Der unabhängige Vermögensverwalter: ein Beruf im Rückwärtsgang? Freiheit und Unabhängigkeit haben ihre Gründe, die der Verstand nicht kennt. Im aktuellen Umfeld weht für kleinere Strukturen zwar ein rauer Wind, die Widerstandsfähigkeit der unabhängigen Vermögensverwalter (UVV), die Nachfrage und neue Tools verhindern jedoch eine massive Konsolidierung in diesem Sektor.
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atrick Dorner, Geschäftsführer des Verbandes Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV), ist ständig mit dem Praxisalltag der UVV konfrontiert. In diesem Gespräch analysiert er die Branchenentwicklung und wendet sich gegen vorschnelle Schlussfolgerungen sowie zahlreiche Klischees, die der unabhängigen Vermögensverwaltung anhaften. Eines dieser Klischees betrifft die zahlenmässige Entwicklung der UVV. Auch wenn es den Beobachtern missfällt, die in der verzeichneten rückläufigen Entwicklung der letzten Jahre das unausweichliche Ende eines Modells sehen wollen: Die Entwicklung ist in Realität vielmehr der demografischen Struktur der Branche zuzuschreiben. Man vermutet, dass heute in der Schweiz etwa 2 200 Vermögensverwaltungsgesellschaften aktiv sind. Bei dieser Zahl handelt es sich um eine Schätzung, da es keine offizielle Statistik hierzu gibt. Die Finanzintermediäre, die dem Geldwäschereigesetz unterliegen, werden zwar in Statistiken erfasst, doch umfasst diese Gruppe ebenfalls Unternehmen anderer Geschäftsbereiche, wie z.B. die Treuhänder. In den letzten zwei Jahren mussten Verbände von Vermögensverwaltern wie der VSV zwar einen gewissen Rückgang ihrer Mitgliederzahlen feststellen, über einen langfristigen Zeitraum hinweg bleibt diese Zahl doch relativ stabil.
Investnews: Gibt es eine Erklärung für den scheinbaren Widerspruch zwischen der Stabilität der Mitgliedszahlen im Zeitraum 2008-2015 und dem in den letzten Jahren beobachteten Rückgang? Patrick Dorner: In diesem Beobachtungszeitraum verliefen die Entwicklungen äusserst unterschiedlich. Nach der Krise im Jahr 2008 und bis ins Jahr 2012 nahm die Zahl der UVV deutlich zu. Der starke Anstieg spiegelte die Vertrauenskrise der Kunden gegenüber den Banken wider. Da sich Werte wie „überschaubare Strukturen“ und „Unabhängigkeit“ grosser Beliebtheit erfreuten, nahmen zahlreiche Vermögensverwalter den kundenseitigen Anreiz zum Anlass, ihre eigene Firma zu gründen. Seit 2012 setzte eine gewisse rückläufige Entwicklung ein, die jedoch im Wesentlichen den Charakteristiken der UVV-Branche zuzuschreiben ist. Vor rund 15 Jahren trat das Geldwäschereigesetz (GWG) in Kraft. Dies war für die unabhängigen Vermögensverwalter der Startschuss für ein obligatorisches Erwerben einer Mitgliedschaft bei einer SRO. Wohl wissend, dass die UVV bei der Gründung ihres eigenen Unternehmens im Allgemeinen etwa zwanzig Jahre Erfahrung haben, d. h. ein Zeitraum, in dem sie auch ein soliden Kundenstamm aufbauen konnten. Somit liegt es auf der Hand, dass sich ein grosser Teil dieser „ersten“ UVV dem Rentenalter nähert. Die damit verbundenen.
Geografische Kundenherkunft der Aktivmitglieder (Mehrfachantworten) 76.5%
Europa (ausser D/F/I)
72.3%
Schweiz 26.5%
Frankreich
24.8%
Deutschland
17.8%
Italien
15.4%
Mittel-/Südamerika
14.2%
Naher/Mittlerer Osten Nordamerika Afrika Asien/Ozeanien 0%
30
9.2% 6.0% 4.3%
25%
50%
75%
100%
Quelle: VSV Geschäfstbericht 2015