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Weinstory Chandra Kurt
Schweizer Weinkultur mit Chandra Kurt
Neuenburger Weintradition
Château Auvernier be ndet sich am Neuenburgersee und ist seit über 400 Jahren im Familienbesitz. Henry Grosjean repräsentiert die 15. Generation dieser traditionsbewussten Schlossfamilie, deren Weine zu den besten der Region zählen. Etwas über 60 Hektaren Reben werden verarbeitet, wobei Chasselas und Pinot Noir die önologische DNA des Gutes sind.
Text: Chandra Kurt Bilder: Christoph Kern

Château d’Auvernier wurde 1603 erbaut und be ndet sich unweit des Ufers des Neuenburgersees im gleichnamigen Ort Auvernier. Fischerei und Weinbau waren hier früher Hauptaktivitäten, inzwischen ist der Weinbau dominant. Über 400 Jahre später entdeckt man auf dem Anwesen zahlreiche Zeugnisse dieser langen Geschichte und wäre da nicht der moderne Degustationsraum, könnte man meinen, sich gerade in einer Zeitzone der Vergangenheit zu be nden.
Château Auvernier ist ein Bijou schweizerischer Weinkultur, das uns auch vor Augen führt, wie weit unsere önologische Geschichte zurückgeht und dass die wichtigsten Reben und Terroirs historisch bedingt oftmals neben Klöstern oder Schlössern angelegt worden sind. In der Weinregion Neuenburg gibt es zahlreiche Schlösser und Klöster zu entdecken, wobei der Ursprung auf das Jahr 998 zurückgeht, als die Cluniazenser Mönche der Abtei von Bevaix die Erlaubnis erhielten, den ersten Weinberg der Region anzup anzen. Inzwischen ist Neuenburg Teil der Weinbauregion Drei-Seen und macht mit ihren rund 600 Hektaren Reb äche zwei Drittel der Gesamt äche aus. Die Weinberge erstrecken sich entlang dem See von Vaumarcus im Westen über Auvernier bis nach Neuenburg und Cressier im Osten. Hauptsorten sind Chasselas mit etwas über 160 Hektaren für Weissweine und Pinot Noir mit über 330 Hektaren für Rotweine. Die Pinot-Dominanz liegt auf der Hand, zumal Burgund und Neuenburg nur durch das Jura-Massiv getrennt sind. Die Nähe zum Burgund hat natürlich ihren Ein uss, wobei die Region eine eigenständige Interpretation von Pinot Noir vini ziert. Die Pinots Neuenburgs sind von Frische, Finesse, Parfüm, delikater Struktur und einer selbstsicheren Präsenz gezeichnet. Dass sich Pinot Noir hier wohl fühlt, hat mit den kalkhaltigen Böden des Jurasüdfusses, dem gemässigten Klima und der Höhe der Rebberge auf 430 bis 600 Meter über Meer, wie auch mit den markanten Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht zu tun. Im Unterschied zum Burgund sind die Böden viel jünger und die Regenmenge ist auch nicht vergleichbar. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum es falsch wäre, Neuenburg als «das kleine Burgund» zu bezeichnen – und dass sind die bodenständigen Neuenburger, die wohl Französisch sprechen, aber auch Deutsch, und historisch eine A nität zu den Preussen hegten, bis sie schliesslich 1814 der Schweiz beitraten.
Henry Grosjean ist nicht nur stolzer Schweizer und Schlossherr von Château Auvernier, er ist auch ein stolzer Neuenburger, der die Arbeit seiner Winzerkollegen schätzt. Dass erlebt man bei einem Besuch des Winzerstädtchens Auvernier, wo Weinbau omnipräsent ist und sich zahlreiche jahrhundertalte Winzerhäuser unweit von oder direkt an der Grand-Rue be nden. Zu ihnen gehören unter anderem die Domaine de Montmollin, La Maison Carrée oder Domaine Bouvet-Jabloir.
Spricht man von Neuenburg, spricht man auch von zwei regionalen Signaturweinen –
dem trüben Non-Filtré (100% Chasselas) und dem pinken Œil de Perdrix (100% Pinot Noir). In Neuenburg geht letzterer auf das Jahr 1861 zurück und wird «leider» inzwischen im ganzen Land abgefüllt, da man im Gegensatz zum Non-Filtré vergessen hatte, den Namen zu schützen. Wie auch immer – das Original stammt aus Neuenburg und die Abfüllung von Château d’Auvernier ist eine der besten überhaupt. Es ist ein weiniger Rosé, den man zu Fisch wie auch zu Fleisch geniessen kann und der sogar etwas Reifezeit im Keller verträgt. Er macht rund 40% des Absatzes der Kellerei aus, was für die Wichtigkeit dieser bernsteinfarbenen Spezialität spricht. Seinen Namen verdankt er nicht dem Zufall oder gar dichterischer Freiheit. Seine unverkennbare braun-rötliche Farbe entspricht vielmehr genau jener, die das sonst kastanienbraune Auge eines sterbenden Rebhuhns annimmt. Ältere Weinetiketten von Œil-de-Perdrix-Weinen zeigen oft auch den Blick des waidwunden Flügeltiers, mitunter sogar zusammen mit einem Blutstropfen. Doch diese Kenntnisse scheinen sich verloren zu haben: Auf den heutigen Flaschen ist – wenn überhaupt – meist ein springlebendiges Rebhuhn zu sehen. Die Abfüllung von Auvernier zeigt kein Rebhuhn, sondern das stolze Schloss, das auch auf dem Non-Filtré zu erkennen ist.


Der Insider-Tipp
Wein aus der Magnumflasche?
Eine Magnumflasche enthält 1,5 Liter Wein, was dem Inhalt von zwei «normalen» Weinflaschen entspricht. Ihre Aura ist jedoch deutlich festlicher. Ein solches Grossformat wirkt an der Bartheke besonders positiv. Auch Weissweine und Schaumweine werden in Grossformate abgefüllt. Wer den Wein nicht gerne aus der Magnum ausschenkt, kann den Inhalt vorher in zwei bis drei schöne Weinkaraffen verteilen. Wichtig ist einfach, dass man vor dem Umgiessen prüft, dass der Wein keinen Korkfehler hat. Falls es vorkommen sollte, dass der Inhalt nicht ganz ausgetrunken ist, kann man ihn beispielsweise in eine kleinere Flasche umfüllen oder einfach den Korken wieder auf die Flasche drücken und diese in die Kälte stellen – hier ist jedoch zu betonen, dass die weinbenetzte Seite des Korkens in die Flasche kommt, da von der anderen Seite her schnell Unreinheiten in den Wein gelangen können.
Bekannte Flaschengrössen:
0,75 l Normalflasche 1,5 l Magnum 3l Doppelmagnum 4,5 l Jeroboam 6l Impérial (Bordeaux) oder Methusalem (Burgund oder Champagner) 9l Salmanazar 12 l Balthasar
Bisher erschienen:
Dekantieren oder nicht? Naturweine auf die Weinkarte? Was tun bei Korkgeschmack? Was ist die ideale Trinktemperatur?

https://chateau-auvernier.ch
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