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Welches Hotelmodell wird nach Corona Erfolg haben?
Wer ist Damien Rottet?
Als Experte für Hospitality und Bau entwickelt und setzt Damien Rottet seit sieben Jahren bei D&D Hospitality Projects GmbH Projekte um. Als unabhängiger Experte führt er mit seinem fünfköpfigen Team Projekte mit ganzheitlichem Blick zum Erfolg und agiert im Interesse der Bauherrschaft. Konzeption, Realisierung und Beschaffung von FF&E, OS&E und IT gehören zu den Kernleistungen des Unternehmens. Rottet ist weiter an der Firma COM. Cierge beteiligt, welche die ganzheitliche Digitalisierung der Branche vorantreibt. Um ganzheitliche Konzepte aus einer Hand umzusetzen, hat er 2020 die Firma Gastruum GmbH gegründet, die Umbauten und Ausstattungen aus einer Hand und unter einer Verantwortung ausführt. Vor seiner Zeit als Unternehmer war Damien Rottet über fünf Jahre bei «Katara Hospitality Switzerland» aktiv und prägte damals die Projekte Hotel Schweizerhof Bern, Hotel Royal Savoy Lausanne und das Bürgenstock Resort mit.
hospitalityprojects.ch
Hotelprojekt-Experte Damien Rottet über das Hotel nach der Pandemie
Die Coronakrise hat uns aufgezeigt, wie schnell und unverhofft unser Alltag aus den Fugen geraten kann.
Die Krise erfordert(e) ein hohes Mass an Flexibilität, Innovation und Energie seitens unserer Branche
und ein sich «neu-erfinden» der touristischen Akteure insgesamt, schreibt der Hotelbau- und Projektexperte
Damien Rottet. Er stellt die Frage: Welche Hospitality-Modelle werden nach Corona Erfolg haben?
TEXT Damien Rottet
Nach über 18 Monaten Covid-19 stellt sich die Frage: Was folgt nach der eigentlichen Pandemie? In der Entwicklung von neuen Hotels, die binnen zwei bis fünf Jahren entstehen, stellen sich heute mehr denn je Fragen wie: Werden Hotels weiterhin so sein wie zuvor? Oder wird sich die Branche fragmentieren und lauter «Spezialisten» generieren? Wird der aktuelle Fachkräftemangel überwunden oder übernimmt die Digitalisierung grosse Teile des Personaleinsatzes? Und welche neuen Produkte entstehen aus ehemaligen Hotels?
Ich wage eine Prognose mit 10 Schlagwörtern und Thesen:
1. Spezialisierung: Unsere Akteure fokussieren sich auf Ihr Kerngeschäft: Hoteliers auf das Schlafen, Gastronomen auf die Verpflegung, Seminar-, Event- und Livestream-Organisatoren auf die Erlebnisse und das Rahmenprogramm. Dies hat zur Folge, dass der «klassische» Hotelier, der sich bis anhin in allen Belangen autonom um das Wohl der Gäste kümmerte, sich langsam aber sicher einem Netz von Spezialisten anschliesst, um eben diesen verschiedensten Anforderungen gerecht zu werden. Neue Marken und Anbieter entstehen mit dem Ziel, Hotels in neuer Form zu bespielen. Was heute teilweise in Städten schon umgesetzt wird, wird sich in Zukunft in allen Regionen (auch im Berggebiet und in der Resort-Hotellerie) etablieren: Ein Hotelbetrieb ist ein Zusammenschluss mehrerer Spezialisten aus unterschiedlichen Disziplinen, die sich einem Ziel widmen – dem Gästeerlebnis.
2. Instagrammability: Hotels und letztendlich Marken werden so konzipiert, dass gewisse Bereiche oder Anlagen WowEffekte generieren, die gezielt auf #instagrammability ausgelegt sind. Es ist das Ziel, eine schnelle und effiziente Vermarktung über die sozialen Netzwerke zu schaffen. Was heute teilweise subtil in Projekte einfliesst, wird in Zukunft Teil des Raumprogramms sein und bei der Planung von Neu- oder Umbauten gezielt inszeniert werden.
3. Social Social Social: Die Bedürfnisse der Gäste waren bereits vor der Krise volatil und kaum mehr einem klaren Profil zuzuordnen. Durch Corona wurde diese Entwicklung weiter beschleunigt: Heute als Businessgast im Stadthotel, morgen als Nomade mit gleichgesinnten Freunden im Baumhaus am Lagerfeuer. Die soziale Entfernung in über 18 Monaten Covid-19 ge neriert eine Rückwärtsbewegung. Motto: Wo kann man sich vermehrt an öffentlichen, sicheren Orten mit viel Platz in den unterschiedlichsten Formen und Formaten treffen? Öffentliche Räume sowie Aussenräume und Dachflächen werden heiss begehrt und aktiv bespielt, um den sozialen Austausch bewusst zu fördern. Wo früher eine Hemmschwelle für externe Gäste galt, wird das moderne Hotel zum Ort der Zusammenkunft im sicheren Rahmen.
4. Klassifikationsform: Die heutige Klassifikation in Sterne-Kategorien, die gewissermassen auch Anforderungen an die Entwicklung neuer Produkte stellt, wird sich wohl oder übel verändern müssen. Neue Marken und Konzepte wie z.B. CitizenM, Revier-Hotels oder hybride Beherbergungsformen wie StayKooook erfordern ein höheres Mass an Flexibilität in der entsprechenden Kategorienordnung. In Zukunft werden Hotels über deren Fokus identifiziert: Lifestyle, Boutique, Nomade, Retreat, Regenerate.
5. Make or Buy: Durch die fragmentierten Betriebsstrukturen wird sich in Zukunft vermehrt die Frage stellen: Soll ich die Leistung selbst erbringen (make) oder ➤

Revier Hotel

CitizenM StayKooook

zukaufen (buy)? Outsourcing und/oder Kooperationen sind bereits zum heutigen Zeitpunkt in der Stadt gängig und werden auch in ein paar Jahren verstärkt in ländlichen Gebieten anzutreffen sein. B-Smart, zum Beispiel, hat die Krise genutzt, um die B-Smart-Services aktiv am Markt zu platzieren und kleinen/mittleren Hotels ein Outsourcing der Rezeption zu ermöglichen. Ein Trend, der sich in Zukunft weiter etablieren wird.
6. Immobilie als Plattform: Die städtische Hotelentwicklung der letzten Jahre erfuhr aufgrund eines eher schwachen Büromarktes einen Aufschwung. In Zu kunft dürften sich Investoren und Besitzer von Hotels in allen Regionen über die Spezialisierung von Unternehmen erfreuen, die aufgrund ihrer Synergien und ihrer Expansion noch effizienter werden. Der fragmentierte Hotelbetrieb, geführt von einzelnen Spezialisten unter einem Dach und mit einem Ziel, wird sich als Standard durchsetzen. Die Immobilie des Investors oder Besitzers bietet dazu die notwendige Plattform. Durch die höhere Effizienz der Parteien ist es dem Investor oder Besitzer auch möglich, einen stabilen Miet- oder Pachtertrag zu generieren, was ihm wiederum die Möglichkeit bietet, in die Infrastruktur zu investieren. Insgesamt ein Win-Win-Win-Modell für Eigentümer, Be treiber und Gast. 7. Experience Economy: Aufgrund der sozialen Entfernung erachte ich es als realistisch, dass Gäste zunehmend Erlebnisse buchen werden, bei denen Sie im sicheren Ambiente soziale Kontakte haben und zugleich für sich und ihre ganz persönliche Lernmotivation etwas Neues erleben. Entsprechend werden sich Hotels im Rahmen der unterschiedlichen Konzepte auch zu erlebnisorientierten Zentren entwickeln, durch welche Gäste erfahrungsreicher werden.
8. E-Hotel: Von grösserer Bedeutung wird demnach auch die Digitalisierung sein. Die Service-Prozesse können durch individuell abgestimmte Technologien verkürzt werden, was wiederum dem Hotelier die Chance gibt, mehr Zeit dem Gast zu widmen, aber auch einen ökonomisch effizienteren Prozess ermöglicht. Dank digitalen Prozessen wird der administrative, aber auch der personelle Aufwand markant reduziert. Dies hat zur Folge, dass dem Gast mehr Zeit gewidmet wird.
9. Co-Everything: Bereits vor Covid waren Konzepte im Rahmen der «Sharing Economy» gefragte Betriebsformen. Nun werden diese Konzepte im Rahmen von neuen Marken und Betreibern mehr denn je aktiviert: Co-Living wird genauso wie CoWorking, Co-Dining und Co-Socializing in Hotels Einzug halten. Konzepte wie zum Beispiel «Tomo Domo» haben bereits begonnen, Hotels zu Co-Living-Liegenschaften umzunutzen. Co-Everything beschreibt auch die Co-Existenz mehrerer Betriebsformen unter einem Dach – sogenannte hybride Formen. Wir sehen Hotelprodukte als Matrix von Möglichkeiten, in welchen Co-Konzepte mit Lifestyles der Hotelbranche komplett frei und flexibel zu einem neuen Produkt verpackt werden.
10. Architectural Design: Und wo liegt die Zukunft im Design? Ich erachte es als zunehmend realistisch, dass der Fokus in Zukunft auf schlichte, geradlinige Formen und helle, klare, hygienische Farben ge setzt wird. Etwas femininer wird das Design wirken, hübsch und mit viel ausgewähltem Make-Up oder Dekorationen. Der Fokus in den neuen Designs: warme, helle, grosszügige Räumlichkeiten schaffen mit hygienisch unbedenklichen, nachhaltigen Materialien.
FAZIT: Hotels der Zukunft werden als fragmentierte, digitalisierte «Orte» gelten, wo sich unterschiedliche Aufenthalts- und Beherbergungskonzepte unter einer «Marke» – dem Hotelnamen – vereinen. Diese Hotels bieten den Gästen einen sicheren Ort für sozialen Austausch – und das in modernem, femininem Design. Der Ort entspricht den hygienischen Anforderungen und bietet zugleich ein überdurchschnittliches Mass an Erlebnissen und #instragammability.
Szenografie in Hotellerie und Gastronomie
Jeder Raum ist eine Bühne!
In Hotellerie und Gastronomie spielen Emotionen und die Steuerung dieser eine bedeutsame Rolle. Das Schaffen von Identität mit emotional aufgeladenen gestalterischen Mitteln, trägt zu einer nachhaltigen Bindung und Identifikation mit den Gästen bei. Die Konsumenten, kulturelle Trends und demographische Entwicklung sind im stetigen Wandel. Zudem haben sich auch die Interessen verschoben. Dies schlägt sich auch im Marketing nieder. Instagrammability, das sogenannte In fluencer Marketing, ist wichtiger denn je, gerade wenn man als Hotel oder Restaurant heutzutage bei der Entscheidungsfindung der Konsumenten eine Rolle spielen möchte. Heutzutage sind fotogene Orte und aussergewöhnliche Interieurs für ein erfolgreiches Social-Media Marketing massgebend. Like-hungrige Followers su chen nach der perfekten Kulisse, nach der idealen Szenerie für ein perfektes Instagram-Bild. Wer es also schafft seine Lokalität zu einem attraktiven Foto Spot zu etablieren, braucht sich eigentlich um das Marketing kaum noch Sorgen zu machen.
Der Drang etwas zu erleben und dies mit anderen zu teilen, ist ein immer grösseres Bedürfnis geworden und ein unverzichtbarer Bestandteil bei der Planung in Hotellerie und Gastronomie. Heute suchen Gäste nach einem emotionalen Mehrwehrt, nach einzigartigen und aussergewöhnlichen Erlebnissen. Nur was jemanden berührt, kann ihn auch begeistern. Die Erlebnisinszenierung in Hotellerie und Gastronomie ist heutzutage genauso wichtig, wie ein gutes Essen und komfortables Schlafen. Das Ambiente muss entsprechend gestaltet sein. Das Ziel der Inszenierung ist eine Atmosphäre zu schaffen, welche bei dem Gast positive Gefühle auslöst, die nachhaltig in Erinnerung bleiben. Umso multisensorischer dabei eine Inszenierung ist, umso effektiver, spannender und nachhaltiger das Erlebnis. Visuelle Reize haben dabei natürlich den grössten Effekt, diese erreichen den Gast sofort und schaffen es, ihn gezielt in eine gewollte Stimmung zu versetzen.
In der Innenarchitektur sind die Bausteine der Inszenierung ähnlich wichtig, wie auf einer Bühne. Um eine aussergewöhnliche Welt zu kreieren, greift die Erlebnisinszenierung in Hotellerie und Gastronomie auf die Instrumente des klassischen Theaters zurück. Betrachtet man ein Restaurant oder ein Hotel wie ein Theater, so finden wir auch dort alle dazugehörigen Komponenten: Der Raum als solches wird zur Bühne, wir haben die Kulissen, die Requisiten, den Ton, das Licht und die Schauspieler. Im Folgeschluss ist jeder Raum eine Bühne und unsere Aufgabe ist es ihn zu bespielen.
Um ein erfolgreiches «Theater» zu kreieren, kann man sich an den vier Bausteinen der Inszenierung orientieren. Als erstes gilt es ein übergeordnetes Thema zu finden. Danach beginnt man mit der Gestaltung des Umfeldes, dem sogenannten «Setting». Hier liegt der Schwerpunkt besonders in der Materialisierung, der Farbgebung und der Formensprache. Doch am wichtigsten sind Storytelling und Dramaturgie, also der Einsatz der gestalterischen Mittel, welche das Stück zum Leben erwecken.
Das Ziel ist erreicht, wenn der Raum be ginnt zu erzählen.
Der Autor
Ivo Christow ist Dipl.-Des. Scenography (FH) und Interior Designer.
Krucker Partner AG
Sonnmatthof 1
6023 Rothenburg krucker-partner.ch
Seit 2018 fungiert er bei der Krucker Partner AG als Head of Design und ist in der Geschäftsleitung. In dem Innenarchitekturbüro, welches sich vorwiegend auf Hotel- und Gastronomiegestaltung spezialisiert hat, führt er sein Team mit starkem Fokus auf Storytelling und Inszenierung. Einzigartige und aussergewöhnliche Konzepte schaffen ist seine Leidenschaft.