Vontobel Porträt 2014 - Fokusthema Mut

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Mut

Vontobel Portr채t 2014

Passt das zusammen:

Mut und Investieren? Gibt es

Mut

ohne

Risiko? Von der

Zuversicht des Gelingens. Ist

Mut lernbar?

Physisch, moralisch, psychologisch: Was ist Mut 체berhaupt?


Über Vontobel Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die uns anvertrauten Kundenvermögen langfristig zu schützen und zu vermehren. Spezialisiert auf das aktive Vermögensmanagement und massgeschneiderte Anlagelösungen beraten wir verantwortungsvoll und vorausschauend. Dabei sind wir der Schweizer Qualität und Leistungsstärke verpflichtet. Unsere Eigentümerfamilie steht mit ihrem Namen seit Generationen dafür ein. Unsere Kernfähigkeiten Vermögen schützen und vermehren: Wir wollen die uns anvertrauten Vermögen langfristig schützen und vermehren. Dabei beraten wir unsere Kunden über Generationen verantwortungsvoll und vorausschauend. Aktiv Vermögen managen: Als aktiver Vermögensmanager schaffen wir finanziellen Mehrwert für unsere Kunden. Dafür erarbeiten wir erstklassige Lösungen zur Ertragsoptimierung und Risikosteuerung. Massgeschneiderte Anlagelösungen umsetzen: Wir realisieren für unsere Kunden massgeschneiderte Anlagelösungen. Unser vorausschauendes Research sowie unsere Produkt- und Prozesskompetenz machen uns zum passenden Partner. Unsere Unternehmenswerte Wir denken vorausschauend, handeln verantwortungsvoll und arbeiten erst­ klassig für unsere Kunden. Vontobel waren per Ende Dezember 2013 Kundenvermögen in Höhe von rund CHF 163 Mrd. anvertraut. Vontobel beschäftigt weltweit rund 1’400 Mitarbeitende an 21 Standorten. Die Namensaktien der Vontobel Holding AG sind an der SIX Swiss Exchange kotiert. Die Familien Vontobel und die gemeinnützige Vontobel-Stiftung besitzen die Aktien- und Stimmenmehrheit.

> Lesen oder teilen Sie das «Porträt 2014» als E-Paper unter www.vontobel.com/portrait


Liebe Leserin, lieber Leser Wenn man Menschen fragt, was Mut für sie bedeutet, so fallen die Antworten sehr unterschiedlich aus. Denn diese Charaktereigenschaft ist sehr individuell, und die Situationen, in denen Mut gefragt ist, sind es ebenso. Manchmal besteht Mut darin, etwas zu wagen, ein andermal vielleicht etwas zu lassen. Diese Vielseitigkeit haben wir zum Inhalt des «Porträt 2014» gemacht. Dabei öffnen wir das Thema weit, denn wir möchten auch unbekannte Zugänge erschliessen. So berichtet Heidi Tagliavini, die Schweizer Spitzendiplo­ matin und Uno-Sondergesandte, über ihre Erlebnisse bei Verhandlungen in Konfliktgebieten. Mit grossen Heraus­ forderungen sind auch die Mitglieder der Médecins Sans Frontières konfrontiert. Sie sind überall dort zu finden, wo humanitäre Katastrophen medizinische Soforthilfe erfordern. So entstand der Beitrag von Bruno Jochum, Generaldirektor des Schweizer Einsatzzentrums, unmittelbar vor und nach ­einer Erkundungsreise nach Syrien.

eher davon abzuraten ist. Als professionell und daher nur bedingt mutig bezeichnet Stuntman Oliver Keller seine Arbeit. Denn wenn er den Kopf für prominente Schauspieler hinhält, ist alles minutiös geplant. Ja, Mut hat viele Facetten. Mut hat mit Überzeugung, Entschlossenheit, Selbstverantwortung und auch mit Optimismus zu tun. Das alles sind Eigenschaften, die wir Menschen immer wieder benötigen, wenn wir Schritte nach vorn machen wollen. Auch als Anleger und Investor brauchen wir diese Eigenschaften. Denn viele Gewissheiten der Vermögensanlage sind im aktuellen Umfeld ins Wanken gekommen. Deshalb brauchen heute auch Anleger, die nicht mehr wollen, als ihr Vermögen zu erhalten, bereits recht viel Mut bei ihren Entscheidungen. Mut zum Investieren ist gefragt, aber auch ein neues Risikobewusstsein.

Die Mutfrage stellt sich nicht nur in Grenzsituationen. Sie stellt sich auch in Alltag und Beruf. Der deutsche Psycho­loge Hans-Werner Bierhoff von der Ruhr-Universität Bochum befasst sich seit vielen Jahren mit Zivilcourage, Fairness und hilfreichem Verhalten in der Gesellschaft. Im Gespräch erläutert er, was Mut ist, wie er entsteht, wo er angebracht und wo

Ebenso wichtig ist ein Partner, der langfristig und mit Augenmass agiert. Der dort, wo viele Ja sagen, auch einmal den Mut hat, Nein zu sagen. Uns hilft dabei unsere Unabhängigkeit, die auf dem festen Fundament eines langfristig ausgerichteten Aktionariats ruht. Vontobel bekennt sich seit jeher zu klaren Werten. Sie halten uns in Zeiten, in denen es an Herausforderungen nicht mangelt, auf sicherem Kurs. Gute Voraussetzungen also, um Ihr Vermögen zu schützen und zu vermehren.

Herbert J. Scheidt Präsident des Verwaltungsrates

Dr. Zeno Staub Chief Executive Officer

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Inhalt 06

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Dr. Zeno Staub Vom Mut der Unabhängigkeit.

Dr. Heidi Tagliavini Vom Mut in der Krisendiplomatie.

Konflikte, Friedensmissionen und die Schweiz. Zahlen & Fakten

Christophe Bernard Alle Augen auf die US-Notenbank gerichtet.

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Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff Mut ist ansteckend.

Georg Schubiger Investieren braucht Mut.

Dr. Hans Vontobel Von der Zuversicht des Gelingens.

Oliver Keller Wenn Planung wichtiger ist als Mut.

Axel Schwarzer Mut und Investition – ein Widerspruch?

Roger Studer Neue und unkonventionelle Wege gehen.

Bruno Jochum Zivilcourage statt Mut.

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Médecins Sans Frontières weltweit. Zahlen & Fakten

Herbert J. Scheidt Ein Plädoyer für den aufrechten Gang.

Vontobel in Zahlen.


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«Wir sollten nur dann mutig sein, wenn wir bereit sind, die Konsequenzen unseres Tuns zu tragen.»

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Dr. Zeno Staub ist seit 2011 CEO der Vontobel-Gruppe. Zuvor war er bei Vontobel CFO und leitete danach das Investment Banking und dann das Asset Management. Staub studierte an der Universität St. Gallen Ökonomie, wo er auch promovierte.

Vom Mut der Unabhängigkeit. Interview mit Dr. Zeno Staub Chief Executive Officer «Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit; das Geheimnis der Freiheit aber ist der Mut», sagt der griechische Historiker Thukydides. Glück, Freiheit, Mut – hängt das tatsächlich zusammen? Ja, ich denke schon. Thukydides beschreibt eine Zeit, in der jene Menschen als mutig galten, die bereit waren, für die Freiheit zu kämpfen. Für die Sache der Freiheit einzustehen, ist auch heute richtig. Doch zu Glück, Freiheit und Mut müssen wir uns heute noch etwas hinzu denken. Die drei Werte benötigen verbindende Brückenelemente. Inwiefern? Freiheit ist die Möglichkeit. Mut ist die Bereitschaft, sich unter den vielen Optionen für eine ganz bestimmte Möglichkeit zu entscheiden. Zum Glück führt der Mut jedoch nur dann, wenn das, was man wagt, auch gelingt. Erst wenn wir uns die Ergebnisse der Handlungen ansehen, lässt sich beurteilen, ob daraus Glück oder Unglück entstanden ist. Mut verbinden wir oft mit einem physischen Verhalten. Dabei ist Mut doch viel mehr als das. Jede Unternehmerin, jeder Unternehmer braucht im Betrieb tagtäglich Mut. Doch dieser Mut ist für Aussenstehende kaum sichtbar. Deshalb kön-

nen oft nur Analysten oder Branchenkenner den Wagemut, der hinter einer neuen Strategie steht, einschätzen und beurteilen. Mut liesse sich auch mit Verantwortung in Verbindung bringen. Ja, aber vor allem muss man die Freiheit mit der Verantwortung in Verbindung bringen. Eigentlich sollten wir nur dann mutig sein, wenn wir bereit sind, die Konsequenzen unseres Tuns zu tragen. Wenn wir das nicht sind, handeln wir weder mutig noch verantwortlich, sondern verantwortungslos und übermütig. Warum bereitet es vielen Menschen Mühe, die Zivilcourage, die es im Wirtschaftsleben braucht, zu erkennen? Weil unternehmerische Strategien komplex sind und die Umsetzung Zeit braucht. Der Erfolg oder der Misserfolg stellt sich nicht von einer Minute auf die nächste ein wie beim Seiltänzer, der seinen Auftritt in luftiger Höhe und vor aller Öffentlichkeit absolviert. Um den Mut einer Unternehmerin oder eines Managers zu beurteilen, braucht es zwei oder drei Jahre Zeit und sorgfältige Analysen. Nicht immer erhalten die Manager so viel Zeit. Ja, das ist so. Ich bedaure die Entwicklung zur Kurzlebigkeit, weil so eine

faire Beurteilung gar nicht möglich ist. In meinem Einflussbereich versuche ich, wo immer möglich, mich an das Prinzip der Fairness zu halten und ausreichend Zeit zu geben, in der sich jemand bewähren kann. Bei welchen Entscheidungen brauchen Sie als CEO von Vontobel Beherztheit und Courage? Grundsätzlich ist es immer so, dass bei Entscheidungen Unsicherheiten im Spiel sind. Niemand weiss im Moment, in dem er entscheiden muss, alles. Immer fehlen gewisse Elemente. Zudem basiert ein Teil der verfügbaren Daten auf Szenarien und Wahrscheinlichkeiten. Sehr schwierig sind sodann jene Entscheidungen, in denen es um Menschen geht. Das ist bei Reorganisationen und umfassenden Veränderungen der Fall. Bei diesen Entscheiden weiss ich, dass mein Handeln unmittelbare Folgen für das Leben anderer Menschen haben wird. Solche Entscheide müssen sorgfältig abgewogen werden, damit sie in verantwortungsbewusste Handlungen münden können. Jeder Mensch, der Führungs- und Entscheidungsverantwortung trägt, kennt Momente, in denen er weiss, wie er entscheiden sollte – und doch zögert er. Weil ihm der Schneid fehlt? Nicht unbedingt. Schneid hilft nämlich in solchen Situationen nicht weiter.

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Die körperlichen und mentalen Leistungsgrenzen ausweiten – auch das braucht immer wieder Mut.

«Der Mut, sich selber treu zu bleiben, ist uns ein zuverlässiger Kompass.»

Viel wichtiger sind die Erfahrung und das Wissen, dass es im Alltag eines Unternehmens manchmal so etwas wie Alternativlosigkeit gibt. Wenn es sich so verhält, nützt es nichts, den Entscheid weiter hinauszuzögern. Verspüren Sie oft einen äusseren Druck, entscheiden zu müssen? Diesen Druck spüren wohl alle Manager. Sie müssen ihn aushalten, weil Entscheidung und Führung zwei Seiten einer Münze sind. Wer Führungsverantwortung übernimmt, erfährt sehr rasch, dass es Positionen gibt, in denen einem weder die Aktionäre noch die Stakeholder gestatten, den Entscheidungen auszuweichen. Manager werden auch für Entscheidungen bezahlt. Notabene auch für unpopuläre Entscheidungen. In jeder Branche gibt es Eigenschaf­ ten, die nötig, und andere, die wünschbar sind. Wie hält es das Banking mit dem Mut? Ist er nötig, wünschbar oder überflüssig? Wir müssen in unserem Geschäft vorausschauend denken, rechtzeitig disponieren und verantwortlich handeln. Das braucht ab und zu Mut, aber es ist eine andere Art von Mut als der, von dem wir bisher gesprochen haben. Wenn wir beispielsweise an die Vermögensdis8

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position denken, könnte man sagen, es sei mutig, alles auf eine Karte zu setzen und volles Risiko zu fahren. Doch das wäre reinster Übermut, und für Übermut wird ein Banker nicht bezahlt. Unser Mut besteht darin, vorauszudenken, gründlich zu analysieren und daraus kluge und durchdachte Massnahmen abzuleiten und diese dann konsequent durchzuziehen. Integrität und Verantwortungsbewusstsein haben ebenfalls mit Mut zu tun und werden von den Kunden zu Recht eingefordert. Erkennen Sie im Banking derzeit Ansätze, wie man Fehlentwicklungen verhindern kann und wo man neue Wege gehen sollte? Ich glaube, dass es heute Mut braucht, weiterhin zum Standort Schweiz zu stehen und darauf zu bestehen, dass der Finanzplatz Schweiz nach wie vor ein hervorragender Ort für profes­ sionelle, internationale Vermögensverwaltung ist. Wir müssen uns nicht in eine Ecke drängen lassen und dürfen vielen ungerechtfertigten Vorwürfen durchaus offensiv begegnen. Die Fixierung der öffentlichen Meinung auf einzelne problematische Geschäftsfelder blendet aus, dass es Aufgaben gibt, in denen die Schweizer Banken Exzellenz beweisen.

Wofür steht Swiss Banking heute? Swiss Banking steht für Kompetenz, für Performance, für Service, für Zuverlässigkeit. Das ist, wenn wir es ohne ideologische Zerrbrille betrachten, ein hervorragender Leistungsausweis. Es gibt keinen Grund für Schweizer Banken, sich in die Scham-Ecke stellen zu lassen. Unsere Dienstleistungen als Asset Manager und als Vermögensdienstleister sind top und brauchen den Vergleich mit europäischen, amerikanischen oder asiatischen Banken nirgends zu scheuen. Müssen sich die Schweizer Banken neu erfinden? Nein. Wir müssen uns vielmehr auf das zurückbesinnen, was wir schon immer sehr gut beherrscht haben. Das ist umfassende Beratung, um Vermögen generationenübergreifend langfristig zu schützen und zu vermehren. Hier zählen unsere Kompetenzen, Vermögen aktiv zu managen und Anlagelösungen massgeschneidert umzusetzen. Dar­ über hinaus erwarten Kunden Rechtssicherheit und Verlässlichkeit. Das tönt banal, ist es aber nicht. Vor allem dann nicht, wenn man den ungezügelten steuerlichen Appetit sieht, den viele Länder entwickeln, und wenn man berücksichtigt, dass es nach wie vor viele


Gegenden auf dieser Welt gibt, in denen Eigentum wenig gilt oder durch kriegerische Konflikte permanent gefährdet ist. Wechseln wir die Perspektive. Derzeit ist von Bankenseite oft zu hören, dass die Kunden und Anleger grosse Liquiditätsbestände halten. Fehlt den Anlegern der Mumm zu investieren? Die Mehrheit der Anleger verbindet die Risikowahrnehmung zu eng mit ganzen Anlagekategorien. Wer diese Haltung hat, geht von folgenden Prämissen aus: Liquidität ist sicher, Obligationen sind relativ sicher, Aktien sind unsicher. Eine solche Einschätzung beruht durchaus auf Erfahrung, aber es sind die Erfahrungen der letzten 20 Jahre. Ob diese Einschätzung auch in Zukunft ­gültig bleibt, ist höchst zweifelhaft. Warum? Weil sich die Risikolandschaft grundlegend verändert hat. Risiko bemisst sich letztlich immer an der Bereitschaft eines Individuums, bestimmte Wertschwankungen zu tragen. Um die Festlegung des Grundrisikos kommt kein Anleger herum. Vielleicht haben wir als Banken hier und da Kunden überfordert, indem wir zu stark in eine technische Begrifflichkeit verfallen sind und nur noch von Volatilitäten, Risikobudgets, Maximum

Drawdowns oder von Lower Partial Moments 1–3 gesprochen haben. Das ist doch vielfach schwierig zu verstehen. Also hat man wieder vereinfacht und das Ganze sozusagen rückübersetzt und dem Kunden beispielsweise gesagt: Sie sind ein vorsichtiger Anleger. Also empfehlen wir Ihnen 20 Prozent Liquidität, 60 Prozent Bonds und 20 Prozent BlueChip-Aktien. Viele Kunden und viele Banken haben sich in solchen Schemata verfangen. Wie kommt man da wieder heraus? Wir stecken in einem hartnäckigen Tiefzinsumfeld, das die Angelsachsen zu Recht als «financial repression» bezeichnen. Die westlichen Staaten werden diese Tiefzinspolitik, solange es nur irgendwie geht, beibehalten. Leider muss man zugeben, dass die Staaten wohl keine bessere Alternative haben. Denn dies scheint der schonendste Weg zu sein, um aus einer schuldengetriebenen Krise herauszukommen. Für Anleger kann die Lage jedoch ungemütlich werden. Denn jetzt stimmen die Grundsätze, die in den letzten 20 Jahren richtig waren, plötzlich nicht mehr. Wer in diesem Umfeld glaubt, dass er mit Nominalanlagen, also mit Bonds, sicher ist, lebt gefährlich. Über die Hürden alter Gewissheiten zu springen, braucht Mut – bei den priva-

ten Anlegern, den Banken und sogar bei den Regulierungsbehörden. Versucht Vontobel in einem solchen Umfeld, andere Wege zu gehen als die anderen Banken? Ja, wir versuchen es. Doch auch wir agieren unter Unsicherheiten und erfahren dabei, wie unheimlich schwer es ist, allein gegen marktübliche Mechanismen und Überzeugungen anzutreten. Ich bin überzeugt, dass das atypische Marktumfeld in den kommenden Monaten ein grosses Thema bleibt und für uns wie für die Kunden noch viele Herausforderungen bereithält. Dafür brauchen wir alle Mut und grosse geistige Beweglichkeit. Wir haben über einige Formen von Mut gesprochen. Gibt es eine Art von Mut, die Ihnen besonders wichtig ist? Ja, die gibt es. Es ist der Mut, sich selber treu zu bleiben und nicht überall dabei gewesen zu sein. Vontobel leistet sich diese Unabhängigkeit, weil wir mit den Familien Vontobel einen verlässlichen Mehrheitsaktionär haben. Der Mut, sich selber treu zu bleiben, ist uns ein zuverlässiger Kompass. Er hilft uns, weiterhin einen eigenständigen Weg zu gehen – optimistisch, pragmatisch und ohne Angst vor der Zukunft. <

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© Serge Hoeltschi, 13photo

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Heidi Tagliavini war Schweizer Botschafterin und Uno-Sondergesandte und sammelte reiche diplomatische Erfahrungen in bilateralen und multilateralen Einsätzen in der Schweiz und im Ausland, vorwiegend in Ländern der ehema­ligen Sowjetunion. Seit 1995 war sie an leitender Stelle für die Uno und die OSZE in Friedensoperationen in Konfliktgebieten im Nord- und Südkaukasus tätig. Im Auftrag des EU-Rates verfasste sie nach dem Augustkrieg von 2008 in Georgien einen Untersuchungsbericht, der die Umstände und den wahren Sachverhalt dieses Konflikts klären sollte. Im Auftrag der OSZE/ODIHR leitete sie verschiedene internationale Wahlbeobachtungsmissionen in der Ukraine, in Russland und Armenien. 2010 erhielt sie den Ehrendoktor der Universität Basel und der Universität Bern. Ausserdem erhielt sie 2013 den Menschenrechtspreis der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (Schweiz) und das Grosse Goldene Ehrenzeichen der Österreichischen Republik. Heidi Tagliavini ist Mitglied des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes.

Vom Mut in der Krisendiplomatie. Dr. h.c. mult. Heidi Tagliavini Wie hätten Sie reagiert, wenn Ihnen am Ende eines gewöhnlichen Arbeitstages gesagt würde: «Morgen wirst du mit fünf weiteren Diplomaten als Mitglied einer Friedensmission im Wiener Hauptquartier der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erwartet, übermorgen fliegt ihr nach Moskau für weitere Informationen und von dort direkt ins Konfliktgebiet in den Kaukasus...» In Tschetschenien war Krieg. Die Frontlinie lag knapp südlich von Grosny, der Hauptstadt der kleinen Republik. Ich habe zugesagt. War das Mut? War es Übermut, Wagemut oder gar Leichtsinn? Vielleicht ein wenig von allem, denn Krieg ist Krieg. Mehr als ein Dutzend Schweizer (allesamt Männer) waren angefragt worden, aber niemand stellte sich für den Einsatz zur Verfügung. Aber für mich, seit 13 Jahren im diplomatischen Dienst der Schweiz, stand im Vordergrund das Interesse, in einem mir in Sprache, Kultur und Geschichte vertrauten Umfeld etwas Sinnvolles zu tun. Und was macht schon mehr Sinn, schien mir, als in einem Krieg zu vermitteln, die Konfliktopfer zu unterstützen, ihnen beizustehen? Aber was Krieg bedeutet, wusste ich da noch nicht. Was es bedeutet, mutig zu sein Es ist nicht meine Absicht, hier eine grundsätzliche Definition von Mut zu geben. Mut scheint mir eine sehr persönliche Angelegenheit zu sein, eine Haltung. Um zu wissen, was Mut bedeutet, muss man im Leben erst einmal die Erfahrung von «gut» und «böse» und von «richtig» und «falsch» im Umgang mit den Menschen gemacht haben. Es braucht dazu ein Wertesystem, zu dem man steht und für das man sich konkret einsetzt. Mut heisst für mich, Verantwortung zu übernehmen im Bewusstsein möglicher negativer Konsequenzen. Mut heisst auch, ungeachtet aller persönlichen Nachteile, das in der Sache selbst als richtig Erkannte zu tun.

Mut im Krieg scheint mir aber noch etwas anderes zu sein; es haftet ihm immer etwas Existenzielles an. Wir landeten also damals, im April 1995, mit einem Militärhelikopter in Grosny auf einem völlig zerstörten Flughafen. Unser Gepäck, etwa 600 kg, bestand aus Feldbetten und Schlafsäcken, zwei Computern, einem kleinen Generator, technischem Zubehör sowie einer Art Astronautennahrung für den Notfall und natürlich Wasser. Auch eine schwere kugelsichere Weste und ein Helm waren in meinem Gepäck. Wir wurden zu einem Privathaus mitten in der zerbombten, nahezu menschenleeren Stadt gebracht. Ein Bau ohne Fenster, ohne Türen, aber immerhin mit einem Dach, ohne Tische und Stühle, ohne weitere Möbel, ohne Wasser, ohne Strom, ohne Gas. Ohne Streichhölzer und ohne Taschenlampe – die waren irgendwo zuunterst im Gepäck. Also sassen wir gleich am ersten Abend mitten im Krieg in einem Dunkel, das nur von Leuchtspuren gefolgt von Artilleriefeuer erhellt wurde. Unsere Aufgaben in dieser OSZE-Mission waren die Förderung einer friedlichen Lösung, die Unterstützung bei der Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit, bei der humanitären Hilfe, bei der Rückführung der Vertriebenen und die Beobachtung der Menschenrechtslage. Schnell kam die erste Bewährungsprobe, als gleich in der ersten Woche alle meine fünf Kollegen in ein weit entferntes Dorf fuhren. Sie schafften den Rückweg nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit und blieben über Nacht weg, ohne mich zu informieren (Mobiltelefone gab es 1995 noch nicht). So war ich alleine in unserem fenster- und türlosen Haus, umgeben von ununterbrochenem Artilleriefeuer über der Stadt und von Schusswechseln rund ums Haus. Es war bestimmt nicht der angenehmste Augenblick in meinem Leben. Und gerade mutig fühlte ich mich auch nicht. Aber für mich war klar, dass ich niemals aufgegeben hätte.

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«Im Leben, egal ob im Krieg oder im Frieden, kommt es auf grundlegende Werte an und darauf, wie man sie vertritt.»

«Das Strassendorf Serzhen-Jurt. Als unsere Delegation im Frühling 1995 dort war, wurde der Reihe nach ein Haus nach dem anderen ferngezündet und brannte aus. Im September, bei unserer nächsten Durchfahrt, standen beinahe an jedem Haustor Eimer mit Äpfeln zum Verkaufen, dem einzigen Reichtum, der trotz Krieg und Zerstörung gewachsen und gereift war.» Aus: Zeichen der Zerstörung – Reminiszenzen aus Tschetschenien, Foto: Heidi Tagliavini

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Mut brauchte es in diesem Umfeld immer wieder. Friedenseinsätze stellen ständig unvorhersehbare Herausforderungen und Mutproben dar. Die Gefahr vieler unserer Einsätze war unabsehbar, so wie zum Beispiel jene Fahrt, als wir mitten in einem in einer Racheaktion in Brand gesetzten Dorf steckten und nicht mehr wussten, wie wir da herauskommen sollten. Auch unsere Fahrten hinter die Frontlinie als OSZE-Eskorte für die tschetschenischen Gesprächspartner stellten potenziell eine Gefahr dar; schliesslich hatten die Soldaten an den Kontrollposten Order, im geringsten Zweifel scharf zu schiessen. Auch das Artilleriefeuer, das täglich bei Dunkelheitanbruch einsetzte, oft ganz nah, liess uns nie vergessen, wo wir uns befanden und wie prekär die Lage war.

Den erforderlichen Mut, um trotz allem weiterzumachen, hat man nicht einfach so; er muss immer wieder neu aufgebracht werden. Mut ist nicht angeboren. Mit der Zeit wird man vielleicht dünnhäutig, mag sich auch mitten in der Zerstörung manchmal so etwas wie eine Routine einstellen – ich war z.B. immer wieder erstaunt, wie sich junge tschetschenische Frauen trotz Greuel und Schrecken, trotz Schutt und Ruinen rundherum, so schön wie möglich kleideten, schminkten und auf ihr Äusseres achteten. Mut braucht viel Gelassenheit Mut war in meinen späteren Missionen als Vermitt­ lerin in verschiedenen Konflikten immer wieder notwendig. In Friedensmissionen gilt es immer wieder, mit diplomatischem Geschick der Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen, ohne den Erfolg der Mission zu gefährden. Wie aber macht man hochrangigen Politikern, die gewöhnlich keinen Widerspruch dulden, klar, dass man sehr wohl weiss, dass sie nicht die Wahrheit sagen? Zumal man in einem Konflikt ohne ihre Zustimmung nicht Vermittler sein kann. Es braucht Mut, zu widersprechen. Es braucht aber auch diplomatisches Können, es so zu tun, dass einem nicht gerade die Tür gezeigt wird. Mit der Zeit legt man sich eine ganze Technik zurecht, wie man mit solchen Situationen am besten zurechtkommt. «Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Präsident? Sind Sie sicher, dass es die andere Partei war, die verantwortlich ist?» So etwas wird eher geschluckt als «Sie lügen!» Es geht in der Diplomatie immer wieder um Gesichtswahrung. In Konflikten, wo man es mit Tätern und Opfern zu tun hat, muss diesem Aspekt besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es ist eine Art Balanceakt zwischen Mut, etwas nicht auf sich beruhen zu lassen, und dem verbalen Geschick, mit der entsprechenden Mimik (neutral und möglichst emotionslos), mit der Sprache (höflich) und dem Verhalten (ruhig) seinem Gegenüber klarzumachen, dass man nicht ganz auf seiner Linie steht. Man wird als Vermittler von den Konfliktparteien oft als ein wenig naiv betrachtet. Das sollte man mit Gelassenheit schlucken, aber man muss schon zu verstehen geben, dass es für alle Beteiligten immer noch besser ist, wenn wir als internationale Vermittler dafür sorgen, dass sie in ihrem anscheinend unlösbaren Konflikt nicht alleingelassen werden und die Opfer nicht jeder Willkür ausgesetzt sind. Erfahrungen und Schicksale Zurück zu Tschetschenien. Dass Mut in Kriegssituationen in der Konsequenz für den Einzelnen manchmal zur Tragödie werden kann, zeigt das Beispiel des russischen Generals Romanow. Er war von der russischen Militärspitze nach der Unterzeichnung des mühsam erreichten Waffenstillstandsabkommens vom Juli 1995 zur Umsetzung des Abkommens nach Grosny abkommandiert worden. Konkret

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«Das einzige Fenster in einem langen, mehrstöckigen Haus, das nicht vollständig zerstört war. Dieses Fenster mit seinen abgerundeten Formen und zarten Farben weckte Erinnerungen an eine andere Welt mit grossem Form- und Farbreichtum, die Welt des Jugendstils.» Aus: Zeichen der Zerstörung – Reminiszenzen aus Tschetschenien, Foto: Heidi Tagliavini

hiess das, zusammen mit dem tschetschenischen Oberst Maschadow der lokalen Bevölkerung den Inhalt des Abkommens zu erklären, also dass ab sofort nicht mehr gekämpft und geschossen werden solle und dass die Waffen eingezogen würden. Auch sollte die Bevölkerung zu Ruhe und Zurückhaltung angehalten werden, was tatsächlich für eine Weile gelang; in der Nacht wurde nicht mehr geschossen: Welch eine Erleichterung! Wir von der OSZE-Mission begleiteten die beiden hohen Militärs auf ihrer Runde durch die tschetschenische Republik als internationale Beobachter und in Unterstützung des Abkommens. Vor einem jener Helikopterflüge warnte uns der General vor Heckenschützen und stellte es jedem von uns frei mitzufliegen. Wir entschieden uns alle zu diesem wirklich unheimlichen Flug, rund 50 Meter über dem Boden, mit offenen Türen, in denen Soldaten mit Kalaschnikows nach Widerstandskämpfern Ausschau hielten, um allfällige Heckenschützen zu beseitigen. Ob uns das allerdings im Falle eines Angriffs vor dem Absturz gerettet hätte, ist fraglich. War es Mut? Oder Wagemut? Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher, besonders nach dem, was General Romanow, der auf allen Seiten Vertrauen genoss, kurze Zeit danach zugestossen ist – ihm, der in einem Gespräch mit Journalisten einmal gefragt wurde, wie er sich denn als exponierter russischer General gegen Überfälle oder sonstige Gefahren schütze. Er hielt es für eine Illusion, sich wirklich schützen zu können; er habe zwar in seiner Hosentasche für den Notfall immer eine Handgranate, aber wirksam würden ihn im Ernstfall auch die besten Sicherheitsvorkehrungen nicht schützen. 14

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Wenig später wurde er auf seinem Panzer mitten im Zentrum von Grosny Opfer eines brutalen Anschlags; seither, seit 18 Jahren, liegt er im Koma! Dieses Attentat war dann auch das Ende des Waffenstillstandsabkommens. Der Krieg begann von neuem und damit auch die Angst, die es immer wieder zu überwinden galt; sie hat mich bis heute nachhaltig geprägt. Mut zu zeigen, kann eine gute, stärkende Erfahrung sein. Ich habe es oft so erlebt. Für General Romanow jedoch hat sich sein Mut nicht ausgezahlt. In unseren Breitengraden gilt es als mutig, in ein Kriegsgebiet in den Einsatz zu gehen. Ich wurde immer wieder gefragt, warum ich die sichere Schweiz gegen ein Konfliktgebiet eintausche. Verglichen mit der betroffenen Zivilbevölkerung waren unsere Einsätze aber mit einem kalkulierbaren Risiko versehen. Sie sind zeitlich begrenzt, wir arbeiten mit risikomindernden Schutzmassnahmen und wir sind meist keine direkte Zielscheibe. Das ist anders für die Bevölkerung in einem Konfliktgebiet, die der Willkür und jeglicher


«Mut zu zeigen, kann eine gute und stärkende Erfahrung sein.» Grausamkeit meist ungeschützt ausgesetzt ist. Erst dort erlebte ich, was wahrer Mut ist. Mut und Zivilcourage bewies beispielsweise Ramsan, der Schuldirektor, der nach dem Kriegswinter und der Evakuation zurück nach Grosny fuhr, um seine Schule oder das, was nach dem Krieg von ihr übriggeblieben war, wieder zu öffnen und seine Kinder zu unterrichten. Was er fand, war ein Gebäude, das durch einen direkten Granattreffer teilweise zerstört war, die zweite und dritte Etage waren eingestürzt, alle Fensterscheiben zerschlagen und die Türen durch Explosionswellen herausgerissen. Ramsan machte sich ohne zu zögern mit Eltern und Kindern an die Arbeit und begann mit dem Unterricht, sobald die schlimmsten Schäden behoben waren. Zuerst zählte er 120 Schüler, dann 147, dann 475. Alle Eltern, alle Kinder wollten Normalität und einen einigermassen geregelten Schulunterricht. Bis Ramsan eines Morgens Panzerfahrzeuge und Truppen auf der Suche nach Widerstandskämpfern in die Siedlung einziehen sah. Seine Beteuerungen, dass es hier keine Widerstandskämpfer gebe, halfen nichts. Er beschreibt: «…hinter jedem Zaun sitzen und liegen Scharfschützen und halten das Gewehr im Anschlag. Einer von ihnen zielt auf die Schulfenster, (…). Ich gehe auf ihn zu, stelle mich (als Schuldirektor) vor und sage: ‹Ich bitte Sie, nicht auf die Fenster zu zielen, dort sind Kinder und Lehrer, Sie könnten sie erschrecken.› Zur Antwort bekam ich: ‹Ich schiesse ja nicht.›»

Erniedrigungen und Schwierigkeiten auf sich zu nehmen, ja sogar sein eigenes Leben zu riskieren. Sein Tagebuch, das wir im Jahr 2000 in einem Sammelband publizierten, erschütterte damals viele Menschen, so auch eine europäische Aussenministerin, die ihm Anerkennung zusammen mit einer soliden Summe ausländischer Gelder brachte, damit er seine Schule renovieren konnte. Worauf es ankommt Als ich nach diesen schweren Monaten Tschetschenien im tiefen Winter über einen Moskauer Flughafen verliess, sprach mich ein mitfliegender Herr mit einem Blumenstrauss in der Hand an und sagte: «Danke, Heidi, im Namen des tsche­ tschenischen Volkes danke ich Ihnen für das, was Sie für uns getan haben! Sie waren das menschliche Gesicht dieser Mission.» Diese berührende Begegnung machte mir wieder einmal bewusst, dass es im Leben, ob im Krieg oder im Frieden, auf grundlegende Werte ankommt und darauf, wie man sie vertritt. Ich musste die Menschen dort mit ihren Problemen zurücklassen und konnte in unser komfortables Leben in Freiheit und Sicherheit zurückkehren. Mir wurde klar, was für ein Privileg es ist, in Frieden zu leben. Und ich habe auch begriffen, dass wahrer Mut weniger das ist, was uns internationalen Diplomaten dort abgefordert wurde; wohl aber ist Mut das, was Menschen in solchen Konfliktgebieten Tag für Tag unter ungerechtesten Bedingungen beweisen müssen, um für sich und andere ein Minimum an Menschlichkeit zu retten. <

Ramsans Einsatz für die Schule erforderte wirklichen Mut. Er entsprang seiner Überzeugung, dass man jungen Leuten eine Perspektive geben muss und Zukunft. Für sie war er bereit,

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Konflikte, Friedensmissionen und die Schweiz. Zahlen & Fakten

Konfliktbarometer 2012 2012 gab es weltweit 396 politische Konflikte, die wie folgt eingestuft wurden:

165

43

188

hochgewaltsame Krisen

gewaltsame Krisen

gewaltlose Krisen

396

311

Von Konflikten waren innerstaatlich und zwischenstaatlich.

82

Verteilung aller Konflikte nach Region und Intensität Niedrig Hoch Europa 45 1 Subsahara, Afrika 34 19 Amerika 22 4 Asien, Ozeanien 63 10 Naher Osten, Maghreb 24 9

Quelle: Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung

Friedensoperationen 2012

Die zehn friedlichsten und unfriedlichsten Länder der Welt *

Quelle: SIPRI Jahrbuch 2013

Quelle: The Economist, 2013 * Ranking unter 162 Staaten anhand von 22 Kriterien

233’642

Personen im Einsatz bei multilateralen Friedensoperationen

Friedlich Island 1. Dänemark 2. Neuseeland 3. Österreich 4. Schweiz 5. Japan 6. Finnland 7. Kanada 8. Schweden 9. Belgien 10.

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Friedensoperationen in Afrika

15

Friedensoperationen in Europa

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53

laufende Friedensoperationen weltweit

Unfriedlich

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Afghanistan Somalia Syrien Irak Sudan Pakistan Kongo-Kinshasa Russland Nordkorea Zentralafrikanische Republik


Die Schweiz in der Welt – die Welt in der Schweiz Quelle: Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten, EDA

⁄3

1

der Schweizer Diplomatinnen

und Diplomaten sind Frauen. Das EDA vertritt die Schweiz in gut

Es beschäftigt

100 Ländern.

Bei über

100 internationalen

Organisationen ist die Schweiz Mitglied.

350 Diplomaten und

500 konsularische Mitarbeitende.

Seit mehr als

100 Jahren beherbergt die

Schweiz internationale Organisationen.

1–2 Staatsbesuche finden in 2014 – die OSZE unter Schweizer Vorsitz

der Schweiz pro Jahr statt.

Die Schweiz möchte unter dem Leitmotiv «Eine Sicherheitsgemeinschaft im Dienste der Menschen schaffen» Beiträge leisten zu folgenden Zielen:

170 Länder haben einen Botschafter beim Schweizerischen Bundesrat akkreditiert.

Die Handlungsfähigkeit der OSZE stärken. Die Lebensbedingungen der Menschen verbessern.

Mit

Die Sicherheit und Stabilität fördern.

25 internationalen Organisationen

hat die Schweiz ein Sitzabkommen geschlossen. 22 sitzen in Genf, zwei in Bern und eine in Basel.

Quelle: Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

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Christophe Bernard ist Chefstratege von Vontobel. Als Vorsitzender des Anlagekomitees ist er für die Anlagestrategie der Bank verantwortlich. Christophe Bernard verfügt über eine Investmenterfahrung von mehr als 20 Jahren.

Alle Augen auf die US-Notenbank gerichtet. Christophe Bernard Chefstratege von Vontobel Auch sechs Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise bleibt die Weltwirtschaft fragil und stark von der beträchtlichen Liquiditätszufuhr der Zentralbanken abhängig. Das Niveau der öffentlichen Schulden ist nach wie vor hoch – eine Situation, die nur dank äusserst niedrigen oder gar negativen realen Zinsen tragbar ist. Im Jahr 2013 wurden die wirtschaftlichen Aktivitäten in einem beträchtlichen Mass durch die Haushaltspolitik in den USA und der Eurozone belastet. Die gute Nachricht ist allerdings, dass diese Probleme 2014 und in den Folgejahren nachlassen dürften. Eine genauere Betrachtung der Wirtschaftsregionen fördert jedoch deutliche Unterschiede zutage. Entsprechend differenziert müssen Anleger vorgehen, wenn sie 2014 in den USA, der Eurozone, in Japan oder in den Schwellenländern erfolgreich sein wollen. Zudem zeichnet sich ab, dass die einzelnen Länder hinsichtlich ihrer Haushalts- und Geldpolitik immer stärker voneinander abweichen. Europa ohne Masterplan – Deutschland als Lokomotive Beginnen wir mit der Eurozone: Unter der Ägide von Mario Draghi war die Europäische Zentralbank (EZB) bislang bei der Eindämmung der systemischen Risiken erfolgreich, indem sie in den sogenannten Peripherieländern einen 18

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markanten Zinsrückgang ermöglichte. Dies ist eine Voraussetzung für eine wirtschaftliche Stabilisierung. Gleichzeitig konnte die Ursache der Krise in der Eurozone, namentlich die gewaltigen Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen der einzelnen Länder, beseitigt werden. Der Preis dafür war hoch und führte zu einer sprunghaft ansteigenden Arbeitslosigkeit in der Peripherie, das heisst in Südeuropa. Im Jahr 2014 rechnen wir mit einem Wirtschaftswachstum von rund 1.2% – im Vergleich zu einem Rückgang von 0.4% im Jahr 2013 –; wobei erneut die dynamische deutsche Volkswirtschaft den Takt vorgeben wird. Obwohl die europäischen Entscheidungsträger die unmittelbare Bedrohung für die Einheitswährung abwenden konnten, müssen sie noch einen Masterplan auf die Beine stellen, um das langfristige Trendwachstum anzukurbeln. Angesichts eines schwachen BIP-Wachstums von 1% bei einer Inflation von unter 1% kann die Schuldenlast oder die Arbeitslosigkeit nicht verringert werden. Mit der Zeit würde eine solche Konstellation höchstwahrscheinlich zu einer steigenden Verbitterung der Bevölkerung führen – was wiederum unheilvolle Folgen für die wichtigsten politischen Parteien und das europäische Projekt, einschliesslich des Euro, hätte. Die Schweiz bleibt das Glanzlicht Während die Eurozone 2013 eine wirtschaftliche Verlangsamung verzeichnete, vermochte die Schweiz ein Wachstum von 1.9% zu erzielen. Für das Jahr 2014 erwarten wir einen


«Die USA, Kanada und Mexiko werden treibende Kräfte der Weltwirtschaft.» Zuwachs von 2.2%. Diese Zahlen zeugen von der Wettbewerbsfähigkeit und Stärke des schweizerischen Wirtschaftsmodells. Wird der Aufschwung Japans weitergehen? Unter der Führung von Premierminister Shinzo Abe versucht Japan den verheerenden Deflationszyklus zu durchbrechen. Der geldpolitische Paradigmenwechsel der Bank of Japan war schlichtweg aussergewöhnlich. Er hatte unmittelbare und erhebliche Auswirkungen für den japanischen Yen (Abwertung) und die japanischen Aktien (Anstieg). Die Wirtschaft sprang an, und die Unternehmensgewinne schnellten in die Höhe. Die Politiker müssen nun jedoch wirtschaftliche Reformen anpacken, um das Trendwachstum anzutreiben, und gleichzeitig sicherstellen, dass die öffentliche Verschuldung nicht ausufert. Doch ob es zu tiefgreifenden Veränderungen kommt, bleibt abzuwarten. Einem solchen Unterfangen steht die nachteilige demografische Entwicklung – die japanische Bevölkerung altert schnell – im Weg. Zudem verteidigen einflussreiche Interessengruppen den Status quo. Die Schwellenländer haben enttäuscht Die Schwellenmärkte enttäuschten 2013 die Anleger­ gemeinde, wurden doch die Wachstumsperspektiven im Jahresverlauf drastisch nach unten korrigiert. Einzelne Länder haben mit den niedrigeren Rohstoffpreisen, andere mit Absatzschwierigkeiten in den Industrieländern zu kämpfen. Die meisten sind selbstzufrieden geworden und unternehmen nicht genug, um ausländisches Kapital anzulocken. Länder mit sich verschlechternden Leistungsbilanzen wie Südafrika, Indien, Indonesien, die Türkei oder Brasilien befinden sich in der Zwickmühle: Werten sie ihre Währungen ab, erhöht sich die Inflation; heben sie die Zinsen an – wie es die Türkei getan hat –, um ihre Währung zu stabilisieren, gefährden sie das Wirtschaftswachstum. Da sich die Industrieländer jedoch auf Erholungskurs befinden, haben sich die Exportaussichten solcher Defizitstaaten verbessert. Folglich rechnen wir mit einer Stabilisierung der Konjunktur. Ausserdem besteht die Aussicht, dass die in den nächsten zwölf Monaten in allen diesen Ländern anstehenden Wahlen zu einer verbesserten Geld- und Haushaltspolitik führen, obwohl dies natürlich alles andere als sicher ist. China mit einem ehrgeizigen Reformplan China, die langjährige «Werkbank» des Westens, ist ein Sonderfall. Nach einem rasanten Anstieg der Investitionen und einem schuldengetriebenen Wachstum seit 2009 möch-

te das Land zu einem ausgewogeneren Modell übergehen und sich zunehmend den Marktkräften stellen. Umfassende Massnahmen in den Bereichen Renten und Landbesitz, Zinsund Währungsliberalisierung, Korruptionsbekämpfung und Förderung der Rechtsstaatlichkeit sollen das Wachstums­ potenzial anheben und nachhaltig machen. Wie immer ist die Umsetzung der springende Punkt, und der Einfluss mächtiger Interessengruppen ist nicht zu unterschätzen. Waghalsige Politik der USA ohne Folgen Trotz den erbitterten politischen Hahnenkämpfen in den Vereinigten Staaten zwischen Demokraten und Republika­ nern über den Haushalt und die Schuldenobergrenze gehen wir davon aus, dass die US-Wirtschaft 2014 an Fahrt gewinnt und um 2.9% wachsen wird (2013: 1.8%). Der Nachhol­ bedarf an Wohnraum und Fahrzeugen dürfte den Aufschwung weiter stützen, während die Unternehmen wohl endlich ihre Investitionsausgaben erhöhen werden. Dies sollte die Beschäftigung und die Erholung ankurbeln. Darüber hinaus dürfte die boomende Förderung von Öl und Gas aus Schiefergestein und aus der Tiefsee im Golf von Mexiko die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft dank niedrigeren Energie­ preisen deutlich verbessern. Unseres Erachtens werden sich in den nächsten Jahren die USA sowie Kanada und Mexiko als treibende Kräfte für die Weltwirtschaft herausstellen. Aktien dürften Hausse fortsetzen Die Aktienmärkte haben sich 2013 sehr gut behauptet, wobei die meisten Gewinne auf verbesserte Bewertungskennzahlen zurückzuführen sind, das heisst hauptsächlich auf einen Anstieg der Aktienkurse, nicht auf höhere Unternehmensgewinne. Die Nullzinspolitik und die Liquiditätsspritzen («quantitative easing») der Zentralbanken, die über alle Fälligkeiten hinweg einen Abwärtsdruck auf die Zinsen ausüben, lassen den Anlegern auf der Suche nach Renditen keine andere Option, als die Risiken zu erhöhen. Ein solches Umfeld begünstigt hohe Bewertungen, möglicherweise Anlageblasen. Wir bleiben bezüglich eines weiteren Anstiegs der Aktienmärkte im Jahr 2014 zuversichtlich, sind uns jedoch bewusst, dass die Bewertungen, absolut gesehen, nicht mehr attraktiv sind. Solange jedoch keine wirkliche Alternative zu Aktien vorhanden ist, stellt dies kein Problem dar. Allerdings werden die Verringerung der Anleihenkäufe durch die US-Notenbank und letztlich höhere Zinsen in den USA für die Hausse, die im März 2009 begonnen hat, der Härtetest sein. < Dieser Beitrag spiegelt den Informationsstand von Februar 2014 wider.

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Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff ist Psychologe und Hochschullehrer. Seit 1992 leitet er den Lehrstuhl für Sozialpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Zu seinen Interessenschwerpunkten zählen hilfreiches Verhalten, enge Beziehungen, Fairness sowie Gerechtigkeit. Zu seinen zahlreichen Publikationen gehören sowohl Nachschlagewerke als auch Fachveröffentlichun­gen, unter anderem zu den Themen Zivilcourage, Narzissmus, Stress oder Solidarität im Zeitalter der Globalisierung.

Mut ist ansteckend. Interview mit Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff Der Mut hat viele Gesichter. Jeder Mensch nimmt ihn im Alltag anders wahr. Den einen verschliesst er sich, den anderen fällt der Zugang leicht. Warum­ ist das so? Was ist Mut überhaupt? Professor Hans-Werner Bierhoff lehrt So­ zialpsychologie an der Ruhr-Univer­ sität in Bochum. Er befasst sich seit vielen Jahren mit dem Phänomen Mut und weiss vieles über seine theoretischen und praktischen Facetten. Herr Professor Bierhoff, sagen Sie uns: Was ist Mut? Mut ist eine menschliche Stärke, die sich nach drei Aspekten differenzieren­ lässt: physisch, moralisch und psychologisch. Schon die griechischen Philosophen Sokrates, Platon und Aristoteles haben sich mit dem Thema befasst. Der moralische Mut umfasst, dass man sich an die Wahrheit hält und für die eigenen Überzeugungen einsteht. Physischer Mut kommt in der Tapferkeit zum Ausdruck, wie sie etwa Feuerwehrleute zeigen, die einen gefährlichen Brand bekämpfen. Ein weiterer Bereich, der ursprünglich im Bereich der Psychotherapie genannt wurde, betrifft den psychologischen Mut, der die Überwindung der eigenen Angst durch Entschlossenheit und Beharrlichkeit trotz widrigen Umständen bedeutet. 20

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Ist Mut vor allem in Gefahren- und Angstsituationen gefordert? Nicht ausschliesslich. Mut kann a­­ uch in ganz einfachen Alltagssituationen erforderlich sein. Soll der Abteilungslei­ ter dem folgen, was die populäre Meinung ist, oder soll er seiner persönlichen Einschätzung den Vorrang geben? Soll sich die Lehrerin für das Wohl ihrer Schüler einsetzen oder Dienst nach Vorschrift machen? Nebst dem moralischen Mut kann psychologischer Mut gefordert sein, wenn die Gesundheit durch eine Krankheit bedroht ist oder Stress in Kauf genommen wird, um ein höheres Ziel zu erreichen. Es erfordert Mut, wenn ein Patient eine Schlangenphobie überwindet, indem er eine Schlange anfasst. Tendiert moralischer Mut häufig zu einem Verhalten, das wir als heldenhaft oder doch als aussergewöhnlich empfinden? Mut kann durchaus Handlungen auslösen, die von der Gesellschaft als Heldentaten angesehen werden und die über den Tag hinaus Bedeutung erlangen. Aus der Zeitgeschichte sind viele Beispiele für ungewöhnlichen Mut bekannt. Dazu zählen Mahatma Gandhi und Nelson Mandela, die ihre demo­ kratischen Überzeugungen trotz grossen Widerständen in der Öffentlichkeit vertreten haben. Moralischer Mut wurde während der NS-Zeit in beeindrucken-

der Weise von vielen stillen Helden unter Beweis gestellt und zeigt sich ganz generell auch in der Zivilcourage, die sich gegen Gewalt und Ungerechtigkeit richtet. Insofern ist moralischer Mut keine extreme Ausnahme, sondern wird zu allen Zeiten immer wieder unter Beweis gestellt. Wie und wo kommt der psychologische Mut ins Spiel? Psychologischer Mut kann erforderlich sein, um ganz persönliche Schwächen zu meistern, oft ohne dass dies von anderen bemerkt wird. Beispiele sind Flugpassagiere, die trotz Flugangst ein Flugzeug betreten. Oder Redner, die trotz ihrem Lampenfieber einen Vortrag vor einem grösseren Publikum halten. Wer diesen Mut nicht aufbringt, bleibt verängstigt zurück und leidet unter seinen Unsicherheiten. Wer sich mutig zeigt, kann Herausforderungen aus eigener Kraft bewältigen und wird mit einem Gefühl der Erfüllung belohnt. Psychologischer Mut kann auch erforderlich sein, um ein hohes Leistungsziel anzustreben oder eine bedeutende Erfindung in Angriff zu nehmen. Mut scheint eine individuelle Eigenschaft zu sein. Kann sich individueller Mut auch auf andere übertragen? Wenn es um eine mutige Handlung geht, die anderen Menschen, die sich in einer Notlage befinden, aus dieser


© Thomas Schweigert, 13photo

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© Ullstein

Notlage befreit oder sie lindert, entsteht das Gefühl der moralischen Erhöhung. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Person Zivilcourage zeigt. Sie wird damit zum Vorbild für andere, die sich davon inspirieren lassen, in ähnlicher Weise Mut zu zeigen. Vorbilder üben einen grossen Einfluss auf die Bereitschaft von Beobachtern aus, sich ebenfalls mutig zu verhalten. In diesem Sinn breitet sich Mut unter den Anwesenden aus, wenn einer das Vorbild dafür abgibt. Hat das Individuum ein Eigeninteresse, mutig zu sein? Ja, durchaus. Mut zu zeigen, schafft eine Art Erfüllung, weil wir uns gut fühlen, wenn wir das Richtige getan haben. Diese Erfahrung entsteht, wenn man die eigenen Bedenken und Ängste überwindet. Das Erleben von moralischer Erhöhung kommt zustande, wenn man selbst oder wenn andere ein mutiges Engagement gezeigt haben, das in Übereinstimmung mit moralischen Massstäben steht. Solche Handlungen können für andere, die davon hören oder darüber lesen, moralische Vorbildfunktion haben. Mutige Taten, über die berichtet wird oder die direkt beobachtet werden, erzeugen ein warmes Gefühl der Bewunderung, weil das Gute im Menschen bestätigt 22

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wird. Das Wissen um den Mut anderer erleichtert es den Beobachtern selbst, die Bedürfnisse anderer Menschen zu beachten. Generell gilt, dass Mut ansteckend ist. Mutige Entscheidungen können vor allem dann eine Inspira­ tion für andere sein, wenn sie die Frage der eigenen Identität und das damit verbundene Selbstwissen ansprechen. Das lässt sich an der moralischen Identität veranschaulichen. Sie ist umso grösser, je zentraler moralische Themen für das Selbstwissen der Person sind. Das hört sich so an, als ob jeder mutig werden kann? Im Prinzip schon. Doch häufig gibt es eine Kluft zwischen guten Absichten und passivem Zurückweichen. Vor allem, wenn es darauf ankommen würde, die guten Absichten in gute Taten umzusetzen. Viele, die mit alltäglicher Gewalt in ihrem sozialen Umfeld konfrontiert werden, möchten dagegen vorgehen, um dann doch das Eingreifen zu vertagen. Viele Erfinder entwickeln im Laufe der Zeit die Absicht, eine Firma zu gründen. Aber wenige setzen diese Absicht um. Durch unzureichende Planung oder geringe Handlungsbereitschaft werden die guten Absichten sehr oft blockiert.

Warum entstehen solche Hemmungen? Die Blockade kann zum Beispiel da­ durch zustande kommen, dass andere Menschen zuschauen, wenn der Akteur als Einziger in seiner Umgebung mutig handeln will. Diese soziale Hemmung steht der mutigen Tat im Weg. Dagegen hilft die Auffassung, dass die Person so handeln sollte, wie sie denkt. Wer möchte schon sein Leben lang eine Diskrepanz zwischen den eigenen Einstellungen und dem eigenen Handeln erleben? Solche Diskrepanzen sind irritierend und unterminieren das Gefühl der Person, authentisch zu handeln. Denn im Grunde ist ihr Handeln fortlaufend fremdgesteuert. Um sich aus der Rolle zu befreien, immer nur auf die Erfordernisse der Situation zu reagieren, ohne eigene Vorstellungen verwirklichen zu können, ist Mut erforderlich, das zu tun, was man für richtig hält. Ist es schwer, solche Blockaden und Hemmungen zu überwinden? In der Sozialpsychologie gibt es dafür den Begriff der «Tu es»-Motivation. Diese umfasst die Selbstinstruktion, so zu handeln, wie man handeln möchte. Also das zu tun, was man für richtig hält. Manche Menschen kommen erst spät (oder nie) darauf, dass sie sich selbst in einem positiven Sinn im


Mahatma Gandhi (1869–1948) und Nelson Mandela (1918–2013) bewirkten mit ungewöhnlichem Mut tiefgreifende Veränderungen und wurden damit für viele Menschen weltweit zum Vorbild.

© Reuters

«Mut bedeutet, das zu tun, was man für richtig hält.» Leben verwirklichen können. Entscheidend ist, dass die «Tu es»-Motivation zu einem authentischen Lebensgefühl führt, das durch persönliche Erfüllung gekennzeichnet ist. Möglicherweise lässt sich das Ideal nicht verwirklichen, immer so zu handeln, wie man denkt. Es kann taktisch klüger sein, in bestimmten Situationen zurückzustecken und die vorhandenen Barrieren zu berücksichtigen, weil sie zu hoch sind. Aber was man sicherlich erreichen kann ist, immer öfter so zu handeln, wie es den eigenen Einstellungen und Wertvorstellungen entspricht. Kann man sagen, dass Mut lernbar ist? Für alle drei Varianten von Mut – physisch, moralisch und psychologisch – gilt, dass dem Kompetenzgefühl und der Entschlusssicherheit eine bedeutsame Rolle zukommt. Mit Training erhöht sich die Erfolgswahrscheinlichkeit der mutigen Handlung. Durch wiederholtes Üben wird die Erwartung aufgebaut, eine schwierige Situation beherrschen zu können. Dabei kommt es auf die schrittweise Heranführung an Aufgaben mit immer grösserem Schwierigkeitsgrad an.

gegenüber jeder denkbaren Herausforderung immer entschlossen reagieren. Sondern vor allem in persönlichen Schlüsselsituationen, in denen sie sich besonders gefordert fühlen. So mag sich jemand als Retter besonders hervortun und Tapferkeit beweisen, wenn eine Naturkatastrophe eintritt. Oder jemand ist besonders sensibel für die Benachteiligung von Behinderten und stellt sich entsprechend dagegen, wenn behinderte Menschen diskriminiert werden. Oder eine Person fühlt sich besonders durch schwierige Leistungssituationen herausgefordert, in denen sie das Selbstvertrauen hat, an sich und den eigenen Erfolg zu glauben.

Entsteht in Mutsituationen eine neu­ rologische Stimulation im Gehirn? Diese Frage kann man nur indirekt beantworten, da die Zusammenhänge noch unklar sind. Erkenntnisse über verwandte Phänomene wie Abenteuerlust und Optimismus weisen auf die Rolle von Neurotransmittern hin. Man nimmt an, dass die Veränderung der dopaminergen Gehirnaktivität mit mutigem Verhalten zusammenhängt. Weitere neurologische Prozesse werden Was löst mutiges Handeln aus? vermutet, auch in Abhängigkeit davon, Mutige Menschen werden nicht ob es um physischen, moralischen oder in allen bedrohlichen Situationen und psychologischen Mut geht.

Wie wir alle wissen, gibt es auch ein Zuviel an Mut. Courage kennt für sich genommen keine Rücksicht, was das Risiko angeht. Es gibt zwar keinen Leitfaden für mutiges Handeln, aber einige Grundsätze­ lassen sich schon formulieren. Zum einen ­ kann man sich fragen, ob es sich – a­ n den Werten der Gesellschaft oder an eigenen Werten gemessen – lohnt, mutig zu sein. Oder ob der Anlass trivial und unbedeutend ist. Es ist ausserdem sinnvoll, sich bewusst damit ausein­ anderzusetzen, wie der eigene Mut in privaten oder in öffentlichen Situationen umgesetzt werden kann, ohne dass es zu Gefährdungen oder vermeidbaren Fehlern und Rückschlägen ­kommt. Insofern geht es um kalkulierten Mut, der sich als vernünftige Richtschnur für das eigene Handeln verstehen lässt. Von blindem Mut raten Sie ab? Blinder Mut entsteht immer aus einer impulsiven Reaktion heraus. Das ist in der Regel eher kontraproduktiv. Mut setzt überlegtes Handeln im Sinne einer Risikoabwägung voraus. Es geht darum, unter den zur Verfügung stehenden Alternativen die zu finden, die das geringste Risiko aufweist, gleichzeitig aber effektiv für die Umsetzung der mutigen Entscheidung ist. < Vontobel Porträt 2014

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Georg Schubiger leitet seit 2012 das Private Banking und ist Mitglied der Gruppenleitung von Vontobel. Zuvor bekleidete er während zehn Jahren Führungsfunktionen bei der Danske Bank in Kopenhagen und der Sampo Group in Helsinki. Er studierte Finanz- und Rechnungswesen (lic. oec.) an der Universität St. Gallen und Politikwissenschaften (MA) am College of Europe in Brügge.

Investieren braucht Mut. Georg Schubiger Leiter Private Banking Erfolgreiches Investieren braucht mehr Mut als auch schon. Mit der gestiegenen Dynamik der Finanzmärkte ist die private Vermögensbildung für Anleger komplexer und die damit verbundenen Entscheidungen sind risikoreicher geworden. Denn wenn das anspruchsvolle Marktumfeld der letzten Jahre eines gezeigt hat, dann sicherlich dies. So hat zum Beispiel die massive Schuldenkrise vieler Staaten vermeintlich sichere Anleihen zu Risikopapieren werden lassen. In Kombination mit den tiefen Zinsen wurden so konservative Anlagestrategien geschwächt oder gar ins Gegenteil verkehrt. Investoren stehen heute vor ganz neuen Herausforderungen Die Globalisierung, welche die Märkte in einem unvorstellbaren Masse durchdringt und ständig neue Interdependenzen schafft, lässt Komplexität und Abhängigkeiten der Volkswirtschaften untereinander stark ansteigen. Die damit einhergehende immer stärkere internationale Vernetzung führt ausserdem zu einer immer grösseren Informationsdichte. Parallel dazu beschleunigen neue digitale Techniken sowohl den Nachrichtenaustausch als auch die Transaktionsmöglichkeiten und -geschwindigkeiten enorm. Die Markt­ akteure stehen deshalb vor der immer anspruchsvoller werdenden Aufgabe, Informationen schnell zu verarbeiten und richtig zu interpretieren. Kurzum: den Überblick zu behalten und fokussiert zu bleiben. Auch sei an dieser Stelle die in diesem Ausmass noch nie dagewesene Beeinflussung der Märkte durch Politik und Notenbanken in den bedeutenden Wirtschaftsregionen zu nennen. Das macht es für den Anleger nicht einfacher, zumal viele dieser Massnahmen und Ankündigungen an den Märkten 24

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kurzfristig hohe Volatiliäten auslösen und Investoren verunsichern. Dadurch ist in den letzten Jahren eine zufriedenstellende Diversifikation im Portfolio schwieriger geworden. Denn die weltweiten Märkte sind heute so stark vernetzt, dass die Korrelationen zwischen den diversen Anlageklassen Extremwerte erreicht haben. Die individuelle Risikoanalyse ist entscheidend Wer vor diesem Hintergrund sein Vermögen schützen oder mehren will, kann sich diesen Veränderungen als Privatanleger und Investor nicht entziehen. Denn die skizzierten Entwicklungen bringen Chancen, aber auch erhebliche Risiken mit sich. Sie erfordern eine noch tiefere Analyse der individuellen Ziele, der Risikobereitschaft und Risikofähigkeit sowie beherzte Anlageentscheidungen. Das ist der Grund, weshalb wir sagen, dass investieren Mut braucht.


Für viele Menschen hat Mut mit Emotionen und Gefühlen zu tun. Bei Anlage- und Investitionsentscheidungen sind die beiden ganz entscheidenden Aspekte Risikobereitschaft und Risikofähigkeit. Die Risikofähigkeit jedes Portfolios lässt sich objektiv bestimmen. So betrachtet ist ein Anleger dann mutig, wenn er die Risikofähigkeit seines Portfolios kennt und auch ausschöpft. Dann entspricht die Risikobereitschaft der wirklichen Risikofähigkeit. Übermütig wären jene Anleger, die mit den Investments ihre individuelle Risikofähigkeit erheblich überreizen. Die Erfahrung zeigt, dass Anleger ihre langfristigen Ziele bedeutend besser erreichen, wenn ihre Risikofähigkeit und Risikobereitschaft optimal aufeinander abgestimmt sind. Auf den richtigen Partner kommt es an Dies erfordert einen Partner an der Seite, der in diesem Prozess verantwortungsvoll und vorausschauend berät und begleitet. Denn schliesslich geht um nichts Geringeres als Vermögen zu schützen und zu mehren. Ein Vermögen, hinter dem eine Lebensleistung von einer oder gar mehreren Generationen steht. Umso wichtiger ist es, dass sich Kunden gut überlegen, wer für diese Aufgabe der richtige Partner ist. Denn schliesslich geht es darum, bei entscheidenden Vermögensfragen lang­ fristig, professionell und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Also gilt es genau zu prüfen, welche Fähigkeiten und Werte eine Bank für diese anspruchsvolle Aufgabe auszeichnen.

Wir von Vontobel setzen alles daran, dieser passende Partner zu sein. Gemäss unserem Versprechen «Leistung schafft Vertrauen» sind wir dem anspruchsvollen Kunden ein persönlicher und zuverlässiger Berater: •

Ihre Interessen stehen kompromisslos an erster Stelle.

Ihr persönlicher Berater nimmt sich Zeit und kümmert sich um Ihre Anliegen. Er analysiert mit Ihnen eingehend Ihre Ziele, Ihre Risikobereitschaft und Ihre Risikofähigkeit. Er ist für Sie da – im konstanten Dialog.

• Unsere unabhängige Beratung steht für eine optimale Lösung, die konsequent entlang Ihren Bedürfnissen aus gerichtet ist. Für Ihr Vermögen und Ihren Anlageerfolg koordinieren wir das Beste der globalen Investment kompetenz von Vontobel, kombiniert mit modernstem Risikomanagement. •

Aktives Investieren mit erstklassigen Investmentideen gehört zu unseren Stärken. Mit massgeschneiderten Lösungen zur Ertragsoptimierung und Risikosteuerung schaffen wir finanziellen Mehrwert für unsere Kunden.

Unser Ziel ist es, gerade vor dem Hintergrund des anspruchsvollen Marktumfelds, Ihre Erwartungen zu übertreffen und damit eine langfristige und zukunftsfähige Beziehung aufzubauen. <

«Risikofähigkeit und Risikobereitschaft müssen harmonieren.»

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Von der Zuversicht des Gelingens. Dr. Hans Vontobel Ehrenpräsident «Tausend Dinge gehen vorwärts; neunhundertneunundneunzig zurück. Das ist Fortschritt.» Der Gedanke gefällt mir aus drei Gründen: Er stammt erstens vom Genfer Philosophen Henri-Frédéric Amiel (1821–1881), einem klugen Kopf aus jener Stadt, in der ich 1942/43 mein Lehrund Wanderjahr als junger Bankier verbracht habe. Der Gedanke ist zweitens unaufgeregt pragmatisch und von jener Nüchternheit, die man wohl zu Recht mit den Genfern und Schweizern in Verbindung bringt. Und drittens weist Amiels Gedanke darauf hin, dass in jeder Gesellschaft um den Fortschritt gerungen werden muss. Ohne Mut kein Fortschritt. Wie ein Beispiel aus meiner Heimatstadt zeigt, bewies Zürich 1856 diesen Mut zum Fortschritt. Damals nahm die Stadt gegen den Widerstand vieler Bürger die Gasbeleuchtung in Betrieb, die auf einen Schlag das Dunkel aus Strassen und Plätzen vertrieb. Den Fortschrittsgegnern gefiel das nicht. Doch die Gasbeleuchtung machte die Nacht nicht zum Tag, wie sie befürchteten. Vielmehr zeigte sich, dass das Licht einen Zugewinn an Sicherheit und Komfort brachte. 1881 richteten die Gasaktiengesellschaft und die Stadtbehörden eine Feier zum 25-jährigen Bestehen der Gasbeleuchtung aus. Der Direktor der Betreibergesellschaft freute sich, dass man die Petroleumbeleuchtung wohl bald ganz aus dem Felde schlagen werde, und fügte hinzu: «Den zweiten Concurrenten, das elektrische Licht, haben wir für unsere Verhältnisse in Zürich nicht zu fürchten. Ich möchte bezweifeln, dass es jemals der Gasbeleuchtung ernstlich Concurrenz bestreiten wird.» Der Direktor irrte. Zwar hielt sich die Gasaktiengesellschaft noch einige Jahre im Geschäft. Doch je billiger der Strom und je leistungsfähiger die elektrischen Lampen wurden, desto rapider verschlechterten sich die kommerziellen 26

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Aussichten der Gasbeleuchtung. Wäre der Direktor 1881 wagemutiger gewesen und hätte er rechtzeitig diversifiziert, so wäre der Weg ins 20. Jahrhundert für sein Unternehmen zum Erfolg geworden. Doch mit dem Festhalten an einer Technik, die schon bald nicht mehr wettbewerbsfähig war, geleitete er die Gasaktiengesellschaft in eine Sackgasse, aus der sie nicht mehr herausfinden sollte. Warum erzähle ich diese Geschichte? Weil sie exemplarisch zeigt, dass der Fortschritt seine unberechenbaren Seiten hat. Der Zürcher Gaswerkdirektor lag nicht falsch, wenn er von der Qualität der Gasbeleuchtung überzeugt war. Handwerklich technisch war dies tatsächlich eine äusserst solide Beleuchtungsart. Doch dem Direktor fehlte die Phantasie, um das viel grössere Potenzial der elektrischen Beleuchtung richtig einzuschätzen. Und er konnte sich nicht vorstellen, dass das Tempo des Fortschritts die Übervorsichtigen manchmal für immer abhängt. Grosse Umbrüche gibt es zu allen Zeiten und in allen Branchen. Derzeit auch im Banking. In Zeiten des Wandels sind es nicht immer die Akteure, welche die Taktgeber sind. Oft kommen die Eruptionen von aussen und zwingen die Verantwortlichen eines Unternehmens, sich damit auseinanderzusetzen. Die Sachzwänge sind gross, die Zeitfenster, in denen die Anpassungen vor sich gehen müssen, sehr eng und die strategischen Herausforderungen enorm. In solchen Situationen zeigt sich die wahre Lebens- und Innovationskraft eines Unternehmens. Das Jahrhundert im Blick Meine 97 Jahre sind kein Verdienst, sie sind ein Glück. Sie erlauben mir, Erfahrungen weiterzugeben, die ich mir in vielen Jahrzehnten aneignen durfte. Der weite Blick zurück hat zur Folge, dass ich von aktuellen Geschehnissen selten fundamental überrascht werde. Zwar wiederholt sich die Geschichte nicht, aber viele Muster bleiben sich über die Zeit


doch sehr ähnlich. Beispielsweise durchläuft der wirtschaftliche, technische und kulturelle Fortschritt fast immer drei Phasen. Zunächst ist er umstritten und wird in der ersten Phase von den einen euphorisch herbeigewünscht und von den andern verbissen bekämpft. Hat sich der Fortschritt durchgesetzt, wird er in der zweiten Phase zu einer Selbstverständlichkeit. Alle nutzen und geniessen ihn, niemand hinterfragt ihn. In einer dritten Phase, wenn der Lebenszyklus einer Innovation erschöpft ist oder sich ihrem Ende nähert, wird sie merkwürdigerweise wieder für viele zum Feindbild. Alles, was davor gut war, wird nun konsequent übersehen und verdrängt. Dieses Muster spielt in vielen Bereichen. Das hat vor 125 Jahren die Zürcher Gasbeleuchtung erfahren, und das erfährt heute der Flugverkehr, das Automobil, die Gentechnik, die Lebensmittelindustrie, die Rohstoffunternehmen oder sogar die Schulmedizin. Je mehr Krankheiten nämlich die Medizin

überwindet, desto grösser wird in Teilen der Gesellschaft die Neigung, die Medizin selber zur Krankheit zu erklären. Auch wenn ich dies feststelle, macht es mich deswegen­ ­nicht zum Pessimisten. Im Gegenteil: Widerstände und Reibungen sind immer ein Ansporn, etwas neu zu denken, zu verändern oder nach Alternativen zu suchen. Jeder, der Verantwortung trägt, weiss, dass man auf lange Sicht nicht g ­ egen grosse Teile der Gesellschaft Erfolg haben kann. Dennoch erlauben es die grossen Herausforderungen unserer Zeit nicht, dass wir die Hände in den Schoss legen und einfach warten, bis sich der Nebel verzogen hat. Neue Herausforderungen verlangen nach neuem Mut und neuer Zuversicht. Wenn wir den Mut aufbringen, nach nüchterner und vollständiger Klärung unserer Möglichkeiten das Gute und Vernünftige zu wagen, stellt sich auch die Zuversicht auf das Gelingen ein. Davon bin ich zutiefst überzeugt. <

«Ohne Mut kein Fortschritt.»

Dr. Hans Vontobel studierte an der Universität Zürich Rechtswissenschaften. Während Jahrzehnten leitete er die Geschicke der Bank Vontobel. Heute ist der 97-Jährige Ehrenpräsident des Verwaltungsrats.

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Oliver Keller ist einer der gefragtesten Stuntmen in Hollywood. Nach dem Abschluss der Stuntschule startete er seine Karriere in Produktionen in Deutschland und der Schweiz. 1999 übersiedelte er nach Los Angeles, wo er immer noch mit seiner Familie lebt. Seinen Durchbruch in Hollywood schaffte er 2002 als Doppelgänger von Joe Manganiello im Blockbuster «Spiderman». Heute doubelt er nicht nur internationale Stars, sondern fungiert als Stuntkoordinator und schreibt Drehbücher. Ausserdem ist er Geschäftsführer der führenden Schweizer Stuntschule KStunts und einer der Cheftrainer der Schweizer Stuntschule Stuntsquad.

Wenn Planung wichtiger ist als Mut. Interview mit Oliver Keller Aus schier unglaublicher Höhe stürzt sich der Held im Film mutig in die Tiefe. Doch meist ist es nicht der Filmstar selbst, der das Wagnis auf sich nimmt, sondern ein Stuntman wie der Schweizer Oliver Keller, der in Hollywood zu den begehrtesten Doubles gehört. Im Interview erzählt er von seinem Berufsalltag und wie er mit Risiken umgeht. Stuntman ist kein alltäglicher Beruf. Wie sind Sie dazu gekommen? Als ich sieben Jahre alt war, zappte ich zufälligerweise im Vorabendprogramm in die amerikanische TV-Serie «Ein Colt für alle Fälle», eine Kultserie der 80er Jahre über einen Stuntman, der nebenher als Kopfgeldjäger arbeitet. Mich hat aber nicht die eigent­ liche Handlung gefesselt, sondern die Actionszenen. Von da an war klar, was ich werden wollte. Alle hielten dies ­für einen kindlichen Traum. Bis auf meine­ Mutter. Sie nahm mich ernst und schickte­mich mit 17 auf eine Stuntschule. Was an der Meinung meines Umfelds erst mal nichts änderte. Selbst der Berufsberater hat mich damals ausgelacht: «Das kannst du gleich vergessen! Lern einen richtigen Beruf!» Ich kann mit Stolz sagen, dass ich mein Ziel trotzdem nie aus den Augen verloren habe. Heute drehe ich mit 28

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Stuntlegenden wie Tim Gilbert, der seinerzeit den Hauptdarsteller von «Ein Colt für alle Fälle» doubelte. Waren Sie ein mutiges Kind bzw. Jugend­licher? Mutig? Ich weiss nicht. Ich war aber sicher ein extrem sportliches Kind. Ich bin viele BMX-Rennen gefahren und war im «Züri Leu»-Junioren-Skiteam. Als Teenager habe ich mich dann für Filme und Filmer zu interessieren begonnen. Ich wurde zu einem regelrechten Filmfreak. Braucht man als Stuntman überhaupt Mut? Es ist wichtig, ja überlebenswichtig, in heiklen Situationen ruhig und konzentriert zu bleiben. Denn egal, ob man aus einem Helikopter auf einen fahrenden Zug springt, komplett in Flammen aufgeht oder mit 100 km/h über eine Rampe fährt: Der kleinste Fehler kann fatale Folgen haben. Planung ist wichtiger als Mut. Welche Menschen finden Sie mutig? Mutig finde ich Feuerwehrleute, Bomben-Räumkommandos, Spezialeinheiten der Polizei oder Navy Seals. Diese Menschen riskieren ihr Leben für andere. Sie lassen sich auf Situationen ein, ohne zu wissen, wie sich diese entwickeln. Die Gefahr ist ihr permanenter Begleiter, und sie haben keinen

doppelten Boden. Die Unsicherheiten in meinem Beruf hingegen sind abschätzbar. Man muss sie nur kennen und sich vorbereiten. Und für den Fall, dass bei der Show mal etwas schiefgeht, einen Backup-Plan im Kopf haben. Stuntmen sind harte Kerle. Wann werden Sie weich? Dass Stuntmen harte Kerle sind, halte ich für ein Klischee. Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen. Auch ich. Meine siebenjährige Tochter kennt meine Schwächen bestens und weiss, wie sie sie ausnutzen kann. Hat Ihre Familie Angst um Sie? Nein, meine Familie hat keine Angst um mich. Sie vertraut meinen Fähigkeiten und kennt meine Arbeitsweise. Ich bin nun seit über 20 Jahren in der Branche tätig, und verglichen mit anderen Stuntmen hatte ich nur wenige Verletzungen. Was ist ein einfacher Stunt, und wann wird es wirklich schwierig? Einen einfachen Stunt gibt es schlichtweg nicht. Ein Beispiel: Ich sollte mich in einer TV-Show mit einem Schauspieler zum Schein prügeln. Eine klassische Szene, wie man sie aus vielen Filmen kennt. Normalerweise sind die Bewegungen optimal synchronisiert. Man berührt sich eigentlich nicht, und entsprechend sollte der Fausthieb mich


© Serge Höltschi, 13photo

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nicht treffen. Tat er aber doch – und mein Auge wurde sofort blau. Ich hatte aber noch einen weiteren Dreh vor mir. Haben Sie einen Stunt schon mal nicht gemacht bzw. eine Idee für einen Stunt abgelehnt? Ich erinnere mich nur an einen Stunt, den ich verweigert habe. Stuntszenen werden oft erst am Ende eines Drehtags durchgeführt. Wir sollten in einem Geländewagen mit hoher Geschwindigkeit über eine Rampe fahren und anschliessend mit einem Wohnmobil zusammenstossen. Schon sehr spät in der Nacht sagte uns der Produzent, dass noch 30 Minuten bis zum Morgengrauen bleiben und die Szene davor im Kasten sein müsse. Für mich zu wenig Zeit für einen seriösen Stunt, was ich dem Produzenten auch mitteilte. Glücklicherweise war der Mann ein Profi. Er diskutierte nicht lange und sagte nur: «Safety first, man! Whatever you say, we trust you.» In welcher Lebenssituation sind Sie ein Risiko eingegangen? Als ich meine Frau heiratete! (lacht) Die Risiken in meinem Beruf sind auch mit der besten Planung nicht immer zu 100 Prozent voraussehbar. Bei einer Produktion, in der ich Jim Caviezel doubelte, bin ich bewusst ein Wagnis eingegangen. Für die Szene musste ich in einem Kampf rückwärts einen Holzsteg entlanggehen und an dessen Ende in den Fluss fallen. Da wir auf einer Alligatorenranch drehten, fragte­ ich nach, ob es immer noch welche im Fluss hätte. Was bejaht wurde, und man riet mir, mich nach dem Hereinfal-

len nicht zu lange im Wasser aufzuhalten. Ich wollte wissen, wie lange «nicht zu lange» sei. Und er antwortete: «Du fällst rein und kommst sofort wieder raus.» Der Regisseur jedoch bat mich, längere Zeit im Wasser zu verharren. Also trieb ich eine gefühlte Ewigkeit im Fluss, schaute mich ständig um und achtete auf jede Bewegung vor und hinter mir. Glücklicherweise waren die Alligatoren nicht hungrig. Als 24-Jähriger sind Sie 1999 in die USA gegangen, um dort Ihre Karriere fortzusetzen. Hat dieser Schritt viel Überwindung gebraucht? Nein, überhaupt nicht. Ich habe mich sehr gefreut, in die USA auszuwandern. Es war ein Abenteuer und auf jeden Fall ein wichtiger Schritt in meiner Karriere. Welche Hindernisse mussten Sie überwinden, um den eigenen Weg zu gehen? Als ich damals nach Los Angeles zog, musste ich nochmals von vorn anfangen, obwohl ich schon Stunterfahrungen hatte. Ich musste mir ein neues Netzwerk aufbauen und bei der Union Screen Actors Guild of America Mitglied werden. Manche Leute brauchen Jahre, um dort aufgenommen zu werden. Ich schaffte es in sechs Monaten. Danach suchte ich nach einem Agenten, der mich an die Filmproduzenten vermittelt. Dies dauerte weitere zwei, drei Monate. Doch dann nahm mich eine der Besten im Business unter die Fittiche: Michelle Braverman. Klar, finanziell war es für mich sehr hart in den ersten paar Jahren. Aber ich habe mich durchgeschlagen, nebenbei als Chauffeur bei einem

«Dass Stuntmen harte Kerle sind, halte ich für ein Klischee.» 30

Vontobel Porträt 2014

Limousinen-Service gearbeitet und an den grossen Traum geglaubt. Zu Recht, wie ich heute weiss. Sie gehören zu den besten Stuntmen weltweit. Was macht Sie so erfolgreich? Professionalität. Und harte Arbeit, Zielstrebigkeit, Ausdauer und ein starker Wille. Sie stehen nicht nur als Stuntman vor der Kamera, sondern schreiben Drehbücher, koordinieren Stuntaufnahmen und sind Geschäftsführer einer Stuntschule. Wie schaffen Sie das alles? Ich arbeite sehr viel und sehr hart. Und ich habe ein super Team im Rücken, auch in der Schweiz. Doch trotz aller Arbeit steht meine siebenjährige Tochter Geneva an erster Stelle. Sie fährt seit zwei Jahren Gokart-Rennen und gehört zu den Besten – da braucht es Papa fast jedes Wochenende als Teammanager und Mechaniker. Welche besonderen Erinnerungen sind Ihnen seit Beginn Ihrer Karriere hängengeblieben? Ich musste lernen, mit wenig Geld und wenig materiellem Komfort auszukommen. Dabei halfen mir meine Erfahrungen aus der Schweiz. Zu Hause musste ich mein Equipment oft selber basteln. In Los Angeles gibt es Special Effect Shops, die einem die Stuntfahrzeuge präparieren. Ich konnte das selber – und habe dadurch zu Beginn meiner Karriere Geld sparen können. Ausserdem bin ich stolz darauf, dass ich der Erste und bis heute der Einzige bin, der in der Schweiz Stunts anbietet.


© Vera Hartmann, 13photo

© Serge Höltschi, 13photo

Wie der Vater so die Tochter: Oliver Keller und seine Tochter teilen die Faszination für Geschwindigkeit. Ohne dabei die Sicherheit zu vergessen.

Welche Rückschläge haben Sie als Menschen geprägt? «There is no business like show business.» Dies gilt gerade für Hollywood. Jeder im Business erlebt hier Rückschläge. Du fällst hin und stehst wieder auf, machst weiter. Und mit viel Ehrgeiz, Professionalität und Talent gelingt dir das. Gibt es Situationen, die Sie entmutigen? Eigentlich nicht. Man lebt nur einmal und muss alles geben. Beruflich und privat. Für Produktionen wie die TV-Serie «Grimm» oder den Blockbuster «Need for Speed» sind Sie ausserhalb von Europa unterwegs. Drehen Sie ab und zu auch in der Schweiz? Letzten Sommer drehte ich am Verzasca-Staudamm im Tessin. Dort hat sich schon Pierce Brosnan als James Bond für «Golden Eye» in die Tiefe gestürzt. Für das indische Pendant zur amerikanischen Filmwelt – Bollywood – haben

wir hier die finale Action-Szene für «Dhoom:3» gedreht, die teuerste Bollywood-Produktion aller Zeiten. Weil der Drehort in Arizona nicht verfügbar war, schlug ich den Regisseuren diese spektakuläre Kulisse vor. Sie waren so begeistert, dass sie die 80-köpfige Crew einschliesslich Aamir Khan, dem Tom Cruise Indiens, in die Schweiz flogen. Als Stuntkoordinator hatte ich ein Budget von zehn Millionen Dollar zur Verfügung. Ich hoffe, dass ich bald wieder eine ähnlich grosse Produktion in die Schweiz locken kann. Es ist schon spe­ziell, in der Heimat zu drehen. Heute finden Stunts nicht mehr nur tatsächlich statt. Viel wird auch mit Green Screens und mit dem Computer gemacht. Stirbt Ihr Beruf bald einmal aus? Darüber diskutiere ich oft mit Kollegen, die für grosse Blockbuster mit 3-DComputergrafik Filmszenen entwerfen. Sie sind wie ich der Meinung, dass Stuntperformer weiterhin gebraucht werden. Denn aller Technologie zum

Trotz: So richtig echt sieht es nur aus, wenn real gedreht wird. Arnold Schwarzenegger, Jim Carrey, Ashton Kutcher, Sacha Baron Cohen, Joe Manganiello, Jim Caviezel sind nur einige der Stars, die Sie gedoubelt haben. Gibt es einen Schauspieler, für den Sie noch nicht gearbeitet haben, aber den Sie gerne mal in einer Stuntszene vertreten würden? Ich bin sehr dankbar, dass ich an den grössten Filmsets der Welt mit all diesen interessanten Menschen zusammenarbeiten durfte. Mit wem ich gerne noch drehen würde? Spannend wäre es mit Robert Redford, Steven Spielberg oder Mark Wahlberg zu arbeiten. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich dies in absehbarer Zeit realisieren lässt. <

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Axel Schwarzer leitet das Asset Management und ist Mitglied der Gruppenleitung von Vontobel. Bevor er 2011 zu Vontobel stiess, arbeitete er in verschiedenen Führungsfunktionen für die Deutsche Bank in Frankfurt und in New York. Axel Schwarzer studierte in Mainz und in Frankfurt Rechtswissenschaften.

Mut und Investition – ein Widerspruch? Axel Schwarzer Leiter Asset Management Mut und Investition scheinen auf den ersten Blick zwei Begriffe zu sein, die nicht zusammenpassen. Führt man sich aber zusätzliche Aspekte wie Risiko, Dialog und Vertrauen vor Augen, so lassen sie sich doch in Zusammenhang bringen. Wenn es um das eigene Geld geht, ist Wagemut oder «der heisse Tipp» sicherlich die falsche Grundlage, eine Investitionsentscheidung zu treffen. Wenn aber, wie im Leben generell, Mut mit dem Bewusstsein für das Risiko verbunden wird, dann sind wir mitten im Thema. Ist man sich im Klaren, mit welchen möglichen Konsequenzen eine Anlageentscheidung verbunden ist? Das Risikobewusstsein ist die entscheidende Frage, die es in jedem Beratungsgespräch zu erörtern gilt.

«Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit braucht Klarheit.» 32

Vontobel Porträt 2014

Realistisch und offen diskutieren Man kann zwei Arten von Investorengruppen nennen, die den vorher angesprochenen Mut zum Investieren aufbringen müssen: den Privatanleger und den professionellen Vermögensverwalter. Aus Kundensicht beginnt alles mit dem Beratungsgespräch, das Renditevorstellungen, aber auch das Risikobudget festlegen soll. Auch wenn häufig der Wunsch nach einer hohen Rendite ohne Risiko geäussert wird, sollte über realistische Renditeerwartungen gesprochen werden und das mit dem Investitionsentscheid verbundene Risiko thematisiert werden. Mit anderen Worten: Beide Seiten brauchen den Mut zur Klarheit und zum Realitätssinn. Ebenso aufgeschlossen muss über gewünschte Restriktionen diskutiert werden. Denn diese sind nicht immer sinnvoll oder gar schädlich und stehen dann einer sachgerechten Portfoliokonstruktion im Wege. Denn erfahrungsgemäss erschweren Restriktionen wie der Ausschluss ganzer Assetklassen, bestimmter Einzeltitel oder prozentuale Vorgaben häufig die Erreichung des Anlageziels. Auf jeden Fall sollten Einschränkungen im Rahmen der Beurteilung des Gesamtvermögens gesehen und in diesem Zusammenhang optimal berücksichtigt werden. Bei einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in Vermögensfragen ist es entsprechend für alle Seiten wichtig, die Gradlinigkeit zu haben, mit den Konsequenzen und Ergebnissen der Anlageentscheidung konstruktiv umzugehen. Vom Marktwissen profitieren Auf der Seite des professionellen Vermögensverwalters stellt sich die Mutfrage in einer etwas anderen Konstellation. Insbesondere dann, wenn ein aktives Vermögensmanagement gewünscht ist. Für den engagierten Vermögensverwalter geht es um den Mut zur eigenen Überzeugung und


«Zu viele Restriktionen verhindern eine professionelle Portfoliokonstruktion und damit eine gute Wertentwicklung.» darum, eine spezifische Meinung zu Märkten oder Themen zu haben. Anlageentscheidungen, mit dem Konsens gefällt, möglichst nah am Benchmark oder am Index zu sein, bringen meist kein zufriedenstellendes Resultat. Richtig ist, auf Grundlage der eigenen Überzeugungen eine zusätzliche Rendite zu erwirtschaften bzw. das Marktrisiko zu mini­ mieren.

Wir bei Vontobel sind der Überzeugung, dass sowohl die gemeinsame Festlegung eines realistischen Anlageziels, kombiniert mit der Festlegung des Risikobudgets, als auch eine möglichst restriktionsfreie Anlagepolitik der Grundstein für eine erfolgreiche Vermögensverwaltung ist. Dann sollte der Mut zum Investieren von Erfolg gekrönt sein. <

Eine ausgewogene Diskussion über Assetklassen, Portfoliokonstruktion und Risikobudget sollte das Kernstück ­jedes Beratungsgesprächs sein. Die gemeinsame Evalua­tion dieser Punkte ist eine relativ einfache, aber wesentliche Voraussetzung für eine Zusammenarbeit, bei welcher der Kunde seinem Vermögensberater das Vertrauen für eine erfolgversprechende Zusammenstellung des Portfolios schenkt. An einem Beispiel illustriert: Im Gourmetrestaurant lässt man sich meist auch nur bezüglich der optimalen Zusammenstellung von Speisen und Wein beraten. Und geht nicht in die Küche, um dem Koch zu sagen, wie er kochen soll.

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Roger Studer leitet seit 2008 das Investment Banking und ist Mitglied der Gruppenleitung von Vontobel. Er arbeitet seit bald 25 Jahren in leitenden Positionen für Vontobel. Weitere Erfahrungen in Führungsfunktionen sammelte Studer bei der DG Bank, ABN Amro und bei Swiss Life. Roger Studer erwarb einen M.B.A. Rochester-Bern.

Neue und unkonventionelle Wege gehen. Roger Studer Leiter Investment Banking Es erfordert Mut, neue Wege einzuschlagen. Mut ist die Grundlage für das Auslösen der für den Fortschritt notwendigen Impulse. Mit mutigen Handlungen ist aber auch ein gewisses Risiko verbunden. So strebt man nach einem Ziel mit dem Wissen, dass es nicht leicht sein wird, es zu erreichen. Dies lässt sich auf viele verschiedene Lebensbereiche übertragen – zum Beispiel auf Geldanlagen. Sie sind grundsätzlich mit einem mehr oder weniger ausgeprägten Risiko behaftet. Unabhängig von der persönlichen Risikoneigung ist der Kauf eines Finanzprodukts – von der zuvor notwendigen Analyse und Bewertung einmal abgesehen – immer mit einer Portion Mut verbunden. Die Zukunft kann man nicht vorhersehen, und zum Investitionszeitpunkt lässt sich folglich nicht mit Sicherheit sagen, ob die Anlage von Erfolg gekrönt sein wird. Visionen umsetzen, an Strategien festhalten Ähnlich ist es bei unternehmerischen Entscheidungen. Um die Wettbewerbssituation langfristig zu stärken, gehören 34

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strategische Entscheide und Investitionen zum Alltag. Künftige Marktsituationen werden antizipiert, die Entwicklungen lassen sich aber in einem dynamischen Umfeld nicht mit Sicherheit vorhersagen. Es genügt jedoch nicht, starke Visionen zu haben und gute Ideen zu entwickeln. Um neue Wege zu gehen, muss man den Mut und die Beharrlichkeit haben, sie umzusetzen. Unkonventionelle Wege zu gehen, bedeutet nicht, unvorsichtig zu werden und etwas leichtsinnig zu riskieren. Vielmehr sollte jeder unternehmerische Gedanke wohlüberlegt sein, die Bildung einer konkreten Markterwartung ist daher unerlässlich. Dies gilt auch für die Finanzbranche, die sich in einem schwieriger werdenden Umfeld bewegt und ihre Geschäftsmodelle immer wieder überdenken muss. Es gehört Mut dazu, aufkommende regulatorische Standards auch als Chance zu begreifen und die eigene Position in diesen Bereichen zu stärken bzw. Nischen dort zu besetzen, wo sich andere zurückziehen. Mutig ist auch, wenn man in schwierigeren Zeiten an gesetzten Strategien und Fokusmärkten festhält, gleichzeitig auf anspruchsvoller werdende Kundenbedürfnisse reagiert und gegebene Leistungsversprechen einhält.


So hat Vontobel bereits im Jahr 2008 die strategischen Weichen für den weiteren Ausbau des US-Geschäfts gestellt. Mit einem durch die amerikanischen Behörden lizenzierten Unternehmen werden Privatkunden betreut. Das sich verändernde regulatorische Umfeld Amerikas stellte Finanzinstitute damals vor grosse Herausforderungen. So erforderte es aus Sicht von Vontobel eine sorgfältige Analyse und Mut, eine qualifizierte Kundenbetreuung von US-amerikanischer Kundschaft in nachhaltiger Weise und entgegen dem Trend zu etablieren. Es ist verständlich, dass die Entscheidung sorgfältig abgewogen wurde. Die heutigen starken Wachstumsraten zeigen, dass sie richtig war. Bewährtes auch hinterfragen Um im Wettbewerb zu bestehen, reicht es nicht, auf ausschliesslich geebneten Pfaden zu wandern und damit immer nur den einfachen Weg zu gehen. Strebt man nach einer Vorreiterrolle bzw. einer starken Marktpositionierung, so sollte man derjenige sein, der den Markt «formt». Dabei handelt es sich nicht nur um neue, sondern auch unkonventionelle Wege. Zu Mut gehört daher, Bestehendes und Bewährtes zu hinterfragen, etwas anders zu machen als die anderen und über die stetige Entwicklung neuer Alleinstellungsmerkmale nachhaltigen Mehrwert für Kunden zu schaffen. Eine gelungene Marktpositionierung sowie das Timing sind dabei ausschlaggebend für den Erfolg. Dazu ist es oft erforderlich, das Angebot sowie Geschäftsprozesse anzupassen. Investitionen in Know-how, Talente und Systeme bleiben in der Regel nicht aus, und anti­zyklisches Handeln ist nicht selten. Mit neuen Geschäftsmodellen können beispielsweise auch ein massiver Aufbau hochtechnischer Infrastrukturmodelle, fixe Kosten und letztlich grosse Risiken verbunden sein. Unkonventionell denken, anderen vertrauen Vontobel ist bekannt für Innovationen, die nachhaltigen Mehrwert in Form von Produkt- und Prozesslösungen schaffen. Ein gutes Beispiel dafür ist deritrade®, die von Vontobel geschaffene Emissionsplattform für strukturierte Produkte, die zunächst nur für den unternehmensinternen Gebrauch entwickelt wurde. Im Jahr 2008 wurde sie schliesslich auch anderen Finanzintermediären angeboten. Die Idee: Finanzdienstleistern sollte ein Werkzeug an die Hand gegeben werden, mit dem sie individuell angepasste Anlagelösungen selbständig und in Echtzeit für ihre Kunden erstellen und abschliessen können – sogar direkt während eines Beratungs-

gesprächs. Die Marktakzeptanz des neuen Geschäftsmodells war zum Zeitpunkt der Lancierung ungewiss, und die strategische Entscheidung erforderte Mut. Es zeigt sich jedoch auch hier, dass es sich gelohnt hat, für eine Überzeugung einzutreten. So sind die Erwartungen gar übertroffen worden: Vontobel gehört heute zu den Pionieren, wenn es um vollintegrierte Multi-Issuer-Plattformen im Bereich der strukturierten Produkte geht. Über 4000 User in Europa und Asien nutzen Vontobel deritrade® mittlerweile aktiv, um selbständig passende Anlagelösungen für ihre Kunden zu schaffen. Das Geschäftsmodell Vontobel deritrade® bindet Finanz­ dienstleister aktiv in die Produktentwicklung ein. Damit gibt Vontobel wichtige Prozessschritte und einen Teil der Kontrolle über die Produktentwicklung aus der Hand. So wird das Kundensegment der Finanzdienstleister als Partner und festes Element in der Prozesskette begriffen – ein unkonventioneller Ansatz, der Mut erfordert. Die Vorteile sind offensichtlich: Finanzdienstleister können ihre Prozesse effizienter gestalten und sich gleichzeitig stärker auf ihre Kernkom­ petenz, die Kundenberatung, konzentrieren. So ermöglicht deritrade® eine hohe Beratungsqualität und vereinfacht dank «Industrialisierung» wichtiger Elemente der Wertschöpfungskette die Prozesse. Für Überzeugungen eintreten Vontobel deritrade® hat sich zu einer «Multi-Issuer-Plattform» und somit auch zu einer interessanten Vertriebsalternative für andere Emittenten entwickelt. Drittemittenten werden Zug um Zug integriert, somit kann der deritrade®-Nutzer auf das Angebot verschiedener Anbieter zugreifen und die für seinen Kunden optimale Lösung mit den besten Konditionen realisieren. Für Kunden bedeutet dies echte Transparenz, für die integrierten Anbieter Chancengleichheit. Mit anderen Worten: Es setzt sich jeweils der Emittent durch, der den grössten Kundennutzen stiftet. Hinter dem deritrade®-Konzept steht somit ein weiterer mutiger Gedanke: Vontobel begreift Mitbewerber als Partner. Dies macht es letztlich möglich, auf vermögende Privatkunden ausgerichtete strukturierte Produkte ins Leben zu rufen, die perfekt auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten sind. Letztlich entspricht dies der grundsätzlichen Vision von Vontobel, die immer danach strebt, den Kunden die bestmögliche Lösung zu bieten. <

«Gute Ideen gilt es, mit Mut und Beharrlichkeit umzusetzen. » Vontobel Porträt 2014

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Bruno Jochum erwarb nach seinem Studium der Politikwissenschaften in Strassburg und in Paris an der Sorbonne und der Universität Nancy den Master in den Fachbereichen Internationale Beziehungen und Völkerrecht. Seit Juni 2011 ist Bruno Jochum Generaldirektor von Médecins Sans Frontières (MSF) Schweiz. Zuvor war er fünf Jahre als operationeller Leiter der Einsatzzentrale in Genf tätig und zeichnete für die Ausgestaltung der Hilfsprogramme in 21 Ländern verantwortlich.

Zivilcourage statt Mut. Bruno Jochum Zivilcourage und der Wille, sich zugunsten notleidender Menschen einzusetzen, sind zweifellos die wichtigsten Antriebskräfte der Teams von Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) bei ihrer täglichen Arbeit. Häufig höre ich Worte der Anerkennung für diese «grenzenlose» Einsatzbereitschaft. Gerne möchte ich auf weitere Aspekte eingehen, die in meinen Augen besonders bezeichnend für dieses Engagement sind. Mut im Alltag Seit zwölf Jahren arbeite ich für MSF und bin seit 1993 im medizinischen Bereich der humanitären Hilfe tätig, zunächst im Sudan, in Kongo und in Ruanda, später in Iran und in Afghanistan. Bevor ich zum Generaldirektor ernannt wurde, war ich während vieler Jahre als operationeller Leiter der Einsatzzentrale für die Projekte vor Ort zuständig. Unter den Hilfsorganisationen zeichnet sich MSF in meinen Augen durch die Verbindung von wirksamer lokaler Hilfe mit kritischer Reflexion aus. Denn gegebenenfalls geht unsere Organisation auf Distanz zu vorgefassten Ideen in der humanitären Hilfe. Jenseits des Klischees vom physischen Mut der Freiwilligen, also der Gefährdung ihres Lebens, bildet der Wille, zahlreiche Hindernisse zu überwinden und sich mit der Vernachlässigung der Schwächsten auseinanderzusetzen, bei MSF die echte Grundlage des Muts: Nicht aufgeben, sondern erfassen, was eine Hilfsaktion für die Menschen, die selbst den Mut schon verloren haben, erwirken kann. Unsere Teams arbeiten täglich unter schwierigen Bedingungen. Stets mit dem einzigen Ziel, den in Konflikten, Pandemien, Naturkatastrophen und sozialer Ausgrenzung sich selbst überlassenen Menschen Beistand zu leisten. In ­Syrien sind wir zum Beispiel eine der wenigen internationalen Organisationen, die im Norden des Landes arbeiten. Hier sind 36

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bewaffnete Angriffe oft bewusst gegen die Gesundheits­ einrichtungen gerichtet, um die Pflege der Verletzten zu verhindern. Auch im Osten der Demokratischen Repu­blik Kongo­ sind wir seit vielen Jahren tätig. Diese an Bodenschätzen so reiche Region verfügt kaum über medizinische Strukturen, und ihre Einwohner sind andauernden Konflikten und verheerenden Epidemien ausgesetzt. Insgesamt betreiben wir rund 70 Projekte in über 30 Ländern, darunter in so schwierigen Gebieten wie den benachteiligten Vierteln von Tegucigalpa in Honduras oder den Lagern für syrische Flüchtlinge in Libanon und im Irak. Unsere Ärzte, unser Pflegefachpersonal, Hebammen, Logis­tiker, Administratoren, Fahrer, alle unsere Mitarbeitenden setzen sich oft Gefahren aus. Dies im Bewusstsein unserer Charta, nach der «die Mitarbeiter von MSF sich als Freiwillige der Risiken und Gefahren ihrer Einsätze bewusst sind». Diese­ gilt ebenso für das expatriierte Personal aller Nationali­ täten wie für die einheimischen Mitarbeitenden, die im Land des jeweiligen Einsatzes rekrutiert werden. Sie machen über 90 Prozent unserer gesamten Belegschaft weltweit aus. Berichterstattung als zentrales Merkmal von MSF Das Engagement «ohne Grenzen» erschöpft sich nicht darin, durch die Arbeit in gefährlichen Gebieten Risiken einzugehen. Neben der direkten Hilfeleistung braucht es Courage, mit den verantwortlichen Stellen zu verhandeln und öffentlich Stellung zu beziehen. Letzteres macht MSF manchmal auch entgegen der politisch anders lautenden Meinung, aber immer mit dem Ziel vor Augen, das Los der betroffenen Menschen zu verbessern. Man darf nicht vergessen, dass Médecins Sans Frontières 1971 von Ärzten und Journalisten während des Biafra-Kriegs in Nigeria gegründet wurde. Dieser Hintergrund macht den Daseinszweck der Organisation klar. Es geht nicht nur darum,


© Sébastien Agnetti, 13photo

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zu helfen und zu pflegen. Sondern auch darum, über das Los der notleidenden Bevölkerung Bericht zu erstatten, wenn Hilfsleistungen verhindert oder für fremde Zwecke instrumentalisiert werden. Wir melden uns zu Wort, um die Mängel des Hilfssystems zu kritisieren, an vergessene Krisen zu erinnern und die Öffentlichkeit auf fern von den Kameras stattfindende Übergriffe aufmerksam zu machen. Und wir melden uns, wenn die Hilfe dazu missbraucht wird, den politischen Interessen der streitenden Parteien zu dienen.

senkt und Patente freigegeben werden. Gleichzeitig fordern wir die Entwicklung von neuen Behandlungsmitteln gegen tropische Krankheiten wie Buruli-Ulkus, die Schlafkrankheit sowie Kala-Azar und tragen zur Einführung sowohl innovativer Behandlungsstrategien als auch medizinischer Techniken bei. Es ist inakzeptabel, dass diese bei uns glücklicherweise unbekannten Krankheiten in Afrika und anderswo allein deshalb so viele Opfer fordern, weil zu wenig in die Forschung investiert wird.

Im Geiste dieses Berichtens hat MSF-Präsident Dr. Orbinski 1999 in Oslo die Zeremonie zur Verleihung des Friedensnobelpreises als Gelegenheit benutzt, um öffentlich die zeitgleich stattfindende Bombardierung der tschetschenischen Stadt Grosny durch die russischen Streitkräfte anzuprangern.

Die Tätigkeit von MSF ebenso wie unsere Handlungs- und Redefreiheit beruhen im Wesentlichen auf der Grosszügigkeit von Tausenden privater Spender. In der Schweiz unterstützen uns Jahr für Jahr über 200’000 Personen. Dank ihnen verfügt MSF über eine im humanitären Bereich selten vorkommende Autonomie. Sie erlaubt uns, die Einsatzprioritäten, gestützt auf unsere eigenen Einschätzungen und Überlegungen, zu bestimmen. So sind wir in der Lage, uns an den echten ­Bedürfnissen der betroffenen Bevölkerung zu orientieren. Dies unabhängig von der Einflussnahme und den geopolitischen Interessen, die oft mit öffentlichen Geldern verbunden sind.

Aus dem gleichen Grund haben wir seit dem Ausbruch der Krise in Syrien parallel zu unserem medizinischen Einsatz zugunsten der Zivilbevölkerung unablässig die wiederholten Angriffe auf medizinische Einrichtungen und Personal öffentlich verurteilt. Und mangels Einhaltung von Waffenstillständen und fehlendem Ausblick auf eine dauerhafte politische Lösung die Unantastbarkeit von Verletzten, Ärzten und Gesundheitseinrichtungen gefordert. Im Juni 2013 haben wir zudem die internationale Gemeinschaft, insbesondere die in Genf versammelten Geberländer, ersucht, ihre Verantwortung gegenüber den Tausenden von zivilen Opfern wahrzunehmen. Im folgenden August sahen unsere Teams es als ihre ethische Pflicht an, die ihnen direkt zugänglichen Informationen über den Einsatz von Nervengas gegen die Zivilbevölkerung unverzüglich zu veröffentlichen. Wir haben ausnahmsweise dazu aufgerufen, eine rasche internationale Untersuchung der Uno über die Verwendung von Chemiewaffen durchzuführen, um dieses Ereignis zu dokumentieren. Medizinische Versorgung für alle Als Pionierin hat MSF sich für die Behandlung von HIVpositiven Patienten in Entwicklungsländern eingesetzt und lehnt eine Billigmedizin für arme Länder ab. Daher wurde das Geld des Friedensnobelpreises 1999 verwendet, um die weltweite «Kampagne für einen besseren Zugang zu unentbehrlichen Medikamenten» zu starten, mit dem Ziel, die Pharma­ unternehmen zu einer Senkung ihrer Preise zu bewegen. Dies gilt insbesondere für Medikamente gegen HIV/Aids, damit sie für alle Patienten, selbst in armen Ländern, erschwinglich werden. Als unerwarteter Nebeneffekt dieser Kampagne ist MSF heute in der Lage, die antiretrovirale Behandlung von mittlerweile über 300’000 HIV-positiven Patienten sicherzustellen. Diese Patienten haben nicht nur überlebt, sondern geniessen zudem eine bessere Lebensqualität und tragen aktiv zum Geschehen in ihrem sozialen Umfeld bei. Seit vielen Jahren ruft MSF zudem die Pharmaindustrie öffentlich dazu auf, allen Menschen den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten zu erleichtern. Indem die Preise ge38

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Seine Grenzen erkennen Mut bedeutet, sich seine Grenzen einzugestehen. Letzten Sommer mussten wir eine der schmerzhaftesten Entscheidungen in der Geschichte von MSF treffen, als wir unsere Präsenz in Somalia beendeten. Während über 30 Jahren

Charta Médecins Sans Frontières Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) hilft Menschen in Not, Opfern von natürlich verursachten oder von Menschen geschaffenen Katastrophen sowie von bewaffneten Konflikten, ohne Diskriminierung und ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer religiösen, philosophischen oder politischen Überzeugung. Im Namen der universellen medizinischen Ethik und des Rechts auf humanitäre Hilfe arbeitet Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) neutral und unparteiisch und fordert völlige und ungehinderte Freiheit bei der Ausübung ihrer Tätigkeit. Die Mitarbeitenden von Médecins Sans Frontières/ Ärzte ohne Grenzen (MSF) verpflichten sich, die ethischen Grundsätze ihres Berufsstands zu respektieren und völlige Unabhängigkeit von jeglicher politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Macht zu bewahren. Als Freiwillige sind sich die Mitarbeitenden von Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) der Risiken und Gefahren ihrer Einsätze bewusst, und sie haben nicht das Recht, für sich und ihre Angehörigen Entschädigungen zu verlangen, ausser denjenigen, die Médecins Sans Frontières zu leisten imstande ist.


© Francesco Zizola, Keystone

Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) leisten in Ländern medizinische Nothilfe, in denen die Gesundheitsstrukturen zusammengebrochen sind oder Bevölkerungsgruppen unzureichend versorgt werden.

«Unsere Teams arbeiten täglich unter schwierigsten Bedingungen.» sind wir in diesem Land der Zivilbevölkerung beigestanden, die unter einem endlosen Krieg leidet. Doch aufgrund der grossen Anzahl an Zwischenfällen und Angriffen auf unser Personal haben wir uns entschieden, uns aus der Region zurückzu­ ziehen. Besonders getroffen haben uns die Ermordung von zwei Mitarbeitern im Dezember 2012 und die Geiselnahme von zwei MSF-Pflegefachfrauen, die während 21 Monaten festgehalten wurden. Nach ihrer Freilassung im Juli mussten wir realisieren, dass dieselben Akteure, mit denen wir minimale Sicherheitsgarantien ausgehandelt hatten, gleichzeitig Angriffe auf humanitäre Helfer zuliessen. Daher wurde beschlossen, unsere Mitarbeiter trotz den gravierenden Bedürfnissen der Bevölkerung nicht länger den Gefahren auszusetzen. Nun werden wir mit jedem Akteur einzeln die Bedingungen unserer zukünftigen Arbeit vor Ort aushandeln. Seine Grenzen zu erkennen, bedeutet Entscheidungen zu fällen, die auch schmerzhaft sein können. Weil unsere Ressourcen nicht unbeschränkt sind, müssen unsere Teams im Feldeinsatz jedes Jahr auswählen, welche Programme für die

Bevölkerungsgruppen am nützlichsten sind. Diese Bestimmung der Prioritäten und damit die Beschränkung der Hilfe sind gezwungenermassen frustrierend. Entsprechend erinnert uns dieser Prozess jedes Mal an die Verpflichtung, in jedem Projekt den höchstmöglichen Standard anzustreben. Und daran, uns durch Weiterbildung, Lernen aus Misserfolgen und Auswertung der medizinischen Programme laufend zu verbessern. Kriege, Krankheiten, Naturkatastrophen: Seit über 40 Jahren setzen sich die Teams von Médecins Sans Frontières/ Ärzte ohne Grenzen (MSF) in der Nothilfe ein. Auch wenn einige in diesem Zusammenhang von Mut sprechen, möchte ich vor allem das grossartige Engagement betonen, das sie jeden Tag motiviert, der verwundbarsten Bevölkerung mit medizinischer Nothilfe beizustehen. Und ich möchte erneut all unseren Gönnern danken, ohne deren Hilfe unsere Einsätze nicht möglich wären. Gemeinsam sind wir stark genug, etwas zu verändern. < www.msf.ch

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Médecins Sans Frontières weltweit. Zahlen & Fakten

Médecins Sans Frontières (MSF) – weltweit unterwegs für die Menschen Humanitäre Hilfe ohne nationale Grenzen, politische Interessen oder Sympathien

Quelle: Médecins Sans Frontières

Médecins Sans Frontières International, 74 Länder Médecins Sans Frontières Schweiz, 20 Länder

90%

der Mitarbeitenden werden in den Krisenregionen rekrutiert. Sie werden unterstützt von einer kleinen Anzahl internationaler Helfer.

1971

1999

wird MSF in Paris gegründet.

erhält MSF den Friedensnobelpreis.

Kirgistan

Irak Libanon Niger

Myanmar

Haiti

Philippinen

Mexiko Guatemala Honduras

Guinea Dschibouti

Nigeria

Sudan

Tschad Kamerun

Kenia

Kongo Mosambik Swasiland

372

Projekte im Jahr 2012

30’000

Rund Helfer weltweit: Ärzte, Krankenschwestern, Geburtshelfer, Psychiater, Psychologen, Epidemiologen, Apotheker, Laboranten, Logistiker, Wasserbauingenieure, Administration

40

Vontobel Porträt 2014

4,6 Mio. 55%

der Einsätze finden 2012 unter instabilen Umständen statt.

private Gönner spenden 2012 90% der Einnahmen von MSF International.


Médecins Sans Frontières (MSF) – die Spezialisten für Nothilfe Quelle: Médecins Sans Frontières (Internationaler Jahresbericht 2012)

78’500

690’700

chirurgische Eingriffe

Personen gegen Masern geimpft

8’316’000 ambulante Behandlungen

1’642’800 Malariafälle behandelt

784’500 Beratungen für Schwangere

74

197’000’000 Liter Wasser verteilt

Länder

Médecins Sans Frontières Schweiz

Die Länder mit der höchsten und tiefsten Ärztedichte Anzahl Bewohner pro Arzt

Quelle: Médecins Sans Frontières Schweiz

Quelle: The Economist, 2014

142 Monaco

149 Kuba

162 Griechenland

68’027 Kolumbien

71’429 Liberia

125’000 Tansania

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Herbert J. Scheidt ist seit 2011 Präsident des Verwaltungsrates von Vontobel. Von 2002 bis 2011 leitete er als Chief Executive Officer das Unternehmen. Zuvor war er über zwei Jahrzehnte in verschiedenen internationalen Führungspositionen für die Deutsche Bank tätig.

Ein Plädoyer für den aufrechten Gang. Herbert J. Scheidt Präsident des Verwaltungsrates Wie alles, was auf dieser Welt erstrebenswert ist, ist auch der Mut ein «knappes Gut». In schwierigen Zeiten ist er doppelt gefragt, weil grosse Herausforderungen ohne Mut nicht zu lösen sind. Überall dort, wo es gilt, komplexe und schwierige Themen anzupacken, müssen Entscheidungen getroffen werden. Es sind langfristig wirksame Entscheidungen von grosser Tragweite, die für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft den Weg in die Zukunft sichern. Mit vier Thesen will ich in meinem Beitrag ausleuchten, welcher Mut jetzt nötig ist, um den Herausforderungen unserer Zeit als Gesellschaft, aber auch als Unternehmen konkret zu be­ gegnen. These 1: Wir brauchen Mut, um uns den Realitäten zu stellen. Es mag banal tönen, aber eine der wichtigsten Fähigkeiten von Menschen, die wirtschaftliche, politische oder gesell­42

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schaftliche Verantwortung tragen, ist die Fähigkeit und i­nsbe­sondere der Wille, den Realitäten ins Auge zu blicken. Unsichere politische oder wirtschaftliche Zeiten führen zur Verunsicherung des Menschen und seiner bisher gültigen Wertvorstellungen. Sie gehen einher mit grossen Stimmungsschwankungen. Dabei ist die Gefahr gross, sich den Realitäten zu verweigern, weil es natürlich unbequem ist, diese zu adressieren. Vielfach hat man heute das Gefühl, dass Fakten beschönigt werden, um in der Konsequenz wirklich unpopuläre Massnahmen aus rein politischem Kalkül zu vermeiden. Denn die Angst vor grossen Veränderungen sitzt in unseren Gesellschaften tief. Schauen wir uns zum Beispiel einmal die Situation in Europa an: Die Mehrzahl der Länder steht vor grossen Herausforderungen, die entschlossen und konkret bewältigt werden müssen. • •

Demografische Veränderungen, einhergehend mit der Zukunftssicherung der Vorsorgesysteme Hohe Staatsverschuldungen, die einschneidende strukturelle Massnahmen verlangen


• •

Hohe Arbeitslosigkeit, unzureichende Wirtschaftsdynamik in einigen europäischen Kernländern, die grosse soziale Spannungen mit sich bringen Schutz und Subventionierung nationaler Industrien, die erforderliche Anpassungen an den weltweiten Wettbe- werb verhindern

Hier drängt die Zeit. Die Entscheider, aber auch jeder Einzelne in seiner Eigenverantwortung müssen sich den Tatsachen vollumfänglich stellen. Das heisst, erst einmal den Mut zu haben, unbequeme Wahrheiten auszusprechen, sie zu akzeptieren und sich dann mit ihnen auseinanderzusetzen. Für ein Unternehmen gilt das Gleiche. Wer heute im globalen, hartumkämpften Wettbewerb den Weg in die Spitzengruppe finden will, muss sich schneller als je zuvor den Veränderungen und Marktrealitäten stellen. Nur so lassen sich die richtigen zukunftsweisenden Entscheidungen treffen. These 2: Wir brauchen Mut, Neues zu wagen. John Maynard Keynes sagte einmal treffend: «Die grösste Schwierigkeit der Welt besteht nicht darin, Leute zu bewegen, neue Ideen anzunehmen, sondern alte zu vergessen.» Der Wandel lässt sich bremsen, kanalisieren, manchmal gar fesseln – doch auf Dauer aufhalten lässt er sich nicht. Dafür sind die menschlichen Triebkräfte zu mächtig. Neugier, Entdeckerfreude, Handwerkerfleiss, Ehrgeiz, Wissensdrang, Unternehmergeist – all das und noch viel mehr trägt dazu bei, dass der Mut, die Dinge zu verändern und Neues zu wagen, niemals ausstirbt. Je mehr ein Land unter seinen Bewohnern den Innovationsmut fördert und stärkt, desto erfolgreicher wird es. Setzt das Land jedoch nur noch auf Stillstand, Besitzstandswahrung, Partikularinteressen und Abschottung, so lebt es von der Substanz und verliert über kurz oder lang an Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand. In den westlichen Industrienationen Europas manifestiert sich dies in diffusen Ängsten vor den unwiderruflichen Kräften der Globalisierung, die eine Öffnung und Liberalisierung der Märkte existenziell erzwingen. Das Verharren in Angst und Unbeweglichkeit vor den Realitäten einer globalisierten Welt der Finanz- und Warenströme, aber auch der Arbeitskräfte, wird mittelfristig zu wirtschaftlichem Abstieg und Isolation führen, wenn man diese Realitäten nicht akzeptiert und sich ihnen beherzt stellt. These 3: Wir brauchen den Mut, Nein zu sagen. Veränderungen öffnen Chancen, bergen aber auch Risi­ken. Erfahrung und Augenmass sind gefordert. Auch in unserer Branche gab es immer wieder hochinteressante und vermeintlich lukrative Trends, denen viele Finanzanbieter­ euphorisch gefolgt sind. Es lockte der schnelle Gewinn. Das prominente Beispiel dürfte das Subprime-Kapitel sein – Leh­ man sei hier kurz erwähnt –, das bekannterweise in eine globale Finanzkrise mündete und sogar Staaten nahe an den Staatsbankrott brachte. Auch hier liessen sich viele Akteure vom kurzfristig hohen Profit blenden. Mögliche Risiken wurden dabei bewusst oder fahrlässig ausgeblendet.

Gerade in Zeiten solcher allgemeiner Euphorie gebieten es die Erfahrung und das richtige Augenmass, die Dinge zu analysieren und sich einem solchen Trend überzeugt ent­gegenzusetzen. Das erfordert Mut. Mit dieser Position waren wir uns bei Vontobel einig. In dieser schwierigen Phase hat Vontobel erfolgreich agiert, keine Verluste geschrieben und das Eigenkapital sukzessive weiter gesteigert. Auch dort, wo fundamental bewährte Prinzipien und Werte in Frage gestellt werden, gilt es standhaft für diese einzustehen. Hier denke ich besonders daran, die finanzielle Privatsphäre des Individuums zu schützen und nicht einfach preiszugeben. Sodann gilt es, den Schutz des Eigentums hochzuhalten, weil wir wissen, dass dort, wo die Eigentumsordnung bedroht ist, auch sehr schnell die grundlegende Freiheit in Gefahr ist. These 4: Der Mut, den ich meine, basiert auf einer Überzeugung. Mut muss einhergehen mit einer klaren Überzeugung. Mit einem festen Wertesystem und einer Zielvorstellung. Sie wirken wie ein klar ausgerichteter Kompass. Bei Vontobel legen wir von jeher grossen Wert darauf. Vertrauen ist der Kern unseres Geschäfts, unser höchstes Gut. Als langfristiger Partner handeln wir im Interesse unserer Kunden, Mitarbeitenden und Aktionäre verantwortungsvoll und vorausschauend. Die Balance zwischen Ertragsorientierung und Risikobereitschaft haben wir stets im Auge. Wir haben den Mut, Chancen zu nutzen, aber auch einmal zu einer kurzfristigen Opportunität oder einem Geschäft Nein zu sagen. Auch in einer Zeit, in der unsere Branche grossen Veränderungen und Herausforderungen gegenübersteht, können wir mit einem klar ausgerichteten Wertekompass kraftvoll und mit Zuversicht die Zukunft aktiv gestalten. Dafür steht unsere stabile familiengeprägte Aktionärsstruktur mit langfristig orientierten und unternehmerisch denkenden Hauptaktionären. So verstehen wir bei Vontobel nun seit 90 Jahren freies und erfolgreich gelebtes Unternehmertum. <

«Je mehr ein Land den Innovationsmut fördert, desto erfolgreicher wird es sein.» Vontobel Porträt 2014

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Rekordhoher Neugeldzufluss – nachhaltige Gewinnkraft. Vontobel in Zahlen, 2013

2013 wird als ein Jahr der veränderten Vorzeichen in Erin­ nerung bleiben. Nach fünf Jahren verzeichnete der Aktienmarkt erstmals wieder erhebliche Zuflüsse. Die Börsen glänzten mit neuen historischen Höchstständen, beeinflusst vom globalen Wirt­schaftsaufschwung, von einer lockeren Geldpolitik, niedriger­ Inflation und solider Profitabilität der Unternehmen. Anlass zur zeitweiligen Sorge gaben hingegen die Wachstumslokomotiven aus den Schwellenländern. Ausserdem ist die Eurokrise strukturell noch nicht überwunden, so dass der erhoffte nachhaltige Aufschwung mit Risiken verbunden bleibt. Darüber hinaus befindet sich die globale Finanzindustrie in einem fundamentalen Strukturwandel, welcher der Branche grosse Veränderungs­ bereitschaft abverlangt. Vontobel hat dies frühzeitig erkannt und bereits zahlreiche Entwicklungen vorweggenommen. In diesem von Veränderungen geprägten Umfeld vermochte Vontobel im Jahr 2013 mit CHF 122.3 Millionen ein respektables Konzernergebnis auf Vorjahresniveau zu erwirtschaften. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass das Resultat von bedeutenden einmaligen Kosten von CHF 20.7 Millionen – für

die Anpassung des Crossborder-Geschäftsmodells, für die UKAbgeltungssteuer sowie das US-Programm – belastet wurde. Hervorzuheben ist der Umstand, dass das Vermögensverwaltungsgeschäft, die Kombination von Private Banking und Asset Management, 74 Prozent zum Gruppengewinn beisteuerte. Der rekordhohe Netto-Neugeldzufluss von CHF 9.1 Milliarden steht für die Attraktivität unseres Hauses bei den Anlegern. Sie basiert auf der Wettbewerbsfähigkeit unserer Produkte, unserer Anlage- und Risikokompetenz und einer konsequenten Kundenausrichtung. Die Eigenkapitalrendite erreichte auf einer sehr hohen Eigenkapitalbasis den soliden Wert von 7.6 Prozent. Die BIZRatio von 25.5 Prozent beträgt mehr als das Doppelte der regulatorischen Anforderungen. Der Verwaltungsrat schlägt den Aktionären an der Generalversammlung vom 1. April 2014 eine Dividende von CHF 1.30 pro Aktie vor. Dieser Antrag auf eine höhere Dividende zeugt von der Gewinnkraft und der Stabilität unseres Unternehmens sowie dem Vertrauen des Verwaltungsrates in die eingeschlagene Strategie.

Kennzahlen

31.12.2013

31.12.2011

31.12.2012

1.78

Konzernergebnis pro Aktie (CHF)1

1.92

1.95

Dividende pro Aktie (CHF)

1.30 2

1.20

1.10

Eigene Mittel pro ausstehende Aktie am Bilanzstichtag (CHF)

25.67

24.49

22.84

Börsenkurs am Bilanzstichtag (CHF)

36.95

28.20

21.00

7.6

8.3

7.5

80.8

79.9

80.0

8.3

7.4

7.7

Eigenkapitalrendite (%) 3 Geschäftsaufwand 4/Betriebsertrag (%) Eigenkapital zu Bilanzsumme (%)

25.5

27.2

23.3

1’338

1’383

1’413

BIZ-Tier-1-Kapitalquote (%)

5

Mitarbeitende (Vollzeitstellen) Unverwässert; Basis: gewichteter Durchschnitt Anzahl Aktien (Monatswerte) Gemäss Antrag an die Generalversammlung 3 Konzernergebnis in % des durchschnittlichen Eigenkapitals (Monatswerte) 1

4

2

5

Geschäftsaufwand exklusive Wertberichtigungen, Rückstellungen und Verluste Kernkapital in % der risikogewichteten Positionen

Konzernergebnis

Kundenvermögen

Netto-Neugeld

Eigenkapital

in Mio. CHF

in Mrd. CHF

in Mrd. CHF

in Mrd. CHF

163.1 160

160 140 120

124.1

140 122.3

113.8

149.6

9

8.2

8.6

9.1 1.60

8

131.6

1.20

6

100

100

80

80

60

60

40

40

2

0.40

20

20

1

0.20

0

0

0

44

2011

2012

Vontobel Porträt 2014

2013

1.00

5

0.80

4

0.60

3

2011

2012

2013

1.63

1.40

7

120

1.55 1.45

2011

2012

2013

0.00

2011

2012

2013


Private Banking Unser Haus bekennt sich zu einem kundenorientierten Private Banking, das die Beratungs- und Servicekompetenz sowie ausgewiesene Fähigkeiten im Vermögensmanagement ins Zentrum stellt. Das Private Banking vermochte 2013 dank erfolgreichen Kosten- und Ertragsinitiativen die Profitabilität markant zu verbessern und gleichzeitig auch das Neugeld si­ gnifikant zu steigern. Der konsequente Crossborder-Ansatz, der­ auf einer zentralen Buchungs- und Investitions-Plattform in der Schweiz gründet, führt zu beachtlichen Effizienzgewinnen. Es resultierte ein um stolze 56 Prozent höheres Segmentergebnis von CHF 59.4 Millionen und ein erfreulicher Netto-Neugeldzufluss von CHF 1.4 Milliarden, vor allem aus Mittel- und Osteuropa. Dieses organische Wachstum wollen wir auch mit der gezielten Verpflichtung neuer Kundenberater fortsetzen. Das Segment Private Banking hat somit ein solides Fundament für die künftige Geschäftsexpansion geschaffen.

Asset Management Vontobel Asset Management konnte in Bezug auf das Netto-Neugeld an das bereits äusserst erfolgreiche Vorjahr anknüpfen. Gleichzeitig weist das Geschäftsfeld eine deutliche Gewinnsteigerung von 37 Prozent auf rekordhohe CHF 103.3 Millionen aus. Die Einheit leistet damit wiederum einen sub­ stanziellen Gewinnbeitrag und präsentiert sich im institutionellen Markt als global aufgestellter, aktiver Vermögensverwalter mit bewährtem Multi-Boutique-Konzept. Das in New York domizilierte Team hat die Quality-Growth-Produktlinie breiter abgestützt und stärker in Richtung Global Equity entwickelt. In Zürich wurde in den Ausbau der beiden Boutiquen Fixed Income und Multi Asset Class investiert. Schliesslich wurde mit der Australia and New Zealand Banking Group Limited (ANZ) eine Partnerschaft vereinbart, um die Aktivitäten im Raum Asien-Pazifik zu intensivieren. Im Asset Management stehen weiterhin die Qualität der Anlageperformance sowie die Diversifikation der Produktelinien im Rahmen des MultiBoutique-Konzepts im Vordergrund.

Investment Banking Vontobel Financial Products ist im Zielsegment der schweizerischen Retail- und Privatanleger als ein führender Emittent von Strukturierten Produkten unvermindert gut aufgestellt. Geprägt wird das Geschäft allerdings von gedämpften Marktvolumina. Die in unserem Hause entwickelte Emissionsplattform deritrade® hat sich erfolgreich für führende Anbieter und professionelle Investoren etabliert. In Deutschland gewinnt der Bereich weiter Marktanteile und reiht sich inzwischen unter die ersten sieben Emittenten ein. Das Geschäft mit unabhängigen Vermögensverwaltern (EAM) wächst kontinuierlich und substanziell. Insgesamt verzeichnete das Investment Banking ein um 18 Prozent rückläufiges Ergebnis. Im Investment Banking sind der internationale Rollout von deritrade® sowie der weitere Ausbau des EAM-Desk vorgesehen.

Private Banking

Investment Banking

Asset Management

Ergebnis vor Steuern in Mio. CHF

Ergebnis vor Steuern in Mio. CHF

Ergebnis vor Steuern in Mio. CHF

59.4

60 50 40

100

95.1

80 33.6

56.6

60

60

30 20 10 0

2011

2012

2013

40

40

20

20

0

2011

2012

75.5

80

69.1

38.0

103.3

100

2013

0

36.7

2011

2012

2013


Vontobel in Zahlen Zahlen und Fakten per 31. Dezember 2013

Kundenvermögen (in Mrd. CHF)

163.1

109.6 Verwaltete Vermögen 46.5 Custody-Vermögen 7.0 Ausstehende strukturierte Produkte

Eigenkapital (in Mrd. CHF)

1.63

BIZ-Tier-1-Kapitalquote (in %)

25.5

Nettoneugeld 2013 (in Mrd. CHF)

9.1

Ratings Bank Vontobel AG: Moody’s: A1 Standard & Poor’s: A+

Weitere Angaben unter: www.vontobel.com


Auszeichnungen Im Jahr 2013 wurden uns folgende Awards überreicht. Sie bestätigen unsere geschäftsfeldübergreifende Expertise, mit der wir nachhaltig Mehrwert für unsere Kunden schaffen.

Rajiv Jain erhielt die prestigeträchtige Auszeichnung «Global Equity Fund Manager of the Year» von Morningstar in Europa.

«Equities Manager of the Year»: Auszeichnung erhalten bei den UK Pensions Awards 2013.

Vontobel Fund – New Power: ausgezeichnet als «Best Clean Energy Fund» bei den ESG Investment Awards 2013.

Vontobel Fund – Global Equity: ausgezeichnet als «Bester Fonds in der Kategorie ‹Aktien Welt› über die letzten 3 Jahre» in Österreich, Deutschland, Spanien, Grossbritannien, Frankreich und den Niederlanden.

In der Thomson Reuters Extel Pan-European Survey 2013 belegt Vontobel in sämtlichen sechs Kategorien und somit in der Gesamtwertung den ersten Platz.

«Swiss Derivative Award – Top Service 2013»: Schon zum dritten Mal in Folge prämierte die Jury Vontobel für ausserordentliche Leistungen in Bezug auf «Top Service».

«Best in Switzerland»: ausgezeichnet durch das renommierte Fachmagazin Structured Products Europe für das «beste Schweizer Derivathaus 2013».

< Auszeichnungen << Unsere Standorte


Unsere Standorte Schweiz Zürich Vontobel Holding AG Gotthardstrasse 43 CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 59 00 www.vontobel.com Bank Vontobel AG Gotthardstrasse 43 CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 71 11 Vontobel Swiss Wealth Advisors AG Tödistrasse 17 CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)44 287 81 11 Vontobel Fonds Services AG Gotthardstrasse 43 CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 74 77 Vontobel Securities AG Gotthardstrasse 43 CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 71 11 Harcourt Investment Consulting AG Gotthardstrasse 43 CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 54 00 www.harcourt.ch Basel Bank Vontobel AG Niederlassung Basel St. Alban-Anlage 58 CH-4052 Basel Telefon +41 (0)58 283 21 11 Bern Bank Vontobel AG Niederlassung Bern Spitalgasse 40 CH-3011 Bern Telefon +41 (0)58 283 22 11 Genf Banque Vontobel SA Niederlassung Genf Rue du Rhône 31 CH-1204 Genf Telefon +41 (0)58 283 25 00 Vontobel Swiss Wealth Advisors SA Niederlassung Genf Rue du Rhône 31 CH-1204 Genf Telefon +41 (0)22 809 81 51 Luzern Bank Vontobel AG Niederlassung Luzern Schweizerhofquai 3a CH-6002 Luzern Telefon +41 (0)58 283 27 11

China Hongkong Vontobel Asia Pacific Ltd. 3601 Two International Finance Centre 8 Finance Street, Central HK-Hongkong Telefon +852 3655 3990 Vontobel Wealth Management (Hong Kong) Ltd. 3601 Two International Finance Centre 8 Finance Street, Central HK-Hongkong Telefon +852 3655 3966 Deutschland Frankfurt am Main Bank Vontobel Europe AG Niederlassung Frankfurt am Main WestendDuo Bockenheimer Landstrasse 24 D-60323 Frankfurt am Main Telefon +49 (0)69 695 99 60 Vontobel Financial Products GmbH WestendDuo Bockenheimer Landstrasse 24 D-60323 Frankfurt am Main Telefon +49 (0)69 297 208 11 Hamburg Bank Vontobel Europe AG Niederlassung Hamburg Sudanhaus Grosse Bäckerstrasse 13 D-20095 Hamburg Telefon +49 (0)40 638 587 0 Köln Bank Vontobel Europe AG Niederlassung Köln Auf dem Berlich 1 D-50667 Köln Telefon +49 (0)221 20 30 00 München Bank Vontobel Europe AG Alter Hof 5 D-80331 München Telefon +49 (0)89 411 890 0 Grossbritannien London Vontobel Europe S.A. Niederlassung London 3rd Floor, 22 Sackville Street GB-London W1S 3DN Telefon +44 207 255 83 00

Italien Mailand Vontobel Europe S.A. Niederlassung Mailand Piazza degli Affari, 3 I-20123 Mailand Telefon +39 02 6367 3411

USA New York Vontobel Asset Management Inc. 1540 Broadway, 38th Floor New York, NY 10036, USA Telefon +1 212 415 70 00 www.vusa.com

Liechtenstein Vaduz Bank Vontobel (Liechtenstein) AG Pflugstrasse 20 FL-9490 Vaduz Telefon +423 236 41 11

Vontobel Securities AG Niederlassung New York 1540 Broadway, 38th Floor New York, NY 10036, USA Telefon +1 212 792 58 20

Luxemburg Luxemburg Vontobel Europe S.A. 2–4, rue Jean l’Aveugle L-1148 Luxemburg Telefon +352 26 34 74 1 Vontobel Management S.A. 2–4, rue Jean l’Aveugle L-1148 Luxemburg Telefon +352 26 34 74 60 Österreich Wien Vontobel Europe S.A. Niederlassung Wien Kärntner Ring 5–7/7 A-1010 Wien Telefon +43 (0)1 205 11 60 1280 Schweden Stockholm Vontobel Europe S.A. Niederlassung Stockholm Norrlandsgatan 22, Box 7046 SE-103 86 Stockholm Telefon +46 8 611 0670 Singapur Singapur Vontobel Financial Products (Asia Pacific) Pte. Ltd. 8 Marina View, Asia Square Tower 1, Level 07– 04 SGP-Singapur 018960 Telefon +65 6407 1170 Spanien Madrid Vontobel Europe S.A. Niederlassung Madrid Paseo de la Castellana, 95, Planta 18 E-28046 Madrid Telefon +34 91 520 95 95

Dallas Vontobel Swiss Wealth Advisors AG Inc. Niederlassung Dallas 100 Crescent Court, 7th Floor Dallas, TX 75201, USA Telefon +1 214 459 3250 Vereinigte Arabische Emirate Dubai Vontobel Financial Products Ltd. Liberty House, Office 913, Dubai International Financial Centre P.O. Box 506814 Dubai, Vereinigte Arabische Emirate Telefon +971 (4) 703 85 00


Titelbild: Getty Images Rechtliche Hinweise Das «Vontobel Porträt 2014» dient ausschliesslich zu Informationszwecken. Die darin enthaltenen Angaben und Ansichten stellen deshalb weder eine Aufforderung noch ein Angebot oder eine Empfehlung zur Beanspruchung einer Dienstleistung, zum Erwerb oder Verkauf von Anlage­ instrumenten oder zur Tätigung sonstiger Transaktionen dar. Ferner wird auf die Gefahr hingewiesen, dass Vorhersagen, Prognosen, Projektionen und Ergebnisse, die in zukunftsgerichteten Aussagen beschrieben oder impliziert sind, nicht eintreffen können. Angaben und Aussagen zum geprüften Finanzergebnis sowie zur Corporate Governance sind ausschliesslich den Geschäfts­ berichten 2013 der Vontobel Holding AG zu entnehmen. Diese können unter www.vontobel.com oder auf Verlangen per Post bezogen werden. Die externen Autoren in dieser Publikation vertreten ihre eigene Meinung. Sie muss sich nicht mit derjenigen von Vontobel decken.

as Vontobel Porträt 2011 ist noch in den weiteren Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch und Chinesisch erhältlich.

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02/14; Das «Vontobel Porträt 2014» ist noch in den weiteren Sprachen Englisch und Französisch erhältlich. produziert Klimaneutral produziert durch Linkgroup. Klimaneutral durch Linkgroup.


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