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PD Dr. med. Thomas J. Strasmann (Zürich), den Podologinnen und Podologen bekannt als Dozent an der Berufsschule Zofingen, eröffnete den Vortragsreigen mit einem Überblick über die Anatomie des Rückfusses. «Das untere Sprunggelenk (USG) erscheint zunächst eine unglückliche Konstruktion zu sein: Ist nicht der Talus ständig in Gefahr, vom Fersenbeinbalkon zu stürzen? Hätte ‹man› den Fuss nicht viel stabiler bauen können?» Bei genauem Hinsehen erweise sich die muskulär geführte Konstruktion allerdings als ziemlich genial. «Der Affe hat einen Klammerfuss, der Mensch einen Wanderfuss. Unser Fuss zeichnet uns unter den Primaten besonders aus.» Ein Mensch legt während seines Lebens durchschnittlich 128 747 Kilometer zu Fuss zurück – dies entspricht drei Weltumwanderungen. Frauen legen allein beim Shoppen pro Jahr rund 214 Kilometer zurück. Konservative oder operative Therapie? Der Verschleiss von Gelenkknorpel im USG wird als subtalare Arthrose bezeichnet. Der Arthroseschmerz zeigt sich typischerweise als Anlaufs- und Belastungsschmerz im Rückfussbereich, wie Dr. med. Marc Maurer (Zürich) ausführte. Die Diagnose kann in der Regel konventionell radiologisch gestellt werden. Als konservative Therapieoptionen zur Auswahl stehen: Anpassen der körperlichen Belastung, orthopädietechnische Massnahmen, Symptombehandlung durch Analgetika, Antirheumatika und subtalare Infiltrationen. Die operative Therapie besteht aus der Arthrodese (Versteifung) des Subtalargelenks. Die eingeschränkte Beweglichkeit könne teilweise durch Nachbargelenke ausgeglichen werden, sodass die Arthrodese im Alltag gut toleriert werde, erklärte Maurer. Dr. med. Georg Klammer (Zürich) widmete sich in seinem Referat dem Impingement des oberen Sprunggelenks (OSG). Als Impingement werden Einklemmphänomene von Gewebe in einem Gelenk bezeichnet. Wiederholtes Einklemmen führt zum Anschwellen des Weichteilgewebes, was in einem Teufelskreis die erneute Einklemmung begünstigt. Konservativ soll dieser Teufelskreis durch Abschwellen der gereizten Struktur durchbrochen werden – etwa, indem die Aktivität des Patienten angepasst und die Entzündung gehemmt wird. Die Wahl des adäquaten Schuhwerks oder einer korrigierenden Einlage kann eine Dekompression unterstützten. Versagt
Podologie Schweiz 10 | 2015
Diagnose nicht immer naheliegend «Wenn jemand nachts brennende Schmerzen im Fuss verspürt, lässt dies nicht unbedingt an eine Sehnenläsion denken», hielt Dr. med. Georg Klammer zum Thema «Tibialis anterior: Tendinopathie und Insuffizienz» fest. Typisch bei einer Ruptur der Sehne ist das «klatschen-
de» Auftreten der Fusssohle, weil die langen Gross- und Kleinzehenstrecker den Funktionsausfall zu kompensieren versuchen. Chronisch entstehen durch diese Überaktivierung Krallenzehendeformitäten. Die Resultate chirurgischer Eingriffe bei kompletten Rupturen seien gut, so Klammer. Dabei erfolgt die Defektüberbrückung mit einer Ersatzsehne. Peronealsehnen-Pathologien sind selten; deshalb werden sie laut Dr. med. Lukas Iselin (Luzern) in der ersten Konsultation oft nicht diagnostiziert. Bei einem Grossteil der Patienten mit chronisch lateraler Bandproblematik liegt eine Peronealsehnen-Verletzung vor. Osteochondrale Läsionen am Talus sind oft gesehene Verletzungen in der Sportorthopädie und meist mit einer Distorsion des OSG vergesellschaftet. Ziel der Behandlung dieser meist jungen Patienten sei eine zeitnahe Wiederherstellung der Funktion, so Iselin. Er zeigte die chirurgische Sanierung mit läsionsabhängigen Möglichkeiten auf: Debridement anbohren, Microfrakturierung oder Knorpeltransplantate. Die asymmetrische Arthrose des OSG sei in der Mehrzahl posttraumatisch bedingt, führte PD Dr. med. Norman Espinosa aus. Oft liege das Unfallereignis 20 oder 30 Jahre zurück.
Dr. med. Georg Klammer.
Dr. med. Lukas Iselin.
die konservative Therapie, kann die einklemmende Struktur oft arthroskopisch entfernt werden. Bei Arthrose seien die Resultate tendenziell schlechter, so Klammer. Der sogenannte Plattfuss des Erwachsenen ist bedingt durch die fortschreitende Degeneration der Tibialis-posterior-Sehne und weist einen progressiven Charakter auf, wie PD Dr. med. Norman Espinosa (Zürich) erläuterte. Zu Beginn bestehen Beschwerden, die sehr gut mit konservativen Massnahmen gelindert werden können. Bei nicht mehr kontrollierbaren Deformitäten, aber noch gesunden Gelenken ist eine operative Therapie über Umstellungsosteotomien und Transfer der Zehenbeugersehne möglich. Bei fortgeschrittener Knick-Senkfuss-Erkrankung steifen die Rückfuss- und Vorfussanteile ein, sodass nur noch Arthrodesen in Frage kommen.
Fachsimpeln in der Pause.
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