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Interview des Monats

Michael Kohlmann

Bei den US Open 1998 spielte er sich immerhin bis ins Achtelfinale. Seine große Stärke jedoch lag im Doppel (fünf Titel auf der ATP Tour). Und so ist Teamarbeit für Michael Kohlmann stets auch eine Basis seiner so erfolgreichen Arbeit als Cheftrainer des Deutschen Tennis Bundes, stationiert am Bundesstützpunkt in Oberhaching. Für den DTB wirkte er bereits als Kompagnon der Davis-Cup-Kapitäne Patrik Kühnen und Carsten Arriens, ehe er 2015 die Verantwortung übernahm. Seither war das deutsche Team stets in der Weltgruppe vertreten. Der gebürtige Westfale (46 Jahre) ist seit 2006 in München verliebt und hat mit seiner Frau zwei kleine Töchter.

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Was halten Sie davon, dass plötzlich aus dem Nichts gleich zwei Turniere hintereinander in Köln, in der Lanxess Arena, ablaufen sollen? Generell ist es sehr gut, wenn wir mög lichst viele Turniere am Standort Deutschland haben. Die ATP sucht derzeit händeringend nach Turnierveranstaltern, nachdem gerade in der Coronazeit speziell Hallenveranstaltungen ausfallen, weil die unter den behördlichen Auflagen in den einzelnen Regionen so schwierig zu orga nisieren sind. So sind in Europa unter anderem schon Basel und Stockholm ausgefallen. Weil der Turnierkalender bis zum ATP Masters gefüllt werden soll, vergibt die ATP kurzfristig einjährige Lizenzen. Diese Gelegenheit hat Edwin Weindorfer mit seiner Agentur Emotion genutzt. So kam es dazu, dass zwei Turniere hinterein ander in Köln ausgetragen werden.

Das ist zumindest ein Novum im internationalen Tennis. Wie kann das funktionieren, vom 11. bis 18. das eine und vom 19. bis 25. Oktober das zweite? Das ist ein Novum, aber es gibt zwei eige ne Meldelisten. Natürlich ist es theoretisch möglich, dass zwei Mal exakt die gleichen Spieler antreten. Das kommt auf den indi viduellen Terminplan der Einzelnen an –man wird sehen. Weindorfer hat ja bereits die Show-Turniere in Berlin ausgetragen und ist auch bei dem ATP-Turnier in Stuttgart und dem neuen WTA-Event in Berlin Veranstalter. Beim zukünftigen ATP-Doppelpack in Köln haben sich be reits große Namen wie Sascha Zverev oder Andy Murray angesagt.

Gleichzeitig mit Köln Zwei findet das Challenger Turnier statt, die Wolffkran Open in Ismaning. Hat das Auswirkungen auf dessen Teilnehmerliste? Ich glaube, dass es kaum Überschneidun gen geben wird. Die Spieler in Köln sind in der Rangliste durchwegs so hoch, dass sie in der Woche nicht unbedingt ein Challenger spielen würden. Natürlich wird es den einen oder anderen geben, der sich überlegt, lieber die Quali in Köln zu spielen als im Hauptfeld in Ismaning. Möglicher weise erhöht das die Chancen der deutschen, der bayerischen Spieler in Ismaning, wenn einige gute internationale Akteure dort nicht antreten.

Apropos ATP: Gerade hat Novak Djokovic mit einigen Kollegen die PTPA Professio nal Tennis Players Association, so etwas wie eine Spielergewerkschaft, gegründet. Wie geht das zusammen? Die ATP hat mit Andrea Gaudenzi im ver gangenen Jahr eine neue Führung erhalten, die ab Januar auch komplett neue Ziele für 2020 verfolgen wollte. Dann kam im März der abrupte Pandemie-Stopp. Nach der zaghaften Wiederaufnahme im August fielen zahlreiche Veranstaltungen auch aus wirtschaftlichen Gründen aus. Die Kommunikation zwischen ATP und den Spielern ist in dieser Zeit und unter diesen Bedingungen nicht optimal gelaufen. Das führte unter anderem dazu, dass bereits im vergangenen Jahr begon nene Gespräche über die Gründung einer Spielergewerkschaft von den Wortführern Djokovic und Pospisil wieder aufgenom men und intensiviert wurden. Persönlich finde ich es eher unglücklich, dass gerade jetzt, da viele Veranstalter große wirt schaftliche Probleme haben, die Spieler über die neue PTPA u.a. höhere Preisgel der fordern. Grundsätzlich ist es nicht verkehrt, wenn sich die Spieler zusammentun, denn die ATP vertritt nur zu 50 Prozent die Interessen der Aktiven. Der Zeitpunkt allerdings ist sehr unglücklich.

Nochmals zu Djokovic: Wie sehen Sie seine Disqualifikation bei den US Open? Dazu gibt es keine zwei Meinungen. Wenn man aus Frust einen Ball irgendwo hin schießt und dabei einen Schieds- oder Linienrichter trifft, wird man disqualifiziert. Es war sicher keine Absicht im Spiel und sehr unglücklich, dass er die Linienrichte rin an der Kehle getroffen hat.

War es denn überhaupt sinnvoll, die US Open unter diesen Bedingungen durch zuführen? Es war wichtig und richtig, dass mit dem Grand Slam-Turnier Tennis endlich wieder in der Öffentlichkeit stattfindet. Ich finde, dass die Veranstalter trotz aller noch nie da gewesener Probleme das Turnier gut über die Runden gebracht haben. Die Auflagen der Politik und der Medizin zu befolgen, war schon eine besondere Herausforderung.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation des deutschen Tennissports? Wir haben bei den Herren, wie auch gera de bei den Generali Open in Kitzbühel zu beobachten war, eine Aufwärtstendenz. Speziell die Spieler, die sich in der vom DTB im Sommer veranstalteten German Pro Se ries in den Vordergrund gespielt haben und erfolgreich waren, befinden sich auf einem guten Weg. Ganz besonders Hanfmann aber auch Marterer und Otte. Außerdem veranstaltet der DTB in den nächsten Wo chen sechs internationale Jugendturniere hintereinander, damit wir vielen deutschen Nachwuchsspielern eine Möglichkeit bie ten, sich international mit den Besten aus der ganzen Welt messen zu können.

Wie wichtig ist der DTB-Bundesstütz punkt in Oberhaching für die sportliche Entwicklung? Oberhaching ist eines der Topzentren, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Die besten Jugendlichen hier zu versammeln, um aus ihnen Topspieler zu machen, das ist unsere Aufgabe, dafür müssen alle Beteiligten hart arbeiten. Erste Erfolge beim Nachwuchs sind bereits durchaus sichtbar.

Wie sieht der Davis-Cup-Kapitän den Sta tus Quo dieser Traditionsveranstaltung? Es ist sehr schade, dass das Endturnier in diesem Jahr abgesagt und auf das Ende 2021, ohne weitere Qualifikation, verscho ben wurde. Ich glaube auch, dass es im nächsten Jahr noch einmal in dieser Art stattfinden wird – natürlich unter der Vor aussetzung, dass es coronabedingt möglich ist. Wie es danach weitergeht, steht in den Sternen, das werden wir sehen.

Das Gespräch führte Ludwig Rembold

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Was gab es für Diskussionen, als der US-Tennisverband USTA und der New Yorker Gouverneur verkündeten: Das Grand-Slam-Turnier in Flushing Meadows findet statt. Die einen erachteten dies angesichts der Covid-19- Situation in den USA und speziell in New York als komplett verantwortungs los und prophezeiten der Veranstaltung ein vorzeitiges, bitteres Ende. Einige Akteure reisten aus diesem Grund erst gar nicht an. Andere wiederum waren beeindruckt von dem umfassenden Hygienekonzept und der ins Detail gehenden Organisation und waren froh, ihren Sport in großem, auch wirtschaftlich relevantem Umfang wieder ausüben zu kön nen. Dass so ziemlich alles anders sein würde als je zuvor bei einem so großen Turnier, darüber mussten sich die Aktiven ebenso im Klaren sein wie die Veranstalter.

Natürlich gab es Schlagzeilen, als der sehr gesellige Franzose Benoit Paire, positiv auf Corona getestet, mit seinen Mannschaftskollegen engen Kontakt hatte und dies zusätzliche Tests und in der Folge Ausschlüsse von Spielerinnen und Spielern nach sich zog. Auch Beschwerden über die mental so extreme Situation, über das Gefangensein im Gemeinschaftsquartier, die vermeintlich intensive Überwachung wurden in der Öffentlichkeit breitgetreten. Gut, dass die Freude am Sport, an großartigen, faszinierenden Matches dies alles mehr als wettmachte. Am Ende waren die US Open einerseits eine Momentaufnahme für weite Teile unserer Gesellschaft, andererseits so etwas wie das Comeback des Tennissports in 2020. Denn wenn eine derartige Mammutveranstaltung unter so extremen Bedingungen, wie sie derzeit in New York herrschen, ohne größere negative Folgen durchgeführt werden konnte, dann ist das so etwas wie ein Freifahrt schein für so ziemlich jedes weitere Tennisturnier. Tatsächlich hat die Begeisterung für unseren Sport richtig Fahrt aufgenommen.

Wie schön, dass die Generali Open in Kitzbühel stattgefunden haben. Dass man sich über spannende Kämpfe und tolle Überraschungen freuen konnte. Höchst begrüßenswert auch das hervorragend besetzte ATP-500-Turnier am wiedereröffneten Hamburger Rothenbaum und die kurzfristig ins Programm aufgenommenen zwei ATP-250-Turniere vom 11. bis 25. Oktober in Köln. Sie finden unmittelbar nach den French Open statt.

Auf das Grand-Slam-Turnier, das dem Lockdown der ersten Corona-Welle vom Frühsom mer in den Herbst ausgewichen ist, konzentriert sich jetzt das Interesse der TennisWeltöffentlichkeit. Die Fédération Française de Tennis, FFT, die, anders als die Verantwortlichen in Wimbledon, auf der Durchführung dieses größten Sandplatzturniers der Welt im Corona-Jahr bestand, hat sich bereits intensiv mit der Planung unter besonderen Um ständen beschäftigt. Es geht speziell um die Zulassung von Publikum. Ursprünglich hatte FFT-Präsident Bernard Giudicelli auf 20.000 Besucher täglich gehofft. In Verhandlungen mit der Politik liegt die Zahl derzeit bei 11.000, die mittels eines ausgeklügelten Ver kehrskonzepts das Stadion Roland Garros im Bois de Boulogne pandemiegerecht erreichen sollen. Ob dies bei den in den vergangenen Wochen extrem angestiegenen Neuinfektionen in Paris ab dem 27. September noch Gültigkeit haben wird, ist derzeit noch die Frage. Die wahren Tennisfans halten die Daumen und freuen sich schon auf die dann mit ganz wenigen Ausnahmen komplett antretende Weltelite. Um solch atemberau bende Partien wie gerade zwischen Zverev und Thiem bei den US Open zu verfolgen, muss man sich dann nicht die Nacht um die Ohren schlagen.

Fotos: Juergen Hasenkopf, Adobe Stock/diez-artwork BAYERN TENNIS ist offizielles Organ des Bayerischen Tennis-Verbandes Inhaber, Herausgeber und Verleger: Bayerischer Tennis-Verband e. V., Im Loh 1, 82041 Oberhaching Tel. 089 628179-0, www.btv.de Präsident: Helmut Schmidbauer Objektleitung BAYERN TENNIS: Ludwig Rembold

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ISSN 0342-8915

Redaktions- und Anzeigenschluss für die Oktober-Ausgabe von BAYERN TENNIS ist der 6.10.2020