working-dog Magazin 1/2017

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working-dog magazin

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magazin by Constanze Rähse

Agility Bikejöring CaniCross DogDancing DogFrisbee Fährte Flyball IPO K.N.P.V. Mantrailing Mondioring Obedience Rally Obedience Rettungshund Skijöring THS ...

Hunde & Sport

Passion: Hundesport ■ ■ ■ ■

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Geschichte Wozu eigentlich? Wissenschaft im Hundesport Herausforderung mit ängstlichen Hunden

NEU

ERSTAUSGABE

156 Seiten Hundesport & Kynologie

FÄHRTE

IPO

AGILITY

DOGFRISBEE

MONDIORING

Der Ausgleichssport für fleißige, ruhige Typen

Interview mit Knut Fuchs

Speed, Technik und Kontrolle

Funsportart erobert die Hundewelt

Harte Kerle mit weichem Kern



EDITORIAL

Toleranz

&

A k z e p ta n z

T

oleranz, oder besser noch Akzeptanz, fordert Mücke Bissig in ihrer Kolumne. Im Hundesport? Wo jeder „seinen“ Sport als den einzig wahren sieht? Ja! Und das kann doch eigentlich auch nicht so schwer sein.

Toleranz bedeutet Respekt. Respekt vor den Ideen anderer, deren Auffassungen, Einstellungen und Meinungen. Knut Fuchs feiert seine Erfolge im IPOSport, die kleine Bridie Schlathölter möchte irgendwann im Agility ganz oben stehen und Sandra Rohrer liebt und lebt ihren Obedience-Sport, hat auch schon den ganz großen Titel erreicht. Ja und wenn jemand mit seinem Hund nur in Höchstgeschwindigkeit durch das Gelände jagen will, um am Ende schneller zu sein als alle anderen, dann ist das eben in erster Linie „Sport mit dem Hund“ – also Hundesport. Toleranz für andere Sportarten fällt vielen sogenannten „Hardlinern“ leider sehr schwer. Komisch, weil sie trotzdem genau diese aber im Besonderen für ihren Sport immer einfordern.

"Ein toleranter Mensch ist offen für alles, was anders ist, ohne sich selbst dabei aufzugeben!" Gudrun Zydek (*1944), deutsche Schriftstellerin und Lyrikerin

Die Masse an verschiedenen Charakteren und Meinungen in unserem neuen Magazin „unter einen Hut“ zu kriegen, wird sicher nicht leicht. In dieser Erstausgabe haben wir es aber schon mal geschafft, gleich neun Hundesportarten zu berücksichtigen. Es gibt noch viele andere mehr und die Redaktion wird stetig sehr bemüht sein, in jeder hundesportlichen Sicht umfangreich zu informieren. Vielleicht gelingt es und der eine oder andere Leser wird dazu ermutigt, öfter mal den Blick über den Tellerrand zu wagen und sich in der einen oder anderen Sportart auch mal zu probieren. Denn eines ist sicher: Unserem Hund ist es eigentlich egal, wie wir ihn beschäftigen, solange wir es tun. Und wenn dann aus Toleranz irgendwann mal Akzeptanz wird, dann ist ein Akt der Wertschätzung vollzogen und das wäre mein Wunsch für das neue Projekt einer ganzheitlichen Hundesportwelt, in der der Spaß mit dem Vierbeiner im Vordergrund steht.

Constanze Rähse; Chefreadakteurin


Bewährte

Wir bringen Farbe ins Spiel! -Artikel in vielen neuen Farben das ist die neue Fresh-Line!

Alle Artikel in gelb, grün, orange, pink und türkis erhältlich!

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Druckfehler und Preisänderungen vorbehalten.

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Beisswurst weich 4 x 20 cm

Die neue weiche Beisswurst aus Nylcott ist ideal für Ihren jungen Hund oder für Hunde, die sonst nicht so gerne mit der Beisswurst spielen. Sie ist leicht und weich und daher angenehm für den Hund im Fang. Beissrolle mit Handschlaufe ca. 20 cm lang Besonders weich gefüllt! Material: Nylcott 7425020

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Beisswurst weich 4 x 20 cm

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6,90

Beisswurst weich 4 x 20 cm 2G

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Beisswurst weich 4 x 20 cm 2G

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Bestätigungskissen

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15,90

Griff- und Technikkissen

Griff- und Technikkissen

41,90

Nylcott-Ball

Nylcott-Ball klein Ø ca. 13 cm Nylcott-Ball Standard Ø ca. 20 cm

17,90 36,90

Übergangskissen Nylcott

Dieses Übergangskissen vereint viele Vorteile von bereits bekannten Sporthundprodukten. Die Ausgangsform ist der seit Langem bewährte Übergangsarm, nur wurde bei diesem Produkt die Bauform kompakter und insgesamt leichter. Dies hat den Vorteil, dass gerade junge oder kleinere Hunde dieses neue Kissen gut und ausbalanciert tragen können.

Bestätigungskissen

Beisskissen mit Obermaterial aus Nylcott Das Beißkissen hat seitliche Gurtgriffe und bietet somit die Möglichkeit es optimal zu halten um den Hund einbeissen zu lassen. Ebenso verfügt es über eine mittige Konterschlaufe. Dadurch, dass das Kissen sehr flach ist, eignet es sich optimal für die Vorausübung. Es liegt flach auf und ist somit für den Hund erst spät sichtbar. Die flache Form macht ein Verstecken unter der Kleidung oder in der Hundesportweste leicht möglich. Alles in Allem ein tolles Kissen für den Hundesport. ca. 28 x 14 x 3cm 7425060

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13,50

Mini Beisskissen

15,90

Dank seines einzigartigen Designs und der clever konstruierten Füllung, ist der Ball zwar weich, „springt“ aber trotzdem schnell wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Material: Außenmaterial Nylon, Füllung: segmentierter Schaumstoff 7425035 7425040

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Mini Beisskissen mit einer Handschlaufe ca. 18 x 9 x 5 cm Material: Nylcott 7425030

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Beisskissen

Beisskissen speziell für Junghunde in der Anfangszeit! Das Kissen ermöglicht dem Hund auf sehr angenehme Weise einen optimalen Griff zu setzen. Es kann links und rechts vom Körper weggehalten werden. So lernt der Hund von der ersten Minute das Abspringen ohne den Helfer mit den Füßen zu berühren 7425045

7,90

Mini Beisskissen

Beisskissen

Beisskissen in kleiner handlicher Ausführung mit 3 Handgriffen ca. 28 x 14 x 7 cm, Material: Nylcott

Durch die 2 Gurtbänder jeweils an den Seiten wird dem Hundeführer ein stabiles Halten an beiden Seiten ermöglicht. Ihr Hund kann gerade und korrekt anbeißen. Durch die Form der Beisswurst verkantet sich diese nicht im Fang - uneingeschränktes Kontern, Spielen und Zerren wird somit möglich. Die Gurtbänder sind gerade und ohne Schlaufen, wodurch ein Hineintreten des Hundes in die Schlaufe von vornherein ausgeschlossen wird. Beissrolle mit 2 Gurtbändern ca. 20 cm lang Besonders weich gefüllt! Material: Nylcott 7425025

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Übergangskissen Nylcott

63,00

Hetzarm

Links, mit Überzug (Nylcott) 7425000

Hetzarm (inkl. Überzug)

169,90

Zubehör: 7425010

Überzug für Hetzarm

36,90

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Softstock gepolstert

Fiberglasstab 8 mm mit Nylon überzogen 7425050

Softstock gepolstert

15,50

Am Schneckenhof 9, 74626 Bretzfeld-Geddelsbach • Telefon (0 79 45) 9 41 01 01 • info@sporthund.de


A KNUTFUCHS IPO-Apportierholz 650g HAVATAR Eine absolut neue Idee eines allround Apportierholzes das gegen das größte Problem im Apportieren hilft - „das Knautschen“. Mit Hilfe eines Inbusschlüssels können die Seitenteile so verschoben werden, dass ihr Hund es nur im vorderen Bereich des Mauls nehmen kann. Das Holz drückt beim unruhigen Halten am breiter werdenden Fang. Ein ruhiger, fester Griff ist also angenehmer. Somit wird auch das bei manchen Hunde lästige nach hinten Werfen des Holzes unterbunden. Ihr Hund lernt das richtige Verhalten fast von allein. Die überlangen Stege bieten eine bequeme Möglichkeit, das Holz seitlich zu halten und dem Hund zu präsentieren. Im Set enthalten ist der bewährte verlängerte Steg zum lernen des ruhigen Haltens. Der runde Steg hilft bei der Umstellung auf ein IPO gerechtes Holz. Beide Stege können dank einer durchgehenden Bohrung mit einer Schnur versehen werden und sind sowohl mit als auch ohne die beiden verstellbaren Seitenteile nutzbar. „Havatar“ ist viel mehr als ein normales Apportierholz. Das komplette Set ist eine tolle Hilfe für Sie, ihrem Hund ein fehlerfreies Halten und Apportieren bei zu bringen. Lieferumfang: 1 x runder Steg mit durchgehender Bohrung 1 x flacher Steg mit durchgehender Bohrung 2 x Seitenteil mit Imbusschraube fixierbar 2 x Kordel 1 x Inbusschlüssel 7281406

34,90

Knut Fuchs IPO-Apportierholz Havatar

B KNUTFUCHS Unterordnungsleine de Luxe Haltepunkt 1 liegt direkt am Haken für neue Übungen, bei denen man den Hund ganz genau lenken und unterstützen muss (z.B. korrekte Grundstellung) Haltepunkt 2 um die Leine nicht zu kurz oder zu lang in der Hand zu halten, damit sie locker ist und bei Bedarf perfekt eingesetzt werden kann (z.B. beim Fußlaufen) Haltepunkt 3 um den Hund an längerer Leine führen zu können und trotzdem guten Halt und Kontrolle zu haben (z.B. beim Weg auf den Platz) 70 cm lang, 2 cm breit 7017076

Knut Fuchs Unterordnungsleine de Luxe

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16,90

-Revierkissen

Um ein perfektes Revieren zu zeigen muss der Hund die Verstecke eng und vor allem aufmerksam umlaufen. Um das Training hierfür zu erleichtern gibt es das Revierkissen! Der Hund kann es durch den Druckknopf selbst abreißen. Hierbei lernt er, ins Versteck hinein zu schauen und wird automatisch enge Bögen laufen. Kleine handliche Ausführung mit 2 Handgriffen und einer durch einen Druckknopf abnehmbaren 1,5 m Nylonschlaufe. ca. 28 x 14 x 7 cm Zum DGBM angemeldet! 7334210

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Revierkissen

19,95

Geschirr Follow Sport

In enger Zusammenarbeit Knut Fuchs entwickelt. Ideale Anpassung an die Anatomie des Hundes, in der Grundkonzeption den Geschirren von Schlittenhunden ähnlich. Großer Handgriff zum Halten des Hundes, Rundring an der Oberseite. Robuste und komfortable Materialien: Neopren, PTM und Gurtband. Mit einem großen, robusten Steckverschluss, Bauchgurt individuell einstellbar. Wird höchsten Ansprüchen gerecht, federleicht. Keine Wasseraufnahme, pflegeleicht in Farbe Schwarz. 7017051

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Noch mehr innovative Entwicklungen von Knut Fuchs auf www.sporthund.de


INHALT 1/2017 TITELTHEMA 10 Die Geschichte des Hundesports Alles hat einen Anfang, aber wo ist der? Foto: Jan Redder

12 Warum Hundesport? Ist Hundesport nur Spaß und gemeinsames Erleben oder macht dieser auch noch mehr Sinn? 14 Wissenschaft im Hundesport „Neuste wissenschaftliche Erkenntnisse“ - kann man als interessierter Hundeführer denen überhaupt aus dem Weg gehen? 22 An der Herausforderung wachsen Wie unsichere und ängstliche Hunde vom Hundesport profitieren können.

HUNDESPORT 40 Veni-Vidi-Vici der WUSV-Überraschungsweltmeister 2016 Vaclav Ouska im Interview 46 26 Jahre SV-Bundessiegerprüfung Deutsche Schäferhunde in der Statistik 52 Deutschlands bester Rottweiler ist eine Dame Bambam verteidigte ihren Deutschen Meister-Titel mit Züchter Rainer Dersch

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Foto: Kurt Buffel

36 Das richtige Futter finden Eine gesunde Ernährung trägt zur Gesundheit unseres Vierbeiners bei. Aber was ist gesund, was für Möglichkeiten gibt es? Wie findet man sich im Hundefutter-Dschungel zurecht?

Foto: Jan Redder

ERNÄHRUNG

working-dog-magazin UNSER TITELMOTIV 1/2017 Das Motiv zeigt den Hundesport DogFrisbee, eine aktionsreiche Funsportart, die u.a. eine gute Körperbeherrschung vom Hund verlangt. Das Foto stammt vom italienischen Szene-Fotografen Claudio Piccoli.


56 Frauenpower Der IPO-Sport braucht Helfer. Nach dem Motto „Hilf Dir selbst“ sind das auch immer öfter Helferinnen. 60 KNUT FUCHS Als einer der erfolgreichsten Hundeführer spricht er über seine Karriere, seine Zucht und die Rasse Malinois.

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Foto: Sandra Roh rer

70 TOP-Leistungen in 2 Sportarten Für viele Hundeführer bleibt es ein Traum, einmal auf einer Deutschen Meisterschaft zu starten. Michelle Seul hat dies gleich in zwei Sportarten geschafft. Räh Foto: Constanze

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INHALT

77 Bridie Schlathölter Die Kleinste ganz dicht bei den Großen; mit 9 Jahren auf der VDH-Agility-DM 80 Hochleistungssport Agility Was als „Stangenhüpfen“ und als Pausenfüller begann, ist heute eine der beliebtesten und rasantesten Hundesportarten weltweit. 84 Gut trainiert, ist halb gewonnen Trainingsparcourcs zum Nachbauen von aktiven Agilitysportlern und Leistungsrichtern 86 Fleiß und das Quäntchen Glück Josef Kötting wird mit seiner „Königin“ SV-Bundessieger und Weltmeister 2016. 90 Disziplin, Ehrgeiz und Leidenschaft passen perfekt zu Roland Schirling, dem Sieger des DMC-FH-Championats 2016 mit Independent Spirit´s Isidora. 96 Das ist unser Ding! Das erste Rennen mit Xenon im BikeJöring. 100 Mit Konzentration und Vollgas zum Deutschen Titel Lorenz Frech wird Deutscher Meister im Skijöring mit Hollandse Herder Kelly 102 Fliegende Hunde + bunte Scheiben Eine Trendsportart begeistert mehr und mehr die Hundesportwelt: DogFrisbee oder auch Discdogging

GESUNDHEIT 108 Regelwerke leicht gemacht Einblick in die verschiedenen FrisbeeAusführungsbestimmungen

140 Prostata Typisch „Mann“ - mehr als 80% aller Rüden über 5 Jahre sind betroffen.

114 Alt und doch modern Obedience gibt es schon seit Jahrzehnten, trotzdem zählt die Sportart zu den modernsten der heutigen Zeit.

142 Das Cauda-Equina-Syndrom Wenn es dem Hund im Rücken „zwickt“ und die Schmerzen das Lebensgefühl mindern, kann man operativ helfen.

116 Sandra Rohrer Kurzinterview mit Deutschlands erfolgreichster Obediencesportlerin 120 Sport vs Einsatz Rein sportlich oder doch ehrenamtlich in einer Einsatzstaffel ... Rettungshundearbeit muss die "Nation" nicht spalten! 126 Praxis Pur! K.N.P.V. - die holländische Königsklasse: praxisorientiert und umstritten 134 Harte Kerle mit weichem Kern Helferarbeit im K.N.P.V.-Programm

148 Diagnose: Arthrose Knackende Knochen und schwindende Knorpel bedeuten nicht zwangsläufig das AUS für Sportskanonen.

RUBRIKEN 5 26 30 34 138 154

Editorial News & Szene Event aktuell: VDH-FH-DM Kolumne Mücke Bissig Hundesport-Termine Impressum

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K.N.P.V.-Körung Mai 2016 Das Bild zeigt K.N.P.V.-Helfer Elco Zeijlmans bei der K.N.P.V.-Frühjahrskörung in Süd-Holland. Der Hund ist der 4,5-jährigen X-Mechelaar-Rüden Remo, der von Hundeführer Cor Voets für die K.N.P.V.-Zertifizierung der Stufe PH1 ausgebildet wurde. Heute arbeitet Remo als Diensthund bei der Polizei in den Niederlanden.

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HUNDESPORT

TOPBILD

Foto: michielschaak.nl/Michiel Schaak working-dog-magazin

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26. Schlittenhundewagenrennen in Kunrau bei Klötze am 4./5. März 2017 118 Teams standen in den verschiedenen Klassen am Start. Das Bild zeigt das 6er Gespann von Nicola Rofallski, die schon ein paar Jahre in diesem Sport dabei ist und in der Saison 2013/2014 ihr erstes Rennen bestritten hat. Die sechs Mädels in ihrem Team sind Sibirian Huskys aus der Zucht "from the fiery Crusader´s" von Anke und Rüdiger Rink aus Schwaförden. Quendoline und Rana sind die Leader in der ersten Reihe, die Swing-Dogs heißen Olga und Nena, die Wheeler Cleo und Julchen. Das Alter der Hunde liegt zwischen 4,5 und 10 Jahren. Für die 3,6 Kilometer lange Strecke brauchte das Team 9:49 Minuten, was in der Gesamtrangliste zu Platz 3 ihrer Klasse reichte.

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HUNDESPORT

TOPBILD

Foto: Annika Flor working-dog-magazin

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Geschichte des HUNDESPORTs TEXT: CONSTANZE RÄHSE

Hunde waren für den Menschen ursprünglich Arbeitstiere, hatten zu jagen, zu hüten, zu bewachen, zu begleiten, zu schützen und wurden auch zum Bewegen von Lasten als Zughunde eingesetzt. Es begann die Zucht von Hunden, die speziell auf ihren Aufgabenbereich abgestimmte Merkmale und Eigenschaften besitzen sollten. Die ganze Palette des Hundesports entwickelt sich also aus den Fähigkeiten zum Aufspüren und/oder Beutemachen: Gute Nasenarbeit und/oder Schnelligkeit und hohes Reaktionsvermögen führen in fast jeder Variante zum Erfolg. 10

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Im Gegensatz zu diesen Hunderennen, bei denen man den Jagdtrieb für die Schnelligkeit nutzt, entstand aus der Nutzung von Hunden als Lasttiere Anfang des letzten Jahrhunderts auch der Zughundesport. Erste Schlittenhunderennen waren nur zur Auslastung der Rassen Huski, Alaskan Malamute etc. gedacht, sollten den sehr hohen natürlichen Bewegungsdrang dieser befriedigen. Die ursprüngliche Abhängigkeit vom Schnee wurde durch die Erfindung von Rollwagen aufgehoben. Die sogenannte „Dryland“-Variante hat dafür gesorgt, dass sich der Zughundesport auch in Europa stärker verbreitet hat und die Disziplinen Canicross (Laufen), Bikejöring (Fahrrad), Scooter-

Foto: wikimedia.org

Jagdsport (Gemälde Adrian Cornelis Beeldemaeker)

Foto: Andreé Flenner (hundesport-fotografie.de)

„Schnelligkeit“ ist eine weitere Grundlage. Die Bewunderung von Dynamik und Schnelligkeit führte dazu, dass 1876 in England die ersten Hunderennen stattfanden, die zunächst nur auf geraden Bahnen veranstaltet wurden. Die Hunde jagten Hasen nach und wie bei klassischen Pferderennen wurde auf die Schnellsten gewettet. Seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts gibt es auch Rundbahnen. Und heute gibt es Hunderennen mit hoher Rassevielfalt auch für Hobbysportler. In Deutschland sind kommerzielle Rennen gesetzlich verboten.

Nasenarbeit ("Aufspüren" in der Rettungshundearbeit)

Foto: fotolia.de/ Tanja Hohnwald

Aber wie hat alles angefangen? Am Anfang stand die schlichte Tatsache, dass der Mensch „Hunger“ hatte. Um in der Jagd erfolgreicher zu sein, bediente er sich deshalb seines „besten Freundes“, dem zunächst die Aufgabe Aufspüren und Erlegen von Beute zukam. Mit der Entwicklung von Waffen änderte sich das. Das Erlegen war nicht mehr notwendig und wurde durch Apportieren ersetzt. Speziell beim Adel wurde die Jagd mit dem Hund immer beliebter, es entstand der Jagdsport, der zunehmend auch gesellschaftsfähiger wurde.

„Aufspüren“ ist also eine der Grundlagen in der Entwicklung des Breitensports. Das Legen von künstlichen Fährten, denen der Hund nach menschlich erstellten Kriterien folgen sollte, ist die Basis von Hundesportarten wie Fährtensuche (IPO und FH), Mantrailing und auch des Rettungshundesports.

Hunderennen (Greyhounds)

Foto: fotolia.de/ Morphart

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ie Geschichte des Hundesports ist lang und traditionsreich. Die Möglichkeiten, mit dem Hund sportlich aktiv zu sein, sind heute vielseitiger denn je und das Entwicklungspotential ist immer noch hoch. Permanent werden neue Ideen mit dem vierbeinigen Freund umgesetzt und entwickeln sich im Breitensport.

aus Zughundenarbeit wurde Zughundesport


TITELTHEMA

Als Varianten dieses Sports haben sich im letzten Jahrhundert auch andere Sportarten entwickelt. Mondioring beispielsweise ist zwar als Sportart von FCI und VDH nicht anerkannt, aber es gibt eine von der FCI genehmigte

Eine sehr große Aufmerksamkeit genießen heute im Besonderen Hundesportarten, die auf Geschicklichkeit und Tempo basieren. Die sogenannten Funsportarten wie Agility, DogFrisbee und Flyball boomen. Besonders im Agility hat sich eine breite Masse an Fans entwickelt, da der Sport für alle Altersklassen gleichermaßen geeignet ist. Es gibt heute eine hohe Leistungsdichte und die Professionalität verbreitet sich unaufhörlich. Fazit: Hundesportvereine existieren zum Teil schon über 100 Jahre. Das bestätigt eindrucksvoll, dass sich Hundefreunde schon immer gern mit ihrem Vierbeiner beschäftigt haben. Aber die Zeiten haben sich geändert und es gibt heute Sportarten, von denen die Gründungsmitglieder dieser Vereine damals nicht den Hauch einer Ahnung hatten. Für ein weiteres Fortbestehen auch in den nächsten 100 Jahren wird der Blick über den Tellerrand existentiell wichtiger denn je sein. Die Möglichkeiten, mit dem Hund sportlich aktiv zu sein, werden in der Zukunft noch vielseitiger sein, die Geschichte des Hundesports ist noch nicht zu Ende geschrieben. ▪

Archivbild OG Riedenburg Foto: pics4dogs.eu/Jan Redder

Schutzhundesport - früher

IPO (VPG) - heute

Archivbild OG Riedenburg

Ursrünglich als ein Bestandteil der Vielseitigkeitsprüfung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg auch Obedience als eigenständiger Sport in Großbritannien eingeführt. In Deutschland entwickelte sich dieser erst sehr viel später, gehört aber heute auch zu den bekannteren Hundesportarten und eignet sich eher für die Hundeführer, die gern mehr Anspruch in eine gehobene Ausbildung ihres Hundes legen. Das Ziel, eine harmonische, triebbeständige und fast perfekte Präsentation von Unterordnungsübungen zu erreichen, erfordert etwas mehr kynologisches Wissen als es für die Ausbildung in manch anderen Sportarten nötig ist.

Obedience um 1975

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Der Schutzhundesport hat im Gebrauchshundewesen als Abrichtung angefangen und diente eigentlich der Überprüfung der Charaktereigenschaften und der Fähigkeiten für die Gebrauchshundezucht. 1906 fand der erste Schutzhundewettkampf in Deutschland statt, der den Startschuss für die weltweite Verbreitung gab.Heute ist dieser Sport mit den Anfängen gar nicht mehr wirklich vergleichbar. Der sogenannte Kadavergehorsam wird heute durch Teamarbeit ersetzt. Ging es in „alten Zeiten“ darum, den Hund zum treuen Beschützer auszubilden oder zum brauchbaren Begleiter, dann steht heute die Präsentation im fairen Wettkampf im Vordergrund und hat die Führungsrolle in der Motivation übernommen. Dadurch sind kolossale Unterschiede entstanden, die einen Vergleich des Schutzhundesports früher und heute nicht mehr erlauben. Heute als VPG-Sport (VPG = Vielseitigkeitsprüfung für Gebrauchshunde) benannt, drückt die Begriffswahl eher den Inhalt der Ausbildung aus. Durch den Druck der öffentlichen Meinung erfolgte stetig eine Modifizierung der Übungsteile und so finden sich in der aktuellen PO des „Schutzdienstes – Abteilung C“ nur noch Übungen der Selbstverteidigung und der Verteidigung des Hundeführers. Der vermeidliche „Schutzhund“ ist zu einem Sporthund geworden, der bei hoher Belastbarkeit universelle Eigenschaften zeigen soll. Der IPO-Sport gilt aufgrund seiner intensiven, vielschichtigen Ausbildung, in der der Hund eine Art Mehrkampf absolviert, als Königsdisziplin der Szene.

Prüfungsordnung, die die Durchführung von Weltmeisterschaften erlaubt. Weitere Varianten, ebenfalls ohne Anerkennung, sind Französischer und Belgischer Ringsport sowie K.N.P.V..

Agility

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

jöring (Roller) oder Wagenrennen (Schlitten auf Rädern) erfreuen sich steigender Beliebtheit. Längst haben auch andere Rassen diesen Sport für sich entdeckt. Im Zughundesport geht es um pure Lauf- oder Arbeitsfreude, Willen und Teamarbeit.

DogFrisbee working-dog-magazin

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"Hundesport stärkt die Bindung und hält fit bis ins hohe Alter." Foto: Madnox vom Further Moor (10 Jahre) HF: Roland Erath

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Warum Hundesport? Wenn "Sportskanonen" den Sinn des Hundesports verständlich machen, könnten "Sportmuffel" auch aktiv werden TEXT: CONSTANZE RÄHSE │FOTOS: pics4dogs.eu

rüher war die Beschäftigung oder auch die Arbeit mit dem Hund hauptsächlich zweckorientiert. Der Hund wurde als Helfer des Menschen gesehen. In den letzten 10-20 Jahren sind aber die sportlichen Gesichtspunkte immer stärker geworden, stehen heute überwiegend auch im Vordergrund und ändern damit das Bild vom Hundesport in der Öffentlichkeit. Aber warum boomt der Hundesport, welchen Sinn macht er? Körperliche und geistige Herausforderungen sind für das seelische Gleichgewicht wichtig. Nicht nur für uns Menschen, sondern auch für unseren Hund.

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Herausforderungen ermöglichen eine körperliche und geistige Fitness bis ins hohe Alter. Fragt man also nach dem Sinn, dann wird schon mal klar, dass die „Bedienung“ von Körper und Geist auch Verpflichtung für jeden Hundehalter ist. Der Körper verlangt intensive Bewegung, der Geist intensive Betätigung. Hunde, denen diese Anforderungen unerfüllt bleiben, werden häufig aus Unterforderung und der daraus resultierenden überschüssigen Energie ihre Familie terrorisieren. Das kann für die Halter zur Belastung werden und für die Umwelt durchaus auch zur Gefahr.

Drei Beweggründe, die einen Hundehalter dazu veranlassen, Hundesport zu betreiben, sind: Fitness Geistige Auslastung Gesellschaftliche Komponente

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

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Hundesport hält beide Teampartner fit


TITELTHEMA

FITNESS

Foto: gemeinsam „arbeiten“ stärkt die Bindung und macht Spaß VDH-IPO-DM 2016 Richy v Diekmoor HF: Anja Adolphsen

Es ist ein Teufelskreis: Wer rastet, der rostet! Und wer rostet, wird träge und faul. Die Gesundheit leidet. Da geht es unserem Vierbeiner nicht anders als uns. Aber was ist eigentlich Sport? Wo fängt Sport an, wo hört Sport auf?

GESELLSCHAFTLICHE KOMPONENTE

Also Ausdauersport? Das kann beispielsweise die einfache Fahrradoder Joggingrunde sein. Oder wer den Wettkampf liebt, versucht sich im Zughundesport. Canicross und Bikejöring trainieren Ausdauer und Kondition, bauen Muskeln auf und geben physische Befriedigung. Aber bedenke: Physische Befriedigung ist nur kurzzeitig. Ausdauersport ist wichtig, macht aber unseren Hund nur ausdauernder! Wer seinen Hund richtig auslasten will, muss ihn geistig fordern. Hundesport ist dafür die Lösung!

GEISTIGE AUSLASTUNG Gern wird Hundesport mit dem Begriff „Hundearbeit“ in Zusammenhang gebracht. Das ist natürlich so nicht ganz richtig, auch wenn es nicht ganz falsch ist. Oft wird vergessen, dass unsere Hunde ursprünglich, wie im vorherigen Artikel bereits erwähnt, Arbeitstiere waren und viele Rassen auch für einen bestimmten Zweck planvoll gezüchtet wurden. Natürliche Instinkte und Fähigkeiten sind also unseren Vierbeinern gegeben, können und sollten auch nicht ignoriert werden. Hundesport kann dazu beitragen, dass unsere Hunde

Foto: pics4dogs.eu/Sepp Grüters

Der tägliche Spaziergang kann durchaus schon als Sport gesehen werden, wenn nicht das schlechte Gewissen des Menschen, sondern der Tatendrang des Hundes im Vordergrund steht. Stets dieselbe Runde ist langweilig, stumpft ab und erfüllt unseren Vierbeiner so gar nicht. Kein Hund, und schon gar nicht ein temperamentvoller, wird auf diesen Runden sein seelisches Gleichgewicht finden.

ihre natürlichen Bedürfnisse „befriedigen“, Stimmungen ausleben und arttypische Beschäftigung erleben dürfen. Auch unsere heutigen Hunde erfüllen gern eine Aufgabe, finden in einer Tätigkeit ihre Bestimmung. Das macht „glücklich“, auch wenn die Notwendigkeit einer DogDancingPerformance nicht unbedingt mit der Beutearbeit bei der Jagd vergleichbar ist. Geistige Auslastung hilft die natürliche Balance zu halten und fördert wesentliche Aspekte der MenschHund-Beziehung, wie beispielsweise Vertrauen und Einschätzbarkeit, Teamfähigkeit, Bindung und Rudelgefühl. Sicherheit, Sozialkontakt und Kommunikation sind Grundbedürfnisse, die durch gemeinsame Erfolgserlebnisse im Hundesport leicht befriedigt werden können. Hundesport kann also als eine Beschäftigung mit zweckgebundenen Inhalten gesehen werden, die wichtige Funktionen für ein verhaltenssicheres und artgerechtes Zusammenleben erfüllen, aber auch Spaß machen und befriedigen.

Hundesport als Hobby ist Aktivität im Kreis Gleichgesinnter, die die Faszination und die Freude an der Sache teilen. Im Zeitalter der sozialen Medien, die unsere Welt zwar globaler aber auch individualisierter machen, ist die gemeinsame Beschäftigung mit dem Hund eine Kraft, die verbindet. Diese Verbindung ist gesellschaftlich gesehen bereichernd und deshalb sicher nicht zu unterschätzen. Viele Hundesportler, denen ich in den letzten Jahren die Frage nach Zeit und Aufwand für ihr Hobby gestellt habe, bestätigten mir, dass das den Großteil ihrer Freizeit ausmacht. FAZIT: Für welchen Sport man sich letztlich entscheidet, richtet sich nach den eigenen Neigung und den Begabungen des Hundes. Es gibt auf jeden Fall einige Beweggründe, Hundesport zu betreiben. Ein wichtiger, der nicht unerwähnt bleiben soll, ist folgender: Die Ausbildung des Hundes zu einem zufriedenen, ausgeglichenen und zuverlässigen Begleiter wird über den Spaßfaktor hinaus auch zunehmend notwendiger. Warum? Weil unsere zunehmend hundekritische Gesellschaft ausschließlich unauffällige Hunde erwartet.

"Hat der Hund niemanden, der ihn stimuliert, anleitet oder mit ihm interagiert, läuft die Beziehung ins Leere." Ádám Miklósi ungarischer Ethologe working-dog-magazin

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Glenn v Schaffe - BSP 2016 Foto: pics4dogs.eu/SEPP GRĂœTERS

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TITELTHEMA

WISSENSCHAFT IM HUNDESPORT TEXT: NINA DANY

Als interessierter und erfahrener Hundehalter kann man dem Thema Wissenschaft gar nicht aus dem Weg gehen. Ganze Trainingsweisen begründen sich vorgeblich auf ‚neuste wissenschaftliche Erkenntnisse‘. In unserer hoch komplexen Welt liegt es nahe, Erklärungen und Anleitungen in der Wissenschaft zu suchen. Das schafft Sicherheit, wenn man auf der Suche nach Antworten ist, denn immerhin kommen diese von Experten. Diskussionen um das richtige Hundetraining werden so auch schnell auf eine pseudo-wissenschaftliche Ebene gehoben.

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Hundeerziehung wird schnell auf die vier Quadranten der Lerntheorie reduziert und positive Strafe wird vorgeblich aufgrund von „wissenschaftlichen Belegen“ abgelehnt. Hinter all den wissenschaftlichen Fachbegriffen, Studien, Experimenten und Theorien werden der individuelle Hund und sein Halter immer unwichtiger. Die Wissenschaft soll erklären, wie der Hund und Halter trainieren und zusammen leben müssen. Dass Lieschen Müller ihren Schäferhund am Geschirr womöglich gar nicht halten kann, wird nicht großartig beachtet. Dass die Lerntheorie lediglich eine Theorie von vielen ist, ist egal. Bei der Heranziehung der Wissenschaft geht es meist nicht mehr um eine sachliche Auseinandersetzung, sondern um eine einseitige Bestätigung der eigenen Meinung. Betrachtet man die angeführten angeblich wissenschaftlichen Beweise mal näher, stellt man schnell fest, dass diese häufig fehlinterpretiert wurden, sie eigentlich gar keine wissenschaftlich

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interpretiert werden. Die Wissenschaft im Hundetraining verkommt schnell zu einer „Pseudowissenschaft“. Aber es klingt einfach so viel besser, wenn man die eigene Meinung mit einem „wissenschaftlich belegt“ unterstreichen kann – wer soll dagegen dann noch etwas sagen? Über Meinungen lässt sich schließlich vortrefflich diskutieren, über wissenschaftliche Fakten nicht, oder? V on W issenschaft , T heorien und H ypothesen Vereinfacht gesagt, ist Wissenschaft ein System, das aus der Hervorbringung, Bewahrung, Vermittlung und Lehre von Wissen besteht. Die Hervorbringung, sprich Forschung, verläuft unter der Verwendung wissenschaftlicher Methoden. Der Zweck der Wissenschaft ist es, über einen bestimmten Bereich der Wirklichkeit Aussagen zu treffen.

positive Verstärkung

negative Verstärkung

= positive Belohnung

= negative Belohnung

Zugabe einer Konsequenz

Wegnahme einer Konsequenz

Beispiel: Angenehmes wird zugefügt Hund bekommt Triebziel

Beispiel: Unangenehmes wird entfernt

positive Bestrafung

negative Bestrafung

Zugabe einer Konsequenz

Wegnahme einer Konsequenz

Beispiel: Unangenehmes wird zugefügt

Beispiel: Angenehmes wird entfernt

= positive Strafe

Theorien sind erst einmal gedankliche (eben theoretische) Konstrukte, die einen Teilbereich der Wirklichkeit erklären und vorhersagen sollen. Um eine Theorie zu prüfen, erstellt man eine Hypothese, die diese entweder belegt oder widerlegt. Als konkretes Beispiel lässt sich hier die Lerntheorie der operanten Konditionierung nehmen. Diese Theorie besagt, dass jedes Individuum über positive und negative Konsequenzen lernt. Nun lässt sich nicht jedes Individuum der Welt in jeder Situation untersuchen. Also formuliert man eine Hypothese, die man gut überprüfen kann. Wenn ein Individuum über positive und negative Konsequenzen lernt, müsste ein Hund, der für ein bestimmtes Verhalten, wie „Sitz“, belohnt wird, dieses Verhalten häufiger zeigen. Hierzu kann man ein wissenschaftliches Experiment durchführen, was dies dann belegen kann.

= negative Strafe

D ie T heorie – ein B lickwinkel Theorien bilden grundsätzlich nur einen Teilbereich der Wirklichkeit ab. Der Mensch hat den Wunsch, seine Welt erklären zu können-Theorien helfen dabei. Die gesamte Wirklichkeit mit all ihren Facetten kann eine Theorie gar nicht abbilden. Sie ist eher eine Vereinfachung dieser, weil sie sich auf einen bestimmten Bereich beschränkt, der auch überprüfbar ist. Wenn wir uns vorstellen, dass wir einen Gegenstand betrachten, so nehmen wir eine bestimmte Perspektive ein. Wir sehen nur einen bestimmten Teil des Gegenstandes und nicht den ganzen. Um auch die anderen Seiten zu betrachten, müssen wir unsere Perspektive ändern. Dabei ist keine Perspektive „richtiger“ als die andere. Alle Perspektiven zusammen machen erst den ganzen Gegenstand aus.

Verhalten tritt häufiger auf

haltbaren Beweise in dem Sinne sind und sie schlicht keine Absolutaussagen (wie zum Beispiel „Hunde dürfen nie am Halsband geführt werden.“) zulassen. Dies passiert schnell, wenn wissenschaftliche Veröffentlichungen von Laien

Verhalten tritt seltener auf

U

nd so passiert es, dass Lieschen Müller ihren stark ziehenden Schäferhund nicht mehr am Halsband führen möchte, denn die Schädlichkeit von diesem ist ja schließlich „wissenschaftlich belegt“.


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Theorien können allenfalls von ihrer Perspektive ausgehend sagen, wie der Gegenstand aussieht und welche Effekte man erwarten kann – von einer anderen Perspektive aus betrachtet, kann man schon wieder zu völlig anderen Ergebnissen kommen. Wie man handeln „soll“, sagt einem keine Wissenschaft - denn dafür ist sie nicht da. Sein Handeln nur an einer bestimmten Theorie zu orientieren, wird somit der Gesamtheit des Gegenstandes nicht gerecht. Wenn ich die Erziehung meines Hundes nur an der Konditionierungstheorie ausrichte, werde ich dem Wesen des Hundes nicht gerecht, weil ich das ‚Gesamte‘ so nie erfassen werde.

J

e nach Blickwinkel lassen sich auch erzieherische Maßnahmen unterschiedlich betrachten. Hierfür finde ich den Begriff der ‚theoretischen Brille‘ gut anwendbar und hier möchte ich jeden Leser und jede Leserin ermutigen, mit mir einen Sachverhalt unter verschiedenen theoretischen Brillen zu betrachten. Ein Hund möchte an der Leine zu einem anderen Hund stürmen. Der Halter schneidet ihm den Weg ab und blockt den Hund körpersprachlich. Beide gehen anschließend ruhig am anderen Hund vorbei.

→ Wenn wir nun unsere theoretische Brille der operanten Konditionierung aufsetzen, ist das Blocken eine positive Strafe. Der Hund wird in Zukunft dieses Verhalten weniger zeigen. → Wenn wir hingegen die theoretische Brille der sozialen Lerntheorie aufsetzen, ist das Blocken eine soziale Aussage und das ruhige Weitergehen am Hund vorbei ist etwas, was der Hund im weitesten Sinne nachahmt. → Setzen wir die theoretische Brille der Kommunikation auf, hat der Halter dem Hund etwas mitgeteilt „das wünsche ich nicht, aber du kannst ordentlich hinter mir her laufen“. Ein Sachverhalt, drei theoretische Brillen und drei unterschiedliche Aussagen. Dabei ist keine richtiger als die andere - jede bietet eine andere Perspektive, unter der man einen Sachverhalt betrachten kann. Dies ist ein häufig total verkannter, aber sehr wichtiger Aspekt. Theorien sind Teilausschnitte der Wirklichkeit. Diskussionen darüber entgleisen oft, weil den Menschen gar nicht klar ist, dass sie verschiedene Betrachtungswinkel einnehmen.

Foto: fotolia.de

Hier liegt ein sehr häufiges Missverständnis begründet, wenn sich Hundehalter der Wissenschaft bedienen. Wissenschaft ist keine Handlungsanweisung für die Wirklichkeit.

Studien). Sie sagen aber nichts darüber aus, wie die Wirklichkeit sich in Gänze darstellt. Diesen Anspruch haben Studien aber auch gar nicht. Nur weil in einer Studie an Belgischen Schäferhunden gezeigt wurde, dass diese weniger Stress haben, das „Aus“-Kommando zu lernen, wenn positive Strafe verwendet wurde, als bei negativer Strafe, heißt das nicht, dass man nun auf negative Strafe verzichten sollte und nur noch positiv strafen soll. (Böhm 2009)

Für interessierte Hundehalter bedeutet das auch, dass sie sehr vorsichtig sein sollten, wenn Absolutaussagen mit einem „wissenschaftlich belegt“ begründet werden. Hier lohnt sich ein Blick in die Originalquellen, die diese Aussagen entsprechend relativieren können. » Werbeanzeige

An dieser Stelle sollte auch klar sein, dass Wissenschaft eben keine Absolutaussagen hervorbringt. Innerhalb einer Theorie können Hypothesen formuliert werden, die die Theorie stützen können, wenn sie sich als wahr erweisen (zum Beispiel anhand von working-dog-magazin

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Um die Qualität der eingereichten Artikel in einer Fachzeitschrift zu gewährleisten, wurde der sogenannte ‚Peer-ReviewProzess‘ entwickelt. Eingereichte Studien werden vom Verlag an unabhängige Gutachter aus dem gleichen Fachgebiet weitergeleitet. Diese können das Manuskript entsprechend bewerten und einer Veröffentlichung zustimmen, es zur Überarbeitung zurück zum Autor schicken oder auch eine Veröffentlichung ablehnen. Artikel die eine solche Qualitätssicherung nicht durchlaufen haben, sind entsprechend vorsichtig zu beurteilen. Noch vorsichtiger sollte man bei Artikeln aus den populären Medien oder Blogs sein. In diesen findet man beson18

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ders oft die bereits vorher beschriebenen Absolutaussagen und Fehlinterpretationen. Hier fehlt gänzlich die fachliche Kontrolle. Es gibt allerdings auch noch einige weitere Punkte, die man bei einer wissenschaftlichen Veröffentlichung beachten sollte. D ie S tichprobe – wer nimmt teil ? Nicht nur die Theorien bilden einen Teilbereich der Wirklichkeit ab - auch die Studienteilnehmer tun dies. Sowohl bei Experimenten, als auch bei Beobachtungen und Befragungen werden die Studienteilnehmer ausgewählt. So waren die Teilnehmer der Studie über die Auswirkungen von positiver und negativer Strafe beim Erlernen des „Aus“Kommandos Belgische Schäferhunde, die bei der Polizei als Diensthunde geführt wurden. Nicht nur die Haltung und Ausbildungsweise unterschied sich vom normalen Familienhund – die Ausbilder unterschieden sich ebenfalls vom normalen Hundehalter. Es wäre denkbar, dass das „Aus“ über die negative Strafe schlicht nicht gut umgesetzt wurde, weil die Ausbilder damit weniger Erfahrung hatten. Ebenfalls wäre denkbar, dass die Hunde aufgrund ihrer Vorerfahrungen bei der positiven Strafe weniger Stress hatten. Verallgemeinern lässt es sich auf jeden Fall nicht.

Foto: pics4dogs.eu/Jan Redder

H ilfe – eine S tudie ! Wer sich die Mühe macht, in die Originalquellen schauen zu wollen, wird aber in den meisten Fällen zunächst große Schwierigkeiten haben. Nicht immer sind die Originalquellen frei verfügbar. Hier führt der Weg entweder über Universitätsbüchereien oder über den entsprechenden Autor. Wissenschaftliche Texte sind in der Regel nicht national beschränkt. Um auch international gelesen werden zu können, sind die entsprechenden Texte meist auf Englisch verfasst. Sie richten sich grundsätzlich an ein Fachpublikum. Dieses Fachpublikum besteht aus anderen Forschern und Wissenschaftlern des entsprechenden Fachgebiets. Diese Texte sind nicht für den Laien aufbereitet und gespickt mit vielen Fachausdrücken, die man nachschlagen muss.

K orrelation vs . K ausalität Grundsätzlich lassen sich zwei wissenschaftliche Methoden in der Forschung unterscheiden: Die Beobachtung (zu der auch die Fragebogenerhebung gehört) und das Experiment. In einer Beobachtung lassen sich nur Korrelationen (Zusammenhänge) überprüfen und keine Kausalitäten (Wirkungsursachen). Korrelationen sind statistische Zusammenhänge, die berechnet werden können. So ließe sich ein Zusammenhang berechnen zwischen der Tragedauer eines Maulkorbes und dem aggressiven Verhalten eines Hundes. Man könnte also beobachten, dass je aggressiver der Hund sich verhält, desto länger muss er einen Maulkorb tragen. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass der Maulkorb den Hund aggressiv macht. Besonders bei medizinischen Laienmeinungen wird dies nicht

beachtet – die Aussage, dass die Hunde heute kränker sind als früher, wird selten mit der gesteigerten Lebenserwartung der Hunde, den besseren diagnostischen Möglichkeiten und einer veränderten Haltung (vom Arbeits- zum Familienhund) in Verbindung gebracht.

Korrelation bedeutet nicht Kausalität! Nur weil früher gewisse Krankheiten nicht diagnostiziert wurden, heißt es nicht, dass die Hunde damals gesünder waren. Kausalität lässt sich nur in Experimenten nachweisen. Um zu testen, ob Hunde durch einen Maulkorb aggressiver werden, könnte man Hunde einen Maulkorb tragen lassen und dann beobachten, ob die Hunde tatsächlich aggressiver werden. Hier müssen


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B eobachtereinflüsse – die R osenthal -R atten Ein spannendes Experiment dazu hat Robert Rosenthal durchgeführt. Er teilte seine Studenten in zwei Gruppen auf, die Ratten durch ein Labyrinth laufen lassen sollten. Den einen Studenten wurde gesagt, dass ihre Ratten auf Dummheit gezüchtet wurden. Den anderen wurde gesagt, dass ihre Ratten auf Intelligenz gezüchtet wurden. Tatsächlich waren weder die einen, noch die anderen dümmer oder intelligenter. Am Ende waren jedoch die Ergebnisse der vermeintlich intelligenten Ratten besser als die der „dummen“ Ratten. Die Studenten haben durch ihren eigenen Umgang mit den Ratten Einfluss auf die Testergebnisse genommen. (Rosenthal & Fode 1963)

L aborversuche Es ist dementsprechend wichtig, solche möglichen Störungen des Versuchs durch einen geschickten Versuchsaufbau zu eliminieren. Das Problem dieser sogenannten Laborversuche ist jedoch gleichzeitig auch wieder die Abwesenheit dieser Störungen. Im Alltag sind all diese „Störungen“ keine Störungen, sondern wichtige Elemente, die Verhalten beeinflussen. Allein schon aus diesem Grund sind Aussagen in der Absolutheit, wie sie in der Hundeszene häufig gemacht werden, überhaupt nicht möglich. Auch hier wird nur ein kleiner Aspekt der Wirklichkeit untersucht.

der Ratten waren im hohen Maße abhängig von den bei dem Versuch beteiligten Personen. Im Bereich des Hundeverhaltens muss man hier auch Fragebögen kritisch sehen, die die Hundehalter selbst ausfüllen. Kein Hundehalter kann seinen Hund ganz objektiv beurteilen und schildern. Auch ist fraglich, ob Verhalten immer richtig interpretiert wird und ob das Verhalten immer gleich interpretiert wird.

ningsmethoden, die gern herangezogen wird. Neben anderen Techniken, wurde in dieser Studie auch das Aufsetzen eines Maulkorbs als aversive Trainingsmethode eingeschätzt. Hier lässt sich zu Recht fragen, ob das Tragen eines Maulkorbs überhaupt die „Aversivität“ eines Trainings misst. Ein Maulkorb lässt sich auch positiv belegen und Hunde, die aggressiv sind, tragen wahrscheinlich auch eher einen Maulkorb.

Erschwerend kommt bei biologischen Experimenten der Verhaltensforschung hinzu, dass diese nicht immer an Hunden, sondern sehr häufig an Ratten, Mäusen und anderen Tieren durchgeführt werden. Dies sollte man bei der Interpretation immer im Hinterkopf haben. G ütekriterien als Q ualitätskriterien Wie man sieht, gilt es, bei der Forschung viel zu beachten. Man spricht bei der Prüfung der Qualität einer Studie auch von „Gütekriterien“. Hier möchte ich nur zwei exemplarisch aufgreifen. Zum einen wäre das die „Objektivität“ – das ist das Maß, inwiefern ein bestimmtes Ergebnis unabhängig von den beteiligten Personen ist. Der ‚Rosenthal-Effekt‘ wäre ein Beispiel für eine Untersuchung, bei der keine Objektivität gegeben war, denn die Ergebnisse

Foto: fotolia.de

auch wieder verschiedene Dinge beachtet werden. So gibt es auch andere Faktoren, die ein Verhalten beeinflussen können. Diese Faktoren muss man, so weit es geht, eliminieren, um den einen Faktor, den man untersuchen möchte, als einzige Verhaltensbeeinflussung testen zu können. So können der Ort, der Versuchsaufbau, die Vorerfahrung des Tieres und der Prüfer einen starken Einfluss haben. Ein Hund, der den Maulkorb positiv kennengelernt hat, zeigt womöglich ein anderes Verhalten, als einer, der ihn einfach aufgesetzt bekommen hat. Ein Hund zeigt in seinem Territorium ein anderes Verhalten, als in einer fremden Umgebung. Und selbst der Prüfer hat einen Einfluss darauf.

Der eine Hundehalter würde seinen Hund nicht als aggressiv bewerten, wenn er an der Leine bellt, wogegen ein anderer dies als Aggression sieht. Ein weiteres Gütekriterium wäre die Gültigkeit (Validität), die etwas darüber aussagt, inwiefern eine Messung überhaupt das misst, was sie messen soll. So gibt es eine Studie über aggressives Verhalten von Hunden im Zusammenhang mit aversiven Trai-

Die häufige Aussage „aversives Training führt zu verstärkter Aggressivität“ lässt sich damit zumindest nicht untermauern. (Herron et al 2009)

W issenschaftliche B egriffe falsch genutzt Nicht nur Studien werden pseudowissenschaftlich interpretiert. Auch wissenschaftlich feststehende Begriffe werden das. Nachdem publik wurde, dass Wolfsrudel meistens aus Familienverbänden bestehen, wurde in » working-dog-magazin

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Diskussionen, in denen das Wort „Rudel“ im Zusammenhang mit den eigenen Hunden fiel, empört aufgeschrien.

was

er tut, es gibt nichts was einen Einfluss darauf hätte. Die Einwirkung erfolgt völlig willkürlich und steht mit nichts im Zusammenhang. (Seligman & Maier 1967)

Ein Rudel ist lediglich eine geschlossene und individualisierte Form einer Tiergesellschaft. Geschlossen bedeutet, dass die Tiere nicht austauschbar sind und individualisiert, dass die Tiere sich untereinander wiedererkennen. (Spektrum 1999) In diesem Sinne lebe nicht nur ich mit meinen Hunden in einem Rudel – selbst meine Katzen gehören dazu. Keiner von uns ist beliebig austauschbar und erkennen tun wir uns untereinander auch. Ein weiteres, momentan sehr beliebtes Phänomen ist 20

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„Ihr seid nicht verwandt, also seid ihr auch kein Rudel!“ Nun sind Hunde keine Wölfe und nur weil die Rudel bei Wölfen meist aus Familien bestehen, heißt es nicht, dass ein Rudel ein Familienverband ist.

auch die ‚erlernte Hilflosigkeit‘. Immer wieder wird gesagt, dass diese aufträte, wenn ein Hund schlechte oder gar keine Erfahrungen macht. Teilweise wird sogar behauptet, dass Strafen einen Hund „erlernt hilflos“ machen würden. „Erlernt hilflos“ klingt schlimm und wenn Untersuchungen dazu sagen, was für verheerende Auswirkungen sie haben kann, möchte man dies natürlich umgehen. Tatsächlich hat die ‚erlernte Hilflosigkeit‘ aber nichts damit zu tun. Ein Individuum, das ‚erlernt hilflos‘ ist, hat keine Strategie mehr, um eine Situation zu bewältigen und tut dann gar nichts mehr. Dies tritt aber nur auf, wenn es die Erfahrungen gemacht hat, dass egal was es tut, es keinen Effekt auf die ihn betreffende Einwirkung hat. Er kann dieser Einwirkung weder durch Meiden, noch irgendeine andere Verhaltensweise entgehen – er hat überhaupt keine Kontrolle über das, was passiert und egal,

Eine Strafe, die bei einem bestimmten Verhalten eingesetzt wird und aussetzt, sobald es nicht mehr gezeigt wird, kann schon per Definition nicht zu einer erlernten Hilflosigkeit führen. Ein Hund, der diese Strafe meidet, hat eine Bewältigungsstrategie. Man muss schon psychopathische Züge haben, um einen Hund zu einer erlernten Hilflosigkeit zu bringen. Dieser Effekt lässt sich im Labor übrigens auch mit positiven Einwirkungen herbeiführen. (Sonoda et al

1991)

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TITELTHEMA Wissenschaft zwischen Verkaufsstrategien, Laienmeinungen und Hundeerziehung Die Berücksichtigung von wissenschaftlichen Erkenntnissen im Hundetraining ist, wie man schon an diesen Ausführungen sieht, gar nicht so leicht. Viele Laien interpretieren wissenschaftliche Ergebnisse falsch oder überzogen, weil sie vom wissenschaftlichen Arbeiten schlicht kaum bis gar keine Ahnung haben. Das ist auch nicht schlimm, denn dafür studieren Menschen. Wissenschaftliche Erkenntnisse können sehr spannend sein, vor allem wenn sie helfen, das Wesen des Hundes besser zu verstehen. Sie sagen aber niemals, wie man nun mit Hunden zu leben und zu trainieren hat. Wis-

senschaftliche Aussagen müssen immer zusammen mit der Theorie und dem ‚Design‘ der Studie betrachtet werden. Sie lassen keine losgelösten Absolutaussagen zu. Leider wird jedoch genau dies oft gemacht – allerdings nicht, um eine fachliche Debatte zu führen, sondern um die eigenen (ethisch begründeten) Entscheidungen zu untermauern. Training nach „neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ klingt sehr schick. Es lässt sich gut verkaufen und scheint auch besser zu sein, als andere Trainings, die ja überholt sein müssen, wenn sie anders sind. Wissenschaft darf keine Verkaufsstrategie sein! Wissenschaft schafft Wissen – sie gibt keine Handlungsempfehlung ab.

Und wer der populären Laienmeinung bei manch wissenschaftlicher Veröffentlichung nicht folgt, ist nicht altbacken. Hundehaltung und Hundeerziehung ist etwas zutiefst Individuelles. Es lässt sich in kein Schema pressen. Erst viele unterschiedliche Perspektiven lassen einen Blick auf „das große Ganze“ zu. Sich verschlossen dagegen zu wehren, wird der Individualität von uns und unseren Vierbeinern nicht gerecht. Man benötigt auch keine Pseudo-Wissenschaftlichkeit, um seine Erfahrungen aus der Praxis zu bestätigen. Aber Wissenschaft kann viel Spaß machen, wenn man sich - wie ein Forscher - neugierig und unvoreingenommen mit ihr beschäftigt. ▪

Quellenangaben: Böhm, Inke (2009): Vergleich der Stressauswirkungen anhand von Speichelcortisolwerten und der Lerneffekte von drei Ausbildungsmethoden bei Polizeidiensthunden. Dissertation, Tierärztliche Hochschule Hannover Herron, Meghan E.; Shofer, Frances S. & Reisner, Ilana R. (2009): Survey of the use and outcome of confrontational and non-confrontational training methods in client-owned dogs showing undesired behaviors. Applied Animal Behaviour Science Vol. 117. 47–54 Spektrum, Lexikon der Biologie (1999) Online verfügbar: http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/rudel/57810 Rosenthal, Robert; Fode, K. L. (1963): The Effect of Experimenter Bias on the Performance of the Albino Rat. Behavioral Science Vol. 8. 183-189 Seligman, Martin E.P. & Maier, Steven F. (1967): Failure to escape traumatic shock. Journal of Experimental Psychology Vol.74 (1) Sonoda, Akihito; Okayasu, Takahiro & Hirai, Hisashi (1991): Loss of controllability in appetitive situations interferes with subsequent learning in aversive situations. Animal Learning & Behaviour Vol. 19 (3). 270-275

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An der Herausforderung wachsen Wie unsichere und ängstliche Hunde vom Hundesport profitieren können INTERVIEW: MIKE SCHEFFNER │FOTOS: pics4dogs.eu/CONSTANZE RÄHSE

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S

tefan geht zweimal in der Woche mit seiner Malinoishündin Laika zum IPO-Training auf den Hundeplatz. Dafür erntet er regelmäßig Unverständnis. „Die tut´s doch sowieso nicht!“ „So eine Krücke von Hund wird nie eine Prüfung bestehen.“ Solche oder ähnliche Sprüche kennt auch Laura, die mit ihrem Sam Agility macht. Ihr Border Collie ist, genau wie Stefans Laika, sehr unsicher, wenig belastbar und nur schwer zu motivieren. Warum tun die Beiden es sich trotzdem an, bei Wind und Wetter zu trainieren? Warum geben sie trotz Rückschlägen und frustrierender Erlebnisse nicht auf? Laura bringt es auf den Punkt: Weil es Sam gut tut! Stefan sieht das genauso. Bevor er mit dem Training begonnen hat, konnte sich niemand seiner Hündin nähern, ohne dass sie völlig ausgerastet ist. Mittlerweile können sogar Männer problemlos bei ihr die Chipkontrolle machen. Das war vor einigen Monaten noch undenkbar. Laura berichtet stolz, dass Sam seit zwei Wochen auch problemlos durch den Sacktunnel läuft. Sie hat das Gefühl, dass er auch in Alltagssituationen, die ihm Angst machen, cooler bleibt und sich mehr an ihr orientiert. Wie haben die Beiden das erreicht? Sicher ist, sowohl Laika als auch Sam profitieren vom Hundesport!

Foto oben: Die Wippe kann in einem AgilityParcours schon schnell mal sehr viel Zeit kosten, wenn der Hund, ohne vernüftigen Aufbau, zu viel Respekt hat. Foto rechts: Belastbarkeit und "Stockhärte" gehören dazu, wenn man erfolgreich IPO-Prüfungen ablegen möchte

Aber was muss man beachten, damit Hunde Ängste und Unsicherheiten bewältigen können?

In der klassischen Verhaltenstherapie werden Ängste mit Desensibilisierung, Gegenkonditionierung und Umkonditionierung bekämpft. Im Hundesport stehen uns aber auch noch andere Mittel zur Verfügung, Ängste und Unsicherheiten zu beeinflussen. Die Macht DER sozialeN Unterstützung Bei Laura fing alles damit an, dass Sam zwar gerne über Hürden sprang oder sich auch im Slalom geschickt anstellte, aber er war nicht dazu zu bewegen, über die Wippe zu laufen. Das wackelige Ding machte ihm höllisch Angst. Also entschieden sich Laura und der Ausbildungswart ihres Vereins, es auf einem anderen Weg zu versuchen. Während der Ausbilder die Wippe festhielt, hob Laura Sam auf die Wippe. Sie hielt ihn fest und presste ihn vorsichtig gegen ihren Körper. Dann wackelte der Ausbilder leicht an der Wippe. Sam bekam Stress und wollte herunterspringen, doch Laura gelang es, ihn festzuhalten und ruhig an sich zu drücken. Nach kurzer Zeit konnte Sam sich entspannen. Laura lobte ihn mit leiser, beruhigender Stimme und begann, ihn zu streicheln. Sie musste ihn jetzt kaum noch festhalten. Sam entspannte sich zusehends. Der Ausbildungswart entschied, die Übung damit zu beenden. Laura hob ihren Border ruhig von der Wippe und brachte ihn ins Auto. In den folgenden Trainingsstunden wiederholten sie die Übung. Man konnte beobachten, dass der Rüde sich immer schneller entspannte und freiwillig viel engeren Körperkontakt zu Laura suchte. Er merkte, dass er durch Lauras Unterstützung und den engen » working-dog-magazin

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Körperkontakt den Stress bewältigen konnte. Ganz nebenbei hat das Training auch die Bindung zwischen den beiden positiv beeinflusst. Bindung ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Aspekt. Denn die soziale Unterstützung funktioniert umso besser, je enger die Bindung zwischen Hund und Hundeführer ist.

Angst (kynologisch richtiger: Furcht) bezeichnet die innere und äußere Stressreaktion des Körpers auf einen unangenehmen oder bedrohlichen Reiz.

willig ausführen kann. Denn Führung heißt nichts anderes als verantwortliches Leiten. Dadurch kann man das Verhalten und die Einstellung des Hundes beeinflussen. Und genau das wird beim Obedience, beim Üben für eine Begleithundeprüfung oder auch bei der IPO Unterordnung trainiert. Das konzentrierte Arbeiten verhindert, dass der Hund sich in seine Angst reinsteigern kann. Stattdessen kriegt er klar vermittelt, was er tun soll. Erfolgreich absolvierte Übungen werden mit Spiel oder Futter belohnt.

Unsichere und ängstliche Hunde müssen lernen, Stress auszuhalten und mit Belastungen umzugehen. Das können sie am besten, wenn sie einen ruhigen und souveränen Partner an ihrer Seite haben, der ihnen Sicherheit und Vertrauen gibt. Dann ist soziale Unterstützung ein sehr effektives Training für diese Hunde. Warum ist das so? Anti-Stress Effekt durch Oxytocin Durch die soziale Unterstützung des Hundeführers, zu dem der Hund eine enge Bindung hat, wird das Kuschelhormon Oxytocin ausgeschüttet. Oxytocin hat seinen Spitznamen bekommen, weil es u.a. beim Umarmen ausgeschüttet wird. Es nimmt Einfluss auf die sozialen Instinkte des Gehirns. „Es dämpft über mehrere Wege im Gehirn die Ausschüttung der Stresshormone – geteiltes Leid ist also hier tatsächlich halbes Leid“, so die Tierärztin und Verhaltensexpertin Sophie Strodtbeck. Wichtig für die Ausschüttung von Oxytocin ist die soziale Unterstützung durch eine vertraute Person, zu der eine enge Bindung besteht. Dann kann das Kuschelhormon auch beim Spiel oder sogar bei bloßem Blickkontakt freigesetzt werden. Aber es gibt auch noch weitere Aspekte im Hundesport, von denen ängstliche Hunde profitieren können. 24

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Führung gibt Sicherheit Man kann häufig beobachten, dass Hunde in Alltagssituationen, wie z.B. beim Spaziergang vor dem Training, ängstlich-aggressiv auf andere Hunde reagieren. Dieselben Hunde stehen kurz darauf beim Obedience-Training mit geringem Abstand nebeneinander und sind entspannt und konzentriert. Wie kann das sein? Stellen wir uns Folgendes vor: Man verbindet Ihnen die Augen und setzt Sie tief im südamerikanischen Dschungel aus. Sie sind ganz allein. Langsam wird es dunkel. Es knackt im Unterholz und von überall nehmen Sie die Laute von unbekannten Tieren wahr. Den allermeisten von uns wird das Angst machen. Wenn jetzt jemand kommt und erklärt, dass er sich auskennt und Sie gerne ins nächste Dorf begleitet, werden Sie sich schlagartig sicherer fühlen. Dieses Gefühl des Geführt-Werdens kann man auch auf seinen Hund übertragen, der sich in unserem urbanen Dschungel aus Stein, Glas und Beton auch des Öfteren ängstigt. Führung gibt Sicherheit! Die Grundlage für Führung ist, das der Hund Kommandos sicher und bereit-

Das gibt dem Hund die Sicherheit, das Richtige zu tun. So kann er sich immer weiter entspannen. Wendet man z.B. das konzentrierte Sitzen in der Grundstellung mit Blickkontakt zum Hundeführer in der oben beschriebenen Spaziergehsituation an, reicht das vielen unsicheren oder ängstlichen Hunden schon, um nicht aggressiv auf den entgegenkommenden Artgenossen zu reagieren. Eigenständigkeit fördern In der letzten Zeit folgen immer mehr Hundetrainer bei der Therapie von Ängsten nicht mehr ausschließlich der Konditionierungslehre, sondern auch der Human-Psychologie. Das ist möglich, da die emotionale Wirkung von Stress bei Menschen und Säugetieren vergleichbar ist. Dabei geht es in erster Linie um die Entwicklung der Persönlichkeit durch Selbstverwirklichung, Selbstwahrnehmung und Selbstvertrauen. Für die Entwicklung von Selbstvertrauen ist die Förderung der Eigeninitiative unabdingbar. Nur wenn der Hund durch eigenes, selbstbestimmtes Handeln Herausforderungen


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bewältigt, stärkt das das Selbstvertrauen. Ein höheres Maß an Selbstvertrauen bedeutet für den Hund einen Zugewinn an Lebensqualität. Er wird mutiger und selbstbewusster. Stefan konnte bei seiner Hündin sehen, wie sie durch das Helfertreiben im Schutzdienst immer mehr Selbstvertrauen entwickelte. War sie erst noch zurückhaltend, bellte halbherzig und eher aus Unsicherheit heraus, änderte sich das in wenigen Schutzdiensten. Schnell erkannte sie, dass sie den Helfer durch ihr Verhalten in die Flucht schlagen kann. Wichtig hierbei ist, dass der Hundeführer seinen Hund nur dann sozial unterstützt, wenn dieser aus Eigeninitiative versucht, das Problem zu lösen. Wenn Laika nach vorne ging und energisch bellte, lobte Stefan sie aufmunternd. Das gab ihr Sicherheit und sie legte sich noch mehr ins Zeug. Begriffserklärung: Desensibilisierung: Der Hund soll an Angst auslösende Reize gewöhnt werden. Dazu wird der Reiz dem Hund in einer Intensität präsentiert, in der er gerade noch keine Angstreaktion auslöst. Die Reizintensität wird in kleinen Schritten gesteigert, bleibt aber immer unterhalb der Angst auslösenden Schwelle. Beispiel: Bei Laikas Chipkontrolle würde das folgendermaßen aussehen: Sie wird mit einem Mann in großer Entfernung konfrontiert, dass sie so gerade noch keine Angstreaktion zeigt. In kleinen Schritten wird die Distanz von Übungsstunde zu Übungsstunde reduziert. Gegenkonditionierung: Der Angst auslösende Reiz wird mit etwas Positivem, wie z.B. Futter, verknüpft. Beispiel: Die Annäherung eines Mannes zur Chipkontrolle soll bei Laika keine Angst, sondern Vorfreude auf Futter auslösen. Umkonditionierung: Ein Alternativverhalten wird dem Hund antrainiert, z.B. Blickkontakt zum Hundeführer aufnehmen und halten. Das Alternativverhalten wird mit dem Auftauchen des Angst auslösenden Reizes verknüpft. Beispiel: Stefan würde seine Hündin auffordern, Blickkontakt mit ihm aufzunehmen, wenn Laika den Mann, der die Chipkontrolle durchführen wird, wahrnimmt. Das Halten des Blickkontaktes wird belohnt. Nach einiger Zeit wird Laika selbstständig Blickkontakt zu Stefan suchen, wenn sich ihr ein Mann nähert. Sie führt das Alternativverhalten aus, anstatt aggressiv zu reagieren.

Hätte er versucht, sie zum Bellen zu motivieren und nach vorne anzutreiben, würde er die Entwicklung von Eigeninitiative verhindern und damit auch einen Zugewinn an Selbstvertrauen. Das Gleiche gilt natürlich für den Kampf um die Beute mit dem Helfer. Kontert der Hund – versucht also aktiv, aus eigener Initiative die Beute zu bekommen – steigert das Gewinnen dieser das Selbstvertrauen stärker, als wenn er für Beutehalten bestätigt wird. Das ist vor allem bei Hunden wichtig, die eine Stockangst haben. Bringt man diesen Hunden zuerst bei, dass sie über Kontern die Beute gewinnen können, haben sie eine bessere Chance, die Unsicherheit oder Angst zu überwinden. Wie kann das sein? Soldaten kommen in Auslandseinsätzen oft in gefährliche Situationen. Ohne ihre Ausbildung könnten sie diese nicht bestehen und würden von ihrer Angst beherrscht werden. Aber in kritischen Situationen können sie auf das zurückgreifen, was sie gelernt haben. Zu wissen, was man tun muss, gibt Sicherheit und die Angst wird beherrschbar. Genauso ist es hier beim Hund. Er wird in dem Moment, wenn die Schlaghand sich (mit angemessener Belastung) hebt, tun, was er gelernt hat – um die Beute kämpfen. Überlässt der Helfer dem Hund jetzt sofort den Ärmel, ist der Grundstein gelegt. Der Hund lernt, dass er nur intensiv genug kontern muss, um zu gewinnen. Er kann sich darauf konzentrieren und ein Stück weit die Angst ausblenden. Steigert man die Belastung nun in sehr kleinen Schritten, stehen die Chancen gut, dass er die Stockangst überwinden kann. Auch Laura nutzt die Möglichkeiten und hat z.B. durch freies Shaping erreicht, dass Sam durch den oben erwähnten Sacktunnel läuft. Immer wenn er sich mit dem „Ungetüm“ beschäftigte, lobte sie ihn, sobald er aufhörte, eine eigene Lösung zu suchen, hörte sie damit auf. Fortschritte, wie das direkte Anlaufen oder das

tiefere Hineingehen klickerte und belohnte sie. Freies Shaping durch Klickertraining eignet sich deshalb so gut um ängstliche Hunde zu trainieren und deren Selbstvertrauen zu stärken, da sie dabei überlegen und knobeln müssen. Wenn sie die Herausforderung bewältigt haben, kann man ihnen ansehen, wie stolz sie das macht. Im Hundesport gibt es viele Möglichkeiten, freies Shaping einzusetzen. Immer mehr Hundesportler wenden es z.B. beim Anlernen des Apportierens an. Aber natürlich kann es auch beim Revieren oder Springen und Klettern nützlich sein. Es fördert in jedem Fall die Problemlösungsfähigkeit und das aktive Verhalten des Hundes. Das hilft ängstlichen Hunden, aber auch alle anderen können davon profitieren.

Wer einen unsicheren oder ängstlichen Hund hat, kann dessen Probleme natürlich nicht allein durch Hundesport lösen. Er sollte sich an einen erfahrenen Hundetrainer oder Verhaltensberater wenden, der auf das Training mit Problemhunden spezialisiert ist. Aber ergänzend zur Verhaltenstherapie kann Hundesport sehr sinnvoll sein.

Der ängstliche Hund kann an den Herausforderungen, die der Sport bietet, wachsen, wird sicherer, belastbarer und stressresistenter. Ganz nebenbei ergeben sich für Vereine und Verbände durch das Training mit ängstlichen Hunden auch Möglichkeiten, das in der breiten Öffentlichkeit oft angekratzte Image des Schutzhundesportes aufzuwerten. Vielleicht gehören dann Sprüche wie „Der tut´s sowieso nicht!“ bald der Vergangenheit an. ▪ working-dog-magazin

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NEWS & SZENE

Nachgefragt bei

EDGAR SCHERKL Der vierfache Weltmeister und Vorsitzende des Rassezuchtvereins Deutscher Malinois-Club steht wie kaum ein anderer für den Gebrauchshundesport und die Gebrauchshundezucht. Grund genug, einmal nachzufragen, wie es denn darum steht ...

Steckt der Gebrauchshundesport in der Krise? - Wenn ja, was bedeutet das für die Gebrauchshundezucht? Er befindet sich sicherlich nicht im Aufwind. Ich denke, dass ein generelles Umdenken wichtig ist. Der Einstieg sollte erleichtert werden und es sollte mehr für unseren Sport geworben werden. Im gleichen Atemzug müssen Ausbildungskonzepte, die es in anderen Sportarten gibt, manifestiert werden und eine Leitlinie zur Ausbildung erarbeitet werden. Was es für die Gebrauchshundezucht bedeutet, wenn der Sport wegfällt, liegt doch auf der Hand, sie unterliegt dem Gesetz der Evolution, sie stirbt aus. Ist das Wegfallen der Stockschläge auf FCI-Meisterschaften der Anfang vom Ende des IPO-Sportes? Der Wegfall des Stockbelastungstests innerhalb der Weltmeisterschaft FCI für Gebrauchshunde ist gänzlich falsch. Die Väter des Gebrauchshundes erkannten bereits in den Anfängen bei der Arbeit mit ihren Hunden, wie wichtig die Überprüfung der Selbstsicherheit, des Temperaments und der Härte für die Arbeit und die Zucht von Gebrauchshunden ist. Gebrauchshunde, die in vielen Bereichen für unterschiedliche Zwecke ausgebildet und eingesetzt werden, benötigen die aufgeführten Eigenschaften, um in den diversen Einsatzgebieten bestehen zu können. Hierunter fallen besonders jene Hunde, welche nicht ausschließlich in sportlichen Wettkämpfen geführt werden: Diensthunde, Rettungshunde, Hunde, die zum Schutz von Personen und Eigentum dienen. Die Trainer im IPO Sport bilden heute ihre Hunde nach den Ergebnissen der Verhaltensforschung aus, tierschutzgerecht und mit hoher Effizienz. Dieser mühevolle Weg ist nur dann von Erfolg gekrönt, wenn eine Zuchtselektion erfolgt und da gehört der Stockbelastungstest bedingungslos dazu. Die Pflicht der FCI und insbesondere der FCI-Gebrauchshundekommission als Repräsentant des IPO-Sports ist, sich dessen bewusst zu werden und die Wichtigkeit des Stockbelastungstests zu erkennen. 26

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Edgar Scherkl (56) ▪ 1. Vorsitzender des DMC ▪ DMC Leistungsrichter größte Erfolge: A´Desert der Sonne entgegen

▪ FMBB Weltmeister 2001 ▪ FCI-Weltmeister 2002 Cayman vom Adlerauge ▪ FCI Weltmeister 2008 ▪ FMBB Weltmeister 2011

Umso mehr ist auch noch zu bedenken, warum Doping bei der FCI keine Beachtung findet, genauso wie kupierte Hunde und beides hat tierschutzrelevanten Charakter, wobei der Stockbelastungstest nicht annähernd in diese Richtung geht. Wie können die Mitglieder und Vereine den Negativtrend aufhalten? Was können/müssen sie tun? Indem weniger Intrigen geschmiedet werden, der Sport mehr im Vordergrund steht als die Politik, Funktionäre funktionieren, den Sport promoten und die Interessen der Hundeführer umsetzen und vertreten. Kurzes Update zur neuen PO. Warum sollen zukünftig weniger Sprünge abgefragt werden, und vor allem in Verbindung mit dem Apportieren in der IPO1. In erster Linie soll es für die Einsteiger und für die Vereinsprüfungen erleichtert werden. Man sieht auch bei einem Sprung, ob der Hund die anatomischen Voraussetzungen mitbringt. Die Sprünge bei der IPO3 bleiben ja gleich. Es geht darum, dass der einzige Unterschied zur IPO3 nicht nur das "Steh" ist. 2-Richter-System auf Meisterschaften: Was sind für Dich die Vor- und was die Nachteile? Bist Du dafür oder dagegen? Das liegt daran, wie sich die Besetzung darstellt. Tatsächlich ändert es unter dem Strich nichts. Aber der Gedanke eines 2-Richter-Systems soll ja die Fehler oder das bevorteilte Richten ausschließen. Ich denke, hier können andere Mechanismen greifen. Es sollte eine Richterklassifizierung geben und nachhaltigere Schulungen. Zuweilen kommt es auch zu einem Wettkampf zwischen den Richtern, wer nun die wenigsten Punkte am Ende erreicht hat. Das wiederum ist sehr bedenklich. Ich denke, dass die gültige PO bei genauerem Durchlesen alle gewünschten Eigenschaften beschreibt.



"Agility goes Olympia"

[ Jetzt startet sie wieder - die Zeckensaison ] Eine vom Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. (VDH) in Auftrag gegebene Studie hat herausgefunden, dass die meisten Hundebesitzer die Gefahr, die von Zecken ausgeht, ernst nehmen. Rund 6.200 Hundebesitzer haben an einer Online-Umfrage des VDH teilgenommen. Dabei geben 84% der Befragten an, täglich mit ihrem Hund im Grünen unterwegs zu sein. Das vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) empfohlene regelmäßige Absuchen und Entfernen der Zecken nehmen 77% der Halter sehr ernst und kontrollieren daher

„immer“ oder „meistens“ nach einem Aufenthalt in der Natur ihren Hund. Bei den Zeckenschutzpräparaten bilden die Spot-Ons mit 43% die Mehrheit, gefolgt von Halsbändern (18%), Kautabletten (9%) und Sprays (5%). Unter den alternativen Methoden liegen Kokosöl und Bernsteinkette (3%) sowie Knoblauch (2%) weit vorne. Bei ihrem eigenen Schutz sind die Halter dabei deutlich nachlässiger. Jeder vierte Befragte unternimmt überhaupt nichts, um sich selbst vor Zecken zu schützen. Quelle: www.vdh.de

Aber leider erst einmal nicht über Deutschland, so Christa Bremer vom VDH. Leider! Für den Deutschen olympischen Sportbund (DOSB) ist Hundesport kein Sport. Aus DOSB-Sicht ist es eine zweckdienliche Hundeausbildung und keine Ertüchtigung des Menschen. Das sah der DVG bzw. VDH natürlich anders und legte mehrere Gutachten vor, die das Gegenteil bewiesen. Aber keine Chance, der DOSB bleibt bei seiner Meinung. Und das schon seit 40 Jahren. Die Hundesportler sind leider zu spät gekommen, denn die Tauben, Reiter und Schachspieler würden heute auch keine Zulassung mehr bekommen - sind aber Gründungsmitglieder. Große Hoffnung liegt jetzt auf Österreich. Die haben die Anerkennung bekommen und kämpfen weiter. Allerdings gibt Christa Bremer zu bedenken, dass die Mitgliedsbeiträge exorbitant erhöht werden müssten, da sie der DOSB-Ordnung angepasst würden und die Übungsplätze wären wieder städtisches Eigentum. Will man das?

[Hunde besitzen ein episodisches Gedächtnis ]

H

unde sind hochintelligent. Sie können unsere Mimik, Gesten und Worte verstehen und sich an erlernte Fähigkeiten und Abläufe erinnern. Aber verfügen sie auch über ein Gedächtnis ähnlich dem unsrigen? Können sie sich an eigene Erlebnisse und Ereignisse erinnern? Im Gegensatz zu erlernten Verhaltensweisen merken wir uns das Geschehene unwillkürlich. Ob Hunde diese Fähigkeit haben, war bislang strittig. Jetzt haben Claudia Fugazza und ihre Kollegen von der Eötvös Un-

versität Budapest ein Experiment entwickelt, um das herauszufinden. Sie haben einigen Hunden beigebracht, einfache Handlungen ihrer Besitzer auf das Kommando „do it“ nachzuahmen. Wenn die Hunde das verstanden hatten, machte der Besitzer etwas vor, forderte nun aber nicht sofort den Hund zum Imitieren auf, sondern brachte ihn zuerst für einige Zeit aus der Situation. Einmal für eine Minute und einmal für eine Stunde. Danach forderte er den Hund auf, sich hinzulegen. Dadurch

wurde die Erwartung des Hundes, etwas nachahmen zu müssen, zusätzlich umgelenkt. Erst dann erhielten die Hunde das „do it“-Kommando. Ergebnis: Die Hunde konnte das Verhalten trotzdem imitieren. Die Forscher sehen das als Nachweis dafür, dass Hunde ein episodisches Gedächtnis besitzen. Das Experiment auf YouTube:

scan mich!

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NEWS & SZENE

[ Belohnen mit Käse verhindert auch Zahnstein? ] Diesen Doppeleffekt erreichen die QCHEFS. Es gibt Hundesportler, die schwören im Training auf Käse. Ein Bestandteil von diesem ist Serotonin - DAS "Wohlfühlhormon", das die Stimmung hebt. Auch als Glückshormon bekannt, beeinflusst es auch bei unseren Hunden das psychische Wohlbefinden. Ganz nebenbei neutralisiert Käse schädliche Bakterien und schützt die Zähne mit einer Fett- und Eiweißschicht. Dabei ist das Kauen und Speicheln sehr wichtig. Der Speichel verteilt das Calcium. So wird der Zahnschmelz remineralisiert. Die Zähne werden glatt und sauber. Doppelt gut also diese Käsedinger. Und geruchlos sind sie auch noch. www.qchefs.eu

[ Europameisterschaft der Schlittenhunde ]

[ RSV2000 raus aus dem VDH? ] [ Freund

oder Feind

]

So heißt der neue Dokumentarfilm der Regisseurin Ruth Stolzewski. Er handelt von der ambivalenten Beziehung zwischen Mensch und Hund. Ist der Mensch der beste Freund oder der schlimmste Feind des Hundes? Während der Hund einerseits als Sozialpartner immer wichtiger wird, schlägt ihm aber auch immer mehr Unverständnis und sogar Hass entgegen. Er wird als Straßenhund erschlagen, in Osteuropa aus Profitgier zu tausendfacher Vermehrung unter erbärmlichen Umständen gezwungen, muss Leine und Maulkorb tragen, nur weil er der falschen Rasse angehört. Viele Rassehunde sind überzüchtet. Bulldoggen können kaum noch atmen und über die Hälfte aller Dobermänner stirbt viel zu früh an der Herzkrankheit DCM. Auf der anderen Seite werden Hunde aus falsch verstandener Liebe verhätschelt und fett gefüttert. In 103 Minuten Film geht Ruth Stolzewski der Mensch-HundBeziehung auf den Grund. Der Film ist als DVD und als Video on Demand erhältlich.

Der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) hat mitgeteilt, dass der Schäferhundverein RSV2000 aus dem Verband ausgeschlossen wurde. Dies bedeutet unter anderem, dass RSV 2000-Mitglieder nicht mehr an Prüfungsveranstaltungen anderer VDH-Vereine teilnehmen können, wenn sie nicht über eine Zweitmitgliedschaft in einem anderen Verein verfügen. Hunde aus RSV-Zucht werden von anderen Zuchtverbänden nicht mehr anerkannt und dort der Zucht zugeführt werden. Warum der VDH so entschieden hat war bis Redaktionsschluss unklar, der VDH zu keiner Stellungnahme bereit. Allerdings, die Gerüchteküche brodelt!

[ DER WT-SAFETYFIX-SPRUNG ] für Agility & IPO verhindert durch seine magnetische Fixierung der Abwurfstange Negativerfahrungen und Verletzungen. www.wt-metall.de

[ Neue

Prüfungsordnung weiter in Bearbeitung ]

Laut Günther Diegel, Obmann für das Gebrauchshundewesen im VDH ist die vorgesehene neue internationale Prüfungsordnung noch weiterhin bei der FCI Arbeitsgemeinschaft IPO in Bearbeitung. Die Landesorganisationen hatten im Januar ihre Möglichkeit wahr genommen, noch weitere Anregungen zum vorliegenden Entwurf zu geben. Weiterhin betonte Diegel, dass sich der Gebrauchshundesport nicht hinter den Funsportarten verstecken muss und darf. "Wir können offensiv unsere kompetente und in allen Bereichen tierschutzgerechte Ausbildung demonstrieren und vertreten." Außerdem stehen für ihn die Leistungsrichter in der Pflicht, persönliche Kompetenzen im sozialen, emotionalen und kommunkativen Bereich zu entwickeln. "Die fachliche Verpflichtung setzt fundiertes Wissen über das Lernverhalten von Hunden und das Erkennen von Stressverhalten voraus."

Vom 02. bis 05. Februar konkurrierte in Inzell die europäische Musher-Elite für Sprint- und Mitteldistanzrennen. Das Team des SC Weißenbach rund um Anton Fehringer und Robert Öttl organisierte eine rundum gelungene Veranstaltung. Trotz des vorangegangenen Tauwetters lobten alle Musher die bestens präparierten Trails. Tausende Zuschauer kamen in den Start- und Zielbereich, um die von Pino Dufter moderierten Ereignisse hautnah zu erleben und interessanten Informationen aufzusaugen. Neben den vier gängigen Schlittenhunderassen Sibirian Husky, Alaskan Malamute, Grönlandhund und Samojede gingen auch zwei Teams mit dem seltenen Kanadischen Eskimohund an den Start. Es starteten Gespanne mit 2, 4, 6 und 8 Hunden, aber auch in der "Unlimited Klasse" und im Skijöring fanden Wettkämpfe auf den Strecken zwischen 6,2 km und 38 km statt. Aufgrund des warmen und sonnigen Wetters hatte die Rennleitung zum Wohle der Hunde entschieden, dass die Mitteldistanz verkürzt wurde. Fazit: Toll organisierte Veranstaltung! Tolle Stimmung und tolle Unterhaltung! Vieles über den Schlittenhundesport gelernt und blitzsaubere Toiletten. (Text und Fotos: Heike Winterling)

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Doppelsieg für den Deutschen Schäferhund Nur zehn Hunde haben das Prüfungsziel der VDH-FH-Deutschen Meisterschaft im März 2017 erreicht: drei Malinois, drei Deutsche Schäferhunde, drei Hovawarte und ein Dobermann TEXT: CONSTANZE RÄHSE

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HUNDESPORT

FÄ H RT E

in diesem Bereich und am Start stehen lauter Spezialisten. Egon Gutknecht und auch Michael Kötters haben den Schwierigkeitsgrad einer jeden Fährte in ihren Bewertungen berücksichtigt. „Die Richterleistungen waren sensationell“, lobt der spätere Sieger Thomas Thies.

Foto: Jutta Leske

Foto: Michael Tomczak (li.) mit Aik von Rio Negro und Thomas Thies (Mi.) mit Tara von den Wannaer Höhen teilen sich den Sieg. Dritter wurde Marco Apitz (re.) mit Khadryze von Haus Lohre.

A

m Start waren 27 qualifizierte Hundeführer, unter ihnen der amtierende DMC-Champion Roland Schirling, die amtierende RZV-Siegerin Ute Andric und natürlich der FCI-Weltmeister von 2015 und Titelverteidiger Michael Tomczak. Im erlesenen Feld stand auch der FCI-WM-Dritte vom Vorjahr, Marco Apitz, mit seiner Khadryze von Haus Lohre. Es versprach also, ein spannendes Wochenende zu werden:

„Das Gelände war insgesamt hoch anspruchsvoll“, beurteilte der eingesetzte Leistungsrichter Egon Gutknecht, „wenngleich es aber auch vermeintlich leichtere Teilstücke gab.“ Die Fährtenleger hätten genommen, was gekommen ist. Die Leistungsebene, auf der diese Veranstaltung ausgetragen wurde, muss sich mit dem zurechtfinden, was gerade vorhanden ist. Eine Deutsche Meisterschaft ist eben die höchste deutsche Ebene

„Beide leben die Freude am Hundesport und an gezeigter Leistung absolut und haben in wertschätzender Art dies in jeder Besprechung zum Ausdruck gebracht. Positives wurde stets in den Vordergrund gestellt, ein "lasches" Richten aber trotzdem vermieden. Respekt!“

Die Bedingungen waren nicht leicht. Das sieht man daran, dass von 26 Startern gleich 16 Teams die Prüfung nicht bestehen konnten. Die erfolgreichen „10“ dominierten Deutsche Schäferhunde, die am Ende mit einem Doppelsieg allein auf dem Podest standen. Daneben standen drei Malinois, „verkehrte Welt“ also sozusagen, wenn man den Blick kurz in den IPOBereich wendet, in dem es ja meist andersherum ist. Sensationell standen da aber auch noch drei Hovawarte. Der RZVH hatte damit mit 100% seiner Starter einen erfolgreichen Abschluss. Egon Gutknecht erinnerte sich im Besonderen an die Hündin Hiska von Negro Lobo, die trotz frostigem Boden, mit dem andere Starter riesige Probleme hatten, gleich in der zweiten Fährte am Freitag 94 Punkte bei ihm abholte. Die von Ute Antric geführte Deutsche Meisterin im RZVH überzeugte durch Intensität und Aktivität.

* Statistisches # Rüden: 16 # Hündinnen: 11

ältester Hund:

Celly ex Calibur

(Hovawart) - 10,4 Jahre Platz 8

jüngster Hund:

Orie v Binselberg

(Dobermann) - 3 Jahre Platz 9 Ø-Rassewertung: Hovawart: 178,0 Punkte Malinois: 165,3 Punkte DSH: 160,5 Punkte

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Die beiden besten Leistungen am ersten Tag schrieb er den Hundeführern Marco Apitz und Michael Tomczak zu, deren Hunden „vorzüglich“ ablieferten. Aik von Rio Negro beschrieb Egon Gutknecht als sehr sachlich, konzentriert und gleichmäßig arbeitend. An den Gegenständen 1 und 2 hätte sich der Rüde etwas schneller ablegen sollen. Die 98 Punkte waren die Höchstbewertung des Richters an diesem Tag. Zwei Punkte weniger erarbeitete sich Khadryze von Haus Lohre, die phasenweise etwas intensiver arbeiten und nach den Winkeln eine Idee schneller in den Schenkel wechseln sollte. „Aber das ist „Meckern“ auf ganz hohem Niveau“, fügte Gutknecht noch hinzu. Thomas Thies hatte mit seiner Tara von den Wannaer Höhen am Freitag seine erste Suche dem Leistungsrichter Michael Kötters vorzuführen. Das Team, das nach fünf Teilnahmen an der SV-Bundes-FH erst das zweite Mal an der gesamtdeutschen Meisterschaft teilnahm, hatte ein schweres Los gezogen. 32

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Thomas Thies & Tara

Auch Egon Gutknecht zeigte sich dann fasziniert von der Leistung der Hündin am Sonntag.

„Bei ihr hatte ich fast den Eindruck, als wenn sie ihre Nase in den Boden drückt. Während andere Hunde intensiv ca. einen Zentimeter über dem Boden suchen, baute Tara richtig Druck auf. Ganz toll!“ Eine kleine „Schrecksekunde“ gab es dann aber doch. Tara nahm eine Verleitung an. Der Leistungsrichter lobt fast nebenbei die Haltung des Hundeführers, der seiner Hündin vertraute. Die blieb nach etwas mehr als einer Hundelänge stehen, prüfte, drehte, suchte zurück und bog in die

Archivbild DSH-Spezial

Auch die Suchleistung und den Finderwillen von Kirsten Heisterkamp´s Boxer Frieda vom Lankwitzer Orden hob der Bayer hervor. Leider verlor das Team die Punkte an den Gegenständen, weil Frieda an diesen etwas unruhig und teilweise auf ihnen stand.

Sieben Geländewechsel, davon vier Wege, galt es zu überwinden. „Der Acker war teilweise so grobschollig und hielt Furchen bis 30cm Tiefe bereit. Der Fährtenleger war ein sehr großer Mann, der auch große Schritte machte. Tara kam eigentlich nie in ihren Rhythmus „links-rechtslinks“, sondern musste sich jeden Schritt erarbeiten. Ich hatte nicht wirklich ein gutes Gefühl, ob sie das schaffen kann.“ Aber die 8-Jährige hat es geschafft! Und wie! 98 Punkte – die Leistung hatte auch Richter Kötters beeindruckt.

Tara vd Wannaer Höhen

„Am Ende zeigte sie leicht ungleichmäßiges Tempo. Aber das war eine ganz tolle Arbeit von dem Team“, schwärmte Egon Gutknecht.

Rasse: Deutscher Schäferhund Wurftag: 25.11.2008 - SZ 2228749 Ausbildungskennzeichen: IPO3 (LGFCI), FH2, IPO-FH Zucht: SG - gekört HD: noch zugelassen - ED: normal Erfolge:

VDH-FH-Deutscher Meister 2017 SV-Vize-Bundessieger (FH) 2012 / Dritter 2016

richtige Richtung ab. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Wieder ergab die Suche 98 Punkte. Damit war Thomas erst mal Spitzenreiter, musste aber noch eine halben Tag auf die Ergebnisse der Konkurrenz warten. Die beste Fährte an diesem Tag und auch im gesamten Wettkampf erreichte dann der Vorjahres-WM-Dritte Marco Apitz. Seine Hündin lieferte nahezu perfekt ab und bekam 99 Punkte zugesprochen.

Den direkten WM-Startplatz nahm ihm aber Michael Tomczak, der auch auf seiner zweiten „Runde“ beeindruckende 98 Punkte erhielt und damit am Ende punktgleich mit Thomas Thies als Sieger feststand. Es gab also einen Doppelsieg und so hat die Deutsche VDH-Mannschaft im April in Slowenien ein echtes Spitzenteam am Start. Marco Apitz ist zwar Ersatz, könnte aber noch zugelost werden. Drücken wir die Daumen.


HUNDESPORT

FÄ H RT E Nochmal drei Deutsche Schäferhund auf dem Treppchen – das wäre es doch! Der Sieg freut Thomas Thies dann um so mehr, wird doch die jahrelange Arbeit endlich mal richtig belohnt. Aber eigentlich sind seine Emotionen schon nach der ersten Fährte mit ihm durchgegangen.

„Ich habe mich so gefreut und war so unfassbar stolz auf Tara, dass sie diese wirklich sehr schwere, lange Fährte so super abgearbeitet hat.“

verwiesen und wurde dafür mit 97 Punkten belohnt.“ Zum Absuchen der zweiten Fährte musste Roland am Sonntag wieder ran. Erneut lagen die Fährten in Wechselgelände und auch Feldwege mussten überquert werden. Die beiden erarbeiteten sich 93 Punkte. Das reichte am Ende für den 4. Gesamtplatz. Rolands Resümee: „Es war eine super Erfahrung! Die Stimmung im DMC-Team war hervorragend. Die Veranstaltung war sehr gut organisiert. Die Fährtenleger haben einen klasse Job gemacht.“ Das sehen auch Egon Gutknecht und Thomas Thies so, die sich beide zudem über die sehr würdevolle Siegerehrung gefreut haben. Gelungene, runde Sache also diese VDH-FH-Deutsche Meisterschaft! ▪

Marco Apitz (SV-Bundessieger, Vize Deutscher Meister VDH und FCI-WM-Dritter FH) Wie lief die Vorbereitung auf die diesjährige VDHFH-DM? Schlecht! Khadryze hatte sich vor Weihnachten einen Trümmerbruch in der Zehe zugezogen und war sechs Wochen außer Gefecht gesetzt. Normal mache ich vor so einer Meisterschaft viel Ausdauertraining. Ich habe also in den letzten vier Wochen jeden Tag gesucht. In der Mittagspause gelegt, nach Feierabend abgesucht, anfangs sogar mit Taschenlampe in Schnee und Frost. Immer doppelte FH-Länge, damit sich Suchkondition aufbaut. Aufgrund meiner Arbeitssituation kennt Khadryze nun fast jeden Boden in Deutschland. Das kommt mir natürlich sehr zugute.

Abstammung Tara

Vaterlinie

Wobo von den Wannaer Höhen

Hel von den Wannaer Höhen & Jack vom Blender See Lasco Westfalensproß & Umsa vom Rockland

Wanja vom Dümpter Feld

Foto: Jutta Leske

Auch Roland Schirling ist stolz auf seine Isi, die eine der jüngsten Starterinnen im Feld war. Die Bedingungen waren auch für ihn nicht leicht. Roland erzählt, dass es in der Nacht sehr kalt war. Die Fährten wurden morgens in den noch gefrorenen Boden gelegt. Auch er und Isi mussten bei so einer Fährte ihr Können beweisen. „Isi ist zweimal leicht von der Fährte abgekommen, aber sie hat sich durchgekämpft, fehlerfrei alle Gegenstände

Foto: Jutta Leske

Mutterlinie

Was war los am ersten Tag der VDH-FH-DM? Sie war einfach nicht bei der Sache, war auch im Training sehr aufgekratzt. Dabei hatte ich davor ein sehr gutes Gefühl. Aber ich habe sie an dem Tag nicht eingestellt bekommen. Wir haben alle Punkte auf dem ersten Schenkel verloren. Khadryze war unkonzentriert und hat sich sogar von den Leuten drum herum ablenken lassen. Das hat mich sehr geärgert. Am zweiten Tag habt ihr dann mit 99 Punkten die beste Fährte des Tages gezeigt.

Ja, da war sie wie ausgewechselt. Wir haben am Gegenstand was verloren, weil sie da schon mal scharrt. Das ist aber dem Training geschuldet, da verbuddel ich auch schon mal einen Gegenstand, den sie dann ausgraben muss. Und in der Winkelarbeit besteht für mich noch Nachholbedarf. Nachdem es am ersten Tag nicht so lief, habe ich sie am Sonntag ganz entspannt angesetzt, weil ich ja wusste, dass es für ganz oben nicht mehr reicht. Aber mit dem Trainingspensum, was wir vorher hatten, bin ich am Ende dann doch zufrieden. Wir sind Ersatzstarter für Slowenien und es besteht die theoretische Chance, dass wir noch zugelost werden. Aber ich mache auch gerne den Zuträger für die Mannschaft. Stimmt es, dass es Dopingkontrollen gab? Ja, für die drei Erstplatzierten. Da kam extra ein Offizieller vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) mit einer Tierärztin, die den Hunden Blut abgenommen hat. Nachdem die Sieger feststanden, bekamen wir einen Aufpasser an die Seite gestellt, der uns permanent beobachtete. Der VDH war wohl im Vorfeld über diese Kontrolle informiert, wir Starter aber nicht. Offenbar haben diese Kontrollen etwas mit der Anerkennung des Hundesports als Sportart durch den DOSB zu tun.

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KOLUMNE

Akzeptanz ist Toleranz! Hundeerziehung bedeutet nun auch mal maßregeln. Das gehört dazu! Wenn Fiffi das Reh oder den Hasen interessanter findet als das Futterbröckchen oder den Klicker, hat WER das Problem?

B

oah, ich habe den Stachel bald voll. Diese Hundewelt wird echt immer ätzender. Nur noch Wattebäuschchen-Werfer, Todstreichler und „Hausfrauen“-Mentalität. Und die ewigen Diskussionen über Kommunikation, Erziehung, Haltung und DEN richtigen Hundesport. Vorwürfe und Vorurteile sind Alltag. Jeder "Experte" weiß es besser. Artgerechte Kommunikation versteht heute offenbar kein Hundehalter mehr. Wenn der Hund seinen Halter anknurrt oder bei einer Hundebegegnung sein Gegenüber – dann ist er gleich asozial? Dabei wollen die Menschen selbst doch auch mal ihre Ruhe, finden schon mal gar nicht Alles super oder wollen permanent belästigt werden. Auch sie reagieren zornig, wenn jemand die Pizza klaut, sind schlecht gelaunt, wenn sie wenig Schlaf hatten und lieben mal definitiv auch nicht jeden anderen Zweibeiner! Kommunikation ist Verständigung. Soll der Hund jetzt sprechen lernen? Ich lach´ mich schief! Erziehung Die Öffentlichkeit will gut erzogene Hunde sehen, die brav und ausgeglichen, gut sozialisiert und natürlich jedermanns Freund sind. Und das am besten immer und in jeder Situation. Dass das ja schon mal selbst in der eigenen Humangesellschaft so gar nicht funktioniert, stört nicht weiter. Aber vor „ist brav erzogen“ kommt ja schon rein logisch erst mal die Erziehung als Handlung selbst. Oder? Aber jeder Halter, der seinen Hund auch mal maßregelt, am Halsband zieht oder händisch einwirkt, ist gleich ein Tierquäler, muss sich Beschimpfun34

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gen und Unterstellungen gefallen lassen. Es wird immer schwieriger, konsequente Hundeerziehung zu erklären. Das ist echt ätzend. Jetzt mal ehrlich: funktioniert Antiautoritär denn überhaupt? Kann ausschließlich Positivverstärkung überhaupt zielführend sein? Nein! „Der Weg der ausnahmslosen Positivverstärkung geht in vielen Situationen nachweislich am Leben vorbei“, predigt der Kynologe Günther Bloch schon seit Jahren. Artgerechte Haltung Wozu denn das bitte? Was früher normal war, ist heute heftig umstritten. So dürfen beispielsweise Gebrauchsbzw. Arbeitshunde nach der öffentlichen Meinung keine mehr sein, sollen am besten zum Schaf im Wolfspelz verkommen. Den für die Arbeit gezüchteten Hund will man am liebsten ohne Aufgabe, kuschelnd auf der Couch sehen. Zwingerhaltung ist eh verpönt. Das Geschäft soll er am besten in drei täglichen Gassirunden auf der Verkehrsinsel machen und überhaupt soll er am gesellschaftlichen Leben, auch wenn es gar nicht seine "Gesellschaft" ist, permanent teilhaben, Silvester am besten noch beim Feuerwerk in der ersten Reihe stehen, damit der Halter damit prahlen kann, dass Fiffi überhaupt keine Angst vor Puff, Peng und Knall hat? Das soll artgerecht sein? Ich krieg´ das Würgen! Nein, artgerechte Haltung ist doch eher, wenn der Hund Hund sein darf. Natürlich ist er ein Rudeltier, aber gehen Hunde in die Kneipe? Nein! Versteht er, wenn er permanent mit Worten oder gar ganzen Sätzen vollgequatscht wird? Nein! Ein Hund lebt in seiner Welt aus Instinkten und Regeln.

von

MÜcKE BISSIG ein tierischer LAUSCHANGRIFF ...

Das ist sein Naturell! Und Instinkte wie Jagen, Bewachen, Schützen und Sich-vermehren können nicht wegdiskutiert werden. Wenn man diese aber respektiert, sie versteht und vielleicht sogar noch fördert, den Hund diese ausleben lässt, DANN wird dieser ein ausgeglichener, zufriedener, ruhiger Hund - gut erzogen eben! DEN richtigen Hundesport gibt es nicht! Was Mensch mit Fiffi für einen Sport machen will, ist seine Entscheidung und meist auch von Fiffi selbst abhängig. Im Schutzhundesport zum Beispiel gibt man den Vierbeinern die Möglichkeit, auch mal Stimmungen auszuleben. Aggression beispielsweise gehört zum Leben. Ist doch bei den Menschen auch nicht anders. Bei Hunden aber wird das oft als etwas furchtbar Schlechtes angesehen. Auch Konsequenz und verständliche Korrekturen sind für Fiffi eher super, werden aber immer in den negativem Kontext gezogen. Wer erzählt eigentlich sowas? Hundeschulen und private Trainer, die damit Geld verdienen. Das sind die "Profis"? Rein logisch betrachtet, sind die doch eher darauf bedacht, dass die Unerfahrenen ihr Geld so lange wie möglich zu ihnen schleppen. Konsequenz fördert Erziehung. Funktioniert aber Fiffi, dann muss er ja gar nicht mehr in den privaten Erziehungskurs. Blöd! Vereine mit ehrenamtlichen Trainern, die anderen in ihrer Freizeit helfen, sind da wohl die besseren Ansprechpartner! Am Ende ist es wie immer: Es gibt zwei Seiten jeder Medaille, verschiedene Sichtweisen und Erfahrungswerte. Akzeptanz ist Toleranz! ▪



Wer sich heute einen Hund zulegt und entscheiden muss, welches Futter wohl das Beste für ihn ist, steht vor einer schier unglaublichen Auswahl. Wir geben Ihnen ein paar Anhaltspunkte, wie Sie sich besser im Dschungel der Futtersorten zurechtfinden.

das richtige Futter finden (Teil 1) Die einfachsten Lösungen, nämlich für den Rest des Lebens das Futter zu geben, das die Züchterin empfohlen hat, das zu kaufen, was beim Tierarzt im Regal steht, oder jenes, das der Grossverteiler anbietet und wo man auch sonst für die Familie einkauft, sind leider selten die besten. TEXT: ANJA MARTI-JILG │ FOTOS: fotolia.de

E

s wird nicht besser – immer mehr Fertigfutter kommen auf den Markt, verknüpft mit den tollsten Versprechen. Gleichzeitig wächst die Zahl der Hundebesitzer, die all dem überhaupt nicht trauen und auf selbst zubereitete Nahrung für ihren Vierbeiner setzen. Wie soll man sich orientieren? Was stimmt und was nicht? 36

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Der folgende Wegweiser soll Hilfestellungen bieten, sich in diesem Dschungel zurechtzufinden. Im ersten Teil beschäftigen wir uns ausschließlich mit TrockenFertigfutter. Die folgenden Ausführungen beruhen auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in Bezug auf die Fütterung von Hunden und beziehen sich in

diesem Artikel auf gesunde, normalgewichtige, ausgewachsene Hunde, wenn es nicht ausdrücklich anders erwähnt wird. Es gibt zwei Entscheidungen, die ganz am Anfang getroffen werden müssen, bevor man sich auf den Weg in den Futtermitteldschungel begibt.

Geht es meinem Hund mit dem jetzigen Futter gut? Das heißt: Frisst er sein Futter gern? Macht er einen gesunden und munteren Eindruck? Ist sein Fell in Ordnung? Setzt er nicht mehr als zweimal täglich Kot ab, der einigermaßen fest und nicht zu groß in Relation zur Futtermenge ist? Leidet er unter Blähungen?


KYNOLOGIE

ERNÄHRUNG Wenn die ersten Fragen mit „ja“ und die letzte mit „nein“ beantwortet wurde und sie ein TrockenFertigfutter geben, müssen Sie höchstwahrscheinlich nichts ändern. Die heutigen Fertigfutter, wenn es nicht gerade eine sehr neue oder exotische Sorte ist, enthalten die notwendigen Vitamine, Mineralstoffe und Nährstoffe in den einigermaßen richtigen Mengen. Wer diesen Punkt Genaueres wissen will, kann z.B. den neuesten Trockenfutter-Test der Stiftung Warentest zu Rate ziehen.

Grundsätzlich kann man einen Hund mit Trockenfutter, Feuchtfutter oder selbst zubereiteter Nahrung, sei sie gekocht oder roh, gleichermaßen gut ernähren. Falls Sie kein übliches Trockenfutter geben, sondern Feuchtfutter ohne zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe oder selber kochen oder barfen, lohnt sich ein genauer Blick auf die Zusammensetzung und den Gehalt an Mineralstoffen und Vitaminen. Denn selbst wenn es dem Hund momentan gut geht damit, kann es langfristig zu gesundheitlichen Problemen aufgrund von Mangelerscheinungen kommen. Mit dieser Fütterung beschäftigen wir uns in Teil 2.

Geht es mir mit dem Futter gut? Das hört sich vielleicht seltsam an, denn Sie werden ja hoffentlich etwas anderes essen als das, was im Hundenapf landet, aber es geht hier um Folgendes: Können Sie das Futter für Ihren Hunde mit vertretbarem Aufwand einkaufen, lagern und zubereiten oder belastet es Sie eher? Haben Sie ein hartnäckiges Unbehagen, Ihrem Hund jeden Tag die gleichen trockenen Kügelchen in den Napf zu werfen und möchten gern etwas Natürlicheres geben, weil Sie selber auch sehr auf Ihre Ernährung achten? Haben Sie das Gefühl, das Futter ist zu teuer gemessen an dem, was drin ist? Und ähnliche Fragen. Wenn es Ihnen nicht gut geht, ändern Sie etwas. Trocken-Fertigfutter – die Analysewerte Beginnen wir mit dem häufigsten und einfachsten Fall. Sie geben Ihrem Hund ein Trocken-Fertigfutter und es geht ihm und Ihnen gut damit. Vor allem, wenn Sie eine der neueren Sorten geben, die noch nicht lange auf dem Markt sind, lohnt sich ein prüfender Blick auf die Analysedaten. Die folgende Checkliste gibt Ihnen auch eine Orientierung, wenn Sie weiterhin Trockenfutter geben wollen, aber eine andere Sorte probieren möchten. ◉ Rohprotein: Dieser Wert gibt an, wie viel Protein sich im Futter befindet, unabhängig von Qualität und Herkunft. Ein hoher Proteingehalt weist nicht notwendigerweise auf einen hohen Fleischgehalt

hin, denn die Proteine können zum Beispiel auch aus den Kartoffeln, aus dem Mais oder den Hülsenfrüchten stammen. Wenn der Hund das Futter gut verdaut und verträgt, müssen Sie sich keine weiteren Gedanken darum machen, aus welchen Quellen das Protein stammt. Der Wert sollte aber möglichst über 20 Prozent liegen. ◉ Rohfett: Dieser Wert gibt den gesamten Fettgehalt an, auch hier wieder ohne Rücksicht auf die Quellen. Wenn der Hund kein Übergewicht hat, sind 10 bis 16% als Faustregel in Ordnung. ◉ Rohasche: Hier gibt es immer wieder lustige Spekulationen. Diese Zahl gibt an, wie viele Mineralien sich im Futter befinden, die, würde man das Futter bei hohen Temperaturen verbrennen, übrig blieben. Die Obergrenze sollte bei 10% liegen. Hohe Rohaschewerte sind ein Hinweis auf einen hohen Knochenanteil im Fleischmehl. ◉ Rohfaser: Dies sind die unverdaulichen Stoffe in einem Futter, die aber wichtig sind für eine funktionierende Verdauung. Je höher der Rohfasergehalt, desto

geringer die Verdaulichkeit und desto höher die Kotmenge. Wenn der Hund nicht abnehmen soll, sind von 1 bis 4,5% alle Werte ok. Hunde, die zu weichem Kot neigen, fahren normalerweise besser mit einem tieferen Rohfaserwert. ◉ Kalzium und Phosphor: Diese beiden Werte müssen angegeben werden und sollten in einem Verhältnis von 1: 1,1 – 1:1,9 stehen, was sie fast immer tun. Dennoch spielt auch der einzelne Wert eine Rolle. Kalziumgehalte von über 1,4 Prozent sind praktisch immer viel zu hoch für einen erwachsenen Hund. Zu hohe Kalziumgehalte können zu Harnsteinen führen oder einen sekundären Kupfer- und Zinkmangel auslösen, der wiederum unter anderem zu Fellproblemen führen kann. »

DIE AUTORIN Die Autorin, Anja Marti-Jilg, ist zertifizierte Ernährungsberaterin für Hunde und Katzen mit eigener Praxis. Weitere Informationen zum Thema Hundefutter sowie die Konditionen für eine individuelle Ernährungsberatung findet man unter www.futterratgeber.ch working-dog-magazin

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◉ Vitamine A, D und E: Dies sind die wichtigen fettlöslichen Vitamine, bei denen massive Überdosierungen Probleme bereiten können, da Überschüsse nicht ausgeschieden werden. Vor allem Vitamin A ist in Trockenfuttern oft massiv überdosiert. Nach heutigem Kenntnisstand ist das für Hunde unbedenklich, dennoch zögere ich persönlich bei Vitamin A-Gehalten unter 12.000 und über 20.000 IE pro kg. Vitamin D sollte um die 1000 IE pro kg enthalten, dann geht es meistens auf. Vitamin E ist praktisch immer genug und nie zu viel enthalten.

Ernährung des Hundes Jürgen Zentek Grundlagen – Fütterung – Diätetik 8., aktualisierte Auflage erschienen: 13.06.2016 328 Seiten, 37 Abbildungen, 146 Tabellen,kartoniert begründet von Helmut Meyer Verlag: Enke ISBN-10: 3132204617, ISBN-13: 9783132204614

Preis EUR 69,99 (UVP)

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Dies alles sind grobe Anhaltspunkte, um, ohne genaue Analyse auf den Bedarf des einzelnen Hundes zugeschnitten, zu überprüfen, ob ein Futter sehr aus dem Rahmen fällt. Fleischanteil und Kohlenhydrate – die Zusammensetzung In den einschlägigen Internet-Foren wird meistens der Fleischanteil als wichtigstes Kriterium für die Auswahl des Fertigfutters beschworen. Dabei gibt es dann die abenteuerlichsten Forderungen, wie z.B., dass „mindestens 70% Fleisch“ im Futter sein müssten, andernfalls könne man es gleich an Hühner oder Kaninchen verfüttern. Tatsächlich ist der Fleischgehalt für ein Futter für einen Allesfresser mit deutlicher Fleischpräferenz ein wichtiges Kriterium. Dennoch sind unsere Hunde seit Jahrtausenden daran gewöhnt, unsere Speisereste als Nahrung zu verwerten und wenn sie nicht grade das Glück hatten, in einem Metzgerhaushalt zu leben oder ein Jagdhund zu sein, war Fleisch eher eine rare Zutat im Hundenapf. Wenn der Hund also sein Fertigfutter gut verträgt, muss man sich wegen des Fleischgehalts kein Kopfzerbrechen machen. Wer es dennoch genau wissen will, hier ein paar Kriterien, wie der Fleischgehalt einzuschätzen ist. Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass praktisch alle Trocken-Fertigfutter zur Hauptsache

aus Schlachtabfällen plus mehr oder weniger große Anteile stärkehaltiger Bestandteile wie verschiedene Getreide und/oder Kartoffeln oder Hülsenfrüchten zusammengesetzt sind. Entscheidend für die Qualität und die Verdaulichkeit des Futters ist nun, wie hoch der Anteil an Muskelfleisch und für den Hunde wertvollen Innereien wie Leber, Herz, Niere, Lunge ist und wie hoch der Anteil an Kohlenhydraten sowie minderwertigen Schlachtabfällen wie Euter, Füße, Klauen, Schnäbel, Federn, die schwer verdaulich sind. Günstige Futter – meist ungenügend deklariert Kaufen wir nun ein Futter, bei dem die Inhaltsstoffe lediglich mit „Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse“ plus „Getreide und pflanzliche Nebenerzeugnisse“ deklariert sind, wissen wir schlichtweg nichts über die genaue Zusammensetzung. Wir wissen nicht einmal, welches Tier oder welche Tiere hier verarbeitet wurden. Selbst wenn auf der Packung eine Fleischsorte ausgelobt wird („mit feinem Lammfleisch“) muss diese Fleischsorte von Gesetzes wegen nur zu mindestens 4% (!) in dem Futter enthalten sein. Möglicherweise wechselt die Zusammensetzung auch von Charge zu Charge. Aber selbst von solch einem Futter muss der Hund keineswegs krank werden. Vitamine und Mineralstoffe werden bei den allermeisten Trockenfuttern sowieso künstlich zugesetzt. Möglicherweise setzt ein Hund mit einem solchen Futter mehr Kot ab

als mit einem hochwertigeren. Dafür sollte der Preis entsprechend sehr günstig sein. Völlig ungeeignet ist ein solches Futter bei einem Verdacht auf eine Futtermittelunverträglichkeit oder eine Allergie, denn man weiss nicht, was genau alles darin enthalten ist. Saubere Deklaration – ein Hinweis auf Qualität Hochwertige Futter werden transparent und vollständig deklariert, denn die Hersteller haben sozusagen nichts zu verbergen und dafür einiges zu bieten, was sie auch zeigen wollen. Bei einem hochwertigen Futter sollte an erster Stelle ein Fleischmehl einer bestimmten Tierart stehen, also zum Beispiel Lammfleischmehl oder Hühnerfleischmehl, am besten mit einer Prozentzahl dazu. Manchmal sind es auch mehrere Fleischsorten oder Fisch. Die Hauptzutaten sollten alle als getrocknetes Fleisch oder Fleischmehl mit Prozentzahlen deklariert sein. Insgesamt sollten für ein hochwertiges Futter bei den tierischen Proteinquellen mindestens 30% trocken gewogen zusammenkommen. Steht an erster Stelle Frischfleisch, hört sich das zwar appetitlicher an als Fleischmehl, ist aber weniger günstig, weil Frischfleisch zu ca. 80% aus Wasser besteht, sodass selbst bei ausgelobten 70% Frischfleisch der Fleischanteil in der trockenen Krokette weitaus geringer ist als bei 30% Fleischmehl. Und getrocknet werden muss die ganze Sache ja am Ende doch. Einen Sonderfall stellen hier die hochwertigen


KYNOLOGIE

ERNÄHRUNG Halbfeuchtfutter dar. Werden sie auf modernen, speziellen Produktionsanlagen hergestellt, bestehen sie aus gewolftem Frischfleisch, das zuerst eingekocht und dann geformt wird. Dabei bleiben mehr Vitamine und Mineralstoffe erhalten. Diese Produktionsweise wird meistens in der Futterbeschreibung extra hervorgehoben. Kohlenhydrate – kaum etwas spricht gegen die „normalen“ Die Kohlenhydratquelle spielt keine große Rolle, solange man bei den üblichen Quellen wie Reis, Mais, Weizen, Kartoffeln, Hafer bleibt – sie sind alle etwa im gleichen Maße gut verdaulich. Lediglich bei einer nachgewiesenen Allergie gegen Gluten muss Weizen gemieden werden. Eine Allergie gegen die anderen Getreide bzw. Pseudogetreide ist sehr selten. Hülsenfrüchte wie Erbsen, Linsen, Bohnen oder auch stärkehaltige Gemüsesorten wie Topinambur, Pastinaken, Bananen oder Süßkartoffeln werden neuerdings auch alternativ häufig in Hundefutter gemischt. Hülsenfrüchte im Hundefutter sind dabei eher eine Folge der „Bitte kein Getreide im Hundefutter“-Hysterie als dass sie für die Verdauung des Hundes spezielle Vorteile bringen würden. Ganz im Gegenteil. Zwar ist der Rohproteingehalt des Futters höher, wenn Hülsenfrüchte verwendet werden, was von vielen Hundebesitzern fälschlicherweise so interpretiert wird, dass der Fleischgehalt in einem solchen Futter besonders

hoch ist. Unter den pflanzlichen Proteinen haben aber diejenigen in den Hülsenfrüchten für Hunde eine besonders schlechte Verdaulichkeit. Häufig führen sie außerdem zu Blähungen. Auch die enthaltenden Kohlenhydrate haben keine Vorteile gegenüber den traditionell verwendeten. Bananen und Süßkartoffeln sind ziemlich kalorienhaltig und bieten ebenfalls keine speziellen Vorteile gegenüber Reis, Mais oder Kartoffeln. Zusätze – nützliche und nette Nützlich als Verdauungshilfe sind im Trockenfutter weiterhin entzuckerte Rübenschnitzel, MOS und FOS und Zellulose. Diese Faserstoffe haben kaum Nährwert, weswegen sie oft in den Internet-Foren als „billige Füllstoffe“ verunglimpft werden, sorgen aber für eine gesunde Darmflora oder helfen der Verdauung und sind deswegen nützlich im Hundefutter. Früchte, Kräuter und diverse Gemüsesorten in der Zutatenliste bringen in den allermeisten Fällen keinen speziellen Nutzen und sind eher aus Marketingzwecken im Futter. Es gibt zwar Kräuter, die Hunden bei bestimmten gesundheitlichen Problemen durchaus helfen können. Sie sollten aber gezielt eingesetzt und nicht einfach so jeden Tag gefressen werden. Exkurs: Sonderfall Royal Canin Ich nenne hier bewusst sonst keine Markennamen, weil alle genannten positiven und negativen Krite-

rien auf eine Vielzahl von Futtermitteln zutreffen. Weil es aber in den Internetforen und draußen in der Hundewelt zu diesem Futter oft sehr kontroverse und emotional geführte Diskussionen gibt und es gleichzeitig sehr verbreitet ist, möchte ich kurz darauf eingehen. Die französische Futtermarke Royal Canin ist praktisch europaweit mit den gleichen Rezepturen erhältlich und bei uns sehr oft bei Tierärzten zu finden. In den Zutatenlisten finden wir kein Fleisch und oft nicht einmal Fleischmehle, sondern meist nur getrocknete tierische und pflanzliche Proteine. Es gibt keine unterschiedlichen Fleischsorten, jedenfalls nicht ausgelobt. Zum Teil sind die Proteine auch hydrolisiert. Das bedeutet, stark vereinfacht ausgedrückt, dass die ursprünglichen Bestandteile des Futters sehr sehr fein zerkleinert werden und sozusagen neu für das jeweiligen Bedürfnis „komponiert“ werden. Für kranke oder hochsensible sowie allergisch auf bestimmte Futtermittel reagierende Hunde kann das die Rettung aus ihren Problemen sein, denn die Futter, so wenig attraktiv sich die Zusammensetzung anhört, sind hochverdaulich und gut geeignet für das jeweilige Gesundheitsproblem. Auch die Futtersorten für übergewichtige Hunde, verschiedene Größen und Altersklassen machen durchaus Sinn. Große Fragezeichen setzte ich hinter den Sinn und Zweck von Futtersorten für spezielle Rassen oder

gar für Hunde, die mehr oder weniger draußen sind. Wer Royal Canin füttert und dessen Hund das Futter verträgt und gern frisst, sollte sich von den Shitstorms im Internet nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wer gern naturnah füttern möchte, warum auch immer, wird mit diesem Futter wahrscheinlich einfach nicht glücklich. Kalt gepresste Futter – auch sie sind erhitzt Eigentlich waren die sogenannten kalt gepressten, korrekt „pelletierten“ Futter für Hunde fast vom Markt verschwunden. Die Bezeichnung kalt gepresst ist etwas schönfärberisch, denn die Futterbestandteile müssen, bevor sie in die Presse wandern, aus hygienischen Gründen alle auf mindestens 120 Grad Celsius erhitzt werden. Das sogenannte schonendere Verfahren kann Nachteile mit sich bringen, denn die Kohlenhydrate werden weniger gut aufgeschlossen als beim üblichen Verfahren, dem Extrudieren. Deshalb, und weil die Rohfasergehalte oft sehr hoch sind, kommt es beim Verfüttern von pelletiertem Futter oft zu ziemlich hohem Kotabsatz. Dennoch gibt es bei den so-genannten kalt gepressten Sorten einige, die sehr gut zusammengesetzt und gut deklariert sind. Manche Hunde vertragen sie auch besonders gut. Warum manche Hunde diese Futter vertragen, ist unklar. Wem die Zusammensetzung passt, der kann einen Versuch wagen. Man merkt schnell, ob man einen Hund hat, der kalt gepresstes Futter gut verdaut oder nicht. ▪

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HUNDESPORT

IPO

Veni - vidi - vici Der WUSV-Sieg kam überraschend. Nicht nur für die Zuschauer, auch für den Champion selbst. INTERVIEW: KATJA PETERS │ FOTOS: pics4dogs.eu/JAN REDDER + CONSTANZE RÄHSE + SEPP GRÜTERS

Václav Ouska aus Tschechien gewann mit Qvido Vepeden 2016 die WUSV in Meppen. In seinem Land sicher kein Unbekannter war er in der großen Hundesportwelt bisher einer unter vielen. Da gab es andere Namen, die viele auf dem Siegerzettel hatten. Aber Václav Ouska vertraute einfach seinem Rüden Qvido und brachte so manchen auf der Tribüne während seinen Vorführungen in den Sparten B und C zum Staunen. Nahezu in Perfektion präsentierte der 34-Jährige mit dem vierjährigen Rüden und 98 Punkte in beiden Abteilungen war der Lohn der langen Vorbereitungszeit. Wahnsinn! Beeindruckend auch seine Bescheidenheit nach dem Titelgewinn. working-dog-magazin sprach mit dem Familienvater über sein Erlebtes in Meppen, sein Trainingsumfeld in Tschechien und natürlich über seinen Freund Qvido, den er als Welpe bekam und selbst zum Weltmeister ausbildete.

»»

Gratulation zum WUSV-Titelgewinn letztes Jahr in Meppen. Die Hundesportwelt war sicher sehr überrascht über Deinen Durchmarsch auf den obersten Podestplatz. Václav Ouska: Vielen Dank für Deine Glückwünsche! Es ist für mich immer noch unglaublich, dass ich wirklich gewonnen habe.

In meinen kühnsten Träumen habe ich niemals damit gerechnet, dass wir mal bei einer WUSV ganz oben stehen werden. Ich bin sehr glücklich, dass die harte Arbeit der letzten vier Jahre mit meinen Trainingskollegen belohnt wurde. Ich danke allen auf diesem Wege, die mir die Daumen in Deutschland gedrückt haben, egal ob sie im Stadion waren oder zuhause mitgefiebert haben. Es war mir eine Ehre. »» Kannst Du kurz beschreiben wie Du Dich in Meppen gefühlt hast? Was war gut, was war nicht so gut, gerade in Bezug auf die drei Abteilungen. Warst Du zufrieden mit Deinem Los, der Helferarbeit, dem Fährtengelände, den Richtern? Václav Ouska: Ich habe mich sehr gefreut, dass ich in Meppen starten durfte, weil ich schon 2015 als Zuschauer der BSP gesehen habe, was es dort für ein tolles Stadion gibt und ich habe schon damals die super Atmosphäre genossen. Ich habe davon geträumt, mit Qvido unter die ersten zehn Plätze zu kommen. Und jetzt bin ich Weltmeister! Das ist einfach unglaublich! Ein Traum ist wahr geworden! Ich bin einfach sehr, sehr glücklich! Die WUSV war für mich einfach perfekt, und das in jeder Hinsicht. Ich bin zuerst in C gestartet. Die Helfer haben eine perfekte Arbeit abgeliefert. In der Unterordnung erinnere ich mich an die sehr schöne Stimmung im Stadion und in der Fährte war das Gelände sehr gut, auch wenn es einige Wildspuren gab. Ich möchte an dieser Stelle auch noch mal meinen Dank an die Richter aussprechen für ihre super Arbeit!

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HUNDESPORT

IPO

{ INTERVIEW } »» Hast Du einen großen Druck gefühlt, als Du in der letzten Abteilung, der Fährte, Deinen Hund angesetzt hast? Václav Ouska: Meine größte Sorge war die Fährte. Ich wusste im Vorfeld, wenn ich eine 9 vorn zu stehen habe, dann sind wir vorne mit dabei. Dementsprechend nervös war ich. Aber ich habe Qvido einfach vertraut, weil wir in der Fährte wirklich am fleißigsten waren. Als sich Qvido dann am letzten Gegenstand hingelegt hatte, war ich super glücklich! »» Wann hast Du Qvido bekommen und warum hast Du ihn gewählt? Václav Ouska: Ich habe ihn mit acht Wochen vom Züchter geholt. Er war der größte im Wurf und ich mag große Hunde sehr gern. »» Kannst Du deinen Qvido kurz beschreiben? Václav Ouska: Er ist ein kräftiger, tiefdunkelgrauer 65er Rüde mit sehr dunklem Auge. Da er schon immer sehr groß war, habe ich erst spät mit dem richtigen Training angefangen, weil ich seine Bänder und Knochen nicht überlasten wollte in der Wachstumsphase. Nach dem positiven Röntgenergebnis (HD/ED normal) sind wir dann durchgestartet. Qvidos Nervenkostüm ist sehr gut, er kann nach dem Training sehr gut abschalten und sich erholen. Er ist für uns auch Familienhund, wo er sich wirklich toll zeigt, wenn wir mit ihm

spazieren gehen oder Fahrrad fahren. Ich wusste schon früh, dass er genau der richtige Hund für mich ist, wir sind wirklich Freunde. Sein Griffverhalten würde ich als hart und ruhig beschreiben. In der Fährte kommt ihm sein sehr guter Futtertrieb natürlich entgegen, obwohl er dort sehr schnell agiert. Qvido ist verrückt nach Futter und auch nach seinem Ball. Er schubst mich quasi jeden Tag an, mit ihm was zu machen, auch wenn ich manchmal überhaupt keine Lust habe. Aber genau das mag ich so sehr an ihm. Seine Arbeitsbereitschaft ist echt genial. Auch seine Konzentration, wenn wir zusammen arbeiten, ist beeindruckend. Es interessiert ihn wirklich nichts, außer mir und sein Ball. »» Wie bereitest Du Qvido direkt vor der Unterordnung im Stadion vor? Václav Ouska: Manchmal ist weniger mehr. Und wer gut vorbereitet ist, der kann auch nicht überrascht werden. Ich gebe Qvido einmal den Ball nach einer kurzen Sequenz. Dann kommt der weg und er muss sich einfach konzentrieren. Wenn ich sehe, dass er gut drauf ist, dann steigt mein Adrenalin und wir können starten. »» Kennst Du seine Eltern? Was hat er vom Vater, was von seiner Mutter? Václav Ouska: Ja, ich kenne beide. Leider ist seine Mutter Agáta Vepeden schon gestorben. Sein Vater Jaro Ja-He wird noch immer als Deckrüde eingesetzt. Qvido ist vom Phänotyp eher seiner Mutter zuzuordnen. Wenn wir aber von Trieb und Arbeitsbereitschaft, vom Bellen und Beißen reden, dann ist er eine gute Mischung beider Elternteile. Für mich hat diese Verpaarung sehr gut gepasst.

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Qvido Vepeden

Rasse: Deutscher Schäferhund Wurftag: 11.03.2012 - CMKU DS 85637/12 Ausbildungskennzeichen: IPO3 Zucht: SG - Körung: 5V1/P HD: 0/0 - ED: 0/0 Erfolge:

WUSV-Weltmeister 2016 4. Platz ČKNO 2016

Name: Václav Ouška Alter: 34 Familienstand: verheiratet Kinder: 2 Hundesport seit: 2004 Zucht seit: 2015 Zwingername: od Jemčinského zámku Ausbildungserfahrungen mit: ~ Malinois ~ Deutscher Schäferhund ~ Rottweiler ~ Dachshund ~ Eský fousek (Jagdhund) ~ Deutsch Kurzhaar Erfolge als Hundeführer: 2. Platz MČR IPO 2013 7. Platz MČR IPO 2013 Ersatz FCI-WM 2013 5. Platz MM ČKNO 2013 Disqualifikation WUSV 2013 2. Platz MM ČKNO 2014 2. Platz Rottweiler CUP 2014 25. Platz WUSV 2015 1. Platz MČR Rottweiler 2015 12. Platz IFR-WM Rottweiler 4. Platz MM ČKNO 2016 1. Platz WUSV 2016

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»» Du hast in 2015 mit dem Züchten begonnen. Warum?

»» Kannst Du uns auch etwas zur Trainingssituation in Tschechien sagen? Wer sind Deine Trainingspartner?

Václav Ouska: Ich liebe Welpen! Ich wollte schon immer ein Züchter sein, aber ich hatte nie die räumlichen Voraussetzungen. Nachdem ich nun ein Haus gebaut hatte, hat mir ein Freund seine Hündin zum Kauf angeboten, die für mich sehr gut veranlagt war. Ich habe sie gekauft und mit ihr Prüfungen abgelegt, damit sie zur Zucht zugelassen werden konnte. Nun konnte ich endlich mit dem Züchten beginnen. Mittlerweile habe ich vier Würfe gemacht und auch Qvido schon als Deckrüden eingesetzt.

Václav Ouska: Wir haben super Trainingsbedingungen in Tschechien. Das Niveau ist sehr hoch, weil wir eben viele gute IPO-Sportler, Trainer und Helfer hier haben. Aber alleine kannst Du nichts im IPO-Sport werden. Deswegen bin ich wirklich glücklich, dass ich eine Menge guter Leute um mich herum habe, mit denen ich zusammen trainieren kann. An der Spitze von unserem Club ZKO Suchdol nad Lužnicí steht Jan Böhm, der letztes Jahr Vizesieger auf der FCI-WM war. Er ist ein guter Freund von mir. Wir üben immer zusammen und helfen uns gegenseitig. Nochmals ein großes Dankeschön an mein Team. Ihr seid die Besten!

»» Wann hast Du mit der Ausbildung von Qvido begonnen? Václav Ouska: Ich habe mit 8 Wochen angefangen, aber kontrolliert, damit er nicht überlastet wurde. Wie ich schon sagte, Qvido ist ein sehr aktiver Hund und muss immer eher gebremst anstatt motiviert werden. In der Fährte habe ich mit der Quadratsuche und viel Futter begonnen. Als er das gut verstanden hatte, habe ich angefangen Geraden zu legen. Auch in der Unterordnung nutzte ich ganz lange das Futter. Wenn er eine Übung korrekt abgeschlossen hat, dann belohne ich das mit dem Ball, um ihn schneller zu machen. Im Schutzdienst habe ich mit einem Lederlappen begonnen. Aber Griffe und Bellen mussten wir nie üben, das bringt Qvidos Genetik mit.

»» Bitte beschreibe Deinen WUSV-Qualifikationsweg in Tschechien. Václav Ouska: Unsere Qualifikation läuft über die MMČKNO, wo 45 Hundeführer starten dürfen, die mindestens 270 auf einer Prüfung erreicht haben. In Česká Třebová startete ich das erste Mal überhaupt mit Qvido auf einer überregionalen Veranstaltung. Am Ende war ich froh, dass er dort die Fehler gezeigt hat und nicht auf der WUSV. So konnten wir an den Fehlern vorher noch arbeiten.


HUNDESPORT

IPO

Abstammung Qvido

Vaterlinie

Jaro Ja-He

Ellute von der Mohnwiese & Jola vom Ortenberg Jaguar Aritar Bastet CS & Denny Bily trpaslik CS

Agata Vepeden Mutterlinie

{ INTERVIEW }

»» 2015 hast Du mit einem Rottweiler an der tschechischen Meisterschaft teilgenommen. Kannst Du Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Rassen nennen?

»» Wirst Du Deinen Titel dieses Jahr mit Qvido verteidigen? Was übst Du mit Qvido überhaupt? Ihr habt insgesamt nur 11 Punkte verloren, habt quasi eine perfekte Vorführung abgeliefert.

Václav Ouska: Ja stimmt, ich habe mit dem Rottweiler Yraus Terezský dvůr die Meisterschaft gewonnen und gelangte mit ihm auf der Weltmeisterschaft der Rottweiler in Italien auf Platz 12. Als ich das Angebot bekam, habe ich das dankend angenommen und es war eine tolle Erfahrung für mich. Ich möchte nichts zu den Vor- oder Nachteilen der beiden Rassen sagen, nur so viel: Mein Herz schlägt für den Deutschen Schäferhund.

Václav Ouska: Wir werden in den Niederlanden an den Start gehen, so Gott will und wir gesund bleiben. Es wird eine lange Vorbereitungszeit, gespickt mit vielen Herausforderungen. Unser Ziel sind wieder die TOP 10 und ein gutes Gesamtresultat auch für die Mannschaftswertung. Derzeit trainieren wir gar nicht. Wir gönnen uns eine Pause und erholen uns ein wenig. Im Frühling werde ich mit Qvido wieder ins Training einsteigen.

»» Einige deutsche Züchter würden Qvido gerne in der Zucht einsetzen. Erfüllt er alle Voraussetzungen?

»» Dann wünsche ich Dir einer erfolgreiche Titelverteidigung und vielen Dank für das nette Gespräch!

Václav Ouska: Ja, ich weiß. Und nach der WUSV habe ich auch gleich den SV kontaktiert. Aber leider ist ja Qvidos Mutter schon verstorben, so dass von ihr keine DNA mehr genommen werden kann. Somit kann auch die DNA von Qvido nicht überprüft werden. Schade.

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Foto: pics4dogs.eu/Jan Redder

26 Jahre SV-Bundessiegerprüfung im Verein für Deutsche Schäferhunde haben viele Top-Leistungen hervorgebracht und Rekorde, die sich in den Statistiken festgeschrieben haben. TEXT: CONSTANZE RÄHSE │ FOTOS: pics4dogs.eu

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HUNDESPORT

IPO

Foto: Om v Steinbusch HF: Charlene Wollmann (9 Jahre) DJJM 2011

I

n jedem Jahr findet die Bundessiegerprüfung statt. Das ist DIE Deutsche Meisterschaft der Deutschen Schäferhunde, ihr Stellenwert ist für Hundeführer und Züchter des Vereins hoch angesiedelt. In jedem Jahr gibt es außergewöhnliche Leistungen, Fakten und Beglückwünschenswertes, das im Folgenden statistisch mal erfasst werden soll. Dabei beziehen sich alle Auswertungspunkte auf den Zeitraum von 1991 bis 2016 – das sind also die letzten 26 Jahre. In dieser Zeit haben auf der BSP insgesamt 2583 Hunde, zum Teil mehrfach, teilgenommen. Alters-Rekorde Der älteste Hund am Start war 1996 Fax von der Bärenschlucht, der am 05.01.1987 geboren wurde und in jenem Jahr mit 9 Jahren und 9 Monaten einen tollen 29. Platz erreichen konnte. Hundeführerin war die Jugendliche Sabine Jankowiak, die sich über die DJJM qualifiziert hatte. Fax war insgesamt fünfmal bei diesem Event dabei und wird also später in der Statistik noch einmal auftauchen. Der Rüde hatte im Übrigen den HD-Status „mittlere HD“, womit es mal wieder ein positives Beispiel dafür gibt, dass dieser Befund kein Ende der sportlichen Karriere bedeuten muss.

Ergebnis-Rekorde Die höchste Gesamtpunktzahl erreichte mit 296 Punkten im Jahr 1992 in Baunatal Wilfried Lüneberg mit seinem Blacky vom Neuen Lande, der mit seiner 99er Unterordnung damals extrem begeisterte und die moderne Ausbildung einleitete. Die 290er Marke konnten bisher nur 34 Hundeführer knacken, unter ihnen 2008 Michaela Knoche mit Javir vom Talka Marda (295 Punkte), 1993 Günther Diegel mit Okar von Karthago (292 Punkte), 1991 Franz Gugnon mit Brix vom Kapfwald (292 Punkte) und auch Ina Wittfoth erreichte 2003 mit Attaque von der Adelegg 292 Punkte. Der 294er Platz in der Statistik wäre also noch zu haben. NUR vier Hunden haben die 290er Marke sogar zweimal knacken können und gehören damit zu den erfolgreichsten in der Geschichte der BSP:

Asko von der Lutter HF: Werner Hübner (1998: 290 Punkte / 2000: 291 Punkte)

Dann gab es noch drei weitere Hunde, die jeweils im Alter von 9 Jahren und 5 Monaten dabei waren. Dazu gehörte 2003 Bodo vom Schafanger am Nordfeld (HF: Eckhard Roddewig), der auf seiner dritten BSP Platz 41 belegte, 2009 Gini von der Sperlingsbucht, geführt von Katharina Menzel, und 2015 Om vom Steinbusch, geführt von seinem Züchter Günter Knorr.

Bolle Ja Na Ka HF: Dirk Edler (2014: 293 Punkte / 2015: 292 Punkte)

Das Durchschnittsalter der BSP liegt um die 4,8 Jahre. Da die Ausbildung bis zur höchsten Stufe durchaus ihre Zeit beansprucht, sind Hunde, die jünger sind als drei Jahre, eher weniger zu sehen. Der jüngste Hund am Start war 1991 Branka von der Adelegg, die bereits im Alter von 2 Jahren und 2 Monaten mit Hundeführer Karl Ott mit 276 Punkten letztlich Platz 42 erreichen konnte. Die Hündin wurde dann weitere fünf Jahre im Sport geführt und schaffte 1995 die BSP sogar ein zweites Mal.

Lewis von Malatesta HF: Michael Kaiser (1992: 293 Punkte/ 1993: 291 Punkte)

Henrik vom Wolfsheim, geführt von David Buss, und Quinn vom Wieratal, geführt von Lars Bormann, sind zwei Rüden, die 2014 bzw. 2015 mit 2 Jahren und 3 Monaten auch eine Ausnahme bezüglich des jungen Alters bildeten.

Glenn von der Hühnergasse HF: Christine Joachimi (2000: 291 Punkte/ 2001: 290 Punkte)

Die beste Hündin war Dolly vom Eschachtal, die 1993 mit Helmut Nawrat 291 Punkte erreichte. Und nur noch Franz Gugnon konnte 2000 mit seiner Iloya vom Cap Arkona ebenfalls die 290er Marke knacken. Damit sind das die einzigen zwei Hündinnen, die im benannten Zeitraum überhaupt dieses Ergebnis erreichen konnten.

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Teilnahme-Rekorde I.d.R. ist ein Hund mit 4 bis 5 Jahren das erste Mal dabei. Natürlich gibt es auch schon dreijährige, ganz selten zweijährige. Für viele Hundeführer bleibt es ein Traum, einmal dabei zu sein, besonders in den leistungsstarken Landesgruppen ist eine Qualifikation nicht so einfach. Trotzdem haben wir in den letzten 26 Jahren viele der TopHunde zum Teil mehrfach gesehen. So wurden die Bundessieger Javir von Talka Marda, Attaque von der Adelegg, Ellex vom Salztalblick und Iriac Ruhbachtal viermal auf dieser Ebene vorgeführt. Insgesamt gab es NUR 62 Hunde, die das überhaupt geschafft haben. Erwähnenswert finde ich immer Familien, die durch besondere Leistungen hervorstechen. So wurde auch Javirs Bruder John viermal vorgeführt, war sogar ein fünftes Mal qualifiziert, musste aber aufgrund einer Verletzung zurückgezogen werden. Ebenso viermal dabei war beider Mutter, Quaste von Ankenrütt, und deren weiterer Sohn, Hektor von Talka Marda. Tolle Erfolgsgeschichte! Hündinnen findet man ja eher nicht ganz so oft in derartigen Statistiken ganz vorn. Das liegt größtenteils daran, dass durchschnittlich auf jeder BSP ca. 75% Rüden am Start sind. Gute Hündinnen werden vorzugsweise in der Zucht eingesetzt und müssen auch mal pausieren.

Hund

Sex

Ø Pkt

Hundeführer/ -in

Glenn vd Hühnergasse

R

283,8

Christine Joachimi

Xato vd bösen Nachbarschaft

R

282,6

Hans Fiedler

Okar v Karthago

R

282,0

1x Günther Diegel 4x Joachim Henning

Leja v Loyola

H

279,4

Heinrich Kruse

Esta vd Nikolausstraße

H

277,8

Bärbel Biernath

Olive v Jacobiner Schloß

H

276,4

1x Jutter Illmer 4x Wolfgang Jacobi

Hunter v Moosheider Teich

R

275,0

Mike O´Connor

Uruk v Schwarzen Milan

R

275,0

Stefan Süßdorf

Ahab v Körbeltal

R

270,8

4x Michael Ritzi 1x Helmut Stiehl

Djuke v Steinteich

R

270,6

Reiner Naschke

Opal vd Röderburg

R

263,0

2x Jürgen Lörcher 3x Dirk Stocks

Fax vd Bärenschlucht

R

262,8

1x Volker Rohde 3x Oliver Jankowiak 1x Sabine Jankowiak

Kinski v Heidhof

R

234

Hans-Jürgen Kubik

Aaron v Pferdeberg

R

205,2

1x Helmut Kastner 4x Werner Kebernik

Tabelle: Aufstellung der Hunde, die 5x bei der BSP gestartet sind, sortiert nach der durchschnittlich erreichten Punktzahl

Da eine viermalige Teilnahme also für Hündinnen ungleich schwieriger ist, möchte ich diese auch besonders herausstellen. Neben Quaste haben das NUR 6 weitere Hündinnen geschafft: Cira vom Machtsumerland (HF: Robert Kalis), Easy vom Mühlenknapp (HF: Klaus-Günter & Annika Schubert), Edana vom Severusbrunnen (HF: Michelle Seul), Gisa vom Wittgensteiner Land (HF: Horst Otterbach), Happy von der Donnerbrücke (HF: Petra Hinterkausen) und Queni vom Fuchsgraben (HF: Peter Hirsch).

Von den 11 Rüden gab es nur einen, der von seinem Züchter geführt wurde. Reiner Naschke führte seinen Djuke vom Steinteich fünfmal vor. Dies schafften u.a. auch Hans-Jürgen Kubik mit Kinski vom Heidhof, Hans Fiedler mit Xato von der bösen Nachbarschaft, Christine Joachimi mit Glenn von der Hühnergasse und Stefan Süßdorf mit Uruk vom schwarzen Milan. 48

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Foto: pics4dogs.eu/Jan Redder

Nun gibt es aber auch noch Hunde, die waren sogar fünfmal dabei und das sind immerhin auch noch 14 Hunde in dem genannten Zeitraum. Beginnen möchte ich wieder mit den Hündinnen, von denen es vier in dieser erlesenen Auswahl gibt. Auffällig ist, dass bis auf Olive, die erst nach der ersten BSP von ihrem Züchter übernommen wurde, alle anderen Hündinnen über die Jahre von einem Hundeführer geführt wurden, während bei fast 50% der Rüden die Hundeführer ein- bis zweimal wechselten.

Foto: Esta von der Nikolausstrasse - BSP 2005 HF: Bärbel Biernath


HUNDESPORT

IPO

Hund

Sex

Ø Pkt

Hundeführer/ -in

Kalle v Welzbachtal

R

282,2

Helmut Berninger

Nastor v Wolfsburger Schloß

R

280,8

3x Heinrich Balonier 3x Ingeborg Balonier

Falco v Güldenen Winkel

R

277,5

Helmut Reiser

Gundel v Wittgensteinerland

H

263,8

1x Sabine Nespithal 5x Uwe Stolpe

Dack v Soltau

R

262,5

Karl Rubly

Tabelle: Aufstellung der Hunde, die 6x bei der BSP gestartet sind, sortiert nach der durchschnittlich erreichten Punktzahl

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Foto: Kalle vom Welzbachtal BSP 2005 HF: Helmut Berninger

Ein Deutscher Schäferhund, der 6 Jahre auf der höchsten Ebene des Vereins geführt wird, gehört sicher zu den gesündesten Vertretern seiner Rasse. Den Hundeführern dieser Hunde gebührt Respekt, insbesondere wenn die Leistungen über die Jahre konstant waren. Das hat der Weltmeister von 2002, Helmut Berninger geschafft, der seinen Kalle vom Welzbachtal mit durchschnittlichen 282,2 Punkten auf sechs BSPen vorgestellt hat und zweimal als Dritter auf dem Treppchen stand. Aus züchterischer Sicht finde ich das heute noch schade, dass die Langstockhaar-Regelung des Vereins für ihn zu spät kam. Auch Nastor vom Wolfsburger Schloß, der innerhalb der Familie Balonier zwei Hundeführer hatte, stand zweimal als Dritter auf dem Treppchen und erreichte mit durchschnittlich 280,8 Punkten ein sehr überzeugendes Ergebnis. Mit 277,5 Punkten im Durchschnitt steht der Bundessieger von 2003, Falco vom Güldenen Winkel, dem nicht viel nach. Helmut Reiser stand zwar mit seinem Rüden „nur“ einmal auf dem Treppchen, dafür aber ganz oben! Auch Dack von Soltau (HF: Karl Rubly) und die Hündin Gundel vom Wittgensteinerland wurden 6x auf BSP geführt. Damit ist Gundel, die einmal von Sabine Nespithal und fünfmal von Uwe Stolpe geführt wurde, die bisher meistgeführte Hündin auf dieser Ebene, was sicher auch noch eine ganze Weile so bleiben wird. Chapeau! Ja und nun steht die Frage im Raum: War das jetzt schon alles oder gibt es tatsächlich noch einen oder mehrere Hunde, die die Anzahl der Starts noch toppen können?

Foto: pics4dogs.eu/Jan Redder

Ja! Einen gibt es noch: Unvorstellbar, aber ein Hund war 8x auf der BSP am Start. Om vom Steinbusch wurde von seinem Züchter Günther Knorr 3x auf der BSP geführt, bevor er dann von dessen Enkelin Charlene Wollmann übernommen wurde. Sie führte Om das erste Mal 2011, da war sie gerade selbst erst 9 Jahre alt. 4x waren sie in den Folgejahren erfolgreich auf der BSP dabei, verfehlten mit 281 Punkten in Bayreuth 2012 die Top-10 um nur einen Platz. Seinen letzten Auftritt hatte der Rüde dann 2015, als der Opa den inzwischen 9,5-jährigen Hund wieder führte und noch ein gutes Ergebnis erreichte. Ein echter Familienhund also, der jetzt wahrscheinlich für eine lange lange Zeit DER Spitzreiter dieser Statistik sein wird. Chapeau!

Foto: Opal von der Röderburg - BSP 2008 HF: Dirk Stocks

"Dieser Rekord ist für mich etwas ganz Besonderes und ich bin sehr stolz auf Om. Heute geht es ihm, im Alter von 11 Jahren, sehr gut. Er gibt sich wie ein 5-Jähriger, freut sich über jede Art der Beschäftigung. Er war über all die jahre immer fit, einsatzbereit und motiviert. Er ist einfach der Beste!" working-dog-magazin

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Veranstaltungsort-Rekorde

# BSP

# Hunde

Ø pro Hund

Dirk Stocks

19

9

2,1

Jörg Sauer

16

8

2,0

Thomas Lapp

16

7

2,3

Helmut Huber

13

7

1,9

Helmut Raiser

12

4

3,0

Peter Rohde

12

6

2,0

Siegbert Gebhard

12

5

2,4

Hundeführer-Rekorde

Werner Kebernik

12

9

1,3

Andreas Bender

11

5

2,2

Bärbel Biernath

11

4

2,8

Die Aufstellung mag ich persönlich eigentlich gar nicht so, weil das auch immer eine Frage ist, welche Einstellung man zum Hund als Partner hat. In der Aufstellung finden sich nur drei Hundeführerinnen. Ich denke, in 10 Jahren wird sich dies verändert haben. Alle drei haben ihre Hunde durchschnittlich öfter geführt als die Herrenwelt. Bettina Berninger kommt mit zwei Hunden auf neun Teilnahmen und liegt damit deutlich über dem Gesamtmittelwert, wie oft ein Hundeführer einen Hund vorgeführt hat. Ganz vorn liegt aber ein Hundeführer. Horst Knoche hat "nur" zwei Hunde geführt, kommt trotzdem auf die gleiche Teilnahmezahl wie neun andere. Das spricht aus meiner Sicht für mehr Wertschätzung zum Teampartner. Bei ihm sind die Hunde alt geworden.

Hans-Jürgen Becker

10

6

1,7

Joachim Kopp

10

4

2,5

Michael Kaiser

10

5

2,0

Michaela Knoche

10

3

3,3

Bernhard Flinks

9

4

2,3

Bettina Berninger

9

2

4,5

Das wird jetzt keine große Überraschung sein, wenn das Ergebnis eindeutig für Meppen spricht. Gefühlt sind wir jedes Jahr dort gewesen, tatsächlich war Meppen 7x Gastgeber. Baunatal war 4x Ausrichter. Insgesamt gab es 13 verschiedene Austragungsorte.

Ganz oben an der Spitze steht Dirk Stocks, der also nur 7x ausgesetzt hat und somit ein Urgestein der BSP ist. Bisher hat er folgende Hunde geführt: Falko vom Wällerhorst (1x), Herbu von der Radsieksbeeke (2x), Lary von der Staatsmacht (1x), Lord vom Weidegang (1x), Opal von der Röderburg (3x), Quintus Eqidius (2x), Rasko von Karthago (2x), Ringo von der Bombardshöhe (3x) und Ukas von der Heidenschanze (4x). Da der Hundeführer auch noch aktiv ist, wird die Spitzenposition wohl noch Bestand haben. Chapeau!

Hundeführer

Friedrich Biehler

9

7

1,3

Hans-Joachim Tamm

9

4

2,3

Jürgen Zank

9

5

1,8

Reiner Naschke

9

5

1,8

Ronald Brenner

9

5

1,8

David Buss

8

5

1,6

Frank Bernard

8

4

2,0

Günther Hildebrand

8

6

1,3

Heinrich Kruse

8

3

2,7

Horst Knoche

8

2

4,0

Jens Fischbach

8

4

2,0

Jürgen Klein

8

3

2,7

Karl-Heinz Hauff

8

4

2,0

Michael Ritzi

8

4

2,0

Wilfried Lüneberg

8

6

1,3

Tabelle: Aufstellung der Hundeführer, sortiert nach der Anzahl ihrer Teilnahmen auf der BSP von 1991-2016

Drei Hundeführer dieser Aufstellung haben als Züchter besondere Anerkennung verdient: Peter Rohde hat von den sechs geführten Hunden fünf selbst gezüchtet, Hans-Jürgen Becker vier von sechs und die von Hans-Joachim Tamm geführten Hunde stammen alle auch aus seiner Zucht. Respekt! Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Beachten sollte man unbedingt, dass die Aufstellung NUR die letzten 26 Jahre berücksichtigt. Einige Hundeführer, wie beispielsweise Friedrich Biehler, haben einige Teilnahmen mehr auf dem Konto. Eine Aufstellung zu machen, die alle Jahre seit Austragung einer BSP berücksichtigen, kann als Idee gern mal aufgegriffen werden. Foto: John vom Talka Marda - BSP 2007 HF: Bettina Berninger

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TITELTHEMA

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„Ich hänge an diesem Hund, auch wenn ich es nicht erklären kann." Rainer Dersch

← IPO 3x ADRK Deutsche Meisterschaft Sieger 2015 & 2016, Platz 7 (2014) 3x ADRK-Weltmeisterschaft 2016: Platz 4 / 2015: Platz 12 / 2014: Platz 16 1x VDH-IPO-Deutsche Meisterschaft 2016: Platz 38 2x LGA Vizesieger 2014 & 2015 ← FH 1x ADRK-FH-Deutsche Meisterschaft 2015: Platz 12

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HUNDESPORT

IPO

Deutschlands bester Rottweiler ist eine Dame TEXT: KATJA PETERS │ FOTOS: ANNIKA FLOR

Bambam – der Name ist Programm. Etliche Male ist Rainer Dersch an ihr verzweifelt, ist gefrustet vom Training nach Hause gefahren, war verärgert, wollte sie verkaufen. „Am Abholtag habe ich morgens den Käufer angerufen und ihm abgesagt. Ich hänge an diesem Hund, auch wenn ich es nicht erklären kann.“ Zum Glück! Denn mittlerweile ist der „doofe Hund“ dreimal auf der ADRK Deutschen Meisterschaft gestartet, wurde zweimal Deutsche Meisterin, war dreimal auf der Worldfamily (ADRK Weltmeisterschaft), einmal auf der ADRK Deutschen Fährtenhundmeisterschaft und einmal auf der VDHDM. Bambam war 2014 mit 2,5 Jahren die jüngste Hündin aller Zeiten auf der Rottweiler DM und später die erste, die ihren Titel verteidigt hat. Letztes Jahr auf der ADRK-WM in Rottweil schrammte sie nur knapp am Siegerpodest vorbei. „Wenn Bambam in der Ablage nicht vorgerobbt wäre, hätten wir ein "V" in der Unterordnung gemacht und gewonnen“, ist sich Rainer Dersch sicher. Aber so ist sie eben. Vielleicht macht genau das sie so sympathisch.

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Zuhause hingegen ist Bambam eine Schlaftablette. „Wenn ich sie manchmal im Haus beobachte, kann ich es immer noch gar nicht glauben, dass wir so erfolgreich waren.“ In diesem Jahr liegt der Fokus erst einmal auf der VDH-DM Ende Juli in Gelsenkirchen. Mit einer Platzierung im vorderen Drittel würde ein weiterer Traum in Erfüllung gehen.

In der Wurfkiste bestach sie nicht unbedingt durch ihre Schönheit. „Sie war die hässlichste“, erinnert sich der Hesse. Das änderte sich auch später nicht. Zu helles Auge, zu wenig Jochbein, zu wenig Stopp.

„Für viele zählt bei den Rottweilern nur der dicke Kopf. Dabei kommt es doch im Sport auf viele andere Gebrauchseigenschaften an, die viele Rottis schon gar nicht mehr haben.“ Rainer Dersch

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Bambam hat sie alle, trotzdem ist sie für den Verband nicht körfähig. Rainer Dersch ist das egal: „Ich habe die Mutter ausgebildet, mit ihr meine Zucht aufgebaut und Bambam führt meinen Zuchtgedanken fort. Ich bin von dem überzeugt, was ich da mache.“ Er züchtet auch mit ihr, keine Kör-, aber Leistungszucht. Und der Erfolg gibt ihm Recht. Denn Bambams Halbschwester Aki von den Wichtelhäusern landete mit Ehefrau Silke im letzten Jahr auf dem Vizeplatz der ADRKDeutschen Meisterschaft, mit nur vier Punkten Unterschied. Dieser Erfolg sucht seinesgleichen in der Hundesportszene, hat aber auch viel Zeit gekostet. Fünfmal in der Woche geht es zum Fährten raus, an vier Tagen

Bambam vd Wichtelhäusern

wird Schutzdienst trainiert, Unterordnung täglich. Nebenbei noch Fahrrad gefahren oder auf dem Laufband Ausdauer trainiert. „Es wird nichts dem Zufall überlassen“, sagt Rainer Dersch,

Auch Aki wird wieder mit dabei sein. Ob sie ihre Halbschwester dieses Mal wie auf Landesebene schlagen kann? „Sie ist eigentlich der bessere Hund“ ist Rainer Dersch ehrlich.

Rasse: Rottweiler Wurftag: 08.12.2011 - ADRK 121975 Ausbildungskennzeichen: IPO3 / FH2 Zucht: ZTP HD frei - ED frei (ADRK), JLPP N/m Erfolge:

im IPO: 2x Deutscher Meister ADRK, 3x ADRK-WM, 1x VDH-IPO-DM in FH: 1x ADRK-DM Platz 12

der selbst von einem guten Trainingsumfeld in der OG Hügelblick spricht und mit Edgar Scherkl zusammenarbeitet. In jeder Abteilung hat er sein Ritual, um den Hund vorzubereiten, ihn auf die kommende Vorführung einzustellen. Für den Schutzdienst beispielsweise legt er ihr am Auto das Geschirr an und lässt sich zum Platz ziehen und heizt sie mit Worten an. „Da ist es schon manchmal eine Gratwanderung, dass sie dann während der Vorführung nicht aus der Hand geht, weil das ihre Lieblingsabteilung ist.“

Zweimal gewann die 5-jährige Aki die Landesmeisterschaft vor ihrer Halbschwester, die dann auf der Deutschen aber immer vor ihr stand. Vielleicht sind es die besseren Nerven von Rainer, vielleicht die über 20-jährige Hundeerfahrung.


HUNDESPORT

IPO Wie er auf den Rottweiler gekommen ist, kann er heute nicht mehr genau sagen. Auf jeden Fall hat er Alfred Köhler, den SV-Bundessieger von 1978, immer aus dem Wohnzimmerfenster beobachtet, wie der mit seinem Falk von der Eichendorfschule trainiert hat.

Abstammung Bambam

Und auch sein Opa hatte immer Deutsche Schäferhunde. Trotzdem ist 1992 erst einmal ein Rotti-Mix eingezogen. Mit ihm ging es auf den Hundeplatz nach Buchenau und dort dann auch gleich in die Hetzhose. Mehrmals wurde er Tagessieger, wurde als Anfänger dreimal Vereinsmeister.

Vaterlinie

Gero vom Schwingbach

Titan vom Bluedino & Bo vom Schwingbach Dorkas vom Börnchen & Phidia vom Sternbogen

Donna vom Schwingbach Mutterlinie

Zwingernamen „von den Wichtelhäusern“. Erst im Jahr 1995 zog der erste richtige Rottweiler bei Familie Dersch ein. Der sah zwar gut aus, war aber für den Sport nur mäßig geeignet.

Mittlerweile ist er viele Jahre Lehrhelfer, seit sechs Jahren LandesgruppenAusbildungswart, seit drei Jahren im Ausbildungsausschuss die rechte Hand vom Bundes-Ausbildungswart Erwin Glück und seit 2010 Züchter auf den

„Des Wurzels Übel“, wie der Hesse seine Stammhündin Donna vom Schwingbach nennt, ist seit 10 Jahren an der Lahn. Die 2007 eingeführte Rasseliste erschwert die Zucht und Haltung zwar immens. 2500 Euro zahlt er jährlich an Steuern, alle zwei bis drei Jahre müssen er und seine Frau zum

Wesenstest, der auch bis zu 400 Euro kostet. Die Kinder dürfen offiziell nicht mit den Vierbeinern spazieren gehen, die Welpenkäufer müssen ihm eine Haltegenehmigung vorlegen. Aber Rainer Dersch kann sich keine andere Rasse vorstellen, auch wenn er schon immer Deutsche Schäferhunde ausbildet. Für den Dienst, für seinen eigenen Sicherheitsdienst. Und das ist, im Vergleich zu den Rottweilern, viel einfacher:

„Schäferhunde kann man mit dem Ball quasi resetten. Das geht mit einem Rottweiler nicht. Die sind nachtragend und viel cooler.“ Rainer Dersch

Aber vielleicht macht genau das den Reiz aus. Denn offenbar lohnt es sich! ▪

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Wenn Zeiten sich ändern - muss man umdenken! TEXT: KATJA PETERS

S

ie werden Bundessieger, Weltmeister, sind die vermeintlich besseren Ausbilder. Aber in der Hetzhose sieht man sie selten. Dabei steht und fällt eine Ortsgruppe, die sich dem IPO-Sport verschrieben hat, mit dem Schutzdiensthelfer. Ist keiner da, ist das Ende faktisch eingeläutet, wenn sich die Mitglieder nicht für eine der anderen Sportarten begeistern können. Dabei sind die gängigen Vorurteile, warum „Frauen als Helfer nicht funktionieren“, schnell entkräftet.

„Die Zeiten, in denen nur der dicke Oberarm gezählt hat, sind doch schon lange vorbei.“ Jochen Seufert, Lehrhelfer der Landesgruppe Baden Verein für Deutsche Schäferhunde

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Er fügt hinzu: „Es gibt doch genug männliche Helfer, die auch nicht die Größten und Stärksten sind und trotzdem Deutsche und Weltmeisterschaften hetzen.“ Für den 35-Jährigen spielt es letztlich keine Rolle, wer die Hose an hat, wenn die Einstellung und das Know-how stimmen. In vielen Situationen kommt es auf die Technik an und nicht auf die Muskeln. An beidem arbeitet derzeit Bianca Schrijver-Polderman aus Kruiningen in den Niederlanden. Mit ihrem Rottweiler Caesar war sie auf der Suche nach einer adäquaten Beschäftigung und landete beim PHV Walcheren-de Piet, einem K.N.P.V.-Verein. Dort steht die 34-Jährige seit gut vier Jahren ab und zu in der Hetzhose. „Mich hat die Helferarbeit von Anfang an sehr interessiert und irgendwann habe ich mich einfach getraut. Zum Glück erfahre ich vom Verein eine große Unterstützung, indem ich angeleitet werde und man mir auch Hunde für mein Training zur Verfügung stellt.“ Ihr fehlt zwar noch die Kraft und das Timing, erwachsene Hunde auf der langen Flucht korrekt anzunehmen, aber sie arbeitet daran:


HUNDESPORT

I P O / K . N . P.V.

Bianca Schrijver-Polderman

Sibylle Achermann

Franziska van Plüren

Manuela Schmitt

Alter: 23 Jahre Wohnort: Emmerich (D) Beruf: Altenpflegerin Familienstand: ledig Hundesport: seit 2008

Alter: 21 Jahre Wohnort: Durmersheim (D) Beruf: Maschinenbauingenieurin Familienstand: ledig Hundesport: seit 2012

ausgebildete Hunde: Roxy (Australian Shepherd) K.N.P.V.-Basis-Spürhund

ausgebildete Hunde: Joy (DSH) VPG1

ausgebildete Hunde: Nenzy vom Geefacker (DSH) IPO1

ausgebildete Hunde: Vita v Leipheimer Moor (DSH) 4x DJJM, 2x LGA, 3x LG-FH

Ceasar (Rottweiler), E.G. und V.E.G. Diplome, trainiert für Mondioring Cat.1

Taifun v Schiffgarten (DSH) in Ausbildung zur IPO1

Ufor vom Mutzbach (DSH) IPO3 + Körung

Odin z Vetrneho vrchu (DSH) 1x DJJM

Foto: michielschaak.nl/Michiel Schaak

Alter: 19 Jahre Wohnort: Pfyn (CH) Beruf: Lehre zum Maler Familienstand: ledig Hundesport: seit 2009

Foto: michielschaak.nl/Michiel Schaak

Alter: 34 Jahre Wohnort: Kruiningen (NL) Beruf: Kinderphysiotherapeutin Familienstand: verheiratet Hundesport: seit ca. 5 Jahren

Bianca Schrijver-Poldermann im Training

Bianca Schrijver-Poldermann im Training

„Das mache ich nur auf kurze Distanz oder eben bei jungen Hunden im Aufbau." Bianca ist kein offizieller K.N.P.V.Vereinsprüfungshelfer. Soweit sind sie in den Niederlanden noch nicht. Aber sie hat Spaß am Junghundaufbau und möchte auch andere Mädels ermutigen, mal die Hetzhose anzuprobieren. „Mir hilft die Sichtweise aus dieser auch für die Ausbildung meines eigenen Hundes.“

ein Referat über ein selbstgewähltes Thema. Ohne diese Lizenzlehrgänge dürfen die Helfer weder auf OG-Prüfungen noch auf überregionalen Wettkämpfen eingesetzt werden.

Einen Schritt weiter ist Sybille Achermann aus der Schweiz. Sie hat vor Kurzem den Basishelferkurs des Schweizerischen Schäferhundclubs (SC) absolviert. Bei den Eidgenossen werden Figuranten in Kursen überprüft bzw. lizensiert. Sie müssen dort praktisch arbeiten aber auch einen schriftlichen Teil absolvieren, der bei dem Kurs „Prüfungshelfer“ sogar eine eigene Videoanalyse beinhaltet sowie

Sybille Achermann hat nun den Grundstein gelegt. „Der Schutzdienst hat mich schon als Hundeführerin immer interessiert. Als ich einmal den Ärmel anziehen durfte, hat es mir sofort gefallen. Also habe ich mich dann für den Basiskurs entschieden“, berichtet sie. Die lange Flucht stellt sie noch immer vor große Herausforderungen. Der Moment, wo der Hund den Ärmel zu fassen bekommt, sei für sie der schwierigste. „Da wird einem viel abverlangt, weil zusätzlich noch weiteres Gewicht und mehr Wucht dazu kommt“, erklärt Sybille Achermann. An dieser Schwäche will sie weiter arbeiten und irgendwann den Kurs „Vereinshelfer“ working-dog-magazin

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HUNDESPORT

I P O / K . N . P.V.

Sybille Achermann (Foto: Pia Koster)

Franziska van Plüren (Foto: privat)

absolvieren. Instruktor und SC-Leistungsrichter Jürg Berger gibt schon jetzt grünes Licht: „Sie ist sehr talentiert und hat eine gute Technik“, stellt er fest und fügt hinzu: „Wenn sie noch an Kraft zulegt, an ihren Emotionen arbeitet und den Spaß nicht verliert, dann wird sie sich gut weiterentwickeln.“

Einmal auf einer LGA als Helfer eingesetzt zu werden. „Aber das wird wohl ein Traum bleiben, weil viele Entscheidungsträger noch sehr altmodisch eingestellt sind.“

Franziska van Plüren ist noch einen Schritt weiter. Die 23-jährige Altenpflegerin hatte vor zehn Jahren zum ersten Mal die Hetzhose an.

"Ich habe auch mit Rottweilern angefangen und es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich eigentlich nie wieder aufgehört habe." Franziska van Plüren

Mittlerweile arbeitet sie in ihrer Ortsgruppe Elten regelmäßig sowohl die jungen Hunde und hetzt auch Prüfungen. Beides bereitet ihr Freude, genauso wie die Arbeit mit ihrem eigenen Hund. „Wenn man selber figuriert, sieht man genau, ob der Helfer sich bei deinem Hund wirklich Mühe gibt. Und ich sehe auch Kleinigkeiten, die einem ‚normalen‘ Hundeführer vielleicht nicht so auffallen, weil er das Gefühl, einen Hund am Arm zu haben, nicht kennt.“ Die Beurteilung von Griffqualität, gute Technik und klare Trennphasen - das Wissen darüber, wie man den Hunden das lehrt, bringt sie auch mit ihrem eigenen Hund weiter. Sollten mehr Mädchen und Frauen sich trauen? „Ja, auf jeden Fall!“, findet Franziska van Plüren. Für sie können Frauen genauso gut wie Männer hetzen. Denn „Technik ist wichtiger als Kraft“, hat ihr schon früh ein erfahrener Helferkollege mit auf den Weg gegeben. Ihr großes Ziel: 58

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Das wird in Baden anders gesehen. „Wir haben derzeit eine hervorragende junge Helferin, die wir in allen Belangen unterstützen und die im kommenden Jahr wohl als Landeslehrhelferin berufen wird“, berichtet Jochen Seufert stolz von Manuela Schmitt. Die 21-jährige Maschinenbauingenieurin ist begeisterte Fußballerin und erst spät zum Hundesport gekommen, obwohl sie durch ihren Vater Markus Schmitt schon als kleines Kind mit zum Hundeplatz geschleppt wurde. Im Jugendzeltlager zog sie zum ersten Mal die Hetzhose an: „Die Betreuer Dennis Breunig, Dirk Wernet und Jochen Seufert bestärkten mich in weiteren Lehrgängen, dass ich auch in meiner Ortgruppe figurieren solle, um mich weiterzuentwickeln. Ich fragte in meiner Ortgruppe an und durfte zunächst mit den älteren Hunden arbeiten.“ Das war vor vier Jahren. Mittlerweile arbeitet sie Junghunde genauso wie Wettkampfhunde in ihrer Ortsgruppe und auf den LG-Lehrgängen. „Ich bin vorerst Lehrhelferaspirantin der Landesgruppe Baden mit Aussicht, Lehrhelferin zu werden. Ist das nicht toll?“, freut sich die Durmersheimerin riesig über das Vertrauen. Sie ist hochmotiviert und wissbegierig, arbeitet an Feinheiten und Abläufen. „Ich merke teilweise in den Belastungsphasen oder dem Einstellen bei sehr starken Hunden oder bei Hunden, die sich nach links rausdrehen wollen, dass mir hier noch die Kraft fehlt. An diesem Problem arbeite ich derzeit und merke, dass ich diese Hunde immer besser in den Griff bekomme.“ Ein Problem, was viele junge männliche Helfer sicher auch kennen. Damit ist auch das kein Ausschlusskriterium.


Manuela Schmitt (Foto: privat)

Vor Jahren war Fußball eine reine Männersportart, heute ist die Frauenfußballnationalmannschaft bereits acht Mal Europameister geworden, die Männer erst drei Mal. „Heute ist es normal, auch als Frau Fußball zu spielen. Und warum sollte sich dies nicht auch auf die Schutzdiensthelfer/innen übertragen?“, rät Manuela Schmitt jedem Mädchen, jeder Frau, einfach mal die Hetzhose anzuziehen und sich zu trauen. „Für die ersten Schritte stellt in den meisten Ortgruppen sicherlich niemand seinen Hund zur Verfügung. Das würden sie bei einem Jungen ja auch machen.“ Und das Beste an der Sache ist, dass sich der eigene Wissenshorizont auch erweitert:

„Ich habe durch die Helferarbeit gemerkt, was man alles falsch machen kann und sehe den Schutzdienst seitdem aus einer anderen Perspektive und hinterfrage viel mehr als vorher." Manuela Schmitt

„Beim Figurieren muss ich auch auf die unterschiedlichen Ausbildungsmethoden der Hundeführer eingehen, wodurch sich auch hier mein Wissensspektrum immer mehr erweitert.“ Genauso wie ihre Motorik und Kraft. Denn Manuela Schmitt hat ein großes Ziel. Sie will LG-Lehrhelferin werden und auch LG-Meisterschaften hetzen. „Ich bin mir sicher, dass meine Landesgruppe dies auch zu gegebener Zeit unterstützen wird und mich beispielsweise für eine LGA einsetzt, sofern meine Leistung hierfür stimmt. So, wie das bei allen Lehrhelfern der Landesgruppe Baden gehandhabt wird.“ Wir drücken ihr die Daumen! ▪ working-dog-magazin

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Foto: Vanessa Jung-Söffing

KNUT FUCHS Das working-dog-Magazin sprach mit ihm über Zucht und Ausbildung des Malinois INTERVIEW: MIKE SCHEFFNER │ FOTOS: VANESSA JUNG-SÖFFING + KURT BUFFEL

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HUNDESPORT

IPO

Knut Fuchs muss man niemandem in der IPO-Hundesportszene vorstellen. Er ist eine Institution, einer der erfolgreichsten Hundesportler Deutschlands und überhaupt weltweit. Vor allem aber ist er ein Vordenker in Sachen Hundeausbildung, hat nie aufgehört, Ausbildungsmethoden kritisch zu hinterfragen und neue Möglichkeiten zu entwickeln.

gestorben, als Klemm zwölf Wochen alt war. Ich führte die ersten Malis schon sehr erfolgreich, so wurde ich mit Askia Dritter der WM, Deutscher Vize-Meister und Vize-Championatssieger. Durch Askia wurde ich für meine Unterordnung bekannt, weil sie vom ganzen Stil und allem ganz anders lief, als es zur damaligen Zeit üblich war. Mit Fitou war ich FMBB Vize-Weltmeister. Und mit Klemm kamen dann Titel.

»» Du züchtest seit vielen Jahren unter dem Zwingernamen „vom Further Moor“ Malinois. Warum gerade diese Rasse? Knut Fuchs: Die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Rasse sind dafür ausschlaggebend. Ich habe mit einem Boxer mit dem Hundesport begonnen. Hier im Nachbarverein vom Rainer Mündelein. Der hat sich damals die erste Mali-Hündin angeschafft. Das war „Saskia vom Löwenfels“. Ich wollte einen zweiten Hund haben und hatte einen Deutschen Schäferhund bestellt. Doch dann hat Rainer mich für den Malinois begeistert.

„Guck mal, das sind ganz tolle Hunde, die kennt man kaum, die sind noch sehr gesund, super leistungsstark und haben ein tolles Wesen.“ Gerade der Aspekt Gesundheit ist natürlich wichtig, wobei ich mir damals überhaupt keine Gedanken darüber gemacht habe. Ich wollte meinen Hund ausbilden und merkte, dass ich mit meinem Boxer an Grenzen stieß. So hat er mir die Malis schmackhaft gemacht. Was für ein Glück! Der Schäferhund, den ich bestellt hatte, wäre ein Hochzuchthund gewesen. Ich hatte überhaupt keine Ahnung von Hochzucht- und Leistungshunden. Für mich war das ein Schäferhund. Es hätte also auch alles in eine ganz andere Richtung gehen können. »» Saskia war die Mutter von Klemm? Knut Fuchs: Saskia ist die Stammmutter der ganzen „Roten Falken“-Hunde. Meine erste Hündin war „Askia vom Roten Falken“, danach hatte ich „Fitou“ und dann „Klemm vom Roten Falken“. Alle drei waren Saskias Kinder. Rainer Mündelein war ja einer der erfolgreichsten Mali-Züchter überhaupt. Leider hat er die ganz großen Erfolge nicht mehr miterlebt. Er ist

Foto: Welpenaufzucht ist Familiensache (Vanessa Jung-Söffing)

»» Und das ist auch die Linie, auf der du deine Zucht aufgebaut hast? Knut Fuchs: Ich habe das bis heute nicht geändert. Ich züchte noch sehr altmodisch. Ich versuche, ganz nah an den alten Linien zu bleiben. working-dog-magazin

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Bild: FCI-Weltmeister 2000 mit Klemm vom Roten Falken im Folgejahr konnte Knut Fuchs seinen Titel sogar wieder verteidigen (privat)

Linien habe, die gleich sind und dann eine Linie, die beim Vater oder bei der Mutter ganz fremd ist. Das mache ich aus gesundheitlichen Gründen. Und das klappt ganz gut. »» Der Mali ist in den letzten Jahren immer populärer geworden. Viele Hundesportler sind von anderen Rassen auf den Mali umgestiegen. Denkst du, dass die hohe Nachfrage der Rasse gut tut?

Heute muss ich sagen, dass ich ein bisschen Glück hatte: Ich habe mir in all den Jahren zwei Linien aufgebaut. Einmal über „Aika der Sonne entgegen“, das war die eine Stammhündin. Die andere Linie kommt über „Crazy vom Parchimer Land“. Dadurch kann ich die auch heute immer mal wieder verbinden. Also ich versuche, beim alten Blut zu bleiben. »» Warum soll man auch Bewährtes ändern?! Knut Fuchs: Das ist genau der Punkt. Ich habe damals Hunde bekommen, die waren gesund, die waren leistungsstark und die waren vom Wesen her in Ordnung. Die waren so, wie ich mir einen Hund vorstelle! Ich wollte da nichts dran verändern. Ich versuche nur, sie so zu erhalten, wie sie waren. Ich züchte auch eng. Da sind die Meinungen ja geteilt. Also viele sagen, man soll Inzucht vermeiden. Das mache ich nicht. »» Warum? Knut Fuchs: Wenn ich eine Hündin, die aus meiner „gefestigten Linie“ kommt, mit einem von der Linie her wildfremden Rüden verpaaren würde, dann ist das, was da rauskommt, wieder der Anfang von allem. Ich führe meine Sache nicht weiter. Ich gehe schon mal ein klein bisschen aus der Linie raus, dass ich z.B. drei 62

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Knut Fuchs: Das ist für jede Rasse ein Problem. Je mehr Nachfrage, desto mehr wird gezüchtet. Die Leute informieren sich weniger, was für einen Hund sie da bekommen. Es kann für den Malinois nicht gut sein, wenn er zum Modehund wird. Als ich die ersten Malis hatte, haben die Leute gesagt: „Was ist das für ein Kind der Liebe? Wer hat daran mitgewirkt?“ oder „Ist da ein Dingo drin?“ Heute kennt jeder die Rasse. Es wird viel zu viel gezüchtet und nicht jeder macht sich genügend Gedanken darüber. Und nicht jeder ist so ehrlich, dass er sich auch eingesteht, wenn mal etwas nicht funktioniert hat. Also wenn in einem Wurf beispielsweise anatomische Fehler wie Kieferfehlstellung oder Zahnfehler oder wesensmäßige Fehler auftreten, dann sollte man mit den Hunden nicht weiter züchten. »» Schließlich gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen Züchten und Vermehren. Knut Fuchs: Genau. Man muss im Kopf behalten, dass man der Rasse etwas Gutes tun will. Darum geht es! Ich züchte, weil ich einen Hund haben will, der all die guten Eigenschaften der Rasse mitbringt. Und das möchte ich auch in 20 Jahren noch schaffen. Deshalb mache ich da keine Kompromisse! »» Hat der Mali sich verändert, seitdem du die Rasse kennst? Knut Fuchs: Ja, der Mali hat sich schon verändert. Als ich die Rasse kennengelernt habe, waren es sehr führerbezogene, nervige Hunde mit viel Trieb, die teilweise über ihre Nervigkeit Probleme lösten. Vom


HUNDESPORT

IPO

Wesen her war es damals völlig normal, dass ein Mali als junger Hund unsicher in der Umwelt war, sich auch mal erschreckte und sich nicht so gern anfassen ließ. Heute sind die Hunde deutlich abgeklärter. Aber diese Dünnnervigkeit, die sie früher hatten, war ein Vorteil der Rasse, weil genau das zu einer großen Aktivität führte. Man musste nur damit zurechtkommen. Heute haben sie ein besseres Nervenkostüm. Ich will gar nicht sagen, dadurch sind sie besser oder schlechter, aber so ein bisschen geht die Eigenheit des Malis dadurch verloren. Die damaligen Hunde mussten sehr gezielt gehändelt werden, um diese Nervigkeit in die richtige Bahn zu leiten! Wer das konnte, hatte viel Spaß mit dieser tollen Rasse!

{ INTERVIEW } Foto: VDH-IPO-DM 2013 mit Orcan vom Further Moor (Kurt Buffel)

»» Braucht man nicht auch heute noch Fingerspitzengefühl für den Mali? Knut Fuchs: Ja, richtig. Malis sind nicht annährend so einfach, wie es oft aussieht. Sie lernen wahnsinnig schnell, natürlich auch Dinge, die sie nicht lernen sollen. Sie sind sehr sensibel. Sie haben ganz schnell irgendwelches Konfliktverhalten. Das kann man je nachdem, wobei es passiert, nur noch schwer in den Griff kriegen. Da sind schon viele dran gescheitert. Wenn jemand ein Händchen für den Mali hat, bekommt er einen sehr triebigen, eifrigen Hund, der zu Höchstleistungen fähig ist. Ein Hund, der aber auch im normalen Leben ein toller Begleiter ist! »» Der Mali wurde seit über 100 Jahren über Ringsport für die Zucht selektiert. Kann der IPO-Sport das gleiche für die Zuchtselektion leisten? Knut Fuchs: Die Frage ist immer, was will ich züchten. Wenn ich einen Hund für den Ringsport züchten will, stehen andere Eigenschaften im Vordergrund, als bei einem Hund für den IPO-Sport. Im Ringsport muss der Hund über einen langen Zeitraum arbeiten, was schon eine riesige Belastung bedeutet. Er muss viele Übungen ausführen, darf trieblich nicht zu hoch drehen und er muss sich seine Energie einteilen. Er muss schon ein bisschen abgeklärter sein, als der Hund, den wir für den IPO-Sport brauchen. Man muss auch zwischen den Ringen unterscheiden. Der französische Ringsport ist ganz anders, als der belgische. Ich mag lieber die belgischen Hunde. Da würde ich auch für die Zucht wieder in die Ringlinien reingehen, weil ich denke, die haben schon Eigenschaften, die ich für den IPO-Sport gut brauchen kann.

»» Meinst du so etwas wie gute Griffe und Nervenstärke? Knut Fuchs: Ja, zum Beispiel! Was aber nicht heißen soll, die französischen Hunde haben das nicht. Aber man hat ja so seine Vorlieben. Ich habe auch schon mal mit französischen Linien gezüchtet.

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Aber grundsätzlich gefällt mir der belgische Typ besser. Ich nehme auch viele deutsche Hunde. Besonders Hunde aus meinem Umfeld, die ich von klein auf kenne. Wenn ich jetzt einen Hund für den IPO-Bereich haben möchte, warum soll ich da keine Hunde einkreuzen, die da über Jahre gut waren?! »» Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang die DMC-Körung? Und gibt es Punkte, die du an der Zucht- bzw. Körordnung ändern würdest? Knut Fuchs: Ich bin, seitdem ich züchte, DMC-Mann. Mir gefällt diese Körung, weil der Hund wirklich bewertet wird, von seinem Grundwesen, von seinen Triebveranlagungen, von seinem Durchsetzungsvermögen. Und weil die Körung natürlich auch deutlich schwerer ist, als in anderen Verbänden. Was die Hunde bei einer DMC-Körung ableisten müssen, ist schon eine sehr gute Zuchtselektion. Ich denke, es gibt keine bessere! »» Denkst du, man muss für die Körung trainieren, wenn man sie bestehen will?

Foto: Knut mit Askia vom Roten Falken (privat)

Knut Fuchs: Meine Hunde sollten eine Körung bestehen. Ich bin da aber auch ganz ehrlich, wenn ich einen Hund habe, bei dem ich denke, dass er sie nicht besteht, dann gehe ich mit dem da nicht hin. Für mich ist immer die Frage, habe ich einen Hund, der so ist, wie ich ihn mir wünsche, dann bringe ich den natürlich in die Zucht. Oder hab ich einen Hund, der meinen Vorstellungen nicht ganz entspricht, dann kann ich mit ihm tollen Sport machen, aber den würde ich nicht auf einer Körung vorstellen. Ich übe da auch nicht wahnsinnig viel für. Viele bereiten die Hunde schon vom Welpen an darauf vor. Ich möchte aber auch etwas über meinen Hund erfahren. Allerdings ... so wie die Körung heute ist, muss man schon ein bisschen üben, sonst ist sie ganz schwer zu bestehen. »» Es gibt Leute, die sind der Ansicht, dass die genetische Vielfalt beim Mali immer mehr verloren geht. Wie siehst du das? Ist die Zuchtbasis zu eng? Knut Fuchs: Da sind wir wieder bei dem Punkt, das viele sagen, wir müssen weg von Inzuchten und müssen fremdes Blut einkreuzen. Ich wüsste nicht, was es

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schlechter macht, wenn man Linien eng züchtet. Es wird auch oft gesagt, wir müssen sehen, dass wir nicht auf Klemm inzüchten. Ich behaupte, wenn in jedem Wurf, wo auf Klemm ingezüchtet wurde, ein Hund wäre, der nur annähernd seine Eigenschaften hätte, dann wäre das toll. Also ich persönlich bin ein Freund von Inzucht, weil ich damit meine Linie festigen kann. »» Könnte die Cerebelläre Ataxie SDCA1 in diesem Zusammenhang ein Problem werden? Es gibt ja mittlerweile einen Gentest, mit dem Anlageträger sicher diagnostiziert werden können. Hast du deine Hunde testen lassen? Knut Fuchs: Ja, ich lasse meine Hunde testen. »» Wie siehst du das? Macht das Sinn mit dem Gentest? Sollte der DMC das vorschreiben? Knut Fuchs: Die Frage ist, ist der Bedarf dafür tatsächlich da. Das kann ich ganz schlecht beurteilen. In all den Jahren kenne ich jetzt zwei Würfe, wo das ein Problem war. Ataxie kenne ich schon vom Anfang der Malis. Ich weiß, dass einige belgische Züchter ganz enge Linienzucht betrieben haben. Da wurden teilweise Väter auf Töchter gesetzt oder Söhne auf Mütter. Ataxie ist, so wie ich es kennengelernt habe, tatsächlich eine Inzuchtgeschichte. Wenn dann die Linien nicht zusammenpassen, kann das passieren. Das ist natürlich schrecklich, wenn jemand einen Wurf hat, wo Welpen betroffen sind. Ganz furchtbar! Wäre für uns auch schlimm! Aber ob jetzt wirklich der Bedarf da ist, dass man alle Hunde testen lässt und wie aussagekräftig das am Ende ist, kann ich nicht beurteilen. Ich war mit Orcan vom Further Moor einer der ersten, die den Test gemacht haben. Er ist Genotyp TT, also frei, kein Anlageträger. Jetzt habe ich meine Hündin („Alice on silent wings“) testen lassen. Sie ist ebenfalls frei von SDCA1. Ich denke, der DMC wird es zur Pflicht machen, weil es auch so gefordert wird und das ist auch in Ordnung. »» Wie siehst du den Mali als Familienhund? Gibst du auch Welpen an Nichthundesportler ab? Knut Fuchs: Ja, für mich ist es nicht ausschlaggebend, ob jemand Hundesport macht oder nicht. Ein Mali muss natürlich ausgelastet werden. Aber das geht auch anders. Für mich sind das ganz tolle Familien-


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hunde. Die müssen natürlich, wie jeder Hund, erzogen werden. Aber es ist nicht so, wie viele denken, dass die im Haus so nervös und unruhig sind.

Knut Fuchs: Nein, könnte ich nicht. Mit dem Hundesport aufzuhören oder keine Malis mehr zu haben, ist für mich undenkbar!

»» Du hast - nach einigen Jahren Pause – jetzt mal wieder einen Deutschen Schäferhund, Egon vom Wieratal, angeschafft. Wie kam es dazu?

»» Was war dein größter Erfolg? Was die größte Niederlage?

Knut Fuchs: Ach ja, das reizt mich ja auch. Ich mag Schäferhunde, ich mag generell alle guten Hunde. Völlig egal welche Rasse. Den Schäferhund hab ich von David Buss bekommen. Das ist wirklich ein toller Hund. Hab ich total Spaß dran! Ich habe natürlich meine Anforderungen an so einen Hund. Der muss Trieb haben, der muss vor allen Dingen mitmachen wollen. Das ist mir ganz wichtig! Natürlich reizt mich auch die große Bühne bei einer Bundessiegerprüfung oder einer WUSV. Das ist schon toll. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg. Jetzt hoffe ich, dass er gesund ist. Dann sehen wir mal, wie weit das geht. »» Nach all den Erfolgen und den vielen Jahren die du Hundesport machst ... Was treibt dich noch an? Was fasziniert dich immer noch? Knut Fuchs: Der Hundesport!

Das Arbeiten mit dem Hund, sich was ausdenken, immer wieder neue Sachen trainieren, immer wieder verfeinern und mit dem Hund ein Team bilden. Der Hundesport hat ja an Niveau gewonnen. Das ist ja Wahnsinn! Und das macht mir einfach Laune. Das Feuer brennt noch immer lichterloh! Nach über 30 Jahren Hundesport. Welche Kraft mich immer wieder antreibt? Natürlich auch ein gewisser Ehrgeiz. Wenn du mal erfolgreich warst, dann willst du da auch wieder hin. Aber ich liebe Hundesport und Hunde und ich werde, so lange es geht, immer Hundesport machen. »» Hast du nie daran gedacht aufzuhören?

Knut Fuchs: Mein emotional größter Erfolg war, als ich meine Hündin zum allerersten Mal 1993 auf der Deutschen Meisterschaft im dhv geführt hab. Da kannte mich keiner, ich hatte keine besonders guten Punkte in der Fährte, meine Hündin war heiß und deshalb war ich als letzter dran. Als ich dann ins Stadion kam, habe ich plötzlich so ein Feedback von den Leuten bekommen ... Das war damals noch ganz anders als heute. Da musste man im Stadion ruhig sein. Da wurde kein Mucks gemacht, dass bloß keiner gestört wird. Aber als ich meine Hündin in der Unterordnung geführt habe, sind die Leute aufgestanden und haben

Foto: der Neue, Egon v Wieratal (Vanessa Jung-Söffing)

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VDH-IPO-DM 2013 mit Orcan vom Further Moor Foto: Kurt Buffel

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applaudiert. Da habe ich gemerkt, das wird richtig anerkannt, was dein Hund hier mit dir macht. Das war ein tolles Gefühl! Später die Titel mit Klemm, das war auch schön. Aber wenn du mal an der Spitze stehst, hast du plötzlich nicht nur noch Freunde. Meine größte Niederlage war die WM in Finnland 2014 mit Orcan vom Further Moor. Wir haben zur Vorbereitung wirklich hart trainiert, sind mit der ganzen Familie dahin gefahren, haben Mia noch aus der Schule genommen, haben uns ein Wohnmobil geliehen, auf dem Weg noch trainiert und sind da völlig euphorisch angekommen. Es war alles perfekt vorbereitet, der Hund war so gut, wie noch nie. Ich war am Donnerstagmorgen mit Schutzdienst dran. Alles lief gut, es wäre sicherlich ein V geworden, bis zum Transport zum Richter. Ich gab dem Richter den Stock, der reicht ihn an den Helfer weiter, in dem Moment stellt sich Orcan vor den Helfer und dann war Ende. Durchgefallen im Schutzdienst. »» Er ließ sich dann nicht mehr abrufen? Knut Fuchs: Ja, genau. Das war aber kein Gehorsamsproblem, sondern das war für ihn ein technisches Problem. Er kennt nur den Weg links herum, um neben mich zu kommen. Und deshalb hat er sich auf der Prüfung dann auch neben den Helfer gesetzt. Er hat immer wieder versucht, zu mir zu kommen, aber jetzt stand der Helfer da. Das war technisch für ihn nicht zu lösen. Und ich muss sagen, ich war in dem Moment, nach all den Jahren Hundesport, so perplex, dass ich nicht geschaltet habe. Wenn ich zwei Schritte losgegangen wäre, hätte ich ihn wahrscheinlich mitgenommen. Das war für mich emotional die größte Niederlage. Alles hat so gut gepasst. Und dann war am ersten Tag der WM alles vorbei. Okay, Niederlagen gehören dazu. Wer gewinnen will, muss auch mal Niederlagen einstecken. Kann ich auch ganz gut. Mir hat mal ein alter Hundesportler gesagt: „Die größte Stärke des Körpers und des Geistes zeigt sich immer in der Niederlage“. Und das habe ich mir immer zu Herzen genommen, wenn es mal nicht so geklappt hat. »» Was denkst du, entwickelt sich der IPO-Sport in die richtige Richtung? Wie siehst du die Zukunft? Knut Fuchs: Ich hab ein bisschen Angst! (Er lacht.) Ich finde, es geht alles zurück. Woran das liegt, kann ich nicht sagen. Aber in vielen Vereinen ist nicht mehr viel

Foto oben: Helferarbeit wird vom Chef persönlich übernommen (Vanessa Jung-Söffing) Foto links: LGA 2005 mit Qito vom Salztalblick (privat)

los. Das sieht man auch an den Mitgliederzahlen. Wenn man sich jetzt z.B. den SV ansieht, da haben sich die Mitgliederzahlen mittlerweile halbiert. Woran das liegt? Vielleicht am Aufwand, den man betreiben muss, vielleicht an der fehlenden Unterstützung, vielleicht auch an den Zielen, die sich manche zu hoch stecken oder an den Problemen, Fährtengelände fürs Training zu bekommen ... working-dog-magazin

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Fotos: die Ausbildung in der Freifolge beginnt bei Knut schon im Welpenalter mit Hilfe der Futterhand ((Vanessa Jung-Söffing)

Knut Fuchs: Das gefällt mir nicht so. Ausbilderisch ist es kein Problem. Das macht es mir eher einfacher. Weil man dann nicht mehr diesen trieblichen Reiz hat, wenn das Holz geworfen wird. Meine Frau sagt natürlich, für sie ist es toll. Sie kann das Holz nicht gut werfen. (lacht) Ich sehe nicht, dass das wahnsinnig viel Attraktivität von der Apportierübung nimmt. »» Aber einigen Hunden fehlt vielleicht gerade dieser Bewegungsreiz, um zum Holz zu wollen. Knut Fuchs: Da werden die Leute sich schon was einfallen lassen. Wenn irgendeine Vorgabe kommt, dann wird da ausbilderisch drauf reagiert. Das war immer so.

»» Wäre es unter dem Aspekt, dass viele Hundesportler Probleme haben, Fährtengelände zu bekommen, nicht sinnvoll, die Fährte aus dem IPO-Sport herauszunehmen und durch eine andere Form der Nasenarbeit zu ersetzen? Knut Fuchs: Das würde dann die ganze Fährtensparte abtöten. »» Oder man orientiert sich an den Diensthunden und nimmt stattdessen Spürhundearbeit in die PO. Knut Fuchs: Ich kann´s nicht sagen. Mir persönlich würde die Fährte fehlen. Ich habe in den letzten Jahren viel in der Fährte dazugelernt. Fährten war nicht meine Stärke. In der Vergangenheit habe ich oft in der Fährte die Punkte verloren, die ich gebraucht hätte.

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»» Bei der IPO 1 soll der Apport künftig nicht mehr in Verbindung mit den Sprüngen gezeigt werden. Stattdessen wird der Hund vor der Hürde abgesetzt, der HF geht auf die andere Seite der Hürde und ruft seinen Hund dann zu sich. Er muss also nur noch einen Sprung zeigen. Knut Fuchs: Ja, gefällt mir nicht. Da habe ich das Gefühl, das ist ein Zugeständnis an die Zucht, wo die Hunde die IPO 1 brauchen. Da hat man vielleicht gedacht, das ist sowieso schon schwer genug. Da erlassen wir denen ein bisschen Springerei.

Ich bin der Meinung, ein intakter Gebrauchshund muss locker über einen Meter springen können!

Aber ich habe mich, wie gesagt, weitergebildet und viel von Jürgen Essers und Helmut Raiser gelernt. Also mir macht Fährten jetzt richtig Spaß!

Und einem Hund, der auf ebener Erde apportiert, kann man auch leicht das Apportieren über die Hürde beibringen. Das ist eine Gebrauchshundeprüfung und ein Gebrauchshund sollte zweimal über eine Meterhürde springen können.

»» Wie siehst du die neue PO, die ab 2018 gültig wird? Zum Beispiel das Legen des Bringholzes?

»» Was hältst du von der Entscheidung, ab 2017 bei der FCI-IPO- WM auf Stockschläge zu verzichten?

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Knut Fuchs: Ich denke, Stockschläge gehören dazu. Vielleicht weil ich es auch über die Jahre so kenne. Ich glaube nicht, dass die Stockschläge so wahnsinnig selektierend sind. Ein Hund, der auf einer Deutschen Meisterschaft oder einer Weltmeisterschaft geführt wird, lässt sich nicht vom Stock beeindrucken. Wenn man z.B. sagen würde, die Stockschläge bleiben weiterhin erhalten und die Hunde werden mit dem Stock touchiert, dann kann jeder damit leben. »» Schutzhundeausbildung wird in der Öffentlichkeit eher kritisch wahrgenommen. Was könnte man tun, um das Image zu verbessern? Knut Fuchs: Ich glaube gar nicht, dass der Schutzdienst das Problem ist. Ich gebe mal ein Beispiel. Ich habe ein Wochenseminar in Österreich gegeben. Der Hundeplatz lag an einem Wanderweg, daneben war ein Abenteuerspielplatz. Zuerst habe ich gedacht, das kann ja heiter werden. Aber die Leute sind gekommen und haben gefragt, ob sie zugucken können. Was denen am besten gefallen hat, war der Schutzdienst. Und was denen am allerbesten gefallen hat, war die lange Flucht. Mittlerweile glaubt niemand mehr, wir hetzen da Hunde auf Menschen. Die Leute erkennen schon, dass das kein Scharfmachen der Hunde ist. Unser Problem ist, dass die Leute sagen, die IPO-Sportler sind alles Tierquäler! Und da müssen wir uns nichts vormachen. Es gibt, neben den vielen Hundesportlern, die moderne, schön anzusehende Ausbildung betreiben, auch noch die, die ihre Hunde traktieren. Da müssen wir ansetzen! Indem wir den Leuten zeigen, wie schön Hundeausbildung sein kann. Und dass man dazu keine Gewalt und keine übermäßigen Zwänge braucht. »» Die Ausbildungsmethoden sind in den vergangenen Jahren immer ausgefeilter geworden. Was machst du heute komplett anders als früher?

Normalfall wird es für den Hund zum Konflikt, in der Beutephase zu bellen. Wer bellt, kann keine Beute machen. Es ist von der Natur vorgegeben, das Bellen ein ganz anderer Bereich ist. Es ist also viel schlüssiger, einem Hund das Verbellen ohne Beute beizubringen. Wenn du ordentlich bellst, kannst du den Helfer vertreiben. Das lernen die Hunde sehr schnell. Und wir können nachher dann sauber in die einzelnen Bereiche reinspringen. Denn wenn wir die im Nachhinein miteinander verbinden, ist es für den Hund nicht mehr schwer. Aber sie im Nachhinein zu trennen, ist fast unmöglich. Wenn ein Hund über Beute zu Bellen gelernt hat, dann wird es ihm wahnsinnig schwer fallen, dabei nicht auf den Arm zu gucken. Was punktetechnisch auch gar nicht unbedingt negativ ist, aber jeder hat da natürlich seine eigenen Vorstellungen über Ausbildung. Und ich will, dass mein Hund den Helfer verbellt und nicht auf den Arm schielt. »» Gibt es nicht auch Richter, die das als fehlende Dominanz gegenüber dem Helfer auslegen? Knut Fuchs: Ich würde sagen, dass kommt immer ganz darauf an, wie der Hund den Helfer verbellt. Hundesport wird heute viel cleverer und mit viel mehr sinnvollen Lösungen trainiert. Genau das macht mir Spaß, meine Ideen und damit die Ausbildung zu verbessern und erfolgreich zu sein. Mit meinen Hunden ein Team zu bilden und harmonisch und glücklich mit ihnen zusammenzuleben.

Foto: (Vanessa Jung-Söffing)

»» Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Interview.

Knut Fuchs: Im Schutzdienst arbeiten wir anders. Da bauen wir die Bereiche Gehorsam, Beute und Aggression separat auf, bevor wir sie verbinden. »» Wo sind da die Vorteile? Knut Fuchs: Es ist für den Hund viel schlüssiger. Beispiel: Ich versuche, den Hund über Beute ans Bellen zu bringen. Die Natur sagt, in der Beute sollst du nicht verbellen. Der Jagdhund wurde dazu gezüchtet. Im working-dog-magazin

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TOPleistungen in zwei sportarten Wenn die Liebe zu Hund und Sport von Erfolg zu Erfolg führt INTERVIEW: CONSTANZE RÄHSE │FOTOS: pics4dogs.eu/ JAN REDDER + CONSTANZE RÄHSE + SEPP GRÜTERS

» Im Agility bist Du in Oberhausen von 93 Hunden auf Platz 18 gelandet, im IPO-Bereich von 123 auf Platz 38. Dazu meinen herzlichen Glückwunsch – tolle Leistung! Wie zufrieden und glücklich bist Du?

ein oder andere Fehler eingeschlichen, das war etwas schade.

Michelle Seul: Alles in allem bin ich natürlich total happy und zufrieden mit dem Ergebnis. Naja, im Schutzdienst hatte ich mir ein bisschen mehr erhofft und auch im Agility hat sich der

Michelle Seul: Die Parcours waren allgemein sehr anspruchsvoll, verlangten sowohl Schnelligkeit als auch moderne Führtechniken. Man musste den Überblick behalten, auf

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» Gib uns bitte eine Einschätzung der Agility-Parcours bezüglich Anspruch und Schwierigkeit.

„Wanderhürden“-Hürden achten, die beim Lauf scheinbar ganz anders stehen, als während der Parcourbegehung und im Zweifel den Sprung lieber von hinten nehmen. Das war nichts für schwache Nerven. Für eine Bestenauslese aber allemal geeignet. » Du hattest im A-Lauf einen Parcoursfehler und im ersten Jumping zwei. Was ist passiert und welche Erklärung hast Du?

Michelle Seul: Am ersten Tag gab es eine Verweigerung, ein Missverständnis, da ich Edana wohl nicht deutlich genug gezeigt habe, wie es weitergeht. Sie hat hier den vorletzten Sprung nicht angenommen und ist zunächst daran vorbeigelaufen. Am zweiten Tag bekamen wir zwei Fehler. Da hat sie sich wohl etwas verschätzt beim Springen, sodass die Stange gefallen und der Reifen aufgesprungen ist. Aber das kommt eben vor.


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{ INTERVIEW }

Foto: pics4dogs.eu/Sepp Grüters

bin Agility-Turniere gelaufen. So war ich oft auf dem Hundeplatz.

» Im letzten Jahr hast Du mit Edana auf der DJJM den IPO- und den Agilitybereich gewonnen. Ist Deine Hündin für Dich der ideale Sportpartner? Michelle Seul: Ich denke, allein an dem, was wir erreicht haben, sieht man, dass wir ein super Team sind. Auch wenn ich am Anfang gedacht habe, dass wir gerade im Agility auf keinen grünen Zweig kommen, hat sich das nach und nach eingespielt und die Arbeit wurde immer harmonischer. Aber auch in der Freizeit kann man viel Spaß mit Edana haben. Nach der soliden Grundausbildung können wir auch schon mal ruhigen Gewis-

sens das eine oder andere Training für einen Tag am See oder einen Kurzurlaub am Meer ausfallen lassen. Ihre quirlige, teils verrückte Art bringt mich oft zum Lachen. Als Mama von neun Welpen hat sie aber auch bewiesen, dass sie genauso gut fürsorglich und „erwachsen“ sein kann.

Als ich 10 Jahre alt war, kam Cascha zur Aufzucht zu uns. Aufgrund eines Zahnfehlers wollte die Züchterin sie nicht behalten. Ich übernahm sie und trainierte weiter. So nahm das Schicksal seinen Lauf. » Wie bist Du zu Edana gekommen? Hast Du sie selbst aufgezogen und ausgebildet?

Michelle Seul: Ursprünglich habe ich sie als Welpen zur Aufzucht bekommen. Als sie ein Jahr alt war, entschied sich der Züchter, ihre Schwester zu behalten. Da ich ohnehin schon mit Edana trainiert hatte, lag es nahe, sie zu übernehmen. » Was ist sie für ein Hund? Michelle Seul:: Edana ist ein absoluter Beutehund, sie kann nicht in der Aggression gearbeitet werden. » Werbeanzeige

» Seit wann machst Du Hundesport und wie bist Du dazu gekommen? Michelle Seul: Hundesport mache ich eigentlich, seitdem ich laufen kann. Schon früh hab ich mit dem damaligen Rüden meiner Mutter Unterordnung gemacht und working-dog-magazin

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Wie bringst Du diese zeitintensive Vorbereitung zeitlich „unter einen Hut“?

Rasse: Deutscher Schäferhund Wurftag: 27.10.2009 - SZ 2244666 Ausbilungskennzeichen: IPO3 / A3 Zuchbewertung: SG, gekört HD normal - ED noch zugelassen Erfolge:

im IPO: 4x BSP, 2x LGA, 4x DJJM (Juniorensieger 2015, 2012) im Agility: 1x WorldCup, 3x BSP, 3x DJJM (Juniorensieger 2015)

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Edana v Severusbrunnen

Michelle Seul: Eigentlich darf man das gar nicht sagen. Unser Trainingsaufwand im Agility beschränkt sich auf wenige Einzelgeräte bei uns im Garten.

und jene, deren Traum es ist, einmal dort zu starten. Dabei hast Du Dich 2014 und 2016 über die LGA Deiner Landesgruppe qualifiziert. Ist der Stellenwert für Dich auf dieser Ebene höher oder gleichwertig mit den Qualifikationen 2013 und 2015 über die DJJM?

Sozialverträglich ist sie oft nur im ersten Moment, kommt sie anderen Hunden zu nah, überlegt sie es sich öfter mal anders und wird zur Zicke. Beweglichkeit und Grundschnelligkeit sind auf jeden Fall gut, ohne das würden uns gerade die Agility-Läufe deutlich schwerer fallen.

Für ein Training ist sie immer gern zu haben. Alles in allem ist sie ein lernwilliger, lauf- und spielfreudiger Sporthund. » Edana scheint extrem belastbar zu sein, wird seit Jahren, wie in Oberhausen auch, parallel im IPO- und Agilitybereich geführt. Werbeanzeige

Diese Sparte sehen wir mehr als Ausgleich. Unser Hauptaugenmerk lag immer auf der Ausbildung im IPO.

Michelle Seul: Für mich haben beide Veranstaltungen bezüglich der Qualifikation denselben Stellenwert.

Die Grundausbildung war in beiden Sparten natürlich sehr intensiv, wir waren viel unterwegs, haben nicht nur in der Ortsgruppe selbst trainiert, sondern auch Seminare besucht und mit befreundeten erfahrenen Hundesportlern geübt. Das war sehr zeitintensiv.

Die DJJM ist für Jugendliche natürlich super, weil sie eine zusätzliche Möglichkeit bietet, ein Ticket für die Siegerprüfung zu lösen.

Aber grade seit meinen Abiturprüfungen und jetzt während des Studiums ist das Training in dieser Intensität gar nicht mehr möglich. » Ihr wart jetzt zusammen 4x auf der BSP im IPO-Bereich dabei, das ist öfter als die meisten anderen 72

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2014 konnten wir nicht daran teilnehmen, weil meine Hündin kurz zuvor Welpen hatte. Dieses Jahr haben wir das Treppchen auf der DJJM leider knapp verpasst, weshalb wir in beiden Jahren den Weg über die LGA gegangen sind. Klasse ist natürlich auch, dass man, wenn man über die Jugend qualifiziert ist, nicht vom Starter-Kontingent der Landesgruppe abgeht.


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IPO » Auf der BSP hattet ihr dreimal Probleme in der Fährte (2x M, 1x B). Woran lag das Deiner Meinung nach und was hast Du geändert in der Ausbildung oder Vorbereitung, dass es in diesem Jahr zu tollen 95 Punkten gereicht hat? Michelle Seul: Im ersten Jahr waren wir in einer Fährtengruppe, in der viele, auch erfahrene Hunde, große Probleme beim Suchen hatten. Hier lag es wohl am Gelände. Zwei Jahre hatten wir Probleme mit den Gegenständen und der Motivation beim Hund, der genau zu wissen schien, dass heute Prüfung ist.

die auf den Siegerprüfungen auftraten, sodass es schwierig war, hier gezielt zu üben.

den Übungen, zum Entsetzen mancher Trainingskollegen, zur Auflockerung schon mal ein paar DogDancing-Elemente ein.

» In der Unterordnung bringt ihr seid Jahren konstant sehr gute Leistungen. Wie arbeitest Du mit Edana, um die Konstanz zu erreichen und die steigenden Anforderungen zu erfüllen?

So bereiten wir uns auch auf den Veranstaltungen am Start für die Unterordnung vor, ein paar Kunststückchen sind da schon fast Ritual und eine gute Grundlage für die Arbeit in der Unterordnung.

Michelle Seul: Die Grundausbildung war hier, denke ich, sehr wichtig. Hier haben wir die Positionen und die Übungen genau erarbeitet. In den letzten Jahren haben wir dann versucht, Kleinigkeiten zu verbessern

» Wie lief der BSP in dieser Sparte 2016, wo hast Du die Punkte verloren und wie hat Edana ihren Trainingsstand umgesetzt?

Michelle Seul: Die Unterordnung hat mir dieses Jahr total viel Spaß gemacht. Edana war von Anfang bis Ende motiviert, hat alle Übungen umgesetzt und ich hab das Holz über Hürde und Wand bekommen. Zwar haben wir 10 Punkte verloren, damit war allerdings teilweise zu rechnen. Kleinigkeiten wie das schnellere Ablegen bzw. Stehen oder das Anstoßen beim Apportieren konnten wir nicht mehr bzw. wollten wir im Training nicht um „jeden Preis“ rausarbeiten. Insofern alles super.

»

Abstammung Edana

Vaterlinie

Phalko vom Weinbergblick

Cherokee vd Wölfen & Ines v Weinbergblick Sirk v Belchen & Pet vd schwarzen Nister

Bess vom Severusbrunnen Mutterlinie

An den theoretischen Fähigkeiten lag es in keinem der Jahre. Edana ist prinzipiell ein sehr guter Suchhund, der sich auch durch die schwierigsten Fährten kämpft. Im Training zeigten sich selten die Probleme,

und Fehler auszubügeln, die sich mit der Zeit eingeschlichen haben. Edana ist eine Hündin, die nicht jeden Tag gearbeitet werden muss. Sie freut sich über Trainingseinheiten, allerdings sollte man nicht übertreiben. Wir gestalten die Übungsstunden abwechslungsreich, ohne Prüfungsschemen und bauen zwischen

Foto: pics4dogs.eu/Jan Redder

Dieses Jahr haben wir das Training nochmal etwas umgestellt und ich war kurz vor der BSP im Urlaub, vielleicht war das Auslöser für die gute Fährte.

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» Im Schutzdienst habt ihr 85 Punkte erreicht, was 5 Punkte mehr gegenüber dem Vorjahr sind, aber 6 weniger gegenüber 2014. Was wurde in Oberhausen zum Abzug gebracht und wie warst Du mit Edanas Leistung zufrieden?

auf neu aufgebaut. Aber die Mühen haben sich gelohnt. Heute kann ich sie unvorbereitet auf jedem Platz vorausschicken und mir sicher sein, dass sie zielstrebig geradeaus läuft. Auch ich hatte viel zu lernen, wie etwa im richtigen Moment passend einzuwirken. Zwar hatte ich schon Erfahrung während Caschas Ausbildung sammeln können, doch Edana forderte aufgrund ihrer trieblichen Veranlagung ganz andere, viel konsequentere Trainingsmethoden.

Michelle Seul: Im Schutzdienst haben wir uns ein bisschen mehr erhofft. Problem war, wie fast immer, das Verbellen, das ist bei dieser Veranstaltung einfach nicht ihr Ding. Sie ist eben ein Beutehund und tut sich etwas schwerer, Aggressionen zu zeigen. Auch die Bewachungsphasen hätten intensiver sein müssen. Dafür war ich mit ihrer Griffarbeit total zufrieden. Im Vorjahr war die Kombination von Läufigkeit und hochsommerlichen Temperaturen nicht vorteilhaft. Ansonsten arbeitet Edana konstant.

Michelle Seul: Wie gesagt, am Anfang dachte ich, wir werden nie ein gutes Team im Agility. Ich konnte mich nicht voll auf Edana verlassen und oft waren wir uns auch nicht einig, wie wir die Parcours bewältigen sollen. Hier war ich allerdings ein bisschen zu verwöhnt von meiner alten Hündin Cascha, die vom Typ ganz anders war. Sie verlangte 74

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Foto: pics4dogs.eu/Sepp Grüters

» Edana gehört zu den schnellsten Schäferhunden der Agility-Szene. Schnelligkeit bedeutet aber auch gute Kontrolle, wenn man vorn mitlaufen möchte. Lässt Deine Hündin sich gut führen oder gibt’s da auch schon mal Probleme?

» Wie oft trainierst Du?

Michelle Seul, 21, macht Hundesport seitdem sie laufen kann. Sie hat bisher einen Pudel im Agility ausgebildet und zwei Deutsche Schäferhunde auf dualer Schiene im IPO- und Agilitybereich.

einen ganz anderen Führstil als Edana. So hat es etwas gedauert, bis wir uns einander angepasst hatten. Mittlerweile lässt sie sich super führen. » In welchen Bereichen der Ausbildung (IPO und AGI) hattest Du mehr Schwierigkeiten und in welchen weniger? Michelle Seul: Im IPO hatte ich größere Probleme. Zum Einen dadurch bedingt, dass unsere Ansprüche hier ganz andere warenund zum Anderen dadurch,

dass man insbesondere im Schutzdienst immer auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Dies bringt natürlich terminliche Schwierigkeiten mit sich, da auch die Schule nicht zu kurz kommen durfte. Dann gab es Schwierigkeiten bei einigen Übungen. Edana hat meistens sehr schnell gelernt, dabei aber manchmal auch Falsches verknüpft. Hier mussten wir erst einmal herausfinden, welcher Weg für uns der richtige ist. So haben wir zum Beispiel das Voraus mehrfach von Grund

Michelle Seul: Bedingt durch mein auswärtiges Studium war das Training zweigeteilt. Zur Vorbereitung auf die diesjährige Siegerprüfung habe ich zweimal unter der Woche für Schutzdienst und Unterordnung trainiert, zum Teil im Stadion. Am Wochenende bereitete ich mich dann auf Fährte und Agility vor. » Wie sehen Deine Ziele für 2017 aus? Michelle Seul: 2017 lasse ich es aus hundesportlicher Sicht etwas ruhiger angehen. Mit der Teilnahme an der BSP in diesem Jahr hat Edana ihre „IPO-Karriere“ auf überregionaler Ebene beendet. Den Start im Agility werden wir nochmal in Angriff nehmen. Ab nächstem Jahr dann aber leider nicht mehr bei der Jugend. Aber im Kreise der Erwachsenen hast Du Dich ja in den letzten Jahren auch schon behaupten können. Ich wünsche Dir also weiterhin viel Erfolg! ▪



"Es war erstaunlich, wie sich der Hund auf das kleine Kind eingelassen hat. Bridie lief ihren Weg und der Hund folgte entsprechend." Susanne Schlathรถlter

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Die Kleinste Ganz dicht bei den Großen Bridie Schlathölter brachte mit 9 Jahren als jüngste Teilnehmerin der VDH Deutschen Meisterschaft im Agility 2016 viele zum Staunen TEXT: KATJA PETERS │ FOTOS: pics4dogs.eu/SEPP GRÜTERS

M

it vier Jahren stand Bridie Schlathölter das erste Mal auf dem Hundeplatz. Und das war kein Zufall. Schon ihre beiden Geschwister sind dort groß geworden, angesteckt vom AgilityVirus ihrer Eltern. Die Familie ist seit gut 10 Jahren fast jedes zweite Wochenende, häufig auch mit dem Wohnwagen, unterwegs zu Turnieren und Qualifikationsläufen. Ausschlaggebend war 2001 ein Besuch der Rassehundeausstellung in Dortmund, wo die Familie auf der Suche nach einem Familienhund war. „In einer Showpause sahen wir eine junge Frau mit einem schwarz-weißen Hund, der auf Kommando über Geräte sprang. Da war für uns direkt klar, das wollen wir auch“, erinnert sich Susanne Schlathölter. »

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Sie entwickelte ihre eigene Motivation und, wie sollte es anders sein, auch den Wunsch nach einem eigenen Hund. Und so zog 2014 die kleine Sheltie-Dame „Hicks“ bei den Schlathölters ein. Bridie hat sowohl den Hund als auch den Namen selbst ausgesucht, füttert den Hund jeden Tag und geht, mit Begleitung, wenn es die Zeit zulässt, freiwillig spazieren.

Im Slalom wieselflink: Bridie & Boomer

Und schon ein Jahr später zog ein Border Collie in Sevelen ein und fortan verbrachten die Schlathölters viel Zeit im Verein und übten fleißig am Gehorsam. 2004, nach der Begleithundeprüfung, nahmen sie „so aus Spaß“ an einem Agility-Training teil und waren sofort begeistert und infiziert von diesem Sport. Auch die Kinder zeigten schon früh Interesse an den Hunden, von denen es inzwischen 7 gibt und so mussten diese zu Übungseinheiten mit Mike, Phoebe und Bridie im Garten oder auch auf dem Hundeplatz antreten.

Letztere lernte die ersten Schritte mit Border Collie-Hündin Quenny. Die beiden bildeten ein Superteam. Ein großes Vorbild für Bridie ist ihre vier Jahre ältere Schwester Phoebe. Trotz Abstecher zur DLRG oder zum Reiten, die große Schwester blieb immer Idol. Die hatte mit ihrem eigenen Sheltie mittlerweile erfolgreich an Deutschen und Junior-Europa-Meisterschaften teilgenommen und ihr Zimmer mit Pokalen und Medaillen geschmückt. Das wollte Bridie auch.

Auch für die Begleithundeprüfung hat sie mit viel Enthusiasmus trainiert und diese mit Bravour abgelegt. Selbst die Sachkunde war kein Problem, auch wenn die Richterin die Fragen vorlesen musste, weil Bridie noch nicht richtig lesen und schreiben konnte. Damit sie in der Vorbereitungszeit von Hicks auch schon Wettkampferfahrung sammeln kann, führt die 9-Jährige seit letztem Jahr Mamas Rüden Boomer. Der 3-jährige Sheltie hatte schon immer eine ganz besondere Bindung zu Bridie. Überall wo sie war, war auch Boomer nicht weit. Sie trainieren einmal die Woche im Hundesportzentrum Nordrhein-Westfalen in Wülfrath bei Tobias Wüst. Neues lernt sie beispielsweise auch bei Seminaren von erfahrenen Agility-Läufern.

Die große Schwester als Vorbild: Phoebe & Lufefe

"Es war erstaunlich, wie der Hund sich auf das kleine Kind eingelassen hat. Bridie lief ihren Weg und der Hund folgte entsprechend. Wenn das Kind mal nicht schnell genug nachkam, wurde halt gewartet. Ob vor der Hürde, auf der Wand oder auch am Steg. Es ist immer schön zu sehen, wenn Kinder einfach unbedarft laufen und dabei enormen Spaß haben." Susanne Schlathölter

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Tobias Wüst (FCI-Weltmeister 2016) „Bridie ist 9 Jahre und trainiert seit 2,5 Jahren bei mir. Sie hat großes Talent und ein tolles Gefühl für ihren und auch für andere Hunde. Sie trainiert mit Leidenschaft bei mir und ich schätze ihre Zukunft im Hundesport als eine sehr gute ein. Im Training läuft sie dieselben

Parcourse wie die Erwachsenen und bekommt dasselbe Lob und dieselbe Kritik wie diese! Natürlich habe ich anfangs die Aufgaben so gestellt, dass die Frustration nicht zu groß wurde und natürlich gibt es Enttäuschungen. Die gehören dazu. Ich denke, anfangs war es schwierig für sie, aber sie kann heute recht gut damit umgehen.“ Echte Agilityfamilie: die Schlathis

„Aber wenn ich Zeit habe und das Wetter gut ist, dann übt Papa auch mit mir“, freut sich Bridie über die gemeinsame Zeit mit Papa Dirk. Und das „Gesamt-Paket“ scheint zu fruchten. Denn wer die kleine Rheinländerin schon einmal im Parcours gesehen hat, der wird erstaunt sein, wie routiniert sie den Hund führt und schon konsequent die Fehler korrigiert. Für sie gibt es keine Angstpassagen. Wechsel vor oder hinter dem Hund, Belgier oder Franzose – alles scheint ihr in Fleisch und Blut übergegangen zu sein.

Bridie & Boomer

Und der Erfolg gibt ihr Recht. Im vergangenen Jahr wurde sie mit Boomer Vizesiegerin bei der DVG-Bundesjugendsiegerprüfung und war auch für die VDH Deutsche Meisterschaft qualifiziert. Bei beiden Veranstaltungen war sie die jüngste Starterin und

hinterließ bei einigen Erwachsenen offene Münder ob ihrer Routine und Platzierungen. Hoffentlich auch in diesem Jahr. Denn das große Ziel von Bridie ist die Teilnahme an der Junior-Agility-Europameisterschaft. In Bettemburg, Luxemburg, will sie im Juli nicht nur wie in den Vorjahren als Maskottchen und Fan dabei sein, sondern mit der Deutschlandfahne und Boomer als Starter einmarschieren. 10 bestandene Prüfungsläufe (A-Läufe) müssen die Kinder und Jugendlichen vorweisen. Das Team aus Nordrhein-Westfalen hat schon einige in der Tasche und wird auch die restlichen sicher noch schaffen. Denn auf jedem Turnier rennt sie wie der Teufel, setzt das Gelernte einfach in die Tat um und der Hund folgt. Wahnsinn! ▪ Werbeanzeige

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ie Kombination von Technik und Tempo macht heute das "Salz in der Suppe."

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Nicole MĂźnker

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Hochleistungssport Agility Was als "Stangenhüpfen" und als Pausenfüller begann, ist heute eine der beliebtesten und rasantesten Hundesportarten weltweit. TEXT: GERLINDE DOBLER │ FOTOS: pics4dogs.eu/CONSTANZE RÄHSE

ei der Crufts Dog Show 1977 wurde ein „Pausenfüller“ gebraucht. Der Brite Peter Meanwell entwickelte daraufhin, inspiriert vom Pferdesport, ein Springturnier für Hunde als Wettkampfform. Gemeinsam mit zwei Hundevereinen erfand und baute er einen geeigneten Parcours, indem er neben Sprüngen weitere Geräte erwarf und ein erstes Regelwerk definierte. Neben Hürden mit Stange oder Bürste gab es einen Reifen, eine Kletterwand, einen Tunnel und einen Slalom, dessen Stangen oben, wie beim Skifahren, ein Fähnchen hatten. Ein Tisch stand inmitten des Parcours und diente als Start und Ziel. Der Steg hieß anfangs noch „Catwalk“, wurde erst im Folgejahr sinnvollerweise in „Dogwalk“ umbenannt. Zusätzlich gab es eine Wendestange und einen Fenstersprung, der aber aufgrund der Verletzungsgefahr schnell abgeschafft wurde. In beiden Vereinen wurde über das Jahr abwechselnd unter verschiedenen Bedingungen trainiert und im Folgejahr kam es zur ersten Präsentation dieser beiden Mannschaften in der neuen Sportart auf der Crufts 1978. Die Begeisterung des Publikums war riesig, der Entschluss, dies im nächsten Jahr auch fortzuführen, schnell gefasst. Diesmal waren sogar Ausscheidungskämpfe im Vorfeld nötig, um die drei besten Teams präsentieren zu können. Die Entwicklung, die diese Sportart dann genommen hat, ist unglaublich. Im Grunde geht es darum, den Hund die verschiedensten Hindernisse in ständig wechselnder Reihenfolge überwinden zu lassen, um Führigkeit, Geschicklichkeit und auch Schnelligkeit zu erproben. Das oberste Gebot ist Disziplin, man will aber auch Harmonie von Hund und Hundeführer sehen. Ein Parcours setzt sich aus den beschilderten Hindernissen zusammen, die ihm je nach Aufstellung und dem Verlauf der Strecke seine Eigentümlichkeit geben, ihn mehr oder weniger kompakt, schnell oder langsam machen. Der Verlauf der Strecke ist am Wettkampftag ganz der Phantasie des Richters überlassen, der als einzige Vorgabe aus dem Reglement zwei Richtungswechsel zu berücksichtigen hat.

Die Strecke darf, je nach Prüfungsstufe, zwischen 100 bis 200 Meter lang sein und alle Geräte müssen auf einem Feld mit der Mindestgröße von 20 x 40 Meter aufgebaut sein. Eine Prüfung ist aufgeteilt in den sogenannten A-Lauf und den Jumping-Lauf. Die Geräte Schrägwand, Laufsteg und Wippe sind sogenannte Kontaktzonengeräte, die nur im A-Lauf stehen. Ein Jumping-Parcours kann also wahnsinnig schnell absolviert werden, ist aber auch fehleranfälliger.

Foto: privat

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Foto: Solche „mittelalterlichen“ Buschhürden gibt es schon lange nicht mehr

In den 1980er Jahren kam Agility nach Deutschland. Die erste Prüfung auf deutschem Boden fand in der SV-OG Darmstadt 08 statt. Danach entwickelte sich Agility schnell in allen Verbänden als Selbstläufer. In den Anfangsjahren war Agility noch ein Breitensport, der für jedermann und jede Hunderasse geeignet war. Im Grunde ist das heute auch noch so, aber eben nur im Grunde. Die Sprunghöhe in der Maxiklasse war damals 70 bis 75 cm, die Kontaktzonengeräte Steg und Wippe waren 40 cm breit. Es gab noch einen Wassergraben zu überwinden und auf dem Tisch, der als Haltezone diente, musste der Hund noch Übungen, wie "Sitz", "Platz" oder "Steh" ausführen. Die Laufzeiten lagen so um die 2,50-2,80 m/s. » working-dog-magazin

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Zwischen der Erstellung der Parcourspläne liegen 10 Jahre, der Unterschied ist deutlich sichtbar. Beides sind A3-A-Läufe, linsk von Ulrich Hubertus anläßßlich der VDH-Agility-Deutschen Meisterschaft 2003 und oben von Alex Beitl von einem Turnier in Ungarn 2013

Im Zuge der Entwicklung wurden die Parcoure technisch aufwendiger, die Sprunghöhe niedriger, die Hunde schneller. Laufzeiten im A-Lauf von 6 m/s sind heute keine Seltenheit. Agility ist ein Hochleistungsport geworden und wer da konkurrenzfähig sein will, braucht schnelle, wendige Vierbeiner. Dadurch ist leider auch die Rassevielfalt verschwunden. 80% Border Collies in einem Wettbewerb sind heute fast die Regel. Große schwerfällige Hunderassen sind absolut chancenlos und auch die Belgischen und Deutschen Schäferhunde bilden nur noch eine Minderheit. Vertreter dieser Rassen müssen, wenn sie "oben" mitlaufen wollen, nicht nur klein und wendig sein, sondern einen laufstarken Hundeführer haben, der in der Lage ist seinen Hund auch top auszubilden. Eine gehobene Ausbildung ist heute wichtiger denn je. Früher war diese nicht so entscheidend. In den Anfängen liefen die Hunde grundsätzlich links geführt mit den Kommandos "fuss" - "Hopp" ... Wechsel zwischen den Geräten waren unnötig. Die Parcours waren so gebaut, dass man keine Wechsel benötigte. In den heutigen Parcours kommt man ohne "Franzosen", "Belgier", "Ketschker", "Remo" und wie sie alle heißen nicht mehr ans Ende. Heute gilt es, den Laufweg seines Hundes optimal zu gestalten und den Hund 82

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möglichst nicht in diesem zu behindern. Da die Geräte nicht hintereinander stehen, sondern der zuständige Leistungsrichter sich Gedanken macht über Schwierigkeitsgrad etc.… sind Wechsel des Hundeführers vor, nach oder hinter dem Hund unabdingbar. Um einen optimalen Weg zu finden, gibt es vor dem Wettkampflauf eine Parcoursbegehung durch den Hundeführer, der, je nach Starterfeld, 5 bis 7 Minuten, Zeit hat, die Tücken und Laufmöglichkeiten zu erkennen und seinen Weg zu finden. Was bedeutet das jetzt im Klartext:

"Agility ist kein Tonnenhüpfen mehr, sondern ein hochspezialisierter Hundesport, in dem 100stel Sekunden über Sieg und Niederlage entscheiden." Ein halber falscher Schritt kann das AUS bedeuten, eine Stange fällt auch schnell und die Kontaktzone muss erst getroffen werden. Im gehobenen Segement konkurrenzfähig zu sein, benötigt heute Top-Hundeführer, die nicht nur läuferisch dazu in der Lage sind, mit ihren schnellen Hunden mitzuhalten, sondern auch technisch einwandfrei führen können, ohne ihre Hund dabei kaputt zu machen. Bei den Geschwindigkeiten, die die Hunde heute laufen, muss das "Gesamtpaket" sehr gut ausgebildet sein. Um an Qualifikationen für überregionalen Meisterschaften zu kommen, liegen die Hürden recht hoch. Sechs Turniere im Jahr zu laufen, reicht nicht mehr aus. 20-30 Turniere sind für den Agilitysportler recht normal. Bei durchschnittlich 14 € Startgebühr und den erheblichen Fahrkosten sieht man, dass Agility auch nicht gerade preiswertes Hobby ist. Derzeit laufen Bestrebungen eine sogenannte Master-Klasse einzuführen, in der die Qualifikationen für die FCI-Weltmeisterschaft erlaufen werden können. Damit würde man von die Leistungssportler von den ‚Normalos‘ trennen. Ob das Sinn macht, wird die Zukunft zeigen.


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Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

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Nicole Münker (Deutsche Meisterin Agility 2010, Co-Trainerin im HSZ NRW in Wülfrath)

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Fotos: Saefty first! Die Entwicklung der Geräte ist heute deutlich sichtbar

Nicole Münker mit Reni vom Strothetal auf der SV-BSP 2009

Agility heute ist kein Sport für Langweiler, sondern ein Sport, bei dem alle Beteiligten immer mehr gefordert werden. Die Entwicklung wird weitergehen, auch wenn das heute nur schwer vorstellbar ist, denn das Niveau und die Leistungsdichte sind ja heute schon enorm. ▪

„Mit dem Deutschen Schäferhund Esprit (Reni vom Strothetal) bin ich im VDH Deutsche Meisterin geworden, was eigentlich damals schon „besonders“ war, weil die Rasse leider mit dem Fortschritt des Sportes nicht mithalten konnte. Reni war ein Ausnahmehund bezüglich Gebäude, Schnelligkeit, Triebverhalten und vor allem Gesundheit. Diese vier Kriterien sind heute gerade im Agility extrem wichtig, wenn man konkurrenzfähig sein möchte. Ich bin also schon sehr lange im Agility aktiv und habe die unheimlich krasse Entwicklung sozusagen hautnah miterlebt. Agility ist sehr viel technischer geworden. Die Stellung der Geräte sogar in der A1 ist heute schon recht anspruchsvoll und fordert gute Führung und Geschwindigkeit gleichermaßen. Spezielle Führtechniken, ein individuell auf den Hund angepasster Geräteaufbau und die Suche nach der Ideallinie spielen heute im Sport eine erhebliche Rolle. Agility ist professioneller geworden, d.h. durch die ganzen Trainingszentren, die von Top-Sportlern betreut werden, ist gute Ausbildung nicht mehr von dem Glück, ein gutes Umfeld zu haben, abhängig, sondern jeder kann davon profitieren, weil sie für jedermann zugänglich

ist. Das bringt sehr viele Sportler auf ein höheres Niveau, was sich auf Turnieren dann stark bemerkbar macht. War früher im Winter Pause, stehen heute Hallen zur Verfügung, die ganzjährig Training möglich machen. Die Agilitygeräte haben sich enorm entwickelt. Gab es noch vor 10 Jahren unbeschichtete Holzgeräte, die rutschig für die Hunde waren, so stehen heute antirutschbeschichtete Geräte auf dem Platz, Safety-Reifen, Stangen mit „Sollbruchstellen“ und fast ausschließlich noch Metallhürden. Die Sicherheit der Hunde ist immer mehr in den Vordergrund gerückt. Die Leistungsrichter haben sich entwickelt. Sie sind heute viel kreativer, meist selbst aktiv und haben dadurch Ideen, suchen die Herausforderung im Schwierigkeitsgrad. Die Hunde haben sich entwickelt. Border Collies waren schon immer in diesem Sport die bevorzugte Rasse. Trotzdem war die Rassevielfalt früher höher. Immer mehr Hundeführer haben die Vorzüge der eigentlichen Hütehunde erkannt. Auch sind diese heute Spitzensportler, die physiotherapeutisch betreut werden. Das gab es früher auch nicht."

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gut trainiert ist halb gewonnen Trainingsparcours zum Nachbauen von aktiven Agilitysportlern und Richtern

In dieser Ausgabe: ein A3-Trainingsparcours von Richter Oliver Gustke

J Foto: privat (Mario Hopfer)

eder kennt das: man steht am Parcoursrand und schaut dem Richter beim Abradeln des Parcours zu, um möglichst frühzeitig den Weg zu erahnen. Manchmal klappt es, manchmal könnte man noch `ne Stunde da stehen. ... Eigentlich ist es doch ganz einfach, oder? Einfach nur den Zahlen nach ... Aber wie die Sequenz führen? ... Oder die da hinten? ... da, schon wieder so ein verzwicktes Eck ...

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Ausschlaggebend dafür, wie ein Parcours bewältigt werden kann, ist nicht nur ein Kriterium, es sind mehrere Faktoren, die wichtig sind. Optimal wäre es, wenn sowohl Hund als auch Hundeführer perfekte Voraussetzungen mitbringen, körperliche wie geistige. NUR, wer kann das schon von sich und seinem Teampartner behaupten? Perfekt ...


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Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Fotos: Oliver Gustke mit Kofi

Oft macht man sich viel zu viele Gedanken über optimale Linien, enge Bögen, wie komm ich vor den Hund ... Beim Lauf stellt man dann oft ganz schnell fest: „Sch... der Hund ist ja gar nicht da ...“ – Was nun? Einfach nicht so kompliziert denken:

Es ist schon lange nicht mehr „IN“, nur VOR dem Hund zu sein.“ Ein kleines Beispiel anhand des Parcours auf der Abbildung. Viele werden jetzt sagen „doch easy“. Das dachte ich auch beim Entwerfen. Dann kam die Parcoursbegehung und ich sehe nur noch Fragezeichen ... Schon die Passage 1 bis 4 scheint ein echtes Problem zu sein. Es wird darüber gerätselt, ob Belgier oder Franzose zwischen 2 und 3 oder doch oberhalb der 2 abrufen, um den Hund dann brutal zur 3 zu schieben ... Oder doch hinter dem Hund bleiben? Eigentlich ist nur entscheidend, in welchem Winkel der Hund über die 2 zur 3 kommt. Optimal wäre im rechten Winkel zur 3, noch etwas angestellt zur 4 und den Hund solange begleiten, wie es für diesen notwendig ist. Arbeitet der Hund die 4 alleine, ist die 5 kein Problem. Muss man ihn bis zum Tunnel begleiten, ist das Laufvermögen des Hundeführers gefordert. In der Sequenz 6 bis 9 sind drei Wege denkbar:

◉ Oliver Gustke macht Agility seit 10 Jahren, hat bisher 3 Hunde geführt; er war Teilnehmer der German Classics und der dhv Deutsche Meisterschaft; seit 2013 ist er Richter ◉ Kofi heute 6 Jahre Rasse: Australian Shepherd Agility-Stufe: A3

Der Hundeführer läuft links an der Wand vorbei, der Hund über die Hand zur 8, dann zur 9 links an der Wand wieder hoch. Der Hundeführer läuft links an der Wand vorbei, macht nach dem Tunnel den Franzosen zur 8, führt weiter links zur 9 an der Wand wieder hoch. Der Hundeführer läuft rechts an der Wand vorbei, dreht sich an der 8 mit und links an der Wand wieder hoch. Bei der Sequenz 9 bis 13 ist lediglich der Weg von der 10 zur 11 zu beachten. Durch die leichte Schrägstellung der 11 zur 10 und den flachen Winkel von der Wand zur 10, muss man hier dem Hund nach der 10 Platz lassen, ansonsten wird die 11 von der falschen Seite zur Verleitung. Ziel der Sequenz 13 bis 17 ist es, möglichst auf die rechte Seite des Laufstegs zu gelangen, um in der Folgesequenz schon gut positioniert zu sein. Dafür schicken wir den Hund durch den Tunnel 14 und laufen in gedachter gleicher Linie zum Hund, links an der 15 vorbei. Zwischen 15 und 16 würde ich einen Franzosen machen, aber auch ein Belgier ist nicht verkehrt. Es ist an dieser Stelle nicht sinnvoll, den Hund besonders eng aus dem Tunnel zu rufen: Läuft der Hund etwas weiter aus dem Tunnel, ergibt sich die Linie zum Steg von selbst. Für die Schlusssequenz 17 bis 20 ist es wichtig, dass man die 17 konsequent anführt, ansonsten verabschiedet sich so mancher Hund auch gern mal über die 19.

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Traingsfleiß und EIN Quäntchen Glück Josef Kötting wird mit seiner "Königin" SV-Bundessieger und Weltmeister 2016 TEXT & FOTOS: CONSTANZE RÄHSE

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ach 2010 zum zweiten Mal Bundessieger - damit ist für Josef Kötting ein Traum in Erfüllung gegangen. „Einmal den Titel zu holen, ist schon etwas Besonderes. Somit war ich 2010 schon am Ziel meiner Träume, als ich mit Djunar von der Ottensteiner Festung Bundessieger geworden bin. Dass ich das in diesem Jahr mit Lynn noch einmal geschafft habe, ist schon sensationell.“

Es waren drei aufregende Tage in Oberhausen für den Hundeführer, der sich der Stärke seiner Hündin bewusst war, aber auch der Tatsache, dass eine Stange schnell mal fallen kann. Im Vorjahr war genau das gleich im ersten Lauf passiert. Und Josef erinnert sich genau, wie enttäuscht er war. In Oberhausen gelang es ihm, in der schnellsten Zeit den A-Lauf zu gewinnen und damit einen perfekten Start hinzulegen. Den Schwierigkeitsgrad des Parcours schätzte er als angemessen für eine Bundessiegerprüfung ein. „Der Knackpunkt für uns war der Abgang vom Steg und die „Welle“ danach. Lynn neigt schon mal dazu, die Kontaktzone zu überspringen und dann kann ich die nächsten Hindernisse nicht richtig führen. Aber das hat gut geklappt und ich war sehr zufrieden und durchaus erleichtert, dass der erste Tag geschafft war.“ Das erste Jumping am Folgetag war für ihn der schwerste Parcours an den drei Tagen, weil er ihn einfach

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nicht in den Kopf bekam. „Am Anfang und Ende mussten die einzelnen Hindernisse der gleichen Hindernisfolge jeweils von der anderen Seite genommen werden. Ich hatte Angst, das zu verwechseln.“ Hoch konzentriert meisterte er aber auch diese Schwierigkeit und verteidigte seine Führungsposition mit einem sehr schnellen und fehlerfreien Lauf, um am Finaltag als letzter ins Rennen zu gehen. Am Sonntag wurden die Nerven aller Hundeführer, die noch aussichtsreich im Rennen lagen, auf eine harte Probe gestellt. So natürlich auch die von Josef, der aber nach der Parcoursbegehung wusste: „Das ist UNSER Parcours!“

In diesem Jahr hatten wir das nötige Quäntchen Glück, das man halt braucht. Wir haben viel trainiert und uns auf die Parcourseigenschaften des Richters eingestellt. Ganz besonders auf die großen Abstände, die auf der BSP immer gestellt werden und auf die Sprünge von außen, die der Richter Heldt gerne aufbaut.“ Josef und Lynn absolvierten den Finallauf souverän und wurden verdient mit der zweitschnellsten Gesamtzeit und leerem Strafpunktekonto Bundessieger 2016! »


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Doch damit nicht genug. Das Team konnte diesen tollen Erfolg sogar noch toppen: In Meppen gewannen beide drei Wochen später auch den DSH-Worldcup und so setzte Josef seiner „Königin“ die Krone auf! Weltmeister! Josef Kötting macht seit 15 Jahren Hundesport, trainiert dreimal in der Woche Agility in seinem Verein, der SV OG Gescher, in der er sich auch als 1. Vorsitzender engagiert. Zusätzlich macht er mit Lynn auch IPO-Sport, aber nur zum Ausgleich und ohne Prüfungsgedanken. In den letzten fünf Jahren hat er darüber hinaus einmal wöchentlich im HSZ Wülfrath bei Tobias Wüst trainiert. „Er ist, wie sicher bekannt, einer der erfolgreichsten und besten Trainer, die wir in Deutschland haben. Nachdem ich erkannt habe, welch großes Talent Lynn für diesen Sport hat, habe ich erst einige Seminare bei Tobias absolviert und dann einen Platz bei ihm im Hundesportzentrum gebucht.“ Das Training bei Tobias Wüst hat Josef mittlerweile eingestellt. „Der Zeitaufwand und die vielen Kilometer im Auto waren doch sehr anstrengend. Sicher wäre ich ohne Tobias aber nicht so erfolgreich! Unser Verein hat auch davon profitiert, da ich meine Erfahrungen weitergeben konnte.“ Mit Lynn hat Josef eine sehr schnelle und wendige Vertreterin ihrer Rasse, die alles mitbringt, was ein Hund braucht, um im Agility erfolgreich zu sein. Diese tolle Veranlagung ist laut Josef aber schon lange keine Ausnahme mehr in der Agility-Schäferhundeszene. Da gibt es mittlerweile einige schnelle Hunde. Trotzdem wechseln viele Agilitysportler zu anderen Rassen. Für Josef kommt das nicht in Frage. Der 58-Jährige ist mit Schäferhunden aufgewachsen. „Wir hatten immer diese Rasse und das hat mich geprägt. Ich mag den Deutschen Schäferhund sehr und kann mir nicht vorstellen, eine andere Rasse zu führen. Andere Sportler wechseln die Rasse, weil sie vielleicht glauben, mit schnelleren, kleineren Hunden größere Erfolge zu erzielen. Ich denke, da klaffen aber oft Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander.

Agility ist Teamsport und da sollte man schon zusammenpassen.“ Bei aller Liebe zum Deutschen Schäferhund muss Josef dennoch einräumen, dass dieser im Parcours aufgrund seiner körperlichen Gegebenheiten Nachteile im Vergleich zum Border Collie hat. „Das ist genetisch bedingt. Er wird die Schnelligkeit der Border Collies nicht erreichen können.“ Josef ist sich sicher, dass die Zeiten, in denen man viele große, sperrige Deutsche Schäferhunde im Agility gesehen hat, die meist aus anderen Sportarten „ausgemustert“ wurden, vorbei sind. „Heute kaufen sich die Agilitysportler viel bewusster ihre Teampartner. Deswegen sieht man immer öfter triebstarke, schnelle, zumeist graue oder schwar88

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Perfekte Läufe 2016 machten den Titel möglich ...

ze Schäferhunde in den Parcours.“ Josef beschreibt seine Hündin als sehr aktiv und bewegungsfreudig. „Sie ist sehr verrückt nach ihrem Ball und beschäftigt sich auch allein. Unsere beiden Hunde laufen viel auf dem Grundstück. Lynn ist oft stundenlang in Bewegung, findet nicht so schnell Ruhe. Sie ist eine sehr grundschnelle Hündin, die immer arbeiten will, ihr Spielzeug fordert und dadurch natürlich sehr gut ausbildbar ist. Auch Futter nimmt sie sehr gut an, sodass ich ein weiteres Hilfsmittel an manchen Stellen zur Verfügung habe.“ Hinzu kommt, dass Lynn nicht nur schnell und wendig ist, sie lässt sich auch sehr gut führen. „Bei dieser Grundschnellig... auf der BSP 2015 lief es nicht so perfekt


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Lynn von der Königin

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Rasse: Deutscher Schäferhund Wurftag: 31.07.2010 - SZ 2256077 Ausbildungskennzeichen: A3 Zucht: Erfolge:

SV-Bundessieger Agility 2016 SV-Worldcup-Sieger 2016

Abstammung Lynn

Vaterlinie

Eliot von Prevent

Hutch vom dunkeln Zwinger & Ronja vom Poppitz Fax v Adelmannsfelder Land & Zariza vd Sandkautschneise

Isidora von der Königin Mutterlinie

DAS Dreamteam: Josef und seine Lynn von der Königin

keit und dem Triebverhalten dauert es halt etwas länger, bis man ein Team ist. „Blindes Verstehen“ und die Sicherheit kommen erst mit der Zeit. Aber umso mehr Spaß macht es dann, wenn man aus eigener Kraft Läufe und Turniere gewinnen kann.“ In Lynns Ausbildung gab es keine größeren Schwierigkeiten. Sie hat alle Geräte sehr gut erlernt. „Lediglich das Überspringen einer Hürde von „außen“ hat uns hier und da mal Probleme bereitet. Besonderen Wert habe ich auf die Ausbildung des Slaloms gelegt. Das ist heute für uns manchmal ein Handicap, denn immer wenn der Slalom in der Nähe ist, möchte sie ihn machen.“ Wie kam es dazu? Die meisten Hunde lieben ja eher den Tunnel. Josef nickt. „Die meisten Hundeführer trainieren als erstes Gerät den Tunnel, weil das ein einfaches, technisch weniger anspruchsvolles Gerät ist und den Hunden natürlich Spaß macht. Sie lieben

ihn und werden von Anfang an positiv darauf geprägt. Lynn hatte anfangs keinen Tunnel. Mit ihr habe ich ziemlich früh die Ausbildung im Slalom begonnen. Sie liebt den Slalom.“ Josef hat sich ganz bewusst so entschieden, da eine gewissenhafte Ausbildung an diesem Gerät sehr wichtig ist. „Und das braucht Zeit. Ich arbeite mit dem Gassenslalom, weil die Methode sehr gut für die Geschwindigkeit ist und den Hund im Lernen nicht überfordert. Man kann damit schon recht früh anfangen und sich Zeit lassen. So habe ich das mit Lynn gemacht. Der Tunnel kam für sie erst viel später.“ Nicht nur was die Ausbildung anbelangt, geht Josef eigene Wege, auch sein Führungsstil unterscheidet sich von anderen. „Viele Hundesportler führen ihren Hund von hinten. Ich versuche, immer vor dem Hund zu sein.“ Was offensichtlich gut funktioniert, denn seine Erfolge geben Josef Kötting recht. Für die Zukunft wünschen wir ihm mit seiner Hündin noch viele tolle Erfolge. ▪

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„Wir haben da bestanden. War nicht hervorragend. Aber für mich war das schon Wahnsinn!“ Roland Schirling

Disziplin, Ehrgeiz und Leidenschaft Diese drei Eigenschaften passen wohl perfekt zu Roland Schirling - Sieger des DMC-FH-Championats 2016 mit Independent Spirit´s Isidora TEXT: MIKE SCHEFFNER │ FOTOS: KURT BUFFEL

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FÄ H RT E

CADO VON DER HOVESTADT ← VDH Deutsche Meisterschaft FH 2008 / 2009 / 2010 / 2011 dhv Deutsche Meisterschaft FH 2010 2009 Sieger RZV Deutsche Meisterschaft FH 2005 / 2007 Sieger 2008 & 2009 & 2010 DVG Bundessiegerprüfung FH Sieger 2008 & 2009 BODO VON DER LAHRSTRASSE ← DVG Bundessiegerprüfung FH 2010 / 2011 INDEPENDENT SPIRIT´S ISIDORA DMC FH-Championat Sieger 2016 DVG Bundessiegerprüfung FH 2016 VDH Deutsche Meisterschaft FH 2017 Platz 4

R

oland Schirling ist in seinem Element, wenn es um das Thema Fährtenarbeit geht. Der Mann mit der roten Nickelbrille und dem Dreitagebart ist sehr freundlich und strahlt Gelassenheit aus. Er lehnt sich zurück in sein Sofa und kommt sofort in Plauderstimmung. Auf den Hund gekommen ist er 1994. Da zog der erste Hovawart bei Familie Schirling ein. Richtigen Hundesport hat er mit ihm noch nicht gemacht. „Nur so´n bisschen Hausfrauensport – Tonnenhüpfen, ein bisschen Unterordnung und hin und wieder Schutzdienst.“ 1997 kam dann die Hovawart-Hündin Edda vom Büssemfeld dazu. Mit ihr hat Roland seine ersten Schritte in der Fährte gemacht. Amüsiert berichtet er, wie er damals von Schleppfährte, über Pflasterfährte bis Beutefährte alles ausprobiert hat. Das war alles noch nicht sonderlich ausgereift, trotzdem gelang es Roland, die Hündin zweimal auf der RZV-FH-DM zu führen. „Wir haben da bestanden. War nicht hervorragend. Aber für mich war das schon Wahnsinn!“ Richtig durchgestartet ist Roland mit Cado von der Hovestadt, genannt Willi. „Da hab ich zumindest die Fehler, die ich bei Edda gemacht habe, nicht wiederholt. Dafür sind mir viele andere eingefallen!“ erzählt er lachend und fügt, nicht ganz ohne Stolz hinzu, dass es mit Willi doch ganz gut gelaufen ist. Das kann man wohl sagen, wenn man dreimal die RZV FH-DM, zweimal die DVG BSP-FH und einmal die dhv FH-Meisterschaft gewonnen hat. Roland neigt zum Understatement und nimmt sich selbst nicht zu wichtig.

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Foto: Kurt Buffel

EDDA VOM BÜSEMFELD ← RZV Deutsche Meisterschaft Hovawarte 2001 / 2004


Abstammung:

Vater: Cato vom Merzbacher Hof Mutter: Bayka vom Schlebuscher Wald

Foto: privat

Cado von der Hovestadt

Rasse: Hovawart Wurftag: 19.04.2002 - VDH 27985-02 Ausbildungskennzeichen: IPO3 (VDH-IPO-DM) / FH2 Zucht: -

Foto: Roland und sein "Willi"

»» Learning by doing ... ... so beschreibt Roland die Ausbildung von Willi. Klar, inzwischen hatte er schon eine Menge „Schubladen Know-how“ angesammelt, aber das passte bei Willi nicht immer. „Er war, für einen Hovawart eher untypisch, sehr, sehr nervig.“ Und so bestand die Kunst nicht nur darin, ihn technisch gut auszubilden, sondern auch herauszufinden, wie man ihn für eine Prüfung so einstellen kann, dass er nicht die Nerven verliert. Aber Roland führte nicht nur Hovawarte, sondern auch den Deutschen Schäferhund Bodo von der Lahrstraße, den er von seiner Frau übernommen hatte. Sein aktueller Hund ist die MalinoisHündin Independent Spirit´s Isidora, genannt Isi. Da gab es bestimmt große Unterschiede bei der Fährtenveranlagung und der Ausbildung der verschiedenen Rassen. Roland zögert kurz, dann schüttelt er den Kopf: „Die wollten alle!“ Allerdings hat bzw. hatte er mit Isi und Willi eher untypische Vertreter ihrer Rasse. Der Hovawart hatte ein schwaches Nervenkostüm, während die Mali-Hündin diesbezüglich so stabil ist, wie Roland es vom Deutschen Schäferhund kennt. Seine Herangehensweise war jedoch schon unterschiedlich. „Bei Willi stand im Vordergrund – du hast einen Hovawart, also musst du da Leben reinbringen. Und das ist dann manchmal vielleicht auch ein bisschen ausgeartet!“ Bei dem Gedanken daran, fängt er an zu lachen. „Bei Isi war mir von vorneherein klar: Wenn du überhaupt mit einem Mali klarkommen 92

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willst, dann brauchst du Ruhe. „Dass Roland mit diesem Wissen gezielt nach einem Mali mit Nervenstärke gesucht hat, liegt auf der Hand. Dennoch glaubt er, dass ein typischer, nervenstarker Deutscher Schäferhund tendenziell die besseren Voraussetzungen mitbringt. „Unsere VDHMannschaft 2017 – das sind nur Deutsche Schäferhunde. Und ich glaube, die DVG-Mannschaft besteht auch nur aus Deutschen Schäferhunden.“ Die Zeit, als Malis auf VDH-Ebene hoch mitgespielt haben, ist schon eine Weile vorbei. Schelmisch grinsend fügt er hinzu: „Aber jetzt komme ja ich!“ Roland findet, dass der Hovawart für die Fährtenarbeit auch sehr gut geeignet ist und eigentlich auch auf VDH-Ebene noch besser wegkommen müsste. Er selbst ist vier Mal mit Willi auf der VDH-FH-DM gestartet. Leider hat es immer nur fürs obere Mittelfeld gereicht (bestes Ergebnis: 2008 in Rheine 7. Platz). Aber wenn er noch mal einen Hund nur fürs Fährten haben wollte (mit Isi macht er auch IPOSport), dann wieder einen Hovawart! »» „Man muss das Futter ja irgendwie in den Hund reinkriegen... “ Rolands Hunde bekommen ihr Futter nicht aus dem Napf, sondern beim Spaziergang und vor allen Dingen beim Arbeiten. Deshalb geht er mindestens das erste halbe, dreiviertel Jahr ein- oder zweimal täglich Fährten. Vom Absuchen von Quadraten oder Geruchsfeldern bei der Aufbauarbeit hält er nicht viel. „Dadurch verliert man nur Zeit. Ich weiß nicht, wo der

Mehrwert zu einer Fährte mit Futter in jedem Schritt ist.“ Stattdessen legt er anfangs drei, vier Ansätze, wobei sich aber nur an einen die Fährte anschließt. Der Hund sucht den Abgang ab, aber dann geht es nicht weiter und Roland führt ihn mit Leckerchen zum nächsten. Beim Treten der ersten Fährten legt er Wert darauf, dass der große Zeh des einen Fußes leicht versetzt an die Ferse des anderen anschließt, so dass ein Pendeln des Hundes von Schritt zu Schritt zustande kommt. Um zu verhindern, dass der Hund zu schnell wird, geht es dabei sehr wenig geradeaus. Stattdessen bestehen die Fährten aus Schlangenlinien, Bögen und Winkeln. Die sind sofort richtig eckig und auch mal spitz. Auch das Überqueren von schmalen Wegen oder Gehwegplatten gehört von Anfang an zum Repertoire. Schließlich sind ja noch Leckerchen in jedem Schritt. Roland bevorzugt bei der Aufbauarbeit Wiese. Der Vorteil ist, dass das Futter nicht so präsentiert daliegt, sondern der Hund muss es sich zwischen den Grashalmen herausholen. Er tritt auch nicht und legt dann das Leckerchen in den Schritt, sondern legt zuerst das Leckerchen und tritt dann drauf. Das hat den Effekt, dass das Futter etwas eingetreten ist und der Hund es nicht sehen kann. »» “Gegenstände müssen früh in die Fährte eingebaut werden.“ Beim Thema, wie bringe ich meinem Hund das Verweisen bei, hat Roland eine klare Maxime: Hauptsache früh! Und Hauptsache früh in die Fährte rein! Nach seiner Erfahrung gibt es


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Independent Spirit's Isidora

FÄ H RT E Rasse: Belgischer Schäferhund (Malinois) Wurftag: 19.02.2012 - VDH/DMC 12/0034 Ausbildungskennzeichen: IPO3 (DVG-BSP) / FH2 (VDH-DM) Zucht: Abstammung:

Vater: Kasper Airport Hannover Mutter: Happyness der Sonne entgegen

viele Hunde, die sehr schön suchen und außerhalb perfekt verweisen können. Bringt man dann beides erst relativ spät zusammen, klappt es bei den Allermeisten aber nicht oder nur schlecht. Das liegt daran, dass man dann zwei konkurrierende Spiele hat und es gewinnt fast immer die Fährte. Wenn der Hund sehr früh lernt, dass beides zusammengehört und gleichwertig ist, dann kommt der Konflikt gar nicht erst auf. Bei Willi und Isi war es so: Roland hat sie mit acht Wochen beim Züchter abgeholt. Zuhause angekommen bekamen sie eine Pause, dann ging es ab in die erste Fährte, denn sie mussten sich ja ihr Futter verdienen. Parallel dazu hat er mit dem Verweisen angefangen. Er zeigt dem Hund, dass er etwas Futter in ein Filmdöschen legt und verschließt es. Dann bewegt sich das Döschen in seiner Hand schnell zum Boden. Der Hund ist interessiert und mit etwas Hilfe legt er sich davor. Und „Zack!“ geht das Ding auf. Es dauerte nicht sehr lang, dann legten sich die Hunde voller Erwartung vor die Filmdöschen, wenn sie welche auf der Wiese im Garten entdeckten. Spätestens nach zwei Wochen, also als die Welpen 10 Wochen alt waren, kam das dann auf der Fährte zusammen.

Warum macht Roland das so? Er hat die Erfahrung gemacht, dass Hunde mit der Zeit sehr gerne Verweisen, weil die meisten Hundeführer das ausgiebig belohnen. Dann kommt es nicht selten dazu, dass der Hund den Gegenstand dort verweist, wo er ihn wahrnimmt, also unter Umständen bereits einige Meter vor dem Gegenstand.

„Es macht für sie keinen Sinn, noch zum Gegenstand hinzugehen. Warum auch?! Sie sagen: Hey! Ich hab ihn! Und verweisen dann in einer Fehlposition.“ Oder es gibt Hunde die zwar zum Gegenstand gehen, aber dann ist die Pfote drauf oder der halbe Hund.

Foto: Roland und seine "Isi"

Hunde hingegen, die sehr früh lernen, es könnte sein, dass der Hundeführer sagt, tipp da mal drauf, die werden sich so zum Gegenstand positionieren, dass sie auch schnell drauf tippen können. Ergo: Sie werden immer korrekt verweisen! »» Das Bannen des Gegenstandes Das Bannen des Gegenstandes ist seit einigen Jahren immer populärer geworden. Bei Isi ist es so, dass sie zwar exakt verweist, aber am Gegenstand schon mal gerne etwas durch die Gegend schaut. „Noch vor 5 Jahren hätte kein Richter was dazu gesagt. Aber heute interpretieren einige Richter „überzeugendes Verweisen“ so, dass der Hund den Gegenstand regelrecht bewachen muss.“ Trotzdem hat Roland darauf verzichtet, Isi das Bannen

Im nächsten Schritt liegt da nicht nur ein Filmdöschen, sondern dazu auch noch ein Gegenstand. Dann liegt das Döschen – besonders auf Wiese kann man das gut machen – gar nicht mehr sichtbar, sondern unter dem Gegenstand. Und wenn man parallel dazu dem Hund noch beibringt, den Gegenstand auf Kommando mit der Nase zu berühren, dann wird der Hund immer in der richtigen Position verweisen. working-dog-magazin

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des Gegenstandes beizubringen. „Sie verspannt, je mehr sie den Gegenstand bannt.“ Das hat zur Folge, dass sie sich nur noch langsam zum Verweisen ablegt. Roland ist deshalb auf eine passable Mischform aus. „Würde ich nur IPO führen, würde ich den Hund absolut bannen lassen.“ Bei den relativ kurzen IPO-Fährten findet er es zumutbar, dass der Hund während des Fährtens und des Verweisens unter Spannung bleibt. Bei einer FH2 hingegen sieht das anders aus. Da sind die Batterien schnell leer, wenn der Hund sich am Gegenstand nicht mal eine kleine Auszeit nehmen kann. »» „Wenn man hoch führen will, reicht es nicht zu sagen: Der ist immer noch hinten angekommen.“ Deshalb konfrontiert Roland seine Hunde auch früh mit „merkwürdigen Dingen“ auf der Fährte. Da hockt schon mal eine Person neben der Fährte oder es steht jemand breitbeinig über dem Fährtenverlauf und der Hund muss da durch. Oder der Hund muss auf zwei Beinen suchen – also Schubkarre – Hinterhand hochhalten und dann geht es weiter. Diese und ähnliche Konflikte sorgen dafür, dass der Hund sich immer weniger ablenken lässt. Roland ist es wichtig, dass der Hund lernt, es gibt manchmal komische Sachen auf der Fährte. „Das trägt dazu bei, dass der Hund Prioritäten setzt und am besten die, die ich auch setze!“ »» „Fährte weg: Stehen bleiben! Scannen!“ Wer im FH-Bereich erfolgreich sein will, braucht einen Hund, der die Fährte sehr exakt ausarbeitet. Deshalb blockiert Roland seine Hunde, wenn sie die Fährte zu weit verlassen. „Ich kann das nicht in Zentimetern sagen, aber Spiel ohne Ende lass ich da nicht.“ Wobei Roland den Hund nicht zurück in die Fährte korrigiert, sondern nur verhindert, dass er “noch mehr Blödsinn“ macht. Das Ziel ist, 94

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dass der Hund lernt: Fährte weg heißt - sofort stehen bleiben und die Umgebung scannen, um so wieder selbständig zurück auf die Fährte zu finden. Darüber hinausgehende Zwänge wendet Roland nicht an. Isi wird schon mal verbal ermahnt, wenn sie z.B. einen Winkel überläuft und nicht schnell genug darauf reagiert. Das war bei Willi nicht nötig. Für den war es schlimm genug, die Fährte zu verlieren. „Das musstest du dem nicht sagen. Das war für den der Weltuntergang!“ Da es nicht sonderlich ergiebig ist, auf das Verlassen der Fährte oder das Überlaufen eines Winkels zu warten, provoziert Roland das systematisch z.B. dadurch, dass die Winkel nicht ganz korrekt gelegt sind. Vorteil:

Man kann sich darauf einstellen und man kann das Problem beliebig oft in die Fährte einbauen. »» „Fährte, Fährte, Fährte! Vierzehn Tage!“ Das Training zur Prüfungsvorbereitung kann von Hund zu Hund sehr unterschiedlich sein und ist natürlich auf das zu erwartende Gelände zugeschnitten. Bei Willi war das so: vierzehn Tage vorher, jeden Tag Fährten! „Nur für seine Nerven. So dass er merkt, da sind keine weißen Mäuse auf der Fährte!“ Wenn eine Woche nach der Hovawart DM dann die DVG BSP FH war, hat Roland die ganze Woche weiter gefährtet. Dadurch wurde Willi in der Regel noch besser und stabiler. Und dann zwei Wochen später bei der dhv-FH-Meisterschaft, war es optimal,

weil er dann fünf Wochen am Stück jeden Tag gefährtet hatte. Dieses Engagement nötigt den größten Respekt ab, wenn man bedenkt, dass Roland nebenbei auch noch voll berufstätig ist und sein Arbeitsplatz nicht vor der Haustür liegt. Bei Isi muss das nicht so oft sein, da sie stabilere Nerven hat. Da kommt es eher darauf an, sie auf die zu erwartenden Umstände einzustellen. Beim DMC-FH-Championat war klar, es wird „im schwarzen Sand gesucht“. Also musste Roland Isi auf Sichtfährten vorbereiten. Oder letztes Jahr auf der DVG IPO BSP. „Da war klar, das ist Sahnegelände!“ Wie bereitet man einen Hund auf Sahnegelände vor? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Hund, wenn er eine gewisse Erfahrung mitbringt, mal die Nase hochnimmt? Oder Tempo macht? Da sollte ein Hund die Erwartung haben, gerade wenn es einfach ist, wenn es auf Sichtfährte geht, dann passieren immer „schlimme Dinge“. Deshalb trainierte Roland mit Isi im Vorfeld Fährten in sehr leichtem Gelände, die aber mit Schwierigkeiten gespickt waren. Da gibt es dann viele Verleitungen, aber nicht so simple, sondern echt fiese, scheinbare Fährtenabrisse, Winkel in Treckerspuren etc. So erreicht er, dass Isi sich richtig Mühe gibt, wenn es vermeintlich leicht ist. Dieses Training empfiehlt Roland auch allen IPO-Sportlern. Gerade im IPO-Bereich sind solche Simpelstfährten auf hohen Prüfungen ja durchaus üblich. Man kann natürlich hingehen und das Suchen mit allen möglichen Zwängen absichern, aber „vielleicht sollte man besser zuerst die eigene Intelligenz ins Spiel bringen!“ Roland Schirling betreibt seinen Sport mit Herz und Verstand. Fährten ist weit mehr, als nur sein Hobby, es ist seine Passion! Das merkt man sehr schnell, wenn man sich mit ihm unterhält oder mit ihm Fährten geht! Für die Zukunft wünschen wir Roland und Isi viel Erfolg.


HUNDESPORT

AGILITY

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das ist unser ding! Fitness, Tempo und Ausdauer in Teamarbeit

A „Es war eine

tolle, rasante

Fahrt mit viel Adrenalin

und Glücksgefühlen.

Jedes Mal

beeindruckt es mich erneut, mit welcher

Begeisterung

und mit welchem Elan

viele Hunde diesen Sport

betreiben und

dadurch aufblühen.“

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TEXT + FOTOS: ANNIKA FLOR

usgestattet mit diversen Protektoren, Handschuhen und Fahrradhelm stehe ich am Start. Vor mir mein vor Aufregung zitternder Hund, der mit einer speziellen Jöringleine an meinem Mountainbike befestigt ist. Alle Hunde um uns herum sind ebenso aufgedreht und freudig erregt. Im Abstand von einer Minute sausen die Teams los auf eine anspruchsvolle, etwa 5,5 km lange Strecke durch den holländischen Wald. Für Xenon, meinen 4,5jährigen Dobermann und mich, ist es das erste Rennen, seitdem wir vor ca. 2,5 Monaten angefangen haben, uns für diesen Sport zu begeistern. Am Ende passieren wir die Zielgerade mit einem breiten Lächeln im Gesicht, welches auch durch unseren kleinen Sturz an einer Weggabelung nicht verhindert werden konnte.

Es war eine tolle, rasante Fahrt mit viel Adrenalin und Glücksgefühlen. Jedes Mal beeindruckt es mich erneut, mit welcher Begeisterung und mit welchem Elan viele Hunde diesen Sport betreiben und dadurch aufblühen. Viele Jahre lang waren wir im IPO-Sport zu Hause, aber es wird zunehmend schwieriger, teilweise unmöglich, mit einem kupierten Hund an Prüfungen teilzunehmen. Besonders dann, wenn man gerne die Vereinsebene verlassen möchte. Also musste eine Alternative her. Schon nach der ersten Testfahrt war klar: Das ist unser Ding!


HUNDESPORT

BIKEJÖRING

Xenon Graf of Mon-ja-Mes

Dobermann - 4,5 Jahre alt - IPO3, ZTP V1A, KÖRUNG 1B

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Jetzt stand ich also erst einmal vor der Frage, welche der Varianten des Zughundesports am besten zu uns passen könnte. Die Vorreiter dieses Sports sind natürlich die Musher mit ihren Schlittenhundegespannen. Nun gibt es in Deutschland, wenn überhaupt, meist nur für kurze Zeit Schnee und so greift man auf Alternativen zurück. Besonders beliebt ist das Laufen mit Hund, das so genannte Canicross. Hier trägt der Hundeführer einen speziellen Laufgurt um die Hüfte, an der sein Hund mit einer ca. 190 cm langen, mit Ruckdämpfer ausgestatteten Leine zieht. Bei allen Varianten des Zughundesports tragen die Hunde Zuggeschirre, welche die Druckverteilung möglichst auf der Brust bündeln und dem Hund maximale Bewegungsfreiheit ermöglichen sollten. Neben dem Canicross gibt es außerdem noch die Möglichkeit, seinen Hund vor einen geländegängigem Tretroller, den sogenannten Dogscooter, zu spannen oder eben, wie in unserem Fall, vor ein Fahrrad. Hier spricht man dann vom Bikejöring. Bei allen Varianten sollte die Leine immer auf Zug sein (d.h. der Hund zieht), um wenn nötig, zum Beispiel bei einem Sturz, mit einem Schnellverschluss von Scooter oder Bike zügig getrennt werden zu können. Was mir an diesem Sport besonders gefällt, ist die Rassevielfalt, die man dort erlebt. Nahezu jeder Hund, der Spaß daran findet, kann am Zughundesport teilnehmen. Für das Ziehen an Bike oder Scooter ist eine Mindest98

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größe und ein gewisses Gewicht sicher ratsam. Aber am Laufen erfreuen sich auch die ganz Kleinen. Doch nicht nur die hündischen Minis haben ihren Spaß. Auf den Rennen werden auch häufig Kinderläufe angeboten. Je nach Zugstärke des Hundes werden auf diesen die Kids durch Mama oder Papa als lebende Bremsklötze begleitet. Bedenken sollte allerdings jeder, dass sich nur wirklich gesunde Hunde zum Zughundesport eignen, da je nach Intensität bei der Zugarbeit doch eine große körperliche Anstrengung vorliegt. Gesunde Hunde sollten das bei richtigem Training und guter Ausrüstung problemlos bewältigen können. Hunde mit Erkrankungen an Herz oder Bewegunsgapparat sollten nicht im Zughundesport geführt werden. Das könnte sich unter Umständen negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken. Ein kurzer Gesundheitscheck vorab bei einem Tierarzt ist also auf jeden Fall ratsam.

Leider gibt es keine Reglementierung, wer mit welcher Qualifikation Trainings oder Seminare im Bereich Zughundesport anbieten darf. Viele Hundeschulen haben mittlerweile das steigende Interesse an dieser Sportart erkannt und bieten, oft ohne fundiertes Wissen, Kurse im Zughundebereich an. Hier gilt es, sich vorab gut zu informieren oder eventuell sogar die ersten Erfahrungen direkt in einem Zughundeverein zu sammeln.

In unserem Fall war das beim „Sportverein Euskirchener Zughunde e.V.“. Die richtige Herangehensweise und der richtige Trainingsaufbau sind maßgeblich für den späteren Spaß und Erfolg verantwortlich. Auch wer gar keine Wettkampfambitionen hat, sollte sich mit dem richtigen Muskel- und Konditionsaufbau sowie mit den wichtigen Kommandos, zum Beispiel für das Abbiegen oder Anhalten, befassen. In einer Gruppe

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HUNDESPORT

BIKEJÖRING

„Wenn die Begeisterung für diesen Sport erst einmal geweckt ist und der vierbeinige Freund ebenso viel Freude daran hat, ist der Suchtfaktor riesig.“

Foto oben: Bike-Einzeltraining mit Xenon Foto rechts: Trike-Training mit Xenon und den zwei Malinois Forsage de Alphaville Bohemia & Juri du Pays des Collines

mit bereits erfahrenen Hunden tun sich Neueinsteiger meist erst einmal leichter. Wer dann aber doch die Freude an Adrenalin und Wettkampfstimmung gefunden hat, darf sich über Rennveranstaltungen in ganz Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern freuen. Die Atmosphäre auf den Veranstaltungen empfinde ich als familiär

www.euskirchener-zughunde.de

und sehr freundlich. Sicher trägt die faire Besetzung der Ränge mit Hilfe von modernen Zeitmessverfahren ihren Teil dazu bei. Bei diesen Veranstaltungen trifft man häufiger auf einen bestimmten Hundetyp: Ein Mix aus Jagdhund, Husky und Windhund. Diese Hunde sind besonders lauffreu-

dig und schnell. Meist belegen sie die ersten Ränge eines Rennens. So auch Xenons Lieblingstrainingspartner „Solo“, ein sogenannter „German Trailhound“ von Ulrike Esser. Solo wurde im Jahr 2016 mit Nina Windhausen Deutscher Meister im Canicross und konnte mit Marc Prinz bei der Europameisterschaft Platz 3 erkämpfen.

Wenn die Begeisterung für diesen Sport erst einmal geweckt ist und der vierbeinige Freund ebenso viel Freude daran hat, ist der Suchtfaktor riesig. Da bekommt die kalte Jahreszeit plötzlich einen ganz besonderen Reiz. Wir freuen uns auf jedes Training und fiebern schon dem nächsten Rennen entgegen. ▪

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ür Lorenz Frech ist Laufen ein Lebensgefühl. Dabei kam er erst über den Hund zu diesem Sport, hat sich vom Sportmuffel zur Sportskanone entwickelt. Seinen hundesportlichen Start hatte er im Alter von 12 Jahren im BLV-Verein HSF Königsdorf. Dort wurde neben IPO-Sport auch Turnierhundesport (THS) angeboten und der Sport hat ihm sofort gefallen. „Das war sozusagen meine Initialzündung für die Liebe zum Laufsport.“

Foto: Ralf Klengel

Heute ist Lorenz frischgebackener Deutscher Meister im Skijöring, stand nach 2x 13 Kilometern Strecke an zwei Tagen als Bester auf dem obersten Treppchen und das mit einem Holländischen Schäferhund. „Ich hätte nie gedacht, dass diese Rasse über 13 km mit diesem Engagement arbeiten kann.“ Kelly von der Herdergang ist dreieinhalb Jahre alt, gehört nicht zu den typischen Zughunderassen und ihre Wurfgeschwister machen auch mehrheitlich IPO-Sport. Aber die Rasse steht für einen ausgeprägten Arbeitswillen und dieser ist für den Zughundesport unabdingbar. „Die typischen Schlittenhunderassen haben einen sehr hohen Bewegungsdrang, wollen Laufen und Ziehen. Im Unterschied dazu will mir meine Kelly gefallen und mit mir zusammen arbeiten. Laufen ist Arbeit. Hunde, die das verstanden haben und die bereit sind, Kommandos schnell auszuführen, sind die perfekten Hunde für den Sport.“ Vor Kelly hatte Lorenz eine Deutsche Schäferhündin. Mit Bonsai von der Donnerbrücke konnte er 2009 auf Sylt schon einmal einen Deutschen Meistertitel erringen. Damals war er auf der Geländestrecke innerhalb des THS unterwegs. Auch mit dieser Hündin hatte er Glück, denn auch Bonsai war ein hoch arbeitsbereiter Vertreter ihrer Rasse. „Da leider aber auch viele Deutsche Schäferhunde nicht diesen sehr hohen Arbeitswillen haben und zudem deren Körperbau und Gewicht nicht immer ideal für den Ausdauersport sind, habe ich mich 2013 dann für einen Holländischen Schäferhund-Welpen entschieden.“ Mit 16 Monaten hat er seine Kelly zur Begleithundeprüfung vorgeführt. Diese ist eine Grundvoraussetzung für die Teilnahme an THS-Turnieren. Diesen Sport betreibt Lorenz heute aber nur noch von April bis Oktober, denn nach dem ersten Titel 2009 wurde er angesprochen, ob er nicht auch im Canicross starten möchte. Und so ist er seit vier Jahren auch im Verband Deutscher Schlittenhundevereine (VDSV) Mitglied. Der höhere Reiz liegt für ihn heute bei den Turnieren im VDSV. „Zum einen sind da die Strecken (Trails) wesentlich anspruchsvoller, haben mehr Gelände-Charakter. Und während es im THS „nur“ bis zur Deutschen Meisterschaft geht, geht die sportliche Ebene im VDSV noch bis zur Europa- und sogar Weltmeisterschaft weiter.“

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Zweimal war er bereits Teilnehmer einer Europameisterschaft. Auf der EM 2014 in Frankreich wurde er mit Atze von Schotterwald (Herder) Vierter in der Männer-Hauptklasse Canicross. Im letzten Jahr erreichte er mit Kelly Platz 8 in Tschechien. Dass Zughundesport längst zu den Sportarten gehört, die steigende Anhängerzahlen haben, beweist die Tatsache, dass auf so einer Europameisterschaft um die 600 Starter um die Titel kämpfen. In der Canicross-Klasse Männer hatte Lorenz ca. 70 Konkurrenten, da wird es ganz schön „eng“ auf der Strecke. Gute Nerven, sicheres Wesen und Sozialverhalten der Hunde sind deshalb oberstes Gebot auf solchen Events.

Foto: Alexandra Chavez

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Foto: Start des EM-Laufes 2016: ganz schön dichtes Gedränge

Die Canicross-Saison startet im Oktober und endet meist im April. Da diese Sportart vom Schlittenhundesport geprägt ist, werden Wettkämpfe nur bis zu Temperaturen um die 10 Grad gestartet. Na ja, und Skijöring ist von Schnee abhängig.

Pro Jahr nimmt Lorenz an 2 bis 5 Skijöring-Veranstaltungen teil, an 7 bis 10 Canicross-Rennen und an 5 bis 10 VDH-THS-Geländeläufen. Nur dann läuft er mit seiner Kelly im Zug, weil diese Wettkämpfe stark auf die Gelenke des Hundeführers gehen. Zwei- bis dreimal in der Woche laufen die Beiden eine Strecke zwischen 5 und 20 Kilometern. Da läuft die Hündin meist frei und ohne Zuggeschirr. Zum Konditionsaufbau darf Kelly ihren Arbeitswillen ca. zweimal pro Monat vor dem Fahrrad ausleben. Vor Meisterschaften wird das Zugtraining dann jedoch etwas erhöht.


HUNDESPORT

SKIJÖRING

„Im Zughundesport ist weniger die pure Kraft entscheidend, sondern vielmehr die Kondition, der unbedingte Wille beider Teampartner und das perfekte Annehmen der Kommandos durch den Hund.“ Lorenz Frech

Mit konzentration & Vollgas zum Titel TEXT: CONSTANZE RÄHSE

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Foto: ron-foto.de/ Ron Kretschmann

Fliegende Hunde & Bunte Scheiben Eine Trendsportart begeistert mehr und mehr die Hundesportwelt: DogFrisbee oder auch Discdogging TEXT: CONSTANZE RÄHSE │ FOTOS: RON KRETSCHMANN / OLIVER TRASCHÜTZ / CONSTANZE RÄHSE

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ogFrisbee ist kein kurzzeitiger Modesport, sondern nimmt gerade richtig Fahrt auf ...

Als offizielle Geburtsstunde des Dogfrisbee gilt der sensationelle Auftritt des Erfinders Alex Stein, der mit seinem Ashley am 05.08.1974 die Spielpause eines Baseballspiels in Los Angeles nutzte, um dem Publikum und den Medien zu präsentieren, was ein Hund zu leisten im Stande ist und wie perfekte Teamarbeit definiert wird. Der Ursprung dieser Hundesportart liegt also in Amerika. Wo auch sonst? 102

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Die Begeisterung für diesen neuen Sport boomte dermaßen, dass es schon im Jahr darauf die erste Weltmeisterschaft gab und diese bis heute auch noch nach dem gleichen Regelwerk in den USA ausgetragen wird. Eine längere Tradition hat also dieses „Scheiben werfen – Scheiben fangen“ mit dem Hund dort schon und auch wenn manches etwas länger dauert: 20 Jahre nach der Entstehung schwappte die Dogfrisbee-Welle schließlich auch nach Europa und fand genauso schnell begeisterte Anhänger und flächendeckende

Verbreitung wie im Ursprungsland. Inzwischen haben sich mehrere Organisationen gegründet, die nach eigenen Regelwerken spielen und ihre Meisterschaften durchführen. Das kennt man ja von anderen Sportarten auch. Eine der größten Organisationen ist die UFO, deren Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr erst zum zweiten Mal außerhalb der USA ausgetragen wurde. Duisburg dürfte also der Discdoggerin Claudia Wagstyl immer in besonderer Erinnerung bleiben, denn hier wurde die Deutsche mit ihrem vierjährigen


HUNDESPORT links: UFO-Vize-Weltmeister 2016 (Freestyle only) Thomas Fischer (D) mit Malinois Bolle

DOGFRISBEE

Foto: ron-foto.de/ Ron Kretschmann

UFO-Vize-Weltmeister 2016 (Kombiwertung) Matteo Gaddoni (ITA) mit Border Collie Bill

nicht spektakuläre sprünge geben das "salz in der Suppe", sondern vielmehr ideenVarianz TeamArbeit und -Harmionie!

Border Collie Rufus sensationell Dritte der UFO-Weltmeisterschaft in der Mini-Distance-Disziplin. Und als wenn das allein nicht schon großartig wäre, hat sie diese Platzierung auch in der Kombiwertung (Mini-Distance und Freestyle) erreichen können. Die 28-Jährige spielt schon seit acht Jahren Frisbee mit dem Hund. Ihr erster Teampartner war die heute fast 10-jährige Jack-Russel-Dame Hope, mit der sie auch an zahlreichen Turnieren teilgenommen hat. „Hope brauchte anfänglich fast ein Jahr, um endlich die Scheiben fangen zu können. Aller Anfang ist ja bekanntlich schwer. Das werden auch andere Hundesportler in anderen Sportarten kennen.“

Foto: ron-foto.de/ Ron Kretschmann

Foto: Oliver Traschütz

Claudia Wagstyl (D) mit Border Collie Rufus Dritte der UFO-WM 2016 (Kombiwertung)

„Das Primäre ist immer eine gute Grundausbildung“, erklärt Claudia weiter. „Und die ist für beide Teampartner wichtig. Damit der Hund gut fängt, braucht er einen guten Werfer.“

Jack Russel-Dame Hope war Claudia Wagstyls erster Hund im Discdogging

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Und so verbringt die Kölnerin den Haupttrainingsanteil mit eigenem Wurftraining ohne Hund, denn es ist sehr wichtig, dass sie die verschiedensten Würfe beherrscht, bevor sie diese mit den Hunden spielt. Mit den Hunden trainiert sie 1-2x in der Woche, trainiert zusätzlich noch mehrmals Dogdancing. In beiden Sportarten agiert sie nach dem Prinzip: „Lieber immer kleine Einheiten im Training – lieber Qualität statt Quantität.“

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Warum ist eine sichere Wurftechnik notwendig? Das habe ich die lizensierte Leistungsrichterin Sandra Funke gefragt, die mit ihrem Mann Frank zu den erfolgreichsten Discdoggern der deutschen Szene gehört.

„Rufus, ein Border Collie, der die ersten 2 Jahre seines Lebens mit sich und der Welt überfordert war, mit dem ich geplant hatte zu hüten und überzeugt davon war, dass dieser Hund kein Frisbee spielen wird, überrascht mich einfach immer wieder im Alltag, beim Tricksen und beim Frisbee. So vieles war so schwer und manch anderes ging so leicht von der Hand. Die erste Scheibe hatte er mit knapp 2 Jahren gesehen und ich war sehr überrascht, wie gut ein Hund sowas im Blut haben kann, ohne trainiert zu haben. Und nun? Nach 1,5 weiteren Jahren bringt dieser verrückte Chaot mich zur WM. Ich war total happy, dass wir in Duisburg spielen durften. Wir wollten nur Spaß haben und nicht als letzter vom Platz gehen, aber gegen die Top 20 hätte ich auch nix gehabt.

Ein gut durchdachter Aufbau des Hundes sowie eine gute physiotherapeutische Betreuung gehört für die seriösen Hundeführer dieser Szene selbstverständlich dazu.

Foto: ron-foto.de/ Ron Kretschmann

„Eine sichere Wurftechnik ist die Basis dafür, dass der Hundeführer mit seinem Hund bei allen Witterungsverhältnissen sicher spielen kann und der Hund fangen kann. Klar, das Fangen der Frisbee-Scheiben ist schon wichtig für das Ergebnis, aber in jedem Programm zeigt der Vierbeiner auch einige spektakuläre Sprünge und die bedürfen eines gezielten Trainingsaufbaus. In ihrem Triebverhalten sind die Hunde nur darauf aus, das „bunte Ding“ zu erwischen.

Emotioneen via facebook

über den Menschen) und Flips (eine 180-Grad-Drehung des Hundes in der Luft) erfreuen, sich aber auch nach den gesundheitlichen Risiken für den Hund fragen. Auf die Belastung von Knochen, Bändern und Gelenken angesprochen, erklärt mir Sandra, dass das Verletzungsrisiko wahrscheinlich nicht höher ist als in anderen Sportarten wie Agility oder IPO.

Dann die Überraschung, wir sind in den Top 10 gelandet und dann auch noch beim Freestyle, eine Disziplin, die ich meist immer vermasselt habe. Und zuletzt dann der absolute Schreck, zweimal Treppchen auf der „3“ in der Gesamtwertung und in der Distanzdisziplin. Also eigentlich kann ich es nach zwei Tagen immer noch nicht so recht glauben und Rufus ist es vollkommen egal, außer, dass da wieder so verführerisches Futter in der Küche steht.“ Claudia Wagstyl

Frank Funke gibt auch Seminare für DogFrisbee-Interessierte

Jeder, der schon einmal als Laie einem Hundefrisbeeturnier zugeschaut hat, wird sich an den teils spektakulären Vaults (Absprünge vom Menschen), Overs (Sprünge 104

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Foto: Oliver Traschütz

Das bedeutet, sie sind total darauf fixiert. Keinem Hund ist die Höhe seines Sprunges bewusst. Und in diesem Detail liegt die Verantwortung des Zweibeiners, der mitdenken und auf die Sicherheit seines Hundes achten muss. Wir lehren unseren Hunden Körperbewusstsein und Triebkontrolle und bauen Sprungverhalten in den drei Phasen, Absprung – Verhalten in der Luft und Landung gewissenhaft auf.“

Foto: Claudia Wagstyl (D) mit Border Collie Rufus Dritte der UFO-WM 2016 (Distance-Disziplin)


HUNDESPORT

DOGFRISBEE

→ Termine DogFrisbee 2017

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

UFO ◉ European Championship 05.-08. Aug 2017 in Duisburg

Ron Kretschmann mit Australian Shepherd Shadow

Und so sagt mir Frank Funke, der fünfmalige Europameister verschiedener Discdoggingdisziplinen: „Im Hundefrisbee kann man durchaus auch auf diese spektakulären Sprünge verzichten und trotzdem erfolgreich sein. Es gibt Weltmeister, die haben die WM gewonnen, ohne einen einzigen Körpersprung gezeigt zu haben. Die Bewertungen werden i.d.R. von mehreren Richtern abgegeben, die individuell für die Kategorien Mensch, Hund und Team zuständig sind. Es gibt keine Kategorie „Sicherheit“. Für die „Gefährdung des Hundes“ gibt es Punktabzug bis hin zur Disqualifikation. Es können sogar Punkte für unsauberes Spielen abgezogen werden, wenn schlechte Landungen und/oder wiederholt zu hohe Körperabsprünge gezeigt werden.“ Ganz vorn steht am Ende das Team, das sich im Besonderen durch Wurfund Fangvermögen auszeichnete, das mit vielen variablen Würfen und Tricks ein abwechslungsreiches Spiel zeigte und zudem sauber, sicher und hoch motiviert im Team gespielt hat. Wie in jedem Sport erfreut sich nicht nur eine elitäre Spitze an diesen Möglichkeiten. Es gibt natürlich auch im Hundefrisbee eine „breite Masse“ an Hobbysportlern, die primär den Spaßfaktor suchen und gern auch mal die Herausforderungen kleinerer Turniere annehmen.

Ron Kretschmann, 55, aus Berlin, ist so ein Begeisterter der „breiten Masse“. Der Hobbysportler spielt mit seinem Australian Shepherd Shadow seit 2010 regelmäßig Frisbee und hat auch schon an einigen Turnieren teilgenommen. „Seit 2012 sind das so 5-6 Wochenendturniere im Jahr, an denen wir uns mit Gleichgesinnten „gemessen“ haben. Nun wird Shadow leider schon neun und so fanden im letzten Jahr diese Ausflüge deshalb weniger statt.“ Für ihn ist der Sport ein Ausgleich im Alltag und er sieht in diesem gleich mehrere Vorteile: „Durch die hohe Variabilität in diesem Sport sind dem Ideenreichtum und der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Man hat Spaß mit seinem Teampartner und lernt sich gegenseitig besser kennen. Der Sport fördert Kommunikation und gegenseitiges Vertrauen und verbessert die Bindung. Der Hund wird körperlich und geistig ausgelastet.“ Und ja, wer eben ein richtiger Wettkampftyp ist, der kann DogFrisbee auch intensiver betreiben. Mittlerweile wird Discdogging auch wettkampfmäßig in Deutschland betrieben. Es gibt verschiedene Turniere nach unterschiedlichen Regelwerken, bei denen sich die teilnehmenden Teams für die Meisterschaften qualifizieren können. »

USDDN ◉ European Championship Sep 2017 in ? ◉ disc dog challenge Germany 08./09. Apr 2017 in Magdeburg 27./28. Mai 2017 in Rheinmünster 24./25. Jun 2017 in Verden (Aller) 15./16. Jul 2017 in Dormagen ◉ disc dog challenge Swiss 10./11. Jun 2017 in Ticino (CH) 08./09. Jul 2017 in Winterthur (CH) 29./30. Jul 2017 in Märstetten (CH) 02./03. Sep 2017 in St. Gallen (CH) AWI ◉ European Championship 02. Sep 2017 in Den Ham (NL) ◉ AWI Qualifier Germany 29. Apr 2017 in Hagenbach (D) ◉ AWI Qualifier Austria 17./18. Jun 2017 in Gr. Enzerdorf (AT) ◉ AWI Qualifier Netherlands 21. Mai 2017 in Assen (NL) 25. Jun 2017 in Den Ham (NL) 01./02. Sep 2017 in Den Ham (NL) ◉ AWI Qualifier Switzerland 12. Aug 2017 in Niederuzwil (CH) ◉ AWI Qualifier France 01. Jul 2017 in Lyon (FR) ◉ AWI Qualifier Belgium 10./11. Jun 2017 in Puurs (BE) ◉ AWI Qualifier Italy 07. Mai 2017 in ? (IT) Skyhoundz ◉ World Championship 23./24. Sep 2017 in Chattanooga (USA) Skyhoundz / UFO / USDDN / AWI ◉ Nederlands Kampioenschap 05.-08. Aug 2017 in Boelenslaan (NL)

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Foto: Claudia Wagstyl (D) mit Border Collie Rufus Dritte der UFO-WM 2016 (Kombi-Wertung)

Foto: Oliver Traschütz

11. UFO Dogfrisbee World Cup 2016 Ort: Duisburg Location: PCC-Stadion Homberg Teilnehmer: 158 Hunde aus xx Nationen Disziplinen: Mini-Distance & Freestyle

Die vier größten Organisationen sind die UFO, Skyhoundz, die USDDN und die AWI. Die Deutsche Meisterschaft wird im Rahmen der „disc dog Challenge Germany“ ausgetragen, die sich am USDDN-Regelwerk orientiert. Da aber einige Regeln modifiziert wurden, gibt es in dieser Serie kein offizielles WM-Qualifikationsturnier. Wie bei der Formel 1 können die Teams im Verlauf der Challenge Punkte sammeln. Meine Frage, ob es denn schon genug Hundefrisbee-Spieler in Deutschland gäbe, beantwortet die langjährige Mit-Organisatorin Sandra Funke mit der wachsenden Internationalität, die durch immer mehr Starter auch aus anderen Ländern Europas entsteht.

"So wird das in vielen anderen Sportarten auch gehandhabt. Die Veranstaltungen bekommen dadurch viele Starter zusätzlich, tragen sich in der Durchführung natürlich leichter und man profitiert unter einander durch Erfahrungsaustausch im gemeinsamen Miteinander." 106

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Natürlich kann auch ein Nicht-Deutscher jedes dieser Turniere gewinnen und am Ende auch die „disc dog Challenge Germany“, aber den Titel Deutscher Meister wird am Ende nur ein deutsches Team erhalten. Claudia Wagstyl spielt auf der Basis der Regelwerke der FDDO, der USDDN und der UFO. Ihre Erfolge 2016 können sich sehen lassen. Sie ist die Deutsche Meisterin der USDDN in der Distanzdisziplin, in der der Hundeführer mit nur einer Scheibe Distanzwürfe innerhalb eines Zeitlimits macht. Fängt der Hund die Scheibe, gibt die erreichte Entfernung entsprechende Punkte. Sie ist Europameisterin der FDDO und krönte IHR Jahr mit den zwei Podestplätzen der UFO-WM. Trotz des Stellenwerts durch Weltund Europameisterschaft ist diese Trendsportart noch nicht im reinen Profisegment angekommen. Preisgelder gibt es auf Turnieren nicht. „Der Spaß steht im Vordergrund“, sagt Claudia Wagstyl, die im Jahr auf ca. 14 Wochenend-Turniere fährt und auch Seminare gibt. „Leben kann man davon natürlich nicht.“ Und so wird die 29-jährige Einzelhandelskauffrau auch weiterhin „ihren Mann“ im Alltag stehen und durch die Beschäftigung mit den Hunden ihre Freizeit ausfüllen. ▪

Jedes Team hatte zwei „Freestyle Only“Auftritte in Homberg. Nach der Zwischenwertung standen die besten 11 Teams im Finale und spielten um den Titel, den am Ende der Italiener Matteo Gaddoni mit seinem Border Collie Bill gewann. Die beiden anderen Podestplätze gingen an deutsche Teams. Thomas Fischer sicherte sich mit seinem Malinois Bolle Platz 2 vor Julia Reinecke mit Mischling Heckmeck. „Throw & Catch“, so heißt die Mini-DistanceDisziplin im UFO-Regelwerk. Nach vier Durchgängen gewann der Spanier David Roman mit seinem Border Collie Zain dem Weltmeistertitel. Der Italiener Adrian Stoica mit Rory wurde vor der Deutschen Claudia Wagstyl mit Rufus Zweiter. In der Kombi-Wertung beider Disziplinen wird dann der UFO-Weltmeister ermittelt, der wohl das „kompletteste Spielerteam“ im Wettbewerb war. Bild: Sieger des „UFO Dogfrisbee World Cups“ in dieser Wertung wurde der Schweizer DogFrisbee-Szene-Star Adrian Stoica mit Rory. Zweite wurden Matteo Gaddoni und Bill (Italien) und die Kölnerin Claudia Wagstyl stand mit Team-Partner Rufus (Border Collie) als dritte Siegerin der WM auf dem Treppchen.



Regelwerke leicht gemacht Wer mit seinem Hund Frisbeesport machen will, sollte nicht nur ausbildungstechnisch einiges beachten, sondern sich auch mit den Regeln auskennen TEXT: SANDRA FUNKE │ FOTOS: RON KRETSCHMANN / CONSTANZE RÄHSE

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ie „Ashley Whippet Invitational“ (AWI), die Unified Frisbeedog Operation (Name bis 2012/2013 gültig) - heute nur UFO, die United States Disc Dog Nationals“ (USDDN) und Skyhoundz sind nicht nur die vier ältesten, sondern wohl auch bekanntesten DogFrisbee Organisationen, nach denen Deutsche-, Europa- und Weltmeisterschaften ausgetragen werden. Die erste und mit Abstand älteste Organisation ist die AWI, welche seit Entstehung des Sports von 1975 bis heuteeineChronikderAWI-World-Champions aufweist. Erst 25 Jahre später, im Millenniumjahr 2000 gründeten sich neue Organisationen und der Sport entwickelte sich rasant. Warum aber gibt es eigentlich so viele Organisationen? Zum einen liegt es wohl an der ganz normalen Entwicklung, die ein neuer Sport mit sich bringt. In die Distanzwürfe mit reinem Apportieren wurden nach und nach Tricks und Sprünge eingebaut. So entstand die Disziplin Freestyle und entwickelte sich mit der schnell wachsenden Zahl an Discdoggern und deren ständig neuen Ideen. Neben diesen Ideen im Zusammenspiel mit dem Hund gab es auch neue zu verschiedenen Punktsystemen für die Bewertung. Auch spielte bezüglich der Organisation von Turnieren das Sponsoring einiger Unternehmen keine unbedeutende Rolle.

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2000 ◉ die Organisationen UFO und USDDN wurden gegründet und erstellen ihre Regelwerke

2009 ◉ die erste Skyhoundz-EC wurde in Ungarn ausgetragen und findet seitdem jährlich in Europa statt

◉ die erste Skyhoundz WC wurde in den USA ausgetragen und findet seitdem jährlich dort satt

2011 ◉ die erste AWI-EC wurde in der Schweiz ausgetragen und findet seitdem jährlich in Europa statt

◉ in Deutschland fand das erste Frisbee Turnier statt, zu dem auch Teilnehmer aus den Niederlanden kamen 2001 ◉ die UFO World Cup Series werden zum ersten Mal in den USA ausgetragen 2002 ◉ die USDDN World Finals wurden zum ersten Mal in den USA ausgetragen und finden seitdem dort jährlich statt 2004 ◉ die erste USDDN EC wurde in Deutschland ausgetragen und findet seitdem jährlich in Europa statt (EC = European Championship = EM) (WC= World Championship = WM)

2012 ◉ seit 2012 wird in Deutschland jährlich die Deutsche Meisterschaft nach USDDN ausgetragen 2014 ◉ die UFO richtet als erste der vier Organisationen erstmalig eine Weltmeisterschaft außerhalb der USA aus. Die WC findet in der Schweiz statt. 2015 ◉ seit 2015 wird in der Schweiz jährlich die Schweizer Meisterschaft USDDN ausgetragen 2016 ◉ erstmalig findet eine WM in Deutschland nach UFO-Regelwerk statt Eckdaten der wichtigsten Entwicklungsstufen im DogFrisbee - Sport

Im Gegensatz zu anderen Hundesportarten gibt es im DogFrisbee keine zentrale Organisation, welche die Länder weltweit vereinigt und einheitliche Regeln aufstellt. Jede der Organisationen trägt ihre eigenen Meisterschaften aus und so ist es natürlich auch mög-

lich, dass es in einem Jahr mehrere Deutsche Meister, Europa- und Weltmeister in verschiedenen Disziplinen gibt. Da die Regelwerke alle ähnlich sind, ergeben sich für die Hundesportler dadurch mehrere Möglichkeiten, sich im Wettkampf zu messen. »


HUNDESPORT

DOGFRISBEE

UFO ← World Champion 2016 World Cup Champion T/C 2014 World Cup Vice Champion T/C 2016 European Champion 2014 / 2015 / 2016 European Champion T/C 2015 / 2016 SKYHOUNDZ ← European Champion Open Expert 2013 / 2016 European Champion Sport Expert 2016 AWI ← European Champion 2014 / 2016 European Vice Champion 2012 / 2013 European Champion T/C 2014 / 2016

Adrian Stoica & Rory photo by Alessandro Musicorio


Distance-Disziplin:

Welche Hauptdisziplinen gibt es eigentlich? Im Grunde sind das in allen Regelwerken der verschiedenen Organisationen die Disziplinen Freestyle und Distance, die grob gesagt nach dem gleichen Prinzip gespielt werden.

Regelwerk

AWI

UFO

USDDN

Skyhoundz

Bezeichnung

Toss & Catch

Throw and Catch

Toss & Fetch

Distance / Accuracy

Mindestalter

-

12 Monate

12 Monate

-

Im Freestyle geht es darum, mit dem Hund und mehreren Scheiben eine selbst ausgedachte Darbietung zu eigens ausgewälter Musik vorzuführen. Die Kür sollte möglichst verschiedenen Tricks und Würfe beinhalten. Die Spieldauer ist je nach Regelwerk unterschiedlich.

Spieldauer

60 sek

60 sek

90 sek

60 sek

Startkommando

Ja (Go)

Ja (Go)

Nein

Ja (Go)

Zeitansage (Sek.)

30; 10; 5-4-3-2-1-time

30; 10; 5-4-3-2-1-time

60; 30; 10-9-...-3-2-1time

30; 10; 5-4-3-2-1-time

27,3 x 45,7

20 x 50

27,3 x 45,7

9,1-18,2 x 45,7

In der Distance-Disziplin ist es das Ziel, mit nur einer Scheibe möglichst viele Punkte in einer vorgegebenen Zeit zu sammeln. Die kleinen Unterschiede liegen in den Regelwerken beispielsweise in der Bezeichnung der Disziplin, der Spielzeit, dem Spielfeld und dem Punktesystem.

1. Zone (in m)

0 - 9,14

0 - 15

0 - 9,14

0 - 9,14

2. Zone (in m)

9,15 - 18,29

15,01 - 25

9,15 - 18,29

9,15 - 18,29

3. Zone (in m)

18,3 - 27,44

25,01 - 35

18,3 - 27,44

18,3 - 27,44

4. Zone (in m)

27,45 - 36,59

35 - 50

27,45 - 36,59

27,45 - 36,59

5. Zone (in m)

36,6 - 45,74

-

36,6 - 45,74

36,6 - 45,74

Spielfeldgröße (in m)

Punkte 1. Zone Punkte 2. Zone

0,5

1

1

1

Punkte 3. Zone

1

2

2

2

Punkte 4. Zone

1,5

3

3

3

Punkte 5. Zone

2

-

4

5

Ja (0,5)

Ja (1)

Ja (0,5)

Nein

"In the Air" Bonus

Nein

Nein

Ja (0,5)

Ja (0,5)

Seiten-Aus

Nein

Nein

Ja

Ja

Spielfeld-Aus

Nein

Nein

Nein

Ja

-

-

alle Pfoten außerhalb sind

eine Pfote außerhalb ist

Max. Punktzahl

Nein

Nein

Ja (22,5)

Nein

Penalty möglich

Nein

Nein

Ja

Nein

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Bonuszone

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

gut geworfen ...

... ist halb gefangen

110

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0

Erklärung Seiten-/ Spielfeld-Aus


HUNDESPORT

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

DOGFRISBEE

Ein Sheltie in der Distance-Disziplin

Disziplin: Freestyle Regelwerk Mindestalter

AWI

UFO

USDDN

Skyhoundz

12 Monate

18 Monate

18 Monate

-

Spieldauer

120 sek

90 sek

Startkommando

Nein

Zeitansage (Sek.)

Time Start, 1 Min; 30 & 10 Sek; Time

Zugel. Scheiben Anzahl Scheiben

mehrere Hersteller 9

7

max. Punktzahl

10 4

Punkte/Kategorie

10

Punktevergabe in

0,1-Schritten Nein

Penalty möglich Freestyle only

5

40

Kategorie/Richter

Multiplikator

nur 1 Hersteller

Ja (1,5)

Richterbewertungen im Freestyle Alle vier Organisationen legen vier Bewertungskategorien fest und für jede dieser einen Wertungsrichter. Während man bei AWI, UFO und USDDN jeweils eine Kategorie zur Bewertung von ▪ Mensch ▪ Hund ▪ Team ▪ Gesamteindruck vorsieht , ist dies bei Skyhoundz nicht klar erkennbar.

0,01-Schritten

0,5-Schritten

Ja (1,5 oder 2*)

Nein

Ja

Nein

Nein

Ja

Nein / Ja*

Nein

Anz. Spielrunden

1 /ggf. 2

1 / ggf. 2

alle 2

1 / ggf. 2

Cut nach 1. Runde

ja (Top10)

ja (Top10)

Nein

Ja (Top 8)

Im Skyhoundz-Bewertungssystems PAWS (Presantation, Athleticism, Wow!-Faktor, Success) finden sich diese Kategorien in allen Bewertungsteilen wieder. Eine weitere Gegenüberstellung mit den anderen Organisationen ist daher kaum möglich. Aus diesem Grund bleibt das Skyhoundz-Regelwerk im weiteren Vergleich außen vor. »

* = nur Schweiz & Deutschland

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Kategorie 1: HUND

Kategorie 2: MENSCH

AWI: „Dog“ UFO: „Drive and Athleticism“ UDSSN: „Dog“

AWI: „Human“ UFO: „Ingenuity“ UDSSN: „Player“

Bewertet wird die Gesamtheit der körperlichen, geistigen und physischen Fähigkeiten des Hundes im Spiel mit dem Menschen und der Scheibe. Der zuständige Richter nimmt die Bewertungskriterien auf:

Bewertet werden die Fähigkeiten des Menschen, wobei das Hauptaugenmerk auf den Fähigkeiten des Werfens liegt, die sich in Würfen mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden, in verschiedene Richtungen, mit unterschiedlichem Spin, unterschiedlichen Distanzen sowie in guter Platzierung der Scheiben ausdrücken. Des Weiteren werden Athletik, Innovation und Kreativität des Spielers bewertet.

◉ Fokus ◉ Prey drive (Beutetrieb) ◉ Athletik ◉ Geschwindigkeit ◉ Ausdauer ◉ Körperkontrolle, besonders in den drei Sprungphasen Absprung, Luftverhalten, Landung ◉ Fähigkeit, die Scheibe zu fangen

Foto: ron-foto.de/ Ron Kretschmann

- körpernahe Elemente overs, vaults, multiple und dog catch - Distanzelemente passing directional distance movement - Team movement Flow, Innovation, Tricks

vault = Körperabsprung

Foto: ron-foto.de/ Ron Kretschmann

- Scheiben- und Feldmanagement

USDDN-orientiert

over = Körperübersprung

112

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overs = Körperübersprünge vaults = Körperabsprünge multiple = mind. 3 Würfe in schneller Abfolge catches = vom Hund gefangene Scheiben dog catch = Hund fängt im Flug und der Spieler fängt den Hund mit gefangener Scheibe aus der Luft passing = Hund passiert 2-mal dicht den Körper des Spielers (kein Distanzelement!) Directional Distance Movement = min. 4 aufeinanderfolgende Würfe (around the world, Zick-Zack, Diamond etc.) team movement = Tricks ohne Scheibe, Musik, gemeinsame Drehungen/Slalom etc.

Kategorie 3: TEAM AWI: „Team“ UFO: „Sequences and Flow“ UDSSN: „Team“

Alle Organisationen möchten im Freestyle eine gute Mischung aus folgenden Elementen sehen:

Termine 2017

Begriffserklärung:

- Teamkommunikation als Basis für eine reibungslose und flüssige Darbietung) Aus dieser Sicht sind trotz der unterschiedlichen Bezeichnungen und Begriffe die Bewertungskriterien letztendlich bei allen Organisationen sehr ähnlich. 08./09. Apr 2017 in Magdeburg bei den PauVi-DiscDogs 27./28. Mai 2017 in Rheinmünster bei den Flying Dogz 24./25. Jun 2017 in Verden (Aller) 15./16. Jul 2017 in Dormagen bei den Crazy Cattles

www.discdogchallenge.de

Kategorie 4: GESAMTEINDRUCK AWI: „Overall“ UFO: „Comprehensive“ UDSSN: „Execution/Catch Ratio“

Während AWI und UFO hier das Hauptaugenmerk auf den Gesamteindruck der Darbietung anhand von Kriterien wie Wow-Faktor, Publikumsreaktion, Showmanship und effektiver Präsentation von Hund und Mensch legen, setzt USDDN zur Wertung der 4. Kategorie das genaue Verhältnis der geworfenen Scheiben zu den vom Hund erfolgreich gefangenen Scheiben als Bewertungsmaßstab ein. Die Bewertung ergibt sich aus folgender Formel: catches / Würfe x 10 gerundet auf zwei Nachkommastellen. Beispiel: für 30 Würfe und 22 catches Ergebnis: 7.33 Auch bei AWI und UFO wird die Catch Ratio anhand der obenstehenden Formel ermittelt. Die Catch Ratio ist jedoch kein fester Bestandteil der Freestyle-Bewertung und fließt nur im Falle eines Tiebreaks mit in die Gesamtwertung ein. Fazit: Mit einer gut durchdachen Darbietung kann man in jeder der Organisationen punkten, vorausgesetzt man hat sich als Spieler mit dem jeweiligen Regelwerk ausreichend beschäftigt. ▪



Foto: Jutta Nau

"Ein Obediencehund muss nicht arbeiten, er will arbeiten !" Gerlinde Dobler 114

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HUNDESPORT

OBEDIENCE

alt und doch modern Obedience gibt es schon seit Jahrzehnten als eigenständige Hundesportart, trotzdem zählt diese zu den modernsten der heutigen Zeit. TEXT: GERLINDE DOBLER │ FOTOS: AMREI GROß + pics4dogs.eu/CONSTANZE RÄHSE

O

bedience ist keine Ausbildungsmethode sondern eine Unterordnungspräsentation mit dem Ziel der Perfektion im Zusammenspiel zwischen Mensch und Hund, wobei die rassetypischen Eigenschaften beachtet werden sollten. Ein Obediencehund arbeitet nicht untergeordnet. Diese Hundesportart soll ausschließlich mit positiver Motivation gelebt werden. Obedience hat seinen Ursprung in Großbritannien, wo es bereits vor 1925 entstand. In der ersten Zeit waren die Prüfungen aber nur Bestandteil einer Vielseitigkeitsprüfung für Hunde. Diese Vielseitigkeitsprüfungen wurden im Jahr 1919 vom britischen Zuchtverein für Deutsche Schäferhunde eingeführt. Als eigenständiger Sport entdeckt wurde Obedience erst nach dem Zweiten Weltkrieg. In Deutschland wurde im Jahr 2002 eine gültige Prüfungsordnung erarbeitet, sodass nun auch hierzulande interessierte Hundesportler die Möglichkeit haben, Prüfungen abzulegen. Was ist Obedience? Obedience heißt nichts weiter als „Gehorsam“. Und tatsächlich besteht diese Sportart überwiegend aus bekannten Gehorsamsübungen, wie

beispielsweise Fußgehen, Apportieren, Vorausschicken, Bleib-Übungen, Grundpositionsübungen und Abrufübungen. Aber was ist anders beim Obedience? • kein Laufschema • keine vorgeschriebenen Hörzeichen • Gruppenübungen • Teambewertung Mensch-Hund

Mehrere Winkel, Kehrtwendungen und sogar Rückwärtslaufen müssen im langsamen Schritt, im Normalund Laufschritt gezeigt werden. Da kann die Fußarbeit schon mal 2,5 oder 3 Minuten dauern. Dieses Laufschema wird vom zuständigen Steward erarbeitet, mit dem Richter aber abgesprochen, weil dieser hat ein Veto-Recht hat.

Im Prinzip ähneln die Übungen denen aus dem IPO-Sport, aber trotzdem sind diese ganz anders. Einzelne Übungen werden viel komplexer ausgeführt. So wird beispielsweise die Fußarbeit durch einen Steward „angesagt“, d.h. jeder Richtungswechsel, jeder Schrittwechsel und jede Wendung sind vorher dem Hundeführer nicht bekannt. Es gibt also kein festes Laufschema, sondern die Prüfungsordnung gibt lediglich die Anzahl der Stops, der linken und rechten Winkel, sowie die Gangarten vor.

Die gehobene Komplexität der Übungen soll anhand des folgenden Übungsbeispiels verdeutlicht werden.

In der Klasse „Beginner“ wird hauptsächlich nur im Normalschritt gelaufen. Vermeintlich einfach gehalten, gibt es nur einen rechten und einen linken Winkel, ein Anhalten und ca. 10 Meter Laufschritt. Aber, wie in anderen Sportarten auch, steigen natürlich die Anforderungen von Klasse zu Klasse und so beinhaltet die höchste Klasse (Stufe 3) schon drei Gangarten.

Die Ausführungen durch den Hund müssen natürlich schnell und sauber sein. Das Apportel muss ohne Knautschen gebracht werden. Je höher die Perfektion, desto besser!

Übung der Klasse 3: Der Hund wird um eine 20 Meter entfernte Pylone geschickt, muss nach ca. 2 Metern auf dem Rückweg durch Sicht- oder Hörzeichen in die Position Sitz, Platz oder Steh, die der Steward vorher ansagt, gebracht werden. Dann bekommt der Hundeführer die Anweisung, den Hund über eine rechte oder linke Hürde abzurufen, wobei dieser auch noch ein vorher ausgelegtes Apportel mitbringen muss.

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Foto: Apportiertraining für Deutschlands erfolgreichsten Obedience-Hund Freezer

Es gibt aber auch Übungen, wie die Distanzkontrolle, bei der der Hund in großem Abstand zu seinem Besitzer eine Reihe von Positionswechseln (Sitz, Platz, Steh) ausführen muss, ohne sich dabei von der Stelle zu bewegen.

Ein weiterer entscheidender Unterschied zum IPO-Sport beispielsweise ist der, dass im Obedience nicht stur nach „Schema F“ vorgeführt wird. Während im Unterordnungsteil der IPO die Reihenfolge immer gleich ist, bestimmt hier ein Steward anhand der gültigen Prüfungsordnung den Ablauf jedes Mal wieder neu. Die PO schreibt zehn Übungen vor, durch die mögliche Varianz kann man die Ausführungen an vorhandene Platzverhältnisse anpassen und es bleibt immer spannend. Der Hund muss sich zwangsläufig auf seinen Menschen konzentrieren, um zu erfahren, was er als Nächstes tun soll. Hundeführer, die bisher mit ihren Hunden alle Übungen immer nach demselben, wiederkehrenden Muster ausgeführt haben, müssen hier umdenken. "Hör"zeichen & Sozialverhalten Jeder Hundeführer kann in den Übungen eigene, maximal dreisilbrige Hörzeichen verwenden. Vorgeschrieben ist in der PO nur, ob Sicht- oder Hörzeichen verlangt werden und wie oft diese in einer Übung gegeben werden dürfen. In Gruppenübungen, die in jeder Leistungsklasse etwas anders gestaltet sind, wird das Verhalten des Hundes gegenüber Artgenossen und dem Menschen überprüft. Dabei kann zum Beispiel die Umrundung einer Gruppe Hundeführer mit ihren Hunden verlangt sein oder Sitz- und Platzübungen, bei denen die Hundeführer 116

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Foto: Amrei Groß

Bei der Geruchsunterscheidung geht es für den Hund darum, aus mehreren gleich aussehenden Gegenständen denjenigen zu apportieren, der den Geruch seines Besitzers trägt.

sogar außer Sicht geschickt werden. Es befinden sich immer alle Hundeführer einer Klasse mit ihren Hunden zur Gruppenübung auf dem Platz. Der Abstand zwischen den Teams ist vorgesprieben und die maximale Anzahl der Teams auch. Obwohl Obedience „nichts weiter“ als Gehorsam ist, wird dieser ohne Zwang erreicht. Durch die Motivation über Futter und besonders über den Spieltrieb wird erreicht, dass der Hund die erwünschten Handlungen freudig zeigt. Ziel ist eine exakte Vorführung, bei der auch das harmonische Verhältnis zwischen Hund und Hundeführer beurteilt wird. Es gibt also Punkte für eine harmonische Zusammenarbeit, die motiviert und aufmerksam gezeigt wird. Abzüge gibt es für zu laute Kommandos, ein Anfassen des Hundes (außer bei Lob) und auch für Rempler aller Art. Was man sich im IPO-Sport nur schwer vorstellen kann, findet in der Obedience-Bewertung ebenfalls Beachtung: Ist ein Hund mit einer Übung sichtbar überfordert und schafft diese nicht, dann wird eine unterlassende Hilfestellung durch den Hundeführer ebenfalls entwertet.

So ... das sind wohl die grundlegendsten Dinge, die man über Obedience sagen kann.

Die Faszination, die für mich dieser Sport ausmacht, ist die ständige Herausforderung, seinen Teampartner Hund zu absolut exakter und schneller Arbeit anzuleiten. Eine hohe Trainingsintensität und viel Detailarbeit sind nötig, um in dieser Sportart erfolgreich zu sein. Man muss sich nicht nur darüber intensiv Gedanken machen, wie man die einzelnen Übungen aufbauen möchte, sondern auch im Besonderen die Fähigkeiten und Eigenschaften des eigenen Hundes kennen. Da muss man rassetypisch schon ein wenig genauer hinschauen.


HUNDESPORT

OBEDIENCE

Jede Rasse hat eigene Bewegungsabläufe, was das Laufen, das Anhalten, das Springen u.s.w. betrifft. Ein Border Collie ist ein leichter, grundschneller Hund, der immer maximales Tempo gehen muss. Eine Abrufübung muss dieser beispielsweise in vollem Galopp zeigen und sollte trotzdem nach dem Hör- oder Sichtzeichen sofort stehen. Der Border Collie kann das aufgrund seiner Anatomie und Wesensveranlagung durch seine jahrelange Selektion in der Hütearbeit. Schafe bekommt man nicht überredet, die Richtung zu ändern, sondern man muss schnelle Richtungsänderungen durchführen können und nie die Ausdauer verlieren. Border Collies sind oftmals „workaholics“, Wiederholungstypen, die man 25 Mal in eine Übung schicken kann und die diese immer wieder mit derselben Begeisterung ausführen. Das ist deren Vorteil, denn für Perfektion braucht es sehr viele Wiederholungen. Beim Deutschen Schäferhund sieht das etwas anders aus. Durch seine Körpermasse ist es für ihn nicht einfach, aus voller Geschwindigkeit

eine Vollbremsung hinzulegen. Dies zu trainieren, bedeutet einen anderen Weg zu gehen, als zum Beispiel beim Border Collie. Trainiert man dies zu oft, wird er immer langsamer, denn „man muss ja eh anhalten.“ Die Rasse hat quasi einen "voraus eilenden Gehorsam" und dass kann einen sehr schnell in den Wahnsinn treiben. Da Hunde oft eigene Wesenszüge einbringen und manche bei Wiederholungen eher mal „nachfragen“, ist Ausbildung von Hund zu Hund grundverschieden und erfordert viel Geschick vom Hundeführer. Verbreitung In Deutschland steckt Obedience immer noch ein wenig in den Kinderschuhen. Es gibt zwar viele Hundesportler, die mittlerweile diesen Sport betreiben. Um wirklich oben mitspielen zu können, geht es aber auch in diesem Sport nicht ohne das entsprechende Umfeld. Die skandinavischen Länder verfügen über 50 Jahre Erfahrung im Obedience und setzen jedes Jahr auf der Weltmeisterschaft Zeichen. Obedience besitzt in diesen Ländern einen anderen Stellenwert. In Deutschland fehlt es oftmals an Trainern und einfach auch noch ein wenig an Bekanntheit. Das könnte am Begriff „Obedience“ selbst liegen oder daran, dass nach dem Reinschnuppern schnell erkannt wird, wie aufwendig und langwierig die Ausbildung ist.

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Rassetypische Unterschiede

Man kann in anderen Sportarten schneller in den Wettstreit gehen, an Turnieren teilnehmen. Im Obedience mal eben schnell eine Prüfung mitzulaufen, ist nicht machbar und auch in den unteren Klassen wird schon recht streng gerichtet. Viele Teams hängen

Foto: Gerlinde Dobler gewann mit Dory Princess Ynis Avalach den SV-Obedience-Worldcup 2016

Die Autorin Gerlinde Dobler mit Dory Princess Ynis Avalach in Meppen 2016

in den Klassen 1 oder 2 fest und da kann man schnell die Lust verlieren, wenn man keine Hilfe hat. Manche Übungen sind auch schwierig allein zu trainieren, da Prüfungsabläufe zumindest zeitweise beachtet werden sollten. Als Beispiel steht hier die Übung „korrekte Bezeichnung“, bei der ein fremder Mensch die Apportel auslegt. Auch sollte der Hundeführer im Training mal „kommandiert“ werden. Hundeführer, die schon über Erfahrungen im Aufbau besitzen und wissen, welche Dinge notwendig sind bzw. worauf von Anfang an geachtet werden muss, die Triebförderung und korrektes Handling beherrschen und hierbei die Balance bilden, sind recht schnell erfolgreich. Gute Kenntnisse in der Prüfungsordnung sind erforderlich, um Abläufe zu verstehen.

Das Wichtigste aber sollte sein, dass der Spaß nicht zu kurz kommt. working-dog-magazin

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E

ine der derzeit erfolgreichsten Obedience-Sportlerinnen in Deutschland ist Sandra Rohrer.

Die Rammingerin begann schon im Alter von 13 Jahren mit einem Irish Setter. Mit Australien Shepherd Monty trainierte sie später vom ersten Tag an Obedience und schaffte 2009 gleich die Teilnahme an der VDH-DM.

Aber schon im nächsten Jahr standen beide ganz oben auf dem Podest, wurden sensationell FCI-Weltmeister in Helsinki, nachdem sie auf den nationalen Qualifikationen und Meisterschaften schon sehr erfolgreich unterwegs waren. Auf der dritten FCI-WM in Torino 2015 wurden beide Siebente. Foto: privat

Im Jahr 2010 zog Border Collie „I´m Freezer vom Chiemgauer Ländchen“ bei Sandra ein und da sie zwischenzeitlich schon eine Menge Erfahrungen in Sachen Obedience gesammelt hatte, ging ihre Karriere recht steil nach oben.

Nach drei Jahren Ausbildung erreichten beide auf ihrer ersten VDH-DM mit 311,5/320 Punkten den Vizesieg und somit die Fahrkarte zur FCI-WM nach Budapest. Auf ihrer ersten Weltmeisterschaft war Freezer als der jüngster Teilnehmer am Ende 26. der Gesamtwertung (52 Hunde).

Sandra Rohrer (46) Projektleiter eCommerce verheiratet, Hundesport seit 2004 Obedience & Agility Erfolge: Monty - OB3, A3 2009 Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft (DM) Obedience Freez - OB3, A1 2013: 2. Platz VDH-DM Teilnahme FCI-WM Sieger swhv-Verbandsmeisterschaft Sieger dhv-DM 2014: FCI-Weltmeister + Team-Vize-WM 2015: Sieger VDH-DM 7. Platz FCI-WM + Team-Vize-WM Italienischer Champion Foto: Amrei Groß

2016 : Teammitglied Crufts World Cup Vizesieger VDH-DM Vizesieger SWHV Vizesieger dhv-DM

"Obedience ist im Grunde keine Hundesport-Disziplin, sondern eine Einstellung." 118

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HUNDESPORT

OBEDIENCE

{ INTERVIEW } Warum machst Du Obedience und keinen anderen Sport mit deinem Hund?

Was ist das Besondere an Freez? Sandra Rohrer: Freez ist für mich „the one and only“. Er ist immer für mich da und im Ring erst recht! Wir sind ein perfektes Team geworden. Er ist ein sehr, sehr freundlicher Rüde, der bei der Arbeit immer alles gibt. Es ist nicht immer richtig, was er tut. Aber egal was er tut, er tut es immer mit einer für mich einmaligen Intensität und Leidenschaft. Rennen ist für ihn die größte Belohnung und so ist es einfach, mit ihm eine Prüfung zu laufen. Freez ist ein Border Collie mit guter Auffassungsgabe und hohem „will to please“! Doch durch seine agile Art steht er sich sicherlich auch selbst des Öteren im Wege.

Sandra Rohrer: Obedience ist für mich der ideale Sport, den man immer und überall trainieren kann. Man braucht keinen Verein, alle Basics lassen sich quasi im Wohnzimmer trainieren. Es ist wichtig, dass Mensch und Hund ein eingeschworenes Team werden und sich gegenseitig vertrauen. Zudem fasziniert mich der Wechsel bzw. die Kombination von Geschwindigkeit, Präzision und voller Konzentration. Welche Voraussetzungen braucht ein Hundehalter, um im Obedience erfolgreich zu sein?

Wie groß ist Dein Trainingsaufwand? Bist Du Profi oder ist das noch Hobby?

Sandra Rohrer: Man muss Geduld haben, Liebe zum Detail und Spaß daran, seinem Hund etwas beizubringen. Wenn der Hundehalter auch noch Spaß daran findet auszuklügeln, wie er seinem Hund mit seinen speziellen Begabungen beibringt, genau das zu zeigen, was der Hundeführer sehen will, ist alles perfekt!

Sandra Rohrer: Vor wichtigen Prüfungen trainieren wir 5 bis 7-mal die Woche. Zudem geht er alle 2 Wochen aufs Unterwasserlaufband und wird von seiner Physiotherapeutin betreut. Dazu kommen noch die kleinen Übungseinheiten, die wir nebenher daheim machen. Und nein, Profi bin ich nicht! Ich habe einen 75%-Job und bin zusätzlich noch selbständig. Obedience ist für mich ein reines Hobby, bei dem ich einfach nur Spaß mit meinen Hunden habe.

Irish Setter, Australian Shepherd, Border Collie – das sind drei Typen Hunde, mit denen Du bisher gearbeitet hast. Ist der Border Collie für dich die perfekte Rasse für Obedience oder wird Dein vierter Hund wieder ein anderer Typ?

Welche Ziele hast Du für 2017? Sandra Rohrer: 2017 ist es mein Ziel, mich mit Freez zur FCI-WM zu qualifizieren und in Belgien zu starten. Danach möchte ich noch die swhv-Verbandsmeisterschaft laufen und die DHV-DM. Bei den Qualis für die FCI-WM 2018 wären wir auch gern wieder dabei.

Rasse: Border Collie Wurftag: 22.04.2010 - VDH/ZBrH BOC REG 1473 Ausbildungskennzeichen: BH, OB3, A1 Zucht: SG / Körklasse 2 HD A, ED & OCD frei, MDR1 +/+, CEA normal, TNS normal Abstammung:

Vater: Anatol vom Asperhof Mutter: Anne-Brit vom Chiemgauer Ländchen

Foto: Amrei Groß

I´am Freezer v Chiemgauer L.

Sandra Rohrer: Der Australian Shepherd war damals die vermeintlich einfachere Rasse, weil ich mir einen Border Collie nicht zugetraut hatte. Der 4. Hund ist schon da und ist auch wieder ein Border Collie. Bei der Rasse werde ich auch bleiben, weil es für mich die perfekte Rasse ist, auch wenn nicht jeder Border Collie automatisch perfekt für Obedience ist. Meine junge Hündin beispielsweise ist „born for agility“ … und das ist auch gut so! Die Fußstapfen, die Freez für mich im Obedience hinterlässt, sind zu groß für jeden, der nachkommt!

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Foto: hundesport-fotografie.de/Andreé Flenner

"Egal ob im realen Einsatz oder im sportlichen Wettkampf: Die Rettungshundearbeit braucht Hunde mit Nervenfestigkeit, Trittsicherheit und beständigem Triebverhalten für sicheres, ausdauererndes Suchen." Nicole Beutler

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HUNDESPORT

RETTUNGSHUNDESPORT

SPORT vs. EINSATZ Die Frage, ob man seinen Hund rein sportlich oder doch ehrenamtlich in einer Einsatzstaffel führen möchte, muss die "Nation" nicht spalten! TEXT: NICOLE BEUTLER │ FOTOS: ANDREÈ FLENNER (hundesport-fotografie.de)

D

ie Rettungshundearbeit kann in einer Einsatzorganisation zur Suche nach vermissten Personen ausgeübt werden. Seit etlichen Jahren gibt es aber auch den Rettungshundesport, bei dem das Können der Teams innerhalb einer festgeschriebenen Prüfungsordnung bis hin zu Einzel- und Mannschaftsweltmeisterschaften abgefragt wird. Jeder Hundeführer kann für sich selbst entscheiden, wo er seinen eigenen Schwerpunkt sieht und nicht wenige führen ihre Hunde aktiv im Einsatz und auch im Sport. Für die Entscheidung zum Einsatzhundeführer im Ehrenamt sind die persönlichen Lebensumstände wichtig. Man sollte sich die Frage nach zeitlicher Flexibilität stellen und, ob der eigene Arbeitgeber unter den Umständen eines angefragten Einsatzes im

Ernstfall einen freistellt oder nicht. Ist die Familie bereit, einen oft zu entbehren und dies auch über mehrere Tage, wenn eine Fortbildung ansteht? Hat die Familie Verständnis, wenn die Familienfeier verlassen werden muss, um Personen in Not zu helfen? Ist man auch bereit, neben der Ausbildung der Hunde eventuell vorhandene Einsatzfahrzeuge zu pflegen und regelmäßig an theoretischen Weiterbildungen in den Bereichen Karte, Kompass, GPS und erste Hilfe teilzunehmen? Kommt man mit der seelischen Belastung klar; letztlich weiß man als Hundeführer nie, was man auffindet. Die Suche nach Kindern beispielsweise ist meist eine enorm große Belastung, mit der man umgehen können muss. Die eigentliche Ausbildung der Rettungshunde und deren Einsatz im Ernstfall können und sollten sicher

nicht als „Sport“ bezeichnet werden. Und auch wenn einige der genannten Punkte die RH-Sporthundeführer nicht betreffen mag, so ist doch auch für diese Art der Arbeit mit den Hunden extrem viel Aufwand nötig. Und auch hier gehen ganze Wochenenden ins Training der Hunde statt in das gemeinsame Familienleben! Neben der Sucharbeit ist der Gehorsams- und Gewandtheitsteil für den Sportrettungshund Pflicht. Hier gilt es, ähnlich den anderen Hundesportarten, in Teilen der Unterordnung als auch an verschiedenen Geräten die Führigkeit und das sichere Körpergefühl aufzuzeigen. Freifolge und Apportieren eines Gebrauchsgegenstandes sind ebenso Elemente wie das Begehen einer waagerechten Leiter, einer beweglichen Fassbrücke oder das sog. „Detachieren“ – die Lenkbarkeit über größere Entfernung mit Senden von Punkt zu Punkt. » working-dog-magazin

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Die Hunde werden neben der normalen Arbeit wie Spitzensportler behandelt; ob Konditionstraining am Fahrrad oder auf dem Laufband, Physiotherapie und auf das Team abgestimmte Trainingsprogramme – auch hier werden jährlich viele Stunden und tausende Kilometer in das Hobby investiert. Während also der Schwerpunkt der Hilfsorganisationen überwiegend in der eigentlichen Personensuche liegt und im Bereich der Gewandtheit nur die wichtigsten Elemente nebenbei abgefragt werden, ist der Sportrettungshund auch zu einem Drittel hier stark gefordert. In den letzten Jahren finden sich nun aber immer öfter Trainingsgruppen, die sowohl aus Einsatz- als auch aus Sporthundeführern bestehen und einige von ihnen sind sogar auf beiden Schienen extrem erfolgreich unterwegs! Bei diesen Arbeitstreffen wird gemeinsam mit den Hun-

den trainiert und es erfolgt reger Austausch über die verschiedenen Ausbildungswege und Anforderungen.

und deren Eigenarten in der Arbeit machen doch den Reiz und die Faszination der Hundeausbildung aus. Es gibt nicht DEN Weg in unserem gemeinsamen Hobby – es gibt immer den ganz individuellen Weg des einzelnen Teams. Wo der eine Hundeführer mit Futter trainiert, tut es der andere mit Ball. Der eine Hund möchte mit den Versteckpersonen spielen, der andere lieber mit dem Hundeführer. Der Dritte will vielleicht gar nicht spielen, sondern hat einfach Freude an der Bestätigung selbst.

So kann man von- und miteinander lernen und den eigenen Horizont erweitern. Im Ergebnis hat sich schon so mancher Sporthundeführer dazu entschlossen, neben seinem eigentlich sportlichen Schwerpunkt die Arbeit in der Staffel ebenfalls anzustreben – oder auch umgekehrt. Treffen die Leute aufeinander, ist doch schnell ein gemeinsames Thema gefunden: die Rettungshundeausbildung!

Erste Hilfe kann auch einem Sporthundeführer nie schaden. Das Gleiche gilt für Orientierung im Gelände und durch die Kontakte zum Sport und damit oft auch zum IPO- oder Obediencebereich. Durch diese kann bei so manchem eigenwilligen Einsatzhund das ein oder andere Problem auch gelöst werden. Neben viel Spaß entsteht also auch noch für beide „Seiten“ eine Win-win-Situation.

Die mitunter aufkommenden Diskrepanzen, wer denn nun die bessere Arbeit macht und wer damit der „bessere“ Mensch bzw. das bessere Team ist, stört die eigentliche Arbeit mit den Hunden. Gerade die Vielfalt der unterschiedlichen Ausbildungswege und Möglichkeiten, die zahlreichen unterschiedlichen Rassen

Medienfoto redog.ch

Eines ist klar: im Einsatz und im Sport geht es um das Auffinden von vermissten Personen. Anlässlich einer Einsatzüberprüfung oder anlässlich einer Sportprüfung sind dabei entsprechende Vorgaben zu erfüllen.

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Foto: Ein Einsatz ist immer mit großen Strapazen für den Hund und den Hundeführer verbunden

In einer vorgegebenen Maximalzeit muss eine bestimmte Anzahl an „Opfern“ im angegebenen Gelände aufgefunden und deutlich angezeigt werden. Es gibt zwar Unterschiede in den einzelnen Hilfsorganisationen bzw. Wettkampfformen, aber für alle gilt in diesem Moment: „Such und finde!“ Findet das Team nicht alle „Opfer“, besteht es die Prüfung nicht. Also gibt es entweder keine Punkte oder eben keine bescheinigte Einsatzfähigkeit. In der Arbeit der Hunde selbst gibt es nicht so große Unterschiede. Aber während der Einsatzhund auch über sehr lange Suchzeiten mit zwischenzeitlicher Versorgung der „Verletzten“ und dem damit abflachenden Triebverhalten zurechtkommen muss, ist der reine Sportrettungshund überwiegend auf eine Hochleistung über 30-45 Minuten trainiert und ausgebildet. Was vielen nicht bekannt ist: Man kann über die Internationale Rettungshunde Organisation (IRO) mit einem in der höchsten Sportprüfungsstufe geprüften- Hund den sogenannten „MR-Test“ (Mission Readiness-Test) absolvieren. Nach erfolgreichem Abschluss kann das Team für internationale Einsätze zur Verfügung stehen. Der MR-Test wird in den Sparten Trümmer und Fläche durchgeführt und erfolgt über 2436 Stunden. Im Rahmen des Einsatztests sind praktische und theoretische Aufgaben zu bewältigen. Die Teams müssen sich so verhalten,


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als ob sie in ein fremdes Land zur humanitären Hilfsleistung kommen würden. Das heißt, sie müssen den erforderlichen Meldepflichten im betroffenen Land nachkommen, die dortigen Lebensgewohnheiten berücksichtigen und sind von der Anreise bis zur Abreise auf sich selbst gestellt. Sie müssen ihre eigene Verpflegung und Notfallversorgung sicherstellen, die erforderliche Ausrüstung mit sich führen und natürlich auch entsprechende Kenntnisse und Möglichkeiten zur Ortung auch an schwierig zu erreichenden Stellen und zur Erstversorgung etwaiger Geretteter oder Verletzter haben. Im MRT–Fläche müssen mindestens drei, jeweils 60-minütige Sucharbeiten in der Flächensuche und der Wegesuche bei Tag und Nacht absolviert werden, wobei die Anzahl der gesuchten Personen unbestimmt ist. Der MRT-FL basiert auf Szenarien und inkludiert Suchen. Erste Hilfe Hund und GPS/ Kartenlesen/Orientierung/ Suchtaktik. Während der Sucharbeiten sind Ablenkungen durch Camper, Waldarbeiter, Spaziergänger, Feuer und dergleichen vorgeschrieben. Die Suchgebiete betragen 60.000qm für die Tag- und Nachtsuche und eine maximale Länge von 3000m bei der Wegesuche. Beim MRT-Trümmer finden die Teams u.a. vermisste Personen unter zwei Meter hohen Schuttbergen sowie Verstecke, die für den Hund keinesfalls zugänglich sein dürfen. Um die Kulisse re-

alistisch darzustellen, sind Bergungsgeräusche wie Bagger, Kettensägen usw. sowie sich bewegende Personen innerhalb des Suchgebietes üblich. Essensreste liegen ebenso herum wie getragene Kleidung und selbst freilaufende Hunde dürfen den suchenden Hund nicht von der Arbeit abbringen.

Wer als RH-Sporthundeführer also seinen Hund gut ausgebildet hat, kann sich über eine anspruchsvolle IROÜberprüfung auch zum Einsatzhundeführer im Ehrenamt qualifizieren. Damit ist der Sportbereich gar nicht so sinnlos und realitätsfremd, wie oft behauptet wird. Eine ganz persönliche Sicht möchte ich nicht unerwähnt lassen: Hundeführer, die ausschließlich im RHSport aktiv sind, sollten es tunlichst vermeiden, sich den Behörden einfach für die Suche nach Vermissten anzubieten oder gar bei privaten Anfragen auf Eigeninitiative hin loszuziehen! Vielmehr besteht bei einer akuten Gefahrenlage die korrekte Handlung immer darin, die Polizei zu informieren und dieser ggf. den Kontakt zu einer Staffel anzubieten. Wer hier aus eigenem Ego oder Selbstüber-

Foto: hundesport-fotografie.de/Andreé Flenner

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schätzung loszieht, handelt fahrlässig! Sehr wohl kann man aber wie jeder normale Bürger helfen, die Suchenden beruhigen und sich einfach als Spaziergänger aufteilen und damit der Polizei unter Umständen Hinweise geben. Trotzdem kann der RHSport sehr gute Öffentlichkeitsarbeit leisten, indem er beispielsweise im Rahmen von Wettkämpfen über die Bereiche Sport und Staffelarbeit aufklärt, die Anforderungen gegenüberstellt und auf die wichtige und unverzichtbare Arbeit von Rettungshunden hinweist. Es wäre wünschenswert, die Kluft, die teilweise noch zwischen Einsatz- und Sporthundeführern besteht, zu schließen und miteinander die bestmögliche Ausbildung anzustreben; unabhängig von persönlichen Interessen!

Foto: Für den Rettungshundesport und die ehrenamtliche Rettungshundearbeit sind viele Rassen und auch Mischlinge geeignet

Wenn jeder bereit ist, sich mal auf einen anderen Blickwinkel einzulassen, mal über den Tellerrand schaut und andere nicht nur kritisiert, sondern sich mit deren verschiedenen Arbeitsweisen und Zielen auseinanderzusetzt, dann könnten Vorurteile bald der Vergangenheit angehören! Im Vordergrund sollte die Arbeit mit dem Hund stehen. Eine Arbeit, die den Hund geistig und körperlich fördert, ihn im Sport zu Höchstleistungen motiviert und/oder ganz nebenbei vielleicht auch mal der Gesellschaft helfen kann.

„Es gibt nicht die Einen oder die Anderen – es gibt nur UNS!“ working-dog-magazin

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Ehrenamtlich in der Einsatzstaffel: SABINE BAHR ca. 200 Einsätze Hunde: Debbie - Rasse: Malinois (WT: 02.09.05) , geprüft Fläche + Trümmer, einsatzfähig Duivelsbos Qarla - Malinois (WT: 09.01.15, in Ausbildung Fläche + Trümmer Seit wann bist Du im RH-Bereich aktiv? Ich bin seit Ende 2005 in der Einsatzformation Rettungshunde des DRK-Kreisverbandes Recklinghausen. Welche Position hast Du in der Staffel? Als Hundeführerin, Ausbilderin, Eignungstestbewerterin, und Prüferin bin ich Mitglied des Arbeitsgemeinschaft Rettungshundewesen des DRK-Landesverbandes WestfalenLippe. Warum bist Du ausschließlich im Schwerpunkt „Einsatz“ aktiv? Weil es mein Anliegen ist, Menschen in Not zu helfen. Das mache ich auf sanitätsmäßigen Einsätzen bei Veranstaltungen etc. und suche mit meinen Hunden vermisste Personen. Da diese Arbeit sehr umfangreich und zeitintensiv ist, fehlt mir dann die Zeit, noch zusätzlich Trainingseinheiten einzubauen. Wie siehst Du den RH-Sport? Es ist eine sportliche Schiene, wo Punkte zählen. Wir nutzen diese auch gern für uns als eine Möglichkeit, mal Prüfungssituationen zu durchleben. Das ist vor allem für unerfahrene Hundeführer mit Prüfungsangst wichtig.

Zu Beginn der Prüfung ist nach unserer gemeinsamen Prüfungs- und Prüferordnung auch ein Verweistest zu absolvieren, es werden Mindestanforderungen abgefragt und auch Hochopfer sind möglich. Bei einem Fund müssen unsere Hunde abgelegt werden und die Hundeführer müssen eine adäquate Erstversorgung sowie die Nachforderung von Hilfe mit genauer Ortsangabe durchführen. Erst danach kann weiter gesucht werden. working-dog-magazin

Wäre Deiner Erfahrung nach ein RH-Sporthund, der die höchste Stufe erreicht hat, für einen Einsatz tauglich, wenn man mal den Hundeführer ohne Berücksichtigung läßt? Einsatzprüfungen für Rettungshunde sind Teamprüfungen. Das Team muss die Leistung erbringen. Ungeachtet des Hundeführers wäre aus meiner Sicht auch ein Sportrettungshund in der Lage, Personen im Ernstfall aufzufinden.

"Unsere Hunde müssen schon sehr gut mit Frust umgehen können."

Worin unterscheiden sich die Anforderungen an die Hunde? Unsere Hunde müssen ihre Leistung überall abrufen können. Auf einer Prüfung, die alle 18 Monate Pflicht ist, gibt es auch einen Gehorsamsteil, der auch auf Parkplätzen, Kaninchenwiesen oder Ähnlichem möglich ist. Nur in den seltensten Fällen haben wir einen gepflegten Hundeplatz zur Verfügung.

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Das bedeutet, unsere Hunde müssen schon sehr gut mit Frust umgehen können. Im Einsatz müssen sie dann deutlich größere Gebiete absuchen, die sehr selten mit einem Fund belohnt sind. Es kann vorkommen, dass bei einem Einsatz eine Person vermisst wird, aber 40 Teams auf das Suchgebiet verteilt werden. Gefunden wird diese Person dann irgendwo in der Örtlichkeit, aber nur von einem Team. Die anderen Hunde gehen „leer“ aus. Das heißt, dass die Hunde bei den meisten Einsätzen "leer" ausgehen und trotzdem müssen sie immer noch motiviert genug sein, um ein evtuell noch weiteres Gebiet auch abzuarbeiten.

Warum nicht der Hundeführer? Welche Qualifikationen fehlen diesem? Ich kenne mich jetzt nicht mit den Prüfungsordnungen der privaten Rettungshundevereine aus. In der gemeinsamen Prüfungs- und Prüferordnung von DRK, ASB, Malteser und Johanniter muss jeder Hundeführer auch theoretische Kenntnisse und Ausbildungen nachweisen. Das ist für die Bereiche Funk, Karte/Kompass, Einsatztaktik, Erste Hilfe für Hund und Mensch notwendig. Es erfolgt auch eine sanitätsmäßige Ausbildung. Wieviele Einsätze habt ihr mit eurer Staffel jährlich circa? Da wir in einem Ballungsgebiet sind, haben wir nicht so viele Einsatze. In Bayern arbeitet das DRK ca. 400 Einsätze im Jahr ab. Wir haben ca. 20 -30 Einsätze. Kommt es dabei oft zu einem Fund? Natürlich sind auch Funde dabei, aber auch nicht immer von unserer Staffel. Aber wir haben auch schon lebende Personen gefunden. Leider kommen wir aber bei Suizid auch schon mal zu spät.


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Hobbymäßig im Sport: SILKE UPHOFF RH-Sport seit: 2011 Erfolge und Teilnahmen: Landesmeisterschaft (2015): 3. Fläche A - RH-DM 2015: 9. Platz Fläche B Landesmeisterschaft (2016): 6. Platz Fläche B - Deutsche Meisterschaft (2016): Fläche B Hund: TS JJ Junior - Rasse: Australian Shepherd Warum betreibst Du ausschließlich RH-Sport bzw. was hält Dich davon ab, in einer Einsatzstaffel tätig zu sein? Ich betreibe den RH-Sport eigentlich nicht für mich sondern für meine Hunde. Meine Hunde arbeiten gerne mit mir im Grundgehorsam, an den Geräten auf dem Platz und auch in der Fläche zusammen. Genau, ich mache Flächensuche. Aufgaben gemeinsam als Team zu lösen, erfüllt meinen Hund und macht mir riesigen Spaß. Mich mit anderen in einem Wettkampf zu messen, ist für mich immer eine kleine Herausforderung, bei der man sich auch immer selber überprüfen kann. Prüfungen, bei denen ich u.a. im fremden Gelände zurechtkommen muss und mein Hund fremde Versteckpersonen zu suchen hat, stellen eine große Herausforderung dar.

Wie viele Prüfungen führst Du im Schnitt jährlich? Das kommt drauf an, ob irgendwo eine Prüfung ist, wo man sich noch mal mit netten RH-Kollegen treffen kann. So 4-5 Prüfungen im Jahr sind das durchschnittlich schon. Worin siehst Du selbst die unterschiedlichen Anforderungen an Sport- und Einsatzhund? Für mich wird beim Sporthund ganz klar ein größeres Augenmerk auf den Grundgehorsam gelegt. Die Unterordnung wird hier definitiv mehr gefordert und somit mehr gefördert. Beim Einsatzhund stehen andere Prioritäten ganz oben auf der Tagesordnung.

Die Art der Nasenarbeit (ich kann jetzt hier aber nur für die Fläche sprechen und was meine eigenen Beobachtungen Ich kann und möchte mich niemals negativ zu Einsatzorgawaren) wird etwas anders aufgebaut, trainiert und genisationen äußern. Diese Leute machen einen tollen Job führt. Aber auch hierbei lasse ich mich gern vom Gegenteil und das ehrenamtlich. Sie tun dies oft in ihrer Freizeit - das überzeugen. In Sportprüfungen steht dem Hund-Menschdarf man nie vergessen! Da sind Mut Team auch nur eine bestimmte Zeit für und Durchhaltevermögen gefragt und das Auffinden der jeweiligen Personen zur oftmals spielt viel Frustration eine Rolle. Verfügung. "Beim Sporthund Ich für meinen Teil möchte nicht diesem liegt ein größeres ständigen Druck, ein Menschenleben Ich selber kenne jedoch auch Einsatzhun„retten zu müssen“, ausgeliefert sein und de, die ganz wunderbar im Sport geführt Augenmerk auf dem meine Hunde Gefahren aussetzen, die werden und große Erfolge einfahren. DieGrundgehorsam." ich nicht beeinflussen kann. Ich glaube, se Hunde werden von ihren Hundeführern dafür bin ich einfach zu „weich“. Ich bin neben dem Einsatz auch sportlich geführt nicht der Typ Mensch, der mit Nichtaufund ausgebildet. finden einer Person gut umgehen könnte. Oft ist es auch der Fall (z.B. bei Erdbeben), dass Personen nicht mehr Ganz klar bin ich jedoch auch der Meinung, dass ein richtig lebend gefunden werden können oder nur Teile davon. Selgut ausgebildeter Sporthund ebenfalls eine Einsatzprüfung ber ist man dauernd in Bereitschaft. Das ist schon Stress. schaffen kann und im Einsatzfall seinen Dienst genauso Nein, Hut ab vor den Leuten, die das können und sich dem tut. Ob besser oder schlechter, darüber möchte ich mich stellen. Mich würde das auf die Dauer kaputt machen. überhaupt nicht streiten. Ich denke, das kommt auch darauf an, wie gut das Hund-Mensch-Team bereit ist, sich auf All das sind für mich Gründe, warum ich lieber mit meinem „neue Dinge“ einzulassen. Hund im Sport arbeite. Hier bin ich „freier“ und kann selbst entscheiden, wann und wo ich was mache. Das ist kein Fazit: löblicher Grund, jedoch wurde ich gefragt und habe ehrlich Ich selber möchte noch viel lernen, mich weiterentwickeln geantwortet. Dennoch möchte ich allen Staffelmitgliedern und bin sicher, dass beide Bereiche voneinander lernen und Einsatzorganisationen meinen herzlichen Dank für ihre und profitieren können. Zeit und die geleistete Arbeit aussprechen.

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praxis pur Kein anderer Hundesport ist so praxisorientiert, kein anderer so umstritten wie die holländische Königsklasse INTERVIEW: CONSTANZE RÄHSE │ FOTOS: michielschaak.nl/MICHIEL SCHAAK / pics4dogs.eu/JAN REDDER

In allen Bereichen des Lebens finden sich heute Hunde, die ihren Dienst an der Menschheit tun. Ob als Spürhunde für Sprengstoff, Drogen oder Krebszellen, als Schutzhunde an Grenzen, in Polizeieinsätzen oder als Rettungshunde - Arbeitshunde mit echten Gebrauchshundeeigenschaften braucht das Leben augenscheinlich und diese Hunde mit ihren Eigenschaften zu erhalten und auszubilden, hat sich die Königliche Polizeihundevereinigung der Niederlande zum Ziel gesetzt.

Fotos: michielschaak.nl/Michiel Schaak

K.N.P.V.-zertifizierte Hunde sind weltweit gefragt. Trotzdem hat sich die praxisnahe Ausbildung in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu einem Sport entwickelt, den auch Hundeführer mit rein sportlicher Motivation ausüben. Einer der erfolgreichsten der niederländischen K.N.P.V.-Szene ist Rick Verbruggen, der 2016 mit dem zweiten Deutschen Schäferhund in den letzten fünf Jahren auf dem Treppchen der nationalen Meisterschaft stand. working-dog-magazin hat ihn gefragt, was er an dem Sport an an der eigentlich K.N.P.V.-untypischen Rasse liebt. Foto: Rick Verbruggen mit Enzo van Wiersdijk Sieger K.N.P.V. 2016 in PH1

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K . N . P.V.

Rick Verbruggen: Ich finde es normal, dass jeder Hundesportler seinen Sport am besten findet, deswegen macht er ihn ja auch. Und dass Sprüche über andere Sportarten gemacht werden, gehört eben auch leider dazu. Ich denke aber, jeder, der sich mit anderen Sportarten mal auseinandersetzt, wird auch mehr Verständnis für diese bekommen. K.N.P.V. ist Praxis pur! Die Niederländische Polizeihundevereinigung (N.P.V.) wurde schon 1907 gegründet. Damals war das Ziel, außerhalb des Dienstes Hunde für die unterschiedlichsten Aufgaben auszubilden. Im Verein waren damals zu 100% Polizisten. Ca. 5 Jahre später bekam die N.P.V. sogar die königliche Krone und wurde damit als bis heute einziger Leistungsverein vom Könighaus anerkannt.

Enzo van de Wiersdijk

Das ist über 100 Jahre her und seitdem hat sich viel getan. Heute gibt es fast gar keine Polizisten mehr im Verein. Die Ausbildung ist ganz anders geworden, viel moderner, hundegerechter und lehnt sich sehr stark an die in anderen Hundesportbereichen an. Heute ist es ein Sport für jedermann und für viele Hundeführer reines Hobby, in dem es um Punkte geht, also um bestmögliche Ausbildung und Präsentation.

{ INTERVIEW } ABER: K.N.P.V. ist immer noch Praxis pur! Das hat sich über all die Jahre auch nicht verändert. Die Niederlande sind heute das größte Exportland für Diensthunde. 60-70% der zertifizierten Hunde werden in den praktischen Dienst entlassen. Grenzkontrollen, Polizeieinsätze, Militäreinsätze, Suchund Spürhunde, Personal-Protectionhunde etc. * WDM: Erkläre uns doch bitte kurz die Praxis dieser Sportart. Rick Verbruggen: In jeder Prüfungsstufe müssen die Hunde Übungen zeigen, die an der Praxis orientiert entwickelt wurden. Die beiden häufigsten Ausbildungsziele sind die Stufen PH1 und PH2. 80% aller Hunde werden nur in der PH1 zertifiziert. Es gibt auch noch die Objektbewachung, aber ich bleibe mal bei den PH-Stufen. In jeder Stufe gibt es drei Sparten, in denen die Hund unterschiedliche Abfragen bekommen. Obedience Sucharbeit Mannarbeit Im Bereich Obedience müssen die Hunde Gehorsamsübungen absolvieren. Dazu gehört die Fußarbeit, die sich aber von der aus dem IPO-Bereich unterscheidet, weil die dressierte Aufmerksamkeit für einen Diensthund nicht erwünscht ist. Es gibt die Übungen, wo der Hund am Fahrrad

Rasse: Deutscher Schäferhund Wurftag: 07.05.2013 - NHSB 2923429 Ausbildungskennzeichen: PH1 (K.N.P.V.) Zucht: HD: normal - ED: normal Erfolge:

Sieger: PH-1 Regional Championchip Uncertified Dogs 2015 Dutch Champion (PH1) 2016 (K.N.P.V)

folgen muss, Futter verweigern sollte und natürlich Sprung- und Apportierübungen. Bei den Sprungübungen sind beispielsweise ein breiter Graben zu überwinden und auch eine 1,75m hohe Palisade, für die der Hund nur einen Meter Anlauf bekommt. Dann gibt es die Wasserarbeit, wo der Hund in zwei Übungen zum einem ganz gerade an das andere Ufer schwimmen, dort absitzen und auf Ruf zurück schwimmen muss und zum anderen einen Gegenstand apportieren muss. Dieser ist entweder ein langes Brett oder ein gefällter Sack. In der Sucharbeit ist Nasenveranlagung gefragt. Die Hunde müssen in einem 14x14m großen Quadrat kleine Gegenstände suchen. Das sind drei 9mm große Kugeln, die dem Hundeführer gebracht werden müssen. In der Waldsuchübung geht es darum, eine vermisste Person oder eine Box aufzuspüren und anzuzeigen. Gegenstandsbewachung, Fluchtverhinderung, Hundeführerverteidigung sowie Stock- und Scheinangriffe sind Übungen der Mannarbeit. Der Hund muss diese selbstsicher ausführen, darf sich durch Kommandos von Fremdpersonen oder Pistolenschüsse nicht beeindrucken lassen und muss jederzeit in der Kontrolle seines Hundeführers stehen. Wenn man jetzt diese ganzen Übungsteile sieht, dann wird der Praxisbezug deutlich.

Vaterlinie

Abstammung Enzo

* WDM: Den K.N.P.V.-Sport gibt es nur in den Niederlanden. Für viele Laien und Hundeführer anderer Sportarten ist dieser befremdlich, d.h. sie verstehen nicht, warum dies ein HundeSPORT ist. Kannst Du kurz erklären, was K.N.P.V. ist und warum es zu den Hundesportarten gehört?

Caro van Brandevoort

Jucan von Peroh & Quchie von der Schiffslache Zender vom Lusondai & Petze van de Jilleshoeve

Amai van de Wiersdijk Mutterlinie

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Hunde, die diese Prüfungsstufen erreichen, sind für dienstliche Spezialaufgaben gut vorbereitet. * Die Frage, warum Du diesen Sport machst, kann ich mir fast schenken, weil ich Deine Begeisterung sowieso schon spüre. Rick Verbruggen: Ja ich liebe diesen Sport seit über 20 Jahren, weil er so vielfältig ist und eben so praxisorientiert. Das ist bei uns fast eine Familientradition. Ich habe mit meinem Vater zusammen trainiert und bin jetzt hauptsächlich mit meinem Bruder Tom, der 2012 Sieger der K.N.P.V aktiv. Auch Mein Onkel Bert Janssen ist ein sehr bekannter Hundeführer, der in der Vergangenheit mehr als 10x Teilnehmer der Meisterschaft war.

* Bildest Du Deine Hunde für den späteren Einsatz aus oder sind das für Dich Sporthunde? Rick Verbruggen: Meine Hunde sind auch Familienhunde. Für mich ist der Sport eher die Herausforderung, den Hund für das höchste Niveau auszubilden und dann sportlich erfolgreich zu sein, den Wettkampf zu suchen. Ich hatte bisher erst vier Hunde, konnte drei hoch zertifizieren und ich sehe mich selbst als Hobbysportler! Natürlich gibt es immer Wettkampftypen oder Verkaufstypen, die ihre Hunde ausbilden, verkaufen und den nächsten holen. Ich denke, das ist in anderen Sportbereichen auch nicht anders. Aber Hobbysportler wie ich lieben ihre Hunde und die Arbeit mit ihnen und streben höhere sportlichen Ziele an und keine kommerziellen.

Mein Bruder und ich machen das aus Spaß an der Freude mit dem Hund. Wir trainieren 4x in der Woche, reden viel und tauschen uns immer aus. Jeder Hund ist anders, aber das klappt ganz gut. * Ja das bekommt ihr bisher sehr gut hin, gehört zu den erfolgreichsten der Szene. Dein Bruder war 2012 Sieger und Du im letzten Jahr. Das Außergewöhnliche daran ist, dass ihr beide es mit Deutschen Schäferhunden geschafft habt, obwohl der meistgesehene Hund bei KNPVWettkämpfen (2016: 19/22 Hunden) der X-Mechelaar ist, eine Kreuzung zwischen dem Malinois und anderen Gebrauchshunderassen und folglich nicht rasserein.

Fotos: Rick Verbruggen + Enzo van de Wiersdijk Obedience und Gegenstandsbewachung

Fotos: michielschaak.nl/Michiel Schaak

Rick Verbruggen: Früher gab es mehr Deutsche Schäferhunde in der K.N.P.V.. Man wollte aber züchterisch mehr Aggressionen einbringen, was bei anderen Rassen leichter ging. Ich denke, auch die zunehmende Verbreitung der Schönheitszucht beim Deutschen Schäferhund hat die K.N.P.V.-Zucht mit dieser Rasse negativ beeinflusst. Heute sieht man den Deutschen Schäferhund wieder mehr als Ausgleichspartner und die Leistungslinien aus Deutschland, Tschechien und Belgien werden wieder populärer in der Vereinszucht. 128

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K . N . P.V. Das Verhältnis steht noch immer stark zugunsten der X-Mechelaars, aber es gibt immer mehr Hundeführer, die das Vertrauen in die Rasse Deutscher Schäferhund setzen. Ich habe zuerst auch zwei X-Mechelaars geführt, bevor ich mit Caro van Brandevoort auf den Deutschen Schäferhund umgestiegen bin. Und ich bleibe dabei!

Fotos: pics4dogs.eu/Jan Redder

« Foto: Enzos Vater: Caro van Brandevoort K.N.P.V. 2012 - Platz 7 in PH2

« Foto: Edo van Brandevoort (Sieger K.N.P.V. 2012 in PH1)

* Warum? Rick Verbruggen: Das hat mehrere Gründe. Hauptsächlich sehe ich keinen Nachteil dieser Rasse, wenn man etwas auf die Zucht achtet und sich eine qualitative Verbindung wählt. In den letzten Jahren hat sich der leistungsorientiert gezüchtete Deutsche Schäferhund wieder sehr gut bezüglich Triebverhalten und Schnelligkeit entwickelt. Im Sport ist er heute in diesen Anlagen wieder mit den X-Mechelaars konkurrenzfähig. Aber seine Intelligenz, sein Charakter und seine Stabilität sind viele Male besser!

Der Schäferhund lernt vielleicht etwas langsamer, aber was er lernt, bleibt immer stabil. Er macht nicht so viele Schwankungen durch und ist ganz klar im Kopf, auch in der Familie. X-Mechelaars sind häufig nervöser, etwas nervig und schwanken während der Ausbildung in der Qualität. Was in der einen Woche top ist, kann in der nächsten flop sein. Die heutigen Trainingsmethoden passen aus meiner Sicht zu einem Deutschen Schäfer-

Foto: Enzo van Wiersdijk » Bewachungsphase 2016

hund ganz gut.Natürlich habe ich diese Rasse auch gewählt, weil es eine Herausforderung ist, „anders“ zu sein, als die Masse und trotzdem „mitschwimmen“ zu können. Und: Ich finde den Deutschen Schäferhund auch schön, viel schöner als den XMechelaar. * 2012 war DAS Jahr des Deutschen Schäferhundes in der K.N.P.V. Dein Caro von Brandevoort war der einzige Rassevertreter im Teilnehmerfeld der Meisterschaftstufe PH2 und die beiden Deutschen Schäferhunde Edo van Brandevoort und Assan van Casinohof haben sich als einzige Rassevertreter im Starterfeld der PH1 working-dog-magazin

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sogar gegenüber allen X-Mechelaars durchgesetzt, standen damals gemeinsam auf dem Podium ganz oben. Das war ein Novum in der Geschichte des Vereins. Welche Auswirkungen hatten diese Erfolge für die Entwicklung der Rasse in der K.N.P.V.?

* Dann sind Dein Bruder Tom und Du sozusagen die DSH-K.N.P.V.-Promoter in den Niederlanden? Rick Verbruggen: Ja, könnte man so sagen!

Rick Verbruggen: Auch ein Jahr später haben mein Bruder und ich in der Disziplin Objektbewachung gemeinsam auf dem Treppchen gestanden. Mein Caro van Brandevoort war Vizesieger. Edo van Brandevoort Dritter. Ich denke, dass diese Erfolge der Rasse durchaus einige andere Hundeführer dazu bewegt haben, es auch mal mit einem Deutschen Schäferhund zu versuchen. Immer mehr Leute in der K.N.P.V. sehen den positiven Charakter der Rasse. Und auch in der Zucht findet diese wieder mehr Beachtung. Es gibt Züchter, die plötzlich auch wieder Deutsche Schäferhunde für ihre Paarungen gebrauchen. Vorreiter diesbezüglich sind beispielsweise Frank Strommels (Brandevoort) und Jan Rekers (Mahlermeister).

* Du hast ja mit dem Caro-Sohn Enzo van den Wiersdijk im letzten Jahr wieder alle anderen in der PH1 geschlagen, standest mit dem einzigen Deutschen Schäferhund im Starterfeld am Ende als Sieger fest. Wie wichtig war Dir das? Rick Verbruggen: Das war mein Ziel. Sportlich macht einen das natürlich glücklich, wenn man auf einer großen Meisterschaft ganz oben steht. Das bedeutet ja auch, man hat in der Ausbildung einiges richtig gemacht und am Tag X das Maximale herausgeholt hat. Aber der Sieg ist für mich auch deswegen besonders, weil natürlich nach den erfolgreichen Jahren 2012/13 viele geredet haben, dass es nur Glück oder eine „Eintagsfliege“ war, wenn ein DSH in der K.N.P.V. erfolgreich ist. Nun habe ich das Gegenteil bestätigt und wieder alle geschlagen. Für uns war das wichtig, zu zeigen, dass man das auch wiederholen kann, die Rasse absolut konkurrenzfähig ist und immer die Kombination Hund-Mensch und Trainingsmethode eine Rolle spielt und nicht nur die Rasse. Dass wir das geschafft haben, macht mich stolz. Die Trainingsmethode bestimmt das Niveau!

Es gibt auch einen Trainingstag in Holland nur für K.N.P.V.-Deutsche Schäferhunde. Früher haben an diesem gerade mal bis zu 10 Hunde teilgenommen. Heute hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. Der X-Mechelaar ist immer noch die Nummer 1 in der K.N.P.V., aber das Interesse am Deutschen Schäferhund steigt stetig.

Foto: hier wird deutlich, dass auch der K.N.P.V.Sport ein Sport ist und ganz oft nur falsch interpretiert wird

Foto: pics4dogs.eu/Jan Redder

Leider hatte Bowie, ein Edo-Sohn, die Qualifikation noch nicht erreichen können. Das könnte 2017 ein weiterer DSH für die Meisterschaft werden.

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* Enzo ist ein Sohn von Caro. Was war das Besondere an Caro und was ist aus ihm geworden? Lebt er noch bei Dir? Rick Verbruggen: Ja, Caro lebt noch immer bei mir. Ich hatte viele Anfragen, ihn zu verkaufen, aber nein, ich habe es nie gemacht. Er ist auch ein

sehr schöner Hund und in Kombination mit seinem Charakter für mich ein ganz ganz toller Familienhund, immer ausgeglichen und ruhig und sofort im Sport präsent und eifrig. Er ist heute 10 Jahre alt und darf einmal in der Woche auch noch zum Training mit. Das gefällt ihm und mir auch. * Wie oft wurde Caro nach seinen Erfolgen in der Zucht eingesetzt? Wie viele Nachkommen hat er und was hat er vererbt? Rick Verbruggen: Caro hat ca. 70 Hündinnen belegt, ich schätze, er hat so ca. 250 Nachkommen. Da viele Züchter auch aus fernen Ländern, wie Neuseeland, USA, England etc. kamen, ist die Zahl nicht nachvollziehbar. Leider ist er für die deutsche Zucht nicht zugelassen, weil er keine IPOPrüfung hat. Anfragen gab es auch von deutschen Züchtern genug. Das ist natürlich schade, denn beide Eltern stammen aus deutscher Zucht. Aber das K.N.P.V.-Ausbildungskennzeichen ist nicht anerkannt. Na ja verstehen kann man das nicht. Für IPO-Züchter aus den Niederlanden ist das kein Problem, was man an der „Entstehung“ von meinem Enzo sehen kann. Ich kenne nur einige Nachkommen von Caro, die hier in den Niederlanden stehen. Sie alle haben viel Temperament und hohe Triebanlagen, also genau das, was wir im K.N.P.V.-Sport gern sehen. Die Hunde unterscheiden sich nicht wirklich von einem X-Mechelaar. * Enzo van Wiersdijk ist Dein aktueller Champion. Was ist das für ein Hund und welche Verbindung gibt es zum Vater? Rick Verbruggen: Enzo stammt aus einer Wurfwiederholung. Diana van de Berkt hat damals den ersten Deckakt mit Caro gemacht. Sie kommt aus dem IPO-Bereich und hat eigentlich keine Ahnung vom K.N.P.V.-Sport. »


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IPO

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Fotos: michielschaak.nl/Michiel Schaak

« Foto oben: K.N.P.V.-Training geht auch mal ohne Vollschutz, weil die Hunde klar sind Foto unten: Während des Transportes versucht der "Täter" ein Beweismittel loszuwerden. Enzo muss dieses selbstständig aufnehmen »

Aber sie war überzeugt von seinem Charakter, hat sich angeschaut, wie er mit Korrekturen usw. umgeht und dann den ersten Wurf gemacht. Normalerweise macht sie nie eine Verbindung zweimal, aber die Nachkommen aus diesem Wurf waren überzeugend und so kam es zu einer Wiederholung. Ich hatte aus dem ersten Wurf keinen Hund, weil ich immer nur mit einem trainiere und Caro ja noch geführt habe. Aus dem zweiten Wurf habe ich natürlich sofort einen genommen. Ich denke, Enzo ist wirklich eine gute Mischung beider Eltern. Überhaupt war das eine sehr ausgeglichene Verbindung. Er ist immer extrem hoch im Trieb und hat 120% Temperament. Caro war nicht so hoch im Temperament, hatte aber auch die sehr gute Triebveranlagung. Enzo ist zum Beispiel ganz verrückt auf das Apportieren. Er sucht sehr gern und ist dabei sehr drangvoll. Seine Eigenschaften habe ich noch nicht so oft bei anderen Schäferhunden gesehen. Mit ihm könnte ich 7x 24 Stunden trainieren. Das ist manchmal anstrengend, aber glücklicherweise ist er ganz klar im Kopf und sehr stabil in den Nerven. Diese Kombination ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass er sehr schnell vom Trieb- in den Kontrollbereich umschalten kann. Er steht privat und sportlich immer sehr gut im Gehorsam, ist sowieso wie bei132

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de Eltern ein sehr sozialer Hund, der überhaupt nicht aggressiv ist. Grundsätzlich denke ich, dass soziale Hunde auch etwas weniger Härte haben, aber Korrekturen nimmt Enzo sehr gut an. Mit den moderneren Ausbildungsmethoden kommt man heute auch gar nicht mehr in die Bereiche der Härte, in die man früher gekommen ist. Das K.N.P.V.-Programm selbst prüft aber die Härte des Hundes absolut ab. Härte ist wichtig für den Dienst! Ich hatte diesbezüglich mit Caro oder Enzo niemals Probleme. Über die Helferhärte kommen beide eigentlich noch höher in den Trieb, gehen noch wuchtiger und druckvoller voran. * Enzos Mutter Amai van de Wiersdijk hatte aus ihrem ersten Wurf mit Bierfust (2014: 58. / 2015: 39.) und Berry (2013: 36.) van de Wiersdijk auch zwei Nachkommen auf der WUSV-WM. Was war das für eine Hündin? Rick Verbruggen: Leider habe ich Amai nie im Training gesehen. Aber Bierfust und Berry sind auch intelligente Hunde mit hohen Triebanlagen, die in Kombination mit guten Ausbildern natürlich ein hohes Niveau erreicht haben. Enzo ist also kein Einzelprodukt.

* Der K.N.P.V.-Sport und der Begriff Diensthund haben immer die Assoziation mit dem Begriff „Aggression“. Rick Verbruggen: Ja, das stimmt leider. Diese Ansicht ist aber eigentlich ein Überbleibsel aus alten Zeiten. Aggressionen sind heute gar nicht mehr so wichtig. Es wird hauptsächlich positiv und über den Beutebereich trainiert. Früher wurden die Hunde in Aggression gebracht und dann wurde ihnen etwas „abgelernt“. Heute baut man alles von ganz anderer Seite her auf: positiv, ohne Grenzüberschreitungen, die man dann wieder korrigieren muss. Auch die Polizei und die anderen Instanzen, also die späteren Diensthundeführer, wollen nicht mehr die ganz aggressiven Hunde. Die Hunde werden heute auch häufig in deren Familien gehalten und damit schließt sich das auch aus. * Warum ist das ein Klischee, dass K.N.P.V.- oder auch IPO-Hunde über die Ausbildung zu aggressiven Hunden „scharf“ gemacht werden? Rick Verbruggen: Ja, leider haben die Sportarten nicht den besten Ruf. Das stimmt. Das liegt aber daran, dass viele Laien sich nicht die Mühe machen,


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K . N . P.V.

Meine Hunde sind immer in der Familie! Die gehören dazu und das ist mir auch wichtig. Meine Kinder gehen auch allein mit meinen Hunden spazieren, das muss alles möglich sein. Wir K.N.P.V.-Hundeführer machen auch viele Vorführungen auf Betriebsfesten und anderen Events mit unseren Hunden. Wir wollen der Öffentlichkeit zeigen, worauf es in unserem Sport ankommt und dass die Hunde keine „bösen Killer“ sind, sondern ganz normale umgängliche Hunde! * Inwiefern spielen Rasse und Sportart eine Rolle in der Haltung von Familienhunden? Wie siehst Du das? Natürlich haben die Deutschen Schäferhunde aufgrund ihrer Ausgeglichenheit da einen Vorteil, aber auch X-Mechelaars sind gute Familienhunde, wenn man sie gut ausbildet. Ich denke, gerade die Arbeit macht unsere Hunde sozial und angenehm. Sie bekommen über die Ausbildung die Möglichkeit, natürliche Anlagen auszuleben. Es wird ihnen gelernt, mit Frust und der dadurch eventuell entstehenden Aggression umzugehen. Sie lernen Kontrolle und Regeln kennen. Regeln sind für jedes Lebe-

wesen wichtig. Auch Border Collies, die Agility machen, brauchen Regeln. Auch kleine Strassenpfiffis sind mal gefrustet. Natürlich gibt es auch Hunde mit schwierigerem Charakter, aber das prinzipiell an einer Rasse festzumachen oder an einem Sport, ist Quatsch. Ich integriere und halte meine Hunde nicht nur im Zwinger. Wie sich ein Hund entwickelt, ist eine Frage der richtigen Haltung und der persönlichen Einstellung des Hundeführers zu seinem Hund. Es ist keine Frage nach der Art des Sports, den man betreibt. * Bist Du mit Enzo auch bei der K.N.P.V. 2017 wieder dabei und wirst Deinen Titel verteidigen? Rick Verbruggen: Das Ziel für 2017 ist noch nicht klar definiert. Enzo ist der erste Hund, den ich auch in die Praxis verkaufen würde. Er muss immer arbeiten, um seine Energie loszuwerden. Für ihn wäre ein Platz im Dienst, der ihn fordert und auslastet, wichtig. Und wenn er jeden Tag arbeiten gehen kann, dann soll er das tun. Ich bin berufstätig und kann seine Bedürfnisse oft nicht ganz befriedigen. Wenn ich also einen Platz für ihn finde, im Bereich Personal protection oder K9, würde ich ihn gehen lassen. Aber mein Gefühl für den neuen Platz muss gut sein.

Aber er muss nicht gehen. Er darf! Finde ich keinen Platz, bleibt er und dann ist auch wieder viel möglich. Dann gehe ich auch davon aus, dass wir wieder bei der K.N.P.V.-Meisterschaft im September dabei sind und ein Ziel vor Augen haben. Ich habe immer viel Spaß mit ihm! * Was wäre Dein Wunsch für die Zukunft des K.N.P.V.-Sports und die Zukunft des Deutschen Schäferhundes? Rick Verbruggen: Mein Wunsch wäre es, das K.N.P.V.-Programm am Leben zu halten. Ich möchte, dass sich das Ausbildungsniveau weiter erhöht, indem sich sportartübergreifend Erfahrungen austauschen. Das Ziel auch weiterhin praxisorientierte Ausbildung zu betreiben, ist für mich auch wichtig und es wäre schön, wenn in diesem Bereich des Hundesportes auch wieder eine bessere Balance von Hunden verschiedener Rassen erzielt werden kann. Ich wünsche mir auch, dass der Deutsche Schäferhund öffentlich und im Sport wieder mehr als gesunde Rasse angesehen wird, die für die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten absolut tauglich ist. Aber am größten ist der Wunsch, auch weiterhin Spaß am Training zu haben. ▪

Fotos: michielschaak.nl/Michiel Schaak

sich mal mit der Ausbildung dieser Hunde zu beschäftigen. Dass der Sport die Hunde in ihrer Entwicklung beeinflusst und fördert, sehen die meisten nicht.

Fotos: Geruchsidentifikation & Wasserarbeit working-dog-magazin

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ie Schรถnheit von einem Arbeitshund ist in seinem Charakter aufgeschlossen!

Willem Dusseljee

Foto: Milow (H: RJT vd Wijngaard) - Stufe: PH1 K.N.P.V. - Meisterschaft 2016 - Platz 5

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working-dog-magazin


HUNDESPORT

K . N . P.V.

HARTE KERLE MIT WEICHEM KERN Helfer der K.N.P.V. zu sein, setzt sportliche Fitness voraus, Verantwortungsbewußtsein und Gefühl für den Hund TEXT: CONSTANZE RÄHSE │ FOTOS: pics4dogs.eu/JAN REDDER

Willem Dusseljee 2013

Donné Scheidt ist so ein harter Kerl. Der heute 45-Jährige hat im letzten September seinen Abschied als Helfer der K.N.P.V. „gefeiert“, war zum letzten Mal als Scheintäter der nationalen Niederländischen Meisterschaft in Eindhoven eingesetzt. Eigentlich ist der Familienvater selbstständig in der Baubranche tätig, aber irgendwann vor sehr langer Zeit hat ihn das Fieber gepackt. Und so ist er seit 1991 Mitglied in der einzig existierenden Vereinigung, die diese Art der Hundeausbildung durchführt. Ganz am Anfang hat er als Hundeführer auf dem Platz gestanden, auf den ihn sein Schwiegervater damals einfach mal mitgenommen hatte. Er war sofort Feuer und Flamme für diesen Sport und es hat nicht lang gedauert,

Als Hundeführer hat er bisher neun Hunde ausgebildet. Sein größter Erfolg war der dritte Platz der Niederländischen Meisterschaft 2011 in der Prüfungsstufe Polizeihund 1. Zu dieser hatte er sich auf der regionalen Ausscheidung mit der Höchstpunktzahl von 440 qualifiziert. Sein X-MechelaarRüde Tiësto erreichte dort dann 434 Punkte. Tiësto entstammt einer durchgezüchteten Arbeitslinie. Seine Vaterlinie enthält vier Niederländische K.N.P.V.Champions, u.a. die dreimalige Siegerin in der PH2, Donna, die damit sicher zu den Ausnahmehündinnen der K.N.P.V.-Zucht zählt. Und seine Mutterlinie geht sogar auf einen mehrfachen IPO-Weltmeister und DMC-Spitzenvererber zurück. Der Malinois Klemm vom Roten Falken wurde von Knut Fuchs über fünf Jahre sehr erfolgreich in der absoluten Weltspitze geführt. Hart und schwer ist es also, Helfer im K.N.P.V.-Programm zu sein. Aber warum ist das so? Donné untermauert die Schwierigkeit damit, dass ein Helfer mehrere Handlungen gleichzeitig ausführen muss. Er muss immer direkt auf den Hund lau-

Foto: privat

„die Helferarbeit im K.N.P.V.-Programm ist eine der härtesten in der Hundesportszene.“

da haben sie ihn auch mal in einen Anzug gesteckt. Ab da war ihm klar, dass er unbedingt Scheintäter werden wollte. Das ist jetzt über 20 Jahre her und für Donné „reicht es“. Er wird als Vereinshelfer sicher noch weiterhin aktiv sein, aber große Auftritte überlässt er Jüngeren. Die Sieger der PH1-Stufe im jahr 2011

Foto: privat

W

er schon einmal Bilder oder Videos dieser Sportart bei Facebook oder in Fachmagazinen gesehen hat, wird entweder schockiert oder begeistert sein, denn

X-Mechelaar- Rüde Tiësto

fen. Ein Ausweichen wie im IPO-Sport ist nicht erlaubt. Es sind Vertreibungslaute vorgeschrieben und der einzige Stockschlag muss möglichst vor dem Anbiss erfolgen. Bei der Geschwindigkeit der Hunde ist das Timing dafür ganz ganz wichtig. Nun gibt es ja im K.N.P.V.-Programm viele unterschiedliche Typen Hunde. Da kann ein großer Hund mit einem 70er Stockmaß vorgeführt werden, aber auch ein 53er, der natürlich nicht so viel Gewicht hat, dafür aber meist mehr Geschwindigkeit. Ganz wichtig ist also für den Helfer auch das richtige Einschätzen des Hundes bezüglich Angriffswucht und Belastbarkeit. » working-dog-magazin

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ie Hunde in diesem Sport haben Charakter, müssen Härte zeigen und echte Gebrauchshundeeigenschaften. K.N.P.V.-Hunde haben weltweit ein sehr hohes Ansehen und sehr viele Diensthunde in den verschiedensten Bereichen kommen aus dem Niederländischen K.N.P.V.-Programm. Meine Augen sehen viele gute Hunde und das gefällt ihnen. Ich liebe diesen Sport einfach, weil er so praxisorientiert ist. Es geht um eine echte Überprüfung der Hunde. Es gilt für einen Helfer immer darum, Schwächen aufzudecken. Im IPOSport ist das nicht immer so. Donné Scheidt

Und in Bruchteilen von Sekunden muss dann die Motorik funktionieren. Die Helferarbeit erfordert also sehr viel Übung und Erfahrung, um den Hund im Angriffsverhalten einschätzen zu können. Die Frage, ob er als Helfer vorher weiß, welcher Hund wo beißen wird, verneint Donné, gibt aber auch zu, dass man natürlich auch einige Hunde in der Szene kennt. Bei Stirnangriffen kommen die meisten Hunde auf den linken Oberarm-/ Schulterbereich. Bei Angriffen von hinten kann das der rechte oder linke Oberarm sein und in den Übungsteilen, wo der Helfer flüchten muss, lernen die Hunde, gezielt am Bein zu beißen oder eben auch wieder beidseitig in einen Oberarm. Neben der Wucht, mit der die meisten Hunde kommen und dem vermeidlichen Unwissen, wo sie beißen, ist de-

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ber ich persönlich fand das immer besser, wenn ich das nicht weiß. Wenn man das weiß, dann kann man sich darauf einstellen und das ist eigentlich nicht gut, weil man beginnt, Motorik zu planen. Darüber lässt die Konzentration nach. Donné Scheidt

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Foto: Arras (HF: CC Hermsen) - Stufe: PH1 Vizesieger K.N.P.V.-Meisterschaft 2016

Schutzanzug ein weiteres charakteristisches Kriterium dafür, dass der Sport für Hund und Helfer zu den härtesten Sportarten weltweit gehört. Den Vollschutzanzug zu tragen, ist für alle KNPV-Helfer auf Veranstaltungen Pflicht. Aufgrund von Aufbau und Gewicht ist dies, wie man sich vorstellen kann, nicht wirklich leicht und geschmeidige Bewegungen fallen schwer. Bei hochsommerlichen Temperaturen ist es zudem sehr heiß und so ist eine überdurchschnittliche Fitness Grundvoraussetzung. Noch vor ein paar Jahren mussten sich die Helfer einem offiziellen Gesundheitscheck unterziehen, sagte Willem Dusseljee, der damalige Pressesprecher der K.N.P.V.. Heute ist das nicht mehr Pflicht. Da die Belastungen aber hoch sind, macht jeder Helfer diese Gesundheitstests selbst.

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ie Helfer sind dabei schon ehrlich. Bei 30 Grad Celsius 10 bis 15 Hunde abzuarbeiten – das ist richtig schwer. Die eigene Kondition muss daher wirklich sehr gut sein. Und keiner will seine Gesundheit selbst gefährden. Und die Verantwortung für die Hunde ist ja auch hoch. Donné Scheidt

Die Anzüge wirken auf-

DATEN & FAKTEN: Den offiziellen K.N.P.V.-Helferanzug, wie er auf der nationalen Meisterschaft Einsatz findet, gibt es nur in einer Ausführung und in einer Farbe Hersteller: z.B . Theurzeit 2-Schicht-Aufbau für Hose und Jacke Material: Leder & Jute Gewicht: 25-30 kg


HUNDESPORT

K . N . P.V.

Die Helferarbeit ist echter Top-Sport!

grund von Schichtaufbau und Material durchaus sicher. Aber wie es immer im Leben so ist: 100% Sicherheit gibt es nicht.

Foto oben: Aaros (HF: Dico van denHerik) - Stufe: OBJ K.N.P.V. - Meisterschaft 2016 - Platz 6

Schwachstellen sind beispielsweise die Gelenke, an denen das Material dünner ist. Und so kommt es schon auch mal vor, dass es schmerzhaft sein kann für den Helfer. Daslut nicht die Regel, schwächt Donné gleich ab, weil die Hunde gezielt lernen, an bestimmten Stellen zu beißen.

Fotos unten: Ody (HF: RCF Verhoeven) - Stufe: PH1 K.N.P.V. - Meisterschaft 2016 - Platz 7

Bei seiner letzten K.N.P.V. - Meisterschaft ist Donné schwerer gestürzt. Er hat sich sicher weh getan, passiert ist aber nichts weiter. Ich habe ihn gefragt, ob es sein könnte, dass ein Hund, wenn er am Boden liegt, auch mal in ungeschützte Stellen „fremdbeißt“?

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ein absolut nicht! Die Hunde sind alle ganz klar im Kopf! Darauf wird in unserem Sport auch viel Wert gelegt. Die beißen nur in den Anzug und das in den allermeisten Fällen aus reiner Beutemotivation. Das Vertrauen kann man immer haben und das hatte ich auch immer. Unfälle passieren auch im wirklichen Leben und in anderen Sportarten. Bei uns gibt es diese glücklicherweise sehr selten. Ja, ich bin gestürzt und sicher hätte ich mich auch verletzen können. Aber oft sieht es viel schlimmer aus, als es ist. Mir ist so etwas erst das zweite Mal passiert in der langen Zeit.

Im Verlauf der Gespräche mit den zwei K.N.P.V.-Herren Verbruggen und Scheidt wird mir klar, dass auch der K.N.P.V.-Sport reiner Hundesport ist. Er ist praxisorientiert und das mag für viele Hundehalter und Funsportler befremdlich sein. Aber es gibt nun einmal auch Gebrauchshunde, die ihren Anlagen entsprechend gefördert und ausgebildet werden sollten. Und auch wenn K.N.P.V. „nur“ ein Sport ist, gerade durch die Praxisnähe bringt er oft gut ausgebildete Diensthunde hervor, die die Welt heute eben auch braucht.

Das Wichtigste aber ist:

Auch K.N.P.V.-Hunde sind Familienhunde! Der aktuelle Hund von Donné heißt Luca und ist natürlich ein Enkel von seinem Tiësto. Luca ist voll in die Familie integriert. Auch seine Kinder und seine Frau kommen mit ihm prima zurecht. Luca nimmt aktiv am Leben aller teil. Und Donnés ältester Sohn möchte auch K.N.P.V.-Helfer werden und fährt immer öfter mit Papa zum Hundeplatz. ▪

Donné Scheidt

Foto: Familienfoto von den Scheidts working-dog-magazin

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TERMIN AGILITY

22.-23.04.2017 VDH-WM/EO Qualifikation 3. Quali-Lauf, 4. Quali-Lauf Lübbecke (DE)

Foto: DJJM 2016 Machui vom Lupus in fabula

26.-30.04.2017 FMBB World-Championship Belgische Schäferhunde Halle (Saale) (DE)

19.-21.05.2017 World Agility Open Ermelo (NL) 02.-04.06.2017 SV-DJJM Deutsche Schäferhunde Philipsthal (DE) 15.-18.06.2017 Goldrush Wülfrath (DE)

FÄHRTE 06.-09.04.2017 FCI-IPO-FH-WM Ptuj (SLO) Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

19.-21.05.2017 Quali-Lauf zur Agility WM 5. Quali-Lauf, 6. Quali-Lauf, Finalllauf Dortmund (DE)

28.-29.10.2017 SV-Bundes-FH Deutsche Schäferhunde Bietigheim (DE) 04.-05.11.2017 RSV2000 IFH Berlin-Nord (DE)

13.-16.07.2017 EOJ European Open Junior Luxemburg 27.-30.07.2017 FCI European Open Salice Terme (ITA) 09./10.09.2017 DHV DM / DJM Messelhausen

K. N. P. V.

MONDIORING

OBEDIENCE

02.-03.09.2017 K.N.P.V. Meisterschaft Eindhoven (NL)

26.-30.04.2017 FMBB World-Championship Belgische Schäferhunde Halle (Saale) (DE)

09.04.2017 VDH-DM/DJM Obedience incl. Finale WM-Qualifikation Wanne-Nord (DE)

27.-28.05.2017 Championat de France (FRA)

06.-07.05.2017 DVG-BSP/BJSP Rally Obedience Gelsenkirchen-Resse (DE)

09./10.09.2017 DVG BSP / BJSP Hohenhameln 23.-24.09.2017 PSK DM Göttingen (DE)

RETTUNGSHUND

05.-08.10.2017 FCI World Championship Liberec (CZE)

29.04.-01.05.2017 12. Deutsche VDH-Meisterschaft und internationale IRO-Prüfung Wanne-Nord (DE)

11.11.2017 VDH-DM Agility Leipzig (DE)

01.-02.07.2017 SV-BSP Arnsberg (DE)

18.-19.11.2017 Agility German Classics ? DE

20.-24.09.2017 23. IRO Weltmeisterschaft Wiener Neustadt (AUT)

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24.-25.06.2017 Österreichische und Tschechische Meisterschaften Bystrovany (CZE)

15.-18.06.2017 FCI-WM Obedience Oostende (BEL)

08.-09.07.2017 1. DMV Championat Weinheim (DE)

01.-02.07.2017 DVG-BSP/BJSP Stelle (DE)

05.-08.10.2017 FCI WM Mondioring Bilbao (ESP)

29.-30.07.2017 PSK-DM Düsseldorf (DE) 28.-29.10.2017 SV-BSP Hamm (DE)


NE

HUNDESPORT

TERMINE

IPO

2017

22.-23.04.2017 V.V.D.H. Kampioenschap ? (BEL)

28.-30.07.2017 VDH-IPO-DM Gelsenkirchen-Resse (DE)

22.-24.09.2017 dhv DM Kamenz (DE)

22.-23.04.2017 DVG-BSP Brietlingen (DE)

29.-30.07.2017 PSK-DM Düsseldorf (DE)

26.-30.04.2017 FMBB World-Championship Belgische Schäferhunde Halle (Saale) (DE)

11.-13.08.2017 SGSV-Meisterschaft Großwechsungen (DE)

29.09.-01.10.2017 RSV2000 global WM Deutsche Schäferhunde Karlsdorf-Neuthard

26.-30.04.2017 7-Länderwettkampf Eschenbach (DE) 28.-30.04.2017 ATIBOX-WM Deutsche Boxer Dombóvár (HUN) 12.-14-05. 2017 SVÖ Universalsieger Deutsche Schäferhunde Aurach (AUT) 26.-28.05.2017 DMC Championat Malinois Karlsruhe Neuthard 02.-04.06.2017 SV-DJJM Deutsche Schäferhunde Philipsthal (DE)

20.08.17 Belgisch Kampioenschap Neerpelt (BEL) 26.-27.08.2017 SWHV Verbandmeisterschaft Menzingen (DE) 09.-10.09.2017 SVÖ Bundesmeisterschaft Deutsche Schäferhunde Ohlsdorf (AUT) 14.-17.09.2017 FCI-IPO-WM Rheine (DE) 22.-24.09.2017 SV-BSP Deutsche Schäferhunde Oberhausen (DE)

(Angaben ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

26.-29.10.2017 26. ISPU WM Riesenschnauzer Horni Briza (CZE) 28.-29.10.2017 ADRK-WM Rottweiler Karlsdorf-Neuthard (DE)

30.09.-01.10.2017 ADRK DM Rottweiler Borken-Burlo (DE) 30.09.-01.10.2017 DV DM Dobermann ? (DE)

THS

07.-08.10.2017 RZV DM Hovawarte Fulda Oberrode (DE)

22.-23.07.2017 DVG-Bundessiegerprüfung Gosslar (DE) 19.-20.08.2017 PSK-DM Schnauzer Nürnberg-Fürth (DE)

14.-15.10.2017 BK DM Boxer Leipzig (DE)

07.-08.10.2017 VDH-DM ? (DE)

09.-11.06.2017 WUSV Universalsieger Deutsche Schäferhunde Regau (AUT)

RING

17.-18.06.2017 IHF Weltmeisterschaft Hovawarte Kropp (DE)

17.-18.06.2017 Championat de France Grand Prix SCC Ring Calais (FRA)

24.-25.06.2017 SV-FCI-Bundesqualifikation Taucha (DE) 30.06.-02.07.2017 MMČKNO Meisterschaft Suchdol nad Odrou (CZE)

Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

23.-25.06.2017 3. FCI & 2. WUSV-Qualifikation Österreich St. Pölten (AUT)

Foto: Kniffel von der Donnerbrücke

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Foto: fotolia.de/ decade3d

» Die Prostata kann wie jedes andere Organ erkranken und im schlimmsten Fall sogar tumorös entarten. «

Prostata typische Erkrankung: mehr als 80% aller Rüden über 5 Jahre sind betroffen TEXT: Dr. med. vet MARGIT ROGALLA

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ie Prostata (männliche Vorsteherdrüse) liegt hinter der Harnblase im Becken und umfasst die Harnröhre. Sie besteht aus gleichmäßigem Drüsenepithel, dass an der Produktion von männlichen Sexualhormonen beteiligt ist. Ist eine läufige Hündin in der Umgebung, so haben Sie sicherlich an Ihren Rüden schon vermehrten weißlichen Ausfluss aus dem Penis bemerkt, was mit der erhöhten Hormonproduktion zusammenhängt.

DIE AUTORIN Dr. med. vet. Margit Rogalla Tierärztin seit 1982 Spezialgebiete: Chirurgie, Zahnheilkunde, Kardiologie, Orthopädie, Schmerztherapie und Akupunktur. Dozentin für Akupunktur und Schmerztherapie bei der Akademie für tierärztliche Fortbildung. www.tierarztpraxis-rogallarummel.de

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Beim unkastrierten Rüden verändert sich die Prostata natürlicherweise im Laufe des Lebens, und ab dem 9. Lebensjahr ist die Prostata bei 95 % der Rüden mit kleinen Zysten durchsetzt, die ihm klinisch keine Probleme bereiten. Wie beim Menschen gehört die Untersuchung der Prostata zu den Routinekontrollen beim älteren Hund. Ab dem 7. Lebensjahr sollte einmal im Jahr die Prostata genauer untersucht werden, wobei der Ultraschall das diagnostische Mittel der Wahl ist. Die rektale Untersuchung reicht nicht aus, da manuell nur eine schon tastbare Vergrößerung gefühlt werden kann. Im Ultraschall können wir auch die Struktur des Gewebes erkennen, die immer gleichmäßig ist und nur wenige kleine Zysten enthalten darf.

Außerdem können wir die Prostata vermessen und bei der nächsten Untersuchung Veränderungen sofort erkennen. Die Prostata kann wie jedes andere Organ erkranken und im schlimmsten Fall sogar tumorös entarten. Wir kennen akute und chronische Entzündungen der Prostata. Akute bakterielle Prostatitis: Bakterien können durch die Harnröhre aufsteigen und zu einer sehr schwerwiegenden Entzündung führen. Der Hund hat ein hochgradig gestörtes Allgemeinbefinden, hohes Fieber, Verstopfung, Krämpfe, blutig- eitrigen Ausfluss aus dem Penis, das Abdomen kann sehr schmerzhaft sein aufgrund einer Bauchfellentzündung (Peritonitis), der Gang ist vor Schmerzen staksig. Oft leidet der Hund gleichzeitig an einer Blasenentzündung.


KYNOLOGIE

GESUNDHEIT

…… Therapie Es ist sofort eine stark wirksame Antibiotika- und Schmerzbehandlung einzuleiten. Laboruntersuchungen von Blut, Sekret usw. verstehen sich von selbst. Ein Antibiogramm muss sofort erstellt werden, um so schnell wie möglich das wirksame Antibiotikum herauszufinden. Da die akute Prostatitis leicht in eine chronische Form übergeht oder sich Prostataabszesse bilden können, muss nach einer Woche der Erfolg der Behandlung im ULTRASCHALL und im LABOR (Harn und Prostatasekretuntersuchungen) überprüft werden. Häufig heilt die Entzündung nicht vollständig ab, insgesamt sollte die Behandlung über 4 Wochen erfolgen. Chronische Prostatitis: Sie ist nicht so leicht zu erkennen wie die akute Form, da sie oft symptomlos verläuft. In der Regel setzt der Hund nur manchmal blutigen Urin ab oder hat öfters eine Blasenentzündung. Da die chronische Entzündung eher zu einer Verhärtung und Verkleinerung der Prostata führt, leidet der Hund auch nicht an den typischen Symptomen wie Kotabsatzbeschwerden (Absetzen des Kots in mehreren Portionen, der Hund läuft beim Absetzen mit gekrümmtem Rücken immer ein Stück weiter, bis es endlich klappt). Schwierigkeiten beim Harnabsatz, wie wir es bei Männern kennen, sind beim Hund eher

selten. Trotzdem sollte bei wiederkehrenden Blasenentzündungen immer ein Prostataproblem in Betracht gezogen werden. Die sicherste und erfolgreichste Behandlung ist auf jeden Fall die Kastration des Rüden. Prostataabszesse: Das ist die schwerste Form der Prostataentzündung. Die Abszesse können platzen und sich in die Bauchhöhle entleeren, wo sie zu einer hochgradigen Bauchfellentzündung (Peritonitis) mit allen Komplikationen führen kann. Der Hund ist schwerst erkrankt. Im schlimmsten Fall kann es zur Sepsis (Blutvergiftung) mit Schock kommen und der Hund versterben. …… Therapie Prostataabszesse müssen chirurgisch entfernt werden, die Nachsorge ist kompliziert und sollte stationär in einer Klinik erfolgen. Trotz bester Versorgung kann es zu Komplikationen wie Fistelbildung oder Inkontinenz führen. Bei schon ruptierten Abszessen ist die Prognose sehr ungünstig. Extraprostatische Zysten: Außerhalb der Prostata kann es zu großen, mit Flüssigkeit gefüllten Zystenanbildungen kommen, die natürlich auch die umliegenden Organe behindern können, sodass der Hund an Kot- und Harnabsatzbeschwerden leidet, manchmal wird die Harnröhre so

stark zusammengepresst, dass eine Überlaufblase entsteht, d.h., der Hund kann den Urin nicht mehr willentlich absetzen, weil die Blase zu stark zusammengedrückt wird. Nur wenn die Blase zu voll ist, läuft sie über. So ist es leicht vorstellbar, dass durch den Rückstau des Urins weitere Probleme wie Nierenschädigung, Niereninsuffizienz entstehen können. …… Therapie Auch diese Zysten müssen chirurgisch entfernt werden. Gleichzeitig wird der Hund kastriert. In diesen Fällen hat Ihr Hund eine gute Chance der vollständigen Abheilung. Als Vergrößerung der Prostata kennen wir noch gutartige und bösartige (Krebs) Veränderungen. Gutartige Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie): Dieser Prozess beginnt schon sehr früh, im 2. bis 3. Lebensjahr. Das Drüsengewebe verändert sich und es bilden sich sehr viele kleine, mit bernsteingelber Flüssigkeit gefüllte Zysten innerhalb des Prostatagewebes, die wie kleine Bläschen auch auf der Prostataoberfläche lagern. Die Prostata kann sich so stark vergrößern, dass sie den darüber liegenden Enddarm verengt und die Blase noch vorn in den Bauchraum verdrängt. Der Hund hat keine Schmerzen, oft setzt er den Kot in der oben beschriebenen

Weise ab und manchmal tropft gelblich-blutiges Sekret aus der Penisspitze. …… Therapie Bei starker Vergrößerung ist auf jeden Fall die Kastration einer hormonellen Behandlung vorzuziehen. Die Prostata schrumpft dann innerhalb von 4 bis 10 Wochen wieder auf Normalgröße zurück. Eine hormonelle Behandlung wirkt immer nur zeitlich begrenzt und muss regelmäßig wiederholt werden. Gibt es keine medizinisch triftige Begründung , die gegen eine Operation spricht, so ist die chirurgische Kastration die beste Behandlung für Ihren Hund. Prostatatumore: Meist handelt es sich bei Neubildungen der Prostata um bösartige Adenokarzinome. Die Hunde sind durchschnittlich 10 Jahre alt, können kastriert und unkastriert sein. Die genaue Diagnose verrät uns erst die histo-pathologische Untersuchung einer Gewebeprobe. In der Regel (80%) hat der Tumor zum Zeitpunkt der Diagnosestellung schon via Lymph- und Blutbahn in Beckenlymphknoten, Lunge und Lendenwirbel metastasiert. Der Hund leidet dann auch schon entsprechend: Er hat an Gewicht verloren, hat Schmerzen im Lendenwirbelbereich, sackt mit der Hinterhand ein, trinkt viel, setzt viel Urin ab, oft auch blutig. Hier können wir leider nicht mehr helfen. ▪

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Bandscheibe erster Kreuzwirbel (S1) letzter Lendenwirbel (L7) Wirbelkanal mit Nervenstrang

Das cauda-Equina-Syndrom (CES) Wenn es dem Hund im Rücken "zwickt" und die Schmerzen das Lebensgefühl mindern, kann man operativ helfen TEXT: MARTINA PREISER │ FOTOS: Dr. med. vet. PETER HAURI

Dr. med. vet. Peter Hauri ist ein Tierarzt, wie man ihn sich wünscht. Er liebt seine Arbeit und besitzt genau die richtige Dosis an Neugier gepaart mit einem gesunden Selbstvertrauen aus langjähriger Praxis und Erfahrung, die es braucht um aus gewohnten Bahnen auszubrechen und erfolgreich kreativ zu sein. Der Schweizer besitzt ein gutes Auge und ein ausgeprägtes Gespür für die Bewegungsabläufe eines Hundes und er ist ein Pragmatiker. Dr. Hauri hat sich mit grossem Einsatz und einem erstaunlichen Netzwerk in den letzten Jahren zum Spezialisten für Operationen des Cauda-Equina-Syndroms entwickelt.

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as Cauda-Equina-Syndrom ist eine degenerative lumbosakrale Stenose (Nervenquetschung im Wirbelkanal) des Iliosakralgelenkes (Kreuzgelenk) und tritt (leider ist das so) vor allem bei Hunden auf, mit denen gearbeitet wird. Das Cauda-Equina-Syndrom entsteht durch Kompression der Nervenwurzeln am Ende des Rückenmarks, direkt am Übergang von der Lendenwirbelsäule

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zum Kreuzbein. Das Cauda-Equina-Syndrom verursacht Schmerzen in der Hinterhand und äußert sich optisch durch Lahmheiten, die meistens einseitig auftreten. Der Hund macht kurze Schritte und schleift zeitweise mit den Zehen. Die Symptome sieht man am deutlichsten morgens beim Aufstehen. Sie können sich manchmal durch Bewegung verringern. Die äußeren Anzeichen der Erkrankung stellen sich unterschiedlich dar. Manche Hunde zögern vor dem Absprung über eine Hürde, viele Hunde haben Schwierigkeiten, sich auf den Hinterläufen aufzurichten und eine gestreckte Körperhaltung einzunehmen und ein Springen in das Auto wird schwieriger. Anstrengende körperliche Aktivitäten können diese Probleme verstärken. Mit Erkrankungsfortschreiten wird der Bereich der Nervenwurzeln zunehmend eingeengt, wodurch sich die Nervenfunktionen einschränken. Nicht selten wird die Rute wie ein „Hammelschwanz“ getragen und kaum noch aktiv nach oben bewegt. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu Kot- und Harninkontinenz als Folge der Lähmung der Schließmuskeln von After und Blase kommen.


KYNOLOGIE

GESUNDHEIT

Die Entstehung der Krankheit Den Übergang vom letzten Lendenwirbel (L7) zum 1. Kreuzwirbel (S1) bildet ein Gelenk, das Kreuzgelenk. Dieses Gelenk wird nur durch Bänder fixiert, sodass auch Instabilitäten oder Verschiebungen im Gelenk (häufig bei Junghunden) auftreten und die abgehenden Nervenwurzeln komprimieren können. Durch eine chronische Instabilität, die zum Teil angeboren ist, oder durch übermäßige Belastung dieses Gelenkes durch viele Stopp- und Go-Bewegungen oder durch viele Sprünge, reagiert das Gelenk mit Knochenzubildungen um und im Wirbelkanal. Dabei werden auch die Nervenaustrittslöcher (Foramina) der abgehenden Ischiasnerven durch Knochenzubildungen verengt. Diese Veränderungen können nur mit einem CT dargestellt werden. Und auch im Verlauf der Operation wird die Verengung der Foramina dann eventuell sichtbar. Auch lumbosakrale Übergangswirbel sind häufig Ursache für das CES. Bei der Vererbbarkeit der Übergangswirbel geht man mittlerweile von bis zu 30 % aus. Die Diagnose Die Symptomatik dieser Erkrankung gibt einen ersten, guten Hinweis auf das spezifische Leiden. Typisch ist beispielsweise eine Schmerzauslösung durch manuellen Druck auf das Kreuzgelenk bei gestreckter Hinterhand und auf den Ischiasnerv. Die eingeklemmten Nerven sind auf den Röntgenbildern nicht zu sehen, nur die knöchernen Zubildungen am Kreuzgelenk und um die Foramina (Nervenaustrittslöcher). Diese erhärten, zusammen mit den typischen klinischen Symptomen, den Verdacht einer Kreuzgelenkstenose mit Kompressionen der Nerven. Bei Unklarheiten kann eine Myelographie (Anfärbung des Rückenmarkes) den Befund einer Wirbelkanalverengung dokumentieren. Computertomographie und Magnetresonanztomographie können die Diagnose erhärten, allerdings sind das teure Verfahren. »

In Deutschland spricht man viel über die sogenannten Übergangswirbel, und wir verweisen an dieser Stelle auf die folgende, getrennt zu betrachtende Erläuterung zu diesem Bereich: Übergangswirbel weisen sowohl Merkmale des vorangegangenen, wie auch des folgenden Wirbelsäulenabschnittes auf. Lumbosakrale Übergangswirbel (LÜW) treten zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein (lumbosakral) auf. Sie zeigen vor allem im Bereich der Wirbelbögen und der Querfortsätze eine von der Norm abweichende Form. Im Rahmen der Untersuchung werden vier Typen unterschieden:

Typ 1

Typ 0 (normale Anatomie), Typ 1, 2 und 3. Bei Typ 1 verhalten sich L7 (letzter Lendenwirbel) und S1 (erster Kreuzbeinwirbel) wie beim normalen lumbosakralen Übergang, allerdings findet sich ein isolierter Dornfortsatz bei S1. Typ 2 umfasst die stärker ausgeprägten Formen des LÜW mit Variationen der Wirbelanatomie an L7 und/oder S1. Die Veränderungen können sehr unterschiedlich auftreten. Sie sind hier symmetrisch ausgebildet. Die Übergänge sind hierbei fließend.

Bild: subchondrale Verdichtungen (Knochenzubildungen) im Kreuzgelenk mit beginnender Nervenquetschung im Wirbelkanal

Typ 0

Typ 3 beinhaltet die asymmetrischen Formen des LÜW. »

Typ 2

Typ 3

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Was bedeutet das für Ihren Hund? Der isolierte Dornfortsatz an S1 (Typ 1), als Sonderform des symmetrischen Übergangswirbels, stellt kein Problem für den Hund dar, da er sowohl statisch als dynamisch den Bewegungsablauf des Hundes kaum oder gar nicht beeinflussen sollte. Stärker ausgeprägte Formen des LÜW (Typ 2 / Typ 3) können die Stabilität der vorhergehenden Bandscheibe beeinflussen und damit das Auftreten eines Cauda-Equina-Syndroms begünstigen. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Hund Probleme hat, sollte zuerst durch eine tierärztliche Untersuchung festgestellt werden, ob Lahmheit, Ausfälle von Nerven oder Schmerzen vorliegen, die eine weitere Diagnostik oder Behandlung erfordern. Wenn das nicht der Fall ist, ist es sinnvoll, dass die Rücken- und Hinterhandmuskulatur weiter trainiert und gekräftigt wird.

Sie können und sollten Ihren Hund also normal weiter bewegen und bis auf Ausnahmen weiter ausbilden.

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Einen Einfluss auf die Zuchterlaubnis für Ihren Hund durch den DRC hat dieser Befund bisher nicht, da noch unbekannt ist, wie sich die unterschiedlichen LÜWTypen vererben. Mit einer Vererbbarkeit von 20-30% wären zuchthygienische Maßnahmen zur Reduzierung möglich, was vor allem im Hinblick auf eine mögliche Korrelation zwischen LÜW und CES von Bedeutung sein kann. Von manchen Gutachtern wird empfohlen, schon jetzt Hunde mit den ausgeprägten Formen von Typ 2 und 3 nicht mehr in der Zucht einzusetzen. Allerdings ist bisher nicht geklärt, wie sich die unterschiedlichen Formen der LÜW genetisch verhalten, d.h., ob nicht auch Hunde mit Typ 1 Nachkommen mit LÜW Typ 2 oder 3 haben können und umgekehrt. Solange dies nicht geklärt ist, macht eine Selektion, bei der nur Typ 2 und 3 von der Zucht ausgeschlossen werden, aus genetischer Sicht wenig Sinn. Da diese Hunde aber einen erheblichen anatomischen Fehler haben (vergleichbar einer Gliedmaßenfehlstellung), kann man nur empfehlen, sie nicht zur Zucht einzusetzen.

Differentialdiagnostisch muss man auch an andere schmerzhafte Erkrankungen in dieser Gegend denken, wie Brüche, Tumoren, Abszesse, Bandscheibenvorfall und Ödeme. Nicht selten sind auf dem Röntgenbild gleichzeitig auch Arthrosen der Hüftgelenke zu sehen. Bei Hüftgelenksarthrosen zeigen die Hunde jedoch ein ganz anderes Bild, v.a. haben sie keine neurologischen Defizite und die Schmerzen oder Lahmheiten dieser Tiere nehmen nach einer Belastung zu. Eine degenerative Myelopathie kann ähnliche Symptome zeigen, aber sie ist nie schmerzhaft und der klinische Zustand ist schleichend progressiv. Die Operation Ist eine Schmerzbehandlung (eventuell lokale Kortisoninjektion) nicht erfolgreich oder die Schmerzen zeigen sich nach Absetzen der Medikamente erneut, muss man an eine Operation denken. Der Druck auf die Nerven und Nervenwurzeln muss beseitigt werden. Dies geschieht durch Entfernung des Wirbelbogens (Laminektomie) und die Erweiterung der Foramina. Da aber durch dieses Vorgehen eine zusätzliche Instabilität im Kreuzgelenk geschaffen wird, ist eine Stabilisierung des Kreuzgelenkes angezeigt.

Bild: die Operation und Verschraubung des Facettengelenks dauert ca. 1.5 Stunden.


KYNOLOGIE

GESUNDHEIT

{ INTERVIEW } Bild: Schrauben im Facettengelenk

Die Wirbelkörper sind mit smarten Gelenkfortsätzen verbunden, die übrigens häufig auch arthrotische Veränderungen zeigen. In Anlehnung an die Humanmedizin hat Dr. Hauri zusammen mit einem Neurochirurgen aus der Humanmedizin schon vor Jahren begonnen, die Gelenkfortsätze (Facettengelenke) zu verschrauben (Arthrodese). Zuerst wird das Dach des Kreuzgelenkes abgetragen und die Foramina erweitert, damit die Nerven nicht mehr eingeklemmt sind. Das Kreuzgelenk wird durch die Arthrodese des Facettengelenkes stabilisiert. Durch die Ruhigstellung des Kreuzgelenkes entstehen keine weiteren Knochenzubildungen. Schlussbemerkung: Durch die Druckentlastung kann das Nervengewebe regenerieren und die Funktionen langsam wiederkehren. Die Operation hat Dr. Hauri schon Dutzende Male durchgeführt. Auch Sporthunde aus Deutschland der Rassen Deutscher und Belgischer Schäferhund sind in nicht geringer Zahl auf dem Operationstisch von Dr. Hauri gelandet. Die Tierarztpraxis im Rank ist in CH-5712 Beinwil am See und dort arbeiten neben Dr. Hauri noch zwei weitere Tierärzte. Informieren Sie sich auf www.rankstrasse.vet. Ein sehr bekannter Patient ist Basko von der Viamala, der im Alter von vier Jahren operiert wurde. Der Deutsche Schäferhund von Ueli Kappeler wurde nach der Operation noch zweimal Schweizer Meister in der IPO und hat auch an der WUSV-Weltmeisterschaft 2014 teilgenommen. Heute mit 8 Jahren hat der Rüde in gutem gesundheitlichen Zustand seine wohlverdiente Pension angetreten. Auf dem workingdog-Profil vom Deutschen Schäferhund Basko von der Viamala spricht sein Eigentümer Ueli Kappeler offen über die Rücken-OP vom Juni 2013, denn er ist begeistert vom Resultat der Operation. ▪

◉ Dr. med. vet. Peter Hauri Tierarzt, praktiziert seit über 30 Jahren und war Mitglied der Gesellschaft für Osteosynthese ◉ Kontakt: praxis@rankstrasse.vet Telefon: +41 62 771 88 00

* Dr. Hauri, welche Rassen sind nach ihrer Erfahrung häufiger betroffen? Dr. med. vet. Peter Hauri: Deutsche Schäferhunde und Malinois sind häufiger betroffen, aber es gibt natürlich auch andere Rassevertreter, bei denen ich schon CES diagnostizieren musste. * Was unterscheidet Ihre Methode von anderen und wie kann man Erfolgsaussichten vergleichen? Dr. med. vet. Peter Hauri: Bei meiner Methode wird zusätzlich das Kreuzgelenk durch eine Verschraubung der Facettengelenke stabilisiert. Bei der einfachen dorsalen Laminektomie treten die CES häufig bereits nach einem Jahr wieder auf. Durch die Verschraubung des Facettengelenks und die Stilllegung des Kreuzgelenks werden weniger kompressive Veränderungen stattfinden und die Hunde werden über längere Zeit symptomfrei. Die Technik der Facettengelenk-Verschraubung wurde viele Jahre in der Humanmedizin angewendet. Heute werden zusätzlich Implantate zwischen den Wirbelkörpern eingesetzt um eine weitere Stabilisierung in diesen fragilen Wirbelgelenken zu ermöglichen. Und genau wie in der Humanmedizin wissen wir, dass diese Operation ein sogenanntes „Zeitfenster“ hat. Zu lange darf nicht abgewartet werden, sonst sind schon irreparable Nervenschädigungen (Lahmheiten) aufgetreten, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

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"Wäre er nicht von Anfang an ein so toller Hund gewesen, hätte ich wahrscheinlich die Geduld und den Ehrgeiz nicht aufgebracht, aber wie man sieht, es hat sich wirklich gelohnt." Ueli Kappeler

▶ 2014: 1. FCI-WM Ausscheidung - Platz 7 2. FCI-WM Ausscheidung - Platz 2 WUSV-WM 2014 - Disq. Schweizer Meisterschaft - Sieger ▶ 2015: 1. FCI-WM Ausscheidung 2015 - Platz 13 7-Länderwettkampf 2015 - Platz 33 Schweizer Meisterschaft 2015 - Sieger ▶ 2016: 1. FCI-WM Ausscheidung 2016 - Platz 11 2. FCI-WM Ausscheidung 2016 - Platz 24

Ueli KAPPELER & BASKO photo by pics4dogs/Jan Redder

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GESUNDHEIT

Ueli Kappeler spricht offen über den Krankheitsverlauf und die OP. Warum auch nicht? „Eigentlich hat es mit 18 Monaten schon angefangen. Ich musste beim Training immer wieder Pausen einlegen, weil der Hund geschont hat. Daher habe ich IPO1 auch erst mit 3 ½ Jahren gemacht, am 9. Oktober 2011. Basko musste immer wieder irgendwelche Mittelchen einnehmen, Metacam und anderes und er ging zur Physio, aber nichts half wirklich. Die IPO2 kam dann im Alter von vier Jahren, am 12. Mai 2012, und genau ein Jahr danach die 1. WM-Ausscheidung, am 16./17.03.2013 in Chur. Bis dahin hatte es immer wieder Probleme gegeben, nach dieser Ausscheidung war ich aber dann richtig fertig. Der Hund wollte nicht mal mehr ins Auto springen. Zufälligerweise hat zu der Zeit ein Kollege bei mir trainiert, dessen Hund Dr. Hauri operiert hatte und ich hatte mich irgendwie auf dieses Thema mit dem Verschrauben des Kreuzgelenks eingelassen. Das hatte ich irgendwoher – ich glaube aus Deutschland – gehört. Ich bin im Mai 2013 also zu Dr. Hauri gefahren und schon kurz darauf – ungefähr im Juni - war dann die OP, denn nach diversen neurologischen und radiologischen Abklärungen war schnell klar, dass der Hund operiert werden musste. Nach der OP musste ich ihn etwa 6 Wochen lang an der Leine führen. Im Januar 2014 konnte ich den Hund im Training wieder voll belasten, zum 1. Mal eigentlich – ja und den Rest sieht man dann ja an den Ergebnissen, die er danach erlaufen hat.

* Viele Sporthunde der Rasse DSH werden im Alter von 12-18 Monaten im HD/ED-Verfahren des Zuchtvereins geröntgt. In diesem Zusammenhang wird inzwischen von den meisten Hundeführern auch der Rücken mit untersucht. Eine Diagnose „Rücken oB“ wird dann zeitlebens des Hundes in Portalen, Datenbanken etc. gespeichert. Kann man in dem Alter überhaupt schon CES-Anzeichen erkennen? Dr. med. vet. Peter Hauri: In diesem Alter findet man selten CES, aber bei gestreckten und gebeugten radiologischen Hinterhandbildern kann eine Instabilität im Kreuzgelenk bereits bei jungen Hunden festgestellt werden. Nicht selten führt eine Instabilität zum bekannten CES. * Was raten Sie CES-betroffenen Hundehaltern, die ihren Hund eigentlich für den Sport angeschafft haben: Ist die Hundesport„karriere“ abrupt zu Ende oder gibt es Methoden, wie bspw. Physiotherapie o.ä., die helfen können, dass zumindest Low-Level-Sport noch möglich ist. Dr. med. vet. Peter Hauri: Physiotherapie bei CES bringt sicherlich eine Linderung der akuten Schmerzen, der Hund bleibt aber krank. Falls die beschriebene Operation gelingt, kann der Hund noch jahrelang Hundesport betreiben.

Rasse: Deutscher Schäferhund Wurftag: 24.07.2008 - SHSB 667725 / SZ 9162329 Ausbildungskennzeichen: IPO3 Zucht: HD: normal - ED: normal (Schweiz) Erfolge:

Schweizer Meister IPO 2014 + 2015 WUSV-Weltmeisterschaft 2014

WUSV 2014

Vaterlinie

Abstammung Basko

Basko von der Viamala

Wäre er nicht von Anfang an ein so toller Hund gewesen, hätte ich wahrscheinlich die Geduld und den Ehrgeiz nicht aufgebracht, aber wie man sieht, es hat sich wirklich gelohnt.“

Hank von der Mohnwiese

Zidane vom Haus Sevens & Enny von der Mohnwiese Olex de Valsory & Nelly vom Ketscher Wald

Wora vom Ketscher Wald Mutterlinie

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Foto: pics4dogs.eu/Jan Redder

Basko wurde von Dr. Hauri auf dessen Nachfrage hin kürzlich nachgeröntgt. Er ist heute 8 Jahre alt, pensioniert, aber topfit. Seit der OP hat er nie mehr ein Medikament gebraucht.


"Mit Stabilisationsßbungen kann man die Muskeln stärken und damit die Gelenke unterstßtzen." Mirjam Knauer

Foto: Mirjam Knauer

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GESUNDHEIT

DIAGNOSE: ARTHOSE Knackende Knochen und schwindende Knorpel bedeuten nicht zwangsläufig das AUS für Sportskanonen TEXT: MIRJAM KNAUER │ FOTOS: KNAUER + FOTOLIA

U

nter „Arthrosis deformans“, besser bekannt unter dem Wort Arthrose, versteht man einen natürlichen Alterungsprozess, der zu einer Degeneration (Verringerung) des Gelenkknorpels führt.

Erste Anzeichen für eine Arthrose kann man im Anlaufschmerz erkennen. Nach längeren Ruhe- oder Liegephasen steht der Hund schlechter auf, läuft unrund und zeigt eventuell sogar eine Lahmheit einer Extremität auf. Die meisten Hunde laufen sich jedoch sehr schnell ein und nach 20-50 Metern ist von der Lahmheit nichts mehr zu erkennen.

Es gibt verschiedene Formen von Arthrose: • Koxarthrose (Hüftarthrose) • Gonarthrose (Kniearthrose) • Spondylarthrose (Wirbelsäulenarthrose) • Arthrosen in den Gelenken der Pfoten

Weitere Symptome sind: • Lecken/Benagen des Gelenks oder einer Körperstelle • Wetterfühligkeit (Verschlechterung bei feuchtem, kaltem Wetter) • allgemeine Bewegungseinschränkungen • Muskelabbau • Schonhaltungen (Hund stellt das Bein aus oder belastet es nicht voll) • verminderte Aktivität und Bewegungsunlust • Krepitationsgeräusche (Knacken im Gelenk)

Fotos: Mirjam Knauer

Da die Durchblutung oft, durch verschiedene Einflüsse, gestört ist und die Be-/ und Entlastung nicht in gleichmäßigem Verhältnis steht, verringert sich die Masse des Knorpels im Gelenk. Im weiteren Verlauf führt dies dann zu einer Verringerung des Gelenkspaltes und zu Osteophytenbildung ums Gelenk herum (Knochenzuwächse).

A-Hüften = gesunde Hüftgelenke

schwere Hüftgelenksarthrose rechts

Große und schwere Hunderassen (z.B. Berner Sennenhund, Rottweiler, Deutscher Schäferhund) sind in der Regel mehr von Arthrose geplagt als kleine, leichte Hunde. Foto: pics4dogs.eu/Constanze Rähse

Ursachen für Arthrose können sein: • Traumen (z.B. Knochenbruch, Kreuzbandriss, Bandscheibenvorfall) • Operationen • Übergewicht • Überbelastung im Junghundealter • schlechte Ernährung working-dog-magazin

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Ballspielen und andere sportliche Aktivitäten lehnt der Hund, aufgrund der hohen Trieblage, meist nicht ab. Somit erkennt man leider oftmals zu spät, dass schon erhebliche Probleme mit den Gelenken vorhanden sind. Die Arthroseprophlyaxe beginnt eigentlich schon im Welpenalter. Als verantwortungsvoller Hundehalter sollte man darauf achten, dass der Junghund nicht zu viel springt, Treppen geht oder Ball spielt. Mit Stabilisationsübungen kann man die kleinen Muskeln stärken und damit die Gelenke unterstützen. Dazu eignen sich am besten Übungen mit Balancekissen oder dem Peanutball.

Sie stellen einen großen Bestandteil des Bindegewebes dar, das im ganzen Körper vorkommt. Deshalb wird Kollagen als Hauptgerüst der Haut und Knochen bezeichnet. Kollagen ist ein unverzichtbarer Bestandteil von gesunder Ernährung und sollte dem Hund auch zugefüttert werden. Weitere wichtige Nahrungsergänzungsmittel sind auch: • Glucosamin = hochkonzentrierter Aminozucker, der zur Herstellung aller Gleit- und Dämpfungsschichten benötigt wird • MSM = Methylsulfonylmethan ist als natürlicher Schwefel ein Bestandteil der Knorpelsubstanz • Uncaria tomentosa = Katzenkralle, die als Reizungslinderer vor allem bei jungen Hunden super wirkt, damit diese nicht so schnell eine Knochenhautentzündung bekommen und lahmfrei aufwachsen können

Foto: Mirjam Knauer

Mit dem Zufüttern von Calcium sollte man vorsichtig sein und sich genau beraten lassen!

Balanceübungen auf dem Donut

Hauptsächlich soll der Hund auf diesen Tools sitzend, stehend oder liegend seine Balance halten. Natürlich kann man es mit vielen Steigerungsmöglichkeiten schwieriger gestalten. Nebenbei trainiert man hierbei die Koordination, das Gleichgewicht, regt die Muskulatur an und gibt dem Hund ein besseres Körpergefühl. Auch das richtig ausgewählte Hundefutter spielt in der Arthrosepropylaxe eine große Rolle. Und Nahrungsergänzungsmittel wirken stark unterstützend und liefern dem Körper zusätzlich wichtige Baustoffe. Hauptsächlich besteht der Körper zu 60-70% aus Wasser. Die zweitwichtigsten Bestandteile sind Proteine (20%), die zu 35% aus Kollagenen bestehen. Diese stellen die wichtigsten Bausteine des Bindegewebes da. Weil sie wesentliche Körperfunktionen anregen, sind Kollagenpeptide physiologisch sehr wichtig und haben einen großen Nutzen. 150

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Leider ist es mittlerweile so weit, dass nicht nur alte Hunde von Arthrosen betroffen sind, sondern auch jüngere Hunde, die im Hundesport überlastet werden. Durch die vermehrte Belastung kommt es zum schnelleren Abbau der oberen Knorpelzellen. Je nach Hundesportart sind manche Bereiche mehr betroffen als andere. So zeigen Hunde, die im Agility trainiert werden, einen höheren Verschleiß der Ellbogen- und der Zehengelenke. Bei Schutzhunden (z.B. IPO, KNPV, Mondioring) ist die Wirbelsäule sehr belastet und man findet hier oft Arthrosen oder auch die Ausbildung einer Alterspondylose (Versteifung und Verknöcherung der Wirbelsäulenbereiche durch knöcherne Neubildungen zwischen den Wirbelkörpern).

Deshalb ist es für Sporthunde sehr wichtig, dass die Muskulatur auch optimal aufgebaut und trainiert wird und beanspruchte Muskeln gedehnt und entspannt werden.

Mit einigen physiotherapeutischen Übungen kann man die


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Blutegel-Therapie

Foto: Mirjam Knauer

Foto: Mirjam Knauer

Foto: fotolia.de/ feeferlump

GESUNDHEIT

Akkupunktur

Hunde mit einer Arthroseerkrankung nehmen dankend auch wärmende Therapien an. Im Winter kann man die Gelenke mit speziellen Bandagen und Hundemänteln schützen, die leicht wärmend arbeiten. Die beste Firma hierzu ist wohl „Back on Track.“ Behandlungsmöglichkeiten: Gute Erfolge erzielt man durch Beimischung von Teufelskralle und der bereits erwähnten Ergänzungsmittel in das Futter. Muskelaufbau ist ein ganz wichtiges Thema und sollte, so gut es machbar ist, unbedingt Beachtung finden und regelmäßig durchgeführt werden. Schwimmen und ein Unterwasserlaufband bieten optimale Möglichkeiten für den Aufbau von Muskelmasse, ohne dass zu viel Belastung auf die Gelenke kommt. Kleinere Hunde kann man mit Hilfe einer Hundeschwimmweste in der eigenen Badewanne schwimmen lassen. Bei großen Hunden reicht dies natürlich nicht mehr aus. Die Hundehalter sollten die Leistungen von Profis, die beheizte Hundeschwimmbänder haben, in Anspruch nehmen.

Foto: Mirjam Knauer

Muskulatur etwas erhalten, die stabilisierende aufbauen, eine Schmerzlinderung durchführen und die verkürzte Muskulatur aufdehnen. Zeigt der Hund schon Symptome einer Arthrose, kann mit regelmäßiger Therapie eine Linderung verschafft werden. Sehr erfolgreich wird in der Hundephysiotherapie mit Elektrotherapie, Lasertherapie und Blutegeltherapie an Arthrose erkrankten Hunden gearbeitet. Auch Akupunktur kann sehr gut angewendet werden, um Muskeln zu entspannen und Schmerzlinderung zu erreichen.

Foto: fotolia.de/ Martin Schlecht

Schwimmen mit Schwimmweste

Laser-Therapie

Wärme-Therapie

Schlussbemerkung: Krankheiten können auch zu Wesensänderungen führen. Gerade bei der Arthrose ist dies nicht auszuschließen, da der Hund in seiner für ihn wichtigsten Funktion eingeschränkt wird: der Bewegung. Die Wesensänderung kann sich als Aggression gegenüber anderen Haustieren äußern oder sogar gegen Familienmitglieder. Einige Tiere bevorzugen auch Regionen im Haus, wo es ruhiger ist und verhalten sich passiver. Auch eine Appetitlosigkeit kann ein Anzeichen für Schmerzen oder chronisches Unwohlsein aufzeigen. Es lohnt sich auf jeden Fall, bei einer Hundephysiotherapie vorbeizuschauen und sich einen individuellen Plan für den Hund erstellen zu lassen. Am besten tut man dies, bevor der Hund Probleme zeigt! Für mehr Informationen dürfen Sie auch jederzeit mich kontaktieren.

DIE AUTORIN Mirjam Knauer hat sich auf das Arbeiten mit Sporthunden spezialisiert und nach 3-jähriger Ausbildung zur staatlich geprüften Physiotherapeutin 2012 ihre eigene Praxis für Hundephysiotherapie eröffnet. Über viele Jahre begleitete sie schon die Deutschen IPO-Mannschaften zur FMBB und zur FCI. www.hundephysio-praxispfote.com working-dog-magazin

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IMPRESSUM

Hundesportfachmagazin für Hundesportler, Züchter, Hundeschulen und Hundehalter allgemein »» Herausgeber: Creativ- & Servicebüro Rähse Paul-Dietrichstraße 16 93133 Burglengenfeld Tel.: +49 (0) 9471 – 950 772 Fax: +49 (0) 9471 – 60 90 970 Email: constanze.raehse@working-dog.com »» Namenslizenz-Geber:

working-dog (Dögel GmbH) Geltestr. 9 06184 Kabelsketal

»» Erscheinungsweise: 4x jährlich - (Ende März, Juni, September und Dezember)

»» Chefredaktion:

Constanze Rähse

»» graphisches Konzept & Layout:

Constanze Rähse

»» redaktionelle Mitarbeiter:

Mike Scheffner, Katja Peters, Nicole Beutler, Nina Dany, Sandra Funke, Annika Flor, Gerlinde Dobler, Oliver Gustke, Dr. Margit Rogalla, Anne Marti-Jilg, Martina Preiser, Mirjam Knauer, Constanze Rähse

»» Fotografen der Ausgabe:

Jan Redder, Sepp Grüters, Kurt Buffel, Annika Flor, Amrei Groß, Claudio Piccolo, Jutta Nau, Michiel Schaak, Ron Kretschmann, Oliver Traschütz, Ralf Klengel, Vanessa Jung-Söffing, Allessandro Musiconio, Pia Koster, Andrée Flenner, Mirjam Knauer, Constanze Rähse

»» Lektorat:

Christiane Wichmann (Halle)

»» Bankverbindung für Zahlungen: Constanze Rähse VR-Bank Burglengenfeld IBAN: DE59 750 914 000 200 028 614 BIC: GENODEF1BLF Das Abonnement verlängert sich automatisch, wenn nicht drei Monate vor Ablauf gekündigt wird. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne Genehigung des Herausgebers vervielfältigt oder verbreitet werden. Für unverlangt ein gesandte Manuskripte, Fotos etc. übernehmen wir keine Haftung. Beiträge und Bildvorlagen werden nur auf Aufforderung zurückgesandt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Alle Zuschriften unterliegen der redaktionellen Bearbeitung. Für Lieferausfall infolge höherer Gewalt gibt es keinen Anspruch auf kostenlose Nachlieferung. Das gilt insbesondere auch, wenn Adressänderungen uns nicht bekanntgegeben werden. Wir versenden mit Postvertriebsstück, dh. Nachsendeanträge bei der Post bleiben für unser Produkt unberücksichtigt!

»» SCHMUNZELECKE

Foto: Welpen haben noch keine Beißhemmung, "hacken" grundsätzlich erstmal in alles rein. Das kann auch mal schnell unangenehm werden. Foto: Katja Peters

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