem bis dahin als offiziell bezeichneten Ergebnis hatte die Bevölkerung Amtsinhaber Uhuru Kenyatta mit 54,3 Prozent bestätigt, sein wichtigster Herausforderer Raila Odinga unterlag demnach mit rund 44 Prozent. Odinga hatte die Abstimmung von Anfang an als gefälscht kritisiert. Alle Delegationen ausländischer Beobachter und die wichtigste kenianische Delegation hatten die Abstimmung dagegen als weitgehend transparent und fair bezeichnet. Der 72-jährige Odinga schien mit seiner Klage vor dem Obersten Gericht als schlechter Verlierer dazustehen. Umso größer waren die Schockwellen, als die Richter ihm am 1. September in einer Mehrheitsentscheidung von vier zu zwei Stimmen recht gaben.

Bahnbrechendes Urteil Das Urteil ist bahnbrechend für Kenia und für Afrikas langfristige demokratische Entwicklung: Zum ersten Mal hat ein afrikanisches Gericht eine Präsidentschaftswahl annulliert und damit einem Amtsinhaber den Sieg wieder genommen. Zwar erklärte Kenyatta zunächst, er erkenne das Urteil an. Nur einen Tag später bezeichnete er die Richter jedoch

WISSENSWERTES

Womit Kenia vorangekommen ist Laut aktuellem Welthunger-Index von 2017, in den noch nicht die Daten von 2017 eingerechnet sind, konnte Kenia seinen Hungerwert seit 2000 um 44 Prozent senken und die Ernährungssituation für seine Bevölkerung von »sehr ernst« zu »ernst«, an der Schwelle zu »mäßig«, verbessern. Kenia hat in den letzten Jahren sein Wirtschaftswachstum konstant gesteigert und erfolgreich an der Verbesserung seiner Ernährungssicherheit gearbeitet. Der 2012 von der Regierung aufgestellte nationale Ernährungsplan umfasste unter anderem Investitionen in die Landwirtschaft und die Nahrungsmit-

telanreicherung. Noch hat Kenia seine Ernährungsziele nicht erreicht. Einige Orte blieben zurück, und die diesjährige Dürre hat weite Teile des Landes vor zusätzliche Herausforderungen gestellt. Die Welternährungsorganisation schätzt, dass zusätzlich zum unmittelbaren, mit der Dürre ver­ bundenen Bedarf eine Reihe ernährungsbezogener Maßnahmen nötig wäre, die Investitionen von 213 Millionen US-Dollar über fünf Jahren erfordern würden. Ein leicht reduziertes Paket für Gebiete mit dem dringendsten Bedarf würde 135 Millionen US-Dollar kosten. bru

als »Gauner« und ließ Anhänger bei einer Veranstaltung wissen, er werde am Obersten Gericht »aufräumen«, sollte er wieder gewählt werden. Als Datum für die Wiederholung legte die Unabhängige Wahlkommission (IEBC) den 17. Oktober fest, doch dieser Termin ist umstritten. Odinga und die von ihm geführte Oppositionskoalition NASA verlangen die Neubesetzung der Kommission. Andernfalls wollen sie den Urnengang boykottieren, weil das bisherige Gremium nicht mehr glaubwürdig sei. Wird die IEBC tatsächlich neu besetzt, ist der neue Termin kaum zu halten. Bleibt die alte Kommission im Amt und boykottiert die Opposition, drohen massive Unruhe und Gewalt. Die Angst davor hatte das Land schon im Vorfeld des 8. August für Wochen gelähmt. Seit den tödlichen Ausschreitungen nach der Präsidentschaftswahl von 2007 werden Wahlen in Kenia von Sorge begleitet. Damals eskalierte die Gewalt, nachdem die Wahlkommission ein umstrittenes Ergebnis verkündet hatte. Odinga unterlag in der auch vom Ausland als sehr problematisch kritisierten Wahl vor zehn Jahren knapp gegen Kenyattas Vorgänger Mwai ­Kibaki. Bei den Unruhen nach der Verkündung des Ergebnisses wurden mehr als 1200 Menschen getötet und Zehntausende vertrieben. Die Erleichterung, dass das Schlimmste ausblieb, währte nur kurz. Kenyattas Drohung schürt die Angst vor neuen Ausschreitungen und scheint die Sorge um die Dürregebiete, in denen das Leben Tausender Menschen gefährdet ist, zu überlagern. Bettina Rühl ist freie Journalistin. Sie lebt in Köln und Nairobi.

Weitere Informationen unter: www.welthungerhilfe.de/projekte/ kenia.html

DISKUTIEREN SIE MIT! Philipp Brandstädter berichtet aus Kenia: https://tinyurl.com/gemuesegarten-kenia

06.10.17 10:55


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WELTERNÄHRUNG

LÄNDER & PROJEKTE

3. Quartal 2017

Die zwei Gesichter des Fortschritts Kambodscha konnte die Ernährung seiner Bevölkerung massiv verbessern, doch der Preis ist hoch und der Erfolg fragil gierung an, Kambodscha bis 2030 zu einem HigherMiddle-Income-Land zu verwandeln. Mit dem derzeitigen Wirtschaftswachstum könnte es möglich sein, den Aufschwung zu schaffen. Jedoch wächst die Wirtschaft schneller als die sozialen Indikatoren. Die Bildungsrate Kambodschas ist eine der niedrigsten der Region, nur etwa 67 Prozent der Frauen können lesen und schreiben. Das Gesundheitssystem ist kaum ausgebaut. Hinzu kommt, dass die Zivilgesellschaft zunehmend von der Regierung unterdrückt wird. Menschenrechte werden eingeschränkt, die Zahl der willkürlichen Festnahmen von Demonstranten und Aktivisten steigt. Insgesamt hat sich das politische Klima in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert, Korruption ist weiter an der Tages­ ordnung.

Schlechte medizinische Versorgung

© Jens Grossmann

32 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind immer noch mangelernährt und zeigen Wachstumsverzögerungen. In einigen ärmeren und weniger entwickelten Regionen, wie beispielsweise in der Provinz Ratanakiri im Nordosten des Landes, spitzt sich die Lage durch Landraub und Holzeinschlag dramatisch zu. Die meisten Menschen wissen nicht, wie sie drei Monate im Jahr satt werden sollen, manche haben sogar neun Monate nicht genug zu essen. Jedes zweite Kind unter fünf Jahren und eine von zehn Frauen im geburtsfähigen Alter sind chronisch unterernährt. Der wirtschaftliche Erfolg des Landes geht derzeit auf Kosten der Ärmeren. Zwar sind »nur« noch 13 Prozent der knapp 16 Millionen Kambodschaner unter der Armutsgrenze, jedoch leben viele immer noch an der Schwelle zur Armut. Dies bedeutet, dass sie besonders anfällig sind. Müssten sie pro Tag nur 30 Cent mehr ausgeben, würden sie bereits in Armut fallen und hungern, so die Weltbank. Auch eine Erkrankung könnte zur Armutsfalle werden. Die erwarteten Klimakatastrophen sind eine weitere Gefahr. RODEN MIT FEUER: Kambodscha hat eine der höchsten Entwaldungsraten der Erde.

Kambodscha war noch in den 1970erJahren eines der ärmsten Länder der Welt. Zwei Jahrzehnte mit Krieg, Schreckensherrschaft und Besatzung hinterließen eine hungernde Bevölkerung, die sich nur schwer vom Trauma der Vergangenheit erholte. In den letzten­ 17 Jahren verzeichnet Kambodscha bemerkenswerte Erfolge bei der Überwindung von Hunger und Armut. Was steckt dahinter? Von Hannah Döttling

H

eute erinnert nur wenig an den Terror, den das Land von 1975 an erlebte. Kambodscha hat das Gesicht des Krieges abgeworfen, die Wirtschaft floriert und die Ernährungssituation hat sich erheblich verbessert. Ein tieferer Blick offenbart jedoch, dass Kambodschas enorme Fortschritte auch kritisch gesehen werden müssen. Traditionell ist Kambodscha ein Land des landwirtschaftlichen Anbaus – nicht umsonst wird es auch »die Reisschüssel Südostasiens« genannt. Noch heute sind knapp 70 Prozent der Bevölkerung selbstversorgende Kleinbauern. Ihnen bleibt oft nur wenig Ertrag zum Verkauf auf den lokalen Märkten übrig, aber: Sie können sich selbst ernähren. Von dieser Sicherheit konnten sie während der Schreckensherrschaft unter Pol Pot nur träumen. Damals lagen die Felder brach, und die Menschen starben an Hunger. Durch Misswirtschaft hatten die Roten Khmer unter Pol Pot die komplette Wirtschaft Kambodschas lahmgelegt. Nach der Befreiung des Landes durch die Vietnamesen litten die Menschen weiterhin unter dem Terror, mit dem die Roten Khmer als

Buch 1.indb 4

Guerillabewegung das Land überzogen. Kambodschas Bevölkerung hatte kaum eine Chance auf einen Neuanfang. Der Wiederaufbau der Landwirtschaft wurde zudem erschwert, weil in den Jahrzenten des Krieges das über Generationen tradierte Wissen erprobter Anbaumethoden verloren gegangen war. Stabilität stellte sich erst in den späten 1990er-Jahren ein. 1993 erhielt Kambodscha eine neue Verfassung, 1998 wurden freie Wahlen abgehalten. Sie stellten erkennbar einen Wendepunkt dar. Die Ernährungssituation verbesserte sich signifikant. Wies Kambodscha laut Welthunger-Index bis zum Jahr 2000 ohne nennenswerte Verringerung durchgängig Hungerwerte in der Kategorie »sehr ernst« auf, konnte es diese Werte von 2000 bis heute um fast die Hälfte senken.

Wohl der Bevölkerung zweitrangig

Landschaft heute in vielen Gegenden einem monotonen Plantagenfeld. Großinvestoren bringen das fruchtbare Land in ihren Besitz, um dort für den Export bestimmte Cash Crops anzubauen wie Kautschuk, Zucker oder Maniok, das zur Herstellung von industrieller Stärke, Ethanol oder Tierfutter interessant ist. Das geschieht mithilfe der kambodschanischen Politik, denn sie verdient an der Vergabe solcher Landkonzessionen. Für die indigene Bevölkerung bedeutet dies die Zerstörung ihres Lebensraumes. Das Land der meisten Kambodschaner befindet sich seit Generationen im Familienbesitz. Kaum jemand verfügt über rechtskräftige Papiere oder Urkunden, die diesen Landbesitz dokumentieren. Für die Konzerne ist es daher leicht, an das Land zu kommen. Für die Kleinbauern, die nie einen anderen Beruf erlernt haben und nur das kleine FleckWachstum auf Kosten der Umwelt chen Land besitzen, um sich zu ernähren, ist diese Zu diesem Erfolg trugen nicht nur politische Stabi- Landnahme eine Katastrophe – und der Schritt lität und das Ende des Krieges bei. Auch die nach- zurück in den Hunger. Mit Cash-Crop-Plantagendrücklichen Bemühungen der Regierung, die Wirt- wirtschaft und ähn­lichen Maßnahmen strebt die Reschaft des Landes anzukurbeln, zahlen sich aus. Seit 2017 ist Kambodscha offiziell ein Lower-Mid­ dle-Income-Land. Mit einem jährlichen WirtWISSENSWERTES schaftswachstum von circa sieben Prozent gehört es heute zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Diese Entwicklung führte auch zur Senkung der Armutsrate. Lebte im Jahr 2003 noch die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, sind es heute »nur« noch 13 Prozent. Eine Spätfolge des Krieges machte es den MenDoch der Preis ist hoch. Die Bemühungen um das schen auch nach den freien Wahlen 1998 zuWirtschaftswachstum kann man als knallhart benächst sehr schwer, anbaufähiges Land zu kultizeichnen, weil sie wortwörtlich ohne Rücksicht auf vieren. Landminen und andere Sprengkörper Verluste stattfinden. hinderten sie daran, ihre Felder zu bestellen. Ein großer Teil des Wachstums basiert auf der Kambodscha ist eines der am stärksten von LandPlünderung natürlicher Ressourcen. Kambodscha minen verseuchten Länder der Welt. Es wird verhat eine der höchsten Entwaldungsraten der Welt. mutet, dass noch immer über zwei Millionen Einst geprägt von üppigem Regenwald mit einzigMinen im Land vergraben sind. Als erste Minenartiger Diversität von Flora und Fauna, gleicht die

Es ist zweifelsohne ein Fortschritt, dass sich die Ernährungssituation der Menschen in Kambodscha verbessert hat und die Regierung viel in die Entwicklung des Landes investiert. Doch momentan scheint es, als sei das Wohlergehen der Bevölkerung zweitrangig und die Zerstörung der Umwelt werde billigend in Kauf genommen. Die Entwicklung des Landes bleibt fragil und anfällig für Krisen. Was Kambodscha braucht, ist eine nachhaltige Entwicklung, die die Gesellschaft einbezieht und die kostbaren natürlichen Ressourcen schützt, damit das Land nicht weiter ausgebeutet und die Menschen langfristig vor Hunger bewahrt werden. Hannah Döttling ist freie Journalistin und Onlineredakteurin. Sie lebt in Köln.­

Landminen bleiben ein großes Problem räumungsorganisation begann ­Halo Trust im Jahr 1991 ihre Arbeit. Heute arbeitet sie mit der Welt­ hungerhilfe zusammen. Halo Trust kümmert sich um die Entminung, die Welthungerhilfe bietet den Menschen Trainings an, wie sie das Land möglichst ertragreich kultivieren. Kambodscha von diesen Spätfolgen des Krieges zu befreien, ist ein entscheidender Schritt zu mehr Ernährungssicherheit. had

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FOTOREPORTAGE

3. Quartal 2017

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WELTERNÄHRUNG

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Fotos: Jens Grossmann Text: Jessica Kühnle

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bwohl Kambodscha große Erfolge bei der Überwindung von Hunger und Mangelernährung vorweisen kann, bleibt die Existenz vieler Kleinbauern unsicher. Das Land weist eine der höchsten Entwaldungsraten der Welt auf. Wald, Landwirtschaftsflächen und Dörfer müssen Kautschukplantagen und anderen Cash Crops weichen, also Anbauflächen für Produkte, die rein für den Verkauf vorgesehen sind. Reihe um Reihe wachsen Gummibäume und spenden ihren Eigentümern, meist Investoren aus Vietnam oder China, das weiße Gold. Ganze Ökosysteme werden so zerstört und indigene Gemeinden ihrer Lebensgrundlage und Einkommensquellen beraubt. Ehemalige Kleinbauern suchen verzweifelt Arbeit auf den Plantagen – oft sind nur ein oder zwei pro Dorfgemeinde erfolgreich. Oder sie verdingen sich im gefährlichen Edelsteinabbau. Die Welthungerhilfe und ihre nationalen Partner unterstützen Gemeinden durch Rechtsberatung und Programme zur Existenzsicherung. Sie helfen Bauernfamilien, Landtitel zu erlangen, die sie vor der Landnahme durch die Regierung und ausländische Investoren schützen. Dies ist von zentraler Bedeutung, denn ohne Land bleibt das Recht auf Nahrung für viele Bauernfamilien ein Wunsch. Von der Gemeinde berufene Ranger bewachen mit Patrouillen geschützte Landflächen vor Raubkommandos, die versuchen, wertvolles Holz über die Landesgrenzen zu schmuggeln. Die Welthungerhilfe und ihr Partner CEDAC schulen Bauern, Grundnahrungsmittel bodenschonend und ertragreicher auf den immer knapper werdenden Nutzflächen anzubauen.

Von wenig bleibt oft nichts Kambodschas wirtschaftliche Erfolge kommen bei vielen Kleinbauern nicht an

1 Eine Kautschukplantage in der Provinz Ratanakiri | 2 Unbearbeitete Zirkonedelsteine aus Minen in der Provinz Ratanakiri | 3 Edelsteinwäsche am

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Buch 1.indb 5

nahe gelegenen Fluss | 4 Ein Ranger auf Patrouille | 5 Eine Kleinbäuerin in ihrem Gemüsegarten

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HINTERGRUND

WELTERNÄHRUNG

3. Quartal 2017

© (von links) Axel Wolff; Raabe; Hänsel; Evi Pöltl

Ich engagiere mich gegen Hunger und Armut, weil ...

»... es ein christliches Gebot der »... es mich wütend macht, dass noch »... das die Voraussetzung für ein Menschlichkeit ist, den Menschen in immer 800 Millionen Menschen selbstbestimmtes Leben in Würde und großer Not zu helfen und zu einer hungern, zwei Milliarden mangelerjede gesellschaftliche Entwicklung Zukunftsperspektive zu verhelfen. nährt sind − viele davon Kinder. Das ist; und weil es ein Skandal ist, Zugleich hilft es, Krisen vorzubeugen können und dürfen wir niemals dass Menschen überhaupt noch hunund dient damit auch uns.« hinnehmen. Es ist genug für alle da.« gern und in Armut leben müssen.« Sabine Weiss, CDU/CSU

Sascha Raabe, SPD

Heike Hänsel, Die Linke

»... es ein Skandal ist, dass 2017 immer noch Menschen hungern. Nur eine faire Welt, die Klimaziele umsetzt, ökologisch verantwortlich handelt und soziale Gerechtigkeit verwirklicht, hat eine Zukunft.« Uwe Kekeritz, Bündnis 90/Die Grünen

727 Politiker bekannten Farbe Viele Bundestagskandidaten bekannten sich im Vorfeld der Wahl zur Entwicklungspolitik und zur Einhaltung internationaler Verpflichtungen

Von Constanze Blum

U

m das Ziel »Zero Hunger bis 2030« der Glo­ balen Nachhaltigkeitsagenda erreichen zu können, muss die neue Bundesregierung dringend handeln. Wie stehen die Politiker hierzu­ lande zu diesem Thema? Das wollte die Welt­ hungerhilfe wissen und fragte im Vorfeld der Wahl die Kandidaten für den 19. Deutschen Bundestag, welche Bedeutung sie den Themen Entwicklungs­ politik und der Bekämpfung des Hungers beimes­ sen. Die potenziellen Abgeordneten hatten auch die Möglichkeit, ein Foto mit einem Statement zu übermitteln, warum sie sich für das Ende von Hun­ ger und Armut engagieren wollen. Die Befragung wurde Mitte August per E-Mail an die Kandidaten der sechs Parteien, die in den vergangenen drei Legislaturperioden im Bundestag vertreten waren, versendet. 727 von ihnen antwor­ teten. Die 681 Rückmeldungen, die innerhalb der genannten Frist eingingen, flossen in die Auswer­ tung ein. 540 Politiker ergänzten ihr Statement mit einem Foto. Über ein Drittel der kontaktierten Kandidaten beteiligten sich – eine erfreulich große Resonanz. In den einzelnen Parteien variierte die Rücklaufrate allerdings erheblich. So beteiligten sich bei der Par­ tei mit der geringsten Antwortquote nur 17 Prozent der befragten Kandidaten, bei der Partei mit der höchsten Antwortquote dagegen 55 Prozent. Das spiegelt die Relevanz, die dem Thema in den einzel­ nen Parteien zugemessen wird. Die Mehrheit der befragten Politiker war der Meinung, dass die Bekämpfung von Hunger und Armut eine Priorität der zukünftigen deutschen Bundesregierung sein sollte. Im Rahmen der Ent­

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wicklungszusammenarbeit wurde der Beendung von Hunger und Mangelernährung als Thema von rund 99 Prozent der Kandidatinnen und Kandidaten eine hohe Bedeutung beigemessen, von rund 89 Prozent der Befragten sogar eine sehr hohe. Die höchste Zustimmung gab es bei den internationalen Verpflichtungen Deutschlands. Beinahe ausnahms­ los alle Befragten gaben an, sich in der kommenden Wahlperiode für die Einhaltung internationaler Verpflichtungen zur Entwicklungszusammenarbeit einsetzen zu wollen. Diese beinhalten vor allem die Umsetzung des Versprechens, 0,7 Prozent seines Bruttoinlandproduktes für Entwicklungshilfe auf­ zuwenden. Bereits 1970 beschlossen die Vereinten Nationen diese Zielvorgabe für alle Industrienatio­ nen. Seitdem wird sie von der Bundesregierung im­ mer wieder auf verschiedenen internationalen Fo­ ren ­bekräftigt. Ebenso wollen die Befragten dafür Sorge tragen, dass die beim G7-Gipfel 2015 in El­ mau eingegangene Verpflichtung, 500 Millionen Menschen bis 2030 aus Hunger und Armut zu füh­ ren, eingehalten wird. Wenige Monate später, im September 2015, beschlossen alle 193 Mitgliedstaa­ ten der Vereinten Nationen die Agenda 2030 mit ihren 17 nachhaltigen Entwicklungszielen, darunter das Ziel »Zero Hunger bis 2030«. In der Entwicklungszusammenarbeit sahen die Kandidierenden aller Parteien ein sehr wichtiges

Grüne besonders antwortstark

Bündnis 90/ Die Grünen 199 (363) SPD 140 (471)

Die Linke 174 (341)

CDU/ CSU 95 (569)

FDP 119 (375)

© Welthungerhilfe

Gut eine Woche vor der Bundestagswahl bestätigten Zahlen der Welternährungsorganisation die befürchtete Entwicklung: 2016 stieg die Zahl der Menschen, die weltweit unter Hunger leiden, um 38 Millionen auf 815 Millionen, weitere zwei Milliarden sind mangelernährt. Die Welthungerhilfe fragte deutsche Politiker, welche Wichtigkeit dieses Thema in der nächsten Legislaturperiode einnehmen sollte.

Von 2119 angefragten Politikern antworteten 727 der Welthungerhilfe. Die prozentual höchste Rücklaufquote hatten Bündnis 90/Die Grünen. Die Grafik zeigt die Zahl der Rückläufe, in Klammern die Zahl der Angefragten.

Instrument zur Lösung globaler Herausforderun­ gen. Mit 91 Prozent sprach sich eine große Mehr­ heit dafür aus, die finanziellen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit aufzustocken. Die ­ Begründungen für diese Haltung waren unter­ schiedlich. Deutschlands internationale Verantwor­ tung wurde besonders oft hervorgehoben. Zudem argumentierten viele Kandidaten, dass die weltwei­ te Umsetzung des Rechts auf Nahrung als aner­ kanntes Menschenrecht stärkerer finanzieller An­ strengungen bedürfe.

Es ist Zeit für einen Aktionsplan Insgesamt geben die Antworten der Kandidaten Anlass zur Hoffnung, dass Hunger- und Armutsbe­ kämpfung in der neuen Legislaturperiode einen größeren Stellenwert einnehmen werden. Jetzt, nach der Wahl, gilt es, den Worten, vor allem dem Bekenntnis zu Deutschlands internationalen Ver­ pflichtungen, Taten folgen zu lassen. Bis heute existiert kein konkreter und verbindlicher Aktionsund Finanzierungsplan zur Umsetzung der Verspre­ chungen von Elmau. Und das Ziel, 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts für Entwicklungshilfe auszu­ geben, wurde in Deutschland 2016 zwar erstmalig erreicht, allerdings nur, weil die enorm erhöhten Ausgaben für Geflüchtete in Deutschland miteinge­ rechnet ­wurden. Während der abgelaufenen Legislaturperiode hat sich beispielsweise in der Afrikapolitik der Bundes­ regierung ein zunehmend zweigleisiger Ansatz an­ gedeutet. Sie stützt sich entweder auf Investitions­ partnerschaften mit vermeintlich bessergestellten afrikanischen Ländern oder setzt auf Migrations­ partnerschaften – inklusive militärischer Unterstüt­ zung – mit oft autoritären Regimen, um Migration zu unterbinden. Hier gibt es enormen Umsteue­ rungsbedarf. Um nachhaltige Entwicklung und Sta­ bilität zu schaffen, müssen menschliche Entwick­ lung und die Stärkung von lokaler Bevölkerung, insbesondere auch in Ungunstgebieten, im Vorder­ grund stehen. Die Herausforderungen sind groß, die teilneh­ menden Kandidaten haben in der Befragung zu­ mindest klar Stellung bezogen: Die Relevanz der Entwicklungszusammenarbeit bleibt bestehen. Constanze Blum ist Mitarbeiterin der Abteilung Politik und Außenbeziehungen der Welthungerhilfe.

WISSENSWERTES

Warum diese Statements? 540 Kandidaten sandten ein Statement mit Foto, darunter die ständigen Bevollmächtigten der Bundestagsfraktionen. Die Welthungerhilfe ist ein Verein, dessen Mitglieder sich aus Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Kirchen und Gesellschaft zusammensetzen, darunter die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen. Sie senden Bevollmächtigte in die jährliche Mitgliederversammlung. Aktuell sind im Amt: Dr. Sascha Raabe ist seit 2009 Bevollmächtigter für die Fraktion der SPD. Uwe Kekeritz ist seit 2014 Bevollmächtigter für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Heike Hänsel ist seit 2010 Bevollmächtigte für die Fraktion Die Linke. Helmut Heiderich, CDU, ist Bevollmächtigter für die Fraktion der CDU/CSU. Er kandidierte nicht mehr für den Bundestag, deshalb ist das Statement von Sabine Weiss, CDU, aufgenommen. Sie war in der 18. Legislaturperiode Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für die CDU/CSU-Fraktion. Die FDP war in der 18. Legislaturperiode des Bundestags nicht vertreten. bru

Weitere Informationen: Alle Statements sind auf der Website der Welthungerhilfe zu finden unter: www.welthungerhilfe.de/ bundestagswahl2017

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WELTWÄRTS

3. Quartal 2017

WELTERNÄHRUNG

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Land der Gegensätze In Uganda gibt es ein großes Nord-Süd-Gefälle und eine Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft Dass sie mit ungleichen Lebenswelten während ihres »weltwärts«­Jahres konfrontiert werden würden, war den »weltwärts«­Freiwilligen der Welthungerhilfe klar, als sie nach Uganda aufbrachen. Dabei hatten sie an die Kontraste zum reichen Deutschland gedacht. Dass auch die Ungleichheit innerhalb der Gesell­ schaft und der Regionen des ostafrikanischen Landes groß ist, hat sie sehr überrascht.

KRAFTVOLL: Mithilfe von RinHENRI MAIWORM (20) IST ZURZEIT PRAKTIKANT BEI EINEM ÖKOTOURISMUS-

dern beseitigen Bauern Steine

UNTERNEHMEN IN UGANDA.

und Büsche und bereiten so

rm © Henri Maiwo

PRIVILEGIERT: Sie haben es geschafft. Den Studenten dieser Berufsschule für Tourismus in Fort Portal steht mit dem Abschluss der Arbeitsmarkt offen. © Henri Maiwo rm

© privat

das Feld für die Aussaat vor.

Armut ist ländlich, wurde uns erzählt. Doch wer auf dem Land lebt, ist nicht zwangsweise arm. Bestes Beispiel ist die Region rund um meine inzwischen zweite Heimat Fort Portal ganz im Westen Ugandas. Der Boden ist unter anderem durch Vulkanismus fruchtbar, und durch die Nähe zum Ruwenzori-Gebirge regnet es relativ häufig – beste Bedingungen für die Landwirtschaft. Im Nordosten sieht das ganz anders aus. Die Region ist nur von Viehhirten besiedelt, da sie viel zu trocken für den Anbau von Pflanzen oder Früchten ist. Ugandas Norden ist weniger entwickelt als der Süden. Das hat nicht nur geografische Ursachen, sondern auch politische. Felix, ein Nachtwächter, erzählte mir, dass Norduganda bis vor wenigen Jahren von den brutalen Machenschaften der Lord´s Resistance Army erschüttert wurde. Eine normale Entwicklung war nicht möglich. Die Region hat sich davon bis heute nicht erholt. Elektrizität und gute Straßen sind rar. Große Ungleichheit gibt es auch in der Bildung. Zwar gibt es Schulpflicht für alle unter 15 Jahren, und der Grundschulbesuch muss laut Verfassung kostenlos sein. De facto ist Bildung aber nur etwas für die, die Schulgebühren zahlen können. Wer in Armut lebt, lässt seine Kinder auf dem Feld mitarbeiten. Ein Teufelskreis.

MÜHSAM: Frauen im Welthungerhilfe-Projektgebiet bei

RAMONA STROHWALD (25), KOMMUNIKATIONSWIRTIN, STUDIERT KULTUR-

Lira in Norduganda transpor-

UND MEDIENPÄDAGOGIK.

© Ramona Strohwald

© Kai Löffelbein

Uganda gilt als optimales Kaffeeanbaugebiet: Fruchtbarer Boden, durchschnittliche Temperaturen unter 30 Grad und die Lage bei 1000 Metern über dem Meeresspiegel bieten optimale Bedingungen für die Pflanzen. Und so gehört Uganda neben Äthiopien zu den größten Kaffeeexporteuren der Welt. Doch in Supermärkten, Restaurants und in Büros gibt es überwiegend nur löslichen Instantkaffee. Guter Kaffee ist hier, wie in so vielen afrikanischen Ländern, in denen Kaffee angebaut wird, für die Bevölkerung nicht zu haben; er ist als wichtige Einnahmequelle reines Exportgut. In Deutschland, wo viel Kaffee getrunken wird, ist das wohl nur Wenigen bewusst. Die Deutschen kaufen zudem viel Mineralwasser – obwohl das Leitungswasser nachweislich sehr hochwertig ist. Das Leitungswasser in Uganda hingegen ist voller Bakterien. Wer es sich leisten kann, kauft teures Mineralwasser im Supermarkt. Natürlich gilt das nicht für die ärmere, ländliche Bevölkerung. Dort gibt es ohnehin nur in den seltensten Fällen Leitungswasser. Und das verschmutzte Trinkwasser führt häufig dazu, dass sehr viele Kinder sterben. – Leitungswasser ist in nur wenigen Ländern der Welt trinkbar. Die Deutschen haben dieses Privileg. Doch vollends zu schätzen wissen sie es nicht.

EXPORTSCHLAGER: Die Kaffeebohnen, die in Uganda geerntet werden, gehen fast ausschließlich ins Ausland.

© privat

tieren Trinkwasser.

Süden des Landes, die Straßen sind

UGANDISCHEN FLÜCHTLINGSRAT IN ADJUMANI.

in gutem Zustand.

Nach Jahren bewaffneter Konflikte hat Uganda große Fortschritte gemacht: Die Wirtschaft wächst, die Armut sinkt. Diese Entwicklung verstärkt jedoch auch die ungleiche Verteilung von Einkommen, Bildung, Sozialleistungen, Infrastruktur, Wasser, Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung im Land. Kulturell bedingt sind Frauen überall besonders benachteiligt. Während meiner Arbeit mit südsudanesischen Flüchtlingen im Norden Ugandas empfand ich die geografische Ungleichheit zwischen dem reicheren Südwesten und dem eher benachteiligten Norden als am auffälligsten. Die Mittel, die insbesondere seit dem erneuten Gewaltausbruch im Südsudan im Juli 2016 für die Geflüchteten in den Norden kommen, führen den Einheimischen erneut diese Vernachlässigung vor Augen. Selbst die für die Krisenbewältigung geschaffenen Stellen werden oft an Zentral- und Südwestugander vergeben. Und das, obwohl viele Gemeinden im Norden den Geflüchteten großzügig Land zur Verfügung stellen. Richtlinien für Nichtregierungsorganisationen sehen nun vor, dass humanitäre Projekte zu 70 Prozent den Geflüchteten und zu 30 Prozent der lokalen Bevölkerung zugutekommen müssen.

STAUBIG: Pakele liegt im ärmeren Norden des 35-Millio-

© Sarah Dusch ke

Kampala liegt im wohlhabenderen

MENT IN LONDON UND ARBEITET NACH IHREM »WELTWÄRTS«-JAHR BEIM

© Sarah Duschke

© privat

GEPFLASTERT: Ugandas Hauptstadt SARAH DUSCHKE (26) STUDIERTE UNTER ANDEREM KONFLIKTMANAGE-

nen-Einwohner-Landes.

Weitere Informationen: Mehr Eindrücke von »weltwärts«-Freiwilligen unter: www.welthungerhilfe.de/blog/tag/weltwaerts

Buch 1.indb 7

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WELTERNÄHRUNG

HINTERGRUND

3. Quartal 2017

Monsun − wie seit 60 Jahren nicht Über die immensen Regenfälle in Nepal, Indien und Bangladesch wurde kaum berichtet, das erschwert den Erfolg der Appelle von Hilfsorganisationen Ende August bestimmten die Über­ schwemmungen durch Hurrikan Harvey in Texas, USA, tagelang die Schlagzeilen und Bilder der deutschen Leitmedien. Es gibt kaum jemanden, an dem die drama­ tischen Bilder aus Houston vorbeigegan­ gen sind. Dass etwa zeitgleich ein schwe­ rer Monsun mehr als 40 Millionen Men­ schen in Nepal, Indien und Bangladesch um ihr Hab und Gut brachte, war in den Medien hier eher eine Randnotiz.

stellt sie Zusatznahrung bereit. Die Maßnahmen sind auf drei Monate angelegt. Verwüstungen gab es auch im Nachbarland Nepal, das erst 2015 ein verheerendes Erdbeben mit großem Nachbeben überstehen musste. Ein Drittel des Landes stand unter Wasser, vor allem im Terai, dem Flachland im Süden, das eigentlich zu den Kornkammern des Landes zählt. »Wir haben die schlimmsten Regenfälle seit 60 Jahren erlebt«, meldete die Landesdirektorin der Welthungerhilfe, Asja Hanano, Mitte August aus der Hauptstadt Kathmandu. Brücken, Straßen, Felder und 64 000 Hektar Getreide- und Reisernte im Schätzwert von 80 Millionen US-Dollar wurden zerstört, über 65 000 Häuser total, weitere 120 000 zum Teil beVon Birgit Rücker schädigt. 460 000 Familien mussten vorrübergehend fliehen. Viele leben noch immer in notdürftim 14. August brach mein Herz, als ich gen Zelten. vom Dammbruch des Flusses Kamla Balan hörte«, sagt Fulia Devi. »Jetzt, dachte ich, Nothilfe für 75 000 Familien können wir uns nicht mehr helfen. Innerhalb von 30 Minuten war unser Haus überflutet.« Die 65-jäh- 1,7 Millionen Menschen in 35 von 75 Distrikten rige Inderin aus dem Dorf Tulsipur im nördlichen sind von den Fluten betroffen, am schlimmsten in Darbhanga-Distrikt floh mit dem, was sie, ihr Mann den Distrikten Rautahat im Central Terai und Sapund ihre Tochter zusammenpacken konnten. Viel tari im Eastern Terai. Die Welthungerhilfe leistete mehr als etwas Essen und Kleider war das nicht. im Verbund mit ihren Alliance2015-Partnern ConDer Darbhanga-Distrikt liegt im Bundesstaat Bihar, cern Worldwide und People in Need Soforthilfe, der als Armenhaus Indiens gilt. Hundert Dörfer in verteilte zusammen mit ihren nepalesischen Partdiesem Disktrikt waren infolge der verheerenden nerorganisationen an 75 000 Familien Pakete mit Monsunregenfälle im August von der Außenwelt Nahrungsmitteln, gab Hygieneartikel wie Seife, abgeschnitten, weitere 17 Distrikte komplett über- Moskitonetze und Wasserkanister aus. Auch hier flutet. 17 Millionen Menschen litten unter den Flu- traf die Katastrophe wieder einmal die Ärmsten. »In ten in Bihar, zwei Millionen allein im Darbhanga- den besonders überschwemmten Gebieten hier im Distrikt. Viele verloren ihr Haus und ihre Terai war die Situation der Menschen schon vorher Existenzgrundlage. krass. Hunger ist weit verbreitet, viele Kinder sind Die Welthungerhilfe war über ihre indische unterernährt, sauberes Trinkwasser und Toiletten Partnerorganisation umgehend in 20 Dörfern mit kaum vorhanden«, erläutert Asja Hanano. »Jetzt 2000 Planen und Hygienesets zur Stelle. Da die sind ihre einfachen Häuser aus Lehm und Bambus, Brunnen durch Brackwasser und Schlammmassen die nicht durch Stelzen geschützt waren, zusamverunreinigt sind, sorgt sie mit Chlorreinigungen mengeklappt, ihre Hühner, Ziegen und Kühe ermittels Handpumpen für sauberes Trinkwasser. Für trunken. Auch ihre wenigen Vorräte sind verdor900 Kleinkinder, schwangere und stillende Mütter ben, darunter die Reissetzlinge. Sie haben nichts

WISSENSWERTES

Ungleiche Gewichtung menschlichen Leids

Fortschritte in Nepal, doch nicht im ganzen Land

Konfrontiert mit der sehr großen Katastrophe in Südasien und der sehr sparsamen Berichterstattung in westlichen Medien im Vergleich mit den Schlagzeilen zu Hurrikan Harvey in Texas, bilanzierte Arne Perras vom Standort Singapur in der Süddeutschen Zeitung: »Es ist verstörend, wie unterschiedlich der Westen Leid wahrnimmt.« Das Ausmaß der Gefährdung von Menschen sei ganz offensichtlich kein allgemeingültiges Kriterium in der Vermittlung von Informationen. Die gleiche Kritik wurde auch gegenüber den indischen Medien laut. Die Katastrophe im Armenhaus Bihar war nur sporadisch Thema in den indischen Leitmedien. Aber die TV-Sender berichteten ununterbrochen, als Ende August die Straßen der Metropole Mumbai unter Wasser standen, und hinterfragten kritisch die mangelnde Krisenprävention der Stadtverwaltung. bru

Lagen Nepals Hungerwerte laut WelthungerIndex im Jahr 2000 noch in der Kategorie »sehr ernst«, sind sie jetzt als »ernst« an der Schwelle zu »mäßig« einzuordnen. Unterernährung, Wachstumsverzögerung bei Kindern und die Kindersterblichkeit sind deutlich zurückgegangen, der Anteil der von Auszehrung betroffenen Kinder blieb allerdings unverändert. Dieser Fortschritt kann auch nach dem großen Erdbeben im Mai 2015 bilanziert werden. Zu den Gründen gehören gestiegene Haushaltseinkommen, ein besseres Bildungsniveau von Müttern, bessere Sanitärversorgung und die Einführung und Nutzung von Gesundheits- und Ernährungsprogrammen inklusive Betreuung von Müttern und Kindern vor und nach der Geburt. Die allgemeinen Daten bilden allerdings die Ungleichheit innerhalb des Landes nicht ab. bru

mehr zu essen und können nichts für die neue Ernte auspflanzen.« Doch: magere Medienberichterstattung – magere Aufmerksamkeit. Für Hilfsorganisationen wie die Welthungerhilfe und das Bündnis Entwicklung Hilft, in dem sie Mitglied ist, ist es schwer, Spenden für die dringend notwendige Unterstützung der Menschen in Südasien zu erhalten. Die Organisation setzt auf mehr Unterstützung beim Wiederaufbau, denn den können die Menschen nicht aus eigener Kraft bewältigen – weder in Bihar noch in Nepal. Zwar habe die nepalesische Regierung Mitte September mit der Verteilung von wöchentlich 60 bis 70 nepalesischen Rupien pro Person und Tag – um-

gerechnet etwa 50 Eurocent – begonnen, das reiche aber natürlich bei Weitem nicht aus, erklärt Hanano, die neben der Koordination der Nothilfe bereits die Wiederaufbauarbeiten der Welthungerhilfe plant. Die Landwirtschaft müsse wieder angekurbelt, Saatgut verteilt und Trainings durchgeführt werden. »Dabei müssen wir Saatgutsorten identifizieren, die resistenter gegen Fluten sind, Hygiene und Ernährung verbessern und gezielt die Frauen stärken.« Auch Häuser müssten verbessert wiederaufgebaut werden. Die Liste der Aufgaben ist lang. Birgit Rücker ist Mitarbeiterin der Welthungerhilfe in Bonn.

© Sajana Shrestha/PIN

A

NACHDENKLICHES

ZERSTÖRERISCHES WASSER: In vielen Dörfern des südnepalesischen Distrikts Rautahat stand – wie hier im Dorf Tikuliya – das Wasser bis zu 1,5 Metern hoch und nahm den Menschen das Wenige, was sie hatten.

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Dossier

Hunger und Armut treffen selten alle Menschen eines Landes in gleicher Weise. So leben in Indien 81 Milli­ ardäre, aber auch die höchste Zahl hungernder Menschen weltweit. Es ist ein Beispiel für das krasse Nebeneinander von extre­ mem Reichtum und extre­ mer Armut, die Menschen hungern lässt. Diese Schere geht sowohl weltweit zwi­ schen Nord und Süd als auch innerhalb vieler Länder immer stärker auseinander.

GUTE GESCHÄFTE: Noch verkaufen die Marktfrauen von Koya im sierra-

© Brockmann/Welthungerhilfe

WELTERNÄHRUNG

leonischen Distrikt Kenema ihre Waren unter freiem Himmel. Mit Hilfe des Hamburger Freundeskreises baut die Welthungerhilfe derzeit für sie eine feste Markthalle.

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UNGLEICHHEIT

DOSSIER

3. Quartal 2017

Frauen stark machen Ernährungssicherung heißt auch, patriarchale Nahrungsverteilung zu überwinden Sierra Leone ist eines der Schluss­ lichter im aktuellen Welthunger­ Index, eine Verbesserung der Ernährungssituation dringend erforderlich. Mit dem ganzheitli­ chen Trainingsprogramm Linking Agriculture and Natural Resource Management towards Nutrition Security (LANN+) werden beacht­ liche Erfolge erzielt und die Benachteiligung von Frauen und Kindern aufgebrochen.

Buch 1.indb 9

Von Constanze Bandowski

T

rotz staatlicher Programme leiden die Menschen in Sierra Leone schwer unter Hunger und Mangelernährung. Bereits vor der verheerenden Ebolaepidemie von 2014 bis 2016 war die Ernährungssituation in dem westafrikanischen Staat besorgniserregend. Der aktuelle WelthungerIndex 2017 stuft die Lage erneut als »sehr ernst« ein. Mit 38,5 Punkten weist Sierra Leone weltweit den dritthöchsten Wert auf, nach der Zentralafrikanischen Republik und dem Tschad. Fast jedes zehnte Kind unter fünf Jahren (9,4 Prozent) leidet unter akuter Unterernährung, ist deutlich untergewichtig und ausgezehrt. 37,9 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren sind zu klein für ihr Alter. Ihre Wachstumsverzögerung ist ein Spiegel ihrer chronischen Mangelernährung. Zwölf von 100 Kindern sterben, bevor sie das fünfte Lebensjahr erreichen. Besonders drastisch ist die Lage in den schwer zugänglichen Waldrandgebieten der Distrikte Kenema und Tonkolili. Die Menschen hier sind abgeschnitten von staatlichen Dienstleistungen wie moderner Infrastruktur, Bildungs- und Sanitäreinrichtungen oder Märkten. Sie leben von dem, was die Natur hergibt: ein bisschen Landwirtschaft für den Eigenbedarf in Form von Reis- oder Maniokanbau, etwas Holzeinschlag und Kleintierhaltung sowie vom Sammeln von Pilzen, Knollen oder Früchten aus dem Wald. Für Trinkwasser müssen Frauen und Kinder kilometerlange Fußmärsche zurücklegen. Das raubt ihnen die Zeit und Energie für Landwirtschaft, Schule oder eine Einkommensmöglichkeit. Latrinen sind kaum verbreitet, entsprechend hoch ist die Rate der Magen- und Darmkrankheiten. Ein Teufelkreis, denn schlechte hygienische Bedingungen verursachen nach Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation die Hälfte aller Fälle von Mangelernährung. Frauen sind durch viele strukturelle Ungleichheiten besonders bedroht. Sie haben kaum Rechte, die wenigsten können lesen, schreiben oder rechnen. Die Männer bestimmen, wer was und wie viel isst. Für stillende Mütter, Schwangere und Kinder bedeutet das: Sie kommen in der Regel viel zu kurz, obwohl sie besonders schwer – und meistens ihr Leben lang – unter den Folgen von Mangelernährung leiden.

Vor diesen Voraussetzungen startete die Welthungerhilfe 2013 ihr neues Entwicklungskonzept LANN+. Es verbindet alle relevanten Sektoren für eine gesunde Ernährung. Geschulte Berater arbeiteten in Sierra Leone mit 51 Frauengruppen, um die Ernährung in 40 Gemeinden langfristig zu sichern. Rund 1400 Frauen legten Gemüsegärten und Saatgutlager an und ernteten zum ersten Mal in ihrem Leben Auberginen, Kohl oder Zwiebeln – alles vitamin- und nährstoffreiche Gemüsesorten, die sie bis dahin nicht kannten.

Ausgewogenes Essen, mehr Hygiene In Kochkursen lernten sie, das Grundnahrungsmittel Reis mit Nüssen, Hülsenfrüchten und Gemüse für eine ausgewogene Mahlzeit ihrer Kinder anzureichern. Hygienische Maßnahmen wie Händewaschen vor dem Essen oder Kochen gehören mittlerweile zum Alltag der Familien. Die Frauen haben sich in Sparvereinen organisiert und verfügen über eigenes Geld, mit dem sie ihre Gärten erweitern oder Latrinen bauen. Magen- und Darmkrankheiten sind deutlich zurückgegangen. Dorfälteste und Männer werden einbezogen. Das ist sehr wichtig, denn ohne ihr Engagement werden sich Verhaltensmuster und Entscheidungsstrukturen nicht ändern. Nach rund vier Jahren fällt die Bilanz positiv aus. Der Anteil der Ehemänner, die Geld für Nah-

rungsmittel zur Verfügung stellten, stieg von 70 auf 83 Prozent. Jeder Zweite (vorher: jeder Vierte) sammelt wild wachsende Nahrungsmittel und plant mit der Ehefrau Mahlzeiten. Mittlerweile werden fast alle Säuglinge binnen einer Stunde nach ihrer Geburt gestillt. Verzehrten früher die Hälfte aller Väter die besten Teile von Fisch und Fleisch, sind es heute noch 20 Prozent. Entsprechend mehr Kinder nehmen lebenswichtige Proteine zu sich. »Wir haben gelernt, wie wir unsere Frauen unterstützen können«, sagt Yemoh Turay. Seine Freunde machen sich über den jungen Familienvater lustig, aber er ist überzeugt: »Wir sollten unsere Frauen nicht wie Sklaven behandeln.« Inzwischen kümmert sich Turay um den Haushalt und die Kinder, wenn seine Frau Sawadatu Kabia etwas anderes zu tun hat. Das Ehepaar Nasoko Sesay und Mohammed Koroma ernährte seine Kinder früher nur mit klarer Suppe. Denn Kinder, die Fleisch, große Fische, Eier oder Hühnerfleisch essen, seien empfänglicher für Hexerei, glaubten sie. »Meine Kinder waren nicht gesund«, sagt Sesay, »aber wir kamen nie auf die Idee, dass das so war, weil wir ihnen nahrhaftes Essen vorenthielten.« Inzwischen sind alle viel kräftiger und gesünder geworden. Constanze Bandowski ist freie Journalistin in Hamburg.

WISSENSWERTES

LANN+ – ein Plus für ausreichende, gesunde Ernährung Um Hunger auch in den abgelegensten Gebieten der Welt zu überwinden, entwickelte die Welthungerhilfe zusammen mit sechs weiteren Nichtregierungsorganisationen 2009 zunächst für Laos das Konzept LANN, das später zu LANN+ weiterentwickelt wurde. Das integrierte Konzept verbindet die Schlüsselbereiche Landwirtschaft, Ressourcenmanagement, Wasser- und Sanitärversorgung gekoppelt mit Hygieneschulungen (WASH), das Erschließen von Einkommensquellen sowie Schulungen zu ausgewogener Ernährung unter dem

Oberziel Ernährungssicherung. Gemeinsam mit den schwächsten Familien werden neue Verhaltensmuster für eine gesunde Ernährung erarbeitet. Durch Rollenspiele, Theaterstücke, Kochkurse und andere Mitmachaktionen identifizieren sie die Ursachen ihrer schlechten Ernährungslage und suchen Lösungen. Auch gesellschaftliche Ungleichheit wird thematisiert. In mehreren Ländern Asiens und Afrikas erzielt dieses Flaggschiff der Welthungerhilfe beachtliche Erfolge. cob

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DOSSIER

WELTERNÄHRUNG

3. Quartal 2017

»Ungleichheit ist keine Naturgewalt« Oxfam fordert eine gerechte Besteuerung von Vermögenden und Konzernen, Mindestlöhne und Investitionen in Bildungs- und Gesundheitssysteme

INTERVIEW

© Oxfam

UNGLEICHHEIT

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Marion Lieser ist Geschäftsführerin der deutschen Sektion von Oxfam Deutschland, dem nationalen Arm der internationalen Nothilfeund Entwicklungsorganisation, die sich weltweit gegen Armut und extreme Ungleichheit engagiert. Marion Lieser war für den Deutschen Entwicklungsdienst im Sudan, vor der Unabhängigkeit des Südsudan, und in Kenia, hat in Marokko Kampagnen gegen Fremdenfeindlichkeit initiiert, die internationalen Projekte der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung geleitet und war als Beraterin für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Tansania.

WELTERNÄHRUNG: In einem Oxfam-Bericht vom Januar 2017 findet sich eine erschreckende Zahl: Die acht reichsten Menschen der Welt besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen. Wie wirkt sich diese Ungleichheit aus? Marion Lieser: Die herrschende soziale Ungleichheit ist in der Tat erschreckend. Sie sprengt den sozialen Zusammenhalt, behindert den Kampf gegen die Armut und ist eine Gefahr für unsere Demokratie. Millionen Menschen werden von Bildung, Gesundheitsversorgung und gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen. Und schließlich: Das Gefühl, dass die da oben entscheiden, was für sie selbst gut ist, und wir – hier unten – nichts dagegen tun können, führt zu Politikverdrossenheit. Damit ist soziale Ungleichheit eine wesentliche Ursache für die politischen Zerwürfnisse, deren Zeugen wir gerade werden. Dabei ist zu beachten, dass Ungleichheit in Schwellenund Entwicklungsländern ebenfalls rasant wächst. Es handelt sich um ein globales Problem. Weltweit verflochtene Wirtschafts- und Finanzmärkte lassen nur noch gemeinsam getragene Lösungsansätze zu. Kritiker werfen Ihnen eine Neiddebatte vor und dass Sie die Erfolge bei der Überwindung von Armut und Hunger ignorieren. Das Ziel von Oxfam ist eine gerechte Welt ohne Armut. Die Problematik von Hunger und Not hat zu unserer Gründung geführt. Bei unserer Arbeit haben wir erkannt, dass sich Armut nicht beseitigen lässt, ohne Ungleichheit massiv zu reduzieren. Falsch ist allerdings, dass mit einer Reduzierung der absoluten Armut das Problem der Ungleichheit gelöst wäre. Wenn alle Einkommen sich verdoppeln, kommt jemand mit bisher einem US-Dollar

am Tag auf zwei US-Dollar. Damit ist er offiziell der absoluten Armut entkommen, kann aber eine dringend nötige Tuberkulosebehandlung immer noch nicht bezahlen. Zur sogenannten Neiddebatte. An keiner Stelle geben wir einem Milliardär persönlich die Schuld für die weltweite Ungleichheit. Wir erkennen an, dass Investitionen und eine positive Wirtschaftsentwicklung Menschen aus der Armut befreien können – aber bitte unter menschenwürdigen und menschenrechtlich einwandfreien Bedingungen. Die Ursachen der Ungleichheit sind unabhängig von Einzelpersonen. Es sind die Strukturen unserer Wirtschaft, von denen wenige Superreiche profitieren, während die Mehrheit leer ausgeht.

ten. Die Folge: Fast 100 000 Kinder sterben jedes Jahr noch vor ihrem fünften Geburtstag. Problematisch ist auch die einseitige Fixierung auf Wirtschaftswachstum. Sie blendet erstens die höchst ungleiche Verteilung der Gewinne aus. Zweitens ignoriert sie den Beitrag, den vor allem Frauen leisten, indem sie unbezahlte und in gängigen Modellen nicht erfasste Pflege- und Sorgearbeit übernehmen. Nicht zuletzt vernachlässigt das derzeitige Wirtschaftssystem die Kosten, die für die Erhaltung einer lebensfähigen Umwelt aufgewendet werden müssen. Ein weiteres Problem ist, dass Gewinne von Arbeitenden zu Anteilseignern hin verschoben werden. In den 1980er-Jahren erhielten Kakaobäuerinnen und -bauern etwa 16 Prozent des Preises einer Tafel Schokolade als Lohn. Heute sind es gerade noch sechs Prozent. Gleichzeitig können Anteilseigner einen immer größeren Teil der Gewinne für sich verbuchen. Wurden in Großbritannien 1970 noch zehn Prozent der Gewinne an sie ausgeschüttet, sind es heute satte 70 Prozent.

Welche Faktoren fördern Ungleichheit? Ungleichheit ist die Folge politischer Entscheidungen. So wurde etwa die Versorgung mit Elektrizität, Wasser, Bildung und Gesundheitsleistungen in vielen Ländern zu großen Teilen privatisiert und somit oft teurer. Darunter leiden vor allem die armen Menschen und jene mit geringem Einkommen. In Tansania beispielsweise, wo ich vier Jahre an der Stärkung des Gesundheitssystems mitgearbeitet habe, kommen zwei Ärzte auf 100 000 Einwohner, in Deutschland sind es 337 Ärzte. Es gibt kein ausreichendes staatliches Budget für Medikamente und die Ausstattung von Gesundheitsstationen und Hospitälern. Das führt vor allem auf dem Land zu Unterversorgung, sodass inzwischen 40 Prozent der gesundheitlichen Dienstleistungen privat erbracht werden und oft kostenpflichtig sind, wenn sie nicht durch Entwickungs- oder kirchliche Organisationen erfolgen. Das kann sich nicht jeder leis-

In vielen Ländern zahlen internationale Konzerne keine oder minimale Steuern. Welche Auswirkungen hat dies für die Menschen in Entwicklungsländern? Das ist eine unhaltbare Situation. Arme Länder werden durch Steuervermeidung internationaler Konzerne um rund 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr geprellt. Allein Kenia entgehen so rund 1,1 Milliarden US-Dollar im Jahr. Das ist etwa das Doppelte seiner gesamten staatlichen Ausgaben für den Gesundheitssektor – und das in einem Land, in dem eine von 40 Frauen bei der Geburt ihres Kindes stirbt! Es kann nicht angehen, dass Regierungen in solchem Umfang die Mittel für Investitionen in öffentliche soziale Infrastruktur entzogen werden. Mit welchen Maßnahmen könnte die Ungleichheit verringert werden? Die gute Nachricht ist: Ungleichheit ist keine Naturgewalt. Sie ist von Menschen gemacht, und Menschen können sie beseitigen. Ein Baustein ist die faire, progressive Besteuerung, durch die auch Vermögende und Konzerne ihren gerechten Anteil beitragen. Zweitens sind Investitionen in öffentliche Bildungs- und Gesundheitssysteme wichtig. Drittens tragen starke Gewerkschaften dazu bei, dass Beschäftigte angemessen bezahlt werden und Ungleichheit sinkt. Wo es keine Gewerkschaften gibt, sind faire Mindestlöhne ein erstes Mittel, um dafür zu sorgen, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können.

LOHNANTEIL SINKT: Vom Preis einer Tafel Schokolade fließen heute nur noch sechs Prozent als Lohn an Kakaobauern (hier ein Foto aus Sierra Leone).

Beim G20-Gipfel in Hamburg hat Oxfam klare Forderungen gestellt, um soziale Ungleichheit zu beseitigen. Welches Fazit ziehen Sie heute, einige Monate später? Die G20-Staaten haben es versäumt, wichtige Probleme anzupacken. Um Ungleichheit auch auf globaler Ebene anzugehen, brauchen wir ein faireres und transparentes internationales Steuersystem. So würden internationale Konzerne angemessen an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligt. Die bisherigen Regelungen reichen dafür nicht aus. Von der neuen Bundesregierung fordern wir hierzu auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene stärkeres Engagement. Deutschland muss zum Beispiel seine Blockadehaltung gegen echte Steuertransparenz aufgeben. Auch bei der Finanztransaktionssteuer muss die neue Bundesregierung dringend handeln und sich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Steuer auf europäischer Ebene eingeführt wird. Denn allein mit leeren Versprechungen lässt sich soziale Ungleichheit sicher nicht bekämpfen.

© Justfilms/Welthungerhilfe

Das Interview führte Lena Basermann, Mitarbeiterin der Abteilung Politik und Außenbeziehungen der Welthungerhilfe.

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WELTERNÄHRUNG

rend der Verhandlungen wurden alle Kosten durch die EU gedeckt, auch wurden Studien finanziert, die die ugandische Seite informieren sollten. Uganda profitierte jedoch in keiner Weise von den Verhandlungen. Es zählt zu den Least Developed Countries (LDCs), den am wenigsten entwickelten Ländern, und hätte ohnehin begünstigten Zugang zum EU-Markt, weil es unter die Alles-außer-Waffen-Regelung fällt. Diese sieht eine Ausweitung der Zollbefreiung ohne mengenmäßige Beschränkungen auf grundsätzlich alle Waren (außer Waffen) mit Ursprung in den am wenigsten entwickelten Ländern vor. Die Afrikanische Union forderte die EU auf, die Ostafrikanische Gemeinschaft als LDC-Region unter die Alles-außer-Waffen-Regelung einzustufen. Doch die EU verweigerte dies mit Blick auf Kenia, das als einziges Land der Gemeinschaft nicht zu den LDCs zählt. Das verdeutlicht, dass die Verhandlungen zwischen ungleichen und ungleich profitierenden Partnern stattfanden.

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UNGLEICHHEIT

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3. Quartal 2017

© Lass/Welthungerhilfe

Schutzmaßnahmen zu schwach

AN DEN RAND GEDRÄNGT: Nur wenn die Landwirtschaft mehr Gewicht bekäme, ginge es Kleinbauern wie Rose und Joseph Mugabe aus Uganda besser.

Freihandel nutzt nur der EU und den Reichen Von einer Wirtschaftspartnerschaft mit Ostafrika würde Uganda nicht profitieren Seit 2002 kann Uganda ein jähr­ liches Wirtschaftswachstum von mindestens fünf Prozent verzeich­ nen. Seit den 1990er­Jahren verdreifachte sich das Bruttoin­ landsprodukt pro Kopf in realen Werten. Auch konnte Armut in den vergangenen 20 Jahren dras­ tisch verringert werden, doch die Ungleichheit innerhalb der Gesell­ schaft nahm zu und könnte nun weiter wachsen.

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Von Jane Nalunga

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ebten 1992 noch fast 56 Prozent der Ugander unter der nationalen Armutsgrenze, waren es 2014 nur noch 19,7 Prozent. Trotz des beachtlichen Wachstums stieg die Ungleichheit im Land nach Berechnungen mit dem Gini-Koeffizienten1 von 0,365 in den Jahren 1992/1993 auf 0,47 2014/2015 an. Einem Oxfam-Bericht von 20162 zufolge konnten die reichsten zehn Prozent der Ugander ihr Einkommen um beachtliche 20 Prozent pro Jahr steigern. Sie verfügen nun über 35,7 Prozent des Nationaleinkommens, während die verbleibenden 90 Prozent der Bevölkerung den übrigen Anteil von 64,3 Prozent unter sich teilen. Während die Einkommenselite vom Aufwärtstrend profitiert, sehen sich die Menschen am unteren Ende der Skala in einer Armutsspirale gefangen. Sie sind zu 70 Prozent in die kleinbäuerliche Landwirtschaft auf dem Land eingebunden. Die Hälfte von ihnen sind Frauen. Uganda erfährt eine exklusive Form des Wirtschaftswachstums, von dem vergleichsweise Wenige profitieren. Nur eine strukturelle Änderung der Wirtschaft, die einen Fokus auf landwirtschaftliche Produktionssteigerung und auf eine Einbindung

der Landwirtschaft in die Industrie und den Handel legen müsste, könnte den an den Rand gedrängten Kleinbauern Ernährungssicherheit und ein angemessenes Einkommen garantieren. Dieser Kurs wird jedoch nicht gefahren. Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EPA, das Uganda als Teil der Ostafrikanischen Gemeinschaft mit der Europäischen Union (EU) verhandelt, wird die Situation eher verschlimmern als verbessern. Seit September 2002 verhandelt die EU im Rahmen von EPA mit ehemaligen Kolonien in Afrika, der Karibik und dem Pazifik (AKP), so auch mit der Ostafrikanischen Gemeinschaft, der Uganda angehört. Zu den erklärten Zielen der EPA-Verhandlungen zählten die Stärkung nachhaltiger Entwicklung und das wirtschaftliche Wachstum. Sowohl der Prozess als auch die Wirkung der Verhandlungen begünstigten letztlich jedoch die EU und stellten die Interessen Ugandas und der AKP-Staaten in den Hintergrund. So erklärt sich, dass trotz geplantem Verhandlungsabschluss 2008 bis heute nur wenige afrikanische Länder die Abkommen unterzeichnet und ratifiziert haben. Uganda gehört nicht dazu. Was lief also falsch während der Verhandlungen? Uganda und alle AKP-Staaten saßen als ehemalige Kolonien am Verhandlungstisch. Wäh-

Für Uganda werden sich die Negativauswirkungen hauptsächlich im Agrarsektor bemerkbar machen, dem Grundpfeiler der Wirtschaft des Landes und die Lebensgrundlage der meisten Ugander. Zunächst einmal erfordert das Abkommen eine Marktliberalisierung von 82 Prozent – eine enorme Größe. Selbst wenn davon sensitive Produkte des heimischen Marktes ausgenommen werden sollen, bringt die genauere Betrachtung deutliche Widersprüche zum Vorschein. Zum Beispiel stellte die Ostafrikanische Gemeinschaft Maismehl unter einen Zollsatz von 50 Prozent, gleichzeitig jedoch wurde Maisstärke, ein Nebenprodukt von Maismehl, nicht von der Liberalisierung ausgenommen. Ähnliches gilt für Produkte wie Maniok und Kartoffeln. Die Wertsteigerung durch Nahrungsmittelverarbeitung wird faktisch begrenzt bleiben. Und die Ernährungssicherheit, die eine Verknüpfung von Landwirtschaft und Produktion voraussetzt, wird beeinträchtigt. Eine weitere Gefahr für die Landwirtschaft steckt in den sehr schwachen Schutzmaßnahmen des Abkommens. Sie sollen eigentlich vor Importfluten schützen, beispielsweise durch die Möglichkeit von Zollerhöhungen. Doch für Uganda wird es kaum möglich sein, sich auf multilaterale oder bilaterale Schutzmaßnahmen zu berufen. Dafür müsste das Land eine Importflut und einen entsprechenden Schaden sowie eine kausal zusammenhängende Wirkung auf die Industrie nachweisen können. Gesteigerte Wertschöpfung ist für den landwirtschaftlichen Sektor in Uganda überlebensnotwendig. Doch EPA bedroht beides: die landwirtschaftliche Produktion und seine Wertschöpfung. Schon jetzt macht sich ein Zufluss von landwirtschaftlichen Mehrwertprodukten aus der EU und anderen Ländern auf den heimischen Markt in Uganda bemerkbar. Frau Kimuli, im Distrikt Wakiso, 20 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Kampala, die als Kleinbeschäftigte in der Verarbeitung von Tomaten und Cayenne zu Chilisauce arbeitet, beklagt den schrumpfenden Markt. Sie wundert sich, dass die in Uganda gewachsenen und produzierten Produkte mit den Importen aus dem Ausland nicht mithalten können. Herr Bagada aus dem Distrikt Masindi, rund 180 Kilometer von der Hauptstadt Kampala entfernt, produziert Mangosaft und fürchtet den Einfluss größerer Unternehmen, die importierte Konzentrate zur Saftherstellung benutzen. Die Herausforderungen, denen sich diese Kleinproduzierenden in der Weiterverarbeitung stellen müssen, werden durch ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zunehmen. Ebenso würde zunehmende Armut einerseits Ernährungs- und Einkommensunsicherheit für die Menschen am unteren Ende der Armutsspirale wachsen lassen und andererseits das Einkommen und Vermögen der Einkommenselite weiter steigern. Die Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft Ugandas würde durch EPA weiter wachsen. Jane Nalunga ist Landesdirektorin des Southern and Eastern Africa Trade Information and Negotiations Institute in Kampala, Uganda. 1

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Der Gini-Koeffizient (oder Gini-Index) gibt auf Basis des häuslichen Pro-Kopf-Einkommens den Grad der Ungleichheit der Einkommensverteilung, zum Beispiel in einem Land oder einer Region, an. Oxfam: »Who is Growing? Ending inequality in Uganda. A study of the drivers of inequality in Uganda«, 2016.

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WELTERNÄHRUNG

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Auch Formalia sind ein Hebel Der Erhöhung von Stimmrechten für Entwicklungsländer in internationalen Organisationen sollten weitere Schritte folgen Die Nachhaltigen Entwicklungs­ ziele (Sustainable Development Goals, kurz: SDGs) knüpfen mit der Thematisierung der asymmet­ rischen Machtverteilung zwischen Industrie­ und Entwicklungsstaa­ ten an zurückgedrängte Diskussio­ nen über eine neue Weltwirt­ schaftsordnung an. Die zentrale Bedeutung formaler und informel­ ler Prinzipien in internationalen Organisationen, die viele Entschei­ dungen zugunsten der wohlhaben­ deren Länder ermöglichen, ist zu wenig im Fokus der SDG­Agenda.

Von Katja Freistein

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ie 17 von den Vereinten Nationen 2015 im Rahmen der Agenda 2030 verabschiedeten globalen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals — SDGs) mit 169 Unterzielen gelten für alle Länder. Mehr als vorherige Politikprogramme befassen sie sich mit dem Problem Ungleichheit, und zwar in ihren unterschiedlichen Formen. Gesellschaftliche Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, im Bildungssystem oder bei der medizinischen Versorgung sind in der Entwicklungszusammenarbeit schon lange Thema. Hier geht es meistens darum, für die sehr unterschiedlichen Lebenschancen von Menschen, die zum Beispiel in ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer Hautfarbe begründet sind, einen Ausgleich zu schaffen. Aber auch globale Ungleichheiten im Sinne von Machtasymmetrien zwischen Staaten können individuelle Lebenschancen positiv wie negativ beeinflussen. Ein klassisches Beispiel ist, wenn die staatliche Selbstbestimmung in weniger entwickelten Ländern durch Interventionen von außen – etwa durch militärische, wirtschaftliche, humanitäre oder andere Maßnahmen – gemindert wird. Kritik an Ungleichheiten zwischen globalem Norden und globalem Süden stand in den 1960erund 1970er-Jahren prominent auf der Agenda der Vereinten Nationen, beispielsweise in der Forderung postkolonialer Staaten nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung. Doch sie wurde zunehmend zugunsten anderer Themen verdrängt. Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung bestimmten stattdessen lange die Entwicklungszusammenarbeit mit einzelnen Ländern. Allerdings kann man viele Themen, die heute immer wieder Gegenstand

politischer Auseinandersetzungen sind, auch im Kontext globaler Ungleichheit verstehen. Dazu gehören zum Beispiel ungleiche Pflichten und Rechte im Klimaschutz, ungerechte Bedingungen im Welthandel oder die Ungleichbehandlung von Staaten im Internationalen Strafgerichtshof. Immerhin reflektieren die SDGs implizit, dass eine Verringerung globaler Ungleichheiten möglich und wünschenswert ist. Es geht dabei insbesondere um die Rolle internationaler Organisationen, in denen zunehmend weltpolitisch bedeutsame Regelungen ausgearbeitet und Entscheidungen getroffen werden. Die Organisationen sind in vielen Politikfeldern mittlerweile mit weitreichenden Regelungsbefugnissen ausgestattet. Oft betreffen die Regelungen Angelegenheiten, die für die Länder des globalen Südens große Bedeutung haben wie Kreditvergabe, Gesundheit, Landwirtschaft oder Arbeitsrechte. Viele Entwicklungsländer sind von solchen Regelungen betroffen, haben aber selbst wenig mitzubestimmen, wenn entschieden wird. Hier wäre ein Ansatzpunkt, um mehr Gleichheit zwischen den Staaten herzustellen.

Minderheiten fördern In den SDGs ist also angedeutet, dass Ungleichheiten auch da entstehen oder zementiert sein können, wo Staatschefs gemeinsame Entscheidungen fällen, die Auswirkungen auf große Teile der Weltbevölkerung haben. Die als Unterziele angesprochene »Teilhabe (…) an den globalen Lenkungsinstitutionen« und die »bessere Vertretung und verstärkte Mitsprache der Entwicklungsländer« verweisen auf die Idee einer Inklusion oder gar bevorzugten Förderung von diskriminierten Minderheiten. Sie ist als Mittel in der Bekämpfung von Ungleichheiten bekannt, Beispiel Quotierungen. Als Hauptgrund für dieses Unterziel wird in der Beschreibung des Indikators das völkerrechtliche Prinzip souveräner Gleichheit zwischen Staaten genannt. Unerwähnt bleibt hin-

gegen die zentrale Bedeutung internationaler Organisationen für die Selbstbestimmung aller Staaten und die Überwindung einer fundamental ungleichen Weltordnung, die auch durch Asymmetrien in eben diesen internationalen Organisationen fortgeschrieben wird. Sieht man sich den Indikator für die Unterziele »Teilhabe (…) an den globalen Lenkungsinstitutionen« und »bessere Vertretung und verstärkte Mitsprache der Entwicklungsländer« an, soll die verstärkte Vergabe von Stimmrechten an Entwicklungsländer zur Messlatte für Erfolge werden. Dies ist als Ansatz sicher nicht falsch, greift aber zu kurz. Denn Stimmrechteverteilung ist nur ein Weg, über den in diesen Foren ungleicher Einfluss auf globale Politik geschaffen beziehungsweise weiter aufrechterhalten wird. So vergeben internationale Entwicklungsbanken Kredite an ärmere Länder und nehmen durch Konditionalitäten massiv Einfluss auf deren nationale Politik. Und die Staaten, die das Geld zur Verfügung stellen, haben traditionell den am stärksten gewichteten Stimmanteil. Änderungen zugunsten der Kreditnehmer wären also nur schwer durchzusetzen. In der Welthandelsorganisation, zu deren Mitgliedern 164 Staaten zählen, haben zwar alle Staaten gleichgewichtige Stimmen, aber Ungleichheiten in der Behandlung von Mitgliedern sind dennoch wohlbekannt. Dort sind es eher informelle Absprachen und Regelungen, mit denen einflussreichere Staaten formale Abstimmungen immer wieder unterlaufen. Die Generalversammlung aller Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) wird nicht selten durch den sehr exklusiven UN-Sicherheitsrat in ihrer Kompetenz ausgehebelt. Ebenso sind in vielen globalen Organisationen unterschiedlichste formale und informelle Prinzipien verantwortlich für ungleiche Ergebnisse, meistens zugunsten ohnehin wohlhabender und mächtiger Mitglieder. Im Sinne der zitierten SDGs-Unterziele und dem Beispiel nationaler Gleichstellungspolitik folgend, könnte man beispielsweise über Quoten für Entwicklungsländer in Entscheidungsgremien nachdenken – dazu müsste es aber eine Bereitschaft bei den bislang besser gestellten Ländern geben. Die SDGs können natürlich nicht alle bestehenden Probleme und schon gar nicht so ein schwerwiegendes Ungleichgewicht wie zwischen Industrie- und Entwicklungsländern beheben. Dennoch hilft es, den Blick auch auf die Arenen zur richten, in denen sie gemindert werden könnten. Eine Erhöhung von Stimmrechten für Entwicklungsländer wäre ein erster Schritt, dem weitere folgen sollten. Dr. Katja Freistein ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Centre for Global Cooperation Research an der Universität Duisburg-Essen.

Weitere Informationen: www.tinyurl.com/sdg-ungleichheiten

WISSENSWERTES

Das SDG 10

© Justfilms/Welthungerhilfe

Das Nachhaltigkeitsziel (SDG) 10 »Ungleichheiten reduzieren« gibt vor, Ungleichheiten innerhalb von Staaten und zwischen ihnen zu reduzieren. Unterziel 10.6 fordert: »Eine bessere Vertretung und verstärkte Mitsprache der Entwicklungsländer bei der Entscheidungsfindung in den globalen internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen sicherstellen, um die Wirksamkeit, Glaubwürdigkeit, Rechenschaftslegung und Legitimation dieser Institutionen zu erhöhen«. Im Unterziel 16.8 heißt es: »Die Teilhabe der Entwicklungsländer an den globalen Lenkungsinstitutionen erweitern und verstärken«. kaf LEBEN IM SLUM: Die Weichen dafür, ob Menschen bessere Lebensbedingungen erhalten, werden oft auf internationaler Ebene gestellt.

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MEINUNG

WELTERNÄHRUNG

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© Welthungerhilfe

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HILFE IN DER NOT: In der Provinz Aleppo werden Matratzen, Decken und Nahrungsmittel an Flüchtlinge verteilt. Das Grundproblem der Menschen kann die Nothilfe jedoch nicht lösen.

Fluchtursachen muss die Politik lösen KOMMENTAR

© Welthungerhilfe

Nichtregierungsorganisationen können Kriege und Verfolgung nicht beenden, aber Menschen unterstützen, die vor Hunger oder Klimawandel fliehen

Dirk Ebach, studierter Wirtschaftsjurist und Wirtschaftspsychologe, ist Senior Policy Advisor in der Abteilung Politik und Außenbeziehungen der Welthungerhilfe. Er bearbeitet das Themenfeld Flucht und Migration und bringt die jahrzehntelange Erfahrung und Expertise der Welthungerhilfe zu dem Thema auf die politische Bühne in Deutschland.

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luchtursachen bekämpfen durch Entwicklungshilfe – das klingt ganz wunderbar. Es werden einfach mehr Gelder für Hilfsorganisationen zur Verfügung gestellt. Diese lösen dann das Flüchtlingsproblem für Deutschland und Europa, nein, für die ganze Welt. Doch diese Logik wird niemals funktionieren. Um zu verstehen, warum das so ist, muss man zunächst die allerorten zu leichtfertig verwendete Begrifflichkeit betrachten. Zunächst: Was ist denn das Flüchtlingsproblem? In Deutschland und Europa werden Flüchtlinge zunehmend als Belastung empfunden. Man fühlt sich überfordert mit der Aufnahme von Menschen, die bei uns in Europa Schutz suchen. Zudem können wir es nicht ertragen, Bilder von ertrunkenen Menschen zu sehen. Dies ist die europäische Sichtweise — oder anders: Dies ist das europäische Flüchtlingsproblem. Aus dieser Perspektive ist es verständlich, möglichst schnell die Bekämpfung von Fluchtursachen zu fordern. Was liegt näher, als diese Aufgabe den Hilfsorganisationen zu übertragen? Um zu prüfen, ob man Fluchtursachen bekämpfen kann, sollte man wissen, was einen Menschen per Definition zum Flüchtling macht. Die international maßgebliche und völkerrechtlich bindende Definition eines Flüchtlings ist in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) festgehalten, die im Juli 1951 auf einer Sonderkonferenz der Vereinten Nationen (UN) in Genf verabschiedet wurde und am 22. April 1954 in Kraft trat. Danach gilt eine Person als Flüchtling, die »... aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will.« (Art. 1A Nr. 2 der GFK). Was also ist mit Fluchtursachenbekämpfung gemeint? Entwicklungszusammenarbeit kann die Ursachen für die begründete Furcht vor Verfolgung von Menschen nicht bekämpfen. Das ist eine Aufgabe von Politik. Insbesondere europäische Politik muss Einfluss nehmen auf Staaten, die Teile ihrer eigenen Bevölkerung verfolgen oder tatenlos zusehen, wie Verfolgung stattfindet. In der Regel sind

es genau die Regime, die in ihren Staaten nachhaltige Entwicklungs- oder humanitäre Hilfe schwer bis unmöglich machen. Zudem erfasst die Diskussion um die Fluchtursachenbekämpfung nicht die ganze Dimension des weltweiten Problems, dass Abermillionen Menschen ohne Flüchtlingsstatus und damit rechts- und schutzlos sind. Aktuell besitzen weltweit nur circa 22 Millionen Menschen den an Rechte geknüpften Flüchtlingsstatus laut Genfer Konvention. Die häufig zitierte Zahl von über 65 Millionen Menschen auf der Flucht ist irreführend, da sie auch über 40 Millionen Binnenvertriebene beinhaltet. Sie aber gelten nicht als Flüchtlinge im Sinne der vorgenannten Definition. Somit können sie, und das ist das Problem, keine entsprechenden Rechte in Anspruch nehmen. Hinzu kommen Millionen Menschen, die in der statistischen Gesamtzahl weltweiter Migranten untergehen und pauschal als Wirtschaftsmigranten bezeichnet werden. Ihr Schicksal ist jedoch mit dem von Flüchtlingen vergleichbar. Sie finden an ihrem Heimatort keine Perspektive für ihren Lebensunterhalt und versuchen, innerhalb oder außerhalb ihres Landes ein menschenwürdiges Leben aufzubauen – nicht getrieben von Gier oder dem Streben nach Luxus, sondern von purer Existenzangst.

Druck zur Migration reduzieren

Staaten manifestieren und zudem auf der Ausbeutung ihrer Ressourcen basieren, sind klassische Ursachen für die verzweifelte Lage von Millionen Migranten. Außerdem vertreibt unzureichender Klimaschutz zunehmend Menschen aus ihrem angestammten Lebensumfeld. Selbstverständlich wird sich in naher Zukunft nicht jeder Konflikt politisch lösen lassen. Und auch die Beeinflussung der anderen Faktoren – wie Klimawandel oder absolute Armut – braucht ihre Zeit. Es müssen daher weltweite Regelungen erarbeitet werden, die den Schutz und die menschenwürdige Behandlung aller Flüchtlinge und Migranten gewährleisten. Die Notwendigkeit hat die Staatengemeinschaft erkannt. Im September 2016 standen die Themen Flucht und Migration erstmalig auf der Agenda einer Generalversammlung der UN. Sie beschloss, dass binnen zwei Jahren zwei Rahmenabkommen zu Flucht und Migration erarbeitet werden müssen. Deutschland und die anderen europäischen Staaten beteiligen sich aktuell an den UN-Prozessen; die Abkommen sollen im September 2018 von der UN-Vollversammlung beraten und beschlossen werden. Noch fehlt es an positiven Beispielen für den menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen und Migranten. Auf der Flüchtlingskonferenz in Paris Ende August kursierten Vorschläge wie die Errichtung von Hotspots in afrikanischen Staaten mit fragwürdigen Rechtssystemen. Dort sollen Anträge geprüft und anerkannte Flüchtlinge auf die EUStaaten verteilt werden. Aber: Die EU-Staaten haben es ja nicht einmal geschafft, ein Drittel der zugesagten Plätze für das Umverteilungsprogramm für Flüchtlinge aus Griechenland und Italien zur Verfügung zu stellen. Wo soll nun die zusätzliche Aufnahmebereitschaft herkommen – abgesehen von der Menschenrechtsfrage an den sogenannten Hotspots? Deutsche und europäische Politik braucht andere, nachhaltige Konzepte zu Migration und Fluchtursachenbekämpfung als solche unausgegorenen, von der Innenpolitik getriebenen Schnellschüsse.

Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe kann diese Menschen unterstützen, unabhängig davon, ob sie wegen Krieg und Verfolgung oder Hunger und extremer Armut ihren Heimatort verlassen haben. Wo die Ursachen nicht ausschließlich auf politischer Ebene verortet sind, kann Entwicklungszusammenarbeit mit Menschen Bleibeperspektiven erarbeiten, die den Druck zur Migration reduzieren. Migration an sich kann sie nicht stoppen. Für viele Menschen, die sich lange mit Entwicklungszusammenarbeit beschäftigen, ist es ermüdend, die immer gleichen Forderungen an die Politik zu formulieren. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) müssen endlich begreifen, dass die finanzielle und militärische Unterstützung autoritärer Regime nicht zu nachhaltigen Verbesse- Weitere Informationen: rungen führt. Auch erzwungene Handelsvereinba- www.welthungerhilfe.de/ rungen, die eine permanente Abhängigkeit armer fluechtlinge-politik-forderungen.html

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AKTIONEN & TERMINE

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PROVOKATIV: So wirbt die Goldeimer gGmbH für ihre Komposttoilettenwagen.

UNTERNEHMEN | HYGIENE © David Klammer

»   Alle für Klos! Klos für Alle!«

WARM-UP VOR DEM START: 1682 Laufbegeisterte spielten 41 434 Euro Spenden für Zero Hunger ein.

ERFOLGREICHES FORMAT | DEM ZWEITEN NACHHALTIGKEITSZIEL VERPFLICHTET

#ZeroHungerRun, der zweite BONN | Mit der überwältigenden Premiere im vergangenen Jahr stand fest: Der #ZeroHungerRun hat das Potenzial, zur festen Bonner Institution zu werden. Am 24. September hieß es daher: #ZeroHungerRun, der zweite. Die Benchmark war mit 1300 Teilnehmern im Vorjahr hoch gesetzt und konnte tatsächlich getoppt werden. 1682 Laufbegeisterte starteten bei bestem Wetter in der Bonner Rheinaue durch, um dem zweiten Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen Nachdruck zu verleihen: den Hunger bis 2030 zu beenden. Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan war erneut Schirmherr. Außerdem zeigte er laufenden Einsatz, genau wie Schauspielerin Liz Baffoe. Für sie war

die erneute Teilnahme Ehrensache. Als aktive Unterstützerin der Welthungerhilfe gab sie zudem am Wahlsonntag den Startschuss sowohl für den Fünfkilometerlauf um 11 Uhr als auch für die Zehnkilometerstrecke um 12.30 Uhr. Für professionelle Rahmenbedingungen sorgte der Laufladen Bonn mit einer Chip-Zeitmessung. Neu in diesem Jahr war die Kinderbetreuung der Ballschule »Ballinos«. Das Original Bootcamp Bonn übernahm das Warm-up und bot Gelegenheit, ein Zirkeltraining outdoor kennenzulernen. Der Preis für die schnellste Läuferin in der Fünfkilometerdistanz ging an Therese Schuhenn von den Schwimm- und Sportfreunden (SSF)

Bonn, der für den schnellsten Läufer an Aaron Wagner von der Universität Bonn. Beim Zehnkilometerlauf kam Caitlin Vauilo, ebenfalls von den SSF, als erste Frau ins Ziel. Bei den Männern verteidigte Armin Grothe aus Bochum erfolgreich seinen Titel vom letzten Jahr. Für alle Sieger hatte der Laufladen Bonn ein paar Laufschuhe gestiftet. Außerdem wurde in diesem Jahr ein kostenfreies Training des Original Bootcamp Bonn als Überraschungspreis für das größte Team verliehen – er ging an das Team der Deutschen Post, DHL. Das rundum gelungene Event brachte die sensationelle Spendensumme von 41 434 Euro ein. kka

DEUTSCHLANDWEIT | Der Sommer ist vorbei und erneut hat die Goldeimer gGmbH eine Reihe von Festivals wie das Hurricane und das Southside Festival mit ihren Komposttoiletten beliefert. Für 2 Euro durften die Festivalbesucher in Ruhe ihr Geschäft verrichten. Mit frechen Sprüchen und Fotomotiven macht das junge Sozialunternehmen unter dem Motto »Alle für Klos! Klos für Alle!« auf die Problematik nicht vorhandener Sanitäranlagen in Entwicklungsländern und die gravierenden Folgen dieses Mangels wie Durchfallerkrankungen, kontaminiertes Trinkwasser oder Bodendegradation aufmerksam. Die künftigen Erlöse aus dem Betrieb der Komposttoiletten und dem hauseigenen Goldeimer Toilettenpapier fließen in WASH-Projekte der Welthungerhilfe, mit denen Menschen weltweit der Zugang zu sanitären Anlagen ermöglicht werden soll. kka Weitere Informationen unter: www.welthungerhilfe.de/wasser www.goldeimer.de

WILLKOMMEN! | DIE NEUEN FREIWILLIGEN DER WELTHUNGERHILFE SCHMECKT: Die Schau-

Ein Jahr in der Bonner Zentrale

spielerin Liz Baffoe, Sängerin Lucy Diakovska und Welthun-

BONN | Jedes Jahr erhalten junge Menschen die Möglichkeit, in die Arbeit der Welthungerhilfe hineinzuschnuppern. Während eines Freiwilligen Sozialen Jahrs oder eines Bundesfreiwilligendienstes arbeiten sie ein Jahr lang in der Organisation, zum Beispiel im Marketingbereich, in der Politikabteilung, in der Kommunikation oder im inneren Dienst. Im August 2017 haben sechs Freiwillige und ein Auszubildender ihren Dienst im Bonner Headquarter der Welthungerhilfe angetreten. Eine der neuen Freiwilligen ist die 18-jährige Leonie Schülting aus Nordwalde. Sie hat nach ihrem Abi-

gerhilfe-Vorstand Michael Hofmann haben bereits aus Resten Leckeres

© Matthias Jung

gekocht.

tur im Team Communications, das für die Pressearbeit, die Onlinekommunikation und die interne Kommunikation innerhalb der internationalen Organisation verantwortlich ist, begonnen. »Ich hatte einen sehr guten Start«, berichtet Leonie, »und bin von meinem Vorgänger gut eingearbeitet worden.« So konnte sie sich schnell in die Arbeitsabläufe und ihre Aufgaben einfinden und ist schon jetzt fester Bestandteil des Teams. kka Mehr Informationen zum Freiwilligen Sozialen Jahr unter: www.welthungerhilfe.de/fsj-politik.html

AKTIONEN GEGEN HUNGER | RUDI RETTET RESTE

Kochevents initiieren

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mittelrettern wurden, bestätigen das. Kooperationspartner der Welthungerhilfe sind rudirockt, ein nicht am Gewinn orientiertes Unternehmen, das die Idee der Drei-Gänge-Menüs als Running Dinner entwickelt hat, sowie die Bonner Foodsharinggruppe, die den Hobbyköchen vor dem Wegwerfen gerettete Lebensmittel zur Verfügung stellt. kka

WIR HEISSEN UNSERE NEUEN FREIWILLIGEN WILLKOMMEN: (von links) Selin Arpaz, Kars-

Holen Sie das Kochevent auch in Ihre Stadt! Details und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Organi­ sation von »Rudi rettet Reste« finden Sie unter: www.welthungerhilfe.de/mitmachen

ten Baron, Leonie Schülting, Claire Jacklin, Mona Senner, Annkatrin Lütke Entrup, Moritz Kemper.

© Welthungerhilfe

AUFRUF | Wer gern kocht, offen ist für einen geselligen Abend voller Überraschungen und das auch noch mit dem Einsatz für die gute Sache verbinden möchte, sollte beim Stichwort »Rudi rettet Reste« aufhorchen. Dahinter verbirgt sich ein noch junges und sehr erfolgreiches Format. Bei »Rudi rettet Reste« kochen und essen die Teilnehmer gerettete Lebensmittel bei einem sogenannten Running Dinner und sensibilisieren dabei für das Thema Lebensmittelverschwendung. Im Fokus der Veranstaltung steht der Spaß. Bonner Hobbyköche, die bereits zweimal bei geselligen Abenden zu Lebens-

06.10.17 11:02


AKTIONEN & TERMINE

3. Quartal 2017

AKTIONSGRUPPE LEER | VIERTER STERNLAUF

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2017

MAI

1500 Euro für ein Projekt in Äthiopien erlaufen LEER | Obwohl der Spendenlauf der Aktionsgruppe Leer in diesem August schon seine vierte Auflage feierte, gab es erneut Überraschungen. So fand der Lauf nicht, wie in den vergangenen Jahren, am Wochenende, sondern an einem Donnerstagabend statt. Für die rund 200 Läuferinnen und Läufer hieß es nach Feierabend deshalb: raus aus dem Büro und rein in die Sportschuhe. Distanz und Startpunkt

WELTERNÄHRUNG

Veranstaltungskalender

konnten wieder selbst festgelegt werden. Der Zieleinlauf um 19.30 Uhr am Denkmalsplatz in der Fußgängerzone war die einzige Vorgabe des Veranstalters. So nahmen nicht nur Jogger, sondern auch Walker und Wanderer teil. Die Aktionsgruppe, die sich 2012 im ostfriesischen Leer gegründet hat, sammelte durch den Sternlauf 5025,50 Euro für ein Projekt der Welthungerhilfe in Äthiopien. kka

OKTOBER

15. Oktober

3. Rheidter Spendenlauf

NIEDERKASSEL | Beim 3. Rheidter Spendenlauf der Aktionsgruppe »Swim & Run« zugunsten der Welthungerhilfe können Läufer und Walker zwischen einer Fünf- und einer Zehnkilometerstrecke wählen. Außerdem gibt es einen Lauf für Kinder. Der erste Lauf startet um 10 Uhr an der Rheidter Werth, 53859 NiederkasselRheidt. Weitere Informationen unter: spendenaktion.nothilfe@web.de oder unter: www.welthungerhilfe.de/mitmachen/veranstaltungskalender

17. Oktober

Den Nachlass gestalten

PFORZHEIM | Eine Informationsveranstaltung zum Thema Nachlass und Testamente findet in Pforzheim statt am 17. Oktober, 17 bis 19 Uhr. Anmeldung und weitere Informationen, auch zum Nachlassratgeber, bei: Martina Rauwolf, Telefon: (0228) 22 88-268, E-Mail: martina.rauwolf@welthungerhilfe.de

© privat

24. Oktober

Launch Kompass 2030

BERLIN | Jörg Angerstein, Vorstand von Terre des Hommes, und Dr. Till Wahnbaeck, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe, präsentieren Journalisten den Kompass 2030 ab 8.30 Uhr bei einem Frühstück im Restaurant Habel am Reichstag.

ALLES IM GRÜNEN BEREICH: 200 Jogger, Walker und Wanderer nahmen am Lauf in Leer teil.

NOVEMBER

7. und 8. November

15 000 Euro in der Schleppe © Franziska Krug/Getty Images

schloss in Mellenthin. 80 HERINGSDORF | Das ChaReiter, begleitet durch rity-Event »Usedom Cross 200 Hunde, folgten einer Country« zugunsten der künstlich gelegten DuftWelthungerhilfe hat sich spur durch die Wälder zur festen Institution mit Usedoms. Am Sonntag großer Fangemeinde entfand eine Schauschleppe wickelt. Zur zwölften Aufam Strand in Ahlbeck lage kamen Anfang Sepstatt, die auch viele tember Prominente und Zuschauer anlockte. Dr. Tierliebhaber auf der Ost- ZUFRIEDEN: Initiator Till Demtrøder (vorn rechts) Tilman Spangenberg, Geseeinsel zusammen. Initi- samt Teilnehmern. schäftsführer des Unterator war erneut Schauspieler Till Demtrøder, der aus Fernsehserien wie nehmens Wibo, Spezialist für Elektroheizungen und »Der Landarzt« oder »Der Bergdoktor« bekannt ist. Elektrokamine, überreichte Veranstalter Demtrøder Highlight des Wochenendes war die unblutige am Samstagabend 15 000 Euro für die WeltSchleppjagd von Schloss Stolpe bis zum Wasser- hungerhilfe. kka

rauwolf@welthungerhilfe.de

9. November

Rock gegen Hunger

DÜSSELDORF | Die große Rockshow zugunsten eines Welthungerhilfe-Projekts in Madagaskar geht in die nächste Runde: Organisiert vom Düsseldorfer Freundeskreis, wird im Henkelsaal um den Titel »Düsseldorfs beste Unternehmensband 2017« gerockt. Veranstaltungsort: Schlösser Quartier Bohème, Ratinger Straße 25, Beginn: 19 Uhr.

19. November

Familienbrunch

festtage.dus@maritim.de

Gegen Hunger in Madagaskar

Buch 1.indb 15

OSNABRÜCK UND DRESDEN | Informationsveranstaltungen zum Thema Nachlass und Testamente sind am 7. November, 17 bis 19 Uhr, in Osnabrück, und am 8. November, 17 bis 19 Uhr, in Dresden. Anmeldung und weitere Informationen, auch zum Nachlassratgeber, bei: Martina Rauwolf, Telefon: (0228) 22 88-268, E-Mail: martina.

DÜSSELDORF | Beim großen Familienbrunch im Düsseldorfer Maritim Hotel am Maritim-Platz zugunsten der Welthungerhilfe gibt es ein Bühnenprogramm mit Show und Gesang sowie eine kleine Afrikaausstellung. Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren zahlen 8 Euro, Erwachsene 24 Euro. Beginn: 11 Uhr. Karten gibt es unter:

DÜSSELDORFER FREUNDESKREIS | BENEFIZ-GOLF-CUP

25. November

Leseabend mit Cukrowski und Dölle

KÖLN | Eine Reise durch die Literatur Afrikas bieten das Allerweltshaus Köln und Stimmen Afrikas in Kooperation mit der Welthungerhilfe und anderen. Die Schauspieler Gesine Cukrowski und Robert Dölle werden aus verschiedenen Werken lesen. Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro. Ort: Forum Volkshochschule am Neumarkt, Beginn: 19.30 Uhr.

DEZEMBER

2. Dezember

© David Klammer/Welthungerhilfe

DÜSSELDORF | Rund 75 Golfsportler waren der Einladung des Düsseldorfer Freundeskreises der Welthungerhilfe zum sechsten »Golf gegen den Hunger« am 17. September gefolgt. Auf der Anlage des Düsseldorfer Golf-Clubs lieferten sie sich ein sportlich forderndes Spiel, das unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Thomas Geisel stand. Als prominente Gäste engagierten sich die Schauspieler Jan Hartmann, Liz Baffoe und Andrea Spatzek sowie Exprofifußballer Thomas Allofs für das Benefizturnier mit hochwertiger Tombola. Als Titelsponsor förderte erneut das Porsche Zentrum Düsseldorf den Golf-Cup, weitere Sponsoren waren das Bankhaus Metzler, Hapag-Lloyd, Emirates und Givenchy. Eine Abendveranstaltung mit über 100 Gästen rundete das Turnier ab. Etwa 20 000 Euro Spenden kamen zusammen und fließen in das vom Freundeskreis unterstützte Welthungerhilfe-Projekt im afrikanischen Inselstaat Madagaskar. Sieben von zehn Menschen leben dort unterhalb der Armutsgrenze. Veraltete Anbautechniken und extreme Klimaveränderungen führen zu sehr mageren Ernten, und KONZENTRATION GEFRAGT: Schauspieler Jan Hartmann viele Menschen leiden Hunger. bru beim Putten.

Den Nachlass gestalten

© Welthungerhilfe

TITEL | USEDOM CROSS COUNTRY

Weihnachtströdelverkauf

OBERHAUSEN | Mit dem Verkauf von Spielzeug, Büchern und anderem Trödel setzt sich die Aktionsguppe Oberhausen für eine Welt ohne Hunger ein. Ort: Center-Point an der Kreuzung Bahnhofstraße/Steinbrinkstraße; 8 bis 13 Uhr. Die Aktion findet nur bei gutem Wetter statt.

3. Dezember

Benefizaktion auf dem Weihnachtsmarkt

LUDWIGSBURG | Die Aktionsgruppe »Tu Was e. V.« bietet auf dem Ludwigsburger Weihnachtsmarkt von 11 bis 21 Uhr einen Stand mit Tombola und warmen Getränken zugunsten der Welthungerhilfe an.

06.10.17 10:57


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MEDIEN & UNTERHALTUNG

WELTERNÄHRUNG

3. Quartal 2017

INNOVATION | DIGITALE CHANCEN NUTZEN

RÄTSEL UND VERLOSUNG

Mit der Smartphone-App aufs Feld

Indikatoren und Faktoren für Hunger In diesem Rätsel sind drei Indikatoren des Welthunger-Indexes, vier Mikronährstoffe und zwei Auswirkungen von verborgenem Hunger zu finden: waagerecht und senkrecht, vorwärts und rückwärts, gerade und geknickt, jedoch nicht diagonal. Die übrig bleibenden Buchstaben ergeben, richtig angeordnet, das Lösungswort.

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Märchen-CDs zu gewinnen © Welthungerhilfe Simbabwe

GUT PFLANZEN UND VERKAUFEN: Die App Kurima Mari versorgt Bauern mit Informationen. Eine neue App für den Verleih von Geräten ist im Aufbau.

die Geräte und Dienstleistungen an Kleinbauern vermieten, verwiesen werden. Das neue Projekt wurde im Rahmen des internen Innovationsaufrufs der Welthungerhilfe als eine der drei besten Innovationsideen prä-

miert. Im Frühjahr 2017 soll der Prototyp fertig sein. bru Video unter: www.tinyurl.com/appfuer-kleinbauern. Infos unter: www. welthungerhilfe.de/innovation

© Welthungerhilfe

BONN | Bessere Ernten durch Digitalisierung? Die Smartphone-App Kurima Mari schafft dafür beste Voraussetzungen. Informations- und Kommunikationsexperte Tawanda Hove vom Welthungerhilfe-Team in Simbabwe entwickelte die App mit einer Crew aus Webdesignern und Programmierern für die Bauern des Distrikts Gokwe mit dem Ziel, die Bauern in dieser ländlichen Region mit schwacher Infrastruktur schnell mit allen relevanten Informationen zu versorgen. Bauern, die die App installiert haben, erhalten regelmäßig Wetterberichte per SMS. Sie können über Kurima Mari aktuelle Marktpreise für landwirtschaftliche Produkte abfragen sowie vergleichen und Informationen abrufen, welche Kultursorten in ihrer Region am besten gedeihen. Dazu bietet die App kompakte Informationen und Schritt-für-Schritt-Anleitungen per Video zu Aufzucht und Pflege einzelner Pflanzensorten. Über 7000 Bauern der Region haben die App bereits heruntergeladen, etwa 2500 nutzen sie aktiv. Tawanda Hove wertet mit seinem Team kontinuierlich die Rückmeldungen der User zur Verbesserung der App aus und arbeitet zugleich mit Hochdruck an seinem neuen Projekt: AgriShare. Mit dieser App sollen Landwirte und Privatunternehmer untereinander vernetzt werden, damit die Landwirte ihre Produktionsmittel wie Traktoren, Werkzeuge oder Arbeitskraft teilen können oder schnell an Privatunternehmen,

Das Rätsel in der »Welternährung« 2/2017 stand unter dem Thema Krisen benennen, Krisen bewältigen. Gesucht wurden folgende zehn Begriffe: Hilfsprogramme, Spenden, Kredite, Wasserknappheit, Duerrekrise, Erdbeben, Seuchen, Kriege, Hungersnot. Das Lösungswort lautete: Hilfsmassnahmen. Als Gewinner der Turnbeutel wurden ausgelost: Marianne Rompel (Limburg), Kurt Frank (Bindlach), Ute Möller (Frankenthal). Auch in dieser Ausgabe der »Welternährung« gilt es wieder, eine anspruchsvolle Nuss zu knacken. Unter den richtigen Einsendungen

verlosen wir drei CDs »Märchenwelten«. Prominente wie Hardy Krüger, Claus Kleber oder Armin Rohde lesen Märchen aus aller Welt. Machen Sie mit beim Rätseln und senden Sie die Lösung bis zum 30. November 2017 an folgende Adresse: Deutsche Welthungerhilfe e. V., Birgit Rücker, FriedrichEbert-Straße 1, 53173 Bonn. Oder schicken Sie eine E-Mail: birgit. ruecker@welthungerhilfe.de. Es gilt das Datum des Poststempels. Die Lösung finden Sie in der nächsten Ausgabe der »Welternährung«.

BUCHBESPRECHUNGEN ERINNERUNGEN | FLUCHT UND RETTUNG DER BOATPEOPLE

AFRIKA | ERSTES BUCH MANKELLS ÜBER SEIN LEBENSTHEMA

Was man nie vergessen kann

Der Sandmaler

SACHBUCH | 40 Jahre ist es her, dass 1,6 Millionen Vietnamesen über das Chinesische Meer aus ihrer Heimat flohen. Über die Hälfte von ihnen erreichte nie ein rettendes Ufer, doch mehr als 10 000 der Boatpeople konnten von der Cap Anamur, einem privaten deutschen Rettungsschiff, in Sicherheit gebracht werden. Erstmals erzählen sie jetzt öffentlich von ihren

dramatischen Erlebnissen, von ihrer Entscheidung, ihr Leben zu riskieren, von der grausamen Reise und dem unvergesslichen Moment der Rettung. Rupert Neudeck, der mit seiner Frau Christel Cap Anamur/Deutsche NotÄrzte e. V. gründete, initiierte das Buch, ehe er 2016 starb. Christel Neudeck führte das Projekt zu Ende. kka

Rupert und Christel Neudeck: »Was man nie vergessen kann«, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2017, 184 Seiten, 19,90 Euro.

ROMAN | Stefan und Elisabeth treffen sich auf dem Flug nach Afrika wieder. Während Stefan das Strandleben genießt, stellt sich Elisabeth der Armut des nicht näher benannten Landes. »Der Sandmaler« wurde 1974 geschrieben und drei Jahre nach Mankells Tod veröffentlicht. Der Roman ist Auftakt für Mankells Themen: Schönheit des Landes, Überlebenskunst der Einheimischen und Nachwirkungen des Kolonialismus. kka

»WELTERNÄHRUNG« IM ABONNEMENT Schicken Sie uns diesen Coupon mit Ihrer Adresse oder abonnieren Sie die Zeitung online unter: www.welternaehrung.de. Dann erhalten Sie die »Welternährung« viermal im Jahr kostenlos.

Name, Vorname

Henning Mankell: »Der Sandmaler«, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2017, 160 Seiten, gebunden, 20 Euro.

IMPRESSUM Herausgeber: Deutsche Welthungerhilfe e. V., Friedrich-Ebert-Straße 1, 53173 Bonn Redaktion: Birgit Rücker (Leitung); Beate Schwarz, Camilla van Heumen, Elke Weidenstraß (muehlhausmoers corporate communications gmbh) V.i.S.d.P.: Simone Pott Telefon: (0228) 22 88-134 Telefax: (0228) 22 88-99 134 Internet: www.welthungerhilfe.de E-Mail: info@welthungerhilfe.de Gestaltungskonzept: querformat editorial design, Hamburg/ Aline Hoffbauer, Ingrid Nündel Layout: Pia Göke, Sabine Schiemann, Britta Siebert (muehlhausmoers corporate communications gmbh)

Straße

Druck: Joh. Heider Verlag GmbH, Bergisch Gladbach Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Recyclingpapier Bestellnummer: 460-9524

PLZ, Ort

E-Mail

DEUTSCHE WELTHUNGERHILFE E. V. | Redaktion »Welternährung« Friedrich-Ebert-Straße 1, 53173 Bonn | Telefon: (0228) 22 88-134 | Telefax: (0228) 22 88-99 134 | E-Mail: info@welthungerhilfe.de

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Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer miteingeschlossen. Die »Welternährung« erscheint vierteljährlich. Die Herausgabe der Zeitung wird aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft unterstützt. Namensbeiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Nachdruck erwünscht mit Quellenangaben und Belegexemplar. Redaktionsschluss dieser Ausgabe ist der 26. September 2017.

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