eurobond

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KOLUMNE Gestatten, mein Name ist Bond. Eurobond. Die Briten dürften nicht amused sein. Schließlich haben auch wir bald unseren eigenen Bond. Den Eurobond. Dessen Mission ist die eines Top-Agenten: Er soll die Welt retten. Also zunächst Europa. Deshalb heißt er ja auch so. Eurobond. Doch die deutsche Politik mag diesen Bond nicht. Sie ist überhaupt nicht von ihm gerührt, sondern es schüttelt die Kanzlerin ganz offensichtlich beim Blick auf seinen baldigen Einsatz. Warum? Nun, Eurobond ist uns einfach zu großzügig, reist weder mit der Bahn, fährt noch mit einem geleasten Aston Martin, sondern will ein eigenes Zugpferd. Wird befürchtet. Was für bonitätsschwache Länder eine vorteilhafte Mischkalkulation ist, ist für Bonitätshelden eben eine Mist-Rechnung. Man sitzt zwar in einem Boot, aber das mit dem gemeinsamen Rudern klappt nicht. Nicht nur, dass es keine einheitliche Richtung gibt, keiner soll auch auf Kosten eines anderen weniger um die Zukunft rudern müssen. Die Eurozone ist in der Krise, aber nicht die Schulden sind alleine schuld, sie sind lediglich der Ausdruck für Unterschiede, die sich nicht zu ergänzen wissen. Mag sein, dass die Vergemeinschaftung von Politik, Wirtschaft, Finanzen und damit auch


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der Schulden ein noch größeres Chaos anrichtet, als das bisherige. Man müsste sich dann vielleicht aber schneller und besser zusammenraufen, als nur miteinander zu raufen. Und es dürfte dabei Vergemeinschaftung nicht mit Vereinheitlichung verwechselt werden. Denn die Mischung macht’s. Mischanleihen ließen sich an Investoren auch leichter verkaufen, was den Schuldenländern ermöglichte, leichter an Geld zu kommen. Doch leichter an Geld zu kommen, dürfen wir nicht mit der Fähigkeit zu nachhaltigem Wachstum verwechseln. Auch der Eurobond möchte nicht nur entlohnt, sondern auch irgendwann aus- und abgelöst werden. Letztlich ist es zunächst nicht entscheidend, ob Europa politisch und wirtschaftlich zentralisiert wird, sondern es geht vielmehr darum, ob die Gemeinschaft eine Gemeinschaft sein will. Es kommt auf die Kombinationsfähigkeit an, die jedes Team zum Erfolg führt. Und dabei geht es um die Unabhängigkeit und den Willen des einzelnen Mitglieds. Eigenständige Staaten können sehr wohl konstruktiv im Verbund miteinander kooperieren, wenn der wirkliche Wunsch dazu vorhanden ist. Doch die Entscheidung, ob Eurobond zum Einsatz kommt oder nicht, ist ja schon gefallen. Und zwar als der Euro eingeführt wurde. Eine gemeinsame Währung bindet anders, als eine freie Kooperation.


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KOLUMNE Und sie muss verbinden, soll ihr Wert verbindlich bleiben. Also muss der Eurobond kommen. Die deutsche Politik ist dann zwar nicht amused. Aber eine Gemeinschaft ist und darf nicht umsonst sein. Und es ist auch der Sinn einer Gemeinschaft, sich gegenseitig zu ergänzen. Damit eine positive Balance entsteht. Die entwickelt sich dann, wenn die Zusammenarbeit Sinn erzeugt. Und Sinn wächst mit. Ein gemeinschaftliches Gleichgewicht entsteht also nur, wenn sich Stärken und Schwächen (nahezu) ausgleichen, nicht, wenn die Starken lediglich die Schulden der Schwachen begleichen (müssen). Der Eurobond könnte attraktiver werden, als sein britisches Agentenpendant. Er vereinte auf sich alle Tugenden der Euroländer. Und damit könnte er sich überall gut verkaufen, man muss ihm nur die Chance dazu geben. Charme hat er, auch für die Deutschen. Freilich, er ist teuer, aber was nützt uns unsere Stärken und Ansprüche inmitten eines Problem-Europas? Schließlich sollen die anderen auch weiterhin unsere Waren kaufen. Und auch wir Bürger könnten vom teuren Bond ein Stückchen abhaben, wenn wir in ihn investieren. Der Eurobond könnte mit einem Standpunkt viel bewegen, er könnte gegenseitiges Vertrauen ausstrahlen, dadurch ungeheure Stärke zeigen, sich mit gemeinschaftlicher Kraft gegen Spekulanten wehren, aber auch die Gemeinschaft zur Produktivität aufmuntern und sie zugleich zur Ordnung rufen.


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KOLUMNE Aber es mĂźssen alle an seine Wirkung glauben, ansonsten ergeht es ihm wie dem anderen Bond. Der ist nur Fiktion.


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