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Editorial
Was hinter dem ersten Hospitality Summit steckt
Berlin, 3. Februar 2020, wenige Wochen vor Beginn der Corona-Krise. Im Hotel Intercontinental findet der Deutsche Hotel kongress mit der Hotel Expo statt. Mehr als tausend Hoteliers und HospitalityExperten aus ganz Deutschland strömen an den zweitägigen Kongress. Am Abend des 3. Februar wird an einer Gala im «Interconti» der «Hotelier des Jahres» gefeiert – ein gesellschaftlicher Höhepunkt für die Hotelbranche in Deutschland. Der Hotelkongress mit der Hotel Expo wird hier seit über 20 Jahren durchgeführt – mit grossem Erfolg. Organisator ist die dfv Conference Group GmbH, eine Tochtergesellschaft des Verlages, der die Allgemeine Hotellerie- und Gastronomie Zeitung (AHGZ) herausgibt. Der deutsche Hotelverband (IHA) ist nicht beteiligt. Der Hotelkongress in Deutschland ist ein rein privatwirtschaftlich organisierter Event, der auch satte Gewinne einspielt (ca. 500000 Euro pro Jahr).
Ich habe mich in den letzten Jahren immer wieder gefragt: Warum haben die Schweizer Hoteliers keinen eigenen Kongress? Warum schaut man nicht nach Berlin – und führt dann (nach deutschem Vorbild) einen Hotelkongress in Zürich, Basel oder Bern durch?
Ich erzählte schon 2018 meinem Kollegen Fiorenzo Fässler, Marketingexperte und Inhaber der Smarket AG, von der Kongress-Idee – und dieser stellte sich die Frage nach dem Schweizer Hotelkongress seit Jahren genauso. Wir kannten beide den Deutschen Hotelkongress von früheren Besuchen. Also beschlossen wir, An fang Februar 2020 besagten Event in Berlin zu besuchen, nun jedoch mit der fixen Ab sicht, möglichst viele Kongressinformationen und Daten aus erster Hand zu erhalten. Wir weilten zwei Tage vor Ort, führten lange und intensive Gespräche mit den Kongressorganisatoren, die uns Einblick in Organisation, Infrastruktur und Finanzen gaben. Schon zuvor, im September 2019, hatte Fiorenzo Fässler mit Exponenten des Branchenverbandes HotellerieSuisse gesprochen, welche die Idee ebenfalls gut fanden. HotellerieSuisse hatte seit Jahren auf die Zusammenlegung verschiedener Events in der Schweiz gepocht und dabei auch an einen Kongress gedacht. Für Fässler, der seit 2015 die Gala «Hotelier des Jahres» in der Schweiz mit grossem Erfolg organisiert hatte, stand fest: Ohne HotellerieSuisse konnte ein Event dieser Grössenordnung in der Schweiz unmöglich erfolgreich durchgeführt werden.
Die Exponenten von HotellerieSuisse, allen voran Marketing- und Verlagsleiter Bernt Maulaz, trugen die Kongress-Idee mit in tegrierter Gala «Hotelier des Jahres» denn auch von Anfang an. Dass der Verband trotz Krise an der neuen Idee festhielt, zeugt von Mut und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Der Rest ist Geschichte. Kurzfassung: HotellerieSuisse zauberte den Event im Rekordtempo aus dem Hut, überzeugte Partner und Sponsoren in Zusammenarbeit mit einem kleinen, externen Kernteam zwecks Finanzierung und Organisation; die Trägerschaft übernahmen die EHL, die Hotelfachschule Thun,
HANS R. AMREIN
der VDH, Schweiz Tourismus, Hotela und die SGH, wobei diese Organisationen sich auch finanziell beteiligten. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) übernahm das Patronat. Etwa 90 Firmen und Partner des Verbandes waren bereit, mit einem Stand am neuen Event präsent zu sein. Der Hospitality Summit war geboren.
Aufgrund der Covid-Krise musste die Premiere allerdings von Juni auf September 2021 verschoben werden.
Am 7. September 2021 um 10.10 Uhr war es also so weit: Start zum ersten Hospitality Summit in den Hallen 550 im ehemaligen Industriegebiet von Zürich-Oerlikon. Verbandspräsident Andreas Züllig begrüsste die Gäste. Mehr als 1100 Branchenvertreterinnen und -vertreter nahmen teil. Es gab an zwei Tagen nicht weniger als 13 Podiumsdiskussionen, 14 Referate, sieben Talks mit insgesamt 90 Rednerinnen und Rednern. Hinzu kam der Auftritt von über 100 Partnern und Institutionen im «ExpoTeil». Und der gesellschaftliche Höhepunkt folgte am Dienstagabend: die Verleihung des Fach-Awards «Hotelier des Jahres 2021» mit anschliessender Hotelier-Party. Mehr als 700 Gäste, darunter fast die ge samte Hotelprominenz der Schweiz, waren dabei und genossen Speis, Trank und Smalltalk. Ein fantastischer Abend! Zweifellos das gesellschaftliche BranchenHighlight des Jahres. Natürlich hat der Hospitality Summit noch «Luft nach oben», denn einige Dinge sollten im nächsten optimiert oder anders gemacht werden, zum Beispiel die Moderationen. TV-Mann Urs Gedig mag ein erfolgreicher Fernsehmann sein, und seine Kollegin Aileen Zumstein wirkte sympathisch und spontan, aber den beiden fehlte das nötige Fachwissen, was zur Folge hatte, dass viele relevante Fragen erst gar nicht gestellt wurden. Etwas zu kurz kam am ersten Hospitality Summit die internationale Hotelszene. Mit Ausnahme von Maud Bailly, CEO Accor Süd-Europa, waren fast keine Exponenten der grossen Hotelkonzerne auf dem Podium. Und: Wo waren die renommierten Hotellerie- und Tourismus-Trendforscher aus Deutschland, Amerika, England oder Österreich? Oder die Chefs von Marriott, Intercontinental, Hyatt oder Hilton? Was der Trendforscher Matthias Horx in seinem Schlussreferat den Brancheninsidern erzählte, war alles andere als neu und spannend, eher ermüdend und langweilig. Kein wirkliches Schlussfeuerwerk. Alles in allem: Der erste Hospitality Summit war ein voller Erfolg. Ein top Anlass, ein gesellschaftliches Branchenereignis.
Gut gemacht, lieber Bernt Maulaz! Grosses Kompliment dir und deinem Team von HotellerieSuisse! Kompliment auch dem Team der Hotel-Revue (HTR). Die Kolleginnen und Kollegen der Verbandszeitung haben es in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch geschafft, in wenigen Stunden eine sehr gut gemachte, aktuelle HTR-Sonderausgabe zu produzieren.
Ich freue mich auf den zweiten Hospitality Summit, der am 1. und 2. Juni 2022 wiederum in den Hallen 550 in Zürich-Oerlikon stattfindet.
Hans R. Amrein
Der Autor
Hans R. Amrein, Publizist, Hoteltester, Buchautor und Dozent, ist seit 2010 Chefredaktor der Fachzeitschrift «Hotelier». Er ist auch Mitglied mehrerer Fachjurys.