MoMent Frühling 2021

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Zeitschrift für die Rudolf Steiner-Schule Wien-Mauer Frühling 2021 / € 4,00 MoMent Freiheit – Freiheit?

MoMent

Liebe Freundinnen und Freunde unserer schulzeitschrift MoMent

Zeitschrift von und für Eltern, FreundInnen, LehrerInnen und SchülerInnen der Rudolf Steiner-Schule Wien-Mauer im 29. Jahr, Heft Nr. 202

Aus vielen Blickwinkeln können wir uns in dieser Ausgabe dem großen Thema Freiheit nähern. Dank an alle, die so zahlreich wertvolle Beiträge beisteuerten!

Wir nehmen uns hier die Freiheit, uns bei den Schulleitungs- und Vorstandsmitgliedern zu bedanken. Danke für all die Geduld und Beharrlichkeit, mit der Ihr im vergangenen Schuljahr Schule in unterschiedlichsten Formen für unsere Kinder möglich gemacht habt! Danke auch für die bewahrte Ruhe trotz oftmaliger Stürme. Danke für die eingezogene sachliche Ebene in die häufig sehr emotionalen Befindlichkeitswogen.

Zum Thema selbst darf ich zwei Zitate bemühen, die alles ausdrücken, was ich nur weitaus schlechter formulieren könnte:

„Zu sagen: ,Hier herrscht Freiheit‘ ist immer ein Irrtum oder auch eine Lüge: Freiheit herrscht nicht.“

Erich Fried

„Zugunsten der Wahrheit und der Freiheit muss man sich manchmal über die üblichen Regeln des guten Tons hinwegsetzen.“

Michel de Montaigne

Das MoMent-Team sieht einem großen Umbruch entgegen. Menschen, die seit Jahren und Jahrzehnten Teil unserer Redaktion sind, haben angekündigt, sich zurückzuziehen.

Ab Herbst braucht die Redaktion tatkräftige Neuzugänge, die bereit sind, Zeit und Liebe in diese Schulzeitschrift zu investieren.

Bei Interesse bitte eine kurze Nachricht an moment@waldorf-mauer.at senden.

Das Jahresheft 20/21 wird noch in alter Besetzung entstehen und den scheidenden Redaktionsmitgliedern die Möglichkeit geben, sich zu verabschieden. Was wäre das für eine Freude, bei dieser Gelegenheit auch schon die neuen Mitglieder vorstellen zu können!

Für die Redaktion

Nadja Berke

iMpressuM:

Medieninhaber, Verleger, Herausgeber:

Verein zur Förderung der Waldorf-Gemeinschaft (VFWG), Obmann Josef Prüller / DVR NR.: 7864 9742

Absender: moment@waldorf-mauer.at

1230 Wien, Endresstraße 100

Verlagspostamt: 1230 Wien Zulassungsnummer: 13Z039641 M

MitarbeiterInnen: N. Berke E: schreib@nadjaberke.at / R. David-Freihsl E: roman.freihsl@gmx.at / U. Dotzler

E: umdo@gmx.at / M. Goss E: moment@waldorf-mauer.at /

K. Hruza E: karl.hruza@waldorf-mauer.at / B. Schwenk

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lautend auf: Redaktion Schulzeitung

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„Freiheit ist im Grunde genommen immer GedankenFreiheit“

Rudolf Steiners Grundmaxime der freien Menschen:

„Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen.“

Das Thema Freiheit begleitete Rudolf Steiner sein ganzes Leben lang: Sei es in seinem Frühwerk, der „Philosophie der Freiheit“ die zunächst 1894 erschien und dann als ergänzte und überarbeite Neuausgabe ein weiteres Mal 1918 oder sei es auch im Zusammenhang mit seinem geisteswissenschaftlichen Werk, dem Aufbau der Waldorfschulen oder auch der sozialen Dreigliederung. Auch bei seiner Unterstützung bei der Begründung der Freien Christengemeinschaft etwa waren die Prinzipien der „Freiheit der Lehre“ für die Priesterschaft und der „Freiheit des Glaubens“ für die Gemeinde ein zentrales Thema.

Dazu Rudolf Steiner in seinen Vorträgen über das soziale Leben und die Dreigliederung des sozialen Organismus (GA 333):

„Man fragt: Ist der Mensch frei oder ist er nicht frei? Ist der Mensch ein freies Wesen, das mit wirklicher Verantwortung aus seiner Seele heraus die Entschlüsse fassen kann, oder ist er eingespannt in eine natürliche oder geistige Notwendigkeit wie ein Naturwesen? So hat man gefragt, ich möchte sagen, durch Jahrtausende, und so fragt man noch. Diese Frage schon ist der große Irrtum.

Man kann so nicht fragen, sondern die Frage nach der Freiheit ist eine Frage der menschlichen Entwickelung, einer solchen menschlichen Entwickelung, dass der Mensch im Laufe seines Jugendlebens oder vielleicht seines späteren Lebens Kräfte in sich entwickelt, die er nicht einfach von Natur aus hat. Man kann gar nicht fragen: Ist der Mensch frei? Von Natur aus ist er es nicht, aber er kann sich immer mehr und mehr frei machen, indem er Kräfte erweckt, die in ihm schlummern und die die Natur nicht erweckt. Der Mensch kann immer freier und freier werden.

Man kann nicht fragen: Ist der Mensch frei oder unfrei, sondern nur: Gibt es für den Menschen einen Weg zur Erringung der Freiheit? Und diesen Weg gibt es. Wie gesagt, vor dreißig Jahren versuchte ich zu zeigen: Wenn der Mensch dazu aufrückt, ein inneres Leben in sich zu entwickeln, so dass er die sittlichen Impulse für seine Handlungen in reinen Gedanken erfasst, kann

er wirklich Gedankenimpulse, nicht bloß instinktive Emotionen seinen Handlungen zugrunde legen, Gedanken, die in die äußere Wirklichkeit so untertauchen wie der Liebende in das geliebte Wesen. Dann nähert sich der Mensch seiner Freiheit. Die Freiheit ist ebenso ein Kind des Gedankens, der in geistiger Hellsichtigkeit erfasst wird nicht unter einem äußeren Zwang , wie sie ein Kind der wahren hingebungsvollen Liebe ist, der Liebe zum Objekt des Handelns … Da aber stellte sich mir heraus, dass man nur sprechen kann von demjenigen, was den sittlichen Handlungen zugrunde liegt wenn es auch bei den Menschen unbewusst bleibt, vorhanden ist es doch und dass man das nennen muss Intuition. Und so sprach ich in meiner ‚Philosophie der Freiheit‘ von einer moralischen Intuition. Damit aber war auch der Ausgangspunkt gegeben für alles, was ich später auf dem Gebiet der Geisteswissenschaft zu leisten versuchte … Wenn sich der Mensch zu den sittlichen Impulsen in moralischer Intuition erhebt und ein wirklich freies Wesen darstellt, dann ist er bereits, wenn ich das verpönte Wort gebrauchen darf, mit Bezug auf seine sittlichen Intuitionen ‚hellsehend‘. In dem, was über alles Sinnliche hinausliegt, liegen die Antriebe alles Sittlichen. Im Grunde genommen sind die wirklich sittlichen Gebote Ergebnisse menschlichen Hellsehens. Daher war ein gerader Weg von jener ‚Philosophie der Freiheit‘ zu dem, was ich heute als Geisteswissenschaft meine. Freiheit entsprießt im Menschen nur, wenn der Mensch sich entwickelt. Er kann sich aber weiterentwickeln, so dass er dasjenige, was schon der Freiheit zugrunde liegt, auch dazu treibt, dass er unabhängig wird von allem Sinnlichen und sich frei in die Gebiete des Geistes erhebt.

So hängt Freiheit mit der Entwicklung des menschlichen Denkens zusammen. Freiheit ist im Grunde genommen immer Gedankenfreiheit ...“

Ausgewählt von Roman David-Freihsl

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Grundlage und Maßstab… Zur Bedeutung der „phiLosophie der

Rudolf Steiner hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Waldorfpädagogik u. a. vor dem Hintergrund seines philosophischen Hauptwerkes „Philosophie der Freiheit“ verstanden werden sollte. Wohl auch deswegen wird in waldorfpädagogischen Texten gerne betont, Waldorfpädagogik sei „Erziehung zur Freiheit“. Nun ist es – was mit der Formulierung „Erziehung zur Freiheit“ ja wohl ausgedrückt werden soll – zweifellos ein schönes pädagogisches Ziel, dass junge Menschen am Ende ihres schulischen Bildungsprozesses „freie Menschen“ sein sollten. Und trotzdem gibt es eine Reihe von Argumenten, die gegen dieses quasi inoffizielle „Motto der Waldorfpädagogik“ sprechen. Das stärkste ist wohl, dass jemanden zu etwas erziehen doch bedeutet, dass derjenige, der erzieht, weiß, wohin der Erzogene kommen soll und auch wie er (der Erziehende!)

das bewirken kann. Doch kann es eine Freiheit geben, die von einem anderen bewirkt wurde, die quasi von außen an den „Erzogenen“ herangebracht wurde? Zahlreiche PädagogInnen und PhilosophInnen würden dies vermutlich in Frage stellen. Einer von ihnen ist Rudolf Steiner, der daher in seiner „Philosophie der Freiheit“ ausdrücklich betont:

„Die Natur macht aus dem Menschen bloß ein Naturwesen; die Gesellschaft ein gesetzmäßig handelndes; ein freies Wesen kann er nur selbst aus sich machen.“ (Steiner, 1995, S. 170)

Eine Frage der Entwicklung…

Die Freiheit eines Menschen ist nach Steiner nur von diesem selbst zu erreichen; niemals kann sie von anderen Menschen bewirkt werden. Daher kann auch Erziehung nur versuchen, Bedingungen, Voraussetzungen für Freiheit zu ermöglichen, Bedingungen, unter denen sich ein Mensch hoffentlich in Richtung Freiheit entwickeln kann. Wobei es Steiner wichtig ist zu betonen, dass niemand von uns immer „frei“ oder immer „unfrei“ ist. Denn, wie Steiner einmal in einem Vortrag erklärte, „die Frage nach der Freiheit ist eine Frage der menschlichen Entwicklung, einer solchen menschlichen Entwicklung, dass der Mensch im Laufe seines Jugendlebens oder vielleicht seines späteren Lebens Kräfte in sich entwickelt, die er nicht einfach von Natur aus hat.“ (Steiner, 1985, S. 108).

„Die Grundmaxime der freien Menschen“

Doch was sind dies für „Kräfte“, die der Mensch im Laufe des Lebens im Sinne seiner Freiheit entwickeln soll? Sucht man in Steiners „Philosophie der Freiheit“ Antworten auf diese Frage, so lohnt sich u. a. der Blick auf die dort formulierte „Grundmaxime der freien Menschen“:

„Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens“ (Steiner, 1995, S. 166)

Initiativkraft und Verständnis

Freies Handeln ist immer engagiertes Handeln. Es verlangt Eigeninitiative und entsteht aus einer individuell erkannten Notwendigkeit, tätig zu werden – und dabei immer auch etwas zu verändern, zu verwandeln. Dies drückt Steiner mit der Formulierung „Liebe zum Handeln“ aus und macht damit zugleich auch deutlich, dass freies Handeln weder aufgrund von außen gegebener Befehle, noch aufgrund einer erwarteten Belohnung gesetzt wird – sondern aus der individuellen Einsicht und Überzeugung heraus, dass es in einer speziellen Situation sinnvoll, ja sogar gefordert ist. Die dafür offensichtlich notwendige Fähigkeit zur Initiative ist zweifellos eine der oben gesuchten „Kräfte“. Sie ist von entscheidender Bedeutung für eine menschliche Entwicklung im Sinne seiner Freiheit – aber keineswegs ausreichend. Sie braucht, so macht Steiner mit der Formulierung der „Grundmaxime der freien Menschen“ deutlich, eine gewissermaßen komplementäre „Kraft“. Notwendig ist auch jene – oft unterschätzte – Kraft, die es erfordert, um ein echtes Verständnis für das Wollen, d. h. die Ziele und Absichten sowie die Handlungen anderer Menschen zu entwickeln. Nun mag man sich fragen, was ein solches Verständnis für andere denn mit Freiheit zu tun hat. Bin ich nicht frei, wenn ich – im obigen Sinne – aus eigener Initiative, ohne Beeinflussung durch andere handle? Allein aus meiner Perspektive mag dies so scheinen, doch Steiner spricht nicht zufällig von einer „Grundmaxime der freien Menschen“ , also in der Pluralform. Menschliche Freiheit zeigt und realisiert sich v. a. im Zusammenleben mit anderen – und dieses beruht entscheidend auf gegenseitigem Verständnis.

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Freiheit“ für die WaLdorFpädaGoGik

„Segne unser Tun und Lassen“

Auf des Messers Schneide stehen meine Initiative, mein Ichgeprägtes Handeln, wenn es darum geht, diese Grundmaxime freier Menschen zu achten, wert zu schätzen und sich zu fragen, was dieses, mein initiatives Handeln im sozialen Kontext bewirkt. Gehört nicht auch zur Initiative, auf eine Handlung zu verzichten, wenn das Grundwasser, in die diese eingespeist würde, zu gering ist, durch Untiefen behindert und so nicht genügend Fluträume hat, die adäquate Verwandlung zuzulassen?

Denn Verwandlung braucht Initiative, will sie als Wandlungskraft, die auf Verständnis aufruht, wirken.

Die „Kumpanei“, welche einst die Weihnachtsspiele aus Oberufer mit dem alten Choral Unsern Eingang segne Gott einleitete, wusste um diese Doppelnatur der Initiativkraft. Dafür konnte man schon mal um Hilfe bitten, wollte man sozial wirken: „… segne unser Tun und Lassen …“

Die Grundmaxime – Ziel…

Eigeninitiative und soziales Verständnis – diese beiden Kräfte gehören zu jenen „Kräften“, die ein Mensch nach Steiner u. a. im Laufe des „Jugendlebens“ im Sinne einer Entwicklung zur Freiheit ausbilden sollte. Die damit bereits angedeutete pädagogische Dimension hebt Steiner in einem 1924 gehaltenen Vortrag sogar noch ausdrücklicher hervor, wenn er etwa davon spricht, dass Jugendlichen v. a. die Inhalte zweier „Sozialsätze“ bewusst werden sollten, die er folgendermaßen formuliert:

„Liebevolle Hingabe an die eigene Handlung, verständnisvolles Eingehen auf die Handlungen anderer“ (Steiner, 1989, S. 134)

…und Maßstab der Waldorfpädagogik

Gute Pädagogik hat, so könnte man Steiner an dieser Stelle wohl interpretieren, jungen Menschen die Entwicklung der beiden oben genannten „Kräfte“ zu ermöglichen. Will man die Waldorfpädagogik vor dem Hintergrund von Steiners „Philosophie der Freiheit“ verstehen, muss man sie daher v. a. daraufhin ansehen, ob und wie ihr dies gelingt. Die „Grundmaxime“ aus der „Philosophie der Freiheit“ ist damit so etwas wie ein Maßstab, an dem sich die Waldorfpädagogik immer wieder messen kann. Wo gelingt es, Kinder und Jugendliche so für ein Thema, eine Sache, ein Projekt zu begeistern, dass sie eine „Liebe zur Handlung“ entwickeln? Wo haben sie jenen Raum, den sie für

Eigeninitiative und Engagement brauchen? Was benötigen sie, um diese Fähigkeiten bilden und schulen zu können? Und was brauchen sie dafür, wirkliches Verständnis für andere entwickeln und erproben zu können? Welche Begegnungen auch mit scheinbar „anderen“, „fremden“ Lebenswirklichkeiten sind dafür notwendig? Wie kann geübt werden, aus einem Verständnis der Bedürfnisse und Wünsche anderer heraus auf eine Handlung auch einmal bewusst zu verzichten? Welche Möglichkeiten bieten einzelne Fächer zur Entwicklung der skizzierten „Kräfte“? Welche Rolle spielen dabei etwa eher kognitive Fächer, welche die künstlerisch-praktischen? … An den möglichen Antworten auf diese Fragen lässt sich vielleicht auch messen, wieweit es der Waldorfpädagogik gelingt, ihren Grundlagen in Steiners „Philosophie der Freiheit“ gerecht zu werden.

Aber auch ganz unabhängig von Steiners philosophischen Überlegungen ist doch nicht zu übersehen, dass unsere Welt (junge) Menschen braucht, die Initiativkraft und soziales Verständnis besitzen, die etwa bereit sind, sich engagiert und verantwortungsvoll für soziale, politische, ökologische Belange einzusetzen.

Tobias Richter und Leonhard Weiss sind Mitarbeiter am Zentrum für Kultur und Pädagogik in Wien und Dozenten des Masterstudiums Waldorfpädagogik an der Donau-Universität Krems.

Literatur:

Steiner, Rudolf (1985): Gedankenfreiheit und soziale Kräfte. Die sozialen Forderungen der Gegenwart und ihre praktische Verwirklichung, GA 333.

Steiner, Rudolf (1989): Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen, GA 306.

Steiner, Rudolf (1995): Die Philosophie der Freiheit. Grundzüge einer modernen Weltanschauung. Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode, GA 4.

Alle Dornach: Rudolf Steiner Verlag

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von Tobias Richter und Leonhard Weiss

VácLaV haVeL und der Begriff der Freiheit in der

Der Ruf nach „Freiheit“ ist in unserer Gesellschaft unüberhörbar geworden. Doch um welche „Freiheit“ handelt es sich dabei eigentlich? Ist es eine Freiheit, die man sich gegenüber anderen erkämpft, die man etwa von „denen da oben“ einfordert? Oder ist es eine Freiheit, in der man selbst lebt, zu der man sich selbst hin entwickelt? Oder anders formuliert: Geht es hier um die „Freiheit von“ etwas – oder vielmehr um die „Freiheit für“ etwas?

Ein Blick auf die Bewegung der „Charta 77“ in der damaligen Tschechoslowakei, die vom kommunistischen Regime massiv bekämpft wurde, dann aber in weiterer Folge bis hin zum verblüffend gewaltfreien Zusammenbruch dieses Systems fortwirkte, bietet für die Auseinandersetzung mit dem Thema Freiheit auch heute noch erstaunlich hochaktuelle Antworten. Václav Havel, einer der großen Vordenker der „Charta 77“ und der spätere Präsident erst der Tschechoslowakei und dann auch der Tschechischen Republik, fasste im Jahr 1978 – also ein Jahr nach Unterzeichnung der Charta – die damaligen Intentionen und Ziele in seinem Essay „Versuch, in der Wahrheit zu leben“ zusammen. Es enthält nicht nur ein Bekenntnis zu absoluten Gewaltfreiheit: Nicht eine Regierung zu stürzen oder abzulösen sei das Ziel, sondern die Möglichkeit, ein freies und selbstbestimmtes Leben – eben ein „Leben in der Wahrheit“ – führen zu können. Es ist die Antwort auf das „Leben in der Lüge“ – also der Unterordnung, um unbehelligt, aber unau-

thentisch in der schweigenden Masse weiterleben zu können. Zunächst analysierte Havel den Zustand des damaligen politischen Systems, das er bereits „posttotalitär“ nannte: „Zwischen den Intentionen des posttotalitären Systems und den Intentionen des Lebens klafft ein Abgrund: Das Leben tendiert in seinem Wesen zur Pluralität, zur Vielfarbigkeit, zur unabhängigen Selbstkonstitution und Selbstorganisation, einfach zur Erfüllung seiner Freiheit. Das posttotalitäre System dagegen verlangt monolithische Einheit, Uniformität und Disziplin. Das Leben versucht immer wieder, immer neue ‚unwahrscheinliche‘ Strukturen zu schaffen, das posttotalitäre System dagegen zwingt ihm die ‚wahrscheinlichsten Zustände‘ auf.“

Weiters stellt er fest: „Der Mensch kann nur deshalb sich selbst entfremdet werden und wird entfremdet, weil er etwas hat, was man ihm entfremden kann. Das Gebiet, auf dem er vergewaltigt werden kann, ist seine authentische Existenz.“

Auch die folgende Beschreibung der „allgemeinen menschlichen Krise“ der Gesellschaft erscheint in Bezug auf die heutigen – westlichen – gesellschaftlichen Verhältnisse höchst aktuell: „Die tiefe Krise der menschlichen Identität, die das ‚Leben in Lüge‘ bewirkt und die dieses Leben wiederum ermöglicht, hat zweifellos ihre moralische Dimension: Sie wirkt sich –außer anderem – als tiefe moralische Krise der Gesellschaft aus. Ein Mensch, der der Konsumwertskala verfallen ist, im Amalgam des zivilisatorischen Herdendaseins ‚aufgelöst‘ und in der

„charta 77“-Bewegung

Seinsordnung durch kein Gefühl höherer Verantwortung als der Verantwortung dem eigenen Überleben gegenüber verankert ist, ist ein demoralisierter Mensch. Das System stützt sich auf diese Demoralisierung, es vertieft sie, es ist ihre gesellschaftliche Projektion. Das ‚Leben in Wahrheit‘ als Rebellion des Menschen gegen die ihm aufgezwungene Position ist dagegen ein Versuch, wieder die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, es ist also ein deutlich moralischer Akt.“

Auslöser für die „Charta 77“ war übrigens auch kein direkt politisches Ereignis – das geistige Klima bereitete, wie Havel erinnert, der Prozess gegen junge Musiker der Rockgruppe „The Plastic People“ auf: „Ein Prozess, in dem sich nicht zwei politische Kräfte oder Konzeptionen gegenüberstanden, sondern zwei Lebensauffassungen: Auf einer Seite der sterile Puritanismus des posttotalitären Establishments, auf der anderen unbekannte junge Leute, die nichts anderes wollten, als in der Wahrheit zu leben: die Musik zu spielen, die sie mochten, darüber singen, womit sie wirklich leben, sie wollten frei, würdig und brüderlich leben.“ Der entscheidende Funke, der dabei übersprang, war: „Die Freiheit der Rockmusik wurde als Freiheit des Menschen begriffen, also auch als Freiheit der philosophischen und politischen Reflexion, als Freiheit der Literatur, als Freiheit, die unterschiedlichsten sozialen und politischen Belange der Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen und zu verteidigen.“

Aus diesem Impuls heraus war auch das Ziel der Bewegung kein vordergründig politisches, sondern ein zutiefst menschliches: „Eine wirkliche, tiefe und dauerhafte Veränderung der Verhältnisse zum Besseren … kann heute nämlich kaum noch dadurch kommen, dass sich diese oder jene traditionelle politische Vorstellung und ein auf sie gestütztes Konzept durchsetzt. Es muss … von dem Menschen, von der menschlichen Existenz, von der grundsätzlichen Rekonstruktion der Stellung des Menschen in der Welt, von seiner Beziehung zu sich selbst, zu anderen Menschen und zum Universum ausgehen … Es ist also nicht so, dass die Einführung eines besseren Systems ein besseres Leben garantiert, sondern eher umgekehrt – nur durch ein besseres Leben kann man wohl auch ein besseres System aufbauen.“

Aus diesem Ansatz heraus leitete Havel auch das bereits erwähnte Bekenntnis zur absoluten Gewaltfreiheit ab: „Die Umkehr von einer abstrakten politischen Vision der Zukunft zu dem konkreten Menschen und zu der wirksamen Verteidigung dieses Menschen ‚hier und jetzt‘ ist also auf ganz natürliche Weise mit der verstärkten Ablehnung jeder Gewalt im Namen der besseren Zukunft verbunden, mit tiefem Misstrauen dagegen, dass eine mit Gewalt errungene Zukunft wirklich besser sein könnte, und nicht durch die Mittel, mit denen sie erobert wurde, schicksalshaft geprägt wäre.“ >>

Ziel war also kein „Umsturz“ für ein neues politisches System – sondern eine grundlegende, gesellschaftliche Veränderung durch Einzelne in der Gemeinschaft, also über viele unabhängige, selbstbestimmte Initiativen: „Die unabhängigen Initiativen sprechen die ‚verborgene Sphäre‘ der Gesellschaft an; sie führen das ,Leben in Wahrheit‘ als menschliche und gesellschaftliche Alternative vor und erkämpfen den Raum für diese Art des Lebens; sie helfen – selbstverständlich nur indirekt –, das Selbstbewusstsein der Bürger zu stärken, sie zerstören die Welt des ,Scheins‘ und enthüllen den wahren Charakter der Macht. Sie übernehmen nicht die messianische Rolle irgendeiner gesellschaftlichen Avantgarde oder Elite, die als einzige besser als die anderen weiß, wie die Dinge stehen und deren Aufgabe es ist, die ,unwissenden‘ Massen aufzuklären … sie wollen auch niemanden führen : Sie überlassen es jedem, was er sich aus ihren Erfahrungen und ihrer Arbeit nehmen will.“

Havel hob dieses Prinzip mit unglaublichem Weitblick schon damals, 1978, über die Auseinandersetzung mit dem kommunistischen System hinaus: „Unsere Aufmerksamkeit richtet sich also unausweichlich auf das Grundsätzliche – auf die Krise der modernen technischen Zivilisation insgesamt. Auf jene Krise, die Heidegger als die Ratlosigkeit des Menschen der planetaren Macht der Technik gegenüber beschreibt. Die

Technik … glitt dem Menschen aus der Hand, hörte auf, ihm zu dienen, versklavte ihn und zwang ihn, ihr bei der Vorbereitung seines eigenen Verderbens zu assistieren.“ Und: „Die planetare Krise der menschlichen Situation durchdringt freilich die westliche Welt genauso wie die unsere, nur dass sie dort andere gesellschaftliche und politische Formen annimmt … Es weist wirklich nichts darauf hin, dass die westliche Demokratie – das heißt die Demokratie vom traditionellen parlamentarischen Typ – irgendeinen glaubhaften Ausweg eröffnete.“

Im Gegenteil – mit dem westlichen System ging Havel nicht minder hart zu Gericht: „… dieser ganze statische Komplex der erstarrten konzeptionslosen und politisch nur noch zweckbedingt handelnden politischen Massenparteien, die von professionellen Apparaten beherrscht werden und den Bürger von jeglicher konkreter und persönlicher Verantwortung entbinden, diese ganzen komplizierten Strukturen der versteckt manipulierenden und expansiven Zentren der Kumulation des Kapitals, dieses allgegenwärtige Diktat des Konsums, der Produktion, der Werbung, des Kommerzes, der Konsumkultur, diese ganze Informationsflut – all dies … kann man wahrhaftig nur schwer als eine Perspektive, als einen Weg betrachten, auf dem der Mensch wieder zu sich selbst findet.“

Václav havel und der Begriff der Freiheit in der „charta 77“-Bewegung

Havels Vision war insgesamt kein Protest, kein direkter Aufstand gegen etwas, sondern die eigene Initiative, die Begeisterung für etwas: „Es handelt sich um die Rehabilitierung solcher Werte wie Vertrauen, Offenheit, Verantwortung, Solidarität, Liebe. Ich glaube an Strukturen, die sich nicht an der ‚technischen‘ Seite der Machtausübung orientieren, sondern an dem Sinn ihrer Ausübung; an Strukturen, die mehr durch das gemeinsame Gefühl, dass bestimmte Gemeinschaften sinnvoll sind, als durch gemeinsame Ambitionen zur Expansion nach ‚außen‘ gefestigt werden. Es können und müssen offene, dynamische und kleine Strukturen sein … Besser als ein Komplex formalisierter Organisationen sind Organisationen, die ad hoc entstehen, voller Begeisterung für ein konkretes Ziel, und sich nach der Erreichung des Zieles auflösen.

Die Autorität der Führenden sollte aus ihrer Integrität und aus ihrer Erfahrung resultieren, nicht aus ihrer Stellung in irgendeiner Rangordnung; sie sollten mit einem großen Maß an persönlichem Vertrauen und auch mit auf diesem Vertrauen basierenden großen Befugnissen ausgestattet werden … Diese Strukturen sollten selbstverständlich von unten entstehen, als Ergebnisse der authentischen gesellschaftlichen ‚Selbstorganisation‘.“

Dies sind alles Dinge, die im Bereich der Freien Waldorfschulen und auch deren Umfeld – wie beispielsweise der Lebensmittel-Kooperative „Dynamo Bio“ – höchst vertraut klingen. So, wie auch dieses: „Auf die bunte und wechselnde Zusammenarbeit solcher dynamisch entstehenden und sich auflösenden, vor allem aber aus ihrem aktuellen Sinn zehrenden und durch menschliche Bindungen zusammenhängenden Organismen sollte sich das politische Leben wie auch das Wirtschaftsleben gründen. Was das letztere betrifft, glaube ich an das Selbstverwaltungsprinzip, das wohl als einziges das bieten kann, wovon alle Theoretiker des Sozialismus träumten, nämlich die tatsächliche … Beteiligung der Arbeitenden an wirtschaftlichen Entscheidungen und das Gefühl der wirklichen Verantwortung für die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit.“

Der Weg zur Freiheit führt also nicht über „Das System muss weg“ oder „Ich mach‘, was ich will – die anderen sind mir wurst“. Es gilt vielmehr, initiativ zu werden – für sich selbst und für die Gemeinschaft – sowie auch selbst Verantwortung zu übernehmen. Václav Havel schrieb dazu auch: „Das Prinzip der Kontrolle und Disziplin sollte durch spontane menschliche Selbstkontrolle und Selbstdisziplin verdrängt werden.“

Frei ist der Mensch, insofern er in jedem augenblick seines Lebens sich selbst zu folgen in der Lage ist.

der LanGe WeG

Freiheit ist wie Liebe: eigentlich ein zu großes Thema, um es überhaupt in Worte fassen zu können. Worte selbst sind wie kleine Gefängnisse. Ich erlaube mir deshalb, gezielt am Thema vorbeizuschreiben. Ich mache das mit einer Sammlung an Gedanken, Meditationen, Intuitionen, Zitaten bedeutender Persönlichkeiten und Denkprovokationen. So steht es Ihnen frei zu erspüren, ob und welche Worte für Sie persönlich Bedeutung haben.

Die Fähigkeit zur Regulation der eigenen Emotionen erwerben wir ausschließlich im zwischenmenschlichen Raum. Anfangs werden wir gestillt, später können wir uns selbst beruhigen. Keine Selbstregulation ohne vorangegangene Fremdregulation!

Wir sind anfangs sozial absolut abhängig, nicht überlebensfähig ohne einen anderen. Wir gedeihen durch Bezugspersonen, Kernfamilie, erweiterte Familie, FreundInnen, Peer-Group, ArbeitskollegInnen. Wir erwerben die Fähigkeit, uns mehreren sozialen Feldern anzuschließen und uns zugehörig zu fühlen. Wir entwickeln Freiheit, wohin, zu wem wir wann gehören wollen, wir leben und bewegen uns immer freier in sozialen Feldern.

Das Leben kann als ein Streben nach Freiheit verstanden werden. Jedes Lebewesen hat einen inneren Antrieb, sich aus einengenden Umständen zu befreien. Das Samenkorn „befreit“ sich aus seiner Hülle, gräbt sich durch die Erde, wächst dem Licht entgegen, trotzt Wind und Wetter und schickt sodann die eigene Saat auf eine Reise jenseits der eigenen örtlichen Beschränkungen. Diese Bewegung in die Freiheit zeigt sich bei Tieren und Menschen, sowohl in der Individual- als auch in der Stammesentwicklung.

„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt die Macht unserer Wahl. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“, schrieb der HolocaustÜberlebende und Gründer der Logotherapie und Existenzanalyse, Viktor Frankl. Ein lebenslanger Entwicklungsraum.

Unsere Triebe, Affekte, Emotionen nehmen uns anfangs noch ganz ein. Wir haben als Kleinkinder nicht Hunger, der Hunger hat uns! Wir lernen unsere Affekte zu bewältigen, mit ihnen zu kooperieren, und sie dienen uns fortan für die Lebensgestaltung als Kompass. Was möchte ich meiden, was möchte ich aufsuchen?

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in die Freiheit

Am Anfang unseres Menschseins werden wir aus der Einheit geworfen, wir werden entzweit. Raus aus dem Mutterleib, hinein in den zunehmenden Freiraum. Wir sind anfangs ganz unseren Reflexen unterworfen. Unsere Händchen greifen selbstständig vor sich hin, bis wir lernen, unsere Reflexe in zielgerichtete Bewegungen zu verwandeln. Ich werde nicht mehr bewegt, sondern ich bewege mich. Ein erstes Stück Freiheit. Wir bewegen uns immer freier, wir brechen wie Kolumbus auf zu neuen Ufern, wir erweitern unsere Grenzen.

Mit der Lebensreife schwindet die soziale Abhängigkeit, dafür steigt das Bewusstsein für die „Zusammenhängigkeit“. Dazu der koreanisch-deutsche Philosoph Byung-Chul Han: „FreiSein heißt nicht einfach Ungebunden- und Unverbindlich-Sein. Frei machen nicht Entbindungen und Entbettungen sondern Einbindungen und Einbettungen. Die totale Beziehungslosigkeit wirkt beängstigend und beunruhigend. Die indogermanische Wurzel fri, worauf Wendungen wie frei, Friede und Freund zurückgehen, bedeutet ‚lieben‘. So bedeutet ‚frei‘ ursprünglich ‚zu den Freunden oder Liebenden gehörend‘. Man fühlt sich frei gerade in der Beziehung von Liebe und Freundschaft. Nicht Bindungslosigkeit, sondern Bindung macht frei. Die Freiheit ist ein Beziehungswort par excellence. Ohne Halt gibt es auch keine Freiheit. Die Freiheit ist ein Synonym für die gelingende Gemeinschaft.“

Zwang ist das Gegenteil von Freiheit. Ein Mensch, der an Zwängen leidet oder anderen einen Zwang aufdrängt, kann nur noch auf eine einzige, beschränkte Art und Weise bewerten und handeln. Dementsprechend meinte Frankl auch sinngemäß, wer einen einzelnen Wert götzenhaft verehrt und absolut setzt, der wird letztendlich daran verzweifeln und auch andere in die Verzweiflung treiben.

Dazu passend schreibt der Physiker Heinz von Foerster: „Freiheit und Verantwortung gehören zusammen. Nur wer frei ist und IMMER AUCH ANDERS AGIEREN KÖNNTE‚ kann verantwortlich handeln.“

Nach einer hoffentlich langen, erfüllten Lebensreise werden wir alle die letzte Grenze überschreiten. Wir lösen uns von den Fesseln aus Raum und Zeit. Wir sind dann wieder vollkommen verbunden UND vollkommen frei:

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Wir sind ALL-EIN-S. Bardia Monshi ist Schülerinnenvater in der 4. und 8. Klasse.

Faust und die

Jede 12. Klasse setzt sich in einer ersten Begegnung mit den Themen von Goethes Lebenswerk „Faust“ auseinander. Heuer haben wir uns besonders auch mit dem Freiheitsaspekt beschäftigt – hier Textauszüge aus diesen Arbeiten der Schülerinnen und Schüler!

Freiheit ist ein mannigfaltiges Wort, das von Person zu Person unterschiedlich interpretiert werden kann. Ein Gefühl von Freiheit ist für mich beispielsweise das Privileg von Reisefreiheit. Anderen bleiben diese Reisefreiheit, Meinungsfreiheit oder Wahlfreiheit auch heute noch verwehrt, und viele kämpfen für diese Freiheiten. Freiheit ist heute immer noch etwas, wofür Menschen täglich kämpfen, und so verstehe ich auch das Zitat in Faust: Nur der verdient sich die Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss (Vers 11575). Spannend in Fausts Entwicklung ist, dass er sich am freisten fühlt, als er die Freiheit verliert, etwas zu sehen. Durch diesen Verlust seiner Sehkraft versteht er, was für ihn die Freiheit bedeutet und dass es dafür die Tat braucht, wie er das auch schon in der Gelehrtentragödie (beim Übersetzen des Evangeliums; Anm. U. Kaufmann) beschreibt: Im Anfang war die Tat. (Vers 1237) […] Faust trägt alle Teile der Menschlichkeit in sich. Seine Strebsamkeit beschreibt den natürlichen Wissensdrang des Menschen, der uns im Laufe der Geschichte weit gebracht hat. Auf diesem Weg ist allerdings auch viel schiefgegangen, da der Mensch im Zuge seiner Forschungen oft skrupellos war und ist. Genau wie Faust strebt der Mensch immer noch nach mehr, er bleibt nie stehen und erkennt oft zu spät die Konsequenzen seines Handelns. Faust will verstehen, was die Welt im Innersten zusammenhält, und dies ist schließlich eine Frage, die jeden Menschen in irgendeiner Form beschäftigt. Faust zeigt also auch sehr deutlich, dass ein Mensch irren, Schlechtes verursachen und trotzdem ein gutes Wesen haben kann. Die Vielfalt der Gefühle, die der Mensch in seinem Leben durch- und erlebt, kommt ebenfalls in Fausts Lebensweg vor. Nachdem er den Pakt mit dem Teufel abgeschlossen hat, will Faust alles fühlen, was der Menschheit zugeteilt ist: Liebe, Hass, Freude, Schmerz. Im Laufe der Geschichte durchlebt er all diese Gefüh-

Freiheit

Textauszüge aus Arbeiten von M. F., A. G., V. H. und A. S.

le, genau wie jeder Mensch. All diese Emotionen gehören zum Leben dazu und machen es erst richtig bunt und lebenswert. Durch unsere Gefühle und Erlebnisse wachsen und entwickeln wir uns, so wie Faust, der zum höchsten Dasein immerfort streben will. Ich denke, dass jeder Mensch den Wunsch hat, die bestmögliche Version seiner selbst zu sein und dass diese Entwicklung das ganze Leben lang andauert.

Als Faust die Vision einer idealen utopischen Gesellschaftsform hat, verspürt er erstmals das Glück und die Freiheit, die er in sich trägt. Diese Freiheit definiert sich durch freies Handeln, Denken und Fühlen jedes Einzelnen. Denn durch die Freiheit des Einzelnen entsteht eine Freiheit für alle.

Ich denke, dass Faust durch diese Vision oder diesen Plan innerlich zufrieden wurde, weil er nicht nur für sich selbst einen Weg gefunden hat, sondern diese Vision quasi die ganze Menschheit betrifft.

Goethe kritisiert in den Tragödien immer wieder die Gesellschaft. Er kritisiert die verschiedenen Gesellschaftsschichten und das Verlangen und die Gier nach Geld, welche mit dem Kapitalismus einhergehen. Deshalb, denke ich, besteht das, was die Welt im Innersten zusammenhält, darin, nicht nach dem Profit des Einzelnen zu streben, sondern die Vision zu verfolgen, jeden Menschen in Freiheit und Selbstbestimmung zu sehen. Wenn man Faust als „das Bild“ für den Menschen betrachtet, geht es im Menschsein, denke ich, darum, nicht nur nach irdischen Sachen zu streben. Es geht darum, seine individuelle Freiheit zu entdecken und das Leben mit Liebe zu füllen. Denn auch nur durch Verluste, Reue, Fehler und Trauer, wie Faust sie erlebt hat, kann man das volle Maß an innerlicher Zufriedenheit spüren.

Im Prolog im Himmel spricht der HERR davon, dass ein wirklich guter Mensch nicht vom rechten Weg abkommen kann. Denn auch wenn man sich verirrt und das Böse nicht erkennen mag, weiß man im Endeffekt, was richtig ist. Der Drang danach, etwas zu fühlen, was wir noch nicht kennen und der Drang, das Richtige und Gute zu tun, treiben uns, denke ich, im Innersten an. Denn egal, wo man hinschaut, jeder Mensch will mit dem, was er tut, eigentlich nur eines erreichen, und zwar das, was für ihn das Richtige und Gute ist. Das ist doch etwas, was die

Menschheit auf eine gewisse Weise zusammenhält. Faust hat womöglich diesen Zusammenhalt gespürt und daraus eine Vision entwickelt: die Vision der idealen Gesellschaft in Freiheit. […] Faust wirkt auf mich wie das Idealbild eines Menschen. Er interessiert sich für die Wissenschaft, wird angetrieben durch Lust bzw. Gefühle zu anderen Menschen, er reflektiert und überlegt nicht sonderlich viel, stürzt sich ins Abenteuer. Irgendwie hat er doch einen Sinn für das Richtige, allerdings kommt dieser Sinn nicht so oft zum Vorschein. Faust handelt eher nach seiner Intuition, ist auch launisch und oftmals arrogant. Er denkt doch hauptsächlich an sich und an sein eigenes Verlangen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass in ihm eine große, laute Sehnsucht steckt, die nach Zufriedenheit und Selbstliebe ruft. Ihm fehlt es an diesen Dingen, er rennt Idealen nach und ist nicht bedacht auf das Hier und Jetzt, er kann die Gegenwart nicht genießen, weil er sie gar nicht sieht und wahrnimmt. Ich denke, dass diese Themen, mit denen Faust zu hadern hat, immer noch sehr aktuell sind und auch die Mehrheit der Menschen betreffen – die Sorge, sein Leben, mit etwas verschwendet zu haben, taucht bestimmt öfters auf. Womit verbringe ich mein Leben richtig? Was muss ich gemacht haben? Was soll ich arbeiten?

Ich denke, dass Goethe den Kern des wahren Menschseins und der inneren Freiheit als ständiges Tun und Lernen betrachtet, immer in Bewegung, auch in geistiger Bewegung zu bleiben und immer ein Ziel vor Augen zu haben, auf welches man hinarbeitet. Stetig nach neuen Erkenntnissen und Erfolgen zu streben. Ich denke, das gilt heute wie damals: Jeder Mensch braucht seine Tätigkeit, seine Aufgabe, um ein erfülltes und freies Leben zu leben.

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[…]

Viele Gedanken

Blitze, ein Gewitter naht.

Die Stille - Freiheit

Formulierende

Freiheit in siebzehn Silben

Die Unendlichkeit

14 MoMent Frühling 2021
Foto: Paul Berke

Vom hoMo Ludens und MaGister Ludi

Wenn es einen Ort gibt, in dem Freiheit waltet, dann ist es das Atelier des Künstlers, ebenso wie ein Ort der Freiheitsferne die Gefängniszelle ist. So ungefähr könnte man meinen, wenn man beginnt, über Freiheit, das Leitmotiv dieser MoMent-Ausgabe, nachzudenken.

Victor, der Protagonist in Samuel Becketts frühem Theaterstück Eleutheria, hat sich auf der Suche nach Freiheit ganz von der Welt zurückgezogen und sein Zimmer seit zwei Jahren nicht mehr verlassen:

„Ich wollte immer frei sein. (...) Ich weiß nicht, warum. (...) Ich habe es immer ersehnt. Ich ersehne es immer noch. Ich ersehne nur das. Zuerst war ich ein Gefangener der andern. Darauf habe ich mich von ihnen getrennt. Dann war ich mein eigener Gefangener. Das war noch schlimmer. Darauf habe ich mich von mir getrennt.“

Schließlich resümiert Victor:

„Ich werde nie frei sein. (...) Aber ich werde ununterbrochen spüren, wie ich es werde. (...) Ich werde Ihnen sagen, womit ich mein Leben zubringen werde: damit, meine Ketten gegeneinander zu reiben. Von morgens bis abends und von abends bis morgens. Dieses kleine unnütze Geräusch wird mein Leben sein. Ich sage nicht: meine Freude.“

Damit fördert Beckett gleich mehrere Aspekte zutage, die in den Themenkreis der Freiheit fallen: Wir müssen zwischen äußerer und innerer Freiheit/Unfreiheit unterscheiden. Man kann der Freiheit in Abstufungen mehr oder minder nahe kommen. Der Abstand zu ihr versetzt uns in einen permanenten Spannungszustand, den wir aber brauchen, um für sie sensibel zu werden. Es geht um ein Freiwerden. Victor hat das Prozessuale des Problems erkannt. Sein Entschluss, die Ketten nicht ruhen zu lassen, ist seine Antwort auf das Problem und zeigt, dass er, der Unfreie, bereits aus Freiheit handelt. Fragen tun sich auf: Was nährt Victors lebendige Vorstellung von Freiheit und seine unstillbare Sehnsucht nach ihr? Hat er Freiheit nie besessen oder besaß er sie einmal, nur dass sie ihm, vor Urzeiten, abhanden kam? Ist seine Vision der Freiheit zugleich eine Erinnerung? War er einmal aufgehoben in ihr?

„Der Mensch ist frei geboren und liegt doch überall in Ketten“, tönt es aus Frankreich in der Zeit der Aufklärung aus dem Munde des Wanderphilosophen Jean-Jacques Rousseau. Der Funke springt über:

„Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, und würd’ er in Ketten geboren“, verkündet wenige Jahrzehnte später der Dichterphilosoph Friedrich Schiller in deutschen Landen. Das Votum ist eindeutig: Ja, der Mensch ist frei, zumindest dem Konzept nach bei seinen ersten Atemzügen und vielleicht noch etwas länger. Die Komplikationen scheinen danach einzusetzen. Verschiedene Entwicklungen sind möglich. Menschen können ihre naturgegebene Freiheit verlieren oder weiter ausbauen. Freiheit, darauf basieren die folgenden Gedanken, wird nicht als statische Größe verstanden, sondern als dynamische. Freiheit gibt es in verschiedenen Graden und Qualitätsstufen, sie ist entwickelbar und ausbaufähig. Und sie kann etwas mit Spiel zu tun haben. Der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga, von den Nazis verschleppt und umgebracht, widmete dem Phänomen Spiel die geistreiche Schrift Homo ludens 1) – vom Ursprung der Kultur im Spiel

Darin schreibt er:

„Spiel ist älter als Kultur; denn so ungenügend der Begriff Kultur begrenzt sein mag, er setzt doch auf jeden Fall eine menschliche Gesellschaft voraus, und die Tiere haben nicht auf die Menschen gewartet, dass diese sie erst das Spielen lehrten. Ja, man kann ruhig sagen, dass die menschliche Gesittung dem allgemeinen Begriff des Spiels kein wesentliches Merkmal hinzugefügt hat. Tiere spielen genauso wie Menschen. Alle Grundzüge des Spiels sind schon im Spiel der Tiere verwirklicht. Man braucht nur junge Hunde beim Spielen zu beobachten, um in ihrem munteren Balgen alle diese Züge zu erkennen. Sie laden einander durch eine Art von zeremoniellen Haltungen und Gebärden ein. Sie beachten die Regel, dass man seinem Spielge>>

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Vom hoMo Ludens und MaGister Ludi

ährten nicht das Ohr durchbeißen soll. Sie stellen sich so, als ob sie fürchterlich böse wären. Und das Wichtigste ist: An alledem haben sie offensichtlich ungeheuer viel Vergnügen und Spaß. (...) Mit dem Spiel aber erkennt man, ob man will oder nicht, den Geist. Denn das Spiel ist nicht Stoff, worin auch immer sein Wesen bestehen mag. Schon in der Tierwelt durchbricht es die Schranken des physisch Existenten. Von einer determiniert gedachten Welt reiner Kräftewirkungen her betrachtet, ist es im vollsten Sinne des Wortes ein ‚Superabundans‘, etwas Überflüssiges. Erst durch das Einströmen des Geistes, der die absolute Determiniertheit aufhebt, wird das Vorhandensein des Spiels möglich, denkbar und begreiflich. Das Dasein des Spiels bestätigt immer wieder, und zwar im höchsten Sinne, den überlogischen Charakter unserer Situation im Kosmos. Die Tiere können spielen, also sind sie bereits mehr als mechanische Dinge. Wir spielen und wissen, dass wir spielen, also sind wir mehr als vernünftige Wesen, denn das Spiel ist unvernünftig.“

Kinder erschließen sich die Welt spielend. Man kann von dieser Art des Spielens keine zu hoch gesteckte Auffassung haben. Und noch im Leben der Erwachsenen hat Spiel eine tiefe Bedeutung. Es sind Momente einer Parallelwelt, in der man sich oft mehr als in der Alltagswelt als freier Menschen erleben kann. Wenn Huizinga in diesem Sinne vom Spiel spricht, betont er, dass das Spiel seinen Sinn in sich selber trägt und keiner sonstigen Rechtfertigung bedarf. Man könne das Spiel kausal begründen, indem man anführt, in ihm würden überschüssige Energien kanalisiert. Oder man könne das Spiel teleologisch legitimieren, indem man sagt, es würde die Wettbewerbsfähigkeit trainieren, die man im Leben „draußen“ brauche. Huizinga führt aus, dass alle logischen Erklärungsmuster dieser Art stets eine Teilberechtigung haben, aber dem Phänomen gegenüber letztlich nur bedingt adäquat sind. Sie gehören einer Weltsicht an, die nur Notwendigkeiten, möglichst in linearer Abfolge, kennt und ein wichtiges Charakteristikum des Spiels, das Freiheitsmoment, nicht sehen kann oder nicht gelten lässt. Spiel ist in höchster Instanz zwecklos, aber doch sinnvoll. Man würde gerade das dem Spiel Eigentümliche verfehlen, wenn man es aus anderen Bereichen ableitet oder es funktionalisiert, indem man seinen Nutzen auf exterritorialem Gebiet nachweist. Insofern, aber auch hinsichtlich seiner genauen Beobachtun-

gen entlang des Phänomens selber, erweist sich Huizinga als Wissenschaftler, der im Geiste der Goetheanistischen Methode 2) arbeitet.

Nach allem Gesagten wird deutlich, warum das Spiel im Unterricht der Waldorfschulen, von der ersten bis zur zwölften Klasse, in so hohen Ehren gehalten wird. Gedacht ist dabei nicht nur an das Lernen im Spiel in der Unterstufe und an die zahlreichen Bühnenprojekte quer durch die ganze Schulzeit. Es tritt vielmehr noch ein weiteres Motiv hinzu: Weiter oben war die Rede davon, dass diesem Text ein Freiheitsverständnis zugrunde gelegt wird, nach welchem Freiheit über den Naturzustand hinaus entwickelbar ist. Das spielende Kind macht von einer Freiheit Gebrauch, mit der die Natur es beschenkt hat. Wenn Kinder das Spielen verlernen, zeigt das immer auch einen Freiheitsverlust an – ein Alarmsignal im Bereich tiefrot. Kinder sollen Spieler bleiben, und nicht nur sie, sondern Jugendliche und Erwachsene auch. Aber es metamorphosiert sich etwas im Spiel und damit in der Art und Weise, wie von der ursprünglich frei Haus gelieferten Freiheit Gebrauch gemacht wird. Es kann erhellend sein, an dieser Stelle Schillers Briefe Über die ästhetische Erziehung des Menschen einzuschalten. Darin unterscheidet der Autor, in der Abbildung mit dem MNS der Friedrich-Schiller-Universität Jena ausgestattet, zwischen dem Stoff- und dem Formtrieb. Dominiert der Stofftrieb, so möchte der Mensch in alles Andrängende eintauchen und sich mit Genuss fortreißen lassen. Dominiert der Formtrieb, so findet der Mensch höchste Genugtuung darin, Distanz zu allem Andrängenden herzustellen, um es aus diesem Abstand heraus nach seinen Plänen gestalten zu können. Schnell wird deutlich, dass es sich um zwei polare Haltungen handelt, die situationsbezogen jeweils ihre Berechtigung haben. Schillers Überlegungen kulminieren im fünfzehnten Brief in dem Satz:

„Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

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Unter Spiel versteht Schiller die Gabe, Stoff- und Formtrieb in Balance zu halten beziehungsweise von beiden emanzipiert zu sein, um dann aus Freiheit – und nicht aus Zwängen heraus – dem einen oder dem anderen den Vorzug zu geben. Wir erkennen: Auch bei Schiller stehen Spiel und Freiheit in innigster Verknüpfung. Das Spiel, von dem Schiller hier spricht, ist ein anderes, eben weiterentwickeltes, als das Spiel der Kinder. Wo ist die Verbindung zur Waldorfpädagogik? Jede der zwölf Klassenstufen steht unter einem besonderen Motiv, welches das jeweilige Jahr durchzieht und den SchülerInnen in den verschiedensten Fächern von den verschiedensten Seiten her begegnet. Jedes dieser Motive bedeutet eine bestimmte Haltung, mit den Menschen, der Welt, den Dingen in der Welt umzugehen. Das Besondere der zwölften Klasse ist nun, dass eigentlich kein neues Motiv hinzukommt, sondern alle zuvor durchgespielten Motive wie Register auf der Orgel angespielt und bei Bedarf wieder verlassen werden. Perspektivenwechsel vollziehen zu können, Standorte und damit Standpunkte wechseln zu können, dadurch tolerant und multiperspektiv zu werden, Überblick zu erwerben und aus dem gewonnenen Überblick Situationen gestalten zu können wären Ziele, auf die man in einer zwölften Klasse hinzuarbeiten versucht. Jede einzelne Schülerin, jeder einzelne Schüler ist eingeladen, zum Homo ludens zu werden, zum spielenden Menschen, der im Laufe der vorangegangenen Jahren in die verschiedensten Motive/Haltungen tief eingetaucht ist, dadurch Chancen erwarb, sich von jeder dieser Haltungen zu emanzipieren, um schließlich frei über sie verfügen zu können – also ein Spieler im Verständnis Schillers zu werden. Die Lehrkraft ist dann immer weniger in ihrer klassischen Rolle gefragt, sondern darf sich vielmehr in der Rolle der Spielleiterin, des Spielleiters üben oder, um einen schönen

Begriff aus Hermann Hesses Glasperlenspiel aufzugreifen, als Magister Ludi 3)

Außer dem Spiel genießt die Kunst, nicht nur im engeren Sinne des Wortes verstanden, an Waldorfschulen hohe Wertschätzung. Warum? Im zweiten Brief seiner Betrachtungen schreibt Schiller:

„Denn die Kunst ist eine Tochter der Freiheit (...).“

Klar, denn der Künstler spielt, so wie Georg Friedrich Kersting spielt, als er 1819 seinen Kollegen und Freund Caspar David Friedrich, den großen Maler der Frühromantik, bei der Arbeit in seinem Atelier festhielt. Kersting spielt damit, dass Friedrich uns nicht sieht, während er innehaltend und nachdenklich sein entstehendes Werk betrachtet. Dafür sieht Friedrich aber, was wir nicht sehen, nämlich das Bild auf der Staffelei. Außerdem spielt Kersting mit der inneren und äußeren Freiheit, von der zu Beginn die Rede war. Die äußere Freiheit scheint gering, gleicht das Atelier in seiner Kargheit eher einer Gefängniszelle. Die innere Freiheit des sinnenden Künstlers aber ist immens, stammt doch von Friedrich selbst die Sentenz: „Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch zu malen, was er vor sich sieht.“

Holger Finke unterrichtet Mathematik, Physik und Kunstgeschichte und ist Dozent am Zentrum für Kultur und Pädagogik in Wien.

1) Homo ludens = der spielende Mensch, in Ergänzung zum Beispiel zu Homo sapiens = der vernunftbegabte Mensch oder Homo faber = der tätige Mensch

2) Eine ausführliche Darstellung der Goetheanistischen Methode und ihrer Relevanz im pädagogischen Kontext findet sich in folgendem Werk der Schriftenreihe des Zentrums für Kultur und Pädagogik: Grundlagen, Methoden und Gestalt der Waldorfschule, 2016, LIT Verlag

3) Magister Ludi = Lehrer des Spiels

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Freiheit will erspieLt sein

Frei ist nur der Mensch, insofern er in jedem Augenblick seines Lebens sich selbst zu folgen in der Lage ist. Der Unterschied zwischen mir und meinem Mitmenschen liegt nicht darin, dass wir in zwei ganz verschiedenen Geisteswelten leben, sondern dass er aus der uns gemeinsamen Ideenwelt andere Intuitionen empfängt als ich.

– So Rudolf Steiner in seiner „Philosophie der Freiheit“. Wenn wir wirklich aus der Ideenwelt schöpfen, dann gilt weiter: „Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnis des fremden Wollens ist die Grundmaxime des freien Menschen.“

Wie aber lernt der Mensch, sich selbst zu folgen, und wann ist er darin frei im Sinne seiner eigenen Entwicklung??

Erziehung zur Freiheit durch freies Spiel

Das frühkindliche Lernen entfaltet sich in einem ständigen Bezug zur Leiblichkeit: Das Kind schreibt sich die Welt in den Leib ein, bringt sie in sich zur Resonanz und findet zu dem ihm gemäßen Selbst- und Weltbezug und so zur Verbindung mit sich selbst. Zur Freiheit kommt nur, wer erst mit sich selbst verbunden ist.

Müssen wir das Kind dahingehend bilden? Oder bringt es vielmehr alle Fähigkeiten mit, sich selbst zu bilden?

In der Zeit, in der sich das Kind seinen Leib als Instrument, als Wohnort „stimmt“ und ihn sich unermüdlich in verschiedenen Phasen erarbeitet – vielmehr erspielt –, braucht es Entwicklungsräume zur Selbsteroberung, Anregung durch das menschliche Vorbild sowie „unfertiges“ Material, weitgehend frei von vorgegebenen Funktionen, dessen Bestimmungen je nach Bedarf im Spiel wechseln können.

Freies Spiel – das heißt Spiel ohne Vorgabe in Form und Inhalt – ist ein tragender Bestandteil des waldorfpädagogischen Alltags im Kindergarten.

Phasen des kindlichen Spiels

Das freie Spiel ist die dem Kind mögliche Äußerungsform, die sich in einer Abfolge von Entwicklungsstufen zeigt.

Am Anfang steht das Entdecken des eigenen Körpers. In der Auseinandersetzung mit der unmittelbaren Umgebung ist das Kind ständig am Üben, und das mit bewundernswerter Ausdauer. Nichtgelingen wird akzeptiert, nach einer Pause neu

probiert, bis die Aufrechte erreicht ist, die Hände zugreifen können, Auge und Hand koordiniert sind.

Daraufhin werden die Gegenstände erobert, die dann im Weiteren zu Spielelementen werden. Die oft wiederholten verschiedenen Spielgesten sind dabei ein Ausdruck der Organentwicklung: Schütten, Weglaufen – Wiederkommen, Turmbauen, Zerstören, Sortieren – alles hat Sinn, Bezug und Wirkung auf die Organe.

Hat das Kind so den Umgang mit den Dingen ausreichend geübt, kann es mit zunehmender Sicherheit ins freie Spiel der Phantasie wechseln. Was (gegenständlich) vertraut ist, kann nun verwandelt werden. Die Umgebung wird so immer neu lebendig und immer neu „verdaut“. Das Kind beginnt, in Rollen zu schlüpfen und so auch Gefühlsnuancen zu durchatmen. Das eigene Gefühl entfaltet sich, über die Nachahmung im Rollenspiel wird gelernt, „empathisch“ damit umzugehen.

Im letzten Kindergartenjahr tritt dann die eigene Vorstellung auf den Plan – Ideen kommen, Pläne werden gemacht, alle bekommen ihre Aufgabe –, oft nach einer Phase der „Langewei-

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le“, in der diese Fähigkeiten heranreifen können. Aus sich selbst heraus bewältigt das Kind dabei die Umkehr der vorangegangenen inneren Reihenfolge: Erst erwacht das Spiel an der Außenwelt – dann kann der Impuls aus dem erworbenen inneren Reichtum erwachsen. Der Weg über Handlung/Gefühl/Gedanke dreht sich um zu Gedanke/Gefühl/ Handlung.

Ohne diese grundlegende Umkehr bleibt später ein Vorsatz oft in der Vorstellung, und der Gedanke führt nicht zur Handlung. Daher sollte dem Kind gerade für diese Entwicklungsphase vor dem Schuleintritt noch ausreichend Zeit zur Verfügung stehen. Denn hier klingt erstmals Verantwortung an.

Zutrauendes Verständnis

In der Zeit des freien Spiels ist der Erwachsene die verlässliche Bezugsperson für das Kind: der Mensch – der sich selbst laufend „vor ihm bildet“ – ohne zielorientierte Erwartungen.

Wesentlich ist dabei das zutrauende Verständnis des Erwachsenen, das Kind selbst werden zu lassen, seinem ureigenen Interesse an der Welt Raum und Zeit zu geben und ihm dazu

auch sinnhafte, durchschaubare und handhabbare Verrichtungen des täglichen Lebens zur Nachahmung anzubieten. Das kleine Kind ist ganz versunken im Willen, im Handeln –wozu im Vorschulalter auch die Neigung besteht. Der eigenständige Gestaltungswille wird dem Denkvermögen erst allmählich freier zur Verfügung stehen. Handeln aus innerer Motivation braucht ungestörte Entwicklungszeit, dann wird das eigene Motiv aufgenommen und nachhaltig umgesetzt.

Ungestörtes Spiel als Kind forschend und staunend satt durchleben zu können heißt, später aus den eigenen Idealen heraus handeln zu können. Das Kind darf im Spiel selbst so lange probieren und üben, bis es zufrieden ist und seine Selbstwirksamkeit frei erleben kann.

Selbstvertrauen durch Mitgestalten der Beziehung

Im Durchgang durch die Spielphasen übt das Kind auch das Zusammenleben, das Gestalten und Mitgestalten in der Beziehung zu anderen. Spielen ist ein Raum des Probehandelns im Sozialen. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit werden mit dem ganzen Wesen unwillkürlich als Notwendigkeit des Miteinanders erfasst und gelebt.

Im Spiel der Kindheit gilt Freiheit als Ordnungsprinzip, und das Kind kommt über die Nachahmung in der Beziehung zu anderen Menschen zu sich selbst. „Frei wird man nur, wenn man zuerst als Kind möglichst intensiv Nachahmer war“ (Rudolf Steiner).

Der Schutz der frühen Kindheit als Entwicklungsraum zur Freiheit ist heute zu einer alle Kräfte fordernden Aufgabe mit stetig wachsender Verantwortung geworden.

Es geht hier um nichts weniger als eine gesundheitsfördernde Lebensgrundlage für den heranwachsenden Menschen: ihm zu ermöglichen, für seinen individuellen Weg das als Kind selbsttätig im Spiel erworbene Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten nachhaltig bis ins Leibliche zu verinnerlichen, damit er, „gut genährt, danken für alles lern’ und verstehe die Freiheit, aufzubrechen, wohin er will“ (Friedrich Hölderlin).

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ForMenZeichnen zu hause

Ich persönlich konnte der hoffentlich vergangenen Coronazeit wirklich gar nichts abgewinnen.

Als ich jedoch diese vielen wunderbaren Fotos von meinen Erstklasskindern bekommen habe, da wurde ich eines Besseren belehrt. So viele geniale und gute Ideen hätten wir wohl niemals im Klassenzimmer umsetzten können.

Formenzeichnen zu Hause, das war tatsächlich eine großartige Epoche, und ich darf mich auf diesem Weg nochmals sehr herzlich bei den unterstützenden Eltern bedanken.

Anja liebt die Zeit, die sie in der Schule mit der Klasse, ihren FreundInnen und LehrerInnen verbringen darf. Wenngleich sie zu Hause im Homeschooling das Lernangebot gewissenhaft erledigt hat, fehlte ihr sehr das Drumherum. Die Verbindung zu Frau Trierenberg in Form der Sprachnachrichten auf Woodle hat sie täglich herbeigesehnt und förmlich aufgesaugt. In die Hände gespielt hat uns allerdings, dass gerade eine Formenzeichenepoche stattfand, die sich natürlich perfekt zum Einbau in Parcours eignete. Da legten wir zum Beispiel Zinnen aus Büchern, eckige und runde Springschnurspiralen zum Balancieren, Schwellen aus diversesten Gegenständen zum Bogerlhoppeln und stellten Sessel in eine Reihe zum abwechselnd Drüber- und Drunterkriechen. Anschließend ging es dann auf Entdeckungsreise durch die Wohnung, um irgendwo an Möbeln, Bildern, Instrumenten u. dgl. die neu kennengelernten Formen und Muster zu finden oder um sie mit jeglichen gefundenen Gegenständen selbst aufzulegen. Nichtsdestotrotz hat Anja sich unfassbar auf den ersten Tag nach den Osterferien gefreut, weil keine noch so interessante Sprachnachricht, kein noch so langes Videotelefonat mit einer Freundin und auch kein noch so kreativer Parcours zu Hause das echte Leben in der Schule, die Energie, die dort herrscht, und das Beisammensein mit den anderen Kindern ersetzen kann.

Angela Schär, Mama von Anja

Homeschooling ist nicht automatisch schwierig  Als die Schule vor Ostern wieder zumachen musste, war es für die Kinder der 1. Klasse nicht das erste Mal, dass sie nicht wie gewohnt jeden Tag in die Schule gehen konnten… Und aus Erfahrung (das kann man jetzt durchaus schon sagen) wussten wir schon, dass es gilt, den Rhythmus, den die Kinder tagein tagaus in der Schule leben, so gut es geht, in das Leben zuhause zu integrieren. Rhythmus bedeutet Sicherheit, Geborgenheit, Halt. Und das wirkt sich in so einer Situation der vielen neuen Herausforderungen gesundend auf das ganze familiäre Miteinander aus.

Die sehr gut und liebevoll vorbereiteten Lernunterlagen, die auf Woodle gestellt wurden, waren im Rhythmus des Hauptunterrichts gestaltet, sodass die Kinder sich in ihnen sofort wieder- und zurechtfinden konnten. Wenn man dem Rhythmus folgte, vom Morgenspruch über Flöten und Singen bis hin zu Formen-Bewegen, um sie erst dann ins Heft zu zeichnen, war der Arbeitsauftrag für die Kinder verständlich, und sie gaben sich ganz dem Rhythmus des Hauptunterrichts zuhause hin.

Woodle gab uns Eltern aber auch einen guten Einblick in den so geheimnisvollen Unterricht, von dem man zuhause ja nur ab und zu etwas erfährt. Und für mich als Studentin am Zentrum für Kultur und Pädagogik war und ist Woodle natürlich eine Schatzkiste, eine virtuelle Hospitation.

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Barbara Budin, Mama von Mila

Wenn wir „woodeln“

Wenn wir woodeln, braucht Susannah Besteck. Am besten wären kleine Löffel, natürlich viele. Und dann noch so etwas ähnliches, naja, circa gleich groß, und auch so viel davon. Jetzt müssen wir suchen – und werden bei den Bastelsachen fündig: Zum Glück hat die Oma den Kindern vor kurzem eine Menge unterschiedlichstes Material geschenkt. Darunter „Eisstäbchen“ aus Holz. Perfekt! Wir „woodeln“ in der Quarantäne vor den Osterferien. Die Epoche: Formenzeichnen. Wobei das Zeichnen im Heft erst mehr oder weniger den Schlusspunkt darstellt. Zuerst, und das ist für Susannah völlig klar, wird erlebt. Aus den Löffeln legt sie die erste Zeile: einen hoch, einen quer, den nächsten hoch, wieder quer usw. Mit ihren kleinen Füßen geht sich pro Löffel ein Schritt aus. Natürlich ist es eng, und sie muss Spitze an Ferse setzen. Aber es geht. Als nächstes die Reihe mit den Holzstäbchen, spiegelverkehrt. Susannah ist stolz auf ihr Werk. Ich selbstverständlich auch. Zum Abschluss machen wir ein Foto. Für Frau Trierenberg, und für die Woodle-Seite der ersten Klasse. Denn hier spielt sich in dieser Woche Gemeinschaft ab – und Motivation: Runterscrollen und die Fotos anschauen, von den SchulfreundInnen, von „Klassenhund“ Luna. Zu lesen, was Julius heute macht. Die Ideen der anderen sind Inspiration und fallen auf

fruchtbaren Boden. Susannah arbeitet mit Wolle, Farben und Muggelsteinen. Den Abschluss bildet dann die Geschichte, die Frau Trierenberg auf Band vorliest.

Woodeln geht, es geht gut, wenn die Inhalte so liebevoll auf- und vorbereitet sind. Aber, um ehrlich zu sein, jeder Tag ist anders. Nicht an jedem Tag legen wir Muster, spielen Flöte, sprechen den Morgenspruch, hören die Geschichte, basteln die Vorschläge nach. Das liegt vor allem an der Zeit und der Energie, die mir neben dem Homeoffice und -schooling mit dem Bruder noch bleibt. Wenig überraschend machen diese Tage deutlich: Woodeln geht, aber Schule geht besser. Wie gut, dass es sie gibt! Mit ihrem Raum, ihren Materialien, ihrer Zeit und ihren Menschen. Den Großen und den Kleinen.

Keine Frage, für uns Eltern war das Homeschooling eine größere Herausforderung als für Konstantin. Dafür durften wir uns an der Waldorf-Pädagogik versuchen, und wir bekamen vor allem einen Einblick in Konstantins verborgene Welt. Danke für die liebevoll vorbereiteten Materialien!

22 MoMent Frühling 2021

Mit viel Freude erwartete unsere Tochter jeden Tag die neuen Aufgaben und Nachrichten auf Woodle. Es war schön zu beobachten, wie dann durch den eigenständigen und freien Umgang mit den Übungen ein Wechselspiel aus Formenzeichnen, freiem Spiel, Malen und Musizieren entstand. Mo-

tiviert durch die Formenzeichnen-Epoche, wurde im „Geheimen“ hinter verschlossener Tür an der Osterüberraschung für uns Eltern gemalt und gewerkt. Das von Frau Trierenberg erzählte Märchen hat Annelie begeistert gleich mehrmals angehört.

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1. kL asse
Papa von Annelie

audienZ bei der köniGin

Zum Abschluss der Bienenepoche luden uns die Bienen der Dorfgemeinschaft Breitenfurt ein, von ihrem feinen Honig zu kosten. Betreut werden sie von Imker Jörg, der uns zu ihnen führte und uns wunderbare Einblicke in ihre faszinierende Welt bot. Dies also war die Welt der Biene Sonnenstrahl, von der wir gelesen hatten, in „echt“. Auch wenn das Anprobieren des Imkeranzugs, der Einsatz des Smokers und vor allem das Honigschlecken direkt aus den Waben besonders eindrucksvoll waren, so wissen wir nun vor allem, wie es sich tatsächlich abspielt im Bienenstock. Wie es wimmelt, surrt und brummt. Welch Geschäftigkeit die Bienen an den Tag legen – haben wir doch gelernt, dass jede einzelne Biene eine Aufgabe hat, die sie gewissenhaft erfüllt. Wir haben etwas über den Unterschied zwischen Naturwaben und über Mittelwände gebaute Waben, über Drohnen, über den Bienentanz und vieles mehr erfahren.

Ja, und letztendlich gab es auch noch eine Audienz bei der Königin. Es war nicht leicht, sie inmitten ihres Volkes zu finden, aber dank eines roten Punktes auf ihrem Rücken fanden wir dann doch noch zu ihr. Viel Zeit hatte sie allerdings nicht für uns, musste sie doch noch eine ganze Menge Eier in die jeweiligen Zellen legen. Wir erfuhren, dass die Königin zwar auch einen Stachel hat, dieser aber keine Widerhaken (wie sie die Stachel der Arbeiterinnen haben, welche ja deswegen sterben müssten, wenn sie uns stechen würden) besitzt. Glücklicherweise wurde aber niemand von uns BesucherInnen gestochen – es scheinen unsere Gastgeberinnen ja überaus friedfertig zu sein.

Ein besonderes Detail am Rande soll – wenn auch tragisch - nicht unerwähnt bleiben. Eines der benachbarten Völker hat den Winter leider nicht überlebt: Sie haben zu wenig Vorräte gesammelt und sind verhungert. Imker Jörg zeigte uns aus diesem Stock eine Wabe, an der viele tote Bienen mit dem Kopf voran in den einzelnen Zellen steckten – gestorben, als sie versuchten, noch den letzten Rest an Honig vom Boden der Zelle zu saugen. Kein alltäglicher Anblick – auch nicht für einen Imker. Es verhungern übrigens keine einzelnen Bienen, sondern stets das gesamte Volk – es gibt keine Biene, welche die anderen übervorteilen will … es ist eben „der Bien“.

Alles in allem war es ein überaus lehrreicher und interessanter Besuch, der aufbauend auf dem, was wir in der Bienenepoche gelernt hatten, das zuvor Gehörte sinnvoll abrundete.

24 MoMent Frühling 2021
Natascha Hermann, Klassenlehrerin der 2. Klasse Wabenbau und Entwicklung der Biene Das Herstellen von Samenkugeln als Bienennahrung

Schon das Miterleben der „Bienenepoche“ meiner Söhne habe ich in so besonderer Erinnerung. Umso mehr habe ich mich gefreut, nun selbst mit der 2. Klasse diese Epoche vorzubereiten und halten zu dürfen. Das Thema Bienen bietet eine so große Vielfalt. Will man zum Wesen der Biene vordringen, weiß man zunächst gar nicht, wo man beginnen soll: bei der Bienenkönigin, beim Honig, beim Bau der Waben? Jedes Detail scheint so bedeutsam und könnte einen Start- wie einen Endpunkt darstellen. Aus alten Zeiten der Imkerei stammt der Begriff „der Bien“, der dem gesamten Bienenvolk zugesprochen wird und meint, dass es sich hierbei um ein eigenständiges Wesen handelt. Die Faszination, die von Bienen ausgeht, ist vielfältig. Mich persönlich spricht vor allem das Zusammenleben der vielen tausend Insekten an, die alle ihre Aufgaben wahrnehmen und sich auf wundersame Weise organisieren und zusammenarbeiten. Jede einzelne ist wichtig im Kontext des Gesamtorganismus – das schafft für Zweitklässlerinnen und Zweitklässler ein verstehbares Bild vom Zusammenarbeiten zum Wohl der Gemeinschaft. Dieses Bild wird die Klasse hoffentlich noch länger begleiten und eine Hilfestellung für das Zusammenleben in der Gemeinschaft sein und bleiben – sei nun die Klasse, die Schule oder die Gesellschaft im größeren Rahmen die Bezugsgröße.

Die Geschichte der kleinen Biene Sonnenstrahl von Jakob Streit hat unsere Bienenepoche begleitet und Anlass zum Forschen, zum Staunen und Erleben geboten. Neben den wunderschönen Heftarbeiten hatten wir gemeinsam Freude an den unterschiedlichsten Projekten, wovon die 2. Klasse hier ein paar Eindrücke zeigen möchte...:

MoMent Frühling 2021 _ 25
Martin Völker ist Schülervater in der 2. Klasse. Eindrücke der wunderschön gestalteten „Bienenhefte“
2. kL asse
Ausflug zum Imker in die Dorfgemeinschaft Breitenfurt

„endLich Frei“

– der ausflug zur pecherei

Nach vielen Wochen und Monaten konnte sich die 3. Klasse endlich wieder außerhalb der Schule gemeinsam auf den Weg machen und fuhr zum Pecher ins Piestingtal. Hier einige Eindrücke in Form von Fotos, ein einfaches Rezept für ein wirkungsvolles und duftendes Naturheilmittel, das die Kinder selbst herstellen und mit nach Hause nehmen durften, sowie ein paar interessante Hintergründe zu dem wunderbaren Naturprodukt Harz:

Das Rezept für die Wundheilung und weiche Haut

In einem kleinen Topf werden 1 - 2 Teelöffel Bienenwachs erhitzt. Achten Sie darauf, dass das flüssige Bienenwachs nicht zu heiß wird. Wenn es geschmolzen ist, kommt die doppelte Menge Öl hinzu. Sie können das Öl nach Belieben wählen. (Achtung: Olivenöl darf nicht zu stark erhitzt werden.) Zu guter Letzt kommt noch die gleiche Menge Harz der Schwarzföhre hinzu, wie Öl verwendet wurde. Wenn die Mischung gut geschmolzen und verrührt ist, können Sie sie in ein verschließbares Schälchen füllen. Jetzt muss es nur mehr auskühlen, zugeschraubt werden, und fertig ist Ihre Wundcreme!

Sollte Ihnen das Mischverhältnis nicht zusagen, können Sie es gerne ein wenig variieren. Für Lippenbalsam braucht es etwas mehr Bienenwachs.

Pech in der Geschichte

Schon die alten Ägypter vor rund 4000 Jahren erkannten die Besonderheit des Harzes. Sie waren der Meinung, dass ihre Seelen nur dann im Jenseits weiterleben und in ihre Körper zurückfinden konnten, um ihnen das ewige Leben zu schenken, wenn ihre

Körper nicht verwesten. Aus diesem Grund entwickelten sie die Technik der Mumifizierung. Verstorbene wurden dafür mehrmals gewaschen und getrocknet, abschließend mit Balsamierungsharzen überzogen und in Leinentücher gewickelt. Diese sollten den Körper versiegeln. Durch diese einzigartige Technik konnten Mumien bis heute erhalten bleiben. Das Wort Mumie stammt aus dem Arabischen und bedeutet Wachs.

Auch für den Bau der Schiffe wurde Harz als Versiegelung vor dem Wasser verwendet.

Harzverwendung heute

Heutzutage sind wir nicht mehr auf den Einsatz von Harz angewiesen. Dennoch lassen sich wunderbare hausgemachte Dinge damit herstellen. So kann das reine Harz als Anzünder für Feuer fungieren: einfach mit ein paar gut brennbaren Sträuchern oder Gräsern mischen und verkneten. Achtung: Das Feuer rußt sehr stark. Nach Erhitzung des Harzes kann man daraus Kleber herstellen; dazu sollte es jedoch noch flüssig sein.

Harz wird sehr oft in Verbindung mit anderen Substanzen wie Ölen oder Wachsen verwendet. Kerzen, Cremes, Seifen, aber auch Lippenpflege lassen sich gut aus diesen Mischungen herstellen. Es riecht übrigens himmlisch!

Nathalie-Hannah Schleifer, Turn-Begleitung der 3. Klasse

Lasst den ideen freien Lauf –hausBauepoche der 3. kLasse

Die Hausbauepoche steht endlich vor der Türe, und die 3. Klasse ist ganz aufgeregt! Ab kommender Woche werden wir jeden Tag in die Karl Schubert Schule zu unserer neuen Patenklasse wandern, wo ein Teil unserer Klasse nach einer gemeinsamen Morgenrunde mit unseren „Meistern“ zu arbeiten beginnt und der Rest der Klasse wieder zurück spaziert, um in der Klasse Baumaterial zu berechnen, Mauerwerksverbände zu besprechen, Dachdeckervokabular zu lernen, zu messen, zu wiegen und zu forschen.

Wir bauen ein Spielhäuschen für die Kinder der Karl Schubert Schule. Wie es aussehen soll, kann man am Plan schon erahnen. Wo es stehen soll, haben wir vermessen und abgesteckt. Aber was daraus alles entstehen kann, das haben die Kinder der 3. Klasse erst mal skizziert und dabei ihren Ideen freien Lauf gelassen. Von einer Wasserrutsche ins Planschbecken über eine Aussichtsplattform inklusive Fernrohr bis zu Bouldergriffen und Kletterpflanzen an der Holzschräge waren der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Jetzt wünschen wir unserer fleißigen Bauarbeitergemeinschaft schönes Wetter, eine fröhliche Zeit und ein gutes Gelingen bei ihrem Werk!

3. kL asse
Christina Bauer, Klassenlehrerin der 3. Klasse

Menschen- und tierkunde in der 4. kLasse

In der Menschen- und Tierkundeepoche der 4. Klasse hatten die Kinder die Freiheit, ein Tier ihrer Wahl zu beobachten, zu beschreiben und im Rahmen eines Referates vor der Klasse zu präsentieren.

Jedem einzelnen Kind ist es auf individuelle Art und Weise gelungen, ein Fachmann bzw. eine Fachfrau für das ausgewählte Tier zu sein.

Während der Epoche tauchten auch zahlreiche Fragestellungen auf, die es zu beantworten galt.

Eine dieser zentralen Fragen lautete:

Was unterscheidet den Menschen vom Tier?

Antworten der Kinder:

• das Aussehen

• der Gang

• die Sprache

• dass der Mensch nachdenken kann

• dass er Fragen beantworten kann

• die Freiheit, Entscheidungen zu treffen

Eine rundum gelungene Epoche (siehe Bilder), die in der Mittelstufe ihre Fortsetzung finden wird!

28 MoMent Frühling 2021

ein potpourri von arbeiten zur pFLanZen- & tierkunde

Unterrichtsthemen der 5. Klasse in den letzten Wochen waren u. a. Stufenbau und Entwicklung der Pflanzen, Zeichnungen von Pflanzen und all ihren Bestandteilen, das Führen eines Baumhefts (= das Festhalten der Entwicklung des jeweiligen Lieblingsbaumes über das ganze Jahr in Wort und Bild), die genaue Beobachtung von Pflanzen sowie Tierreferate.

MoMent Frühling 2021 _ 29
4. & 5. kL asse

die 6. kLasse auf reisen

In diesem 6. Schuljahr durften die Schülerinnen und Schüler viele Reisen durch Europa machen. Die nachfolgenden Auszüge aus einigen ihrer (fiktiven) Reisetagebücher sollen Einblick geben in die zahlreichen spannenden Erlebnisse.

Die Geographie-Epoche war eigentlich sehr lustig, schon weil mir Geographie einfach liegt! Wir sollten „Reisetagebücher“ schreiben und jeder sollte sich ein Land aussuchen, über das wir dann die Epoche über berichten sollten.

Ich nahm Island mit seinen Seen, Flüssen, Vulkanen und Geysiren. So sollten wir auf spaßige Weise etwas über das erwählte Land erfahren. Neben dem Epochenheft und dem „Reisetagebuch“ mussten wir auch noch Steckbriefe über zwei oder sogar drei Länder Europas machen. Die Länder wurden von Frau Kennedy zugeteilt. Hier hatte ich Russland und Slowenien. Russland war mehr als einfach, da wir Russland zeitgleich im Unterricht behandelt hatten. Slowenien suchte ich mir auf Wikipedia heraus. Daher war auch dieses Land kein Problem. Insgesamt war es, finde ich, eine sehr angenehme Epoche.

reise nach niederlande Vorwort

Hallo liebe Freunde, das hier ist mein Tagebuch zu meiner Niederlandereise. Warum war ich dort? Ich war dort, weil mein Freund mich eingeladen hatte. Das war aber nicht der einzige Grund, warum ich dort war. Ich hatte in vier Wochen Geburtstag, und er hatte mich gefragt, wie es wäre, wenn ich meinen 18. Geburtstag bei ihm verbringen würde. Ich hatte mich entschlossen, das Angebot anzunehmen, schließlich war ich mit meinem Freund schon vier Jahre befreundet. Noch ein Grund war, dass ich noch nie in den Niederlanden war, aber schon viele schöne Dinge über das schöne Land erzählt wurden. Das alles wollte ich in meinem Tagebuch festhalten. Was ich aber nicht wusste, war, dass ich noch eine große Überraschung erleben sollte. Ich spanne euch nicht weiter auf die Folter, es geht los…

Die Reiseplanung

Oh, es war so schwer, was sollte ich mitnehmen, außer der Kleidung?

Fotoapparat sicher, aber sollte ich meinen Reiseführer mitnehmen oder den in den Niederlande kaufen? Ich entschied mich fürs zweite, schließlich konnte ich gut Niederländisch sprechen. Als ich meinen Freund in Paris kennengelernt hatte, konnte er kein Französisch sprechen, also machte ich ihm das Angebot, dass ich es ihm beibringen könnte. Er sagte Ja und als Dank brachte er mir Niederländisch bei. Ich machte meinen Koffer zu, mein Freund würde mich reise

nach dänemark

Vorwort

Ich war damals 15 Jahre alt, als zum ersten Mal der Wunsch in mir auftauchte, vier Wochen durch Dänemark zu reisen. In unserer Familie ist es Tradition, zum 10. Geburtstag eine Reise alleine mit Papa zu unternehmen. Wir suchten uns damals Dänemark/Kopenhagen als Reiseziel aus. Die Reise mit meinem Papa hat mich damals sehr fasziniert und war eines der besten Erlebnisse meiner Kindheit. Wir übernachteten drei Nächte lang in einem noblen, kleinen Hotel. Ich und mein Papa waren im Tivoli (ein Freizeitpark wie unser Familypark). Dort hatten wir sehr viel Spaß. Immer wieder musste ich an unsere gemeinsame Reise und Abenteuer dort zurückdenken, sodass ich, seitdem ich 15 war, dies bezaubernde Land wieder bereisen wollte! Mein Papa erzählte mir und meinen

Geschwistern immer wieder über sein Leben in Kopenhagen. Als er drei Jahre war, zog er mit seiner Familie von Afrika nach Dänemark. Oft berichtete er uns über seine Kindergarten- und Schulzeit dort. Unbedingt wollte ich zu den Ursprungswurzeln meines Vaters reisen und sehen, wo er aufwuchs, als er ein Kleinkind war. Mein Papa hatte in Dänemark damals einen Freund, Frederik, mit dem er im Kindergarten/Schule war. Bis heute haben sie Kontakt. Frederik hat eine Tochter namens Emma. Sie ist so alt wie ich. Als wir 14 Jahre alt waren, begannen wir uns Briefe zu schreiben. Emma lernte schon früh Deutsch und ich einzelne Wörter Dänisch. Oft schickten wir uns auch Fotos von unserem Heimatland. Die Meeresfotos waren besonders schön!

30 MoMent Frühling 2021

in Den Haag abholen. Ich schaute mich ein letztes Mal in meiner Wohnung in Wien um. Dann sperrte ich ab und machte mich auf den Weg zum Hauptbahnhof.

Anreise

Ich wartete jetzt schon eine halbe Stunde auf den Zug. Ich drehte mich um und wollte gerade nachfragen, ob der Zug eine Panne hatte, als ich das dumpfe dröhnen eines einfahrenden Zuges hörte. Ich drehte mich wieder um und blickte auf eine alte Lokomotive. Als ich einstieg, fiel mir auf, dass nur sehr wenige Passagiere im Zug waren. Ich ließ mich auf die weichen Sitze nieder und sah zu, wie wir durch die Schweiz fuhren, dann wurde ich müde und schlief ein. Ich wurde erst wieder wach, als der Zug einen Zwischenstopp in Dortmund einlegte, und dann fuhren wir schon weiter und endlich Richtung niederländische Grenze. Da sah ich schon die schönen Blumenfelder und die vielen Windmühlen, es war ein sehr schöner Anblick. Es wurde durchgesagt, dass wir gleich im Den Haag einfahren, langsam streckte ich mich und hielt meinen Koffer. Als ich ausstieg, hielt ich Ausschau nach meinem Freund.

Es waren sehr viele Menschen unterwegs, aber ich entdeckte ihn. Er stand mit dem Rücken zu mir, und als er sich umdrehte und mich erkannte, fielen wir uns in die Arme. „Oh, ich freu mich so, dich zu sehen!“, sagte er mit leichtem Akzent, „wollen wir zu mir nach Hause fahren?“ „Ja gerne“, sagte ich. Als wir zum Parkplatz gingen, entdeckte ich eine große Niederlande-Flagge, die im Wind wehte. Ich fotografierte sie schnell, und dann fuhren wir auch schon los.

Der erste Abend

Mein Freund hatte eine kleine Wohnung am Rande von Den Haag. Sein Zuhause war sehr gemütlich, und mir wurde ein Gästezimmer zugewiesen. Mein Freund sagte mir, dass zum Abendessen seine Familie vorbeikommen würde; ich fragte ihn, was wir denn kochen sollten. Er sagte, „Wir kochen Saté, ein niederländisches Nationalgericht“. Es machte echt Spaß, die kleinen Fleischspieße zu braten. Und dann war es auch schon Abend. Seine Familie war echt nett, vor allem sein kleiner Bruder. Das Essen schmeckte köstlich, und wir blieben noch lange auf. Dann wurde ich müde und ging zu meinem Zimmer. Das Bett war sehr weich, und ich schlief sofort ein.

Überraschung

Früh am Morgen weckte mich mein Freund. „Ich muss dir etwas sagen“, sagte er. Ich fand das komisch. Warum musste er mich so früh wecken, um mir etwas zu sagen? Wir setzten uns an den Küchentisch, und dann rückte er damit heraus: „Ich habe jetzt schon ein Geburtstagsgeschenk für dich. Eine Reise durch die Niederlande.“ Ich konnte es nicht fassen – das war das beste Geburtstagsgeschenk, das ich jemals bekommen hatte. „Wann geht es los?“, sagte ich und drückte ihn vor Freude. „Ich habe mir gedacht, dass wir heute schon losstarten.“ Besser konnte es nicht werden. „Ich gehe packen“, rief ich und raste zur meinem Zimmer.

Das Meer, die Dünen und der Strand faszinierten mich am meisten. Durch Emma und ihre Familie wusste ich, dass Dänen sehr freundlich und hilfsbereit sind. Außerdem mochte ich die dänische Gemütlichkeit (hyggelig) – offenes Feuer, Kerzenschein, indirektes Licht, Designermöbel und gutes Essen. Reiseplanung

Schon früh war mir klar, dass ich auch ein wenig die Sprache des Landes beherrschen wollte. Deshalb lud ich mir die App „Babbel“ auf dem Computer runter. So konnte ich einige Wörter auf Dänisch erlenen. Meine Oma Mor und mein Opa Far sprechen auch dänisch und brachten mir diese Sprache näher. Z.B. Mor bedeutet Mutter, Far bedeutet Vater. Mor Mor = Oma, Far Far = Opa.

Ich wollte unbedingt einen Lenkdrachen für den Strand mitnehmen. In den Dünen bläst oft ein starker kühler Wind, perfekt zum Drachensteigen. Außerdem musste mein Fahrrad mit auf die Reise – in Dänemark gibt es viele Radwege, und nie geht es bergauf. Mit dabei würde ich auch meinen Fotoapparat haben, damit ich alle Erlebnisse festhalten konnte. Diese drei Dinge würden mich begleiten.

Ich fuhr mit dem Nachtzug nach Hamburg – von dort weiter nach Dänemark. In Dänemark legte ich viele Strecken mit dem Fahrrad zurück. Zwischendurch auch mit der Bahn und Autostop.

Raphael S.

Freiheit –konfrontation mit einer zentralen Frage der

„Für mich bedeutet Freisein, wenn man so sein kann, wie man ist. Man sollte sich nicht verstellen müssen, nur um dazu gehören zu wollen. Man sollte das anziehen dürfen, was man will. Sich so schminken, wie man sich wohlfühlt. Man sollte das machen, was einem Spaß macht. Ich muss mich nicht an den anderen orientieren, um so zu sein, wie ich bin.“

Die Aufgabe war, sich über das Thema der Freiheit Gedanken zu machen. Dass 13-jährige Schülerinnen und Schüler mit solch einem Thema ringen, kann man aus etlichen Texten dieser Art entnehmen. So steht der eingangs zitierte stellvertretend für viele. Allerdings war der Ausgangspunkt dieser Fragestellung eine Geografie-Epoche in der 7. Klasse, in welcher wir uns auch mit dem Apartheidsystem in Südafrika und darüber hinaus mit der Frage der Menschenrechte auseinandergesetzt haben. Deswegen hieß die Weiterführung meiner Fragestellung: „Wie kann man das Zusammenleben organisieren unter dem Aspekt der Freiheit jedes Einzelnen?“ Deswegen setzt die Schülerin folgendermaßen fort: „In der Gemeinschaft sollte man jeden so akzeptieren, wie er ist. Das ist nicht immer leicht, denn jeder möchte sich wohlfühlen. Man sollte aufeinander Rücksicht nehmen und jedem zuhören. Jeder sollte seine eigene Meinung haben dürfen. Vielleicht kann man nicht immer alles so haben, wie man es will, aber jeder sollte dazu beitra-

gen, dass jeder einzelne sich in der Gemeinschaft wohlfühlen kann.“

Die Fülle der Äußerungen mit dem Tenor „Freiheit bedeutet, dass ich machen kann, was ich will“ verweisen darauf – und das gilt es nicht zu übersehen – dass man etwas vor hat, dass man etwas will und bereit ist, einem Ziel zu folgen – ganz gleich, wie klar einem dieses geahnte Ziel vor Augen steht. Und wer in dieser Art formuliert, geht davon aus, dass auch die anderen solch eine Willens-Orientierung haben oder nach ihr suchen. Diese gilt es zu respektieren und sich dafür einzusetzen, damit das Wohl(fühlen) als Frucht der Achtung und der Rücksicht entstehen kann; das wird ja im zweiten Teil des obigen Zitats deutlich.

Einen ganz anderen Aspekt von Freiheit greift eine andere Schülerin heraus:

„Ich fühle mich frei, wenn ich von einem 5 m hohen Turm springe und es sich anfühlt, als würde ich fliegen. Die Luft gleitet immer durch meine Finger. Ich fühle mich auch frei, wenn ich dann im Wasser ankomme und tauchen kann. Das Wasser ist sozusagen mein Lebenselixier. Freisein ist mein Lebenselixier.“

Damit wird etwas angesprochen, was für diese Schülerin untrennbar mit Leben verbunden ist. Und so fährt sie fort: „Für mich ist es wichtig, für sich selbst frei zu sein, denn wenn man das ist, ist man auch bei anderen man selbst. (...) Es ist mir wichtig, dass andere auch bei mir frei sind und nicht so tun, als wären sie nicht sie selbst.“

selbstverwirklichung und des Menschseins

Gedanken dazu von schülerinnen und schülern der 7. klasse und von christine Bolleter

Sich selbst zu suchen, sich selbst zu erleben, ist also nur in Freiheit möglich. Begegnung mit anderen Menschen, die alle auf diesem Weg sind, setzt also Freiheit voraus: vor allem eine innere. Das konnten wir auch bei unserem Weihnachts-Projekt „Begegnung zwischen Generationen öffnen Herzen – Sternstunden für die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses Rosenberg und der 7. Klasse“, das wir zusammen mit der Musiklehrerin durchgeführt haben, erfahren. Es war uns ein Anliegen, während der Corona-Zeit Menschen in einem Altersheim zu begegnen, um ihnen Freude, Licht und Zuversicht zu bringen. Alles Erlebnisse, die mit Freiheit im Zusammenhang stehen. Eine herzliche Ansprache zweier Schülerinnen, gefaltete Fenstersterne (ein Bild dafür, dass jeder Mensch seinen eigenen Stern suchen und finden kann) und die gesungenen Weihnachtslieder trugen dazu bei (anzusehen auf https://www. waldorf-mauer.at/eindruecke/galerie-2020-21).

„Ich glaube, dass man Freunde braucht, um frei zu sein. Ich glaube aber auch, dass Freiheit für jeden verschieden ist und das ist auch gut so, denn wenn jeder Mensch gleich sein würde, wäre man nicht frei.“

„In einer freien Gemeinschaft sollte jeder jedem zuhören und jeder sollte etwas sagen können.“

„Das ist das Beste, dass jeder Mensch anders ist.“

„Ich darf stehen, wo ich will.“

„Ich fühle mich frei, wenn ich meine eigenen Entscheidungen treffen kann, aber auch, wenn ich jemandem mein Herz ausschütten darf.“

„Ich finde, Freiheit ist vor allem Mitspracherecht.“

„Natürlich braucht man ein paar Regeln, wenn man mit anderen Menschen zusammenleben will, aber ich bin auch bereit, ein bisschen Freiheit dafür aufzugeben.“

„Wenn man es schafft, sich in allen Situationen frei zu fühlen, ist man meistens auch glücklich. Leider kann ich das noch nicht über mich selbst sagen, aber ich arbeite daran.“

„Mit Freiheit kommt Verantwortung.“

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7. kL asse

die 8. kLasse und das streben

Im Geschichtsunterricht, bei den Jahresarbeiten, bei der Beschäftigung mit den verschiedenen Temperamenten – wir erleben das Bedürfnis und das Streben nach Freiheit in der 8. Klasse auf unterschiedlichsten Ebenen… Es ist wie ein Überthema, das sich über das ganze Schuljahr spannt.

Freiheit als Ziel, als Ideal, als Gestaltungsimpuls, als Verantwortlichkeit, als etwas Zwischenmenschliches, als Motivation, als Ermutigung, als Bedingung, als Möglichkeit, als Beziehung, als Beginn von etwas Neuem.

Auch nach der 8. Klasse beginnt etwas Neues: Vertraute Gewohnheiten werden zurückgelassen, neue Erfahrungen und Möglichkeiten warten, neue Wege werden beschritten.

Vier Jahre durfte ich die 8. Klasse – Euch, liebe Achtkässlerinnen und Achtklässler – als Klassenlehrerin begleiten und habe diese Zeit wirklich sehr genossen!

Sie war fröhlich, herausfordernd, lehrreich und wunderschön, ist unglaublich rasch vergangen, und auch ich habe so viele Erfahrungen gemacht, dass ich Listen erstellen kann.

Einige Highlights:

• der 1. Schultag, an dem ich furchtbar nervös war

• schlaflose Nächte auf der Olympiade

• meine erste lange Klassenreise (ihr alle ward trotz des kalten und nassen Wetters so fröhlich und guter Dinge)

• kleine Kinder auf riesigen Wackelsteinen

• am Skikurs durch den holprigen Parcours fahren

• ein Aprilscherz während des Lockdowns

• plötzlich die „Kleine“ sein

• Geburtstagsüberraschungen

• Feueralarm

• offene, lustige, spannende und schöne Gespräche im Unterricht (!) und in den Pausen

• gemeinsam lernen und erleben

• gemeinsam lachen

nach Freiheit

Was werde ich vermissen: Euer Talent, mich abzulenken und zum Plaudern zu bringen, obwohl doch Unterricht wäre :)

Eure Fröhlichkeit, Energie, Freude und Neugierde und natürlich Euren Humor, die mir den Start in den frühen Schultag gleich einmal versüßt und leicht gemacht haben

Euren ansteckenden Mut und Tatendrang bei Herausforderungen meinen Spitznamen

Worauf freue ich mich schon: auf Eure Referate (8. und 12. Klasse) auf Eure Klassenspiele auf Euren Singabend auf Eure Auftritte bei Schulfeiern mich beim Basar im Kaffeehaus von Euch bedienen zu lassen :)

Zerstörungen:

zerknitterte Aufgaben ein Stapel Hefte

Reißnägel

Topfpflanzen

Kreiden

Abzieher

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8. kL asse

Freiheit als friedliches Miteinander Gedanken der 9. klasse

Assoziativ haben die Schülerinnen und Schüler in einer Einheit in Deutsch über Freiheit im weitesten Sinne nachgedacht und dabei Vernetzungen zwischen Bildung, Friedenspädagogik, Menschenrechten und freier Meinungsäußerung erkannt. Frieden wurde als zusammenhängend mit individueller Freiheit genannt, denn nur in einem friedvollen Umgang kann die Freiheit des/der Anderen respektiert werden. Gestaltendes Denken kann ein friedliches Miteinander schaffen, das besonders in einer Zeit, die so von Gespaltenheit und Konflikten geprägt ist wie die heutige, von großer Relevanz zu sein scheint. Frieden kann dabei, über die Abwesenheit von Krieg hinausgehend, als eine Einstellung unseren Mitmenschen gegenüber gedacht werden.

In der Begleitung hat mir als Tutorin im heurigen Schuljahr gut getan, dass ich allein anhand der Materialsuche für den Englischunterricht am Freiheitsthema wachsen und meinen Horizont erweitern durfte: Der Artikel „What Social Distancing looked like in 1666“ aus der New York Times zeigte mir und den SchülerInnen, wie sehr sich das Verhalten von Menschen bei Pandemien verändert hat – oder eben auch nicht! Und Oscar Wilde hat uns nicht nur in „The Happy Prince and Other Tales“, sondern auch durch seine eigene Lebensgeschichte vor Augen geführt, wie teuer man die eigene Freiheit oft bezahlen muss. Passend zum Erscheinungstermin des aktuellen „MoMent“ schließen wir das heurige Schuljahr mit der bedeutenden Frage nach den „Human Rights“ ab. Ulrike Borovnyak

Die 9. Klasse lädt alle SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern zum spielerischen Nachdenken ein. Das nachstehende Kreuzworträtsel ist im Prozess der Überlegungen zum Thema „Freiheit“ entstanden. Eine Foto-Collage für unsere Klasse war der Ausgangspunkt. Damals, als wir uns noch im Schichtbetrieb befanden und nur aufgeteilt in zwei Gruppen im Klassenzimmer zusammenkommen durften, war jede/r SchülerIn eingeladen, ein Foto vorzustellen, das an ein tolles Erlebnis erinnerte, als alle Grenzen und Möglichkeiten noch offenstanden. Der nächste Schritt führte zu einem Brainstorming zum Thema Freiheit. Und wie vielfältig dieses von der 9. Klasse erlebt wird, zeigen die acht zu erratenden Begriffe.

Gruppe A hat das Kreuzworträtsel für Euch gestaltet. Wenn Ihr die Nüsse nicht knacken könnt, schaut in der 9. Klasse vorbei und lasst Euch helfen!

Gruppe B hat sich darüber hinaus dem Thema „Freiheit“ auch im Deutschunterricht gewidmet und ist – angeleitet von Julia Lingl – zur Überzeugung gekommen, dass Freiheit besonders stark in Verbindung mit Frieden zu sehen ist. Sie haben sich auf die Suche nach den folgenden Zitaten begeben und machen uns diese als Abschied von diesem ganz speziellen Schuljahr zum Geschenk:

ZITATE zu FRIEDEN (Dank besonders an Aaron Eberharter):

Mit dem Frieden ist es wie mit der Freiheit: So wie Freiheit immer auch die Freiheit des anderen ist, so ist Frieden immer auch der Frieden des anderen.

(Franz Alt)

Frieden kann man nicht gegeneinander gewinnen, sondern nur miteinander.

(Richard von Weizsäcker)

Nur ein gerechter Frieden, der auf den inhärenten Rechten und der Würde jedes Menschen basiert, kann wirklich von Dauer sein. (Barack Obama)

Friede und Einigkeit haben alle Städte erbaut. (Sprichwort)

36 MoMent Frühling 2021

KREUZWORTRÄTSEL (Dank besonders an Cedric Rufer)

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9. kL asse

Licht und schatten aus dem eurythmieunterricht der 10. klasse

Die 10. Klasse hat sich im Eurythmie-Unterricht mit dem Gedicht „in the shadowed night“ von Leonard Peltier beschäftigt. Leonard Peltier (* 12. September 1944 in Grand Forks, North Dakota) ist ein indianischer Aktivist des American Indian Movement in den USA. Er wurde 1977 trotz umstrittener Beweislage zu lebenslanger Haft verurteilt. Viele Menschrechtsorganisationen haben sich seines Schicksals angenommen; dennoch wurde er bis jetzt nicht begnadigt.

Dieses Gedicht stammt aus seinem Werk „prison writings: my life is my sundance“.

Sometimes in the shadowed night I become spirit. The walls, the bars, the gratings dissolve into light and I unloose my soul and fly through the inner darkness of my being. I become transparent, a bright shadow, a bird of dreams singing from the tree of life.

Wir haben uns intensiv mit der Gegenüberstellung von Licht und Finsternis beschäftigt und versucht, diese zwei Qualitäten über die Bewegung sichtbar zu machen. Die Polarität von Enge und Weiteentstanden aus dem Bild der Zelle, die sich im Licht quasi auflösthat uns dabei unterstützt.

So konnten wir uns mit der Erfahrung Leonard Peltiers, dass körperliche Gefangenschaft durch eine Freiheit des Geistes bewältigt werden kann, verbinden.

Wir haben uns auch bemüht, einige „äußere Begrenzungen“ zu überwinden, indem wir unsere choreographische Arbeit gefilmt haben.

Die „Lockdown-Zeit“ im Winter wurde genutzt, die Bühne und ihre Beleuchtung auf Vordermann zu bringen. Vielen Dank dafür an Karl Hruza und Natan aus der 11. Klasse! So konnte ich mit Niko, Florian und Simon (10. Klasse) eine eindrucksvolle Beleuchtung für die Eurythmie einrichten. Mateusz und Paul Berke (11. Klasse)

übernahmen die Arbeit mit der Kamera und den Filmschnitt: vielen Dank dafür!

Obwohl live auf der Bühne sicher ganz andere Aspekte sichtbar würden, haben wir mit diesem Projekt versucht, den Eltern doch einen Eindruck von unserer Arbeit zu geben und das Fehlen unserer Schulfeiern zu kompensieren.

The Door

There was a door stood long ajar

That one had left for me, While I went trying other doors

To which I had no key.

And when at last I turned to seek

The refuge and the light,

A gust of wind had shut the door And left me in the night.

But then the light was shining bright

It came back and lured me.

I followed it, oh fright!

It was a dream and not delight.

Jana

& Stephanie

An opportunity lost, gone.

A cloud formed over my head.

Questions are left unanswered

For I did not know where that door would have led.

Uma Krumina, Mia Fleischmann & Melinda

I stood before the closed door, Around me just empty space.

I knocked, the door opened Showing a smiling face.

Freiheit

Meine ganz persönlichen erfahrungen mit diesem thema während der corona-Lockdowns

Freiheit ist so wichtig. Freiheit im Denken und im Tun. Die Freiheit im Tun war, glaube ich, in gewissen Bereich für uns alle in den letzten Monaten sehr eingeschränkt, was aber dazu führte, dass ich Philosophieren für mich entdeckte. Die Freude am Sinnieren, Reflektieren und Überlegen bereicherte mich sehr in den sonst sehr mühseligen Lockdown-Phasen. Auch wenn viele Hobbys für mich wegfielen, entdeckte ich neue Themen und Leidenschaften. Vor der Pandemie hatte das Singen für mich keinen großen Wert, da ich auf meine Geige fokussiert war. Durch die viele Zeit zuhause begann ich, meine Stimme neu zu erleben und schaffte es

durch Analysieren und Reflektieren, mir Neues anzueignen. Auch die Emotionen, die durch die Pandemie in mir aufkamen, mischte ich – wahrscheinlich unbewusst – in meine Stimme ein. Und so erlebte ich meinen Gesang ganz neu: authentisch, rein und voller Stärke. Diese Freiheit, loslassen zu dürfen und singen zu dürfen, ist fantastisch. Wenn ich singe, fühle ich mich frei. Ich trage somit meine Freiheit immer in mir, denn meine Stimme ist die Freiheit.

But darkness does not scare me now and light can blind my eyes.

I hear what my heart has to say, because it never lies.

But I didn’t want to let that bother me. I looked for the key And suddenly realized: The key was ME!

Here I am standing, all alone, Half broken, on my knee. When suddenly a hand takes mine

Showing me: That’s the key!

Alida Hartmann

All alone in the cold and dark I thought about what to do. I decided to try the door again And I kicked it open with my shoe.

Matilda Trattner ist Schülerin der 10. Klasse.
10. kL asse
von Matilda Trattner

der Weg zum sinGaBend der 11. klasse

Kaum zu glauben, dass wir, die 11. Klasse, in weniger als einer Woche auf der Bühne stehen werden, um unsere erprobten Singstücke zu performen!

Noch bis vor kurzem wurden Zoom-Meetings abgehalten, in denen wir abwogen, ob es vielleicht doch besser wäre, den Singabend auf nächstes Jahr zu verschieben oder ihn über Zoom zu halten. Wir entschieden uns für die waghalsigste Option: ihn einfach so zu machen wie immer, mit sogar drei Vorstellungen anstatt, wie gewöhnlich, zwei.

Und voilà, vier Tage vor unserer Premiere am 21.Mai sind die Proben in vollem Gange. Tausende Ideen werden aufgeschrieben und wieder verworfen, Stücke werden wiederholt und nochmals wiederholt, bis sie ganz perfekt sitzen, hin wieder geschehen Ner-

venzusammenbrüche von allen Seiten, und zwischen all dem Chaos ist der oft kopfschüttelnde, aber meistens humorvolle Herr Albrecht, der uns in Schach hält. Doch all diese Dinge sind nötig, damit ein solcher Abend gelingt: jedes Stück, jede Choreographie, jeder Ton- oder Lichttechniker, jede/r einzelne sorgt dafür, dass dieser Abend genau so wunderschön und besonders wird, wie wir erhoffen.

Auch bringt der Singabend uns als Klasse endlich wieder zu einer Gemeinschaft zusammen und gibt nicht nur uns, sondern allen ZuschauerInnen, SchülerInnen, LehrerInnen und anderen Beteiligten dieses so lange vermisste Gefühl der Normalität zurück. Wir alle hoffen, dass der Singabend genau so emotional und berührend wie unsere Proben hinüberkommt.

so klingt Freiheit!

Die Freiheit, eine Veranstaltung wie den Singabend der 11. Klasse wieder erleben zu dürfen, klingt immer noch nach! Die kleinen „Unfreiheiten“, die es in Form von Überlegungen im Vorfeld zu überwinden galt, wurden durch das gemeinsame Zusammenhelfen bravourös gemeistert. Danke Gerhard Rumetshofer, für das Erwirken der Genehmigungen. Danke Matthias Berke, für das Verwalten der Listen und die persönliche Betreuung der Befindlichkeiten! Dank an die Buffet-Organisatorinnen Monika Scholz, Monika Fürth und Jacqueline Caemmerer! Dank an alle Eltern, die beim Einlass, als PlatzordnerInnen und HelferInnen an allen Ecken und Enden Hilfe leisteten! Danke Michael Schallmayer, dem „unsichtbaren“ Musikgenuss-Möglichmacher! Danke Natan, für die Bühnentechnik und dafür, dass Du Deine MitschülerInnen ins beste Licht gesetzt hast! Danke Mateusz und Paul, für die Tontechnik und Livemischung! Liebe SängerInnen und MusikerInnen, danke Euch für drei unvergessliche Abende! Danke, Stefan Albrecht, für… ALLES!!! Jede/r einzelne von Euch hat diese Abende zu einem Gesamtkunstwerk werden lassen!

von SchülerInnen der 11. Klasse

upper hand

Looks like the shadows are walking away, moving somewhere else, inhabiting a different space.

Name a time and a place, don’t worry about the faces, muscles pulling skin in disapproval, they’ll try to get in, if you walk through them.

Who’s got the upper hand when you’re eating dirt and I’m eating sand. Why shoot yourself, if you can shoot me?

Who’s got the upper hand when you’re eating dirt and I’m eating sand. Why shoot yourself, if you can shoot me?

Looked like the shadows were walking away, moving somewhere else, inhabiting a different space. You named a time and a place, but you worried about the faces, just muscles pulling skin in disapproval, but they still got in, when you walked through them. You got the upper hand ’cause I’m eating your dirt and also my sand. You shot me to spare your life.

I used to think you were so nice, but dreams disappear. When you wake up and you can fool a lot of people with some makeup, and if you wear a mask, you’ll have to watch your back and learn how to think fast, to dart the questions they will ask.

Turns out the shadows weren’t walking away, they say they need to stay a little longer now, and when you’re alone, you don’t say no to a crowd.

11. kL asse

und er bringt uns zum singen

von der 11. Klasse für Stefan Albrecht

Wir trafen uns täglich um Viertel nach acht, oh oh oh (oh yeah) Doch manche, die kamen ein bisschen danach, oh oh oh (oh yeah) Er jagt uns im Kreis, er schneidet Grimassen, für ihn machen wir uns gerne zum Affen!

Lassen Humba und Tutsi und Bani erklingen –und er bringt uns zum Singen (und er bringt uns zum Singen)

Er zupft auf dem Bass, explodiert am Klavier, oh oh oh (oh yeah) Er schnappt sich die Klampfen, singt viel lauter als wir, oh oh oh (oh yeah) Wir schnauften und keuchten, wir plagten uns sehr, doch Herr Albrecht, der zeigt uns: Da geht noch viel mehr!

Unser Zwerchfell erbebt, uns’re Stimmbänder schwingen –und er bringt uns zum Singen (und er bringt uns zum Singen)

Er gab für uns immer eintausend Prozent, oh oh oh (oh yeah) und war für uns da in jedem Moment, oh oh oh (oh yeah) Wir war‘n voll Elan und hatten viel Spaß, Frau Theiss und Herrn Albrecht verdanken wir das! Mit Dank lassen wir dieses Lied jetzt erklingen –und voll Liebe wir singen (und er bringt uns zum Singen)

Noch ein Tässchen Kaffee?

Noch an Tschick und an Schmäh?

DANKE! DANKE! DANKE!

(Danke, Udo Jürgens, für „Aber bitte mit Sahne!“ –das perfekte Lied für unsere Zwecke)

Warum es sich lohnt, bis zur 12. klasse in der

Die Probenzeit unseres Theaterstücks war zwar eine anstrengende, intensive Zeit, aber sie hat vor allem unglaublich viel Spaß gemacht, und die viele Arbeit hat sich wirklich gelohnt.

In einer intensiven Zeit gibt es natürlich immer wieder kleinere Spannungen, aber wir sind als Klasse enorm zusammengewachsen, was für uns sehr wichtig war, da wir uns vor allem durch die Pandemie ein wenig auseinandergelebt hatten. Ich habe gemerkt, dass ich durch die intensiven Proben mit den anderen, in denen ich mich mit jeder Person auseinandersetzen MUSSTE, zu jedem in der Klasse eine eigene Beziehung aufgebaut habe, die ich davor nicht hatte. Und das fand ich gerade am Ende der Schulzeit sehr schön. Wir haben von Anfang an an einem Strang gezogen. Wir haben unser Stück fast einstimmig ausgesucht und waren allesamt begeistert von unserem Regisseur Emanuel Fellmer. Wir haben ihn schon früher im Jahr kennengelernt, was sehr angenehm war. Wie waren von Anfang an sehr angetan von ihm und haben im Laufe der Zeit eine einzigartige Beziehung zueinander aufgebaut. Seine Energie, Motivation und Lebensfreude war beeindruckend, und er hat es geschafft, uns damit ein wenig anzustecken. Es ist etwas sehr Besonderes an unserer Schule, so eine Erfahrung machen zu dürfen. Einerseits entwickelt sich dadurch, wie vorher schon erwähnt, eine ganz besondere Klassengemeinschaft, und vor allem kann nicht jeder behaupten, schon einmal in einem Theaterstück gespielt (oder auch mitgewirkt) zu haben. Man bekommt außerdem mit, was alles hinter einem Theaterstück steckt. Nicht nur der Probenprozess der SchauspielerInnen, sondern auch die Regie, das Bühnenbild, die Requisiten, die Kostüme, das Licht… und in unserem Fall mussten wir auch erst die Fassung schreiben, da wir einen Roman als Grundlage hatten, was auch eine ganz besondere Arbeit war.

Emanuel Fellmer hat alles zusammen und am Leben erhalten, aber er hat uns auch viele dieser Dinge alleine organisieren lassen, wobei wir auch einiges gelernt haben. Und vielleicht machte die eine oder andere Person da ihre erste von vielen Theatererfahrungen.

Ich bin unglaublich glücklich, dass wir unser Theaterprojekt bis zum Ende durchführen konnten, obwohl es am Anfang wegen zwei Coronafällen in unserer Klasse fast ins Wasser gefallen wäre, wovor ich immer große Angst hatte. Im Nachhinein bin ich aber noch glücklicher und dankbarer über unser Projekt, als ich es mir je hätte vorstellen können.

Vielen Dank dafür nochmals an Emanuel Fellmer – ich hoffe, andere Klassen können auch noch von Deiner Energie profitieren.

Da dies leider mein letztes Projekt an dieser Schule war – zumindest als Schülerin –, möchte ich mich auch noch einmal bei dieser Schule für diese und viele andere Möglichkeiten bedanken und gleichzeitig eine Anregung mitgeben: Solche Projekte dürfen für immer Teil dieser Schule bleiben, auch wenn es sie noch so lange gibt; dafür dürfen andere Dinge gerne verändert und weiterentwickelt werden. Auch unsere Schule sollte mit der Zeit mitgehen und manche Veränderungen etwas mutiger und rascher angehen – das würde sicher auch Rudolf Steiner so sehen.

schuLe Zu BLeiBen

12. kL asse

Jeder stirBt Für sich aLLein das theaterstück der 12. klasse

Mit Hilfe und durch die große Unterstützung von Emanuel Fellmer gelang es der 12. Klasse in der wie jedes Jahr knapp bemessenen Zeit von vier Wochen, eine Bühnenfassung des Romans „Jeder stirbt für sich allein“ von Hans Fallada zu erarbeiten und einzustudieren. Diese Fassung trug den Zusatztitel „Mutter, der Führer hat meinen Sohn ermordet!“

Bereits vor Weihnachten gab es das erste Kennenlernen der Klasse mit Emanuel Fellmer und dem Roman. Der Funke sprang sofort über, die Klasse war begeistert von beiden, konnte sich aber lange nicht vorstellen, wie aus dem Roman eine Bühnenfassung werden könnte. Außerdem folgte eine Präsenzunterrichtsrestriktion wegen Covid-19 der nächsten; Begegnungen konnten meistens nur über Zoom stattfinden.

Endlich war es soweit, und die Referate der 12. Klasse waren Vergangenheit, und das neue Projekt konnte gestartet werden. Emanuel Fellmar besitzt die Gabe, SchülerInnen wunderbar zu motivieren, ihnen ständig die notwendige Energie zukommen zu lassen und eine gute Struktur in die Vorbereitungen und den Ablauf zu bringen. Und so führte eines zum anderen. Rollen wurden verteilt, Texte geschrieben, Texte gelernt, Kostüme ausgesucht, Kulissen und Bühnenbild gestaltet und die Beleuchtung erarbeitet.

Viel Zeit, Geduld, Motivation, aber auch Freude, Elan und harte Arbeit benötigte es, um vier gelungene Vorstellungen auf die Beine zu stellen.

Es war eine Freude, euch am Ende eurer Schullaufbahn noch einmal auf der Bühne erleben zu dürfen!

Vielen Dank!

Eure Angelika Kellner

Die letzten Wochen der Theaterproben waren intensiv, lehrreich und eindrucksvoll.

Unglaublich, was wir in dieser kurzen Zeit geschaffen haben. Diese Erfahrung ist für mich die Vollendung und der glorreiche Schluss meiner Schulzeit. Wir konnten eintauchen in den Rausch des gemeinsamen Erschaffens, und die Euphorie, die dies in mir hervorbrachte, schenkte mir Energie, die ich im letzten Jahr nur selten spüren konnte. Eine Euphorie, die durch das gemeinsame Zusammenarbeiten entstehen kann. Es zeigt mir, wie das Miteinander mit örtlicher Distanz das Wahre nicht dauerhaft ersetzen kann. Nach Monaten des Homeschooling und Lernens in Gruppen hat unsere Klassengemeinschaft ein Gemeinsam gebraucht. Wir konnten einander trotz der zwölf Jahre von ganz neuen Seiten sehen, und auch an mir selbst erkannte ich Unentdecktes. Ich spielte einen nationalsozialistischen Vorsitzenden, der wütend, verächtlich und hasserfüllt ist. Vor der ersten Probe wusste ich nicht annähernd, wie gewaltvoll ich imstande bin zu brüllen. Auch wenn ich es gruselig finde, ist es bestimmt wichtig zu wissen, welche emotionalen Möglichkeiten man hat.

Die Erfahrung des Gestaltens dieses Theaterstücks lässt mich meine Zukunftspläne überdenken, da ich so eindeutig spüren konnte, wie sehr es mich erfüllt, auf diese Art tief in eine andere Welt einzutauchen – eine andere Welt zu erschaffen.

Die Zeit verging unerwartet schnell. Wir standen vor Herausforderungen, und gegen Ende sollten wir ganze Durchläufe des Stücks ohne Regisseur (das Genie Emanuel) schaffen. Die Erfahrungen der letzten Jahre ließen mich davon ausgehen, dass es im Chaos enden würde, jedoch hatte Emanuel bewusst entschieden, die Klasse sich selbst zu überlassen. Es stellte sich heraus, dass wir doch ein wenig reifer geworden sind und ein gemeinsames – ich würde fast sagen, erwachsenes – Arbeiten möglich war. Durch Emanuel Fellmer entstand nach und nach ein spürbar wertvolles Werk, das wir am Ende stolz präsentieren konnten.

Maris Filipic

Freiheit auf kroatisch

Zwischen den zwei bekannten kroatischen Städten Zadar und Split liegt die Stadt Šibenik, von wo aus die Fähre zur Insel Kaprije ablegt. Kaprije war die Destination unserer Maturareise. Von September bis April hatten wir andauernd auf Tests hingelernt, um dann schließlich die wichtigsten, die Maturaprüfungen, abzulegen. Dieser Abschluss musste gebührend gefeiert werden! …und was würde sich dafür besser eignen als eine letzte gemeinsame Reise? Noch einmal wollten wir alle zusammentreffen, bevor wir uns in die unterschiedlichsten Himmelsrichtungen verstreuen. Ich werde diese Klassenreise als eine wunderschöne Zeit in Erinnerung behalten. Zum einen lässt es sich weitaus besser faulenzen weit weg von daheim, zum anderen stehen wir gerade alle an einem ähnlichen Punkt in unserem Leben und können viel miteinander teilen.

Es gibt Tage, an denen mir die Auswahl an Türen, die mir offen stehen, Kopfzerbrechen bereitet, an denen mir bewusst wird, was die große Freiheit, die nach dem Schulabschluss plötzlich so schnell da war, wirklich bedeutet. Doch die Freiheit, die wir zusammen auf Kaprije inhaliert haben, war frei von jeglichen Zukunftsgrübeleien. Diese Freiheit war voll von Segelbooten, Seeigeln, heißem Steinboden, kühlem Meerwasser, kroatischem Bier, Hafenbekanntschaften, Köpflern, täglichen Spaghettimahlzeiten,

kitschigen Sonnenuntergängen, einem treuen Inselhund, wilden Katzen, 2000er-Part-Hits, Sonnenbrand, Dart-Turnieren, billigem Kaffee und Kartenspielen. Voll von langen Nächten und spätem Frühstück, In-Büchern-Schmökern, Nacktbaden im glitzernden Plankton, intensiven Gesprächen und gemeinsamem Singen. Zu solch einer Reise gehört Voneinander-genervt-Sein auch dazu – aber die meiste Zeit sind wir doch wunderbar miteinander ausgekommen (und das zu einundzwanzigst!).

Dass sich das 7-tägige Vergnügen für alle, die mit dabei sein wollten und nicht arbeiten mussten, so gut ausging, hatten wir den Erlösen vom 12. Klass-Theaterstück und der gemeinsamen Klassenkassa zu verdanken.

Was die Organisation anging, durften wir uns ganz auf David verlassen, der für ein Haus am Hafen, Erwin, den Busfahrer, kroatische Kuna und einen Ausflug in den Nationalpark Krka gesorgt hat. Danke David, dass du dich so ins Zeug geschmissen hast, um unsere vagen Träume, die in der WhatsApp-Klassengruppe umherschwirrten, wahr werden zu lassen!

Etwas Sentimentalität zum Abschluss darf natürlich nicht fehlen, schließlich wird es einige Zeit dauern, bis sich wieder so viele von uns versammeln werden. Allerdings haben wir schon überlegt, wo es nächstes Jahr hingehen könnte ;)

In der Schulzeit schließt man* Freundschaften, die manchmal das ganze Leben lang halten – zumindest hoffe ich das!

Eine (Klassen)gemeinschaft, die man* so lange teilt, ist einfach einzigartig. Mittlerweile wieder ausgeschlafen und nüchtern starten wir nun alle unsere eigene Reise. Mit im Gepäck: 1.000 schöne Erinnerungen an diese Zeit!

48 MoMent Frühling 2021
die 13. Klasse

Wer ist GeorG eBner?

Das ist unser neuer Küchenchef! Das wissen wahrscheinlich schon einige. Aber wollt Ihr noch mehr über ihn erfahren? Hier bitteschön…

MoMent: Servus, Georg, schön, Dich kennenzulernen. Kannst Du zur Einstimmung ein bisschen was über Dich erzählen?

Georg Ebner: Hallo, ja gern! Ich bin in Stuttgart geboren, bin 37 Jahre alt und habe schon immer gern gekocht. Da meinen Freunden und meiner Familie meine Gerichte immer sehr gemundet haben, habe ich nach dem Gymnasium den Schritt in die Gastronomie gewagt. Ich wollte dann Weinbau, Önologie und Weinwirtschaft studieren und kam dazu nach Wien. Um mein Studium zu finanzieren, arbeitete ich im Café Benno. Dann hat es mich in die gehobene Gastronomie verschlagen. Stationen waren unter anderem „Das Spittelberg“, „Ströck Feierabend“, „Bruder“ und ein 5-Sterne-Hotel in Kroatien.

M: Und wie bist Du dann zur Rudolf Steiner-Schule in Mauer gekommen?

GE: Über Freunde, die mir davon erzählt haben, dass ein neuer Küchenleiter gesucht wird. Anreiz war, etwas Neues, etwas mit Kindern zu machen und auch die Möglichkeit, selbstbestimmt zu arbeiten.

M: Was sind Deine größten Anliegen im neuen Job?

GE: Biologisch zu kochen, zu viel Abfall zu vermeiden und vor allem Nachhaltigkeit. Ich möchte den Kindern außerdem kulinarische Vielfalt näherbringen.

M: Und was sind die größten Herausforderungen?

GE: Unsere Gäste sind Kinder ab 3 Jahren aufwärts. Diese Bandbreite zwischen Kleinkindern, älteren Kindern und alten Kindern :) abzudecken, ist nicht immer ganz einfach.

M: Wie macht man das mit dem Würzen für diese verschiedenen Altersgruppen? Das habe ich mich schon immer gefragt.

GE: Wir bereiten das Essen in 2 Tranchen vor: einerseits die einzelnen Komponenten eines Gerichts extra, soweit möglich, und ungewürzt – für den Kindergarten; andererseits das komplette Gericht, gewürzt – für die Älteren.

M: Wie würdest Du Euer Menü beschreiben?

GE: Es ist meistens ein komplett vegetarisches Menü: Die Suppe ist fast immer vegetarisch, als Hauptspeise gibt es ca. 2 x pro Woche Fleisch, dann aber immer eine vegetarische Alternative.

M: Wo liegen die Schwierigkeiten?

GE: Meistens muss ich die Zutaten eine Woche im Voraus bestel-

len, zumindest aber 2 Tage im Vorhinein. Wenn es zu Lieferschwierigkeiten kommt, müssen wir improvisieren. Es ist auch sehr unterschiedlich, wie viele Leute essen kommen, mal 40, mal 120. Diese Schwankungen sind unabhängig vom Wochentag oder dem Menü, daher sind die Portionen sehr schwer zu berechnen. Letztens gab es z. B. Pizza und einen unvorhergesehenen riesigen Andrang – die Pizza war dann sehr rasch aus – Hilfe! – dann gab es halt Würstel und Brot. Da bitte ich um Verständnis! Aber irgendwas können wir immer zum Essen herzaubern…

M: Was machst Du anders als Philipp (Georgs Vorgänger, Anmerkung der Redaktion)?

GE: Ich koche mit mehr frischen Kräutern, selbstangesetzten Kräuterölen und mehr Gewürzen. Und ich will internationale Gerichte in den Speiseplan einschieben – die werden allerdings schwierig zu kalkulieren sein. Ansonsten wird täglich frisch gekocht, wie immer; ab 6 Uhr in der Früh!

M: Zum Abschluss: Was ist denn eigentlich Dein Lieblingsessen?

GE: Ich mag generell alles, besonders mediterranes Essen, aber auch Beuschel – und Schwäbische Maultaschen.

M: Danke fürs Gespräch! Mahlzeit!

Das Gespräch führte Bettina Schwenk, Schülermutter.

MoMent Frühling 2021 _ 49
v.l.n.r.: Kazi Gias, Georg Ebner, Sandra Fessl, Ewald Braunstein

das LeBen lässt Frei

Frösche sind eigenartige Geschöpfe. Der eine würde sie als überaus vorsichtig und ängstlich, der andere als genauso kühn wie gelassen bezeichnen. Beide Seiten entdeckt man an ihnen, wenn man sie mit Geduld studiert. Geht man einen Weg mit einem kleinen Wassergraben entlang, hört man manchmal zwanzig oder mehr von ihnen direkt vor einem ins Wasser springen, sieht das Wasser sich kräuseln, wo sie untergetaucht sein müssen, ohne aber auch nur einen einzigen wirklich zu Gesicht bekommen zu haben. Manchmal, wenn du dich einer Quelle oder einem Tümpel näherst, hüpft ein Frosch hinein und vergräbt sich auf seinem schlammigen Grund. Dann setzt du dich an den Rand und wartest geduldig, bis er wieder auftaucht. Nach einer Viertelstunde oder mehr fühlt er sich sicher genug, um wieder an die Oberfläche zu kommen, ganz langsam seine Nase aus dem Wasser zu stecken, ohne es auch nur im geringsten zu bewegen, und er betrachtet dich ganz ruhig. Mit der Zeit wird er genauso neugierig auf dich wie du auf ihn. Plötzlich hüpft er geradewegs auf dich zu, macht einen halben Meter vor dir Halt und wirft nun aus der Nähe einen entspannten Blick auf dich. Jetzt könntest du ihm vielleicht sogar mit deinen Fingern die Nase kraulen und ihn nach Herzenslust untersuchen, denn er ist jetzt ebenso unerschrocken, wie er vorher scheu war. Du eroberst ihn durch unerschütterliche Geduld und Reglosigkeit; nicht durch Schnelligkeit, sondern durch Langsamkeit; nicht durch Hitze, sondern durch Kälte. Und dann siehst du auf einmal nur mehr zwei Hinterbeine am veralgten Grund

des Tümpels verschwinden, und seine Oberfläche ist bis auf ein paar Insekten wieder so glatt wie zuvor und scheinbar auch so unbewohnt.

Nach einer Weile, vielleicht einer halben Stunde, entdeckst du eine Froschnase und ein Augenpaar über dem grünen Schleim, auf dich gerichtet, - usw.

Aus: The Journal of Henry David Thoreau

Es sind beglückende Momente als Geigenlehrer, wenn man wahrnimmt, dass ein Schüler Musik freigelassen hat. Wenn er Musik, und seien es nur wenige Töne, ganz unabhängig von seinem technischen Können aus seinem Instrument ganz frei gegeben hat. Musik ins Leben gerufen hat.

Auch wenn ich oft darauf vergesse: Diese Momente lassen sich nicht produzieren, nicht erzwingen, nicht festhalten. Vielleicht ist es wie mit den Fröschen. Einen Menschen frei lassen in unerschütterlicher Geduld und Reglosigkeit (innerer Stille?).

Jemand hat einmal zu mir gesagt: Das Leben lässt frei.

Berühren in Zeiten der pandemie gestattet

Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.

(Viktor Frankl)

Diese Ausgabe des MoMent ist der Freiheit gewidmet, wie sie in den Klassen bewusster denn je ergriffen wird und auch im Fachunterricht wirkt.

Ist Heileurythmie ein Fach? Definitiv nicht, doch mit Freiheit hat sie unendlich viel zu tun.

Heileurythmie in einen Alltag bzw. Schultag integrieren zu dürfen, bedeutet, dem Organismus eine Atempause zu gönnen. Dieser Atem, dessen Rhythmus musikalisch erlebt werden kann und der eine unmittelbare Auswirkung auf das Denken und den Stoffwechsel hat.

Meine innere Freiheit wächst mit dem Bewusstsein der Freiheit zur Wahl meiner Gedanken. Die Gedanken zu stoppen, neu zu wählen, Gedankenwelten zu schaffen. Unbewusste Räume in mir zu entdecken, die pulsierende Lebendigkeit des Herzschlags wahrzunehmen, das Blut in mir rauschen zu hören, fast so als säße ich am Meer, sattes Sein in mir empfinden zu dürfen, ohne etwas zu müssen.

Ein Moment der absoluten Präsenz und Authentizität im Augenblick Berühren und berührt werden – wie groß ist die Sehnsucht danach, und keine Hand kann so tief berühren, wie Worte es vermögen. Worte, die Bilder wecken, durch die Stille führen und Widerstände aufspüren: Wie fühlt sich Geborgenheit in mir und um mich an? Wie verändert sich meine Atmung, wenn ich Sympathiekräfte bewusst anrege? Wie tut das? Nur empfinden, ohne zu werten. Ich mache mir

die Wirkungen von Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Freude und Liebe in meiner Seelenstimmung bewusst und wähle! Wenn auch nur für einen Moment. Doch dieser Moment zählt und gibt mir die Möglichkeit, mich neu auszurichten. Neu zu sein.

Furcht empfinden, um Mut zu entwickeln Emotionen zu wecken über Bilder und eine Nachrichtenflut, die oft unbedacht und ungebremst über uns schwappt, ist leichter denn je. Diese Medienflut kann bewirken, dass Angst wie aus dem Nichts über uns hereinbricht. Angst durch das Empfinden seelischer Schutzlosigkeit. Angst, sich zu verlieren und so seine Grenzen… und damit das Selbstbewusstsein. Ein Gefühl des Bedrohtwerdens, weshalb man sich zusammenzieht und verengt.

Wahrhaften Empfindungen Aufmerksamkeit zu schenken, gleicht da manchmal fast Schwerstarbeit. Die Angst sitzt in den Knochen – oft unbemerkt. Geführte Bewegung in der Heileurythmie, bewusster Atem und weniger Tun als Zulassen helfen, um den Platz in sich wieder einzunehmen.

Die Seele ist unser Vermittler zwischen Körper und Geist. Das Interesse am Empfinden der Bewegung, der Begeisterung und Liebesfähigkeit der Seele zeigt mir: Es ist sicher in mir!

Wie schön ist es, lebendig zu sein in all seinen Ausmaßen!

Monika „Momo“ Kossdorff arbeitet als Heileurythmistin an unserer Schule.

der neue konFLiktBearBeitunGskreis

Seit 1. April arbeitet der neue Konfliktbearbeitungskreis der Schule. In einem Kernteam haben sich sechs Eltern von gegenwärtigen oder ehemaligen SchülerInnen der Schule zusammen getan, um die Konfliktbearbeitung an der Schule zu koordinieren.

Die Grundidee

Die Mitglieder des Konfliktbearbeitungskreises verbindet die Leitidee, dass Konflikte unvermeidbarer Ausdruck von lebendigen, unterschiedlichen Interessen sind und sowohl für die Beteiligten wie für die Schule insgesamt eine Chance auf Wachstum bedeuten. Die Konfliktbearbeitung geschieht durch zwei Gruppen: die Kerngruppe (KBK) mit gegenwärtig sechs Mitgliedern und eine Gruppe von 10 bis 15 KonfliktberaterInnen (KB).

Der Prozess bei einer Anfrage zu einer Konfliktklärung sieht so aus: Zuerst klärt die Kerngruppe (KBK) in einem Clearinggespräch das Anliegen und schlägt der/dem Klärungssuchenden (im besten Fall) zwei KonfliktberaterInnen (KBs) vor, die nicht vom Konflikt berührt sind. Die Klärungssuchenden entscheiden sich dann für eine/n KB, die/der sie in der Klärung und Bearbeitung des Konfliktes direkt unterstützt. Die Beauftragung der gewählten KB(s) erfolgt durch den KBK.

Für die Unterstützung durch den KBK können sich alle Mitglieder der Schulgemeinschaft über die KBK - E-Mail-Adresse konflikt@waldorf-mauer.at oder die KBK-Konflikttelefonnummer 0680-2257277 melden.

Klärungssuchende bekommen eine erste persönliche Rückmeldung innerhalb von drei Werktagen.

Der KBK versteht sich als Drehscheibe und Sammelpunkt für alle Konfliktanfragen, bekommt Feedback zu allen laufenden Klärungsprozessen und entscheidet in Abstimmung mit den Beteiligten, wann und wie der Schulleitungskreis/Vorstand einbezogen wird, um ein Lernen für das Gesamtsystem zu ermöglichen. Die Konfliktberatenden tauschen sich periodisch über ihre Erfahrungen in den Klärungsprozessen aus und lernen voneinander durch Inter- und Supervision.

Wir sind noch auf der Suche nach weiteren KonfliktberaterInnen, die sich in der KB-Gruppe engagieren wollen. Diese können von uns auf eine konkrete Anfrage zu einer Konfliktsituation hinzugezogen werden. Bei Interesse bitte melden!

Sowohl KBK wie KBs arbeiten auf der Basis gemeinsamer Grundhaltungen:

Unsere Grundhaltung in der Arbeit mit Konflikten

Allparteilichkeit: Die Anliegen und Erwartungen aller Konfliktparteien werden gleichwertig gehört, es wird keine Seite bevorzugt. Diese Haltung versucht, alle Sichtweisen zu verstehen und das gegenseitige Verstehen zu vermitteln.

Vertraulichkeit: Jeder Konflikt wird vertraulich behandelt. Jegliche Konfliktinhalte bleiben im Konfliktlösungsprozess zwischen den beteiligten Personen und werden nicht nach außen kommuniziert oder kommentiert. Das bedeutet auch, dass nur explizit im

stellt sich vor

Rahmen des Konfliktklärungsprozesses Vereinbartes zu Dritten hin kommuniziert wird.

Prozessorientierung: Jeder Konflikt ist in Genese und Dynamik anders, es gibt kein Standard-Rezept in der Lösung. Im KBK wird durch das Clearing geschaut, um welche Art von Konflikt es sich handelt und auf Basis dessen eine Auswahl getroffen, welche KB am besten geeignet sind, den Konflikt zu begleiten. Die KB arbeiten direkt nach den Grundsätzen des KBK mit den Konfliktparteien.

Lösungsorientierung: Der KBK und die KB arbeiten zielorientiert für tragfähige und nachhaltige Lösungen von Problemen und Spannungen im Schulkontext. Lösungsorientierung bedeutet auch, dass die Konfliktparteien bereit sind, an einer Konfliktlösung mitzuwirken. Jede Konfliktbearbeitung ist für alle Beteiligten freiwillig und muss von allen explizit gewollt werden.

Beauftragung: Der KBK und die Konfliktparteien beauftragen die KB, den jeweiligen Konflikt zu bearbeiten. Der KBK wird über den Prozess, das Ergebnis und die Klassifizierung des Konfliktes informiert, ohne – wie im Vertrauensgrundsatz vereinbart – Inhalte weiterzugeben.

Wir freuen uns auf die Arbeit mit den SchülerInnen, Lehrenden und Eltern und danken schon heute für das uns entgegengebrachte Vertrauen.

Charlotte Goldmann, Nora Znojemsky, Astrid Amann, Regula Hetzel, Andreas Amann und Georg Heger

DAS KBK-TEAM

(Fotos von links nach rechts)

Charlotte Goldmann

Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin

Nora Znojemsky

Systemische Coach und Konfliktberaterin

Georg Heger

Teamleiter und Projektmanager

Astrid Amann

Psychotherapeutin und Paartherapeutin

Regula Hetzel

Psychotherapeutin

Andreas Amann

Unternehmensberater und Paartherapeut

MoMent Frühling 2021 _ 53 skreis
„Konflikt ist Wachstum, das nach Ausdruck sucht.“
M. B. Rosenberg

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WeGe zur QuaLitätZwischenaudit Vii + Viii

Liebe Schulgemeinschaft!

Unsere Schule ist nach Wege zur Qualität (=Qualtitätsmanagementverfahren auf anthroposophischer Grundlage) zertifiziert. Im Zuge dieses Verfahrens sind jährliche Audits vorgeschrieben, und zwar im Rhythmus Hauptaudit - 2 x Zwischenaudit - Hauptaudit - ...

Nach pandemiebedingter Verschiebung des ursprünglich für April 2020 geplanten Zwischenaudits VII wurden nun gleich zwei Zwischenaudits – für 2020 und 2021 – zusammengelegt, und das Audit konnte vom 18. bis 20. Mai 2021 mit entsprechenden Hygieneund Präventionsmaßnahmen stattfinden.

Zentrales Thema des Audits war eine Selbstevaluation zum Thema: Umgang mit der Krise und Konfliktbewältigung –Was hat die Coronazeit mit uns gemacht?  Welche Fragen/Möglichkeiten sehen wir für die Zukunft?

Diese Thematik wurden in Gruppenarbeiten bewegt, wobei die Gruppen gemischt zusammengesetzt waren (OberstufenschülerInnen, PädagogInnen aus Kindergarten und Schule, Eltern). Die von den Gruppen erarbeiteten Themen, Fragen und Antworten wurden in den jeweils folgenden Gruppen verdichtet und ergänzt. Gestartet wurde mit vier Gruppen, dann reduziert auf zwei, und abschließend wurden von der letzten Gruppe die Ergebnisse zusammengefasst. Durch diese Gruppenarbeiten waren in Summe ca. 50 Personen der Schulgemeinschaft an diesem Evaluationspro-

zess beteiligt! Die Ergebnisse wurden im Abschlussplenum kurz besprochen. Eine dort delegierte Gruppe wird mit den Ergebnissen weiterarbeiten.

Weiteres Thema der zusammengelegten Zwischenaudits waren Rückblick und Rechenschaft in verschiedenen Gruppen/ Gremien.

Folgende Gruppen/Gremien wurden auditiert: Kindergarten - Hort - Krisenteam Corona - Gruppe KindeswohlElternrat - Impulsgruppe - Schulleitungskreis und Vorstand Trotz pandemiebedingter Beschränkungen konnte das Audit gut durchgeführt werden. Dafür ein großes Dankeschön an alle am Audit beteiligten Personen!

Im abschließenden Plenum wurde dies vom Auditor (Hr. Schneeweiß) auch sehr positiv hervorgehoben. Ebenso hat er uns einen verfahrenskonformen Umgang der Abläufe in unserer Schule bestätigt und wird der Zertifizierungstelle der Confidentia empfehlen, unsere Zertifizierung entsprechend zu verlängern! Abschließend wäre unter anderem noch zu sagen, dass die Arbeit nach Wege zur Qualität die Abläufe in unserer Schule deutlich verbessert und die Transparenz im Schulgeschehen wesentlich erhöht!

Gerhard Rumetshofer  im Namen der Impulsgruppe Wege zur Qualität

Info-Abend 22. Sept. 2021, 19 Uhr zkp_az_wegweiser_150x53_2021.qxp_Layout 1 17.03.21 14:45 Seite 4

im kreis des Vertrauens –12 Jahre im elternrat

Bei der ersten Wahl zum Elternrat war es noch der Klassiker. Es gilt die Regel: Wer beim Elternabend nach der Frage „Will jemand in den Elternrat?“ als erster die Nerven wegschmeißt und es nicht mehr schafft, höchst konzentriert ein imaginäres Lurchflankerl am Boden zu beobachten – der wird’s. Naja, man kann ja einmal für ein Schuljährchen reinschnuppern…

Es blieb nicht beim Schnuppern – es wurden die vollen 12 Schuljahre meiner Tochter. Und dies immer weniger aus dem Gefühl „na, einer muss es ja machen“ und mehr und mehr aus voller Überzeugung, ja: mit Begeisterung.

Auslöser dafür waren zunächst einmal die vielen unterschiedlichen und wunderbaren Menschen, die hier zusammenkommen, gemeinsam arbeiten und entwickeln. Allen voran die „alten Hasen“ wie Peter Eberharter, Jörg Schmidbauer oder Gerhard Rumetshofer. Schülerväter, die sich über viele Jahre, ja Jahrzehnte für diese Schule engagierten und immer noch engagieren; mit ihrem Überblick und Besonnenheit die Diskussionen immer wieder auf das Wesentliche zurückführten. Oder beispielsweise auch Elisabeth McNulty, die als Elternrats-Leiterin die inhaltliche und pädagogische Arbeit während der Sitzungen unermüdlich vorantrieb. Aber da gibt es natürlich noch viel mehr, das die Arbeit im Elternrat so wertvoll machte.

Zunächst einmal ist der Elternrat jener Ort, wo man als interessierter Elternteil am besten und am schnellsten mitbekommt, was sich an der Schule so alles tut: Sei es in den einzelnen Schulstufen über die regelmäßigen „Klassenberichte“, und seien es all die initiativen Kreise, die die gesamte Schulgemeinschaft mit Leben erfüllen und weiterentwickeln.

Bei meinem Einstieg in den Elternrat war die Schulgemeinschaft beispielsweise gerade während des Qualitätssicherungs-Prozesses „Wege zur Qualität“ (WzQ) mitten im Endspurt zum ersten Audit. Nach und nach wurde klar, welch langen und unglaublich intensiven Prozess alle Gremien und Kreise gemeinsam und mit der genialen Unterstützung von Fritz Platzer bereits hinter sich hatten, um so weit zu kommen. Und wie sehr hat dieser QualitätssicherungsProzess die gemeinsame Arbeit und den Umgang miteinander hin zur Offenheit und Dynamik verändert – vor allem im Vergleich zu meiner eigenen Zeit als Schüler an der Rudolf Steiner-Schule! Denn die „WzQ“-Arbeit war vor allem auch eines: vertrauensbildend. Generell stellte sich für mich mehr und mehr heraus: Vertrauen ist das wohl zentralste und wichtigste Thema in der Elternratsarbeit – in allen Belangen. Zunächst einmal braucht es das Vertrauen der Klasseneltern, dass sie von „ihren“ Elternräten vertreten werden.

aktueLLes vom netzwerk unserer

Im März vergangenen Jahres bildete sich an unserer Schule eine Projektgruppe, die bestrebt war, ein digitales Branchen-Netzwerk für die Schulgemeinschaft zu schaffen. Hintergrund war und ist es, AnbieterInnen und InteressentInnen aus dem Kreis unserer Schulgemeinschaft auf wirtschaftlicher Ebene zusammenzubringen. Hausbauwütige sollen hier ihre ArchitektInnen finden und TrägerInnen kalter Finger AnbieterInnen warmer Fäustlinge, um nur zwei mögliche Beispiele zu nennen.

Nach gut einem halben Jahr der Planungsphase war es soweit, und die Plattform konnte online gehen. Keinen Tag zu früh, wie sich bald zeigen sollte, denn als der alljährliche Adventbasar kurzfristig wegen der hohen Auflagen der aktuellen Krise abgesagt werden musste, wurde blitzschnell ein digitaler Basar eingerichtet.

Die Nachfrage war verständlicherweise überschaubar, denn wie soll ein digitales Geschehen die wunderbare Waldorfatmosphäre am Basar, wo einander Hinz und Kunz treffen, ersetzen? Dennoch konnten einige AnbieterInnen passable Ergebnisse erzielen und kleine Spenden als „Basar-Einnahmen“ der Schule überweisen. Obzwar der VFWG (Verein zur Förderung der Waldorf-Gemeinschaft) die Vorfinanzierung der Homepage übernommen hat, ist es langfristig die Idee, dass sich das Netzwerk selbst erhält und Spenden generiert, die sich aus Euren kleinen oder großen Geschäften ergeben.

Kontoverbindung des VFWG:

IBAN: AT44 2011 1822 2175 1000, BIC: GIBAATWWXXX

Kontoinhaber: Josef Prüller

56 MoMent Frühling 2021

Das heißt, dass die einzelnen Elternräte nicht ihre eigenen Anliegen, Sorgen und Probleme in das Gremium einbringen – sondern eben in reflektierter und neutraler Weise jene der gesamten Elternschaft. Dazu kommt das Vertrauen innerhalb des Elternrates: dass während der Elternratssitzungen offen über alles gesprochen werden kann –dass aber auch einiges davon vertraulich in diesem Kreis bleibt. Und immer mehr kam über die 12 Jahre hinweg auch noch das Vertrauen zwischen Elternrat und der Lehrerschaft dazu: Das war eine höchst positive und im Grunde wirklich erstaunliche Entwicklung. Hieß es anfangs noch „wir Eltern“ und „die Lehrer“ – und umgekehrt „wir Lehrer“ und „die Eltern“, so findet jetzt ein regelmäßiger Austausch statt; Anliegen und Hintergründe werden immer wieder gemeinsam erörtert. Immer öfter finden Begegnungen auf Augenhöhe statt. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Anerkennung seitens der Eltern, dass für pädagogische Fragen grundsätzlich die Lehrerschaft zuständig ist – gleichzeitig aber die Anliegen der Elternschaft gehört, aufgenommen und bearbeitet werden. Und dass all dies auch offen kommuniziert wird. Im letzten Schuljahr gab es allerdings auch hier eine deutliche Trübung: Im Zuge der Corona-Pandemie und der Covid-Maßnahmen wurde deutlich, dass der Elternrat unserer Schule – auch – ein

Waldorfgemeinschaft

Mittlerweile haben sich 107 User registriert, und 48 Beiträge wurden veröffentlicht (Stand April 2021). Diese Zahl ist natürlich variabel, da auch immer wieder Beiträge entfernt werden, wenn sie sich erledigt haben; andere hingegen kommen hinzu. Zusehends erfreut sich die Pinnwand wachsender Beliebtheit. Das Potential dieser Seite ist noch lange nicht ausgeschöpft, und sie bleibt natürlich nur lebendig durch Eure Beiträge. Nach wie vor können sich SchülerInnen, Eltern und das Kollegium bzw. andere MitarbeiterInnen unserer Schule bzw. auch solche, die diese schon verlassen haben, registrieren.

Wer kann was anbieten? Wer sucht was? Macht dieses Netzwerk zu Eurem eigenen und tragt Euch noch heute mit einem Beitrag ein.

Spiegel unserer Gesellschaft ist. Immer stärker wurden die Sitzungen von Diskussionen über aktuelle Auflagen und ihre Durchführung an unserer Schule dominiert – die inhaltliche Arbeit zur Pädagogik und der weiteren Entwicklung unserer Schulgemeinschaft trat immer mehr in den Hintergrund. Immer öfter wurde die Gemeinschaft des Vertrauens – wie auch in weiten Teilen unserer Gesellschaft – zu einer Plattform der Spaltung und des Gegeneinanders.

Dennoch nehme ich nach 12 Jahren im Elternrat nun Abschied in der Überzeugung, dass es sich dabei nur um eine Episode gehandelt hat und die Elternratsarbeit wieder zu dem zurückkehrt, was wirklich wichtig ist: die Arbeit an der Grundlage und den besten Voraussetzungen für die Entwicklung unserer Kinder. Denn im Kern ist dieses Gremium wie auch unsere gesamte Schulgemeinschaft nicht nur ein Spiegel unserer Gesellschaft – sondern vor allem auch ein wertvolles Gegenmodell dafür, wie vertrauensvoll gemeinsam gelebt, gearbeitet und gestaltet werden kann. Wo gemeinsam mit der Lehrerschaft und den Kindern ein Umfeld (weiter-)entwickelt wird, in dem sie zu freien, selbstbestimmten und kritischen Menschen heranwachsen können.

Feedback eines zufriedenen Netzwerk-Nutzers: waldorf-mauer.network via Graz bis nach Andalusien, wo österreichische Reben unter spanischer Sonne reifen? Interessant, dachte ich mir und probierte die feinen Bio-Tropfen. Bitte mehr und gerne so viele Knoten wie Trauben, dachte ich mir oder anders gesagt: Ich willmauern und nicht willhaben. Chin chin und hinein!

MoMent Frühling 2021 _ 57
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Kuros Zahedi (Englisch- und Werklehrer) bietet wieder mit seiner Familie ein zweisprachiges „Kunstcamp“ für 7-14 Jährige an. Das Camp findet von 19. July - 23. July (9-15 Uhr) in unserer Schule statt. Mehr info und pdf-flyer hier: kunstcamps.weebly.com

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