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STILWELT
from Braun EDITION Vol. 7
by UCM Verlag
Haben Sie Sehnsucht nach dem Büro, Herr Schärer?
In vierter Generation führt Alexander Schärer als CEO die USM U. Schärer Söhne AG im schweizerischen Münsingen. Der leidenschaftliche Hochsee-Segler ist in der Unternehmensgruppe für modulare Möbel unter anderem mit der Internationalisierung befasst. Er liebt moderne Kunst und ist Mitglied des Architecture and Design Committee des Museum of Modern Art (MoMA) in New York. Mit uns hat der Manager über Inspiration, Homeoffice und den Standortvorteil Schweiz gesprochen.
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INTERVIEW: Martina Müllner-Seybold. FOTOS: USM U. Schärer Söhne AG.
Die Pandemie verändert die Welt des Arbeitens gerade sehr grundlegend. Büros und repräsentative Räume einzurichten wird von vielen Konsumenten als Kerngeschäft von USM Modular Furniture verstanden – was sind Ihre Antworten auf diese Veränderung?
Unser Geschäft läuft erstaunlich gut, wir spüren sogar einen leicht positiven Effekt. Das begründe ich mit mehreren Faktoren: Wir haben – natürlich unwissend, was kommen wird – mehrere neue Produkte präsentiert, die einen wohnlichen Charakter ins Büro bringen. Zum Beispiel unsere neuen Pflanzenwelten für USM Haller oder USM Haller E, ein Lichtsystem für unsere Möbel. Weiterhin glaube ich, dass die Menschen doch eine gewisse Sehnsucht nach dem Büro verspüren – nach dem Austausch mit Kollegen, nach kreativen Meetings. Ich meine, dass für diese Funktion ein Büro aber neu gedacht werden muss, nicht mehr rein zweckmäßig, sondern kreativ inspirierend. Das setzen einige unserer Kunden um – wir sehen, dass Firmen die Zeit der leeren Büros nutzen, um sie komplett umzubauen und neu zu bestücken.
Nun lässt sich USM seit vielen Jahren nicht mehr auf das Büro reduzieren, die Marke hat längst auch Wohnräume erobert. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Für mich ist USM Haller im Wohnraum immer schon Realität, ich bin umgeben von USM Haller Möbeln aufgewachsen. Natürlich noch etwas farbiger damals. (Lacht.) Wir haben viel Energie dafür investiert, dass uns Konsumenten heute als passend fürs Büro und für den Wohnraum wahrnehmen. Für beides hilft uns sicherlich die Positionierung als Hersteller hochwertiger Möbel, die zum Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit passen.
Die USM U. Schärer Söhne AG hat sich nie von Offshoring-Versprechungen verführen lassen, ist mit der Produktion stets in der Schweiz geblieben, auch die Montage erfolgt im Hochlohnland Deutschland. Erklären Sie uns bitte, warum?
Nun, es wäre sehr kompliziert, unsere Produktion an irgendeinen anderen Ort auf dieser Welt zu verlagern. Unsere Qualitätsstandards sind auf hohem Niveau und eine unverrückbare Säule unserer Marke. Durch den Grad an Automatisierung ist die Schweiz als Produktionsstandort trotzdem attraktiv. Die qualifizierten Mitarbeiter, die wir hier finden, sind zentral für uns. Dazu kommt, dass wir viel in unser Schweizer Werk investiert haben – zum Beispiel in eine Solaranlage, die uns fast energieautark macht, dazu kommt noch eine moderne Holzschnitzelheizung. Außerdem spricht unser Geschäftskonzept gegen lange Transportwege: Wir produzieren nur fünf Prozent unserer Möbel vor, alles andere wird nach Bestelleingang gefertigt. Wir brauchen also kurze Lieferwege in unsere Kernmärkte.
USM steht wie kaum eine andere Marke für Möbel, die werthaltig sind, in bestimmten Fällen sogar noch an Wert gewinnen oder zu Sammlerstücken werden. Beobachten Sie den Sekundärmarkt Ihrer Marke intensiv?
Ja, das ist tatsächlich spannend, ich bin manchmal fasziniert, welche Preise unsere gebrauchten Möbel erzielen. Wir haben mit diesem Markt einige Zeit gehadert, später aber unsere Strategie gewechselt. Händler im Sekundärmarkt können nun einen Vertrag mit uns schließen, der sie zu gewissen Qualitätsstandards verpflichtet und es ihnen ermöglicht, Teile direkt zu bestellen. Der Sekundärmarkt führt oft eine jüngere Generation an Verbrauchern an unsere Marke heran, zum einen aufgrund niedrigerer Preise, zum anderen ist für eine wachsende Konsumentenschicht der Gebrauchtkauf aus nachhaltigen Aspekten heraus motiviert. Ich finde das eine gute Sache, kann aber verstehen, dass nicht jeder unserer Neuware-Händler diesen Enthusiasmus teilt.
Und abschließend eine Frage, die uns als Stilmagazin natürlich besonders interessiert: Welche Entsprechung zu Ihrer Marke und Ihrer Markenphilosophie finden Sie in der Mode? Ist USM Haller Avantgarde? Entspräche die Marke einem Made-toMeasure-Konzept? Oder ist USM Haller Fashion?
Ich bin kein Modeexperte, üblicherweise würde ich jetzt in einem Tom-Ford-Anzug in diesem Gespräch sein, weil wir aber alle im Homeoffice sitzen, habe ich einen komfortablen Pullover über das Hemd gezogen. Eine Entsprechung wäre vielleicht am ehesten Karl Lagerfeld für Chanel, er hat auf geniale Weise auch einen Klassiker immer neu erfunden und ist trotzdem seinen Wurzeln treu geblieben. Wenn ich es jetzt in meinem Kopf durchspiele, merke ich, dass wir alles sein können – von Minimalisten bis hin zu verrückten Designern.
Was ist Ihr Ausblick für Ihr Unternehmen und für die Post-Pandemie-Zeit?
Wir haben als Unternehmen gelernt, dass es klüger ist, uns noch internationaler aufzustellen. Exportmärkte wie Südkorea oder China sind attraktiv, weil sie eine vom Rest der Welt entkoppelte Konjunktur haben. Ich glaube, dass die Homeoffice-Kultur eine riesige Chance ist. Denn innerhalb der eigenen vier Wände wird möglicherweise viel Wert auf Hochwertigkeit und Zeitlosigkeit gesetzt – aber es bleibt abzuwarten, wie die Gesellschaft reagiert. Man darf nicht vergessen: Nach der Pest kam das Barock!
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I. ARBEITSWELTEN: Im Büro ist USM Haller seit jeher ein Klassiker. Die Konkurrenz durch das Homeoffice hat der Marke nicht geschadet – das modulare Konzept passt auch dort.
II. PFLANZENWELTEN FÜR USM HALLER: Mehr Grün, nicht nur im
Möbel – das Unternehmen hat wichtige Nachhaltigkeitsinitiativen in der Produktion umgesetzt.
I. USM HALLER E: Aufstecklicht oder Kabel sollen die aufgeräumte Optik von USM nicht länger stören – die Marke hat sein eigenes Lichtkonzept für das Möbelsystem entwickelt.
I.


II. III.
