Die Zukunft des Tourismus ist international

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P.b.b. | VERLAGSORT: 6020 INNSBRUCK | 10Z038387M

TOURISMUSMAGA ZIN | AUSGABE 06/11 | WINTER 2011/2012

Die Zukunft des Tourismus ist

INTERNATIONAL


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3 STICHWORT SAISON

ngen Von 24.875.664 Nächtigu auf ent Proz en in Tirol entfallen sieb

2010, LanNicht-Europäer (Tourismusjahr eichnet verz eiz Schw Die l). Tiro tik desstatis e – Gäst doppelt so viele internationale istik sstat ismu Tour 14,4 Prozent (Schweizer 2010).

Pionierarbeit Hannes Schneider gründete in den 1920er-Jahren die erste Skischule der Welt – am Arlberg. Dort brachte er den Gästen den Stemmbogen bei. Er reiste aber auch durch die ganze Welt und fungierte als Botschafter des Skisports. Sogar als Schauspieler verdingte er sich: im Film „Der weiße Rausch“.

Top 3 Die Märkte mit den größten Zuwachsraten der letzten fünf Jahre bei den Übernachtungen sind die Tschechische Republik mit 61,38, Polen mit 83,26 und Russland mit 114,51 Prozent (Vergleich der TJ 2005/06 und 2010/11).

© TVB ST. ANTON AM ARLBERG

ZAHLEN BITTE

Zitiert

+114,51 +83,26

„In näherer Zukunft sind keine Gästeströme aus Asien zu erwarten. Aber in zehn oder zwanzig Jahren kann das ganz anders aussehen – den asiatischen Raum sollte man auf jeden Fall im Auge behalten.“

+61,38

IN % QUELLE: AMT DER TIROLER LANDESREGIERUNG, RAUMORDNUNG - STATISTIK, AUFBEREITET DURCH DIE TIROL WERBUNG

PL

RU

CZ

Jack Falkner, Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden

„Südtirol ist sehr klein und wird am Weltmarkt keine große Rolle spielen. Wir haben in Europa genug zu tun, um unsere Märkte zu bearbeiten.“

© ÖTZTAL TOURISMUS

Christoph Engl, Direktor der Südtirol Marketing Gesellschaft SMG

US goes Sölden Das Ötztal ist seit dieser Saison der Hauptsponsor des US-Skiteams. Bode Miller und Co. trainieren im Ötztal und nutzen Sölden als ihre europäische Base. Ziel des Ötztaler Sponsorings sei es dabei nicht nur, auf dem US-amerikanischen Markt zu punkten, sondern mit dem coolen US-Team international die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, so Oliver Schwarz, Geschäftsführer von Ötztal Tourismus.

„Der Bedarf an Skilehrern in Ländern wie China, Argentinien oder Indien ist ein klares Indiz, dass die Internationalisierung des Wintersports längst begonnen hat.“ Peter Mall, Generalsekretär INTERSKI International


4 EDITORIAL SAISON

© TIROL WERBUNG/RITSCHEL

„Wenn – wie heuer passiert – schöne Herbstwochen den herbeigesehnten Winterstart überlagern, werden allzu schnell wieder düstere Bilder gezeichnet. Und wenn sich ‚Experten’ dann zu Aussagen versteigen, dass nur einige wenige Skigebiete in Tirol am Ende dieses Jahrhunderts übrig bleiben, dann gewinnt Spekulationslust und die Gier nach Schlagzeilen die Oberhand über das kritische Reflektieren der Realität.“

„Natürlich müssen wir gemeinsam alles tun, um die stagnierende Menge begeisterter und aktiver Wintersportler voll auszuschöpfen. Kumuliert man die Ergebnisse aktueller Erhebungen, so lässt sich das Potenzial in den Kernmärkten Europas aber jedenfalls auf beachtliche 30 bis 40 Millionen Menschen einschätzen, die sich für Wintersport begeistern lassen.“

„Bis zu 1.000 Kilometer um uns herum, nur wenige Stunden der Anreise entfernt, liegt das durchaus zukunftsfähige Potenzial von Gästen, die wir zum Teil auch wieder neu für die vielfältigen Winterfreuden aktivieren müssen. Ausreichend Bettenkapazitäten haben wir dabei mit Sicherheit erreicht, dringend gewünscht sind in diesem Zusammenhang hingegen neue Initiativen für ‚Nachwuchs’.“


5 EDITORIAL

Volle Kraft voraus

I

n Zeiten größerer Unsicherheiten haben Prognosen Konjunktur. Düstere Kommentare von selbsternannten Wirtschaftspropheten, die den europäischen Abschwung herbeireden, sind derzeit im Aufschwung. Wer Medien und veröffentlichte Meinung konsumiert, tut sich zunehmend schwer mit Vertrauen und Optimismus in die Zukunft zu denken. Mit diesen negativen Konsequenzen ihres Tuns wollen „Untergangspropheten“ allerdings nichts zu tun haben. Ähnlich verhält es sich rund um die Zukunftsszenarien unseres Wintertourismus. Wenn – wie heuer passiert – schöne Herbstwochen den herbeigesehnten Winterstart überlagern, werden allzu schnell wieder düstere Bilder gezeichnet. Und wenn sich „Experten“ dann zu Aussagen versteigen, dass nur einige wenige Skigebiete in Tirol am Ende dieses Jahrhunderts übrig bleiben, dann gewinnt Spekulationslust und die Gier nach Schlagzeilen die Oberhand über das kritische Reflektieren der Realität. Selbstverständlich geben aktuelle Entwicklungen auch Anlass zur Sorge. Der gesellschaftliche Wandel bringt es mit sich, dass viele Bevölkerungskreise nicht mehr quasi automatisch mit der Faszination Schnee bzw. der Bewegung im alpinen Raum in Berührung kommen. Zu groß sind die Konkurrenzangebote der expandierenden Freizeitindustrie, der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden. Aber auch das Mehr an Komfort und die steigende Notwendigkeit der Produktion von Schnee haben die Kosten am Skiberg deutlich erhöht. Damit steigt einerseits die Gefahr, dass der Wintertourismus zunehmend exklusiver wird, aber andererseits auch die Motivation eine wichtige Leitidee für die Zukunft – „Bring Kids back on snow“ – mit vielen Initiativen zu fördern.

Keine düsteren Prognosen.

Der Blick in die jüngste Geschichte des Wintersports lässt auch in diesem Zusammenhang keine allzu düsteren Prognosen zu – ganz im Gegenteil. Seit über 100 Jahren erlebten viele Generationen beim Durchmessen des weißen Raums unvergessene Momente des Glücks. Und diese Faszination hat auch in der Gegenwart nichts von ihrer Kraft verloren. Wenn es stimmt, dass die positive Zukunft einer Branche in erster Linie von ihrer Innovationsfähigkeit abhängig ist, dann lassen sich viele Erfolgsmomente festhalten: etwa die Individualität, den Lifestyle sowie die Kreativität der Jugend rund um die Snowboardbewegung, New School

Skiing und Free Riding – eine Entwicklung, die zeigt, dass unsere Berge auch für kommende Generationen chic und trendig bleiben. Oder die Anziehungskraft des Skitourengehens, ein Bereich, der der Sportartikelindustrie jüngst höchste Zuwachsraten beschert. Oder Innovationen wie das Skating bzw. die neue Attraktivität des gesamten nordischen Skisports, der in Summe vom steigenden Gesundheitsbedürfnis der Bevölkerung getragen wird und sich auch durch beste TV-Einschaltquoten von Langlauf- und Biathlon-Weltcuprennen belegen lässt. Natürlich müssen wir gemeinsam alles tun, um die stagnierende Menge begeisterter und aktiver Wintersportler voll auszuschöpfen. Kumuliert man die Ergebnisse aktueller Erhebungen, so lässt sich das Potenzial in den Kernmärkten Europas aber jedenfalls auf beachtliche 30 bis 40 Millionen Menschen einschätzen, die sich für Wintersport begeistern lassen. Und natürlich liegen auch in der Internationalisierung – im Ansprechen neuer Gäste aus Zentraleuropa, dem Nahen Osten, in Asien – Chancen, die Tirol längst auch nützt. So konnten etwa die Rückgänge an deutschen Gästen von rund zwei Millionen Nächtigungen durch erfolgreiche Internationalisierung in den vergangenen Jahren mehr als kompensiert werden. Der größte Markt und somit die größten Chancen liegen für uns aber weiterhin direkt vor unserer Haustür. Bis zu 1.000 Kilometer um uns herum, nur wenige Stunden der Anreise entfernt, liegt das durchaus zukunftsfähige Potenzial von Gästen, die wir zum Teil auch wieder neu für die vielfältigen Winterfreuden aktivieren müssen. Ausreichend Bettenkapazitäten haben wir dabei mit Sicherheit erreicht, dringend gewünscht sind in diesem Zusammenhang hingegen neue Initiativen für „Nachwuchs“, wie es etwa mit der AREA 47 im Sommertourismus gelungen ist. Warum aber nicht mit spannend inszenierten OutdoorCamps auch im Winter begeistern? Mit perfekten neuen Angeboten wird der Blick auf das Bekannte jedenfalls immer wieder frisch justiert und damit auf einen Schlag wieder interessant, manchmal gar exotisch. Tirols authentischer Werbeauftritt mit dem Statement „So nah, so fern“ , zuletzt mit dem deutschen Fotobuchpreis ausgezeichnet, kann zur Erfolgsformel werden. Der Winter-, aber auch der Sommertourismus im Nahraum gewinnt jedenfalls nicht erst seit den steigenden Energiekosten wieder an Image und Wert. Jammern verboten, volle Kraft voraus – so muss unser Motto in Tirol daher lauten! ×

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7 INHALT SAISON

DIE PEASCHTLN VON BREITENBACH

32 46

STARKE MARKE

HEITERER AUFTAKT

© LAND TIROL/IRIS REICHKENDLER, THEATER PRAESENT, IOC, TVB ACHENSEE, YOG 2012

DIE STRAHLKRAFT DER SKISTARS

24

40 WIEDER LUST AM SCHNEE

38 THEMA: INTERNATIONALISIERUNG 8

Wo die Musik in Zukunft spielt Wachstum wird sich in den nächsten Jahren nur noch auf internationalen Märkten erzielen lassen.

14

Ski-Exoten starten durch Das Skifahren hat weltweit Potenzial: An ungewöhnlichen Orten entstehen neue Skigebiete.

18

365 Tage Ferien? Eine Abstimmung der Ferienzeiten wäre wünschenswert, lässt sich aber nur schwer umsetzen.

20

Internationales Tirol Wie viel Internationalität braucht Tirol?

24

Die Strahlkraft der Skistars Im Ötztal setzt man seit heuer auf die coolen Typen des US-Skiteams.

26

Nah und fern Wie in Tirols Nachbarschaft mit dem Thema Internationalisierung umgegangen wird.

28

Die Welt zu Gast in Tirol YOG 2012: Für zwei Wochen wird Innsbruck im Jänner 2012 zum kulturellen „Meltingpot“.

MAGAZIN 32

Starke Marke Was klein begann, hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt: Der Tirol-Shop ist zehn Jahre alt.

35

Marktserie: Der Hedonist Mit Qualität und Genuss bemüht sich Tirol seit Jahrzehnten um den Schweizer Gast.

38

Wieder Lust am Schnee Wie lassen sich ehemalige Skifahrer wieder für das Skifahren begeistern?

40

Die Peaschtln von Breitenbach In einigen Tiroler Ortschaften werden uralte Bräuche noch heute so gelebt wie vor Hunderten von Jahren.

44

Vom Schnee und anderen Farben Im Museum Kitzbühel wird mit Beginn der Wintersaison die größte permanente Alfons-Walde-Schau eröffnet.

46

Heiterer Auftakt Die Neujahrskonzerte des Tiroler Symphonieorchesters und des Tiroler Kammerorchesters Innstrumenti

49

Kommentare

50

Nachgefragt

IMPRESSUM SAISON – Tourismusmagazin, Nr. 6/2011 (63. Jahrgang)

SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20

HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: target group publishing GmbH – Zielgruppen Verlag, Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Mag. Sylvia Ainetter, Steffen Arora, Julia Brugger, Mag. Sonja Kainz, Mag. Jane Kathrein, Esther Pirchner, Ernst Spreng • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Michael Rathmayr • PRODUKTION: NERO WerbeGmbH, www.nerografik.net • LAYOUT: Philipp Frenzel • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, t.pilgram@zielgruppenverlag.at • ANSCHRIFT VERLAG/PRODUKTION: Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 60 20, Fax DW -20, redaktion@zielgruppenverlag.at • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten


8 INTERNATIONAL SAISON

Wo die Musik in Zukunft spielt Der traditionell starke deutsche Markt ist ein sicherer Anker der heimischen Tourismuswirtschaft. Wachstum wird sich aber in den nächsten Jahren nur noch auf internationalen Märkten erzielen lassen, glauben viele Experten. Je internationaler eine Destination ausgerichtet ist, desto größer der wirtschaftliche Erfolg, meint ÖHV-Präsident Sepp Schellhorn. Internationalisierung macht außerdem unabhängig von der Konjunkturentwicklung eines einzelnen Landes, was wichtig werden könnte. VON SONJA K AINZ

Gedämpfte Wachstumschancen. Die jüngsten Wachstumsprognosen für den Herbst und Winter 2011 weisen China mit einem Plus von neun Prozent als absoluten Wirtschaftswunderknaben aus, auch Indien muss sich mit über acht Prozent keinesfalls verstecken. Magere Zeiten dagegen in der Eurozone mit 0,4 Prozent. Für das erste Quartal 2012 geht

die Deutschen 48 Millionen Mal in Österreich, was einem Anteil von 38,6 Prozent aller Nächtigungen entsprach. In Tirol ist der deutsche Markt noch dominanter als aus gesamtösterreichischer Sicht: Mit 21,7 Millionen Nächtigungen hat er einen Anteil von 50,6 Prozent. „Wenn der deutsche Markt als unser Hauptmarkt mit immerhin 48 Millionen Nächtigungen schwächelt,

„Wenn der deutsche Markt als unser Hauptmarkt mit immerhin 48 Millionen Nächtigungen schwächelt, haben wir ein massives Problem.“ SEPP SCHELLHORN, ÖHV-PRÄSIDENT © ÖHV

E

s vergeht aktuell beinahe kein Tag ohne Hiobsbotschaf ten aus der hoch nervösen Wirtschafts- und Finanzwelt: Staatsbankrott, Schuldenkrise, ein „volatiles“ Börsenumfeld, manisch-depressiv agierende Aktienhändler. Das Damoklesschwert einer drohenden Rezession hängt über Europa. Vor diesem Hintergrund nimmt sich die heimische Tourismusbranche derzeit wie der sprichwörtliche Fels in der Brandung aus, aber auch unter den Touristikern macht sich Unruhe breit. Wie wird sich die angespannte Wirtschaftslage auf das Reiseverhalten auswirken? Was passiert, wenn die Nachfrage aus den Hauptmärkten, allen voran Deutschland, spürbar nachlässt? Führende Tourismusfachleute und Wirtschaftsexperten haben sich mit diesem Thema auf dem diesjährigen Tourismusgipfel auf der Hohen Mut Alm in Obergurgl auseinandergesetzt. Verstärkt auf Internationalisierung zu setzen, könnte die richtige Antwort sein. Aber wie kann das gelingen? Wo finden sich die Gäste von morgen und was suchen sie? Walter Sonnleitner, Wirtschaftsexperte und ehemaliger ORF-Wirtschaftsredakteur sieht die Wachstumschancen für den Tourismus in Europa kritisch. „In Europa spielt die Musik jedenfalls nicht”, sagt er. Während sich weite Teile Europas in den kommenden Jahren vermutlich mit einem bescheidenen Wirtschaftswachstum oder gar einer Rezession abfinden werden müssen, sind die Aussichten in den asiatischen Schwellenländern wie beispielsweise Indien und China ungebrochen positiv.

die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sogar von einer „milden Rezession“ aus. Von diesen düsteren Aussichten bleibt auch der private Konsum nicht verschont. In Europa werden nicht nur die Staaten sparen müssen, sondern auch die Konsumenten, glaubt Sonnleitner. „In jeder Krise liegt eine Chance“, meint wiederum Sepp Schellhorn, Präsident der Österreichischen Hoteliersvereinigung (ÖHV). Diese Chance sieht er in einer verstärkten Internationalisierung des heimischen Tourismus. „Wachstum spielt sich nur noch auf den internationalen Märkten ab.“ Der für Österreich mit Abstand wichtigste Herkunftsmarkt ist und bleibt allerdings Deutschland. 2010 nächtigten

haben wir ein massives Problem. Wenn die Nächtigungen dort um nur ein Prozent zurückgehen, sind das gleich eine halbe Million Übernachtungen weniger“, sagt Schellhorn. Deshalb müsse der Kuchen unter einem breiteren Fächer von Nationen aufgeteilt werden. Schellhorn sieht hier durchaus Nachholbedarf: Laut einer eigens für den Tourismusgipfel auf der Hohen Mut erstellten Sonderauswertung zur Destinationsstudie lukriert der Durchschnitt der heimischen Destinationen drei Viertel der Nächtigungen mit Gästen aus drei Ländern. Eine Auswertung nach den Herkunftsmärkten habe allerdings gezeigt, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen einem breiteren Gästemix und wirtschaftlichem


1 10 19

Englisch — 2 Französisch — 3 Italienisch — 4 Japanisch — 5 Chinesisch — 6 Portugiesisch — 7 Griechisch — 8 Spanisch — 9 Suaheli — Ungarisch — 11 Holländisch — 12 Polnisch — 13 Finnisch — 14 Serbokroatisch — 15 Norwegisch — 16 Slowakisch — 17 Türkisch — 18 Schwedisch — Tschechisch — 20 Arabisch — 21 Russisch

SIND SIE FREMDSPRACHEN-FIT? 20 21 17 18

19

14 15

16

10 13 11 12 8 9 6

7 5 4 1

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3

9


10

„Internationalisierung ja, aber dabei auf keinen Fall die Kernmärkte vergessen.“ JOSEF MARGREITER, GESCHÄFTSFÜHRER DER TIROL WERBUNG

Nächtigungen in allen Beherbergungsbetrieben Ø 1,4 Mio. Zell am See/Kaprun

2,0 Mio.

Gasteinertal

Chancen liegen im Osten.

2,5 Mio.

Ötztal

3,4 Mio.

Paznaun

2,4 Mio.

Arlberg (Tirol & Vbg.)

2,6 Mio.

1 Mio.

3 Mio.

© ÖHV 2011

0

2 Mio.

Logis-Erlöse in Mio. Euro Ø 49 Mio. Zell am See/ Kaprun

72,7

Gasteinertal

72,9

Ötztal

123,1

Paznaun

109

Arlberg (Tirol & Vbg.)

158,7 © ÖHV 2011

0

50 Mio.

100 Mio.

Erfolg gebe, sagt Schellhorn. Die Regionen mit der stärksten internationalen Ausrichtung sind in dieser Analyse Zell am See und Kaprun (sieben Herkunftsmärkte), gefolgt vom Gasteinertal (fünf Herkunftsmärkte), dem Ötztal (fünf Herkunftsmärkte), dem Paznauntal (fünf Herkunftsmärkte), und Arlberg (fünf Herkunftsmärkte). In Zell am See seien 2010 72,7 Millionen Logis-Erlöse erzielt worden, im Gasteinertal 72,9 Millionen, im Ötztal 123,1 Millionen, im Paznaun 109 Millionen und die Destination Arlberg kam sogar auf 158,7 Millionen. Damit liegen diese fünf Regionen deutlich über dem Durchschnitt, der bei 49 Millionen liegt, rechnet der ÖHV-Präsident vor. Die World Tourism Organisation der Vereinten Nationen prognostiziert bei den internationalen Ankünften bis 2030 eine jährliche Steigerund von 2,5 Prozent, Österreich ist in den vergangenen drei Jahren mit einem Plus von zwei Prozent deutlich darunter gelegen.

150 Mio.

ÖSTERREICHS INTERNATIONALSTE DESTINATIONEN Die ÖHV hat „Österreichs internationalste Destinationen“ ermittelt. Während in durchschnittlichen Destinationen drei Viertel der Nächtigungen von Gästen aus drei Ländern abhängen, verteilen sie sich in Zell am See/Kaprun auf sieben Märkte, im Gasteinertal, im Ötztal, im Paznaun und am Arlberg auf je fünf. Auch bei den Nächtigungen liegen die Destinationen über dem Durchschnitt.

Großes Potenzial sieht Schellhorn nach wie vor im russischen und arabischen Raum, aber auch den zentraleuropäischen Ländern wie Tschechien, der Slowakei und Polen, auch den Wachstumsmusterschülern Asiens, Indien und China, räumt er große Bedeutung ein, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Mit Prognosen für die wirtschaftliche und die damit verbundene touristische Entwicklung der europäischen Kernmärkte ist Universitätsprofessor Mike Peters, Lektor am MCI Innsbruck für Unternehmensführung in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft, zurückhaltend. „Es ist schwierig, eine Prognose für alle Länder abzugeben“, erklärt er. Dass die Menschen bei den Ausgaben für den Urlaub eher sparen, halte er allerdings für sehr wahrscheinlich. Aus anderen Ländern wie Indien, China, Israel, aber auch Osteuropa werden tendenziell mehr Gäste kommen. Was an Nachfrage aus den bisherigen Kernmärkten fehle, könne durchaus durch Gäste aus anderen Ländern ausgeglichen werden, meint Peters – oder zumindest abgeschwächt, sagt Schellhorn. „Durch verstärkte Internationalisierung können Rückgänge auf den Kernmärkten nur abgefedert werden, da müssen wir realistisch sein.“

Kernmärkte nicht vergessen. „Internationalisierung ist und war für den Tiroler Tourismus wichtig“, sagt auch Jo-

sef Margreiter, Geschäftsführer der Tirol Werbung. Sie verteile das Marktrisiko auf viele Länder, was von der Konjunkturentwicklung eines einzigen Landes unabhängiger mache. Abgesehen vom städtetouristischen Aufkommen verfüge Tirol bereits jetzt über ein sehr internationales Gästeaufkommen. Im Österreichvergleich sei Tirol entweder schon Marktführer in vielen neuen Märkten oder zumindest nach den Städten Wien und Salzburg an zweiter Stelle, führt der Chef der Tirol Werbung aus. Tatsache sei aber auch, dass sich 80 Prozent des heimischen Gästepools aus Deutschen, Österreichern, Schweizern, Touristen aus den Beneluxländern und Großbritannien zusammensetzen. „Internationalisierung ja, aber dabei auf keinen Fall die Kernmärkte vergessen“, lautet deshalb für Margreiter die Devise. „80 Prozent unseres Geschäfts machen wir in den DACH-, Benelux-Ländern und Großbritannien, entsprechend groß muss auch unsere Anstrengung bleiben, unser Geschäft in diesen Märkten zu halten“. Die Wachstumschancen in den restlichen 20 Prozent zu nutzen, sei quasi das parallel laufende Programm. Die Notwendigkeit ist auch für Margreiter unumstritten. Das Wirtschaftswachstum in den angestammten Märkten werde voraussichtlich sehr viel geringer sein als beispielsweise in den zentraleuropäischen Ländern, allen voran Polen und Tschechien. In Polen wachse der Mittelstand derzeit, während er in den bisherigen Kernmärkten sukzessive wegbreche. Wenn Margreiter an verstärkte Internationalisierung denkt, fallen ihm vor allem die osteuropäischen Staaten Polen, Tschechien, Rumänien und auch Russland ein. „Innerhalb Europas und am Rande Europas ist sicher noch viel an Markterschließung möglich“. Bei den Ankünften von polnischen Gästen war beispielsweise im Tourismusjahr 2010/11 ein Plus von 7,2 Prozent auf rund 622.000 Übernachtungen zu verzeichnen, auch die Ankünfte aus Tschechien (+0,3 % auf 585.00) und Rumänien (+4,3 % auf 234.000) stiegen. Die Hoffnung ruht auch deshalb auf diesen Märkten, weil sie uns sowohl geografisch als auch kulturell sehr nahe sind. „Die Menschen sind dort sehr österreich- und wintersportaffin“, so Schellhorn. Josef Margreiter sieht einen weiteren Vorteil darin, dass sie Österreich beziehungsweise Tirol bequem innerhalb


eines Tages mit dem eigenen Pkw erreichen können. Angesichts der steigenden Mobilitätskosten ein klarer Pluspunkt. „Wenn wir uns weiter so anstrengen, können wir hier in den kommenden Jahren mit Sicherheit ein Wachstum von zwei bis drei Prozent erzielen“, glaubt Margreiter.

Direkte Konkurrenten.

China und Indien mit ihren rasant wachsenden Volkswirtschaften, der hohen Bevölkerungsdichte und einer immer breiter werdenden Mittelschicht zählen für Tourismusexperten zu den Zukunftsmärkten schlechthin. Allein in Indien leben 1,2 Milliarden Menschen, laut Einschätzung der ÖHV können sich derzeit etwa 30 Millionen einen Urlaub im Ausland leisten, in den kommenden Jahrzehnten könnte dieser Anteil auf bis zu 50 Millionen steigen. „Auch auf diesen Märkten müssen wir Marktanteile gewinnen“, sagt Schellhorn. Was Gäste aus China und Indien angeht, steht Österreich natürlich in einer intensiven Konkurrenzsituation mit großen europäischen Metropolen wie Paris, Rom, Berlin und London. Und beim Buhlen um Gäste, die das Erlebnis Alpen suchen, hat es Österreich mit seinen Nachbarn Schweiz, Deutschland und Südtirol zu tun. „Die Konkurrenten sitzen auf denselben Liftsesseln“, stellt auch Sonnleitner fest. Vor allem die Schweiz konnte auf diesen aufstrebenden Märkten zumindest vorläufig einen Sieg nach Punkten verbuchen. „Die Schweiz hat das sehr gut gemacht“, sagt auch Schellhorn. Dort werde allerdings auch pro Nächtigung fünfmal so viel in die Werbung investiert wie hierzulande. Das müsse aufgeholt werden. Schellhorn sieht hier vor allem die Politik gefordert, indem sie die nötigen finanziellen Mittel bereitstellt. Wie aber kann es gelingen, sich gegen die internationale Konkurrenz abzuheben und auf Österreich und Tirol mit all seinen Schönheiten und Vorzügen aufmerksam zu machen?

Weg vom „Alpenkitsch“.

„Zuerst kommt das Produkt und dann kommt der Verkauf. Ein gutes Produkt setzt sich durch“, meint Rupert Simoner, General Manager des Kempinski Grand Hotel des Bains in St. Moritz sowie Regional Vice President der internationalen Luxushotelkette. Am Anfang stehe die Frage: „Wer bin ich und wofür stehe ich“. Er glaubt, dass viele Tourismusregionen in den kommenden Jahren durch diesen Prozess werden ge-

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12

hen müssen. Die Schweizer Weisse Arena Gruppe in Laax ist ein Beispiel, wie dieser Prozess gelingen kann. „Wir haben viel in den Freestyle-Bereich investiert und uns damit profiliert“, erklärt Reto Gurtner, CEO der Weisse Arena Gruppe. Er gilt als einer der Vordenker der Branche. Er sieht die Alpenregionen international betrachtet in einer hervorragenden Position, um sich

die Struktur ändern. Skifahren sei viel zu kompliziert. Es brauche einen einfacheren Zugang. „Die Welt will keine schwarzen Pisten und Geschwindigkeitsrekorde“, glaubt Gurtner. Internationale Gäste, die nicht mit dem Skilauf aufgewachsen sind, wollen Skifahren einfach und schnell lernen und nicht mit 80 km/h oder mehr die schwarze Piste hinunterjagen.

© WEISSE ARENA GRUPPE LAAX

„Mein Anspruch war es, der iPod der Skigebiete zu werden, und das haben wir konsequent durchgezogen.“ RETO GURTNER, CEO DER WEISSE ARENA GRUPPE (SCHWEIZ)

zu behaupten. „Wir müssen allerdings viel radikaler werden“, meint er und zwar ganz im Sinne des lateinischen Wortursprungs radix (Wurzel), also zurück zum Ursprung. „Alpenkitsch“ und „Pseudorustikalismus“ seien jedenfalls nicht die Antwort. „Wir wollen schließlich nicht die Asche weitertragen, sondern das Feuer“, sagt Gurtner. Natur, Bewegung in der Natur genauso wie zeitgenössische moderne Architektur seien die Schlagworte, auf die der Alpentourismus setzen sollte. Auch Skifahren habe nach wie vor „enormes Potenzial“. Das Erlebnis des Gleitens auf dem Schnee fasziniere, allerdings müsse sich

„Man denke nur an die EinkindPolitik in China. Die setzen ihr einziges Kind doch nicht solchen Gefahren aus“. Diese Gäste kommen, um die Bergwelt und das Schneeerlebnis zu genießen, auf sicheren und nicht zu steilen Pisten. Wer Internationalisierung wolle, brauche den einfachen Zugang, im Sinne eines One-Stop-Shops. „Beispiel Apple: Mein Anspruch war es, der iPod der Skigebiete zu werden, und das haben wir konsequent durchgezogen“, sagt Gurtner.

Die Herausforderungen. Also werden künftig Inder, Chinesen oder Gäste

aus dem arabischen Raum bald Europas Skipisten bevölkern? Wohl kaum. „China, Indien und auch die arabischen Länder sind eindeutig Sommermärkte“, erklärt Holger Gassler, Leitung Marketing und Verkauf Märkte 3 bei der Tirol Werbung. Eine weitere Herausforderung für die Zukunft: Österreich, und damit auch Tirol, ist oft nur eine Station auf einer mehrwöchigen Europareise. Diese Gästeschicht verbringt in der Regel nicht mehrere Wochen an einem Ort, sondern sucht sich gezielt einige Hotspots aus. Shopping und Sightseeing stehen hier ganz oben auf der Liste – mit international starken Marken wie Swarovski oder Riedel kann Tirol hier schon jetzt punkten. Auch mit der Präsenz von malerischen Tiroler Naturlandschaften in den bekannten indischen Bollywood-Filmen hat Tirol sich schon jetzt einen Namen auf diesen Märkten gemacht. „Tirol ist hier bereits Aushängeschild für Österreich“, sagt Schellhorn. Sich dort zu positionieren, ist am Anfang vor allem kostenintensiv, ohne dass sich die Anstrengungen unmittelbar und eklatant in Nächtigungszahlen niederschlagen. Die Tirol Werbung setzt derzeit vor allem auf Marketingkooperationen wie „Heart of the Alps“, bei der man sich mit Partnern zusammenschließt. Mit Erfolg: Bei den indischen Gästen ist Tirol nach Wien mittlerweile das meistbesuchte österreichische Bundesland. Vor allem auf den Fernmärkten braucht es also einen etwas längeren Atem – der kann sich aber lohnen. ×

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13 INTERNATIONAL SAISON

TOURISMUSJAHR 2010/11 ÜBERNACHTUNGEN NACH HERKUNFTSLÄNDERN

2%

1%

1%

Russland

Polen

9%

Frankreich & Monaco

Sonstige Märkte

2% Italien

4%

Belgien

4%

51%

Vereinigtes Königreich

6%

Schweiz & Liechtenstein

Deutschland

9%

Österreich

11%

Niederlande

HERKUNFTSLAND

ÜBERNACHTUNGEN TJ 2010/11

VERÄND. ZUM VORJAHR IN %

ANTEIL ABSOLUT IN %

Deutschland Niederlande

21.707.711

-1,9%

50,6%

4.781.898

-1,2%

11,1%

Österreich

3.724.841

0,1%

8,7%

Schweiz & Liechtenstein

2.380.416

13,0%

5,6%

Vereinigtes Königreich

1.558.058

-4,9%

3,6%

Belgien

1.509.705

-1,0%

3,5%

Italien

1.054.241

-4,0%

2,5%

Frankreich (inkl. Monaco)

952.155

-0,1%

2,2%

Polen

622.253

7,3%

1,5%

Russland

585.441

23,0%

1,4%

Tschechische Republik

585.280

0,3%

1,4%

Dänemark

570.594

-6,8%

1,3%

Schweden

257.275

-3,2%

0,6%

Rumänien

234.107

4,3%

0,5%

USA

211.926

-16,7%

0,5%

Luxemburg

186.431

4,3%

0,4%

Ungarn

159.149

5,5%

0,4%

Spanien

142.761

-2,1%

0,3%

Irland

131.308

-15,3%

0,3% 0,3%

130.489

15,6%

Sonstige Märkte

Israel

1.401.145

9,2%

3,3%

TIROL GESAMT

42.887.184

-0,3

100,0%

ÜBERNACHTUNGEN DER TOP-20 HERKUNFTSMÄRKTE IM TIROL-VERGLEICH DER TOURISMUSJAHRE 2005/06 UND 2010/11 300%

947.112

952.155

0,5%

Polen

339.549

622.253

83,3%

Russland

272.916

585.441

114,5%

Tschechische Republik

362.675

585.280

61,4%

Dänemark

542.994

570.594

5,1%

Schweden

247.242

257.275

4,1%

Rumänien

58.469

234.107

300,4%

USA

285.876

211.926

-25,9%

Luxemburg

163.066

186.431

14,3%

Ungarn

130.712

159.149

21,8%

Spanien

120.673

142.761

18,3%

Irland (Republik)

161.678

131.308

-18,8%

77.943

130.489

67,4%

Sonstige Märkte

1.128.722

1.401.145

24,1%

TIROL GESAMT

41.662.583

42.887.184

2,9%

Israel

QUELLE: AMT DER TIROLER LANDESREGIERUNG, RAUMORDNUNG - STATISTIK, AUFBEREITET DURCH DIE TIROL WERBUNG

115%

83%

67%

61%

21%

14%

22% 18%

2% 6% -3% 2%

5% 4%

3% 1%

-17%

-19%

-26%

Israel

3,4%

Frankreich (inkl. Monaco)

Irland (Republik)

1.054.241

Ungarn

2,2%

1.020.060

Italien

Spanien

-17,4%

1.509.705

USA

1.558.058

1.477.265

Luxemburg

1.885.345

Rumänien

Vereinigtes Königreich Belgien

Schweden

21,0%

Dänemark

6,4%

2.380.416

Tschechische Republik

3.724.841

1.967.613

Polen

3.499.363

Schweiz & Liechtenstein

Russland

Österreich

TJ 2010/11 VERÄND. 2005/06 ZU 2010/11 IN %

Italien

2,0%

Frankreich (inkl. Monaco)

-2,6%

4.781.898

Belgien

21.707.711

4.686.313

Vereinigtes Königreich

22.286.997

Niederlande

Österreich

Deutschland

Schweiz & Liechtenstein

VERÄND. IN %

Niederlande

TJ 2010/11

Deutschland

TJ 2005/06

HERKUNFTSLAND


14 INTERNATIONAL SAISON

Ski-Exoten starten durch Wintersport gehört in Tirol zum Alltag und ist selbstverständlich. Weltweit hat der Skisport aber noch enormes Entwicklungspotenzial. Dass Skifahren auch in exotischen Ländern sexy ist, beweisen neue Skigebiete an ungewöhnlichen Orten. VON ERNS T SPRENG

D

ie USA gehören nicht zu den exotischen Skiländern. Skifahren hat hier Tradition, das US-Skiteam feiert seit Jahren große Erfolge. Wer aber eine Erkundungsreise durch neue Wintersportkulturen antritt, der kann diese Reise bald mitten in der bekanntesten Stadt der Welt beginnen – in New York. Denn in unmittelbarer Nähe zu New York – in New Jersey – wird die größte Skihalle Nordamerikas gebaut. Und sie entsteht nicht irgendwo, sondern ist eine der Attraktionen des weltgrößten Einkaufszentrums mit dem klingenden Namen „American Dream Meadowlands“. Ab 2013 sollen hier mehr als 50 Millionen

Touristen den amerikanischen Traum zelebrieren: Nichts ist unmöglich – auch nicht, das ganze Jahr über Ski zu fahren. Eingebettet ist diese Skihalle in eine Einkaufslandschaft, die vom Riesenrad bis zum eigenen Theater alles unter einem Dach vereint. Dass man sich für dieses Megaprojekt ausgerechnet eine Skihalle als Attraktion gewählt hat und keine Achterbahn, keinen Mountainbike-Parcours oder ähnliches ist ein Zeichen: Skifahren hat einen ganz besonderen Reiz.

Freizeit schaffen. Von Westen nach Osten. Krasnojarsk ist die drittgrößte Stadt Sibiriens. Bergbau, Chemiewerke und das

zweitgrößte Aluminiumwerk der Welt prägen diese Millionenstadt. Und seit Kurzem gibt es hier ein Skigebiet mit Bezug zu Tirol, denn die Beschneiungsanlage für das Skigebiet kommt aus Südtirol. „In Krasnojarsk erwartet man sich keinen Skitourismus“, erklärt Martin Eppacher, Geschäftsführer der TechnoAlpin Austria. „Dieses Skigebiet wurde ausschließlich für die eine Million Bewohner der Stadt erschaffen, um für die Einheimischen eine Freizeitattraktion zu errichten.“ Ähnliches – so Eppacher – sieht man derzeit nicht nur in Sibirien. Auch in anderen osteuropäischen Staaten, aber auch im Iran, in Indien oder China entstehen neue Skigebiete.


15

Exportschlager.

Futuristisch. 2013 eröff net in New Jersey unweit von New York das weltgrößte Einkaufszentrum seine Pforten. Teil von „American Dream Meadowlands“ ist auch die größte Skihalle Nordamerikas.

So interessant diese neue Entwicklung für die Internationalität des Skisports ist, es gibt auch andere Tendenzen. Bei aller Euphorie der Wintersport-Industrie angesichts neuer Skinationen und die damit verbundenen zusätzlichen Skifahrer darf man nicht vergessen, dass es Länder gibt, in denen der Skisport an Bedeutung verloren hat. Bestes Beispiel dafür ist Japan, wo durch die wirtschaftliche Situation der Menschen seit Beginn dieses Jahrhunderts Skigebiete geschlossen wurden, weil sie nicht mehr wirtschaftlich rentabel waren. Aber die positiven Meldungen überwiegen. Es ist eindeutig erkennbar, dass sich der Skisport in den vergangenen Jahren

in Ländern entwickelt hat, die bisher nicht auf dem Radar der Wintersportindustrie vorhanden waren.

Betrachtet man die Entwicklung der Wintersportkultur im 20. Jahrhundert, so hatte Tirol immer schon eine Pionierstellung und brachte die Faszination Winter in alle Welt. Das begann in den 1920ern mit Hannes Schneider, der am Arlberg die erste Skischule der Welt gründete und den Gästen des Arlbergs in einfachen, leicht nachvollziehbaren Schritten den Stemmbogen vermittelte. Schneider reiste durch die ganze Welt und fungierte als Botschafter des Skisports – nicht zuletzt auch als Schauspieler, wie beispielsweise in dem bekannten Film „Der weiße Rausch“. Viele Tiroler folgten seinem Beispiel und waren wesentlich daran beteiligt, dass Skigebiete in vielen Teilen der Welt entstanden. Der Skilehrer war der erste große Exportschlager des Tiroler Wintersports – und ist es heute noch. Dazugekommen ist, dass Tiroler Unternehmen ihr Know-how inzwischen weltweit exportieren – sei es beim Bau von Bergbahnen, in der Pistenpräparierung, in der Beschneiung oder im Erschaffen touristischer Infrastruktur rund um neue Skigebiete.

Exoten auf Skiern. Wenn derzeit in China, dem Iran oder in Aserbaidschan an großen Skigebieten gearbeitet wird, können Tiroler Firmen von der Internationalisierung des Wintersports profitieren. Was bleibt, ist die Frage, ob diese neuen Märkte dem heimischen Tourismus ebenfalls ein Nutzen sein können. Beweisen kann das heute noch niemand. Man weiß nicht, ob der Tiroler Wintergast der Zukunft aus Indien, China

„Wir erkennen im Bereich der Schneesportlehrer eine starke Internationalisierung des Wintersports.“ PETER MALL, GENERALSEKRETÄR INTERSKI INTERNATIONAL


16

Skifahren neu entdecken TechnoAlpin betreut Skigebiete in über 40 Ländern der Erde. Darunter sind exotische Destinationen wie Aserbaidschan, Mongolei, Iran, China, Australien, Chile, Argentinien. Martin Eppacher, Geschäftsführer des Tiroler Herstellers von Beschneiungsanlagen, im Interview

S

AISON: Herr Eppacher, wo entstehen derzeit weltweit neue Skigebiete? Wo sind die Zukunftsmärkte? MARTIN EPPACHER: Neue Skigebiete entstehen derzeit vor allem im asiatischen Raum, in Osteuropa und Russland. In einigen Ländern werden derzeit komplette Tourismusgebiete geplant und gebaut. Das Skigebiet ist hier lediglich ein Teil des Ganzen. Die realisierten Freizeitangebote sind meist vielfältiger. Geplant wird dabei für Sommer- und Wintertourismus.

© TECHNOALPIN

„Wenn der Skisport in einem Land populär gemacht wird, gilt es oft als schick, den Sport auch im Ausland auszuüben. Davon können sicher auch die Skigebiete in Tirol profitieren.“

Niedrig gelegen. Die neun Lifte des Hyundai Sung Woo Resorts in Südkorea befinden sich zwischen 573 und 896 Metern Seehöhe.

MARTIN EPPACHER, GESCHÄFTSFÜHRER TECHNOALPIN

Warum entdecken Länder wie Aserbaidschan, China oder andere Exoten das Skifahren für sich? Dafür gibt es aus meiner Sicht zwei Gründe. Zum einen ist der Wintertourismus ein Wirtschaftszweig, der in einigen Ländern nun neu aufgebaut wird, um für die Zukunft eine weitere Einnahmequelle und weitere Arbeitsplätze zu sichern. Zum anderen wird das Skifahren aber auch als Freizeitangebot für die Bevölkerung gesehen. Ein Beispiel dafür ist etwa die Industriestadt Krasnojarsk in Sibirien, in der rund eine Million Menschen leben. Hier wurde das Skigebiet rein für die örtliche Bevölkerung errichtet – um Tourismus geht es hier nicht.

Nahe der Metropole. Das Jisan Forest Resort ist eines von sieben Skigebieten rund um Seoul (Südkorea).

Glauben Sie, dass Menschen, die in diesen Exotenländern das Skifahren im eigenen Land erlernen, auch einmal Urlaubsgäste für Tirol werden? Da bin ich mir sogar sicher. Als erste Entwicklung in diese Richtung dürfen die russischen Gäste betrachtet werden, die vermehrt nach Österreich kommen. Wenn der Skisport in einem Land populär gemacht wird, gilt es oft als schick, den Sport auch im Ausland auszuüben. Davon können sicher auch die Skigebiete in Tirol profitieren.“ Vielen Dank für das Gespräch.

×

Zentralasien. Auch in Kirgisistan wird Ski gefahren.


17

oder Korea kommt. Derzeit sprechen die Zahlen nicht dafür. 2010 belegte China beispielsweise im Tiroler Ranking der Herkunftsmärkte Platz 27. Über 50 Prozent der rund 60.000 chinesischen Touristen vergnügten sich dabei von Juli bis Oktober in Tirol. Ob aus dem chinesischen Sommertouristen, der durch die Innsbrucker Altstadt bummelt, in Zukunft der Pistenfreak wird, das wird die Zukunft weisen. Dennoch zeigt der Blick in die nähere Vergangenheit, dass das Angebot die Nachfrage erzeugt. Bestes Beispiel sind touristische Märkte wie Polen oder Russland. Hier entstanden im eigenen Land in den vergangenen 20 Jahren moderne Skigebiete. Skifahren wurde in diesen Ländern zur anerkannten und beliebten Freizeitgestaltung, der Wunsch nach Skierlebnissen anderswo wurde größer. Zuerst kamen die reichen Russen, für die es ein Statussymbol war, sich den Skiurlaub leisten zu können. Heute ist bereits die gut verdienende Mittelschicht aus Osteuropa da und der russisch sprechende Nachbar am 6er-Sessellift gehört zum Alltag in Tirol. Betrachtet man Osteuropa, sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache: Die tschechische Republik, Polen, Russland und Rumänien zählen bereits zu den Top-15-Herkunftsmärkten für Tirol. Entwickeln sich andere Exoten gleich, so ergibt das für die Zukunft ein großes Potenzial an neuen Gästen für die heimische Tourismuswirtschaft.

© TECHNOALPIN

Down Under. Die Wintersaion geht in den Snowy Mountains Australiens von Juni bis Oktober.

Pistenbesichtigung. Skigebiet im chinesischen Xiling

Entwicklungsarbeit. Tirols Touristiker beobachten die internationalen Entwicklungen sehr genau und versuchen international neue Märkte für sich zu gewinnen und bestehende Fernmärkte weiter voranzutreiben. Vor kurzem organisierten Tirol Werbung und Tiroler Sparkasse eine Studienreise in die Türkei und informierten sich über jene drei Skigebiete

bei Istanbul, die derzeit in der Türkei einen Skiboom hervorrufen. „Die Themen Kultur sowie Sightseeing und Skilauf waren die Hauptthemen bei diesem Austausch mit türkischen Reiseveranstaltern“, erklärt Holger Gassler von der Tirol Werbung, der die Studienreise in die Türkei organisierte. „Auf Fernmärkten ist derzeit der Sommer- bzw. Kulturtourismus wichtiger, ob der Winter eine starke Hoffnung für die Zukunft ist, wird sich weisen.“

Fern ist nah.

Ein Tiroler, der derzeit hautnah erlebt, was Wintersport international bedeutet, ist Peter Mall. Der St. Antoner ist seit September dieses Jahres neuer Generalsekretär von INTERSKI International, dem Weltverband der Schneesportlehrer mit 40 Mitgliedsstaaten weltweit. Eine seiner ersten Aufgaben war die Reise ins argentinische Ushuaia, wo 2015 der nächste Weltkongress des Verbandes stattfindet. Am südlichsten Punkt Argentiniens tummeln sich nicht nur Urlauber, die von hier aus mit dem Schiff zum Südpol aufbrechen, sondern auch Skifahrer in einem kleinen, aber feinen Skigebiet. „Mit dem INTERSKIKongress wirbt Argentinien ganz intensiv auf dem brasilianischen Markt und will Skifahren in Südamerika populär machen. Und das scheint bisher sehr gut zu funktionieren“, erzählt Mall von seiner Reise. Vielleicht wird also in nicht allzu ferner Zukunft ein Tiroler Skilehrer im fernen Argentinien seinem brasilianischen Skischüler von Tiroler Bergen erzählen. Und dabei so lange von der Faszination der Alpen schwärmen, dass auf dem Tiroler 6er-Sessellift neben dem russischen Stammgast auch die Familie aus Rio de Janeiro Platz nimmt. „Der Bedarf an Skilehrern in Ländern wie China, Argentinien oder Indien ist ein klares Indiz, dass die Internationalisierung des Wintersports längst begonnen hat“, erklärt Peter Mall. Kurzum: Die Ski-Exoten starten durch. ×


18 INTERNATIONAL SAISON

365 Tage Ferien? Was den Landwirten der Bauernkalender, das ist den Touristikern der internationale Ferienkalender. Versuche, die Urlaubszeiten international aufeinander abzustimmen, um Peaks und Flauten zu vermeiden, gab und gibt es viele. Allein die Umsetzung dieser Pläne lässt auf sich warten. Spannend sind für die Branche aber auch neue Märkte mit ganz anderen Ferienzeiten.

© GERHARD BERGER (2)

VON S TEFFEN AROR A

J

edes Jahr dasselbe Spiel: Pünktlich zum Ferienbeginn in den großen deutschen Bundesländern geht auf den Autobahnen gar nichts mehr. Und so manches Hotel in den Urlaubsregionen kann sich vor Gästen kaum mehr retten. Wenige Wochen später klagen die Hoteliers über leere Betten und die Skiregionen locken mit Schnäppchenpreisen auf die Pisten. Daher fordern die heimischen und internationalen Touristiker schon lange eine Koordination der Ferienzeiten, zumindest auf europäischer Ebene. Allen voran die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV), die zuletzt beim Europäischen Tourismustag 2010 dem

zuständigen EU-Kommissar für Industrie und Unternehmen sowie Vize-Präsidenten der EU-Kommission, Antonio Tajani, ein Positionspapier überreichte, in dem sie diese Forderung nach Koordinierung der Ferienzeiten bekräftigt. „Weil die Feriendaten anderer Länder eine große Rolle für den heimischen Tourismus spielen“, wie ÖHV-Sprecher Martin Stanits erklärt, „insbesondere, weil die Konzentration auf einige wenige Tage im Jahr verkehrsökonomisch absoluter Irrsinn ist. Die Straßen sind ganz einfach nicht auf derartige Kapazitäten ausgelegt.“ Ähnliches gelte für die Skigebiete und Beherbergungsbetriebe, so Stanits: „Die Hotels brauchen die Infra-

struktur, aber auch die Mitarbeiter für den absoluten Gäste-Peak. Dasselbe gilt auch für die Gemeinden, die die Infrastruktur, von den Liften bis hin zur Kanalisation, auf das Maximum ausrichten müssen. Von einer besseren Verteilung würden Gäste, Gemeinden und Tourismusbetriebe profitieren.“ EU-Kommissar Tajani nahm das Positionspapier entgegen und, so Stanits, die Verhandlungen unter Federführung des Wirtschaftsministeriums „machen hier gute Fortschritte“. Von konkreten Ergebnissen kann und will man aber auch bei der ÖHV noch nicht sprechen. Den Wunsch nach besserer Verteilung der Ferienzeiten kann man im


19

Unterrichtsministerium (BMUKK) zwar nachvollziehen. Allerdings überwiegt die Skepsis, ob dies praktisch umsetzbar ist. Die ÖHV-Forderung nach internationaler Koordinierung kostet den im BMUKK zuständigen Hermann Holubetz nur ein Seufzen: „Es gibt keine Abstimmung, noch nicht einmal die österreichischen Bundesländer stimmen sich ab.“ Wie dies international funktionieren sollte, ist ihm daher ein Rätsel: „Stellen Sie sich vor, das kleine Österreich fragt das große Deutschland, ob es die Sommerferien verlegen könnte – eben!“ Zwar habe er von Bestrebungen zur Ferienkoordination auf EU-Ebene gehört, konkrete Ergebnisse oder Maßnahmen seien aber noch nicht bis ins Unterrichtsministerium durchgedrungen. Seitens der ÖHV setzt man in Sachen Verhandlungen aber eher auf die Wirtschafts- als auf die Bildungspolitik. Schließlich hängt eine Milliardenindustrie davon ab.

Russische Weihnacht.

Wie sich unkonventionelle Ferienzeiten abseits der üblichen Urlaubsdaten wirtschaftlich positiv auswirken können, zeigt das Beispiel der russischen Weihnachtsferien. Die orthodoxen Christen feiern ihr Fest erst am 7. Jänner, also genau zu jener Zeit, die bis vor wenigen Jahren noch als das berüchtigte „Jännerloch“ firmierte. Heute verzeichnen Winterhochburgen wie Sölden im Ötztal während dieser einstigen Brache dank russischen Gästeansturms die umsatzstärksten Tage des gesamten Jahres. Bei der Österreich Werbung (ÖW) hat man dieses Potenzial längst erkannt und bewirbt den russischen Markt gezielt auf das orthodoxe Weihnachtsfest hin, wie ÖW-Sprecherin Ulrike RauchKeschmann bestätigt. Dadurch wird die vorhandene touristische Infrastruktur ideal ausgenutzt, Leerstand wird vermieden und die Skiorte verlängern die Hochsaison um bis zu zwei Wochen in den Jänner hinein. Zwar kommen drei Viertel der Touristen noch immer aus den Hauptmärkten Deutschland, Österreich und Niederlande, doch der Anteil neuer Herkunftsmärkte wächst stetig

– und genau in der besseren Verteilung des Gästeaufkommens liegt der große Mehrwert. Doch wo sonst, außer in Russland, tun sich derlei Hoffnungsmärkte auf? „Wir beobachten die Märkte, um ihr Potenzial für den heimischen Tourismus auszuloten“, erklärt Rauch-Keschmann. Denn in der Internationalisierung der Herkunftsmärkte liege auch die Chance, die althergebrachte Zwei-Saisonalität – sprich klassische Aufteilung in Winter- und Sommersaison – zu durchbrechen. Nicht unbedingt auf Schulferien bezogen, aber hinsichtlich religiöser Gepflogenheiten, wird dies aktuell bei Gästen aus dem arabischen Raum versucht. „Diese Gäste reisen gern im großen Familienverband und der Ramadan, der nun immer früher im Sommer stattfindet, ist ein wichtiges Bezugsdatum für die Reiseplanung“, so Rauch-Keschmann. Dieser terminliche Umstand wird beim Zeitplan für die Marketingaktivitäten in diesem Herkunftsmarkt seitens der ÖW berücksichtigt.

Saisonale Grenzen. Die Möglichkeiten der Koordinierung von Ferienzeiten sind sicherlich saisonal begrenzt. So kann kaum ein Wintertourist im September gelockt werden und kein Sommergast wird sich im April zum Seenurlaub verleiten lassen. Dennoch bietet die internationale Koordinierung, vor allem auf europäischer Ebene, noch Möglichkeiten zur effizienteren Nutzung vorhandener Strukturen. Zudem birgt das gezielt auf die jeweiligen Ferienzeiten abgestimmte Marketing in neuen Herkunftsmärkten die Chance, bislang unattraktive Urlaubszeiten mit neuen Gästen zu beleben. Das indische Diwalifest (Pendant zu unseren Weihnachten) oder das chinesische Neujahr wären solche Beispiele neuer Ferienzeiten. Tirols besucherstärkste Touristenattraktion, die Swarovksi Kristallwelten, hat diese Internationalisierung bereits für sich nutzbar gemacht. Dort wird der Juni von indischen Gästen dominiert und insgesamt machen chinesische Urlauber mittlerweile die umsatzstärkste Gästegruppe aus. ×

FERIENKALENDER 2012 Wer hat wann frei? Eine Auswahl wichtiger Ferientermine im kommenden Jahr. Die vollständigen Listen können unter www.austriatourism.com in der Rubrik „Ferienkalender“ abgerufen werden. Winterferien 2012 Russland 01.01.–09.01.2012

Nationale Winterferien in ganz Russland

Krokusferien 2012 Niederlande (Lt. Empfehlung des Ministeriums, die Schulen können jedoch selbstständig über die Ferien entscheiden.) 18.02.–26.02.2012

Region Mitte

18.02.–26.02.2012

Region Süd

25.02.–04.03.2012

Region Nord

Sommerferien 2012 Deutschland 20.06.–03.08.2012

Berlin

21.06.–01.08.2012

Hamburg

21.06.–03.08.2012

Brandenburg

23.06.–04.08.2012

MecklenburgVorpommern

25.06.–04.08.2012

Schleswig-Holstein

02.07.–10.08.2012

Hessen, Rheinland-Pfalz

02.07.–14.08.2012

Saarland

09.07.–21.08.2012

Nordrhein-Westfalen

23.07.–05.09.2012

Sachsen-Anhalt

23.07.–31.08.2012

Thüringen, Bremen, Niedersachsen, Sachsen

26.07.–08.09.2012

Baden-Württemberg

01.08.–12.09.2012

Bayern

Herbstferien China 2012 30.09.–07.10.2012

alle Regionen Chinas


20 INTERNATIONAL sAison

Internationales Tirol Die touristischen Nahmärkte verlieren an Gewicht, die Tourismuswirtschaft richtet ihren Blick in die Ferne. Wie viel Internationalität braucht Tirol und welche Herausforderungen kommen auf uns zu? V O N S Y LV I A A I N E T T E R

I

m tiroler tourismus geht ohne die deutschen gäste gar nichts. 50,6 Prozent der nächtigungen im Jahr 2010 gehen auf das Konto unserer nördlichen nachbarn. An zweiter stelle kommen mit 11,1 Prozent die niederländer und auf die inländischen gäste entfallen 8,7 Prozent. Auf den Fernmärkten ist tirol weniger stark: gerade einmal sieben Prozent der gäste kommen nicht aus europa. was passiert jedoch, sollten die nahen Märkte einbrechen, etwa aufgrund einer neuerlichen wirtschaftskrise? Mit dieser Frage beschäftigen sich touristiker und Zukunftsforscher – und sie sind sich einig: die tiroler gästestruktur muss internationaler werden. „Auf tirol kommt – wie es auch weltweit der Fall ist – ein internationalisierungsschub zu“, ist Zukunftsforscher Andreas reiter überzeugt. „tirol ist eine der führenden touristischen Marken im Alpenraum und muss seinen standpunkt auch absichern.“ Auf den derzeitigen Kernmärkten ist derzeit kein wachstum zu erwarten, sie sind außerdem nicht mehr so zahlungskräftig wie früher. in osteuropa und den Fernmärkten aber floriert die wirtschaft. „Auf den traditionellen Märkten verschieben sich wertestrukturen, Freizeitverhalten und demografische entwicklungen. Aus diesem grund muss sich auch tirol langfristig international ausrichten.“

„die erschließung neuer Märkte ist für die risikostreuung und gewinnung von neuen urlaubern essenziell“, sagt auch holger gassler, leitung Marketing

tirol“ – in Auftrag gegeben von wirtschaftskammer tirol, tirol werbung und Mci tourismus. die Fragestellung: wie wird der tiroler tourismus im Jahr 2020

„Auf Tirol kommt – wie es auch weltweit der Fall ist – ein Internationalisierungsschub zu.“ AndreAs reiter

und Verkauf Märkte 3 bei der tirol werbung: „es ist wichtig, weiterhin die Kernmärkte zu bearbeiten, dennoch auf neue potenzielle Märkte zu setzen und so die Abhängigkeit von einzelnen hauptherkunftsmärkten zu reduzieren.“

Schwache Fernmärkte. diese gedanken sind nicht neu. so erschien bereits im Jahr 2006 eine delphi-studie* unter dem titel „Zukunftsthemen des Alpinen tourismus. Potenziale und chancen für

aussehen? die ergebnisse: der Kernmarkt deutschland bleibt weiterhin sehr wichtig, oststaaten wie Polen, tschechien, slowakei und ungarn gewinnen an bedeutung. in Überseemärkte setzt die studie von 2006 jedoch wenig hoffnung. holger gassler und Karin rösler, Marktleitung Marketing und Verkauf Überseemärkte bei der tirol werbung, sehen das ähnlich: „die etablierten Märkte sind gesättigt, deshalb ist es schwierig, neue Marktzuwächse zu generieren“,

* Delphi-Studie: Eine Delphi-Studie ist eine systematische, mehrstufige Befragungsmethode eines ausgewählten Expertenkreises, die dazu dient, Trends möglichst gut einschätzen zu können.


Š tirol werbung/bernd Ritschel

21


22 sagt gassler. die Überseemärkte sollen den tourismus ganzjährig unterstützen und weisen hohe Zuwachsraten auf. „der schwerpunkt liegt auf dem sommer“, erklärt rösler, „in den heißen arabischen ländern ist die nachfrage nach sommerfrische sehr wohl da.“ dass diese rechnung aufgeht, hat Zell am see im salzburgerland bewiesen: dort gehören Araber im sommer zum stammpublikum, ende Juli machen sie gar 60 Prozent der gäste aus. Außerdem geben sie fast dreimal so viel aus wie andere gäste.

„Osteuropa hat großes Potenzial“ Sölden gilt als einer der internationalsten Wintersportorte Österreichs. Bergbahnen-Chef Jack Falkner im Gespräch über die Notwendigkeit, internationales Publikum nach Tirol zu holen

S

AISON: Herr Falkner, wie international ist Tirol derzeit? JAcK FAlKner: wir sind in den vergangenen Jahren wesentlich internationaler geworden, müssen daran aber weiterarbeiten. die aufstrebenden Märkte liegen nicht in europa, der deutsche Markt ist schon allein aufgrund seiner demografie rückläufig. in sölden lag

Hat denn der Wintertourismus überhaupt Zukunft? Man muss sich überlegen, wie man die Menschen für wintersport begeistern kann. Vor allem, wenn sie nicht ski fahren können und schnee etwas unbekanntes ist. tirol hat im winter eine stärkere Position. in puncto beschneiung, liftanlagen und hotels, vor allem jene mit wellnessanlagen, ist der westen Öster-

„Den asiatischen Markt sollte man auf alle Fälle im Auge behalten.“

Wachsender Osten. in tirol scheinen jedoch die näheren neuen Märkte vielversprechender zu sein: gerade Zentralosteuropa hat in den vergangenen Jahren enorm aufgeholt – und hat noch immer großes Potenzial. so stiegen von 2009 auf 2010 allein die nächtigungen in der wintersaison durch russische gäste um 21,1 Prozent (Marktanteil gesamt: 1,1 Prozent). die gleiche tendenz zeigt sich bei Polen und der ukraine. gründe dafür sind wirtschaftswachstum und demografische Veränderungen: so wird die Mittelschicht in den ehemaligen ostblockländern größer – und das rasant. während in Mitteleuropa die Krise die wirtschaft lähmt, befinden sich osteuropa und Asien im Aufschwung. „tirol muss sich neue Zielmärkte suchen, am besten solche, die vermutlich in

vor 20 Jahren der Anteil der deutschen gäste bei 75 Prozent. im Jahr 2010 sind wir erstmals unter 50 Prozent gefallen. hier fand eine starke Verschiebung statt, der osteuropäische Markt ist wichtiger geworden. bei uns in sölden spielen derzeit 14 nationen eine rolle. das zeigt den weg auf. Wo liegen Ihrer Meinung nach die Zukunftsmärkte? in näherer Zukunft sind keine gästeströme aus Asien zu erwarten. Aber in zehn oder 20 Jahren kann das ganz anders aussehen – den asiatischen raum sollte man auf jeden Fall im Auge behalten. russland, die ukraine, Polen, tschechien und die slowakei haben noch großes Potenzial, gerade für den wintertourismus.

reichs weltweit unvergleichlich. Aber natürlich spielen gerade die internationalen gäste nicht nur für den winter, sondern auch für den sommer eine große rolle. Hätte Tirol sich schon früher um internationale Gäste bemühen müssen? in hinblick auf die geschichtliche entwicklung nicht. Vor 20 Jahren hatte tirol deutlich mehr deutsche gäste als heute – und gleich danach kamen die holländer. Mit nur zwei nationen waren bereits 85 Prozent Auslastung erreicht. so hat es sich gar nicht ergeben, sich auf den internationalen Märkten umzuschauen. heute ist die situation aber eine andere. Vielen Dank für das Gespräch.

×

© tirol werbung

JAcK FAlKner, bergbAhnen sÖlden

„ HEART OF THE ALPS“ um die Überseemärkte effektiver bearbeiten zu können, hat die tirol werbung die MarketingKooperation „heart of the Alps“ ins leben gerufen. die Kooperation wird jeweils auf drei Jahre festgelegt, Partner sind zum beispiel innsbruck tourismus, st. Anton, Kitzbühel, Ötztal-söldenobergurgl-hochgurgl sowie die swarovski Kristallwelten. derzeit ist „heart of the Alps“ in den Märkten usA, israel, china und indien tätig. nordamerika ist dabei die volumenstärkste Marktgruppe, israel ist tirols zweitwichtigster Fernmarkt. der Fokus der Marketingaktivitäten liegt auf Multiplikatoren wie reiseveranstaltern und Journalisten. heuer etwa präsentierte man sich sehr eindrucksvoll auf dem „Mountain travel symposium“ in beaver creek – dem bedeutendsten networking-event für amerikanische skiclubs und skireiseveranstalter.


23

„Man muss sich auf die Gäste einstellen. Die Herkunft und der damit verbundene kulturelle Hintergrund sind essenziell.“ KArin rÖsler, tirol werbung

Zukunft wirtschaftlich erfolgreich sind. das sind höchstwahrscheinlich länder wie die türkei und die brics-staaten“, prophezeit Andreas reiter. Also brasilien, russland, indien, china und südafrika. dabei sieht es derzeit auf den Überseemärkten nicht so gut aus. die usA liegen auf Platz eins der Ferndestinationen, sind mit 211.926 Übernachtungen im tourismusjahr 2010/2011 und einem Marktanteil von 0,5 Prozent aber kaum relevant. „Je weiter die Märkte weg sind, desto weniger tirol-Partner sind aktiv vor ort“, erzählt Karin rösler. „Auf den Überseemärkten sprechen wir hauptsächlich Multiplikatoren wie Medienvertreter und reiseveranstalter an. oft geht es dabei um Fragen wie: wo ist tirol genau? wo ist der nächste Flughafen? wie ist das Klima? welche Aktivitäten sind überhaupt möglich?“, erklärt sie. Pionierarbeit also. Aber lohnt sich das? „Man muss langfristig denken“, ist gassler überzeugt.

Kulturelle Differenzen. doch ist tirol überhaupt gerüstet für internationales Publikum? „wir brauchen auf jeden Fall die Anbindung an den Münchner Flughafen“, stellt reiter fest. internationales Publikum zu gewinnen, sei auch eine Frage der logistik.

die nähe zu München kommt tirol in dieser hinsicht zugute. wesentlich sei aber auch, dass die touristiker sich auf fremde Kulturen und die bedürfnisse der neuen gäste einlassen. „interkulturelles Management gehört zu einem guten touristiker“, stellt reiter fest. denn ganz unproblematisch ist ein internationales Publikum nicht immer: „es kann immer Konflikte mit fremden Kulturen geben“, so reiter, „in manchen destinationen gab es mit der ersten welle russischer gäste schwierigkeiten. es passiert aber auch immer wieder, dass gäste untereinander sich nicht verstehen. hier muss viel binnenmarketing und binnenkommunikation seitens der tourismuspolitik betrieben werden.“

Langfristige Ziele. Karin rösler ist sich der herausforderungen bewusst:

„wir arbeiten eng mit dem Flughafen München zusammen – Kooperationen sind unverzichtbar bei der bearbeitung von Überseemärkten.“ (siehe Factbox „heart of the Alps“) Auch würden diese „exotischen gäste“ tirol meist im Zuge einer geführten rundreise kennen lernen. in der hoffnung, dass sie – sobald die scheu abgelegt ist – für einen längeren Aufenthalt wiederkommen. „es macht keinen sinn, im Alleingang das land zu bewerben. hier geht es um bewusstseinsschaffung. tirol wird immer zuerst in eine rundreise eingebunden sein. Monodestinations oder Zweiländer-touren sind im Kommen, touren wie beispielsweise in Kooperation mit bayern gibt es bereits.“ Angesprochen auf kulturelle schwierigkeiten zeigt sie sich zuversichtlich: „Man muss sich auf die gäste einstellen. die herkunft und der damit verbundene kulturelle hintergrund sind essenziell. sprachkompetenz und Kenntnis der Kultur sind ein Muss.“ ein weiter weg für tirol. doch die experten sind sich einig, dass auf lange sicht der tiroler tourismus internationales Publikum braucht, um auch in Zukunft so erfolgreich zu sein wie heute. ×

„Die Erschließung neuer Märkte ist für die Risikostreuung und Gewinnung von neuen Urlaubern essenziell.“ holger gAssler, tirol werbung

Zum Touristiker geboren? Kompetente Beratung rund um Aus- und Weiterbildung im Tourismus – einfach – schnell – kostenlos: Telefon: 05 90 90 5 - 1215 E-Mail: thomas.geiger@wktirol.at Internet: WKO.at/tirol/tourismus


24 INTERNATIONAL SAISON

Sehr cool. Bode Miller wird vom Ötztal bereits die zweite Saison als Kopfsponsor unterstützt.

Die Strahlkraft der Skistars Sponsoring im alpinen Skiweltcup ist für den Tiroler Tourismus keine Neuheit. Seit 20 Jahren besteht zwischen ÖSV und Tirol Werbung eine enge Partnerschaft. Im Ötztal setzt man seit heuer auf die coolen Typen des US-Skiteams. VON ERNS T SPRENG

I

n einem Punkt sind sich alle Sponsoren des alpinen Skiweltcups einig: Wer sich hier engagiert, erhält im Gegenzug internationale Beachtung, die weit über die Grenzen Europas hinausgeht. Trotz Konkurrenz von Ski-Crossern oder Freeridern sind die alpinen Skirennläufer noch immer die mediale Speerspitze im Wintersport. Diesen hohen Imagefaktor nutzt das Ötztal bereits seit vielen Jahren durch die Austragung der Weltcuprennen am Söldner Gletscher. Heuer geht man einen Schritt weiter und unterstützt als Sponsor das gesamte USSkiteam. „Wir haben uns dieses Engagement gut überlegt“, erklärt Oliver Schwarz, GF Ötztal Tourismus. „Das Missing Link für das Sponsoring der US-Amerikaner war sicherlich der neue Cheftrainer Patrick Riml, der ja aus dem Ötztal kommt. Damit konnten wir sicherstellen, dass wir nicht nur

„Das US-Skiteam passt genau zu den Markenwerten, für die das Ötztal international bekannt ist.“ OLIVER SCHWARZ, GF ÖTZTAL TOURISMUS

einer von vielen Sponsoren sind, sondern dass das US-Team auch bei uns trainiert und uns als europäische Trainings-Base nutzt. Damit ist unser Sponsoring keine aufgesetzte Geschichte, sondern eine gelebte Partnerschaft.“

Märkte erreichen.

Ziel des Ötztaler Sponsorings – so Schwarz – ist es, dabei nicht nur auf dem US-amerikanischen Markt zu punkten, „auch wenn wir uns über mehr Gäste aus den USA natürlich sehr freuen.“ Der strategische Ansatz ist, mit

„Die Kooperation mit dem ÖSV unterstützt Tirol, sich erfolgreich als Wintersportland Nummer eins in den Alpen bei unseren Gästen zu positionieren.“ CLAUDIA KNAB, LEITERIN MARKENMANAGEMENT TIROL WERBUNG

dem derzeit coolsten und erfolgreichsten Skiteam auf sich aufmerksam zu machen. „Wir sind eine internationale Destination, für klassische Werbung auf allen internationalen Märkten reicht aber unser Budget bei weitem nicht. Darum sind solche Werbeträger für uns der richtige Weg.“ Ähnlich positive Erfahrungen macht die Tirol Werbung seit 20 Jahren in der Partnerschaft mit dem ÖSV. „Das alpine und nordische ÖSV-Team sind unsere Botschafter für die Wintersportkompetenz Tirols“, erklärt Claudia Knab, Leiterin Markenmanagement der Tirol Werbung. „Allein der ermittelte Werbewert durch TV-Übertragungen geht jährlich in die Millionen Euro.“

Prämisse Internationalität.

Für beide Engagements gilt: Prämisse für das Sponsoring ist die internationale Strahlkraft. Bei der Tirol Werbung ist die internationale


© ÖTZTAL TOURISMUS (4), TIROL WERBUNG

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Partnerschaft. Seit 20 Jahren besteht das Sponsoring der Tirol Werbung beim ÖSV. Im Bild (v. l.): Josef Margreiter, GF Tirol Werbung, ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und ÖSV-Generalsekretär Klaus Leistner

Ausrichtung von Teams und Events, die unterstützt werden, fest verankert. Ein weiteres Beispiel dafür: das Sponsoring von internationalen Radrennen in den vergangenen Jahren. „Hier ist unser nächster Schritt, das Radteam Tirol durch Wildcards auch bei internationalen Rennen mehr ins Rampenlicht zu rücken“, so Knab. Auch Oliver Schwarz hat ein Beispiel parat, wie die Partnerschaft mit dem USSkiteam in Zukunft genutzt wird. „Wenn wir beim Parallelslalom in Moskau mit dem US-Skiteam gemeinsam auftreten, dann ist das genau jenes internationale Umfeld, das wir für unsere Tourismuswerbung benötigen.“ Besonders wichtig ist den Ötztalern dabei eines: „Das lässige Auftreten der US-Stars passt exakt zu unserem Markenauftritt. Gemeinsam mit Bode Miller und Co. wollen wir die Attraktivität des Skifahrens in der jungen Zielgruppe erhöhen“, beschreibt es Oliver Schwarz. Der Zeitpunkt des Ötztaler Sponsorings ist für Schwarz ein Gewinn. „Wir sind in den kommenden Jahren die europäische Homebase für das US-Skiteam, die bei uns übers ganze Jahr trainieren. Das heißt für uns: Auch bei den alpinen Skiweltmeisterschaften 2013 in Schladming und den Olympischen Spielen 2014

Regelmäßig im Blickpunkt Der gebürtige Ötztaler Patrick Riml ist Cheftrainer des US-amerikanischen Skiteams. Seine Erfahrungen mit dem Sponsoring aus dem Ötztal sind mehr als positiv.

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AISON: Herr Riml, wie wird das Ötztaler Sponsoring-Engagement in den USA aufgenommen? PATRICK RIML: Es war wirklich erstaunlich, wie viele E-Mails ich bisher bekommen habe – aus den USA und der ganzen Welt. Jeder, der sich bei mir gemeldet hat, spricht von den unglaublichen Möglichkeiten, die sich dadurch für unsere Mannschaft bieten. Die Kombination aus Sponsoring und Trainingsstation im Ötztal ist sehr gut angekommen. Welche Vorteile ergeben sich für das USSkiteam durch diese Zusammenarbeit? Wir können uns optimal auf die Rennen vorbereiten. Unsere neue Homebase ist zentral gelegen. Das Ötztal hat jahrelange Erfahrung mit Weltcuprennen. Besonders wertvoll ist für uns die Vielzahl von Pisten, die auf Weltcup-Niveau präpariert werden können. Da unsere Athleten aber auch das

in Sotschi ist das Ötztal sehr präsent.“ Die gelungene Zusammenarbeit der Tirol Werbung mit dem ÖSV gibt dem jungen Engagement der Ötztaler im alpinen Skisport Recht – und umgekehrt. Beide setzen auf die Strahlkraft herausragender Sportler und internationaler Events. Josef Margreiter, Geschäftsführer der Tirol Werbung, sieht im Sponsoring der Tirol Werbung die internationale Positionierung der Wintersport-Kompetenz. „Die Erfolge der Vergangenheit zeigen: Sowohl Tirol als auch der ÖSV konnten von dieser Beziehung profitieren. Tirol hat seine

freie Skifahren sehr lieben, haben sie zum Ötztal eine besondere Beziehung. Hier taugt es ihnen. Wie profitiert das Ötztal Ihrer Meinung nach von diesem Sponsoring? Ich glaube, wir haben alle gesehen, wie unsere Zusammenarbeit auf der ganzen Welt angekommen ist und welchen Medien-Auflauf wir bereits am ersten Weltcupwochenende erlebt haben. Mit den zwei Siegen unserer Mannschaft in Sölden hat natürlich auch alles zusammengepasst. Aber ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass auf Grund des Auftretens und der Beliebtheit unseres Teams das Interesse der ganzen Medienwelt nicht zurückgehen wird. Für das Ötztal ist wichtig, dass jetzt jeder weiß, wo sich das US-Team vorbereitet, und damit sind Sölden sowie Obergurgl-Hochgurgl regelmäßig im Blickpunkt des Interesses. Vielen Dank für das Gespräch.

Kompetenz als führende Wintersportdestination der Alpen damit eindrucksvoll untermauert.“ Als das Sponsoring des US-Skiteams beim Weltcupstart in Sölden bekannt wurde, gab es auch Kritik aus den Reihen des ÖSV. Diese Kritik nimmt Oliver Schwarz gelassen, stellt aber eines klar. „Wir unterstützen im Nachwuchsbereich weiterhin intensiv junge Talente aus unserer Region. Das ist uns eine Herzensangelegenheit. Und die Trainingsmöglichkeiten im Ötztal stehen jedem offen. Da haben wir noch nie jemanden abgewiesen.“ ×

×


26 INTERNATIONAL SAISON

Nah und fern Die Schweiz setzt stark auf internationale Gäste, Südtirol beschränkt sich lieber auf Europa. Wie in Tirols Nachbarschaft mit dem Thema Internationalisierung umgegangen wird. Skifahren in den Dolomiten. Die Gäste, die nach Südtirol kommen, stammen großteils aus dem deutschsprachigen Raum und Italien.

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ourismus hat in der Schweiz eine lange Tradition. Heute gehört er zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes. Beim Marketing setzt die Schweiz auf eine breite Streuung der Märkte, geht hinaus in die Welt, anstatt sich auf die umliegenden Nationen zu beschränken – mit Erfolg: Im Jahr 2010 entfielen 14,4 Prozent der Nächtigungen auf nichteuropäische Gäste. Dabei stehen natürlich die Berge im Vordergrund. Im Kanton Graubünden hat der Fremdenverkehr einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt von rund 14 Prozent – der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Wintertourismus. Mit 100 Quadratkilometern ist das Winterresort

Flims Laax Falera (Weiße Arena) der größte Skiverbund Graubündens. Andreas Bärtsch, Leiter Marketing und Sales der Unternehmensgruppe Weiße Arena, führt den internationalen Erfolg im Tourismus auf das Image der Schweiz zurück: „Die Schweiz hat ein Premium-Image. Sie steht für Qualität, Sauberkeit, Sicherheit und natürlich die Berge. Allerdings haben wir auch den Ruf, sehr hochpreisig zu sein – das bringt natürlich Nachteile.“ Nicht zu vernachlässigen sei, dass die Marke Schweiz keine reine Tourismusmarke ist: Schweizer Erzeugnisse wie zum Beispiel Uhren sind weltweit bekannt und beliebt, das Schweizer Banken- und Versicherungswesen genießt hohes Ansehen. Die

„Wer Zielmärkte wie Russland will, muss sich gut überlegen, was das alles nach sich zieht.“ ANDREAS BÄRTSCH, LEITER MARKETING UND SALES DER UNTERNEHMENSGRUPPE WEISSE ARENA

V O N S Y LV I A A I N E T T E R

Bekanntheit stützt sich also nicht nur auf touristische Aspekte.

Risikovermeidung. Doch warum hat sich die Schweiz international ausgerichtet? „Der Schweiz ist wichtig, ein Portfolio zu haben, mit dem man Klumpenrisiken vermeiden kann. In der Schweiz sind aber nicht alle Destinationen gleich international ausgerichtet – kleine Destinationen sind zu 80 oder 90 Prozent von der Binnennachfrage abhängig – auch in Graubünden ist das so“, erklärt Bärtsch. Eine wesentliche Voraussetzung, damit internationaler Tourismus funktionieren kann, sei die Erreichbarkeit – der internationale Flughafen in Zürich macht Gästen aus aller Welt die Anreise einfach. Die Bedürfnisse der internationalen Besucher sind aber höchst unterschiedlich. „Der Sommertourismus in der Zentralschweiz, das betriff t gerade Destinationen, die auf der Europe-in-ten-days-Route liegen, muss ganz andere Anforderungen erfüllen, wie zum Beispiel Shoppingmöglichkeiten. Ein Wintersportort wie Laax ist hingegen noch immer stark vom Skifahren und Snowboarden abhängig“, so Bärtsch. Auch berge eine internationale Gästestruktur immer wieder Probleme:


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„Wir haben in Europa genug zu tun, um unsere Märkte zu bearbeiten.“ CHRISTOPH ENGL, DIREKTOR DER SÜDTIROL MARKETING GESELLSCHAFT SMG

„Wer Zielmärkte wie zum Beispiel Russland will, muss sich gut überlegen, was das alles nach sich zieht. Die kulturellen Unterschiede dürfen nicht unterschätzt werden, die Sprache ist dabei nur eine kleine Facette. Problematisch ist immer, wenn eine Nationalität oder eine Community in einer Destination überwiegt. Dann gibt es oft bei den anderen Zielgruppen ‚Kollateralschäden‘.“ Und weiter: „Das Problem ist dabei nicht die Nationalität oder die Kundengruppe, sondern die unterschiedlichen Bedürfnisse, die aufeinanderprallen. Man kann sich nicht so gut vorbereiten, dass alle Risiken ausgeschlossen werden“, erklärt Bärtsch. Auch die Vermarktung ist im internationalen Bereich ungleich aufwändiger. Für die Schweiz sind Kooperationen unumgänglich: „Wir kooperieren mit Airlines, zum Beispiel der Swiss, Graubünden Ferien, aber auch mit Schweiz Tourismus. Wir haben auch hier ein großes Portfolio an Kooperation“, sagt Bärtsch. In Graubünden liegt der Stammmarkt in der Schweiz und Deutschland. Als Wachstumsmärkte gelten Großbritannien, die Niederlande, Skandinavien, Zentraleuropa und Russland. Auch das Baltikum ist im Kommen.

Chance Zentraleuropa.

Ganz anders als in Graubünden sieht die Situation in Südtirol aus. Dort ist Internationalisierung kein Thema. „Wir haben kaum Gäste, die nicht aus Europa kommen, und machen außerhalb Europas auch kein Marketing“, sagt Christoph Engl, Direktor der Südtirol Marketinggesellschaft SMG. Die Statistiken bestätigen, dass Südtirols Gäste in erster Linie aus dem deutsch- und italienischsprachigen Raum stammen. Nur rund zehn Prozent entfallen auf andere europäische Länder, Nichteuropäer verirren sich kaum in die Dolomiten. Hat Südtirol kein Interesse an internationalen Gästen? „Südtirol ist sehr klein und wird am Weltmarkt keine große Rolle spielen. Wir haben außerdem in Europa genug zu tun, um unsere Märkte zu bearbeiten“, sagt Engl. Die neuen Märkte für Südtirol sieht Engl in Zentraleuropa: In Polen und Tschechien fände derzeit eine intensive

Marktbearbeitung statt. Vorerst ist sie noch auf die Wintersaison beschränkt, künftig soll aber auch der Sommertourismus in den Mittelpunkt gerückt werden.

Kulturelle Unterschiede. Doch warum nicht auch über die Grenzen Europas hinausschauen? „ International orientieren sich die Menschen in großen Räumen. Wir müssen als Touristiker unsere Destinationen realistisch betrachten. Das tue ich und sage, dass Südtirol international ganz wenig zu sagen hat. Internationaler Erfolg hat auch seine Schattenseiten: Dann müssten Reisen mit Partnern und Rundreisen organisiert werden – das bedeutet Massentourismus“, zeigt Engl auf. Als weiteres Argument, das gegen eine Internationalisierung spreche, nennt der Touristiker die kulturellen Unterschiede zu den Fernmärkten. „Man muss die richtige Zielgruppe auswählen, der man

das richtige Produkt anbieten kann. Märkte folgen oft eigenen Gesetzmäßigkeiten, die eine Veränderung im Produkt erfordern“, so Engl. Sprich: Gäste aus anderen Kulturkreisen könnten Angebote verlangen, die nicht zu Südtirol passen und das authentische Bild stören könnten. „In der Schweiz sieht man gut, was zum Beispiel indischen und japanischen Gästen geboten werden muss, damit sie befriedigt sind. Am Jungfrauenjoch bräuchte es kein asiatisches Restaurant und auch keine Boutique. Aber solche Angebote sind Realität, wenn man diese Märkte haben möchte. Dessen muss man sich bewusst sein.“ Eine klare Absage an internationale Gäste. Befürchtungen, dass der Südtiroler Tourismus mit den alten Märkten allein nicht bestehen kann, gibt es aber nicht: „Für Südtirol ist in den nächsten Jahren auch ohne Überseemärkte ein Wachstum organisierbar“, ist Engl überzeugt. × International. Die Schweiz setzt auf eine breite Streuung der Märkte, geht hinaus in die Welt, anstatt sich auf die umliegenden Nationen zu beschränken.


28 INTERNATIONAL SAISON

Die Welt zu Gast in Tirol Für zwei Wochen wird Innsbruck im Jänner 2012 zum kulturellen „Meltingpot“. Interkultureller Austausch ist dabei ein Wert, den man nicht in Geld messen kann. Und dennoch: Begegnung lehrt mehr als tausend Bücher und ist die Basis von Verständnis und Freundschaft. VON JULIA BRUGGER

OLYMPIA SNOW CARD TIROL Der Skipass ist eine günstige Variante für alle Wintersport-NeueinsteigerInnen, für Schnupperer und natürlich für alle Gäste der JugendWinterspiele. Die Sonderedition der Tirol Snow Card umfasst 82 Skigebiete, die vom Ober- bis ins Unterland reichen. Der Vorteil: Ab Kauf der Karte ist man im Zeitraum von drei Wochen für 14,30 Euro pro Tag auf Tirols Pisten unterwegs. Zudem öffnet die Karte die Türen für kostenlose Tirol-Panorama-Besichtigungen, für ermäßigte bzw. kostenlose Tickets zu Veranstaltungen der Jugendspiele und für zehn Prozent Rabatt auf sämtliche Artikel im Tirol-Shop in Innsbruck. Verkaufsort: Bis einschließlich 22. Jänner 2012 in der Messe Innsbruck in der Akkreditierungsstelle der Jugendspiele. Kostenpunkt: 200 Euro für akkreditierte Gäste der Jugendspiele und 300 Euro für alle weiteren Interessierten. Die Olympia Snow Card ist auf Initiative von Roland Reichmayr, Sprecher von Tirol Regio, in Zusammenarbeit mit dem Landeshauptmann und Josef Margreiter von der Tirol Werbung entstanden.

© YOG 2012

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nglisch, Französisch und Russisch klingen längst durch die Gassen der Innsbrucker Altstadt, durch Hotelbars und Liftstationen. Mit den YOG 2012 gesellen sich diesen Jänner mindestens Griechisch, Lettisch und Peruanisch dazu. Doch, was bringt das? Wie nutzt man am besten dieses bunte Zusammenspiel von Nationen und Kulturen? In einem ausgiebigen Mix aus Kultur und Spitzensport trifft die Tiroler Kultur mit internationalem Flair zusammen. „Im Zuge der ersten Olympischen Jugendwinterspiele kann sich die Jugend davon selbst überzeugen: Denn während dieser Zeit werden nicht nur die sportlichen Wettkämpfe, sondern vor allem auch freundschaftliche Begegnungen im Vordergrund stehen“, so Peter Bayer, Geschäftsführer der YOG 2012. Das Ziel der Spiele, die in Innsbruck, Seefeld und Kühtai stattfinden, ist klar: Es geht darum, die persönliche und sportliche Entwicklung sowie Begeisterung für olympische Werte zu steigern und zu festigen, dazu Freundschaft und Respekt füreinander und untereinander zu entwickeln. Doch

beides entsteht nicht einfach so. Intensive Betreuung und Kommunikation, Spaß und Unterhaltung sowie Orte der Begegnung sind notwendig, damit freudvolle und fruchtbare Begegnung stattfinden kann.

Mehr als Kunde. „Wenn die Jugend zu Gast in Tirol ist, hat das vor allem einen langfristigen Nutzen: Nach den Spielen tragen sie die Marke Tirol in die Welt hinaus. Das Ziel muss sein, sich als würdiges Gastgeberland zu präsentieren“, erklärt Peter Bayer. Ziel ist aber auch, den interkulturellen Austausch so umfassend wie möglich zu nützen: für die TirolerInnen wie für die AthletInnen und die zahlreichen freiwilligen HelferInnen, die extra für die Unterstützung der Spiele anreisen. Nicht nur touristischer Mehrwert steht im Zentrum. Meist noch nicht so wahrgenommen und dennoch von großer Bedeutung für das Zusammenleben ist der gesellschaftliche und zwischenmensch-

liche Mehrwert, der durch internationale Begegnungen gewonnen werden kann. Katrin Lüth, Vorstandsmitglied des Vereins CUBIC (Cultur und Bildung im Context) sorgt in Zusammenarbeit mit dem Infoeck des Landes Tirol dafür, dass dieser immaterielle Mehrwert für die Jugendlichen in besonderer Weise spürbar und erfahrbar wird. Diesen sollen sie nach den Spielen als Gepäck in ihrem Koffer mit nach Hause nehmen.

Mehr als Geld. Gemeinsam mit sechs MentorInnen betreut die interkulturell ausgebildete Trainerin über einen Zeitraum von zwei Monaten 30 Freiwillige aus 14 Ländern (EU+). „Die jungen Leute kommen am 1. Dezember an und bleiben bis Ende Jänner. Sie sind auf der einen Seite Helfer bei den Spielen und erhalten einen Einblick in die professionelle Organisation der YOG. Zum anderen werden sie von uns betreut.“ Betreut heißt in diesem


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Fall, dass die jungen Helfer in die Tiroler Kultur eingeführt werden und immer eine Ansprechperson haben, der sie Fragen stellen und mit der sie ihre Erfahrungen reflektieren können. Somit erfährt der Mentor etwas über die fremde und der Jugendliche etwas über die Tiroler Kultur. „Ich glaube, dass persönlicher Kontakt

soziale Kompetenzen und Einblick in die eigenen Stärken und Schwächen. „Die TirolerInnen, die an diesem Programm mitmachen, erweitern ihre Persönlichkeit um eine Weltgewandtheit, die Tirol an sich wieder zu gutekommt.“ Dadurch kann auch eine Verbindung wachsen, die in ihrer Weiterentwicklung

WORLD MILE

KATRIN LÜTH, VORSTANDSMITGLIED DES VEREINS CUBIC

und wirkliches Kennenlernen die Basis für Frieden und für ein gutes Miteinander sind“, erläutert Lüth ihre Erfahrungen. „Wenn ich eine freiwillige Helferin aus Russland kennenlerne und sie mir aus ihrem Leben erzählt, wir Gemeinsamkeiten entdecken, die uns verbinden und nicht trennen, dann ist das völkerverbindend.“ Das ausgefeilte Lernprogramm vermittelt

auch tiefe Verbundenheit zwischen Tirolern und anderen Weltbürgern entstehen lässt. Dieses kleine, aber feine Programm reiht sich ein in den gesamten Komplex der Bildungs- und Kulturarbeit, die während der YOG 2012 in Tirol durchgeführt wird. Völkerbegegnung und -verständigung ist nicht zuletzt ein zentraler Aspekt der Olympischen Spiele. ×

„Freue mich, dass sich Tirol von seiner besten Seite zeigen kann“ Landeshauptmann Günther Platter im Interview

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AISON: Herr Landeshauptmann, für die YOG 2012 kommen 1.059 junge AthletInnen zwischen 14 und 18 Jahren aus fast 70 Nationen nach Innsbruck. Was bedeutet dieser sportliche Besuch für Tirol, für die Tirolerinnen und Tiroler? GÜNTHER PLATTER: Zum einen ist es eine historische Premiere: Dreimal Olympische Spiele hat es noch in keiner anderen Region der Welt gegeben. Und das ist wiederum eine Riesenchance für Innsbruck und Tirol. Wir stehen von 13. bis 22. Jänner in der internationalen Auslage. Die Sportwelt blickt nach Innsbruck. Neben den 1.000 Sportlerinnen und Sportlern aus aller Welt erwarten wir aber auch viele weitere internationale Gäste. Zudem bin ich mir sicher, dass wir die Jugendli-

chen mit dem vielfältigen Angebot auch abseits der Sportstätten und Skipisten überzeugen können. Was bedeuten die Spiele für Sie als Landeshauptmann? Als Landeshauptmann freut es mich ganz besonders, dass sich Tirol, das Wintersportland Nummer eins, der Weltöffentlichkeit von seiner besten Seite zeigen kann. Ebenso wie die beiden Olympischen Spiele zuvor stellen die YOG einen historischen Moment für unser Land dar. Aber wer weiß, vielleicht sind wir irgendwann auch weltweit die ersten, die viermal Austragungsort Olympischer Spiele waren. Was sollten die jungen Menschen idealerweise in ihrem Gepäck mit nach Hause

Die 1.059 Athleten kommen aus fast 70 Nationen, darunter USA, Kanada, Japan, China, Deutschland, Frankreich, Italien, Schweden, Norwegen, Russland – um nur einige zu nennen. Während der Spiele gibt es für AthletInnen ein Kultur- und Bildungsprogramm. Ein Beispiel: die „World Mile“, eine Ausstellung im Congress Innsbruck. Sie bietet der Tiroler Jugend und den AthletInnen eine Plattform, um sich kennenzulernen und auszutauschen, mehr über Kulturen und Traditionen der mehr als 60 teilnehmenden Länder zu erfahren. Rund 1.200 freiwillige Helfer werden sich in den Dienst der Olympischen Sache stellen. Sie kommen aus knapp 40 Nationen – darunter auch exotische wie Bangladesch, Singapur, Indien, Peru. Auch TirolerInnen nehmen an diesem Programm der YOG teil. Ein eigenes Volunteers-Betreuungsteam der YOG 2012 koordiniert, betreut und schult die Helfer.

„Wir stehen von 13. bis 22. Jänner in der internationalen Auslage.“ LH GÜNTHER PLATTER

© LAND TIROL

© FLORIAN SCHNEIDER

„Die TirolerInnen, die an diesem Programm mitmachen, erweitern ihre Persönlichkeit um eine Weltgewandtheit, die Tirol an sich wieder zu gute kommt.“

WEITERER INTERKULTURELLER AUSTAUSCH IM RAHMEN DER YOG 2012

nehmen? Tirol als ein gastfreundliches Land, mit freundlichen Menschen und einer wunderschönen Natur. Ziel ist, dass sie das Land in guter Erinnerung behalten. Und wer weiß, vielleicht zieht es ja einige der Sportler später auch als Gast wieder zurück nach Tirol. Vielen Dank für das Gespräch.

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MAGAZIN

Die australische Schauspielerin Sophie Lowe spielt die Hauptrolle im ersten Spielfilm des gebürtigen Tirolers Markus Blunder.

© CINE TIROL/MOUNTAIN FILM (2)

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und somit für einen internationalen Vertrieb produziert wurde. Im Virgental hat Joseph Vilsmaier soeben den TV-Film „Der Meineidbauer“ abgedreht, bekannte Schauspieler wie Suzanne und Hans von Borsody, Max Tidof und Günther Maria Halmer sowie Josefina Vilsmaier standen vor der Kamera. Bis zum Jahresende erwartet Cine Tirol noch weitere Produktionen: „Mehrere Episoden einer arabischen TV-Serie werden im November erneut in Seefeld gedreht, außerdem rechnen wir noch mit einer großen indischen Produktion, die Dreharbeiten für einen Bollywoodfilm im Studentenmileu in Tirol durchführen will“, bestätigt der Cine-Tirol-Leiter Johannes Köck. Nicht zu vergessen sind auch die zahlreichen Serienproduktionen in Tirol: zum Beispiel „Der Bergdoktor“, „SOKO Kitzbühel“ und „Pfarrer Braun“. ×

Film ab!

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er Tiroler Herbst hat auch dieses Jahr wieder eine perfekte Kulisse für zahlreiche Filmproduktionen geboten. Fernsehserien, TV-Movies und Kinofilme wurden gedreht und schon bald wird unberührte Tiroler Berglandschaft über die

Bildschirme und Leinwände flimmern. Der gebürtige Kufsteiner Markus Blunder führte in seinem ersten Kinofilm „Autumn Blood“ Regie und drehte im Ötztal und im Lechtal sowie in der Zugspitzregion. Sein Werk ist ein „alpiner Western“, der in englischer Sprache

Heinrich und Reinhard Klier – alter und neuer Vorstandsvorsitzender der Wintersport Tirol AG

© STUBAIER GLETSCHER (2)

Neue Führung am Stubaier Gletscher

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ach 43 Jahren hat Heinrich Klier seine Agenden am Stubaier Gletscher an seinen 31-jährigen Sohn Reinhard übergeben. Dieser ist somit der jüngste Seilbahnchef Österreichs. Reinhard Klier ist bereits seit 2006 als Vorstandsmitglied der Wintersport Tirol AG tätig, zu der neben dem Stubaier Gletscher auch die Wintersport Tirol Handels GmbH gehört. Seit 27.

November hat er nun den Vorstandsvorsitz inne. Seit seinem Eintritt ins Unternehmen hat Reinhard Klier bereits einige Neuerungen realisiert: etwa den Neubau der Talstation, den Bau der Gipfelplattform „Top of Tyrol“, die Errichtung des Mitarbeiterwohnhauses „Basislager“ in Neustift und den Ausbau der Beschneiungsanlage mit neuem Speichersee. Sein jüngstes Projekt

ist die im vergangenen Jahr eröffnete Bergstation Eisgrat mit der „Höchstgelegenen Pastamanufaktur“ und dem Gourmetrestaurant Schaufelspitz. ×


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KULTURTIPPS

Ausgezeichnet: Susie Ellis, Präsidentin des „SpaFinder Magazins“, und Prof. Andreas Wieser, Lanserhof-Geschäftsführer

© LALA FILMS

VON ES THER PIRCHNER

OLYMPIA IM FILM

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er Lanserhof wurde am 8. November in Las Vegas mit dem „SpaFinders Readers Choice Award“ ausgezeichnet. Die Leser von „SpaFinder“, einem amerikani-

schen Spa-Führer und -Magazin, wählten den Lanserhof zum besten Spa Österreichs und damit zu einem der renommiertesten von rund 80.000 Spas weltweit. ×

ELFEN UNTER SICH Rasant, lustig und hoch musikalisch erzählt der Schauspieler Mathias Schuh die Geschichte vom „Elfenkomp(l)ott“: von einem, der sich in eine Elfe verliebte, und seinem gewitzten Bruder, der sich auf die Suche nach ihm begab. 9. Feber 2012, 11 und 15 h, Kolpingsaal, Lienz

© TLMF, MARLENE SPRENGER

Internationale Auszeichnung für Lanserhof

© MATHIAS SCHUH

© LANSERHOF

Anlässlich der Jugend-Winterspiele hat das Team des Innsbrucker Filmfestivals ein Sportfilmfestival auf die Beine gestellt. Jeden Tag wird ein Film mit Olympiabezug gezeigt, ehemalige Olympioniken werden zu Diskussionsrunden erwartet. 16. bis 20. Jänner 2012, Leokino, Innsbruck

B U CH T I P P

Qualitätsmanagement

Z Melanie Kartnaller: „Qualitätsmanagement in privaten Beherbergungsbetrieben: am Beispiel professioneller Angebotsgestaltung via E-Mail“, Akademiker Verlag

wei Drittel der Urlauber informieren sich vor einer Reise im Internet. Den Urlaub gleich online zu buchen, gehört für die meisten dazu. Melanie Kartnaller beschäftigt sich in ihrem Buch mit der Bedeutung professioneller E-Mail-Kommunikation zwischen Gast und Zimmervermieter. Ziel der Untersuchung ist es, eine Basis im Bereich der Angebotsgestaltung für private Beherberger zu schaffen, damit diese erfolgreicher vermieten. ×

FARBIGE LICHTSPIELE Die „Tiroler Glasmalerei und Mosaikanstalt“ in Innsbruck feiert ihr 150-jähriges Bestehen und das Zeughaus feiert mit. Die Ausstellung „Malen mit Glas und Licht“ zeigt prachtvolle Glasarbeiten und die kulturhistorischen Hintergründe dazu. bis 18. März 2012, Zeughaus, Innsbruck

WEITERE VERANSTALTUNGEN Kunststraße Imst 2011 bis 18. 12. 2011, 22 Standorte in Imst www.imst.tirol.gv.at Paul Plimley, Barry Guy, Lukas Niggli – Konzert 27. 1. 2012, 20 h, Alte Gerberei, St. Johann in Tirol www.muku.at Pasolinis Visionen – Vorträge und Filme bis 1. 2. 2012, Kath.-theologische Fakultät und Leokino, Innsbruck, www.uibk.ac.at/Italienzentrum Art Innsbruck – ich bin kunst 24. bis 27. 2. 2012, Messehalle D+E, Innsbruck www.art-innsbruck.at


32 magazin saison

Starke Marke Zehn Jahre Tirol-Shop. Was klein begann, hat sich nach einer nicht ganz einfachen Aufbauphase zu einer echten Erfolgsgeschichte entwickelt. Von Julia Brugger


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„Der Name ist Programm“ Claudia Wührer, Geschäftsführerin des Tirol-Shop, über die neue „Gipfelstürmer“-Kollektion 2011/12

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inst simpler infopoint mit TirolFlyern, Plakaten und anstecknadeln ist das Erdgeschoß des Tirol-Hauses heute ein eigener shop mit hippen Produkten. nicht nur Touristen suchen und finden den Weg dorthin. Zahlreiche Tiroler pilgern in die Maria-Theresienstraße 55, um sich die bereits legendäre Tirol-Mütze oder andere Kleidungsstücke und accessoires zu besorgen.

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AISON: Frau Wührer, was zeichnet die neue Kollektion aus? CLaUDia WÜHRER: neben der Funktion besticht die neue Winterkollektion vor allem durch ihre vollendete Form. Die gletscherblauen Winterjacken machen am Laufsteg eine ebenso gute Figur wie am schmalen Berggrat. Der sportlich dezente Chic reicht vom edlen Velourleder, aufgepeppt mit unaufdringlichen akzenten, wie stickereien, bis hin zur traditionellen schurwolle, die dank topmodischem Design von Kitzbühel bis st. anton für Furore sorgt. Der name ist dabei Programm. Hochwertige Materialien und perfekte Verarbeitung sorgen für Tragekomfort, selbst wenn das Thermometer weit unter null Grad Celsius anzeigt.

Tirol im Bauchladen. Die anfänge

Neuanfang. Die Zeiten ändern sich und so wird nach nur zwei Jahren das Geschäftslokal in Kufstein aufgegeben.

Welche Materialien sind der Hit? in der Funktionsbekleidung ist heuer nach wie vor Powerstretch ein ganz starkes Thema, ein unglaublich vielseitiges Material: Es trocknet sehr schnell, ist äußerst elastisch und transportiert den schweiß extrem schnell nach außen. Wir versuchen zudem immer auch traditionelle Materialien wie schurwolle und Walk in unsere Produkte einfließen zu lassen. sei es als kleiner akzent wie eine schulterpasse oder als komplette Walkjacke oder in schaffellstiefeln. Welche Farben kennt die neue Kollektion? Heuer im Winter kann es nicht bunt genug sein. Die Jacken und Powerstretch-

© TiRoL WERBUnG (4)

sind freilich noch bescheiden. 2001 gibt es schildkappen und Rucksäcke mit dem Tirol-Logo im Bauchladen. Ein kleines Team reist von sportveranstaltung zu sportveranstaltung und bringt das rot-weiße Logo unter die Leute. anfangs werden die TirolMützen an snowboarder, die vor allem als Locals auf der seegrube bekannt sind, verteilt. Die jungen sportler erweisen sich als ausgezeichnete Testimonials und so ist die Tirol-Mütze bald in aller Munde und auf allen Köpfen. 2002 dann der nächste schritt: Das erste Tirol-Produkt geht per Post an einen Kunden. Robert Trasser, zu diesem Zeitpunkt für den shop verantwortlich, sieht Potenzial im Versand und entwickelt diesen weiter. 2003 eröffnet der onlineshop und der erste Prospekt entsteht. Tina Rohrmoser wird 2004 shopleiterin und entwirft die erste T-shirt-serie, die heute ein Must-have in jedem Tiroler Kleiderschrank sind. Zwei Jahre später erblickt der erste Tirol-shop-ableger in Kufstein das Licht der Welt. Die Kollektionen bekommen ebenso Zuwachs: skianzüge, Walkwaren, Lodenjacken, Glasprodukte. Und überall steht Tirol drauf. 2008 füllt die FußballEuropameisterschaft die Kassen des shops. Zahlreiche Merchandisingprodukte locken unzählige Fußballfans in den Laden. Und in Lienz entsteht ein weitere Filiale.

„Hochwertige Materialien und perfekte Verarbeitung sorgen für Tragekomfort, selbst wenn das Thermometer weit unter Null Grad Celsius anzeigt.“ CLaUDia WÜHRER, GEsCHÄFTsFÜHRERin TiRoL-sHoP

Hoodies bestechen durch ein blitzendes Blau. Ebenso ziehen sich die Tiroler Farben rot und weiß konsequent durch die ganze Kollektion. Die Mützen gibt es in vielen verschiedenen Farben, sodass garantiert für jeden Geschmack etwas dabei ist. auch die shirts mit witzigen sprüchen erstrahlen in fröhlichem Pink, leuchtendem Grün oder Blitzblau. Wer hat die neue Kollektion entwickelt? Die Grundidee, das heißt das „Thema“ einer Kollektion, entwickeln wir selber in enger Zusammenarbeit mit der Markenabteilung der Tirol Werbung. Die einzelnen Produkte entstehen dann gemeinsam mit Lizenzpartnern, Produzenten und Designern. Vielen Dank für das Gespräch.

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34 angesammelt“, erinnert sich die jetzige Geschäftsführerin Claudia Wührer. Ein radikaler Lagerabverkauf bringt den nötigen Platz und das Geld für neue Waren und Kollektionen. Die gesamte Kraft der Marke bündelt sich nun im innsbrucker shop, der einer großen Renovierung unterzogen worden ist. Und die erste Modenschau zieht neues Publikum an.

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Lifestyle mit Qualität. Die idee von

Der Tirol-shop steht vor großen Herausforderungen, um am Markt weiterhin bestehen zu können. „Da wir nicht simple Werbetextilien mit Tirol-Logo anbieten, sondern eigens designte Kollektionen, für die es eine Mindestmenge gibt, hatten wir in den ersten Jahren Unmengen an Restposten und damit ‚totes’ Kapital“

einst hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Die Marke ist stark und das auftreten professionell. Doch auch die inhaltsstoffe sind wohlüberlegt. „Für uns war von anfang an klar, dass wir regionale Produzenten mit ins Boot holen wollen, damit die Wertschöpfung weitestgehend im Land bleibt“, betont Claudia Wührer. Hochwertig biologisch, individuelle Handarbeit und regionale Produktion sind hier die wesentlichen attribute. so werden stilvolle Glaskaraffen und

Kristallgläser von der Rattenberger Firma Kisslinger hergestellt, Filz-accessoires von der innsbrucker stoff- und Druckwerkstadt Kontaktil, naturbelassene Kosmetik von der Firma alpienne im Pitztal und schuhe aus dem Hause Lackner (Kitzbühel) und stadler (Wörgl). „Wir testen auch gerne neue Materialien, wie beispielsweise Modal. Diese Faser wird aus Buchenholz gewonnen, das in Österreich angebaut wurde“, so die Geschäftsführerin. Was nicht in Tirol hergestellt werden kann, wird größten Teils von innerhalb Europas bezogen. Kinderarbeit sei immer schon ein no-go gewesen und immer mehr Textilien sind schadstoffgeprüft und entsprechend zertifiziert, wie beispielsweise die Retro-Tyrol-Produkte. „Die Produkte vereinen in einzigartiger Weise natur und sportlichkeit“, erklärt Josef Margreiter, Geschäftsführer der Tirol Werbung, das Erfolgsgeheimnis der Produkte. Trotz Baustelle direkt vor dem Tirol-Haus gingen im vergangenen Jahr 160.000 Produkte über den Ladentisch. Der letzte schrei sind Kappen in knalligen Farben und Merchandising-Produkte für die YoG 2012. auch der Tirol-shop steht damit voll und ganz im Zeichen der olympischen Jugend-Winterspiele. ×

10 JAHRE TIROL-SHOP Rund 300 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft, Tourismus und Sport feierten unter dem Motto „A star was born“ das zehnjährige Jubiläum des Tirol-Shop. Stolz auf die Marke und auf zehn erfolgreiche Jahre (oben rechts, v. li.): Patricia Wartusch (ehemalige Tennisspielerin), Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer, Gastgeber Josef Margreiter (GF Tirol Werbung), Barbara Schett (ehemalige Tennisspielerin) und Claudia Wührer (GF Tirol-Shop). Zehn Tiroler Sportgrößen fungierten als Paten für zehn erfolgreiche Jahre und gratulierten zu dieser ganz besonderen „Tiroler Erfindung“ (unten, v. li.): Christine Sponring, Nici Pederzolli, Kate Allen, Angela Eiter, Anna Stöhr, Olga Pall, Moderatorin Isabella Krassnitzer und Tirol Werber Josef Margreiter, Andreas Kofler, David Kreiner, Christoph Bieler und Stephan Eberharter.


35 MAGAZIN SAISON

© TVB SERFAUS-FISS-LADIS

Die Region Serfaus-Fiss-Ladis setzt seit 30 Jahren auf den Gast aus der Schweiz und dieser kommt im Sommer und im Winter gleichermaßen gern.

Der Hedonist

Kernmarkt Schweiz. Mit Qualität und Genuss bemüht sich Tirol seit Jahrzehnten um den Schweizer Gast. Die Konkurrenz ist groß. Tirol könnte jetzt von den wirtschaftlichen und politischen Spannungen in der Welt profitieren. SCHWEIZ

J A N E K AT H R E I N

E KONTAKT Mag. (FH) Stephan Glätzle, Leitung Marketing Deutschland, Österreich, Schweiz Stephan.Glaetzle@TirolWerbung.at Tel. 0512 / 5320-650

r macht alles ein bisschen anders als die anderen. Geht weg von der Norm und haucht den Klassikern auf der Menükarte Rock’n’Roll ein, dazu gibt er eine Brise Multikulti. Das Ergebnis ist garantiert kein Einheitsbrei. Stefan Marquards unkonventionelle Kochkünste kommen an, sowohl bei den Einheimischen als auch bei den Schweizer Gästen. Nach der erfolgreichen Premiere im Vorjahr wird der Punk-Koch aus Deutschland auch in diesem Winter in der Ski Lounge in Fiss aufkochen. Unter dem Motto „Tiroler Essklasse“.

Die Tourismusregion Serfaus-Fiss-Ladis rückt die Kulinarik seit mehreren Jahren schon in den Mittelpunkt und triff t damit den Geschmacksnerv der Schweizer Gäste. Traditionelle Küche auf hohem Niveau geben die Schweizer auch als ein Argument für die Region Serfaus-FissLadis an. Und das durch alle Saisonen hindurch. „Neben der guten Luft und der Naturlandschaft“, ergänzt Alexandra Hangl, vom Tourismusverband SerfausFiss-Ladis. „Wir setzen auf Qualität und Genuss in allen Bereichen.“ Das reicht von der Küche bis zur gehobenen Hotellerie.


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Nähe zum Gast. Die Region Serfaus-

Tirol weiter im Aufwind.

Warum zieht es den Schweizer bevorzugt nach Tirol, wo er doch Berge und Gletscher quasi vor der Haustür hat? Ein Blick auf die Nächtigungszahlen zeigt: Mehr als die Hälfte (55,7 %) aller Nächtigungen in Österreich entfallen auf Tirol. Und ein ZehnJahresvergleich der Nächtigungszahlen

TV-Koch Stefan Marquard bringt „Tiroler Essklasse“ nach Fiss.

© TVB Serfaus-Fiss-Ladis

Fiss-Ladis wirbt mit dem Slogan „Weil wir es genießen“. Das Konzept ist stimmig. Die meisten der Hoteliers sind Jäger oder zumindest Bauern im Nebenerwerb, das Wildbret und die Milch kommen frisch von nebenan. Dem Gast fällt es leicht nachzuvollziehen, wo das Stück Fleisch groß geworden ist, das da vom Teller lacht. Der persönliche Austausch mit den Wirtsleuten ist ein Bonus, der für die Angebotsgestaltung immer wichtiger wird. „Ein interessanter Gast mit enormer Kaufkraft“, bestätigt Stephan Glätzle, Leitung Marketing für die Kernmärkte Deutschland, Österreich und Schweiz in der Tirol Werbung. Der Schweizer Franken bewegt sich trotz des Eingriffes der Schweizer Nationalbank auf hohem Niveau. „Dadurch wird der Schweizer sowohl für den Inlandstourismus als auch für die Euro-Dollar-Länder attraktiv.“ Die Schweizer gelten als Hedonisten und sind auch bereit, dafür zu bezahlen. Mit einem doppelt so hohen Einkommen stehen ihm mehr Möglichkeiten für den Konsum zur Verfügung als dem europäischen Durchschnittsgast. Ein Drittel aller Nächtigungen der Schweizer in Tirol entfallen auf die 4- und 5-Sterne-Hotellerie. Dabei ist er alles andere als geizig: Für die entsprechende Qualität ist der Schweizer Gast bereit, mehr Euros auszugeben. Im Gegenzug erwartet er sich das perfekte Produkt. Das drückt sich in der Wahl der Unterkunft aus und in der Beurteilung aller Dienstleistungen, wie Touristiker aus den Gästebefragungen ableiten können.

bestätigt einen Aufwärtstrend: 2001 waren es noch 1,49 Millionen Nächtigungen, 2010 bereits 2,11 Millionen. Tirol genießt in der Schweiz den Ruf eines gastfreundlichen Landes. Faktoren wie Sicherheit, hohe Qualität und fehlende sprachliche Barrieren nehmen Spannung aus dem Urlaub. Es sind auch hauptsächlich Erholungsorientierte und Sommerfrischler zwischen 35 und 65 Jah-

ren, die es in die Berge zieht. Zwei Drittel wollen aus dem Alltag ausbrechen. Jeder Zweite sucht Spaß und will Neues erleben, dabei in der Natur sein, Kraft tanken und außergewöhnliche Dinge sehen. Sport wird von vielen befragten Gästen als drittes Motiv gesehen.

Saisonale Vielfalt. Die Vielzahl an Freizeitaktivitäten im Sommer und im


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„Durch die Kombination der enormen Kaufkraft mit dem starken Wechselkurs ist der Schweizer Gast ein sehr interessanter Gast.“ © TIROL WERBUNG

STEPHAN GLÄTZLE, LEITUNG MARKETING FÜR DIE KERNMÄRKTE DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH, SCHWEIZ IN DER TIROL WERBUNG

Winter machen Tirol auch bei unseren Nachbarn attraktiv. Interessantes Detail: Die Sommersaison war noch 1990 mit 63 Prozent stark gefragt. Inzwischen nähern sich Sommer (58 %) und Winter (42 %) aber immer mehr an. Aufgrund des hohen Preisniveaus in seiner Heimat und seiner Reiseerfahrung hat der Schweizer ein gutes Gespür für ein angepasstes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Erwartungen sind groß. Die heimischen Tourismusbetriebe versuchen, diesen Anforderungen gerecht zu werden, investieren

viel Zeit und Geld in die Renovierung der Ressourcen und den Ausbau des Angebotes. Auch in Serfaus-Fiss-Ladis wird in den Zwischensaisonen, vor allem aber im Frühling, rundum erneuert. Die Konkurrenz schläft nicht. Die Schweizer sind ein reiselustiges Volk und werden von aller Welt umworben. 11,1 Millionen Reisen bei 7,7 Millionen Einwohnern führten 2008 ins Ausland. Der Gewinner der weltweiten unsicheren politischen und wirtschaftlichen Lage ist Nordeuropa. Tirol könnte als geografisch nahe liegende Destination

weiter zulegen. 93 Prozent der Schweizer fahren nämlich bevorzugt mit dem Auto in die Ferien. Die Anreisezeiten nach Tirol sind kurz: von Zürich 3 Stunden, St. Gallen 2 Stunden 20, Bern 4 Stunden und Genf 5 Stunden 40. Distanzen, die im Sommer auch für Motorradfahrer attraktiv sind.

Stammgäste.

Die gute Nachricht. Der Schweizer Markt reagiert selten spontan. Hat man den Schweizer Gast erst einmal überzeugt, bleibt er einem treu. Er kommt entweder ohne viel Zutun wieder oder macht selber durch Mundpropaganda bei Freunden und Bekannten Werbung für Tirol. „Da in den letzten Jahren das Internet als Informationskanal sehr stark zugenommen hat, ist eine gekonnte Verknüpfung der einzelnen Tools für den Erfolg des Marketings entscheidend“, weiß Stephan Glätzle. Für das Marketing generell gilt: nicht nur auf regionaler oder betrieblicher Ebene das Tiroler Urlaubsangebot kommunizieren, sondern auch die Marke „Tirol“ entsprechend präsent halten, um die „Lust“ auf Tirol weiter auszubauen. ×

REISEMARKT SCHWEIZ IN ZAHLEN: DER TYPISCHE SCHWEIZER GAST: überdurchschnittlich hohes Bildungs- und Ein-

GANZJÄHRIGE AKTIVITÄTEN: Kulinarik (lan-

MARKTANTEIL: Rang 4 im Sommer; Rang 6

kommensniveau, Gast im Winter: 48 Jahre alt,

destypische Spezialitäten), Erholung (Spazier-

im Winter.

im Sommer: 49 Jahre.

gänge, Ausflüge), Wellness, Shopping verliert

HERKUNFTSREGION: vorwiegend Ostschweiz

an Bedeutung, weil bei den Nebenkosten ein-

REISESTRÖME: Deutschland (26 %), Frank-

gespart wird.

reich (18 %), Italien (16 %), Spanien, Österreich.

(Zürich, Bern, Basel, Aargau und Luzern). ANREISE: 93 % reisen mit dem Auto an, nur 5 %

WICHTIGSTE TIROLER REGIONEN

DURCHSCHNITTLICHE AUFENTHALTSDAUER:

mit der Bahn. Im Sommer wählen 10 % das Mo-

(TJ 2009/10): In beiden Saisonen dominiert

4,4 Tage im Winter (Durchschnitt aller Gäste:

torrad. Keine direkte Flugverbindung nach Tirol.

Serfaus-Fiss-Ladis (15,7 % bzw. 15,9 % MA), im Winter: Paznaun-Ischgl (11,6 %), Ötztal Tou-

4,9 Tage), 4,2 im Sommer (4,0) BUCHUNGSGEWOHNHEITEN: 75 % der Gäs-

rismus (8,7 %), Olympiaregion Seefeld (7 %),

BEVORZUGTE UNTERKUNFT: 63 % nächtigen

te buchen im Sommer direkt beim Vermieter

Pitztal (6,6 %). Im Sommer: nach Serfauss-

in der gehobenen Hotellerie (Tirol gesamt

(90 % im Winter); 70 % der Reisenden buchen

Fiss-Ladis, Seefeld (12,4 %), Achensee (8,1

34 %).

4 Wochen im Voraus; eher kurzfristigere Bu-

%), Tiroler Oberland (5 %), Ötztal Tourismus

chungen im Sommer.

(4,7 %).

Gästen fahren Ski), kaum Snowboarden, Win-

INFORMATIONSQUELLE: Internet; Bekannte

NÄCHTIGUNGSZAHLEN TJ 2010/2011:

terwandern (ältere Zielgruppe; aber nur gele-

folgen mit deutlichem Abstand.

Schweizer in Tirol: 2,4 Millionen gesamt – 1,0

WINTERAKTIVITÄTEN: Skifahren (8 von 10

Millionen im Winter, 1,4 Millionen im Sommer,

gentlich). TAGESAUSGABEN: 147 Euro.

Steigerung gegenüber dem vorigen TJ: 13 %.

steigen, Mountainbiken (vor allem die jüngere

HAUPTREISEZEIT: Mit 15 % ist der Feber der

REISEVOLUMEN 2009: 14,5 Millionen Aus-

Zielgruppe) und Radfahren; Element Wasser

stärkste Monat in der WS; im Sommer mit 14 %

landsreisen, davon 10,9 Millionen Urlaubs-

ist im Sommer bedeutend.

der Juli; Oktober (13 %).

reisen, 1,7 Millionen Geschäftsreisen.

SOMMERAKTIVITÄTEN: Wandern (82 %), Berg-


38 MAGAZIN SAISON

Emotionen. Das Panorama entschädigt alle Mühen, die mit einem Wiedereinstieg verbunden sind.

Wieder Lust am Schnee 38 Millionen Menschen interessieren sich in den europäischen Skinationen für das Skifahren, tun es aber nicht. Ein enormes Potenzial an Wintersportbegeisterten, das man in Tirol verstärkt nutzen will. V O N J A N E K AT H R E I N

D

ie Bretteln angeschnallt, die Stöcke unter die Arme geklemmt. Sieht eigentlich ganz einfach aus, wie das die anderen machen. Einatmen. Ausatmen. Schwung holen. Dann nimmt es US-Schauspielerin Renée Zellweger alias Bridget Jones mit den Hängen am Arlberg auf. Tiefer wird Bridget Jones nicht in das Skifahren eintauchen, sie stürzt und verbringt den restlichen Urlaub mit Gipsverband. Skifahren, das ist so einfach wie Radfahren. Wenn man es einmal kann, verlernt man es nicht mehr. Oder? Im Kern ist das wahr, sagt Skischulleiter Richard Mühlegger, Wildschönau. Wer aber länger nicht mehr auf den Brettern gestanden hat, bekommt es schnell mit der Angst zu tun.

53 Millionen Skifahrer. Die Ergebnisse einer Skipotenzialanalyse, die von MANOVA im Auftrag der Tirol Werbung und weiterer Partner durchgeführt wurde, zeigt: 53 Millionen Menschen fahren in Europa Ski. Zusätzliche 38 Millionen interessieren sich für das Skifahren, sind

aber entweder noch nie auf Ski gestanden („Verweigerer“) oder haben aufgehört. Zur letzten Gruppe zählen vor allem ältere Paare oder Paare ohne Kinder. Unter den Verweigerern finden sich vor allem Singles und Paare mit Kleinkindern. Die Gründe sind verschieden: Die Ex-Skifahrer fühlen sich zu alt, die Kosten sind hoch, es fehlt die Zeit. Das Interesse am Skifahren ist aber grundsätzlich noch vorhanden. In Deutschland könnte sich zum Beispiel jeder Fünfte vorstellen, wieder damit zu beginnen. Das sind knapp zwei Millionen Menschen. Ein enormes Potenzial an Wintersportbegeisterten, das man in Tirol nun verstärkt nutzen will.

Spaßfaktor.

Mit dem Slogan „In drei Tagen am Gipfel“ wirbt die Tourismusregion Wildschönau seit zwei Jahren um die Wiedereinsteiger. Skifahren in Kleingruppen, unter der Anleitung eines staatlich geprüften Skilehrers. In flachem Gelände, mit der Option, später höher aufzusteigen. Tourismusdirektor Thomas Lerch, selbst ehemaliger Skilehrer: „Wir vermitteln den

Gästen, dass das Skifahren leichter geworden ist. Der Carvingski ist kürzer, die Skischuhe sind bequemer als früher und dank der modernen Förderbänder erspart man sich heute auch am Übungshang das Gehen.“ Nur das Fahren, das könne man dem Gast nicht abnehmen. Umso wichtiger ist für das Gelingen eines Wiedereinstiegs die Rolle des Skilehrers, der im Idealfall mit Gelassenheit und Begeisterung unterrichtet. Die meisten seiner Kursteilnehmer stehen bereits nach zwei Tagen entspannt auf einem der Gipfel, berichtet Skischulleiter Richard Mühlegger. „Sehen sie dann dieses Panorama, wissen sie, wofür sich die Mühen gelohnt haben.“ Einen Tag lang an der Sonne sein, das ist ein zusätzlicher Bonus, der Einkehrschwung obligatorisch. Skifahren wird nicht mehr nur als Sport betrieben, sondern als Freizeitvergnügen, das man am besten in Gesellschaft erlebt. Der Spaßfaktor zieht sich durch alle Bereiche des Marketings, so heißt der Skischullehrer inzwischen Schneesportlehrer und aus der Skischule ist der Schneesportveranstalter geworden.


© WILDSCHÖNAU TOURISMUS (2)

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Am Anfang steht das klassische Schneepflugfahren. Unter Anleitung eines erfahrenen Schneesportlehrers bauen Wiedereinsteiger ihre Berührungsängste ab.

Tagesangebote. Auffrischungskurse und spezielle Angebote für Wiedereinsteiger können auch für Skiregionen mit hohem Tagesgästeanteil interessant sein. Die Skiregionen Söll und Scheffau etwa tüfteln derzeit an einem Konzept, das einfache Packages enthält. „Die eignen sich dann auch für den Kurzurlauber“, ist Lukas Krösslhuber, Direktor des TVB Wilder Kaiser, überzeugt. Im Frühling wird das Pauschalangebot erstmals in der Region getestet. Interessant ist dabei die zeitliche Staffelung: Zweimal zwei Stunden oder an zweimal zwei Vormittagen Skifahren. Das eröffnet auch einheimischen Familien neue Möglichkeiten. Alle Angebote verbunden mit der Option, abbrechen zu können, ohne dabei finanzielle Verluste einzugehen. Statt beim Wedeln verbringt man dann eben die restlichen Urlaubstage mit Winterwandern. „Eine Angebotsschiene, die sich in der Nebensaison gut einbinden lässt“, so Lukas Krösslhuber. Innovationsworkshop. Wildschönau und Wilder Kaiser, das sind zwei Beispiele

für Skiregionen, deren naturräumliche Gegebenheiten den technischen Anforderungen eines Wiedereinsteigers bzw. Anfängers besonders entgegenkommen. Sanfte Hänge, breite Pisten. Viel Platz, der dem verunsicherten Wiedereinsteiger ein neues Gefühl von Sicherheit geben soll. Wie sich andere Tiroler Wintersportregionen auf die neue Zielgruppe einstellen können, wurde Anfang Oktober im Rahmen eines Innovationsworkshops, zu dem die Tirol Werbung lud, diskutiert. Dass man das Aussetzen möglichst kurz halten sollte, darin waren sich die Workshopteilnehmer einig. Mit einer flexiblen Kinderbetreuung am besten vor Ort könnte man zum Beispiel auf die Bedürfnisse von Familien eingehen. Schnupperkurse, flexible Ticketlösungen bei Skipässen wie Stundenkarten oder Schnupperkarten und interessante Verleihangebote für Skier und Bekleidung. Denn das häufigste Argument, das viele Aufhörer nach der Angst nannten, waren die finanziellen Belastungen durch einen Skitag. „Neben dem Skifahren bleiben die Zusatzangebote vor Ort weiterhin wich-

tig“, weiß Ingrid Schneider, Tirol Werbung. Das können neben Wellnesseinrichtungen, besondere kulinarische und kulturelle Highlights oder die Infrastruktur für sanfte Wintersportaktivitäten (z. B. Winterwanderwege) sein. „Wichtig sind eine hohe Produktqualität und unterschiedliche Angebote maßgeschneidert auf die verschiedenen Bedürfnisse der Wiedereinsteiger“, bringt es Ingrid Schneider auf den Punkt. Dass dafür Seilbahnen, Skischulen und Skiverleih zusammenarbeiten müssen, ist eine Voraussetzung. Aufbauend auf diesen Ideen wird 2012 ein Produktentwicklungsprozess mit drei Pilotregionen gestartet. Parallel dazu wecken die Wintersportregionen bereits in Worten und Bildern beim potenziellen Gast die Lust auf den Schnee. Im Rahmen von Pressereisen können Journalisten den „Wiedereinsteigerkurs“ derzeit selber testen. Die nächste Gelegenheit dazu gibt es bereits Ende Jänner in Nauders. ×

AKTIVE SENIOREN Experten aus Österreich, der Schweiz, England und Dänemark haben die Auswirkungen des Skifahrens auf das Wohlbefinden älterer Menschen untersucht. „Der wichtigste Vorteil ist jener für die Psyche. Senioren isolieren sich oft und brauchen Sozialisierung, trauen sich selbst wenig zu und vermissen positives Lebensgefühl“, berichtet der Salzburger Sportwissenschafter Erich Müller. Körperlich verbessert sich das Herz-Kreislauf-System, die Ausdauer, Kraft und Muskelmasse nehmen zu, die Sehnen werden gelockert, das Gleichgewicht geschult. Auswirkungen, die Senioren auch abseits der Piste vor Stürzen schützen können. Außerdem pflegten viele der Studienteilnehmer auch im Sommer darauf die neuen freundschaftlichen Beziehungen. www.uni-salzburg.at

IMPULSE Nicht alle Hinderungsgründe für den Abbruch einer Skikarriere sind endgültige Knock-outKriterien. Keine Zeit, Skigebiet zu weit weg – das sind überwindbare Hürden. Mit angepassten Anfängerangeboten kann man Anfangsbarrieren wie „schwer zu lernen“ entgegenkommen. Attraktive Kurse, Lernangebote, Ausleihmöglichkeiten für Skier und Ausrüstung. Flexible Tickets könnten finanzielle Anreize schaffen. Wie bei allen anderen Urlaubsformen ist es auch bei Angeboten für (Wieder-)Einsteiger wichtig, entlang der gesamten Servicekette den Wünschen und Anforderungen der Gäste gerecht zu werden.


40 magazin saison

Die Peaschtln von Breitenbach In einigen Tiroler Ortschaften werden uralte Bräuche noch heute so gelebt wie vor Hunderten von Jahren. Ohne Kitsch und Kommerz, dafür urtümlich und unfassbar fremd. Von Fr anzisk a Lipp

E

in Knistern liegt in der Luft. Erwartungsvolle Blicke huschen durch den Raum, die Ohren sind gespitzt. Schon den ganzen Tag herrschte Aufregung am Jagglhof. Bei Einbrechen der Dämmerung wird sie beinahe physisch spürbar. Stetig tickt die Uhr an der Wand, der Duft von Obstler, Orange und Zimt des eigens zu diesem Anlass zubereiteten Tees erfüllt die Stube. Das Murmeln wird unterbrochen von kurzem Lachen, das schnell wieder verstummt, damit man ja nur nicht die Trommeln oder die Glocken überhört. Immer wieder wandern die Blicke von der Uhr zur Tür und weiter zum Fenster, das nur das eigene neugierige Spiegelbild zurückwirft. Wenn man Glück hat, steht in der Nacht der Vollmond am Himmel über dem Unterinntal. Dann könnte man die Schatten erkennen, die sich langsam vom Waldrand abheben. So aber muss man sich auf die Ohren verlassen.

Magischer Brauch.

Wie jedes Jahr am 6. Dezember hat man sich in der Stube des Jagglhofs in Thal bei Breitenbach am Inn versammelt: die jungen Bauersleute, Geschwister, Enkelkinder und enge Freunde. Der Hof gehört zu den wenigen Verbliebenen, dessen Tür für alle Peaschtln geöffnet ist. Bis zu 19 Passen kamen schon in einer Nacht, um ihr urtümliches Ritual zu vollziehen. Und eine macht immer den Anfang: Diesmal ist es die Haga-Pass mit ihren sieben Trommlern, ebenso vielen Hupfern, zwei Blasern und der Hex. Mit viel Getöse und Lärm halten sie Einzug im nahegelegenen Austragshaus. Schnell eilen die Gastgeber hinaus in die Kälte, um

sie zu begrüßen. Ebenso schnell versteckt sich ein Kind erschrocken hinter seiner Mutter. Das Trommeln, das Glockengeläut und die Bockshörner sind beängstigend

Mit welcher Intensität der Brauch des „Peaschtln laffn“ in Breitenbach erhalten geblieben ist und Jahr für Jahr gelebt wird, ruft bei Nicht-Einheimischen nicht selten erstaunte Gesichter hervor. laut und jagen einem die Gänsehaut über den Rücken. Die Männer in ihren über und über mit Maisblättern („Türkenbratschen“) benähten Gewändern heben an zu musizieren. Die Hupfer mit ihren Schellen und Glocken springen so hoch sie können. Die Hex kehrt aus. Ein magischer Brauch entfaltet seine Wirkung. Niemand bleibt unberührt. Ein Ritual, das sich Jahr für Jahr

in Breitenbach am 5. und 6. Dezember wiederholt. Herma Sader, die Altbäuerin am Jagglhof, ist davon begeistert, seit sie denken kann: „Die Peaschtln waren für uns nie lästig und immer willkommen, auch wenn wir manchmal unsere Stall­ arbeit dafür unterbrechen mussten. Mir ist es wichtig, dass die Männer und Buben diesen schönen Brauch in Breitenbach erhalten.“

Ort im Ausnahmezustand. Mit welcher Intensität der Brauch des „Peaschtln laffn“ in Breitenbach erhalten geblieben ist und Jahr für Jahr gelebt wird, ruft bei Nicht-Einheimischen nicht selten erstaunte Gesichter hervor. Beinahe alle Bewohner sind auf den Beinen: Über dreißig MännerPassen gibt es, darüber hinaus noch sieben Jugend- und neun Kinder-Passen. Schon ab Oktober dreht sich unter dem Nachwuchs im Kindergarten und in den Schulen alles ums Thema Peaschtln, in den Schaufenstern des örtlichen Nahversorgers und sogar in Privathäusern tauchen kleine und lebensgroße Deko-Peaschtln auf, die über Wochen das Ortsbild prägen. Mütter, Freundinnen und Schwestern sind ebenso vom Peaschtl-Fieber gepackt, auch wenn der Brauch traditionsgemäß den Buben und Männern vorbehalten bleibt. Die kleinsten Peaschtln können noch nicht einmal laufen, die ältesten gehören mit 62 Jahren Erfahrung zu wahren Legenden. Früher hörten viele Breitenbacher Männer mit dem Peaschtln auf, wenn sie in den Ehestand eintraten. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie es das Beispiel Franz Hager zeigt. Der 69-Jährige ist seit seinem siebten Lebensjahr als Peaschtl


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© foto karg

Groß und Klein. In den mit Maisblättern benähten Gewändern stecken ausschließlich Männer – manchmal halt noch recht kleine. Über dreißig Männer-Passen gibt es in Breitenbach, darüber hinaus noch sieben Jugend- und neun Kinder-Passen.


42 Gelebtes Brauchtum Auch den Bewohnern anderer Tiroler Gemeinden sind ihre Bräuche „heilig“. Auch wenn sie gänzlich heidnischen Ursprungs sind.

seit Jahrhunderten heißen die Tuxer Perchten am 5. Jänner das neue Jahr willkommen. in alten Gewändern ziehen verkleidete Einheimische von Haus zu Haus, wünschen den Bewohnern alles Gute, die sich wiederum mit einem schnapserl für den Besuch bedanken. in früheren Zeiten handelte es sich bei den Perchten um arme Leute, die vermummt und mit einem Körbchen auf Bettel ausgingen. Heutzutage betreiben die Kinder als „Binggalperchten“ diesen Brauch und werden dafür mit süßigkeiten, obst oder kleinen Geldspenden belohnt. Die Kunst des Maskenschnitzens ist in Tux bis heute lebendig geblieben und verleiht den Perchten von Generation zu Generation ein etwas anderes aussehen.

BUCHTIPP Barbara Moser: „Peaschtl laffn – Breitenbach am inn“. Edition Tirol, 2011

MULLERLAUFEN IN RUM Wenn die Muller in arzl, Rum, Thaur und absam sich im Feber dem Fastnachtsfieber hingeben, geht es dem Winter an den Kragen. Der Brauch ist ausschließlich den Männern vorbehalten und findet im Vierjahresrhythmus in einem der vier orte statt. in aufwändigen Kostümen werden die Jahreszeiten dargestellt. Die „Zottler“ mit ihren finster dreinblickenden Holzmasken repräsentieren den Winter. Mit knurrenden Lauten tänzeln sie durch die Gassen, begleitet vom Herbst, symbolisiert durch die „Zaggeler“, die „Klötzler“, „Huttler“ oder „Fleckler“. Frühling und sommer verkörpern die prächtigen „spiegeltuxer“ und ihre Begleiter, die „Weißen“, „Halbweißen“, „Melcher“ und „Hütltuxer“. Wer von einer der Traditionsfiguren „abgemullt“ wird und einen Klaps auf die schulter erhält, dem ist das Glück im kommenden Jahr hold.

© TVB innsBRUCK/sTaLZER

Jahrhunderten treibt die Percht im alpenländischen Raum ihr Unwesen. Rund um die Wintersonnenwende und zur Zeit der Raunächte tritt sie sowohl in Legenden als auch personifiziert in Erscheinung. Die erste urkundliche Erwähnung einer Percht führt zurück ins Jahr 1582 an den bayerischen ammersee, in Tiroler niederschriften taucht sie erstmals im Jahr 1837 auf. seit wann es das „Peaschtl laffn“ in Breitenbach gibt, ist nicht mit Gewissheit dokumentiert. sicher aber ist, dass es immer wieder Zeiten gab, in denen es streng verboten war, so etwa vor und während des Zweiten Weltkrieges. Und sicher ist auch, dass der Brauch eine Eigendynamik entwickelte, die dafür sorgte, dass die Breitenbacher Buben und Männer schon vor hundert Jahren eiskalten Winternächten, Hunger und armut getrotzt haben und am abend des 5. Dezembers aufgesprungen sind, um sich als Peaschtln auf den Weg zu machen. Die Kinder taten es für ein paar Dörrbirnen, Äpfel, eine scheibe Brot oder ein paar Groschen. Die Erwachsenen we-

© sTEFan DiETRiCH

Höhepunkt des Jahres. schon seit

© aRCHiV TVB TUX-FinKEnBERG

PERCHTENTAG IN TUX

unterwegs, im Jahr seiner Eheschließung setzte er aus. Danach nie wieder. sein umfassendes Wissen macht ihn zu einem Kenner des Brauchtums: als Blaser weiß er, wie das „außiblasn“ richtig geht, wie das aufeinandertreffen von mehreren Passen gehandhabt wird, welcher Trommelrhythmus der original Breitenbacher Takt ist und in welcher Reihenfolge die Häuser betreten werden müssen. „Dass die Traditionen hoch gehalten werden, finde ich bemerkenswert. Die Breitenbacher wollen ihren Brauch nicht kommerziell inszenieren und grenzen sich stark von anderen orten ab. aber natürlich hat sich der Brauch auch bei uns verändert. neue Zeiten bringen neue Möglichkeiten hervor. Da, wo wir früher hüfthoch zu Fuß durch den schnee gewatet sind, fahren die Jungen jetzt mit dem Traktor. im Gegensatz zu den bescheidenen Gewändern von früher wiegen diese heute bis zu fünfzig Kilo.“


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gen der Tradition, dem Gemeinschaftserlebnis und dem schnaps, der rar war. Wilde Besäufnisse, Raufereien und Liebesabenteuer sind in den privaten Büchern der Peaschtl-Legenden vermerkt. Der Brauch hat längst Geschichte geschrieben.

Lebendiger Volksglaube.

SEBASTIANIPROZESSION IN TELFS alljährlich am 20. Jänner wird in Telfs die sebastianiprozession abgehalten. Dass die Telfer sich dafür Urlaub nehmen, gilt als Ehrensache. Zurück geht dieser Brauch auf das Jahr 1634, in dem ein Fünftel der Telfer Bevölkerung von der Pest hinweggeraff t wurde. Damals wurde gelobt, alljährlich eine Prozession zu Ehren des Heiligen sebastian abzuhalten. Ein Versprechen, das bis heute gehalten wird. stefan Dietrich aus Telfs weiß, warum: „Die sebastianiprozession ist ein stück Telfer identität. sie ist ein schönes barockes Brauchtum, das Freude macht. auch wenn wir keine Pest mehr im Land haben, gibt es genügend andere Bedrohungen, angesichts derer man zum Heiligen sebastian beten kann.“ Wirklich traditionsverbundene Telfer sehen in diesem Brauch den eigentlichen Beginn des neuen Jahres.

Der im Jahr 2007 verstorbene Walther Thaler, ehemaliger Volksschuldirektor in Breitenbach am inn, ging in seinen aufzeichnungen davon aus, dass das sagengut der „Wilden Jagd“ Grundlage der Peaschtln war. als Entstehungs- und Verbreitungsgebiet werden Breitenbach, angerberg und Mariastein am ehemaligen oberangerberg angenommen. Der ursprüngliche Gedanke, die bösen Geister der Finsternis und des Winters milde zu stimmen und für eine gute Ernte und ein fruchtbares Jahr zu bitten, ist bis heute erhalten geblieben. Der Lärm vertreibt alte und verbrauchte Energien und reinigt die Räume. Dem Volksglauben nach wächst der Mais umso höher, je höher die Hupfer springen. Und die Hex einer jeden Pass hat die wichtige Funktion des auskehrens. nicht selten ist sie auch namensgeberin der Pass, so wie bei der Haga-Pass. Thomas Hager ist selbstständiger immobilientreuhänder und hat die Rolle der Hex von seinem Vater übernommen: „Die Hex ist diejenige, die das wichtige Ritual der Reinigung innehat. Und das ist den Bäuerinnen und Bauern, die uns Jahr für Jahr ihre Türen öffnen, wirklich wichtig. immer wieder bekomme ich die Worte zu hören: ‚Dass’d ma eh guat aussi kehrst’.“ Der Volksglaube ist so lebendig wie eh und je. Die Tradition des Peaschtln in Breitenbach am inn wird mit großem Respekt bewahrt. nicht selten werden die Gewänder, Trommeln und schellen vom Vater an den sohn weitergereicht. Vor allem die aus Zirbenholz geschnitzten Larven mit den Hörndln und dem Gams- oder schaffell bleiben eine kleine Ewigkeit im Familienbesitz. auch Gewohnheiten der einzelnen Passen werden von einer Generation an die andere weiter gegeben und sind von ortsteil zu ortsteil unterschiedlich. so trägt Peter Rinnergschwentner – die Hex der „Heiserer“-Pass aus Haus – wie sein onkel keine Larve, sondern einen mit Fell bestückten Hut und ein grau geschminktes Gesicht: „Der Brauch ist wichtig, aber

kein spektakel. Manches wird vielleicht übertrieben, aber das ist in ordnung, weil es immer Veränderungen gegeben hat und es immer welche geben wird. Die Motivation ist dieselbe wie vor hundert Jahren. Die Rituale müssen eingehalten werden, das wünschen sich auch die Gastgeber, die uns ihre Türen öffnen. Und es geht um ganz praktische Dinge wie etwa nachbarschaftspflege mit Leuten, die man das ganze Jahr nicht sieht.“

Faszinierende Parallelwelt.

Während andernorts Tiroler Bräuche medial inszeniert oder zur Vermarktung adaptiert werden, bleibt man in Breitenbach am inn unter sich. Einige Zugeständnisse an das schaulustige Volk gibt es mittlerweile aber auch hier: so hat man im Zelt des sportvereins im Dorfzentrum die Gelegenheit, das spektakel mitzuerleben. Barbara Moser, die Herausgeberin des im Herbst erschienenen Buches „Peaschtl laffn – Breitenbach am inn“, hat sich mit den Traditionen, Gepflogenheiten, neuheiten und Gerüchten rund um den Brauch auseinandergesetzt und stellte dabei fest: „Wir hüten unser Brauchtum wie einen schatz. neuerungen werden von manchen kritisch gesehen und nicht als notwendig erachtet. Es herrscht der schier übermächtige Wunsch vor, das Peaschtlnlaffn so urtümlich wie möglich zu erhalten. Dabei bleibt der Brauch geheimnisvoll und mystisch.“ Und so wie es scheint, gelingt es den Breitenbachern in ihrer Vehemenz und Eigenheit besonders gut, ihr Erbe zu bewahren. Ein Erbe, das in seiner archaischen art an ein längst vergessenes Tirol erinnert. Wo der Glaube an Geister und Mächte noch nicht abstrus war und man gegen die Kräfte der natur lieber auf archaische Rituale setzte als auf Kirchengebete. Das Peaschtln eröffnet eine mystische Parallelwelt zu dem ansonsten so geordneten alltag, die Groß und Klein in Breitenbach in ihren Bann zieht. so auch das kleine weinende Kind, das beim anblick seiner ersten Peaschtln am Jagglhof so erschrak. als die Tränen getrocknet sind, kommt kleinlaut die Frage: „Darf ich nächstes Jahr auch Peaschtl laffn?“ seine Mutter streicht ihm übers Haar und lächelt. ×


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Vom Schnee und anderen Farben Im Museum Kitzbühel wird mit Beginn der Wintersaison die größte permanente Alfons-Walde-Schau eröffnet. Möglich geworden ist die Erweiterung vor allem durch Leihgaben der Familie Walde-Berger und durch räumlichen Zuwachs im Museum.

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VON ES THER PIRCHNER

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as Bild von Kitzbühel als Wintersportort und von Tirol als Landschaft mit geschlossener Schneedecke ist von keinem anderen Künstler so sehr befördert worden wie vom Kitzbühler Alfons Walde (1891–1958). Dementsprechend widmete das Museum Kitzbühel dem Werk des Malers schon seit der Neukonzeption und dem Umbau durch die Architektin Elsa Prochazka 2002 ein ganzes Geschoß unter dem Dach. Das Freiwerden eines Raumes im Erdgeschoß

2. Stock), sodass im 3. Obergeschoß und im Dachgeschoß nun 250 m2 für Gemälde und Grafiken von Alfons Walde zur Verfügung stehen.

Leihgaben. Noch wesentlicher als der räumliche Zuwachs war jedoch die Tatsache, dass sich die Erben Alfons Waldes, die Familie Walde-Berger, bereit erklärte, dem Museum zahlreiche weitere Arbeiten als Leihgabe zur Verfügung zur stellen – zunächst für acht Jahre, danach mit einer Option auf weitere fünf. Bilder, die bisher

© SIEBERER

„Walde, der von 1910 bis 1914 in Wien lebte, hat vieles von Schiele übernommen. Nicht jedoch das kritische Menschenbild. Das ist bei Walde heiter aufgelöst.“ WIDO SIEBERER, LEITER DES MUSEUM KITZBÜHEL

im vergangenen Jahr eröffnete den Museumsbetreibern nun die Möglichkeit zur Umgestaltung des Museums und damit zur Schaffung weiterer Räumlichkeiten für die Walde-Schau. Die übrigen Sammlungen zur (Sport-)Geschichte und die Sonderausstellungen wurden um ein Stockwerk nach unten verlegt (Erdgeschoß bis

in den privaten Wohnungen der Erben hingen, sind nun öffentlich zugänglich. Im Gegenzug sorgt das Museum für ideale Bedingungen und übernimmt anfallende Restaurierungen. Auf diese Weise kann das künstlerische Schaffen des berühmten Kitzbühlers, das bisher vor allem mit knapp dreißig Gemälden aus der bekann-

testen Schaffensphase in den 1920er- und 1930er-Jahren vertreten war, nun umfassend dargestellt werden – von den meist kleinformatigen Arbeiten des jungen Walde bis hin zu seinem Spätwerk. Geordnet wurden die nunmehr über sechzig Gemälde und mehr als hundert Grafiken, Zeichnungen, Fotografien und Druckgrafiken nach Themenkreisen bzw. Schaffensperioden. Die „klassischen“ Walde-Gemälde wie „Aufstieg der Skifahrer“ oder „Almen im Schnee“ bilden nach wie vor den Einstieg in das vielfältige Werk. Ein weiterer, kleinerer Raum ist der Darstellung von Waldes Lebensraum gewidmet, seiner Biografie, seinen Selbstporträts und Frauenporträts oder seiner Freundschaft zu anderen Kunst- und Kulturschaffenden wie dem Wiener Schriftsteller Alfons Petzold.

Aktmaler Walde.

Die großen Neuerungen betreffen vor allem zwei weitere

MUSEUM KITZBÜHEL Winteröffnungszeiten: • Di–So 14–18 Uhr, Sa 10–18 Uhr • Do Abendöffnung bis 20 Uhr 26.12.2011 bis 10.1.2012: • täglich 10–18 Uhr • Do Abendöffnung bis 20 Uhr www.museum-kitzbuehel.at


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Authentisches Bauen

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Alfons Walde Aufstieg, 1927 Tempera auf Leinwand 94 x 66 cm

Die Architektin Elsa Prochazka führt mit dem aktuellen Erweiterungsbau des Museum Kitzbühel das Konzept fort, das sie dem Umbau des Hauses und der Neugestaltung der Sammlung 2002 zugrunde gelegt hat.

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Alfons Walde Zwei Skifahrerinnen 1914 Öl auf Karton 27,5 x 29 cm 3

Alfons Walde Tiroler Bergdorf (Auracher Kirchl) Öl auf Karton 58 x 40 cm 4

© PROCHAZKA

Alfons Walde Sommer in Kitzbühel um 1930 Öl auf Karton 41,5 x 49,6 cm 5

Alfons Walde Rückenakt auf Podest II, um 1920 Pastell auf Papier 37 x 24,5 cm

Schwerpunkte, die im Dachgeschoß präsentiert werden: das Frühwerk und die Akte, die in der kunsthistorischen Rezeption zunehmend an Bedeutung gewonnen haben. Aktmalereien Waldes existieren aus fast allen Schaffensphasen, 15 zum Teil großformatige Werke stehen in der Ausstellung für diesen Bereich seines Schaffens. Diese vom Expressionismus beeinflussten Werke seien „zum Teil grandios“, erzählt der Leiter des Museums, Wido Sieberer, sie seien aber in der kunsthistorischen Rezeption „bisher ein wenig zu kurz gekommen“. Erst in den letzten zwanzig, dreißig Jahren wurden sie neben den berühmten Landschaftsund Genrebildern zunehmend als gleichbedeutend eingestuft.

Querverbindungen.

Das frühe Schaffen – Werke aus der Zeit bis ca. 1918 – wird mit einem Schwerpunkt von kleinformatigen Bildern gezeigt, die „an die Expressivität von Egon Schiele heranreichen“ (Sieberer). Mit Schiele verband Walde, der von 1910 bis 1914 in Wien lebte, eine Freundschaft, die auch im künstlerischen Werk nachvollziehbar ist. Vieles – zum Beispiel die Verwendung der Farben – habe Walde in der Zeit von Schiele übernommen, erläutert Sieberer, „nicht jedoch das kritische Menschenbild. Das ist bei Walde heiter aufgelöst“. So wie Verbindungen zu Schiele in der Neupräsentation der Bilder offenbar werden, so wurden auch andere Bezüge herausgearbeitet: Künstlerische Querverbindungen gibt es etwa zum Keramiker Walter Bosse, zum Fotografen Wilhelm Angerer oder zur Malerin Hilde Goldschmidt. Leben und Schaffen Waldes sind damit nun unter ganz unterschiedlichen Aspekten beleuchtet und die Ausführlichkeit und der Detailreichtum, mit denen hier gearbeitet werden konnte, machen die Walde-Ausstellung im Museum Kitzbühel zu einer der umfassendsten Darstellungen eines künstlerischen Werks in Tirol. ×

© VBK, WIEN (5)

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Die erfahrene Museums- und Ausstellungsgestalterin Elsa Prochazka hat u .a. das Museum in Mozarts Geburtshaus und das Museum der Wahrnehmung in Rohrbach konzipiert.

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AISON: Frau Prochazka, welche Aufgaben galt es beim Museum Kitzbühel 2002 und bei der Erweiterung 2011 zu lösen? ELSA PROCHAZKA: Es gab zwei sehr interessante historische Gebäude und eine sehr interessante, aber heterogene Sammlung und es ging darum, das Flair dieser Gebäude herauszuarbeiten und mit der Ausstellungsgestaltung zu ergänzen. Wir haben dazu sehr authentische Materialien wie Eisen verwendet. Entsprechend der Sammlungsgeschichte entstanden statt Vitrinen ganze Rauminstallationen. Für die Erweiterung der Walde-Ausstellung wurde das ursprüngliche Konzept weitergeführt, das nach wie vor sehr zeithaltig ist. Wie haben Sie die Räume für die Walde-Präsentation entwickelt und was ist neu daran? Das geschah in Zusammenarbeit mit dem Kuratorenteam, dem Museum und der Familie Walde – sozusagen eine Gemeinschaftsproduktion. Die bestehende Walde-Installation im Dachgeschoß wurde etwas ausgelichtet und aufgefrischt und im darunterliegenden Geschoß die Ausweitung der Sammlung präsentiert. Gibt es Ähnlichkeiten zu anderen Museums- oder Ausstellungsprojekten, die Sie durchgeführt haben? Nein, jede Aufgabenstellung ist anders. Nicht unwichtig ist, dass es nicht vordergründig modisch, sondern über einen längeren Zeitraum zeithaltig ist. Vielen Dank für das Gespräch.

×

MARKTWERT Die letzte Auktion von Werken Waldes fand am 24. Oktober 2011 im Auktionshaus Hassfurther in Wien statt und erzielte folgende Nettopreise: Aufstieg der Skifahrer

380.000 Euro

Tauernhof

275.000 Euro

Tiroler Bauernhof bei Kitzbühel im Winter

185.000 Euro

Sonniger Herbsttag div. Plakate QUELLE: WWW.KUNSTNET.AT

70.000 Euro je 1.600 bis 5.000 Euro


46 MAGAZIN SAISON

Heiterer Auftakt Was man mit einem 1. Jänner nicht alles anfangen kann, außer seinen Rausch auszuschlafen oder gute Vorsätze über Bord zu werfen! Beispielsweise ins Neujahrskonzert gehen, das das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck alljährlich abhält. Oder man geduldet sich noch ein paar Tage und besucht jenes des Tiroler Kammerorchester InnStrumenti. VON ES THER PIRCHNER

23 Neujahrskonzerte. Beide Orchester setzen selbstverständlich auf unterhaltsame, aber anspruchsvolle Werke zum Jahreswechsel. Beim Tiroler Symphonieorchester Innsbruck steht Georg Fritzsch am Dirigentenpult, der die Geschicke des Orchesters von 2009 bis 2011 als Generalmusikdirektor geleitet

© TIROLER KAMMERORCHESTER INNSTRUMENTI

A

uf der ganzen Welt wird der Jahreswechsel mit Neujahrskonzerten eingeläutet, das berühmteste von ihnen ist seit vielen Jahren jenes der Wiener Philharmoniker, das im Fernsehen in mehr als siebzig Ländern live mitverfolgt werden kann und eine Huldigung vor allem an die Walzermusik von Johann Strauß Sohn ist. Sogar die Bezeichnung „Neujahrskonzert“ haben sich die Philharmoniker als Wortmarke patentieren lassen, um möglichen Verwechslungen mit anderen Orchestern und Konzerten vorzubeugen. Aber Namen hin oder her, auch in Tirol frönt man mehrfach dem orchestralen Klang für einen guten Start ins neue Jahr: Das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck tritt pünktlich am 1. Jänner 2012 zum Neujahrskonzert (und am Vortag zur Generalprobe) im Innsbrucker Congress an und reist dann nach Kufstein (3. Jänner) und Reutte (4. Jänner) weiter. Das Tiroler Kammerorchester InnStrumenti hat, um dem großen Besucherandrang gerecht zu werden, 2012 erstmals zwei Termine im Innsbrucker Stadtsaal festgelegt – ein Abendkonzert am 5. und eine Matinee am 6. Jänner 2012 – und konzertiert außerdem am 4. Jänner in Ischgl und am 6. Jänner abends im Blumenpark Seidemann in Völs.

Französische leichte Muse und nur wenig Wiener Walzerseligkeit: Tiroler Kammerorchester InnStrumenti

hat. Was die Mitwirkung an Neujahrskonzerten betriff t, ist er ein alter Hase: In den letzten 24 Jahren – zuerst als Orchestermusiker, dann als Dirigent – habe er nur eines dieser „beschwingten, frohsinnigen und motivierenden“ Konzerte ausgelassen, erzählt er. Am häufigsten sei dabei Beethovens 9. Symphonie auf dem Programm gestanden, eine in Deutschland sehr beliebte Wahl, daneben gab es „österreichische“ Walzerprogrammierungen, aber auch viele andere Schwerpunkte wie spanische oder US-amerikanische Musik. In Tirol 2012 setzt Fritzsch auf „Musikalische Sträusse zum Neuen Jahr“, eine auch für die letzte Saison von Brigitte Fassbaender am Tiroler Landestheater ausgesprochen passende Wahl. Neben

den „typisch wienerischen“ Stücken von Johann Strauß Sohn haben die Intendantin, die traditionell durchs Neujahrskonzert führt, und der Dirigent Musik von Richard Strauss und dessen Vater Franz ausgewählt – auch wenn es keine direkte Verbindung zwischen den Musikerfamilien Strauß und Strauss gibt. Beide – Fassbaender und Fritzsch – sind „leidenschaftliche Verehrer und Kämpfer für Richard Strauss“ (Fritzsch), weshalb auch Ausschnitte aus dessen Opern „Salome“, „Die schweigsame Frau“ und „Der Rosenkavalier“ zu hören sein werden. Dass Brigitte Fassbaender bei der Moderation auf ihr reiches Wissen über Richard Strauss zurückgreifen wird, ist sicher, ob es wieder wie 2011 einen kabarettistischen Gaststar geben wird, wurde nicht verraten.

TRIVIA ZUM NEUJAHRSKONZERT • • • • •

Das erste Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker fand 1939 statt, damals noch als Silvesterkonzert. 1969 führte der ORF mit dem Neujahrskonzert das Farbfernsehen ein. Die Aufnahme des Wiener Neujahrskonzerts 2012 ist bereits ab 6. Jänner im Handel erhältlich. Der Kultursender ARTE überträgt am 1. Jänner traditionell den zweiten Teil des Neujahrskonzerts aus dem Teatro La Fenice in Venedig. Seit 1998 touren chinesische Orchester zum chinesischen Neujahrsfest im Frühling durch Europa, 2012 ist es das China Traditional Orchestra of Inner Mongolia.


© GERHARD BERGER, RUPERT LARL, GEORG FRITZSCH, TIROLER KAMMERORCHESTER INNSTRUMENTI

Eifriges Proben: Das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck spielt zu Neujahr Strauß und Strauss.

Vergnügliches Spiel. Fachkundige Führung und große Heiterkeit gehören jedenfalls bei den Neujahrskonzerten des Tiroler Kammerorchester InnStrumenti zum guten Ton, wie dessen Leiter Gerhard Sammer bemerkt. Seit man vor rund zehn Jahren begonnen hat, zum Jahresbeginn aufzutreten, wird das Konzert vom Schauspieler Thomas Lackner moderiert, der sich auf diese „Rolle“ ähnlich vorbereitet wie auf einen Theaterauftritt. Trotzdem sind seine schwungvollen Reden nicht das einzige Markenzeichen der InnStrumentiNeujahrskonzerte. Normalerweise spielt das Orchester viel Musik von zeitgenössischen (Tiroler) Komponisten und ist laut seinem Dirigenten für „stärker profilierte Programme bekannt, die nicht ganz dem traditionellen Konzertbetrieb verpflichtet sind. Der Reiz der Neujahrskonzerte besteht darin, dass es sehr viel Musik gibt, die sich für eine vergnügliche Atmosphäre eignet, die lustvoll zu spielen und zu hören ist, ohne dass man auf den ganz ausgetretenen Neujahrskonzert-Pfaden wandeln muss.“ In der Stille.

Das Programm 2012 nimmt dementsprechend eine besondere Richtung: Neben einigen wenigen Beiträgen von Johann und Josef Strauß – darunter der Donauwalzer, der schon bisher immer fixer Bestandteil des InnStrumentiNeujahrskonzerts war, aber es vielleicht nicht bleiben wird – werden diesmal vor

allem französische Werke aus dem 19. Jahrhundert zu hören sein, zum Beispiel Ballettmusik von Claude Debussy, je eine Opernarie aus Charles Gounods „Romeo und Julia“ und Georges Bizets „Carmen“ sowie zwei der berühmtesten Werke von Jacques Offenbach: die Barcarole („O belle nuit, o nuit d’amor“) aus „Hoffmanns Erzählungen“ und der „Cancan“ aus „Orpheus in der Unterwelt“. Auch hier also wird Gesang ins Programm eingebunden, nur sind es statt der tiefen Lagen (Bass und Bassbariton), die beim Tiroler Symphonieorchester Innsbruck zu hören sind, hier die hellen Frauenstimmen, die dominieren: Mit der Sopranistin Britta Ströher und der Mezzosopranistin Petra Überbacher bekommt auch das Tiroler Kammerorchester InnStrumenti hervorragende gesangliche Unterstützung. Aber so ausgezeichnet die Musiker auch sein mögen, bei einem Stück dürfen sie ihr Können keinesfalls unter Beweis stellen: Mit „4’33”, John Cages Stück ohne Musik, in dem Interpreten und Publikum 4 Minuten und 33 Sekunden lang dem Nichts nachlauschen, frönt InnStrumenti der Stille, was für einen Jahresbeginn nicht die schlechteste Idee zu sein scheint. Profil zeigen somit beide Orchester, reizvolle Programmzusammenstellungen auch. Ein Glück also, dass sich die Konzerttermine nicht überschneiden und man durchaus zwei Mal auf unterschiedliche Weise das neue Jahr musikalisch beginnen kann. ×

Verehrer von Richard Strauss: Brigitte Fassbaender und Dirigent Georg Fritzsch; darunter: Gerhard Sammer, Leiter des Tiroler Kammerorchester InnStrumenti

INFO Tiroler Symphonieorchester Innsbruck Georg Fritzsch (Dirigent), Brigitte Fassbaender (Moderation), Sebastian Kroggel, Marc Kugel, Andreas Mattersberger (Solisten) • 31. 12. 2011, 10 Uhr, Innsbruck, Congress Innsbruck (Generalprobe) • 1. 1. 2012, 17 Uhr, Innsbruck, Congress Innsbruck • 3. 1. 2012, 20 Uhr, Kufstein, Kufstein Arena • 4. 1. 2012, 20 Uhr, Reutte, Metallwerk Plansee Tel. 0512/52074-4 kassa@landestheater.at www.tsoi.at Tiroler Kammerorchester InnStrumenti Gerhard Sammer (Dirigent), Thomas Lackner (Moderation), Britta Ströher (Sopran); Petra Überbacher (Mezzosopran) • 4. 1. 2012, 19 Uhr, Ischgl, Silvrettacenter • 5. 1. 2012, 20 Uhr, Innsbruck, Großer Stadtsaal • 6. 1. 2012, 11 Uhr, Innsbruck, Großer Stadtsaal • 6. 1. 2012, 19 Uhr, Völs, Blumenpark Seidemann Tel. 0650/7325665


„Frohe Weihnachten und guten Rutsch ins neue Jahr!“ YOGGL, INNSBRUCK 2012-MASKOTTCHEN

13. - 22. JÄNNER 2012 TEIL SEIN IST ALLES. Yoggl und das Team der 1. Olympischen JugendWinterspiele wünschen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2012. Von 13. bis 22. Jänner steht auch schon das nächste große Fest an: werde auch du Teil des einzigartigen Sport- und Kulturfestivals, wenn Innsbruck und Seefeld mit der Ausrichtung der 1. Olympischen Jugend-Winterspiele Geschichte schreiben. WWW.INNSBRUCK2012.COM


49 KOMMENTARE SAISON

W

VON ALOIS SCHÖPF

o hab ich mich da hin verirrt? Der Durchschnitt dürfte bei siebzig liegen. Männer sehe ich wenige. Wo es sie gibt, schleppen sie unförmige Bäuche vor sich her. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Gros der Damen formschöner geraten wäre. Angesichts der Vitalität, mit der sie das Buffet stürmen, ist das kein Wunder. Mit hochtoupierten Kampffrisuren laden sie auf, was geht. Acht Busse sind es übrigens gewesen, die uns letztes Wochenende hierher gebracht haben. Jetzt hab ich die Bescherung. Jetzt graust mir! Warum bin ich diesem Trampelpfad des

einem slowenisch sprechenden Landesteil an, der nach dem Ersten Weltkrieg zu Italien kam, der Großvater war noch Kaiserjäger und fiel in Sarajewo, 200 Meter neben dem Haus verläuft die Grenze, in der Zeit des Kommunismus schossen die jugoslawischen Grenzer herüber. Am letzten Tag führte mich der Mann, 78 Jahre alt, zu seinem Auto und schenkte mir zwei Flaschen Wein. Ich möge sie mit Freunden trinken! Als ich ihn fragte, ob er einen CD-Player habe, weil ich ihm österreichische Blasmusik schicken wolle, hob er entschuldigend die Arme: Sempre lavorare! Schon die alten Römer haben das „Man durchschaut plötzlich die Verlogenheit der Kritik am Heilwasser in Montegrotto genutzt. Es Massentourismus, wie sie von bildungsbürgerlich liberal bis wirkt tatsächlich entspannend. Nach zu kleinbürgerlich links zum intellektuellen Standard gehört.“ ein paar Tagen ist einem sogar der Massentourismus egal. Im Gegenteil: Man Massentourismus, wie es so schön heißt, nicht ausgewichen? durchschaut, schwimmend und von der warmen Spätherbstsonne Neben uns sitzt ein Ehepaar, das fast nichts redet. Er hat Hände, beschienen, plötzlich die Verlogenheit der Kritik am Massentourisdenen man ansieht, dass er damit ein Leben lang gearbeitet hat. mus, wie sie von bildungsbürgerlich liberal bis zu kleinbürgerlich Zugleich isst er würdevoll wie einer, der nicht irgendwer ist. Seine links zum intellektuellen Standard gehört. Je lauter für den sogeFrau, die an eine Bäuerin erinnert, sehe ich vor mir, wie sie an hohen nannten einfachen Menschen eingetreten wird, desto radikaler Festtagen durch ihre dicken Brillen über einen reich gedeckten wird ihm die Lebenskompetenz abgesprochen und ein FerienpaTisch hinblickt, an dem Kinder und Kindeskinder sitzen. Wir haben radies missgönnt, von dem der Marxismus geträumt und das der die beiden beharrlich gegrüßt. kapitalistische Tourismus verwirklicht hat. Herzliche Grüße nach Am vorletzten Tag redeten sie dann plötzlich mit uns! Sie Triest hinunter! × kommen seit 30 Jahren ins Hotel, sind Weinbauern aus dem HinAlois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans. terland von Triest, produzieren 30.000 Flaschen im Jahr, gehören

Das gallische Dorf

D

VON ERNST MOLDEN

ie Kollegen und ich fahren ja viel herum mit unserer Musik. Wir fahren in die Landeshauptstädte, spielen für urnette Menschen, und dann kommen wir doch sehr gern in unsere große Stadt zurück. Wir fahren in die schönen Landschaften hinein, wir sehen verschiedene Gegenden zu verschiedenen Jahreszeiten in verschiedenen Gewändern, wir staunen, kommen aber doch wieder sehr gern in unsere große Stadt zurück. Und dann, so wie jetzt im Spätherbst, wenn wir eigentlich lieber daheim hinterm Ofen bleiben würden, da kommen dann die Überraschungen. Da will noch einer, dass wir kommen, bitte, bitte, wir mögen hier eure Musik so, und dann holen wir die Karte raus, um zu sehen, wo das ist. Jössas naa, sagt dann einer, weil das ist

eine feiste, noch gespentisch saftige Endsommerwiese, darauf stehen ratlos Kühe. Schließlich sind wir da. Öblarn heißt das gallische Dorf, unser Veranstalter räumt seine Riesentuba zur Seite und bietet uns Platz neben dem Ofen an. Das erste, was wir hören, ist, dass es in Öblarn keine Skilifte gibt. Man habe sich gehütet davor, sagt der Veranstalter und bietet uns Schwedenbomben an. Skilifte gebe es in den Nachbarorten Haus und Schladming genug, demnächst sogar eine Ski-WM. Aber in Öblarn? Nein, wirklich nicht. Es gehe super ohne. Doch, man habe Besucher. Wanderer, Essende, Rastende, in einem gesunden Verhältnis zur Bevölkerung. Weil man keine Skilifte habe, brauche man die dazugehörige Struktur auch nicht, deswegen seien in „Weil man keine Skilifte habe, brauche man die dazugehörige Öblarn die Häuser klein geblieben, die Struktur auch nicht, deswegen seien in Öblarn die Häuser Gasserln eng. Wir blättern im Programm klein geblieben, die Gasserln eng.“ des Veranstalters und staunen, wer hier schon alles gespielt hat. sehr weit weg. Aber weil die dort uns so gern haben möchten, satteln Jo, zu uns kummans gaunz gern, sagt der Veranstalter. Tun wir dann doch das rote Eisenpferd des Akkordeonisten und reiten los. wir dann auch, später am Abend. Die Öblarner sind super. Entgrenzt Diesmal nach Süden. Über den Semmering, Bruck an der Mur, und gleichzeitig würdig, wie die Leute in gallischen Dörfern halt so dann rauf Richtung Pyhrn, dann rein ins Ennstal, bis in den Schatten sind. Als wir das Konzert fertig haben, treffen wir zwei Pärchen aus des monströsen steirischen Berges Grimming. Was luftlinienmäßig der großen Stadt, Anhänger unserer Musik, die sind uns doch glatt ein Schwalbenflügerl gewesen wäre, wird auf der Straße der störrinachgereist. Nicht nur euch, sagen sie, euch und Öblarn. × schen Ostalpen wegen ein Tagesausflug. Auf einer Rast nicht weit Ernst Molden lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Sein neues vom Ziel betrachten wir eine sonderbare Wiese. Wo der Schatten Album ES LEM (monkeymusic) wurde kürzlich mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. der Fichten hinfällt, liegt eine Schicht aus Rauhreif, dazwischen

© BÖHME

Nachrichten aus dem Werktätigenparadies


50 NACHGEFRAGT SAISON

15 FR AGEN AN ...

Fritz Kraft DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Côte d’Azur, Salzkammergut, Paris DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: Höflichkeit, Freundlichkeit, Fleiß, Wandlungsfähigkeit DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: Masse, Verkitschung, Verdummung, Ignoranz DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: seine Berge, Natur, Skifahren DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: aus Wettergründen keine Outdoor-Sicherheit für Veranstaltungen DIE BESTE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE: die „Hauptstadt der Alpen“ zu kreieren LETZTER URLAUB (WANN UND WO?): Oktober 2011, Belek/Türkei ICH LERNE VON: Fehlern und Menschen, die sich nicht wichtig nehmen DAS KÖNNTEN TIROLS TOURISTIKER GUT GEBRAUCHEN: aktuell wohl Schnee MEIN LIEBLINGSORT IN INNSBRUCK IST ... ... mein Büro (ein Wahnsinn!), Nordkette-Goetheweg FÜR DIE ZUKUNFT INNSBRUCKS WÜNSCHE ICH MIR ... ... dass der soziale Frieden aufrecht bleibt DIE HERAUSFORDERUNGEN FÜR DEN TIROLER TOURISMUS SIND ... ... Klimawandel, weiteres Mengenwachstum um jeden Preis MEINE VORBILDER SIND: Vorbilder sind nicht wichtig © TVB INNSBRUCK

DAS SOLLTE KEIN INNSBRUCK-BESUCHER VERPASSEN: ein paar Tage zu bleiben, anstelle von nur wenigen Stunden DIE TIROLER SIND ... ... auch nicht viel besser als andere Zweibeiner

Fritz Kraft ist Direktor von Innsbruck Tourismus.


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Urlaub in Tirol wird mit einer Gesamtauflage von 290.000 Stück der Presse am Sonntag und der Süddeutschen Zeitung beigelegt. Die nächste Ausgabe erscheint Ende Mai 2012. Nähere Informationen: office@zielgruppenverlag.at oder 0512/58 6020.

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