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Ja!

Angst:

Nach fünf Programmen im Duo oder mit Band wagt sich Stefan Leonhardsberger erstmals als Solo-Künstler ins Rampenlicht. In „Ja!“ erzählt der 37-jährige Oberösterreicher, der 2022 mit seinen „Presidential Walks“ zum weltweiten TikTok-Phänomen geworden ist, von seinem Alltagswahnsinn als dreifacher Vater, erklärt, was Sex in der Beziehung und All-Inclusive-Buffets gemeinsam haben, und warum ihn die spanische Familie seiner Frau immer noch für impotent hält.

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Der Pressetext zu deinem neuen Programm verspricht einen „zum Niederknien aufrichtigen Seelenstrip“ und verrät, dass du über die Gemeinsamkeiten von Beziehungssex und All-InclusiveBuffets nachgedacht hast – mit welchem Ergebnis? Es ist doch so: Am ersten Tag stehst du im Urlaubshotel aufgeregt am Buffet, alles schaut total lecker aus und du schmeißt dir so viel wie möglich auf den Teller. Du probierst sogar Sachen aus, die du nicht kennst. Aber schon nach kurzer Zeit stellt sich eine gewisse Routine ein, man hat seine Favoriten gefunden. Eine andere Parallele ist: Ich habe im Lauf der Zeit erkannt, dass wir unterschiedliche Essverhalten haben. Wenn meine Frau Stress hat, bekommt sie keinen Bissen runter. Ich hingegen esse sehr gern, um Stress abzubauen. Oder wenn mir fad ist (lacht). Wichtig ist halt, dass die Qualität des Essens nicht nachlässt.

Weiß deine Frau, dass du auf der Bühne so freimütig über eure „Essgewohnhei- ten“ sprichst? Und – um in der Metapher zu bleiben: Hast du nicht Angst, dass das Buffet abgeräumt ist, wenn du von der Tour nach Hause kommst? Wenn man das Leben zur Bühne macht, läuft man immer Gefahr, einmal einen Schritt zu weit zu gehen. Für mich ist dieses Programm generell ein großes Wagnis – aber als Kabarettist kann und darf man sich nicht immer nur in sicheren Bereichen bewegen. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen wir bei jedem Wort achtsam sein müssen, sind wir besonders gefordert: Wir müssen checken, ob wir in einer coolen Welt leben und eh noch alles sagen dürfen. Außerdem ist natürlich alles mit meiner Frau abgesprochen. Sie vertraut mir und weiß, dass ich mich nur über mich selbst lustig mache und niemals über unsere Familie.

Apropos Frau: Du erzählst im neuen Programm, dass sie deinen romantischen Heiratsantrag mit einem recht lapidaren „Okay“ angenommen hat … Technisch gesehen ist sie noch immer meine Verlobte. Weil wir beide beruflich sehr eingespannt sind, haben wir die Hochzeit auf 2024 verlegt. Aber ich rede trotzdem von ihr als „meine Frau“; mit drei gemeinsamen Kindern käme es mir falsch vor, sie immer noch als „meine Freundin“ zu sehen.

„Ja!“ ist dein erstes Solo-Programm –erfordert es mehr Mut, allein im Rampenlicht zu stehen als mit einem Partner wie zuletzt in „Die Leonhardsberger & Schmid Show“? Wenn man sich als Comedian oder Kabarettist versteht, muss ein Solo-Programm natürlich das große Ziel sein. Das ist einfach die Königsklasse, alles spürt sich viel intensiver an. Aber es macht auch sehr viel Spaß, weil ich auf der Bühne voller Adrenalin bin. Dazu kommt, dass „Ja!“ mein bisher persönlichstes Programm ist – weil ich die Inspiration mitten im eigenen Leben, in meiner Familie gefunden habe.

Was macht ein Alltagserlebnis für dich bühnentauglich?

Dieser Frage bin ich tatsächlich intensiv nachgegangen. Und die Antwort ist nicht einfach. Aber ich beobachte mich gern beim Scheitern und habe für mich gespürt: Wenn ich unter einer Situation leide und versuche, für mich das Beste daraus zu machen, dann wird es irgendwie lustig. Denn: Wo Leid ist, ist auch Humor.

Im Vorjahr ist eines deiner SocialMedia-Videos viral gegangen: Unter dem Titel „Walk like a president“ hast du die Gangart von Barack Obama, Joe Biden, Emmanuel Macron, Vladimir Putin und Recep Erdogan persifliert – und damit allein auf TikTok

6,6 Millionen Aufrufe erreicht. Warst du von dem Hype überrascht? Ja, natürlich. So eine weltweite Reaktion kann man nicht planen. Ich habe mit diesen kleinen Clips während der Corona-Pandemie begonnen, um Kontakt zu meinem Publikum zu halten und im Optimalfall meine Reichweite sogar ein bisschen zu erweitern. Aber ich hätte nie erwartet, deshalb Interviews fürs japanische Fernsehen zu geben … n Stefan Leonhardsberger gastiert mit „Ja!” laufend in Salzburg, Wien und Linz.

Jetzt stehst du mittlerweile seit zehn Jahren als Kabarettist mit abendfüllenden Programmen auf der Bühne – und dann sorgt ein 40-sekündiges Video für so einen weltweiten Widerhall. Wie geht man als Künstler damit um? Ich habe mich vor allem gefreut. Natürlich denkt man sich, dass es cool wäre, wenn diese 6,6 Millionen Menschen Tickets für mein Programm kaufen. Oder, von mir aus, nur zehn Prozent davon. Das würde mir schon reichen (lacht). Aber ich nehme für mich selbst das positive Feedback mit, dass ich künstlerisch offenbar durchaus interessant bin und viele Leute durch diese „Presidential Walks“ zum ersten Mal von mir gehört haben.

TikTok-Videos müssen noch knackiger, noch pointierter sein als Kabarettnummern – hat der Erfolg der „Presidential Walks“ einen Einfluss auf dein Programm? Nein, das ist schwer übertragbar. Aber ich spiele meine Bühnenshows ebenfalls sehr körperlich. Ich muss nicht die ganze Zeit reden, reden, reden; ich kann auch mit dem Körper Geschichten erzählen. Der Erfolg des Clips hat mich bestärkt, auf meinen Stil zu vertrauen. Es ist schön zu wissen, dass man Menschen am anderen Ende der Welt zum Lachen bringen kann – ohne Worte.