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Wo sind sie denn, die Hoteldirektorinnen?

Tina Müller über Frauen in den Chefetagen der Hotellerie & Gastronomie

Wo sind sie denn, die Hoteldirektorinnen?

Der Monat Juni ist eigentlich der Frauenmonat. Die Frauen kämpfen am 14. Juni schweizweit für gleiche Rechte und Gleichberechtigung. Zudem ist der Monat Juni offizieller «Pride Monat» und auch hier geht es um gleiche Rechte für alle. Und alle schliesst eben alle ein und wir kämpfen notabene für Gleichberechtigung in einem Zeitalter, in dem dies selbstverständlich sein sollte. Ist es aber (noch) nicht.

In den Chefetagen ist die Luft dünn, das wissen wir alle. Für Frauen soll die Luft noch dünner sein, eigentlich paradox, müssen sie sich immer noch der Welt be weisen, wozu sie mehr Luft denn je bräuchten. Schon lange frage ich mich, wo die weiblichen Hotelmanagerinnen sind. Zu meinen Anfangszeiten in der Hotellerie wurde die Hoteldirektorin vor allem wahrgenommen als die Frau, die zuständig ist für Dekoration und Blumenschmuck. Und wahrscheinlich wurde sie von Gästen und Mitarbeitenden auch als Dekoration wahrgenommen, und zwar die des sogenannten Hoteldirektors. Die Frau eben, die Frau des Hoteldirektors. Ich für meinen Teil hatte während meiner Ausbildung das grosse Glück, die Hoteldirektorin anders kennenzulernen. Die damalige Hoteldirektorin war unter anderem tatsächlich für die Blumen zuständig. Sie war eine eher introvertierte Persönlichkeit, eine zurückhaltende Frau, die sich zeitweilen auch in ihrem Büro versteckte. Sie versteckte sich hinter den Zahlen und sie wusste über jeden Franken Bescheid. Ehrfürchtig brachten wir ihr jeden Tag um die gleiche Zeit den grossen Umschlag mit dem Tagesabschluss ins Büro, alles stimmte auf 5 Rappen genau. Ich wiederhole – ehrfürchtig.

Also, wo sind sie, die Hoteldirektorinnen? Im mittleren Kader treffen wir auf viele Frauen, die Chefs der Rezeption, die Service-Chefinnen, die Hausdamen, die SpaChefinnen … Sie sind top ausgebildet, verfügen wie all ihre männlichen Kollegen über die gleiche Ausbildung und den gleichen Weg bis zur letzten Sprosse dieser Leiter. Ich kenne viele weibliche «Chefs de» – und wenn ich sie frage, warum nicht Managerin, dann sagen sie, es sei so okay für sie.

Wir können Statistiken konsultieren, Diskussionsrunden einberufen und in all den Betrieben immer wieder wiederholen, wie wichtig wir die Frauenfrage nehmen und die damit verbundene Gleichberechtigung. Und wir Frauen dürfen den Männern nicht die Schuld dafür geben, wenn sie die letzte Sprosse der Karriereleiter nehmen und dies halt in einer gewissen Selbstverständlichkeit. So will und wollte es bis anhin die Geschichte. Seit Jahren sprechen wir ausschliesslich von den so genannten Hotelpionieren Rytz, Badrutt, Scherz, Berger & Co. Ich zähle jetzt bewusst die etwas ältere Generation auf.

Hotelpionierinnen? Fehlanzeige. Also Mut zur Lücke und Mut zur Sichtbarkeit. Die Voraussetzungen sind gleich, die Ausbildung ist gleich und nicht die Quote soll die Gleichberechtigung ausmachen, sondern die wirklichen Stärken der weiblichen Managerinnen. Frauen sollen nicht wie Männer führen, Frauen sollen wie Frauen führen – anders und vielleicht auch besser. Wir Frauen sollten jetzt die letzte Sprosse ebenso selbstverständlich nehmen, wir brauchen keine Tipps und Tricks, wir müssen es einfach tun! Sichtbarkeit heisst auch Aufmerksamkeit. Und es braucht nicht nur mehr Weiblichkeit im Management, sondern eben auch mehr Weiblichkeit in den Verbänden, Gremien, Verwaltungsräten. Denn nur so schaffen wir das, wofür Frauen und Männer auch wirklich einstehen – für die Gleichberechtigung. Erst dann lernen unsere Töchter, Söhne, Nichten, Neffen & Co., dass es kein Nachteil sein muss, eine Frau zu sein.

Sehr geehrte «Hotelier»-Leserinnen und Leser, es ist der Zeitpunkt gekommen für Pionierinnen. Öffnet endlich in den Gremien die Türen für die Gleichberechtigung und die Diversität, denn es hat Platz – und zwar für alle! Und vergessen wir nicht: ganz oben wird man gesehen und ganz oben wird man gemessen. Es braucht Mut, Ausdauer und viel Energie da oben, aber oben ist man auch Vorbild und kann durchaus zur Pionierin werden. 

Tina Müller (51) ist im Berner Oberland geboren und aufgewachsen. Die Hotellerie war und ist ihre Leidenschaft, ihr Herzblut. Seit über 25 Jahren ist sie als Beraterin in der Hotellerie & Gastronomie tätig (www.milleprive.ch).

Tina Müller, Bloggerin & Podcasterin:

tinasprive.ch

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