Viertelvor 15

Page 1

Das Heft f端rs Nauwieser Viertel Juli 2014 / kostenlos / Nauwieserfest-Programm im Innenteil

VIERTELVOR

#

15


Saarländisches Staatstheater Spielzeitauftakt

schauspiel

ballett

Simon Stephens

URAUFFÜHRUNG

SUPERGUTE TAGE

Stijn Celis

ODER DIE sonderbare WELT DES CHRISTOPHER BOONE Premiere am 19. September 2014, AFW

Peer Gynt Premiere am 18. Oktober 2014, SST

........................................................................................

KOPRODUK TION MIT DEN RUHRFESTSPIELEN RECKLINGHAUSEN

Emile Zola

DAS GELD Uraufführung der Fassung von Dagmar Schlingmann und Ursula Thinnes Premiere am 20. September 2014, SST

Wieder auf dem Spielplan Wolfgang Amadeus Mozart

DIE GÄRTNERIN AUS LIEBE Wiederaufnahme am 8. Oktober 2014, SST ...............................................................................................

.......................................................................................

Bertolt Brecht / Kurt Weill

URAUFFÜHRUNG

DIE DREIGROSCHENOPER

Ein Projekt von Anna Kautenburger und Amelie Hensel

Wiederaufnahme am 12. Oktober 2014, AFW

PJOENGJANG GODZILLA.

konzert

GARTENHAUS DES GRAUENS Premiere am 26. September 2014, sparte4

Das Promenadenkonzert zum spielzeitauftakt

OPER

13. September auf dem Tbilisser Platz

Gaetano Donizetti

LUCIA DI LAMMERMOOR Premiere am 4. Oktober 2014, SST .......................................................................................

1. Sinfoniekonzert Werke von Ravel, Liszt, Stephan und Brahms KLAVIER : Lukáš Vondráček, LEIT UNG : Markus Bosch 12./13. Oktober 2014, Congresshalle

Giovanni Battista Pergolesi

STABAT MATER Premiere am 5. Oktober 2014, AFW .................................................................................................................................................................................................

www.saarlaendisches-staatstheater.de • www.sparte4.de • Foto: Björn Hickmann


Editorial

W

ir sind mittlerweile so dermaßen etabliert, dass wir Zugang zu den exklusivsten Zirkeln im Viertel bekommen! Ihr seht

das unter anderem an unserer Fotostrecke, für die wir das

glamouröse Privatleben unserer Viertel-Rockstars ablichten konnten. Wir waren ganz nah dran und bekamen Einblicke, die euch interessieren dürften! Bei unseren Interview-Reportagen haben wir uns der Geschichte der deutschen Gegenkultur aus zwei verschiedenen Richtungen genähert. Der Kultur- und Werkhof Nauwieser 19 entstand aus dem politischen Bewusstsein der Friedens- und Anti-Atomkraftbewegung der Siebziger-/Achtzigerjahre und somit aus den Idealen der 68er. Dies hat das Nauwieser Viertel stark beeinflusst und verdient eine längst überfällige Erwähnung in unserem Fachmagazin. Als Gegenentwurf zur 68er-Bewegung kommt stellvertretend Moses Arndt, Besitzer des Piercingstudios AK47 in der Dudweiler Straße, zu Wort. Dessen beeindruckende Vita als Punk, Bürgerschreck, Geschäftsmann, Arzt und Autor ist eng mit der deutschen Punkbewegung verknüpft. Man kann sogar ohne Übertreibung sagen, dass diese von ihm entscheidend geprägt wurde. Wir haben ein sehr unterhaltsames Interview mit ihm geführt, von dem wir leider nur einen Bruchteil wiedergeben können. Bei dem anschließenden gemeinsamen Bierchen kamen nämlich noch ein paar lustige Anekdoten aus Südafrika und Irland zur Sprache, da war aber leider das Aufnahmegerät schon aus... Des Weiteren kommen diesmal endlich auch die kleinen Viertler auf ihre Kosten und wir haben eine wunderbare Dauer-Ausstellung besucht, die übers ganze Viertel verteilt ist. Und wir freuen uns über die vielen Beiträge, die bei unserer ViertelFragerunde zusammenkamen. Auch hier können wir leider nur einen kleinen Teil abbilden. Es zeigt sich, dass die Viertler mit der Entwicklung in ihrem Kiez oft gar nicht so einverstanden sind. Aus völlig unterschiedlichen Gründen natürlich. Aber so ist es eben, unser kleines Dörfchen. Ambivalent und heterogen. Viel Vergnügen! Ralf Leis & Falk Kuckert 2/3


#

15


Inhalt

8

Kurzes

14

Viertler fragen – Viertelvor antwortet. Vielleicht. von unserem Expertenteam um Peter Scholl-Latour, Günter Wallraff und Dr. Sommer

22

Nauwieser 19 Bericht über den Kultur- und Werkhof in der Nauwieserstraße – von Ralf Leis

28

Die Seiten für die Kids von Helene Bunge

32

Programm Nauwieserfest Das Fest der Liebe

40

Rockstars privat Fotostrecke von Falk Kuckert, hell yeah

50

Moses Interview mit Dr. Michael „Moses“ Arndt – von Ralf Leis und Falk Kuckert

58

Kunst im Treppenhaus von Ralf Leis, Falk Kuckert und Sophie Bunge

66

Nachschlag Italienisches Trio – präsentiert von Eck-Theker Wolfgang Weiß

4/5


Nauwieserstraße 48

Billard / Dart Öffnungszeiten: Mo - Fr 16.00 - 1.00 Uhr Sa - So 18.00 - 1.00 Uhr reklame

reklame

Gestaltung & Satz Druck Verarbeitung Mailing & Logistik cross-media publishing Webshop

Wir können mehr.

Und was können wir für Sie tun? fon (0 68 93) 80 02-0

Wir sind Repa! reklame


reklame

richtig gutes spielzeug

fachgeschäft

cecilienstraĂ&#x;e im nauwieser viertel Tel.: 0681 / 9100676 facebook.com/spielbar.saarbruecken

reklame

6/7


Ciao Pino! Völlig ungläubig mussten wir im April feststellen, dass mit dem Salon Valente nach 41 Jahren ein wahrer Viertel-Methusalem in die Knie gegangen ist. Guiseppe „Pino“ Pascale hat wegen persönlicher Schwierigkeiten seinen Laden schweren Herzens zugesperrt und ein paar Straßen weiter bei Guiseppe Genovese angeheuert. Ein Verlust.

Axel Späth 1958 — 2014 Der Besitzer des Briefmarken- und Münzladens in der Cecilienstraße 1 hinterlässt eine Lücke im Viertel. Ruhig und ausgeglichen, stets die Höflichkeit in Person, hilfsbereit ohne sich aufzudrängen, so nahm man ihn hinter seinem Tresen wahr. Einer, der kein Aufhebens um sich machte, sein Viertel mochte und sich unaufgeregt beteiligte. Anfang des Jahres verstarb Axel Späth tragischerweise nach einem unglücklichen Sturz auf dem Heimweg.


Kurzes Rundgang durchs Viertel mit „Geographie ohne Grenzen e.V.“ Seit vielen Jahren ist der rund zweistündige Spaziergang zum „Bunten Treiben abseits des Mainstreams“ ein gesetzter Termin im Programm von Geographie ohne Grenzen. Der Verein hat den Anspruch, mit thematischen (Stadt-)Rundgängen Neues oder auch Bekanntes aus einem besonderen Blickwinkel zu zeigen - stets anschaulich und gerne auch mal kritisch. So auch der Rundgang durchs Viertel, der den Bogen spannt von der Entstehung des Quartiers über die Spuren der 1968er, die Ziele der Sanierung in den 1980ern bis hin zum heutigen Gesicht des Viertels - zwischen Klischee und Wirklichkeit. Dazu lädt Vanessa Drumm-Merziger von spielbar ein, die als studierte Geographin seit Jahren beim Verein tätig ist. Termine: Freitag, 8. August und Freitag, 10. Oktober, jeweils 16.00 Uhr Treffpunkt: Max-Ophüls-Platz Dauer: 2,5 Stunden Preis: 7,- € (ermäßigt 5,- €) Einfach zum Treffpunkt kommen und Teilnahmebeitrag entrichten. Die Rundgänge finden bei jedem Wetter statt. Zukünftig wird es noch eine zweite Tour durchs Viertel geben, dann mit dem Fokus auf den Besuch ansässiger Geschäfte und anderer Gewerbetreibender. Dieser neue Rundgang ist ein Kooperationsprojekt zwischen GoG und der Stadtverwaltung (Citymarketing & Wirtschaftsförderung), um alternative Einkaufsquartiere in Saarbrücken zu präsentieren. Die Termine werden über Presse und www.geographie-ohnegrenzen.de bekannt gegeben.

Schicke Stromkästen Pilotprojekt im Viertel Das Projekt Energieverteiler unterstützt im Verbund mit der Initiative Nauwieser Viertel die Gestaltung von Stromverteilerkästen im Viertel. Gemeinsam mit Stadt und Stadtwerken wurden Kästen im Viertel bestimmt, deren Verschönerung geplant ist. Ab Ende Juli werden Studierende der HBK Entwürfe für einige Kästen gestalten. Diese sollen dann in einer Ausstellung präsentiert werden. Außerdem werden gemeinsam mit Kindern Entwürfe für den Stromverteiler am Spielplatz angefertigt. Für die Gestaltung weiterer Kästen werden noch Kastenpaten gesucht! Weitere Informationen: Gerlach@initiative-nauwieser-viertel.de 8/9


Kurzes

20 Jahre Unikat Zwei Jahrzehnte lang betreiben die vier Damen nun schon erfolgreich ihr Lädchen für KunstHandWerk in der Cecilienstraße. Hervorgegangen sind sie aus dem vor 30 Jahren gegründeten Verein „Werkstube“, einem Zusammenschluss von ca. 20 kreativen Frauen, die etwas mit ihren Talenten anfangen und gegen ihre Arbeitslosigkeit vorgehen wollten. Mittlerweile können sie sich auf ein treues Stammpublikum und ein umfangreiches Netzwerk von Lieferanten aus der Region verlassen. Glückwunsch!

Interessante Entwicklung... ...in der Nachbarschaft der Bar Central. Vielleicht regieren in der Bar ja auch bald die blickdichten Milchglasscheiben? Holzvertäfelung und schwarzweiße Bodenfließen werden rausgeschmissen, Teppichboden wird verlegt. Kabelkanäle und Steckdosen montiert. Flipcharts aufgestellt, Taschenrechner rausgeholt. Uns schüttelt’s...


reklame

10 / 11

Foto: Berthold Kรถnig


Warum in die Ferne schweifen? Urlaub zu Hause – im Saarland! Rad- und Wanderkarten TouristCARD Rheinland-Pfalz & Saarland Broschßren und Saarland-Shop ...

Tourismus Zentrale Saarland GmbH Tel: 0681 / 92 72 00 www.tourismus.saarland.de

reklame


Caf

de

P

aris

é

Nauwieserstraße 52 66111 Saarbrücken 0681/31677

reklame

reklame

reklame

12 / 13


WO IST ALBERT ,GOLDFINGER‘ BEGRABEN? UND WO SEINE MARIA? AUSSERDEM: WANN SIND DIE BEIDEN ÜBERHAUPT GESTORBEN?

Wir haben die Viertler um ihre Fragen zum Viertel gebeten. Lest hier die Antworten von unserem Expertenteam um Peter Scholl-Latour, Günter Wallraff und Dr. Sommer.

WO IST DER BESTE SINGLETREFF IM VIERTEL (< 60 J / > 60 J)?

anonym Albert Leidinger hat 1990–2011 im Pflegeheim St. Johann gewohnt und ist am 19.8.2011 gestorben. Leider konnten wir trotz Recherche nicht in Erfahrung bringen, wo er begraben wurde. Vor seiner Zeit als Viertel-Original arbeitete Albert übrigens als Bergmann. Seine Freundin Maria Schieler lebt noch im Pflegeheim. Sie ist schon lange bettlägerig und Albert pflegte auf Nachfrage zu ihrem Gesundheitszustand oft zu sagen: „Oweh, es is arm, es is aarich arm...“

anonym < 60 J = Waschsalon (siehe S. 40) > 60 J = Bäckerei Lagaly

WANN MALT EDE ZUM ERSTEN MAL POWERWOLF? anonym

WAS IST DER SINN DES VIERTELS? Sven (wir kennen doch deine Handschrift…)

Wenn die endlich auch die rumänischen Charts geknackt haben!

Unser Therapeut sagt: Es gibt sieben Ebenen.

WARUM DÜRFEN STRETCHHUMMER UND BIERBIKE NICHT MIT SALMONELLENVERSEUCHTEN EIERN BEWORFEN WERDEN, WENN SIE DAS VIERTEL DURCHKREUZEN? anonym Nun, man kann diesem Phänomen natürlich aggressiv und destruktiv gegenübertreten, oder aber angesichts des hilflosen Versuchs, sich möglichst hedonistisch-debil zum Affen zu machen, es einfach ignorieren. Wir finden die erste Variante mit den Eiern irgendwie besser.


WER IM VIERTEL FICKT GERNE UND REGELMÄSSIG AUF KOKS?

WIESO IST KALINSKI AM MARKT? anonym

Martin, 53, Viertel

Currywurstbude de Luxe. Schicke Idee, die dem Viertel auch gut gestanden hätte. Zeigt möglicherweise, dass das Viertel doch noch nicht so hip ist, wie es manche gerne hätten.

???

FINDET ES AUSSER MIR KEINER KOMISCH, DASS EIN MERCEDES 500ER SL MIT ANWOHNERPARKAUSWEIS VOR DEM NILLES STEHT UND AM NÄCHSTEN MORGEN NICHT MIT ERBROCHENEM UND KRATZSPUREN ÜBERSÄHT IST...? anonym Vielleicht gehört der 500er SL ja Frank Nilles? Oder es handelt sich um einen wunderbaren Beweis eines harmonischen Gentrifizierungsverlaufs im Viertel…

AM HAUS VOM HUMPTY BEFINDET SICH EIN GROSSER ROTER PUNKT. VERWEIST DER WIRKLICH AUF EINEN LUFTSCHUTZBUNKER IN DER NÄHE UND WENN JA, WO IST DIESER DENN? Johannes Eich, 32 Der rote Punkt hat unseres Wissens nichts mit Luftschutzbunkern zu tun. Allerdings ist an der Fassade Johannisstraße 1 ein großer weißer Pfeil, der nach links unten Richtung Boden zeigt. Der hatte genau diese Funktion.

DIE CECILIENSTRASSE IST WOHL NACH KRONPRINZESSIN CECILIE VON PREUSSEN BENANNT. WONACH IST ABER DIE SEILERSTRASSE BENANNT? WURDEN DORT EINST SEILE GEDREHT, SPIELTE EINST EIN HERR SEILER EINE HERAUSRAGENDE ROLLE IN SAARBRÜCKEN ODER IST SIE NACH DEM MYSTERIÖSEN ORT „BAD SEIL AN DER WURSCHNITZ“ BENANNT? Thomas Spuli Kruse aus der Schmollerstraße, die vermutlich nach dem Ökonomen Gustav Schmoller benannt ist.

KANN MAN MAL DIE RASER DURCH DAS VIERTEL STOPPEN? Pauly, 45, Riegelsberg Hier greift möglicherweise wieder die Idee mit den salmonellenverseuchten Eiern.

Unsere Anfrage ans Stadtplanungsamt wurde leider nicht rechtzeitig beantwortet. Möglich wäre, dass in der Seilerstraße eine Seilerbahn war: So nannte man einen langen, ebenen und geschützten Platz, auf dem Seile hergestellt wurden.

14 / 15


AUF WELCHE SUMME BELAUFEN SICH DIE GANZEN DECKEL IM NILLES?

WANN EXPANDIERT DAS VIERTEL, WEIL ES ZU „HIP“ IST? WELCHES VIERTEL WIRD DAS NÄCHSTE NAUWIESER?

anonym

Matze, 31, Molschd Wenn der Underground zum Mainstream wird, ist das nie schön. In der Kultur gibt es dann sofort eine Gegenbewegung. Bei Stadtvierteln ist das etwas schwieriger. Und: Es kann nur ein „Viertel“ geben. Hier ist alleine schon durch die baulichen Voraussetzungen ein abgeschlossener Dorf-in-der-Stadt-Charakter gegeben, was eine Expansion unmöglich macht. Und natürlich lebt der Viertelcharakter von seiner historisch gewachsenen sozialen Struktur, die eben einzigartig ist und sich nicht verpflanzen lässt.

Experte Frank N.: „Es gibt normale Deckel, die jeden Monat bezahlt werden, das sind immer so um die 3.500 €. Dann gibt es noch die Deckel, die halt einfach nie bezahlt wurden. Das sind ca. 9.000 €. Allerdings auch seit 13 Jahren, also gar nicht so schlimm.“

WAS KOSTEN DIE NUTTEN BEIM COCA-COLA-SCHILD? UND MACHEN DIE ES AUCH MIT FRAUEN? anonym Unser Außendienstmitarbeiter hat recherchiert: „Also, äh, ist Patricia da?“ „Ich bin genauso gut, komm Schatzi.“ „Nee, ich brauch eigentlich nur die Preise fürs Viertelheft“ „Nee, du nicht bezahlen. Du Amigo.“ „Ja. Nee… Ich brauch die Preise. Fürs Viertelheft. Was kostet z.B. äh blasen?“ „Nee, du nicht“. Fünf irritierende Minuten später ist die Lage gepeilt: Oral = 30 EUR, GV = 50 EUR. Frage nach Sonderwünschen (z.B ans Bett fesseln und von zwei Damen verwöhnen lassen): „Komm mit, wir zeigen dir’s.“ Also, wir würden mal so sagen: Alles andere is VB...

WARUM GIPT ES IM VIERTEL, KEIN COFFEESHOP? DANN MUSS KEIN MENSCH SO ZU MACHEN, ALS WÄRE DAS GANZE ILLEGAL! anonym Die Antwort scheint uns schon ein bisschen in der Fragestellung zu liegen...

WARUM IS ES ECK SO LANGWEILIG GENN? Gemb und Berthold Leicht zensierte Antwort von Insider Tommy L.: „Das liegt an diesen verschissenen, hässlichen Kackbratzen die hier scharenweise einfallen. Solche Arschlöcher ziehen dann wiederum Vollidioten an, die Scheiß-Cocktails trinken, Gäste anpöbeln und die Klos vollkotzen. Ich schmeiße die ganzen Wixer bald raus. Hab die Schnauze voll. Is doch so.“


TRIFFT ES ZU, DASS ZUR SOGENANNTEN KULTUR DES VIERTELS AUCH GEHÖRT, DASS MAN ANWOHNER NACHTS NICHT SCHLAFEN LÄSST UND ANWOHNER, DIE SICH GEGEN NÄCHTLICHEN LÄRM WEHREN, DER NICHT ZULETZT VON BESTIMMTEN KNEIPEN AUSGEHT, VERSPOTTET BIS VERACHTET? UM VIERTELVOR DIE ARBEIT DER BEANTWORTUNG DER OBIGEN FRAGE ABZUNEHMEN: DIE ANTWORT LAUTET „JA!” anonym Wir widersprechen. Denn es gehört grundsätzlich nicht zur Kultur des Viertels, Lärmopfer zu verspotten. Nachts von besoffenen Grölern um den Schlaf gebracht zu werden, ist wahrlich nicht lustig. Aber bevor man die Kneipen als die Bösen in dieser Situation ausmacht, sollte man bedenken, dass das Viertel schon immer ein Kneipenviertel war, die Kneipen nicht verantwortlich für die Raucherschutzgesetze sind und schon gar nicht für den Hype, der mittlerweile ums Viertel gemacht wird, was allerlei Ausgehtouristen mit Sixpacks im Rucksack anzieht.

WO STECKT EIGENTLICH DIESE BEZAUBERNDE FRANZÖSISCHE BEDIENUNG AUS DER BAR CENTRAL? ich, Blumenstraße Oh ja! Die war übrigens nicht aus Frankreich, sondern aus der Schweiz. Letzter bekannter Aufenthaltsort: Genf. Schade.

WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN „BEWOHNER“ UND „ANWOHNER“ UND WARUM MÜSSEN DESWEGEN SCHILDER UMBESCHRIFTET WERDEN? Ein Ex-AnBewohner

WIESO NENNEN WIR ES „DAS VIERTEL“? WO LIEGEN DIE ANDEREN DREI? Ekkehard Augehend von der Gesamtfläche der Stadt Saarbrücken müsste es eigentlich Nauwieser 1193stel heißen. Demographisch korrekt hieße es Nauwieser 31stel.

Recherche in diesem sog. Internet: Es heißt Bewohnerparken, da im Mai 1998 die Praxis, großflächige Anwohnerparkzonen zuzuweisen, durch das Bundesverwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt wurde, weil der „Begriff des Anwohners [...] eine enge räumliche Verbindung zwischen Wohnung und Pkw-Abstellort“ verlangt. Der Gesetzgeber änderte daraufhin das Straßenverkehrsgesetz und ersetzte den Begriff „Anwohner“ durch „Bewohner“. Um der Umbenennung Rechnung zu tragen, mussten bundesweit alle „Anwohner“- in „Bewohner“-Schilder geändert werden.

16 / 17


WIE WÄR’S MIT „SHARED SPACE“ (GEMEINSAMER VERKEHRSRAUM: FUSSGÄNGER, RADFAHRER + AUTOS AUF EINER EBENE) IM VIERTEL?

WARUM NUR? WARUM? anonym 42

H. Becker, 60 Jahre, GHF-Straße Unsere Anfrage ans Stadtplanungsamt wurde leider nicht rechtzeitig beantwortet. Wir halten das für eine hervorragende Idee. Zusätzlich zur Verkehrssicherheit würde auch die Lebensqualität verbessert. Die Dominanz des Fahrzeugverkehrs würde verringert, soziales Leben mehr auf die Straße verlagert werden.

SIND DIE FREAKZ VOM AUSSTERBEN BEDROHT? anonym Niemals. Nicht im Viertel.

WARUM SPIELEN AUF DEM VIERTELFEST BANDS AUS KANADA ETC.? DAS SAARLAND HAT GENUG GEILE BANDS. SORRY KAI J… anonym Antwort Kai Jorzyk, verantwortlich fürs offizielle Musikprogramm des Festes: Das Konzept, pro Abend eine, maximal zwei überregionale Bands spielen zu lassen und den Rest den lokalen Acts zu überlassen, hat sich bewährt. Dabei ist das Verhältnis zwischen Künstlern aus dem Saarland und auswärtigen Acts ja immer noch bei 70/30 – womit der Anteil der lokalen Combos deutlich überwiegt. Aber man kann es eben nicht immer jedem recht machen. Ich erinnere mich an eine Frage an einem Samstagabend auf dem Naufest, an dem ausnahmsweise nur lokale Acts gespielt haben: „Ist euch das Geld ausgegangen oder warum spielen heute nur Bands aus dem Saarland?“

EI, WARUM GEBBTS DANN DOO KEEN INNKAAFSLADE? Konsument, 0-99, Viertel Ringelblume, Gemüsemädels, Bäcker Stein, Bäcker Lagaly sind natürlich Top-Adressen. Netto in der Dudweilerstraße hat zumindest Unterhaltungswert. Das einzige, was fehlt, wäre eine (gute!) Metzgerei. Einen richtigen Supermarkt werden wir uns im Viertel wohl leider abschminken müssen. Aber wer weiß, vielleicht geht die Entwicklung irgendwann auch nochmal in eine andere Richtung…

WARUM IST UNSER ZAHLUNGSMITTEL GELD UND NICHT TAUSCHEN? anonym Angenommen, du betreibst eine Kneipe. Jetzt kommt ein Versicherungsvertreter und möchte ein Bier einen Hugo trinken. Als Gegenleistung bietet er dir eine Auslands-Reise-Krankenversicherung an. Denk mal drüber nach…


WO KANN MAN SICH ENTSPANNEN?

WAS IST GENTRIFIZIERUNG? anonym Halunken sitzen in finsteren Spelunken. Dann schreibt jemand in einem Reiseführer „Künstler- und Studentenszene“. Folge: Die Brunchbox stirbt, die Versicherung kommt und der Nilles wird zur Szenekneipe.

Tibor, 24, Schumannstraße Zumindest Handentspannung findet man in der Nauwieserstraße 8 oder 10. Wer sich beim Fußballschauen entspannen kann, ist im Viertel ebenfalls bestens aufgehoben. Kirchgarten funktioniert auch gut.

WAS DAS FRISEURVIERTEL WISSEN WILL, IST MIR TOTAL EGAL anonym

WIR WOLLEN URBAN GARDENING! WAS RÄT VIERTELVOR, WO SOLLEN WIR ES MACHEN? anonym Wir empfehlen die Guerilla-Variante. In der Försterstraße hat anscheinend schon jemand damit angefangen. Da wächst in Höhe des Förster-JUZ auf dem Bürgersteig Weizen.

WAS HÄLT VIERTELVOR VON DER IDEE, AUF EINEM STÄDTISCHEN GRUNDSTÜCK (NEBEN NAUWIESER 8 UND 10) TISCHTENNISPLATTEN AUFZUSTELLEN? anonym Aus geopolitischer Sicht ein strategisch günstiger Standort: Erst intime Bündnispolitik im Freudenhaus, dann spielerisches Kräftemessen an der Tischtennisplatte, zum Vertragsabschluss ein Friedensdöner.

WIESO HEISST PUMA EIGENTLICH PUMA? anonym Antwort von DJ Puma: 1. Der antifaschistische Dichter Kurt Tucholsky unterschrieb seine Artikel und Polemiken gerne mit den Pseudonymen Peter Panter oder Theobald Tiger. In dieser Reihe fühlt sich der Puma wohl, ohne jemals an sein Vorbild ganz heranzureichen. Tiger und Panter sind einfach größer. 2. Eine Schamanin erklärte mir, dass ich im Verständnis der Hopi-Indianer im Sternkreiszeichen des „Puma“ geboren wurde. 3. Beim Fußball war ich mit puma immer erfolgreicher als mit adidas.

18 / 19


Nauwieserstraße 16 • 66111 Saarbrücken • 0681-940 65 658 reklame

reklame


MOTORBIKE-TOUR S WE ST-AFRICA | GAMBIA, SE NEGA L, GUINEA

1 - 5 DAY TRIP ALL INCLUSIVE Motorbike-Equipment, -Clothing, etc. January - February & October - November www.motorbike-westafrica.com Mobil: 0175 6170318

reklame

Zweirad/Motorrad-Service Thomas Theis Nassauerstr. 8, im Hinterhof, 66111 Saarbr端cken Mobil: 0175 6170318 - www.tomsgarage-sb.de

reklame

reklame

20 / 21



Nauwieser

19

Die Gründung des Kultur- und Werkhofes Nauwieser 19 trug Ende der Achtzigerjahre maßgeblich zu einem neuen Erscheinungsbild des Viertels bei. Eine Spurensuche zwischen Basisdemokratie, Stadtentwicklung und Gegenökonomie. von Ralf Leis, Fotos Falk Kuckert

D

as hohe Lied der selbstverwalteten Betriebe wird nirgends in Saarbrücken so laut gesungen wie im Nauwieser Viertel. Der Kultur- und Werkhof Nauwieser 19 e. V., gegründet im Jahre 1988, ist ein tolles Beispiel für die Vereinigung von kollektiv strukturierten Betrieben und selbstorganisierten Vereinen: Er umfasst derzeit insgesamt elf Projekte – ein Zusammenschluss aus Handwerksbetrieben, Geschäften und sozialen, kulturellen und therapeutischen Einrichtungen, deren Betreiber durch ihre Mitgliedschaft im Verein gleichzeitig ihre eigenen Vermieter sind. In Plenumssitzungen werden alle Entscheidungen, die den Werkhof betreffen, basisdemokratisch getroffen. Neben der politischen und gesellschaftlichen Bedeutung eines solchen Großprojektes übte die Renovierung und Instandsetzung des Gebäudekomplexes in der Nauwieserstraße 19 Anfang der Neunzigerjahre einen großen Impuls auf das Nauwieser Viertel aus. Das städtebauliche Vorzeigeprojekt sorgt durch Kino achteinhalb, Fahrradladen, die einzelnen Ateliers und natürlich Café Kostbar

für einen regen Publikumsverkehr im Hof. Die Einrichtung des Veranstaltungsraums N.N. Nauwieser Neunzehn im Jahr 2008 verstärkte den Charakter des Kultur- und Werkhofes als Treffpunkt und Ort des Austauschs. Den Raum im Vorderhaus für Veranstaltungen und somit für alle Viertler nutzbar zu machen und nicht als weiteren Projektraum zu vermieten, war eine gezielte Entscheidung: N.N. funktioniert als Fenster vom Nauwieser Viertel zum Werkhof, aber auch umgekehrt. Durch eigene Veranstaltungen wie den Nachbarschaftsflohmarkt, Kochabende etc. greift der Verein aktiv Themen auf, die insbesondere das Viertel betreffen. Der Modellcharakter des Projektes war den ursprünglichen Ideengebern um Rolf Lauermann von Netzwerk Saar e. V. durchaus bewusst. Einerseits ging es damals ganz pragmatisch um die Schaffung von geeigneten Räumlichkeiten für die verschiedenen Projekte, andererseits sollten auch das eigene politische Selbstverständnis und der Selbstverwaltungsgedanke weitergetragen werden. 22 / 23


Ingrid Kraus, Gründungsmitglied von nauwieser19 und seit 25 Jahren erfolgreich im kino achteinhalb aktiv, berichtet von der Vorgeschichte: „Die Gebäude hier standen schon über zehn Jahre leer. Im Vorderhaus war übrigens ursprünglich eine Apotheke. Die Gruppe um Kino, Aidshilfe und Frauennotruf, zusammen mit dem Netzwerk und dem Bingert, haben das Projekt mit dem Werkhof dann angestoßen. Das Bingert war ja damals der Treffpunkt, da haben immer Sitzungen vom Buchladen-Kollektiv, Kino usw. stattgefunden. Durch diesen Austausch hat man schnell die ganzen Leute kennengelernt. Wir vom Kino waren damals in der Alten Feuerwache und hatten sowieso neue Räume gesucht, weil wir uns gerade im Umbruch befanden.“ Parallel dazu brauchte auch die Aidshilfe eine neue Unterkunft, da ihr vorheriger Standort in der Großherzog-Friedrich-Straße alles andere als optimal war: „Wir waren damals zwischen einem Pornokino und einem Sexshop angesiedelt. Das war natürlich relativ ungünstig“, erzählt Frank Kreutzer, erst ehrenamtlich und seit 1994 hauptamtlich bei der Aidshilfe tätig. „Der Werkhof dagegen bietet eine gewisse Schutzzone. Zum einen war es relativ schwierig für uns, Vermieter zu finden, zum anderen garantiert dieser Hof eine gewisse Anonymität. Wenn ich hier reingehe, weiß niemand, ob ich zur Aidshilfe, zum Frauennotruf oder ins Kino oder etwa Kaffee trinken gehe.“ Vorbilder für das Projekt gab es einige. Zentren und Werkhöfe, die alternative Arbeits-und Lebensformen errichteten und betrieben, kannte man Ende der Siebziger-/Anfang der Achtzigerjahre bereits aus Berlin, Freiburg oder Hamburg. In Zeiten von AntiAtomkraft- und Friedensbewegung war die Motivation groß, sich zu solidarisieren und gesellschaftsverändernd zu wirken. Ingrid erzählt: „Alle, die sich damals politisch engagiert haben, waren in der Friedensbewegung. Wir haben eben Kino gemacht und wollten das auch von Anfang an mit einem politischen Hintergrund tun.“ Ausgehend von diesen politisch-emanzipatorischen Strömungen der Siebzigerjahre entstand in vielen deutschen Städten die Vorstellung, dass es

lohnenswert und spannend sein könnte, eine Alternative zu den herrschenden Verhältnissen auf die Beine zu stellen: demokratisierte Produktionsweisen mit gleichberechtigten Arbeits- und Entscheidungsstrukturen im Geiste der 68er-Bewegung. Der 1980 gegründete Verein und spätere maßgebliche Ideengeber Netzwerk Saar e. V. fungierte in diesem Kontext als regionaler Förderfond. In beratender Funktion und mit Hilfe von Mitgliedsbeiträgen und Spenden für politische Initiativen und selbstverwaltete Betriebe und Vereine sah man sich als Teil von linker Infrastruktur und Gegenökonomie. 1988 kaufte der Verein das 1906 erbaute Gebäude in der Nauwieserstraße, welches in den Folgejahren mit viel Eigenleistung renoviert und umgebaut wurde. Im Sommer 1990 fand die offizielle Einweihung statt. Kauf und Renovierung wurden mit Darlehen finanziert, die dann durch die Mieteinnahmen der einzelnen Projekte zurückgezahlt wurden. Der Stadt Saarbrücken dürfte dieses ambitionierte und richtungsweisende Projekt nicht ungelegen gekommen sein, passte es doch wunderbar in das geplante Sanierungskonzept für das Nauwieser Viertel. „Ja, es war schon ein Impuls fürs Viertel. Das hat sich gegenseitig beeinflusst“, erzählt Ingrid. „Es war eben eine ganz bunte Mischung aus gewerblichen, sozialen, kulturellen Projekten. So war es möglich, über den eigenen Tellerrand zu schauen, aus anderen Bereichen was mitzubekommen. Das hat eine große Faszination ausgemacht.“ Diese Faszination besteht auch noch nach 26 Jahren. Sonja Bader, ganz frisches Mitglied im Verein und erst 2013 bei Klangwerk als Musiktherapeutin eingestiegen: „Ich bin ja zunächst mal eher zufällig und pragmatisch durch ein Praktikum im Klangwerk hier reingekommen, als ich noch studiert habe. Aber Teil dieser ganzen Projekte zu sein, mit denen ich sonst gar nichts zu tun hätte, ist schon toll.“ Frank Kreutzer bestätigt: „Es gibt natürlich Projekte, die inhaltlich näher sind, aber durch die Sitzungen bekommt man schon viel von den anderen mit. Ab und zu machen wir auch Begehungen und schauen, was es Neues gibt.“


1

2

3

5

1 Nauwieser 19 vor der Sanierung im Jahr 1987. 2 Während der Sanierung. In der Mitte Christine Engisch, ehemalige Betreiberin des Café Kostbar. 3 Eigenleistung: Ingrid Kraus beim Verputzen. 4 Der fahradladen in neuen Räumlichkeiten. 5 Schon immer wichtig: Besprechungen. In der Mitte rechts Rolf Lauermann.

4

24 / 25


Oha. Stichwort Plenumssitzungen. Die Frage nach nicht enden wollenden Besprechungen, bei denen nervige Grundsatzdiskussionen in so manchem Kopf die Idee zu Auftragsmorden reifen lässt, zaubert unseren Interviewpartnern ein leises Lächeln ins Gesicht: „Es gibt halt Themen, die immer wiederkommen, obwohl man denkt, das sei schon längst geklärt“, sagt Frank. „Das nervt manchmal. Zum Beispiel das Thema Schilder, Beleuchtung etc. Bei so vielen Mitgliedern ist es natürlich schwierig, gerade wenn es um die Außendarstellung geht.“ Wie läuft das dann praktisch ab? Ingrid: „Zunächst wird diskutiert und irgendwann eben abgestimmt. Wir legen allerdings großen Wert darauf, dass wirklich alle einverstanden sind, wenn es um neue Mitglieder geht. Wenn ein Projekt sagen würde, mit dem kann ich gar nicht, dann machen wir’s nicht. Ansonsten hat man über die Jahre auch dazugelernt. Früher gab’s nur große Plenumssitzungen, das heißt man hat ALLES bis zum Ende durchdiskutiert. Irgendwann sind wir dazu übergegangen, Aufgaben zu verteilen. Alle 14 Tage machen wir ne große Sitzung, bei der wichtige Sachen besprochen werden, und zwischendurch gibt es Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen.“ Man kann sich vorstellen, dass so ein Projekt anfangs sehr viele Kräfte freigesetzt hat. Wie sieht das heute aus? Gibt es noch Platz für Spontanität? Bleiben vielleicht Kräfte auf der Strecke, weil jede Idee erstmal durchs Plenum muss? Frank dazu: „Unterschiedlich. Manchmal sagt jemand, wir könnten mal dies oder jenes machen und alle finden das toll. Andere Dinge sind auch mal mühsam, da wird diskutiert, bis man denkt: ‚Oh Gott…‘. Es ist aber nicht so, dass alles wie gelähmt ist, weil so viele Leute entscheiden müssen. Bei schnellen Entscheidungen reicht oft auch mal ne Rundmail.“ Die politische Signalkraft von Nauwieser 19 ist mit den Jahren natürlich etwas verblasst. Anfeindungen aus der Ecke der Autonomen Szene etwa, wie zu Beginn, sind heute nicht mehr denkbar. Aber zwischendurch gibt es immer wieder Projekte, die auch ein Zeichen setzen sollen, zum Beispiel die Solaranlage auf dem Dach oder die Behinderten-

toilette im Hof. Auch einrichtungsübergreifende Realisierungen gab es schon einige, wie den Fahrradverleih „Radlos“ auf Initiative von Aidshilfe und Fahrradladen. Die Eigenschaft des Werkhofes als Impulsgeber für das Viertel und die Stadt ist zwar unbestritten, aber der ständige Mangel an finanziellen Mitteln zwingt die einzelnen Projekte auch oft zur Improvisation. Ingrid weiß ein Lied davon zu singen: „Wir haben schon immer kämpfen müssen. Es ist einfach eine Mangelverwaltung. Das können wir zwar gut, aber im Moment ist es wirklich schwierig. Wenn für die Völklinger Hütte E-Bikes für 100.000 Euro angeschafft werden, die nie benutzt wurden, und bei uns wird jeder Euro in Frage gestellt, sind diese Unverhältnismäßigkeiten manchmal schwer zu ertragen.“ Frank ergänzt: „Da wir relativ viele Projekte haben, die auch von öffentlichen Aufträgen und Zuschüssen abhängig sind, müssen wir natürlich schauen, was die Schuldenbremse perspektivisch für Auswirkungen hat. Letztendlich wird das auch Auswirkungen für den Hof haben. Das ist jetzt noch nicht ganz absehbar.“ Ingrid: „Kajo Breuer hat mal in einer Ansprache gesagt, was uns auszeichnet, sei dieses Durchhaltevermögen und der Eigensinn, es DOCH zu machen. Das ist auch ein bisschen unser Motto hier. Und heute ist der Kultur- und Werkhof eben ein richtiges Vorzeigeprojekt. Wenn Gäste von irgendwo herkommen, werden die immer gern hier durchgeschleust.“ Die Frage nach der Zukunft des Hofes wird also grundsätzlich optimistisch gesehen. Die Fluktuation der einzelnen Einrichtungen ist erfreulich gering und für ausscheidende Mitglieder und freie Räume findet sich immer wieder schnell Ersatz. Der Standort und die Verflechtung mit dem Viertel sind dabei natürlich sehr wichtig und machen den Werkhof zu einem dynamischen Ort. Ingrid: „Das Nauwieser Viertel ist natürlich das schönste Viertel in der Stadt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Werkhof irgendwo anders wäre. Der gehört hier einfach rein. Durch die Vielfalt sind hier viele Dinge möglich, im Negativen wie auch im Positiven.“


Aktuelle Einrichtungen im Kultur- und Werkhof: Aids-Hilfe Saar www.aidshilfesaar.de Atelier Tina Stein - Malkurse und Seminare www.tinastein.de Café Kostbar www.cafekostbar.de der fahrradladen www.fahrradladen-saarbruecken.de Frauennotruf Saarland www.frauennotruf-saarland.de gehstalten – Figurentheater-Werkstatt www.gehstalten.de Kino achteinhalb www.kinoachteinhalb.de Klangwerk, Studio für Musiktherapie www.klangwerk-musiktherapie.de Mmarcu – Künstlerwerkstatt www.mmarcu.de Praxis für Therapeutic Touch und Energiebalance - Vera Bartholomay www.therapeutic-touch-bartholomay.com Saarländisches Filmbüro e.V. www.filmbuero-saar.de Veranstaltungsraum N.N. Nauwieser Neunzehn Informationen und Buchung unter Tel. 0681.39 95 38 Kultur- und Werkhof Nauwieser 19 e. V. Nauwieser Straße 19, 66111 Saarbrücken www.nauwieser19.de

Fotos links von oben: – Der Raum von Klangwerk – Kino achteinhalb – Blick in den Hof – Veranstaltungsraum N.N. Nauwieser Neunzehn

26 / 27


KLEIN ES VIER TELVO R Auch den kleinen Viertelbewohnern soll unsere Aufmerksamkeit gelten. Auf den folgenden Seiten gibt es Spiel und Rätsel für die nächste Generation. Aber natürlich auch für die Großen. von Helene Bunge

Ordne die folgenden Gegenstände ihren passenden Orten zu!


DA IST IM SOMMER WAS LOS! Verbinde die Zahlen 1 bis 88! Wenn du mรถchtest, kannst du das Bild anschlieร end noch weitermalen. 28 / 29


VIERTEL-U TOPIE Unser Viertel ver채ndert sich st채ndig. Was glaubst du, wie es in zehn Jahren hier aussieht? Hier ist Raum f체r Fantasie! Male die beiden Bilder weiter.


Wenn du willst, schick uns deine Viertel-Utopien gerne zu! Die Adresse findest du auf Seite 64.

30 / 31


/ Programm Nauwieserfest 2014 / Schirmherrschaft: Charlotte Britz, Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Saarbrücken Christa Piper, Bezirksbürgermeisterin

Grußwort

W

illkommen beim Nauwieser Fest 2014! Das Nauwieser Viertel präsentiert sich alljährlich am letzten Juli-Wochenende von seiner allerbesten Seite: bunt, ausgefallen, alternativ und ausgesprochen charmant. Trotz seiner mittlerweile beeindruckenden Größe gelingt es immer wieder, den familiären Charakter dieses Festes zu bewahren. In diesem Jahr beginnt das Nauwieser Fest am Freitag, dem 25. Juli. Für viele Menschen in und außerhalb Saarbrückens ist es das schönste und ausgefallenste Stadtteilfest an der Saar. Hier feiern in gelassener und friedvoller Atmosphäre Einheimische und Auswärtige, hier trifft man auf alte Bekannte und Exil-Saarbrücker, die ihren Heimat-Urlaub gezielt nach dem Termin des Viertel-Festes planen. Ich habe gerne wieder die Schirmherrschaft für das Fest übernommen, denn gerade diese Veranstaltung ist ein Spiegel unserer weltoffenen und kulturell vielfältigen Stadt. Wir arbeiten seit vielen Jahren daran, den Charakter des Viertels zu bewahren, es zu verschönern und seine Attraktivität als Wohnquartier zu erhalten. Neu gestaltete Straßen und kleinere Plätze, der Kirchgarten an der Johanniskirche, der umgestaltete und inzwischen sehr beliebte Landwehrplatz sowie die Verschönerung des Umfeldes der Alten Feuerwache sind Beispiele dieser Bestrebungen. Hausbesitzer und Geschäftsleute sowie viele Bewohnerinnen und Bewohner haben das Viertel

dabei mit viel Herzblut und Engagement mitgestaltet. Ihnen möchte ich dafür an dieser Stelle herzlich danken! Die Besucherinnen und Besucher des Nauwieser Festes erwartet wieder ein anspruchvolles Bühnenprogramm mit vielen renommierten Künstlern aus dem In- und Ausland. Das SOS-Kinderdorf wird erneut ein Programm für Kinder gestalten, zudem gibt es auch in diesem Jahr wieder einen Bücherflohmarkt und eine CD- und Schallplattenbörse. Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Organisatoren des Nauwieser Festes, die sich Jahr für Jahr erfolgreich der Herausforderung stellen, den unterschiedlichsten Kunst- und Kulturformen „eine Bühne zu geben“ und damit mit großer Treffsicherheit ein Fest der besonderen Art schaffen, ein Fest, das die spezifische Lebensart des Viertels widerspiegelt und gleichzeitig unsere Stadt von einer besonders liebenswerten Seite zeigt. Den Besucherinnen und Besuchern wünsche ich eine gute Zeit beim Nauwieser Fest 2014. Saarbrücken, im Juni 2014

Charlotte Britz Oberbürgermeisterin


reklame

32 / 33


/ Programm Nauwieserfest 2014 / Freitag, 25.07.14

Samstag, 26.07.14

Hauptbühne Max-Ophüls-Platz:

Hauptbühne Max-Ophüls-Platz:

18:50 Christmas Trinkfester Schweine-Punkrock aus St. Wendel

15:00 Saarbruck Libre Saarländische Weltmusik mit Witz und Violine

20:00 Lacuna Saarländische Alternative/Indie/Stoner Rock-Helden

18:00 Le Magnetophone Klassischer Chanson trifft auf modernen Antifolk

21:20 Misconduct Punkrock/melodischer Hardcore aus Schweden

19:10 Loony Garage-Punk, Power-Pop, Hammond-Rock

22:45 Findus Aus Hamburg: Punkrock meets Indierock

20:20 Stick Boy Noise-Pop von Erwachsenen für Erwachsene

Hof Antiquitätenladen, Nauwieserstraße:

21:30 Möfahead Jeans & Teens & Colabier

19:00 Max Bousso Eine musikalische Reise mit dem senegalesischen Ausnahmekünstler

22:45 The Sigourney Weavers Junge schwedische Powerpop-Durchstarter

Innenhof Café Kostbar, Nauwieserstraße:

Hof Antiquitätenladen, Nauwieserstraße:

20:00 The Shortbreads Erdige Gitarrensounds mit Klassikern & Eigenem

18:00 Daniela Lodani Feuriger Flamenco - Rumbas & Bossa Nova

Bleistift, Nauwieserstraße:

Innenhof Café Kostbar, Nauwieserstraße:

19:30 Rugged! Covers von Deep Purple, Hendrix, ZZ Top etc.

16:00 Giuliano Ein Mann, eine Gitarre. Straßenmusik im Innenhof

Karateklub Meier, Nassauerstraße:

18:00 Unizoff Moderne Rockmusik unplugged

21:00 Die Fahrt von Holzminden nach Oldenburg Trio-Coverband, legendär & kultig!

20:30 Hexeschuss Irish Folk, maximale Feierstimmung Bleistift, Nauwieserstraße: 19:30 Woodwell Saarbrücker Formation spielt Blues-Klassiker

Von links: Rugged!, Die Fahrt von Holzminden nach Oldenburg, Woodwell, Hexeschuss, Power, Sound Schreck


Sonntag, 27.07.14 Hauptbühne Max-Ophüls-Platz:

Sonstiges:

14:00 Ro Gebhardt & Friends Einer der gefragtesten saarländischen Jazz-Musiker

Bücherflohmarkt Samstag von 14.00 bis 19.00 Uhr im Hinterhof des Buchladens in der Försterstraße. Interessierte melden sich an unter 0681-31171 oder persönlich im Buchladen in der Försterstraße 14.

17:15 Honey Creek Rock und Blues vom Feinsten um Sänger James Boyle 19:15 Savoy Truffle Unchartable Pop – endlich live auf der Hauptbühne 21:15 Intergalactic Lovers Die belgischen Indierocker auf Tour Innenhof Café Kostbar, Nauwieserstraße: 16:00 Destination:Freedom Beatles meet Independent unplugged 19:00 Basspartwo Chansons der 20er bis 40er, Jazzklassiker Bleistift, Nauwieserstraße: 19:30 Sound Schreck Blues, Rock und Artverwandtes Karateklub Meier, Nassauerstraße: 21:00 Power Rock meets Post Punk meets Powerpop

CD- und Schallplattenbörse Samstag und Sonntag ab 13.00 Uhr CD- und Schallplattenbörse auf dem Max-Ophüls-Platz. SOS Kinderdorf Saarbrücken, Innenhof, Eingang zwischen Seilerstraße und Nauwieser Platz (Hausnummer 9): Kinderbetreuung für Kinder von 3 bis 10 Jahren. Samstag, 12.00 – 19.00 Uhr und Sonntag 13.00 – 19.00 Uhr. Das diesjährige Motto lautet „Kunsthandwerkermarkt“. Die Eltern können in der Zwischenzeit das Nauwieser Fest besuchen. Spielsachen können im neuen Tausch- und PlauschLaden in der Cecilienstr. 27 getauscht werden. Familycafe, Ecke Rotenberg-/Nauwieserstraße: • Samstag, 15.00 – 15.45 Uhr: Eltern-Kind-Yoga zum Kennenlernen (kostenlose Schnupperstunde). Für Eltern mit Kindern zwischen 3 und 5 Jahren. • Sonntag, 15.00 – 15.45 Uhr: Kinderyoga zum Kennenlernen (kostenlose Schnupperstunde). Für Kinder von 9 bis 11 Jahren. • Samstag und Sonntag, 16.00 – 17.00 Uhr: Kinderzumba für Kinder ab 4 Jahren. Der Eintritt ist frei bei Bestellung von Getränken oder Speisen. Gelümmel & Getümmel, Nauwieserstraße: Samstag und Sonntag von 14.00 bis 19.00 Uhr Kinderbetreuung im Gelümmel & Getümmel in der Nauwieserstr. 35 für Kinder ab 3 Jahren. Unter liebevoller Aufsicht wird gebastelt, gespielt, gemalt, vorgelesen und gemeinsam Spaß gehabt. Kosten: 5€/Stunde inkl. aller Materialien und 1 Kaltgetränk. spielbar, Cecilienstraße feiert sein ¸verflixtes 7. Jahr´ mit Glücksrad, Kaffee & Kuchen sowie handgemachter Musik. Zu Gast: Theatergruppe ElleGanz. Außerdem natürlich wie jedes Jahr ein großes und abwechslungsreiches Angebot an Essens-, Getränke-, Schmuck- und sonstigen Ständen auf dem MaxOphüls-Platz, in der gesamten Nauwieserstraße und einem Abschnitt der Cecilienstraße. 34 / 35


/ Programm Nauwieserfest 2014 / Liebe Gäste des Nauwieser-Viertels, drei Tage im Juli steht Saarbrücken im Zeichen des Viertel-Festes und wieder werden an diesen Tagen die Uhren nach den jeweiligen Programm-Highlights gestellt. Die Viertel-BewohnerInnen und die Organisatoren heißen Sie auf das Allerherzlichste willkommen. Alle freuen sich, dass das Nauwieser Viertel Anziehungspunkt für so viele Freunde der Szene ist. Die zahlreichen unterschiedlichen kulturellen Angebote, ebenso wie der spontane und erfrischende Kontakt mit Menschen der Kunstszene, das lockere oder engagierte Gespräch mit Fremden und Freunden, die vielfältige Gastronomie, die Informationsangebote und die bunten Verkaufsstände: all das macht die besondere Atmosphäre des Festes aus. Veranstaltern und Stadt ist es gelungen, sich auf die seit „Duisburg“ notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu verständigen: Ihnen allen gilt unser Dank. Und so erwarten wir ein beschwingtes, friedliches Fest der Toleranz und Vielfalt, wofür das Nauwieser Viertel bekannt ist und geschätzt wird. In diesem Sinne wünsche ich allen ein ungetrübtes Festwochenende! Ihre

Christa Piper, Bezirksbürgermeisterin

Christmas Trinkfester Schweine-Punkrock aus St. Wendel. Das Quartett tourt mittlerweile durch ganz Europa und teilte seither Bühnen mit Bands wie Turbonegro, Black Flag, Kotzreiz, All For Nothing, Dampfmaschine etc. Fazit von Happy Tom, Bassist Turbonegro: „Fuck Christmas!“ www.facebook.com/christmas666 Fr / 18:50 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Lacuna Erfrischend vielschichtiger Alternative-Rock, der wahlweise mit PopAppeal kokettiert, Grunge-Wehmut aufkommen lässt, in die Wüste zum Kiffen fährt, von dort über psychedelische Umwege zurückkehrt, es noisy krachen lässt oder sogar mit progressiven Einschüben überrascht. www.enjoylacuna.de Fr / 20:00 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz


Misconduct Energiegeladener Punkrock trifft auf melodischen Hardcore. Durch endloses Touren hat sich die schwedische Band mittlerweile eine starke loyale Fan-Base in der ganzen Welt erarbeitet. Auch im Saarland sind die Schweden gern gesehene Gäste. www.misconduct.nu Fr / 21:20 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Foto: Joachim Zunke 2013

Findus Deutscher Punkrock meets Indierock: FINDUS sind laut, durchaus lustige Zeitgenossen, stets liebenswürdig-charmant und genauso wütend wie elegant. FINDUS klingen wie eine gesunde Mischung aus den Strokes und Oma Hans. Findus sind die Guten von Gestern, Heute und Morgen. www.findusmusik.de Fr / 22:45 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Foto: Dirk Guldner

Saarbruck Libre „Weltmusik mit Witz und Violine“. Geigenselige Polkas, Cajun, Reggae, Akkordeonschwangerer „Grand Bal“. Eigene Kompositionen. SAARBRUCK LIBRE haben seit 1990 vier CDs veröffentlicht und werden zum Nauwieser Fest ihr brandneues Best-Of-Album mitbringen. www.roland-helm.de Sa / 15:00 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Le Magnetophone Zwischen klassischem Chanson und modernem Antifolk findet sich die siebenköpfige Band. Ihre Debut-CD erschien letztes Jahr und finanzierte sich durch Crowdfunding, Wohnzimmerkonzerte und dem Aufstellen des ersten Musikkaugummiautomaten der Welt. Live kommt die Band mit Banjo, Glockenspiel, Sampler, mehreren Gitarren, selbstgebautem Flaschenschlagzeug, Bass und Geige daher. www.lemagnetophone.de Sa / 18:00 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Loony 5 Jungs, die immer auf und ab springen, die Energie des Rock 'n' Roll und clevere, zeitlose Popsongs im Gepäck. Mal hymnisch, mal sonnig, mal zickig und das Ganze kombiniert mit einer gehörigen Portion Charme und Nonchalance. Garage-Punk? Power-Pop? HammondRock? The New Groove Sensation? www.we-are-loony.de Sa / 19:10 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

36 / 37


/ Programm Nauwieserfest 2014 / Stick Boy Gegründet im Jahre 2001, zeichnet sich die Band vor allen Dingen dadurch aus, dass sie sich den aktuellen Trends permanent verweigert und ihrem Ziel treu bleibt, geschmackvolle und unterhaltsame Rockmusik für die ihnen zugewiesene Randgruppe zu produzieren. Musikalische Vorbilder der Band finden sich vor allem in der Sparte des sogenannten Noise Rock und Pop. www.facebook.com/StickBoyGermany Sa / 20:20 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Möfahead Keine Mofarockgruppe ist beliebter als MÖFAHEAD. Sie haben sich längst an der Spitze der deutschen Charts festgesetzt, und trotzdem sind die Saarländer auf dem Boden geblieben.! Eine rasante Zweitaktmischung aus 70er Rock, 80er Metal und 90er Tempo. Oder ganz einfach: Jeans & Teens & Colabier. www.facebook.com/mofahead Sa / 21:30 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

The Sigourney Weavers Als Proberaum diente der Band das frühere Gefängnis des schwedischen Städtchens Ludvika. Ein Ort, an dem man sich laut Band „tagsüber den Arsch in der Fabrik aufreißt und abends Metal spielt". Musikalisch erinnert die Band, die übrigens aus dem Umfeld von Millencolin kommen, an ihre Landeskollegen Ceasers. www.thesigourneyweavers.com Sa / 22:45 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Ro Gebhardt & Friends Einer der gefragtesten saarländischen Musiker wieder live auf dem Max-Ophüls-Platz. Mit dabei diesmal junge alte Gastmusiker aus der saarländischen Szene. Der Sound, eine Mischung aus pfiffigen Eigenkompositionen, gewagten Bearbeitungen von Klassikern und kraftvollen Improvisationen, ist wie immer originell und unvergleichbar. www.rogebhardt.com So / 14:00 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Honey Creek Das Publikum freut sich über eine frische Brise in der Blues- und Rocklandschaft. Mit Mut lösen sich die vier Musiker von den angestaubten Dogmen des Blues. Einerseits um ihrer Kreativität und der Freude an der handgemachten Musik freien Lauf zu lassen, andererseits um den grandiosen Eigenkompositionen Luft zum Atmen zu geben. www.honeycreek.de So / 17:15 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz


Foto: Lara Neumann

Savoy Truffle Variabel und gewandt, charmant und elegant loten Savoy Truffle die musikalischen Möglichkeiten zwischen hinreißenden Pop-Hymnen, coolen Latin-Grooves, urigen Folk-Einlagen und furiosen IndieRockern aus. www.savoy-truffle.de So / 19:15 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Intergalactic Lovers Im fünften Bandjahr liefert die Band aus Belgien mit „Little Heavy Burdens“ ihr zweites Album ab. Nach Charterfolgen, Radiohits und ausverkauften Shows in ihrer Heimat schütteln sie den Druck locker ab und liefern ein ausgereiftes und tiefgründiges Pop-Album ab. Das Spektrum reicht von folkig angehaucht bis hin zu sphärisch rockenden Songs. www.intergalacticlovers.be So / 21:15 / Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Dein Buch kommt über Nacht. der buchladen Försterstraße 14 | 66111 Saarbrücken | 0681 · 3 11 71 derbuchladen.com | mail@derbuchladen.com reklame

38 / 39


ROCKSTARS privat Groupies? Whirlpools? Drogenexzesse? Ein kleiner Einblick in das glamourรถse Privatleben unserer Rockstars ... Fotografien von Falk Kuckert


Manuel Sattler 40 / 41


Franz Saarschleifer


Tom Platte – The Apemen 42 / 43


Falk Maria Schlegel – Powerwolf


Mazze Gaspers – Love Explosion, Bobbys 44 / 45


Lee Hollis – Spermbirds, Steakknife


46 / 47


reklame


48 / 49



Dr. Moses Gar nicht so einfach, sich mit Dr. med. Michael Arndt zu verabreden. Der Mann ist beschäftigt. Kein Wunder, als praktizierender Arzt, Besitzer des Piercingsstudios AK47, Vorzeigepunk, Drehbuchautor, Kommunalpolitiker, Vater und Ehemann... von Ralf Leis und Falk Kuckert, Foto von Falk Kuckert

W

ir treffen Moses schließlich in seinem Piercingstudio AK47 in der Dudweiler Straße. Der Mann ist auf Zack. Energiegeladen rattert er sich durch das Interview und haut die Anekdoten nur so raus. Und von denen hat er einige auf Lager. Hat er doch in seinen bisher 50 Jährchen so viel erlebt, dass es eigentlich für mehrere Leben reichen würde. Das Interessante an seiner Person sind die scheinbar gegensätzlichen Bereiche, in denen er sich bewegt – ob Punk-Subkultur oder Bürgerlichkeit, auf allen Bühnen agiert er souverän und mit der gleichen Haltung. Moses, woher stammt dein Spitzname? Den hab ich schon seit Teenagerzeiten. War so ein Punkerspitzname. Muss man sich ja eine neue Identität zulegen, so als Punk. Du bist oder warst neben Punk auch schon Arzt, Geschäftsmann, Fanzine-Herausgeber, Politiker, Papa, Sänger, Autor, betätigst dich als Ringarzt bei Boxkämpfen... Gibt es vielleicht mehrere Mosese? Und vor allem, was kommt da noch? Ich sehe das nicht als getrennte Identitäten. Ich mache alle Dinge mit einer gewissen Einstellung. Ob Punk, Arzt oder Geschäftsmann, das wird mit den gleichen Prinzipien durchgeführt. Klar, man hat oberflächlich andere Umgangsformen in den verschiedenen Berei-

chen, aber es ist nicht so, dass ich da irgendwas vorspielen würde. Die Gefahr besteht natürlich, dass man sich verzettelt, wenn man auf verschiedenen Ebenen spielt. Aber es war mir immer zu langweilig, mich auf nur eine Sache zu reduzieren. Fangen wir mal vorne an. Du stammst aus Homburg. Die ersten Zeiten im legendären AJZ Homburg, da warst du doch ganz vorne mit dabei? Wir waren damals so 15-, 16-jährige Punker und haben den Laden einfach übernommen. Wir waren viel jünger als die Hippies, die dort rumhingen. Die waren ja schon fast 30. Auf jeden Fall über 20! In unseren Augen also alte Säcke. Das Punker-JUZ wurde es dann genannt. Mit Dosenpunk-Konzerten hat es angefangen, später halt Hardcore. Bands wie Fugazi haben dort gespielt. Dave Grohl von Nirvana hat mit Scream damals bei uns vor acht Mann gespielt. Das war ein Konzert für fünf Mark am Homburger Bahnhof, unglaublich. Im Homburger JUZ haben sich damals die ganzen Cliquen rauskristallisiert, die später allesamt nach Saarbrücken gekommen sind und hier mittlerweile das Nachtleben prägen. Ob das nun die Garage ist oder Kneipen hier im Viertel. Mitte der Achtzigerjahre hast du dann mit dem Hardcore-Fanzine ZAP angefangen, richtig? 1988 startete ZAP und das ging sofort ab wie eine 50 / 51


Rakete. Die Musikszene war ja damals total in Bewegung, der Wandel von Punk zu Hardcore. Sachen wie NOFX, die damals in Dillingen auch vor nur drei Mann gespielt haben – mittlerweile ist der Typ der reichste Punk der Welt. ZAP war zwar weltweit, aber im Saarland haben wir vielleicht 30 Heftchen verkauft, bei einer 3.000er Auflage, der Rest waren Abonnenten oder Mailorder. Dadurch habe ich gesehen, wie sich das Heft über ganz Deutschland verteilt, wie mit der Gießkanne flächendeckend vom letzten Kaff in Bayern bis in jede Stadt. Da hast du gesehen, überall sind Leute, die diese Musik hören. Und da hat das Heft richtig Spaß gemacht. Das war die geilste Arbeit, die ich je gemacht habe. Wenn du irgendwas 100prozentig machst, was eigentlich ein Hobby ist, und kannst irgendwann sogar davon leben, dann kennst du keine Stechuhr. Die Leute haben mir geile Platten geschickt, fürs Interview bin ich aufs Konzert gefahren. Großartig! Herrliche Jugend! Doch, ehrlich. Und dann kam Hannover, Chaostage? Die ersten Chaostage waren 1983, da waren wir Homburger schon stark vertreten. Als 1994 die Chaostage wiederbelebt wurden, war ich dann auch dabei und 1995/96 mit den ganzen Straßenschlachten. Stimmt es, dass ihr bei den ersten Chaostagen an vorderster Front als Initiatoren dabei wart? Das wird uns ja immer vorgeworfen, wir hätten das mit ein paar Leuten organisiert und dann die Kids dort verheizt. Blödsinn. Wir sind dort hingekommen, haben einen gesoffen, dann sind die Bullen gekommen oder Nazis und dann gab es eben Stress. Gut, ich muss sagen, toitoitoi, mich haben sie nie erwischt, ich hab ja natürlich auch nix gemacht, aber ich hab auch nicht auf der Couch gesessen und mir das im Fernsehen angeschaut... Was hatte dich nach Hannover verschlagen? Ich bin wegen dem ZAP dort hingezogen. Die Hardcore-Szene hatte sich dort so ein bisschen etabliert, es gab dort Labels, Leute, die viel gemacht haben und da hat das gut gepasst. Dann gab’s wiederum diesen

Bruch im Hardcore, weshalb sich dann viele aus der Anfangsgeneration von 1986 bis 88 wieder abgewandt haben und irgendwas anderes gemacht haben. Und in dieser Bewegung, in diesem Rückschritt, bin ich dann auch wieder weggezogen, zurück ins Saarland. Und dann ging’s los mit dem AK47 oder wie? Richtig, ab 1993. Ich habe dann in Homburg einen Plattenladen aufgemacht, um dort die Musik zu verkaufen, ein szenespezifischer Laden eben. Ich war dann in New York, wir hatten dort ein Büro mit dem ZAP an der Lower East Side, das war saugeil. Direkt zwischen World Trade Center und Empire State Building. Tja, und dann kam auch wieder so ein Wendepunkt: In New York fragte mich ein Kollege, ob ich mit ins Piercingstudio komme. Wie, Piercingstudio? Nie gehört. „Ei, ich lass mir nen Brustwarzenring stechen und meine Freundin macht sich in die Augenbraue einen Ohrring rein.“ Was issn das fer e Kabbes? Ich hab mir das aber trotzdem mal angeschaut. Ein älterer homosexueller Herr mit Cowboy-Lederhosen, ein richtiger Freak halt, hatte am Times Square einen Laden aufgemacht. Da standen die Leute Schlange und in der Zeit, während wir dort waren, war da ein japanisches Kamerateam und die ARD. Ich dachte, was ist das für ein Scheiß? Die Leute lassen sich überall durchstechen, an allen möglichen Körperstellen, das wird doch nie was! Drei Wochen später zurück im Saarland sagt einer zu mir: „Eh, pass mal auf, ich kann piercen. Sollen wir nicht ein Piercingstudio aufmachen?“ Ok, wir haben das einfach mal angeboten. Plötzlich standen da samstags acht Leute und wollten unbedingt... äh äh (zieht sich die Zunge raus, macht mit dem Finger eine Stechbewegung)... Dinger in die Zunge. Und so begann die legendäre Geschichte des AK47. Totale Zufallsnummer. Hast du dann selbst gepierct? Ich war in Nürnberg beim Mike, der hat tatsächlich das erste Piercingstudio in Deutschland gegründet. Bei dem hab ich gelernt und das dann selbst gemacht. Massenweise. Ich hab auch ein paar Leute ausgebildet und das hat sich so fortgesetzt bis heute.

Fotos rechts: Punkfotos.de

Ich habe Arschlöcher auf jeder gesellschaftlichen Ebene getroffen, aber solche Unmenschen wie im Medizinstudium habe ich nirgendwo gesehen.


Dr. med. Michael Arndt im Jahr 1984

Und wie kam es dann zu dem Medizinstudium? Dazu kam ich tatsächlich übers Piercing. Da gab’s Ärzte, die konnten nicht piercen, haben das aber angeboten und wirklich grauenhafte Schmuckringe gesetzt, die gesundheitsschädlich waren und so. Die Situation war die, dass die Leute sich beim Doktor piercen ließen und ich hab sie dann verarztet, obwohl ich gar kein Arzt war. Ich dachte, die Ärzte sind so hohl, wie kann man so einen Scheißdreck machen. Die haben überhaupt keine Skrupel. Und da ich auch skrupellos bin, dacht’ ich, vielleicht wär das was für mich, haha. Scherz beiseite, ich hatte an der Uni Homburg meinen Zivildienst gemacht und war erst mal abgeschreckt von den ganzen Strukturen, interessiert hat mich die Medizin aber immer. 1998/99 hatte ich auch ganz einfach Zeit. Der Laden ist gelaufen, ich hab mich im Prinzip selbst überflüssig gemacht. Zu ZAP hatte ich keinen Drang mehr und das war dann eine völlig neue Herausforderung. Aber so ein Medizinstudium macht man ja nicht so nebenher. Das hat mich eben interessiert. Und ohne pathetisch werden zu wollen: Ich bin halt ein Menschenfreund (grinst). Verstehst du, es gibt Leute, die machen Medizin, weil sie ein Einser-Abi haben, können aber keinem in die Augen schauen, richtige Soziopathen. Und es gibt so viele Leute, die machen das nur, weil

die Eltern schon Arzt waren. Und der Opa. Und der Uropa auch schon beim Kaiser Wilhelm. Dann landen sie irgendwie in dieser Welt und fangen an zu weinen. Weißt du, ich habe schon jeden Scheiß gearbeitet, ich ekele mich vor gar nix. Ich hab Leute kennengelernt, die waren während des ganzen Studiums nicht im OP, weil sie kein Blut sehen können. Irgendwie war ich also nicht an der falschen Adresse. Trotzdem, du hattest zwei gut funktionierende Läden und dann diese Motivation aufzubringen... was hat dich da angetrieben? Sportlicher Ehrgeiz, ganz ehrlich. Ich war da natürlich ein Outsider. Die wussten alle, wo ich herkomme, Szene, Chaostage. Da musste ich mich erst mal gegen den Lehrkörper durchsetzen. Leute, die teilweise jünger waren als ich. Schnösel, die sagen, was will denn der scheiß Punk? Die ganzen Strukturen sind noch immer extrem konservativ. Noch schlimmer waren aber die Kommilitonen. Dass jemand einen Prüfungstermin abhängt, damit die anderen das nicht mitkriegen und so. Solche Leute wollen Arzt werden! Um es auf den Punkt zu bringen: Ich war schon auf allen Kontinenten, ich habe Arschlöcher auf jeder gesellschaftlichen Ebene getroffen, aber solche Unmenschen wie im Medizinstudium habe ich nirgendwo gesehen. Du warst dann aber auch schon alt genug, um da drüberzustehen, oder? 52 / 53


Foto: Punkfotos.de

Moses als Sänger der Hardcore-Band Challenger Crew, von der drei Alben veröffentlicht wurden.

Klar. Das waren ja nur Nebenkriegsschauplätze. Ich bin da ja nicht hingegangen, um Daily Soap zu spielen. Meine beiden Kinder sind während des Studiums auf die Welt gekommen und ich musste büffeln wie irre, mir fiel nichts zu. Dann hatte ich irgendwann meine erste Klausur bestanden und so richtig Blut geleckt. Diese Prüfungssituationen waren wie bei einer Straßenschlacht oder einer Hooliganschlägerei. Da stehen 80 Mann vor dem Saal und sind bis hierhin voll mit Adrenalin. Du weißt, du brauchst diesen verdammten Schein, sonst musst du den ganzen Scheiß nochmal lernen. Da gibt es Leute, die packen das nicht. Im Sinn einer Wettkampfveranstaltung hat das dann schon Spaß gemacht, muss ich sagen. Du warst ja ein 1a Umstürzler, um es mal so zu sagen. Außerhalb der Gesellschaft stehend und auf Krawall gebürstet... Ich hab provoziert bis aufs Blut. Das war ja auch der Sinn dieser ganzen Talkshow-Auftritte. Da hab ich den Bürgerschreck gegeben. Bei Arabella z.B. kriegst du vorher einen Text: Wir fragen dich das, du antwortest dies. Hab ich natürlich nicht gemacht. Ich hab gesagt, ich bin Polizeispitzel, oder verkaufe auf Schulhöfen Drogen an kleine Kinder. Die haben das alle so bereut, dass sie mich eingeladen haben. Bei Biolek haben sie mir vorher einen auf die Pelle gesetzt, der

mich abklopfen sollte. Nicht nur er, sondern auch alle in seinem Stab waren schwul und dann kam im Vorfeld die Frage, ob ich was gegen Homosexuelle hätte. Ich dann: „Um Gottes Willen, nein!“ Ben Becker war damals auch in der Sendung dabei. Jedenfalls der Biolek sitzt da und sagt: „Was hat dein Vater eigentlich gesagt, als du Punk geworden bist?“ Ich darauf: „Der fand das eigentlich voll cool, der sagte: Hauptsache, du bist nicht schwul!“ Haha.. Später wollte Ben Becker dann zeigen, dass er auch Punk ist und hat einem Schlipsheini in der Hotelbar auf die Fresse gehauen. Das war ein Wochenende, haben wir gelacht... Wie war das später, als Arzt und Geschäftsmann? Gab’s da Anfeindungen aus der Szene? PunkGedanke verraten usw.? Was heißt Punk-Gedanke? Do-it-yourself! Fertig. Ich war ja kein Marxist. Diese ganzen Gespräche, weißt du. Ich muss sagen, ich hab mich da überhaupt nicht verändert. Im Prinzip ist das ja so eine romantische Geschichte. Als Punk bist du alleine und alle sind gegen dich. Dieses Grundgefühl kann man immer transportieren. Ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, auf Schwächere loszugehen oder mich selbst zu zerstören mit Drogen oder sowas, das war mir total fremd. Es hat immer in der Punkszene Leute gegeben, die haben ihren Spaß gemacht. Das war mein Gebiet. Spaßguerilla, andere ein bisschen auf die Schippe zu nehmen, ein bisschen schlauer sein. Sich nicht erwischen lassen von den Bullen. Auf jeden Fall nicht das Opfer spielen, sich vor den Bahnhof legen und um 3 Euro betteln. Das war nie mein Ding. Wie bist du dann zur Politik gekommen? Du hast jetzt gerade für die Linke für den Stadtrat in Homburg kandidiert. Ja gut, ich bin in Homburg bekannt wie ein bunter Hund, gehe auch immer noch regelmäßig ins Stadion zum FC Homburg. Und naja, die haben einfach noch einen gebraucht, der lesen und schreiben kann. Dann haben sie mich eben auf den 5. Listenplatz gesetzt. Und dann packt dich auch hier der Ehrgeiz, oder? Ich hab mich bequatschen lassen und ab dem ersten Tag, als ich auf der Liste draufstand, hab ich meinen Blog eröffnet und dann wollte ich es natürlich auch packen. Hat aber leider nicht geklappt... 300 Stimmen haben uns gefehlt. Einige haben gesagt: „Dich hätte ich ja gewählt, aber nicht die vier Schogesse


vor dir auf der Liste!“. Da muss ich sagen: Sorry, Leute, wir machen hier Kommunalpolitik. Wähl mich doch, dann bekommst du deinen beheizbaren Bürgersteig, oder kannst mich bestechen oder was weiß ich. Man darf sich von dem ganzen KleinKlein nicht abschrecken lassen. Da muss man die Distanz bewahren. Das ist als Arzt nicht anders. Du hast deine Praxis in Homburg, hast du da jeden Tag Sprechstunde? Nein, ich bin niedergelassener Arzt und bin nicht in der KV, deshalb kann ich da nur Privatpatienten behandeln. Das meiste Geld mache ich über Gutachten. Ich finde faszinierend, dass du auch Tattooentfernungen anbietest. Erst alles vollkritzeln und dann hinterher alles wieder wegmachen! Das wird total überschätzt. Es wollen nur ganz wenige wieder was weghaben. Bieten ja heutzutage viele andere auch an. Ist eben eine Dienstleistung. Du hast auch das Buch „Chaostage“ und das Drehbuch von „Gegengerade“ geschrieben., richtig? Ich habe das Buch „Chaostage“ geschrieben, das ist verfilmt worden, hat mit dem Buch aber nicht mehr viel zu tun. Dann hab ich das Drehbuch zu „Gegengerade“ geschrieben. Die Intention war ja, den St. Pauli-Fan als böse darzustellen. Die St. Paulis gelten ja als die Kuschelberts mit Ihren lustigen TotenkopfShirts, die jeder anhat. Da gibts aber auch die gewalttätigen Antifa-Hooligans und die spielen im Film sogar mit. Die gehen zu den Spielen, um dort Nazis umzuhauen. Und das hat natürlich anderen im Verein nicht gepasst, die wollen nicht wahrhaben, dass es das bei UNS im Verein – ich bin ja seit 1988 Mitglied – gibt. Und das war auch schon von Anfang an so. So ist eigentlich der Mythos entstanden. Als Punk konntest eh nicht in Stadion, sonst wärst du totgeschlagen worden. Oder in der Nähe vom Stadion rumzulaufen, jeder zweite Trottel ist da mit Bomberjacke und Jogginghose, Aufnäher „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“ rumgelaufen. Da musstest du aufpassen, welches Spiel läuft heute? Welcher Zug kommt gleich an? Aha, shit, heute darfst du nicht in die Innenstadt gehen. Wie siehst du heute die Jugendkultur, gibt es da überhaupt noch Potenzial zur Rebellion oder sind die Jungen mittlerweile alle gleichgeschaltet? Ich verachte die Jugendlichen! Über Punk oder so will

ich hier jetzt eigentlich kein Urteil abgeben. Es wird immer Punks geben, aber vom Bevölkerungsaufbau gibt es einfach viel weniger Jugendliche. Der absolute Hammer sind natürlich die elektronischen Medien. Ob die Leute dadurch schlauer werden? Die Menschen sind dadurch total vereinzelt, aber nicht gezwungenermaßen. Nicht wie in den Siebzigerjahren, wo die italienischen Anarchisten gesagt haben, die Gesellschaft will uns alle in Arbeiterkästen stecken, Fernsehen an, fertig. Heute machen das ja alle freiwillig! Das ist mir total fremd. Wenn ich heute höre, dass erwachsene Männer Playstation spielen, das fasse ich nicht! Du siehst die Leute ja auch nicht mehr auf der Straße, wenn man abends ab ner gewissen Zeit durch Homburg läuft, dann ist das wie ein Friedhof. Die Kneipen sind da auch leer. In Saarbrücken ist das anders. Mittlerweile ist Saarbrücken ein Magnet für die Dörfer drumrum. Die Züge sind rappelvoll mit Besoffenen, die zum ersten Mal in der Stadt waren, um dort ihr Colabier zu trinken. Aber in den Dörfern ist es echt gespenstisch – da könntest du glatt Folgen von „The Walking Dead“ drehen, ohne irgendwas umzubauen. Da muss man noch nicht mal die Leute verkleiden! Welche Verbindungen hattest du ursprünglich nach Saarbrücken? In der Richard-Wagner-Straße war das allererste Punktreffen. Nauwieser Viertel war für uns als Dorfpunks extrem wichtig. Wir sind damals hierher gekommen, um andere Punks zu treffen. Da waren ja nur ganz wenige, teilweise war das so langweilig, dass wir selbst die Polizei angerufen haben: „Hey, da sind ein paar Punker, da müsst ihr mal vorbeikommen und aufräumen.“ Zu der Zeit war das auch noch echt gefährlich. Mit 16 bin ich mit meiner damaligen Freundin – das war so ein ganz dünnes kleines Mädchen – am Karstadt vorbeigelaufen. Kommt ein Typ mit nem Mokick vorbei, steigt ab, nimmt seinen Helm und haut meiner Freundin das Ding ins Gesicht. Mittags um 16 Uhr. Wir auf den drauf, hatten aber keine Chance. Dann haben da Autos angehalten und wir dachten, die helfen uns jetzt. Die haben aber nur drumrum gestanden und haben geklatscht. Das war in Saarbrücken 1980. Da war Punk sein gefährlich. Da wusstest du, an dieser Kneipe gehst du besser nicht vorbei!

54 / 55


SELECT Immobilien GmbH Ihr starker Partner in Sachen Wohn- und Gewerbeimmobilien www.Select-24.de

reklame


Brot, Brötchen, Kuchen und Gebäck. Feine Backwaren mit Rohstoffen aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft.

reklame

NATÜRLICH N TÜRLICH Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 6:30 - 18:30 Uhr Samstag 6:30 - 13:00 Uhr Sonn- und Feiertag 8:30 - 11:30 Uhr

Bäckerei Sander GmbH Försterstraße 29, 66111 Saarbrücken FAX: 0681 - 9 38 68 99, Tel.: 0681 - 3 59 16 Baeckerei-Sander-GmbH@t-online.de reklame

reklame

56 / 57


Kunst im Treppenhaus Fotos: Ralf Leis, Falk Kuckert Text: Sophie Bunge

Das Treppenhaus ist ein viel zu wenig beachteter Ort: Es ist die Schwelle zwischen der zynischen Welt da draußen und den eigenen, schützenden vier Wänden. In diesem permissiven Dazwischen, in seinem Oszillieren zwischen Aufgang und Abstieg, in der NichtLokalisierbarkeit des Treppenhauses liegt der Brückenschlag zur bildenden Kunst, die stets ein Fenster in die anderen, möglichen Welten öffnet. Das Nauwieser Viertel stellt mit seiner eklektizistischen Dauerausstellung „Art at the Stairway“ in einzigartiger Weise eine symbiotische Verbindung zwischen Kunst und Treppenhaus her: das Treppenhaus als (Denk-) Raum, der zur ästhetischen Reflexion einlädt. Viertelvor hat Zugang zu den weitverzweigten Ausstellungsräumen erhalten und zeigt exklusiv Exponate verschiedenster Stilrichtungen und beeindruckende exhibition views.


Nauwieserstraße: Dieser Barock-Amor auf

Nauwieserstraße: Naturästhetik im Zeichen des

muschelverzierter Stuckkonsole schmückt einen

Klimawandels: Dieser unbekannte Künstler setzt ein

besonderen Ort, welcher der engelhaften Körper-

politisches Statement gegen Biodiversitätsverlust.

haltung nach zur stillen Andacht und zum

Rosafarbene Tagpfauenaugenmutter und -tochter

Verweilen in königlicher Opulenz einlädt.

symbolisieren den Kreislauf der ewigen Wiederkehr, der sich dem anthropogenen Fortschrittsparadigma widersetzt.

Linke Seite / Cecilienstraße: Der leider verstorbene Künstler Albert G. widmete seinem größten Laster dieses Ready-made: Zeit seines Lebens suchte er Zigarette und Feuer – und konnte sein angemeldetes Patent auf den „Lichtschalterzigarettenanzünder“, so der Titel der Arbeit, nur noch künstlerisch verwirklichen. Hier zeigt sich die Unkenntnis des Kunstbanausen: Zahlreiche Besucherinnen und Besucher aus der städtischen Peripherie fehlinterpretierten die Installation als Versuchseinladung und zerstörten nach gescheiterten Zündelspielen den Lichtschalter. 58 / 59


Oben / Nassauerstraße: Dieses moderne Triptychon spielt an auf die traditionelle Handwerkskunst der aufwändig geschnitzten Holzaltäre des 15. Jahrhunderts. Das prominente Stickbild im Stil der neuen Sachlichkeit ist nach einer ausgefallenen Technik mit nachhaltig gewonnener Baumwolle gewebt und lässt das dargestellte Stillleben plastisch hervortreten. Die beiden Flügel mit einer links und rechts gespiegelten Waldszene rahmen aus einer inspirierenden Distanz die Naturalien und stellen doch eine immersive Verbindung her durch das am unteren Bildrand des Mittelteils angebrachte Ahornblatt, welches die Natürlichkeit der verwendeten Materialien unterstreicht. Links / Nassauerstraße: Das Werk „Psychedelic France and German Ordnung“ ist nicht nur ein harmloses Spiel mit den Nationalitäten unserer Grenzregion – vielmehr implizieren umgekehrter drapeau nationale und bildliche Darstellung einer weingeschwängerten Wahrnehmungsstörung sowie zigfache Exposition deutscher Zucht und Ordnung in Verbotsplaketten eine fundamentale Kritik an den nationaltypischen Klischees. Die Tür weist den symbolischen Ausweg: Ein echter Saarländer kann auch stark alkoholisiert den normierten Alltag meistern.


Blumenstraße: Paul Klee hatte dieses Gemälde von 1924 irreführenderweise, um die Anonymität seines Modells zu wahren, „Bildnis der Frau P. im Süden“ genannt. In einem kürzlich veröffentlichten Sensationsfund aus dem Nachlass Klees findet sich die Notiz „Bildnis der Frau P. im Saarbrücker Chinesenviertel“ mit dem Vermerk, die Dame sei eine stadtbekannte Mäzenin der Saarbrücker Hautevolee gewesen, deren Attraktivität bei Klee leidenschaftliche Gefühle weckte und sich in der naiven Darstellung ihres Herzens widerspiegelt. Diese gescheiterte Liebe findet ihre postmoderne Brechung in der brachialen Reißnagel-Hängung des stilvollen Kunstdrucks. 60 / 61


Johannisstraße: Form follows function: Die harmonische Rundung unterliegt dem Wunsch einer gleichmäßigen Strahlkraft. Ein Beispiel für die perfekt kompositionierte Ausstellungsarchitektur, die bis ins Kleinste durchdacht ist – ein echter Designklassiker, die Ikea-Lampe.


Oben / Blumenstraße: Dieses Original verdankt das Ausstellungsteam der großzügigen Leihgabe eines anonymen Sammlers. Das verkannte Genie Vincent van Gogh steht leitmotivisch für den Genius der Viertelbewohnerschaft, die diesem avantgardistischen Ausstellungsprojekt die (Haus-)Türen geöffnet hat. Rechts / Landwehrplatz: Der Kulturphilosoph Theodor W. Adorno verhalf in einem Essay dieser Form der realistischen Landschaftsmalerei zu der eigenen Stilbezeichnung der „Hotelbildmalerei“. Der denotative Impuls wirkt bis heute auf unzählige große Künstlerinnen und Künstler, die der renommierten Bob-Ross-Schule zugerechnet werden.

62 / 63


ausgezeichnet mit dem saarländischen Staatspreis für Design 2005

le id

er

g ve r

en r if f

!

le id

le id #1 (2003)

#9 (2008)

e

er rv

gr i

ffe

er

gr ve r

iffe

n! le id

e

er rv

gr i

ffe

n!

n!

#2 (2003)

#3 (2004)

#4 (2004)

#5 (2005)

#10 (2009)

#11 (2010)

#12 (2011)

#13 (2012)

#6 (2005)

#14 (2013)

#7 (2006)

#8 (2007)

#15 (2014)

Impressum Herausgeber, Gestaltung, Chefredaktion Ralf Leis & Falk Kuckert Cecilienstraße 13 66111 Saarbrücken info@leisundkuckert.de www.leisundkuckert.de Fotos, Illustrationen, Texte Helene Bunge, Sophie Bunge, Falk Kuckert, Ralf Leis, Wolfgang Weiß Auflage: 7.000 Druck: repa druck, Ensheim Für Anzeigenschaltung fordern Sie bitte unsere Mediadaten an: 0681-965 23 28 oder info@leisundkuckert.de

Die bereits erschienenen Ausgaben sind kostenlos erhältlich im buchladen in der Försterstraße – solange Vorrat reicht! Außerdem gibts alle Ausgaben zum Durchblättern unter: leisundkuckert.de Danke an Anna, Sophie, Helene, Ramon, die Rockstars, Wolfgang, Moses, Ingrid, Frank und Sonja von Nauwieser 19, die Beantworter Pflegeheim St. Johann, Kai Jorzyk, Frank Nilles, Marc Laubach, DJ Puma und natürlich alle Fragensteller. Ebenso bedanken wir uns bei unseren Anzeigenkunden, die dieses Projekt ermöglicht haben. Alle Rechte vorbehalten. Abdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren oder des Herausgebers.


Nauwieserviertel // Cecilienstraße 31 // 66111 Saarbrücken // 06 81- 3 55 33

reklame

Ga s t h a u s B i n g e r t täglich geöffnet ab 17.00 Uhr

Nauwieserviertel

~

Nauwieserstraße 7

~

66111 Saarbrücken

reklame

64 / 65


Nachschlag:

Italienisches Trio Text und Foto von Wolfgang Weiß, Theker im Kurzen Eck

Biscotti di mandorla Mandelkekse 3 Eier / 250g geschälte, ganze Mandeln / 397g Mehl /397g Zucker / 1 Päckchen Backpulver / Mark einer halben Vanilleschote Backofen auf 180 Grad vorheizen. Mehl, Zucker, Mandeln und Backpulver in einer Schüssel gut vermischen. Die Eier mit dem Vanillemark verquirlen und mit den trockenen Zutaten zu einem Teig verkneten. Daraus vier lange Rollen formen und mit etwas Abstand voneinander auf ein mit Pergamentpapier ausgelegtes Backblech legen. Ca. 25 Min. backen, dann herausnehmen, in Keksgröße schneiden und nochmals 10 bis 15 Min. fertig backen.

Americano a.k.a. Milano-Torino 2cl Campari / 2cl Martini Rosso in ein mit Eis gefülltes Glas geben, mit Sodawasser auffüllen und mit einer Orangen- und Zitronenscheibe servieren.

Negroni 3cl Campari / 3cl Martini Rosso / 3cl Gin im Rührglas auf reichlich Eiswürfeln kalt rühren. In eine vorgekühlte Cocktail-Schale abseihen und mit einer Orangen- und Zitronenzeste garnieren. Die Mandelkekse ergänzen vortrefflich jede Kaffeespezialität. Die beiden Drinks kann man als Aperitif und als Erfrischung an heißen Sommertagen von morgens bis abends genießen. Wie die Mandelkekse passen sie zu fast allen Gelegenheiten: Empfänge in der italienischen Botschaft, Jahresfeiern im Golfclub, Vernissagen oder einfach zwischendurch beim Treffen mit Freunden.


Raum gesucht? er Kultur- und Werkhof De bietet M öglichkeiten.

m2 große Ladenlokal e anstaltungsraum N.N. Das 100 Ver eignet für Ausstellungen, mit großer Fensterfront ist geeig kleine Konzerte, Familien, e r a n i m Lesungen, Vorträge, Se feiern und vieles mehr. 2 er, heller Raum im e mmlungsraum Ein 45 m groß Versa lungen, MitgliederHintergebäude für Seminare, Schu g nheiten. versammlungen und andere Gelege zehn Kultur- und Werkhof Nauwieser Neun rücken Saarb 1 1 1 61 6 , 9 1 aße Str er ies Nauw e on: + 49 ( 0 ) 681 399 538 Telef ww. nauwieser19. de info@nauwieser19. de, ww

reklame

Auto-Service

BUCHER KFZ-Meisterbetrieb

Inh. Norbert Gerwert e.K. Grünstraße 11-13 66111 Saarbrücken Tel: 06 81 / 3 49 74 Fax: 06 81 / 3 90 54 68 reklame


In Sachen Energie geben wir den Ton an!

Energie f端rs Leben.

www.energie-saarlorlux.com

e i d n e b a h Wir


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.