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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser

Genuss ist bekanntlich Geschmackssache und auch der Mode unterworfen. So galt das Rauchen von Pfeife, Zigarre oder Zigarette einst als elegant, ja verführerisch, und wurde als Zeichen der Geselligkeit angesehen. Es gab Zeiten, da war es eine Frage des guten Geschmacks, sich zum Feierabend, nach einem feinen Essen oder in einer kreativen Denkpause, in blauen Dunst zu hüllen. Inzwischen hat der Tabakkonsum an Ansehen verloren.

Was hat Rauchen mit Literatur zu tun? Wie setzt man den Rauchgenuss, seine Freuden und Ärgernisse sprachlich um? Was liegt zwischen der Forderung, das Rauchen sollte verboten sein und der Behauptung, es handle sich um ein schützenswertes Kulturgut? Diesen Fragen gehen unsere orte-Redaktionsmitglieder Susanne Mathies, Monique Obertin und Erwin Messmer nach. Dabei lassen sie Visionen in Dunst aufsteigen, deuten Rauchzeichen und geben qualmende Statements ab.

Die Rubriken dieser orte-Nummer sind mit Beiträgen von Gastautorinnen und -autoren angefüllt. Im ortolan kommt der Schweizer Mundartdichter Max Huwyler zu Wort, der 2021 seinen 90. Geburtstag feierte. Wir stellen ungarische Lyrik von Tamás Jónás vor und den Gedichtband wilde gärten von Astrid Schleinitz. Unsere orte-bestenliste wird von der Literatur- und Theaterkritikerin Beatrice EichmannLeutenegger gestaltet. Und schliesslich schreibt Jens Glamor, Leiter des Hörbuchstudios der Schweizerischen Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte, im hörorte über den Geschmack bei der Dialoggestaltung in Hörbüchern. Ob mit oder ohne Schornstein im Mund, als qualmende Denklokomotive oder CO2-neutraler Ideenexpress, ob in einer mystisch verqualmten Lounge oder einem hippen Bergrestaurant mit Klarsicht – ich hoffe, dass Ihnen diese orte-Ausgabe gedankliche Anzündhilfen liefert, ohne ihren Kopf rauchen zu lassen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Vergnügen und Genuss bei der Lektüre.

Beste Grüsse Annekatrin Ranft-Rehfeldt

Vision im Rauch I.

© Raphael Reift

Warum denn gleich in die Luft gehen?

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