Tracks 3 16 (Mai/Juni 2016)

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Keine Gnade

Die Berufswikinger haben wieder die Segel gen Ruhm und Ehre gesetzt. Bei gleichbleibend epischer Hymnenwucht zwischen Heavy Metal und melodischem Death Metal überraschen die schwedischen Ausnahmekämpfer auf „Jomsviking“ mit einem filmreifen Konzept.

bs. Wo Amon Amarth draufsteht, ist auch Amon Amarth drin. Das ist zunächst mal eine relativ plumpe Feststellung, birgt im Kern aber eine wunderbare Erkenntnis: Die schwedischen Viking Metaller sind eine der wenigen wirklich originellen Bands, die sich im Laufe der Zeit einen einzigartigen und originellen Sound geschmiedet hat. Dessen Wiedererkennungswert wird höchstens von AC/DC übertroffen. „Wir sind verdammt stolz darauf, die AC/DC des Viking Metal zu sein“, lacht Johan Söderberg, seit 1998 der Mann für die unvergleichlichen Gitarrenriffs. „Es gibt doch nichts Besseres, als wenn man ein Amon-Amarth-Album auch sofort als solches erkennt.“ Recht hat er. Dennoch muss erwähnt werden, dass im Grunde keine zwei Platten gleich klingen. Sicher, es sind mitunter subtile Unterschiede. Präsent sind sie aber eben dennoch. Auf „Jomsviking“ zeigt sich das unter anderem am erhöhten Heavy-Metal-Anteil – bei gleichbleibend hoher Hymnenbefeuerung, wohlgemerkt. „In der Vergangenheit sahen wir uns eher als Death-Metal-Band und achteten darauf, uns auch diesem Dunstkreis entsprechend zu verhalten“, blickt der Hauptkomponist zurück. „Das ist aber lange vorbei. Unsere größten Helden sind Bands wie Iron Maiden und Accept, und wir versuchen schon lang nicht mehr, das zu verheimlichen. Wir schreiben die Musik, die wir auch selbst hören würden.“ Natürlich wäre es gewöhnungsbedürftig, Oberwikinger Johan

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Hegg nicht mehr kolossal grollen, sondern hoch trällernd zu hören. Dazu wird es aber höchstwahrscheinlich eh nicht kommen, meint Söderberg lachend. Ob Death Metal oder Heavy Metal, ob Grunts oder hohe Schreie: Was Amon Amarth auch tun, wird von gewaltigen Heerscharen an Fans geliebt. Weil eine erfolgreiche Band wie Amon Amarth aber eben auch viele Hater, Neider und Kritiker hat, griffen die Schweden im Vorfeld der „Jomsviking“-Veröffentlichung tief in die Trickkiste und enttarnten all diese schwachbrüstigen InternetQuerulanten in ihrem brüllend komischen „Keyboard Warrior“Video. „Für gewöhnlich lese ich gar nichts, was irgendjemand irgendwo kommentiert, und wenn doch, dann bringt es mich eigentlich nur zum Lachen“, äußert sich Söderberg zur regelmäßig aufflammenden Kritik an seiner Band. „Ich weiß ja, dass es dort draußen unzählige Menschen gibt, die mögen, was wir tun, also fühle ich mich durch den einen oder anderen negativen Beitrag keinesfalls gestört. So wütend wie in diesem Video“, fügt er grinsend an, „wird zumindest niemand von uns.“ Dass es großes Glück ist, dass Bands wie Amon Amarth seit fast 20 Jahren qualitativ und quantitativ Maßarbeit abliefern, beweist auch „Jomsviking“. Sicher kann man den Ruf nach mehr Weiterentwicklung bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen; es ist ja aber nun mal so, dass dieselben Menschen sofort schreien würden, wenn Amon Amarth


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