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Jubiläum: 300 Jahre Kanderdurchstich
from ThunMagazin 01/13
by WEBER VERLAG
300 Jahre Kanderdurchstich: Thuns Schicksal und Ausseh
Dass die Aare in Thun zwei Arme bildet, das Bälliz eine Insel ist und ein Waffenplatz entstand –dies alles hat damit zu tun, dass die Kander 1714 in den Thunersee geleitet wurde. Erste Anlässe zum 300-Jahre-Jubiläum finden bereits dieses Jahr statt.
Bauarbeiten am Kanderdurchstich, Bernisches Historisches Museum, Inv. 5067.
Dort, wo die Autobahn bei Thun Richtung Bern aus dem Allmendtunnel tritt, floss vor 300 Jahren die Kander und suchte sich einen Weg in die Aare. Erst der Durchstich von 1713/1714 in den Thunersee verhinderte, dass die Kander immer wieder Thun, Strättligen, Thierachern und Uetendorf überschwemmte. Diese bis heute bedeutungsvolle Tat wird 2013 und 2014 mit diversen Anlässen und Publikationen in Erinnerung gerufen (siehe Kasten). Auf Initiative der Gemeinde Reutigen fanden sich die am stärksten vom Kanderdurchstich betroffenen Gemeinden zusammen, um das 300-Jahre-Jubiläum zu begehen. Im Frühjahr 2012 gründeten sie den Verein 300 Jahre Kanderdurchstich.
Kander und Zulg mündeten gegenüber in die Aare Der sich ständig ändernde Kanderlauf hatte sich damals ein Bett gegraben, das genau gegenüber der Mündung der Zulg die Aare erreichte. Führten Zulg und Kander Hochwasser, staute sich die Aare so stark, dass sich ein flacher See bildete und die meisten Häuser Thuns «nasse Füsse» bekamen. Die Thuner Behörden ersuchten daher die gnädigen Herren von Bern um Abhilfe. Auf Vorschlag von Samuel Bodmer –Mühlenbesitzer, Artillerieleutnant, Feldmesser und seit 1695 Schlossherr von Amsoldingen –wurde ab 1711 unter dessen Führung die Moräne südöstlich des Strättligturms abgetragen. Später fehlten aber Arbeitskräfte, so dass der Bau eingestellt wurde. Samuel Jenner, Werkmeister am Berner Münster und alt Spitalmeister, schlug nun einen Stollen vor. So wurde der Strättlighügel 1713 bergmännisch durchbohrt. Am 12. Dezember 1713 floss die Kander erstmals durch den
JUGENDBUCH «BENZ»
Lektüre zum Thema Kanderdurchstich liefert «Benz –eine Geschichte von wilden Wassern und krummen Wegen». Das Jugendbuch von Hans Schmitter handelt von einem Buben aus einer ärmlichen Familie, die im «Grubi» im unteren Thierachern wohnt, das häufig durch die Kander überschwemmt wurde. Eine Abhandlung von Fred Heer über die Ableitung der Kander in den Thunersee vor 300 Jahren ergänzt den Text. Erhältlich bei der Gemeindeverwaltung Thierachern (Fr. 19.80).
en sind eng mit der Kander verbunden


Der Lauf der Kander vor dem Durchstich des Strättlighügels (links) … und nach dem Durchstich prägte bzw. veränderte die Landschaft in der Region Thun grundlegend.
neuen Stollen in den Thunersee. Mühlen und Wasserräder zwischen dem Hani und Uetendorf, zuvor von Kanderwasser ange trieben, standen still. Als Sofortmassnahme wurde der Glütschbach in das alte Kanderbett abgeleitet. Nun konnten die dortigen Mühlen und Wasserräder wieder angetrieben werden. 1714 reichten die geologischen Kenntnisse nicht aus, die Folgen des Durchstichs durch den Strättlighügel richtig einzuschätzen. So frass sich die Kander sehr schnell in den Moränenschutt ein. Die reissenden Wasser schwemmten schon bald nach der Einleitung die Fundamente der Auskleidung weg. Am 18. August 1714 stürzte der Stollen ein.
Neue Überschwemmungen vom See her Da die Kander nun in den Thunersee floss, reichte die Abflusskapazität der Aare nicht mehr aus, so dass die Stadt nun zeitweise vom See her überschwemmt wurde. Mit dem Ausbau des Stadtgrabens zu einem zweiten Aarelauf, Abgrabungen im Bereich Bächimatt und der Tieferlegung der Schwellen wurde die Überschwemmungsgefahr weitgehend gebannt. Noch heute zeugen die beiden Schleusenbrücken und die Insel-Gestalt des Bälliz von den damaligen Eingriffen. Das ehemalige Überschwemmungsgebiet im Westen der Stadt wird bis heute weitgehend landwirtschaftlich genutzt. Die Eidgenossenschaft erwarb die von Sandund Kiesbänken durchzogene Allmend 1841 für die militärische Ausbildung –Thun wurde Garnisons- und Rüstungsstadt.
ZU FUSS UND PER VELO AM EHEMALIGEN KANDERLAUF
Der Verein 300 Jahre Kanderdurchstich bietet Exkursionen per Velo oder zu Fuss entlang des alten und neuen Kanderlaufs an, geführt von Peter Affolter, Thierachern.
Wanderungen am Sonntag, 17. März, Samstag, 6. April und Samstag, 4. Mai 2013.
Besammlung: 9.00 Uhr beim Restaurant Gwattzentrum. Abmarsch 9.20 Uhr. Dauer der Exkursion: 3½ Std. Zwischenverpflegung individuell.
Velofahrten am Ostermontag, 1. April, Samstag, 27. April und Samstag, 25. Mai 2013.
Treffpunkt: 9 Uhr bei Kirche Amsoldingen. Dauer der Exkursion: 3½ Stunden. Zwischenverpflegung individuell. Erwachsene Fr. 20.–, Kinder Fr. 10.–. Mindestteilnehmerzahl 10 Pers. Die Einnahmen werden voll und ganz zur Finanzierung von Veranstaltungen des Vereins verwendet. Weitere Angaben: www.kanderdurchstich.ch.
Text: Guntram Knauer, ehem. Stadtplaner, Verein 300 Jahre Kanderdurchstich Illustrationen: Bernisches Historisches Museum/verändert nach «Geografie –Wissen und Verstehen», Hep-Verlag, 2010