Hendrik Weihs Hendrik Weihs studierte Luft- und Raumfahrttechnik an der Uni Stuttgart, arbeitet heute als Ingenieur am DLR-Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung und leitet das SHEFEX-Projekt.
Viola Wartemann Viola Wartemann legte bereits in ihrem Maschinenbaustudium an der TU
Was sind Ihre Aufgaben als Projektleiter beim SHEFEX-Projekt? Der Projektleiter muss dafür sorgen, dass die Arbeiten in Art und Umfang so ausgeführt werden, dass für alle die wesentlichen Experimentziele erreicht werden können, die Kosten nicht explodieren, der Zeitrahmen eingehalten wird, er muss Lösungen für technische und administrative Probleme finden, im Konfliktfall zwischen den Partnern moderieren, gegebenenfalls Entscheidungen treffen und für die Erfolge und Misserfolge die Verantwortung übernehmen. Worin bestanden für Sie die größten Herausforderungen? Insgesamt neun unterschiedliche Institutionen und Einrichtungen mit ihren individuellen Fachgebieten und Arbeitsweisen zu einem Team mit gemeinsamem Ziel zusammenzubringen. Auf technischer Seite mussten ein neues Trägersystem entwickelt, Experimente erdacht und gebaut und administrative Hürden überwunden werden. Schlussendlich musste ein nie vorher ausprobiertes, hochkomplexes Raumfahrzeug unter extremen Flugbedingungen auf Anhieb funktionieren. Welche Erkenntnisse konnten Sie für die Konstruktion des Raumfahrzeugs durch den Flug von SHEFEX II gewinnen? Wir haben die Bestätigung erhalten, dass unsere Annahmen zu scharfkantigen, facettierten Raumfahrzeugen richtig waren. Außerdem wissen wir nun, dass die Temperaturen im Flug nicht so hoch werden, wie bisher befürchtet und dass wir diese Effekte recht genau berechnen können. Wie konnten Sie die Ergebnisse verwerten? Unter Berücksichtigung der bisher gewonnenen Erkenntnisse entwerfen wir einen ersten kleinen Raumgleiter, der alle neuen Technologien aus SHEFEX enthält und hoffentlich auch so fliegen kann, wie wir berechnen. Und dass diese Berechnungen bisher gestimmt haben, beziehungsweise verbessert werden konnten, verdanken wir direkt den SHEFEX-Flügen. Ganz wesentlich profitieren sämtliche Projektbeteiligte, da alle Fachdisziplinen vernetzt wurden, und somit jeder die Stärken und Schwächen der anderen kennt und daraus neue Inspirationen und Fragestellungen für sein eigenes Spezialgebiet erhält. Dies ermöglicht teilweise neue ganzheitliche Systemansätze, die aus den Einzeldisziplinen selbst nur schwer abzuleiten sind.
Braunschweig den Schwerpunkt auf die Luft- und Raumfahrttechnik. Inzwischen beschäftigt sie sich am Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in der Abteilung Raumfahrzeuge mit dem aerodynamischen Entwurf von SHEFEX. Dabei werden vor allem Simulationen und Berechnungen genutzt, um Vorhersagen über das aerodynamische Verhalten des Flugkörpers zu treffen.
Worin bestand für Sie die größte Faszination bei diesem Projekt? Im Hyperschall-Forschungsbereich sind Flugversuche sehr selten. Üblicherweise werden rein numerische Analysen verschiedenster Art durchgeführt und bei Bedarf beziehungsweise genügend vorhandenem Budget mit Windkanalexperimenten verglichen. Das SHEFEX-Projekt hingegen ist einzigartig: Es beinhaltet die numerischen Simulationen und Analysen, Windkanalversuche und das Flugexperiment selbst. Welche Erkenntnisse konnten Sie für den Bereich Aerodynamik durch den Flug von SHEFEX II gewinnen? SHEFEX II ist weltweit eines der wenigen Vehikel, das es ermöglicht, die Anwendbarkeit scharfkantiger Konfigurationen im Hyperschall nachzuweisen. Durch den Einsatz moderner Keramikwerkstoffe lassen sich nun die aerodynamischen Vorteile scharfer Kanten in die Anwendung übertragen. Wir konnten mit dem SHEFEX II-Flug nachweisen, was numerisch schon einige Jahre vorhergesagt wurde: Die scharfen Kanten halten den enormen Wärmelasten bei etwa zehnfacher Schallgeschwindigkeit stand. Außerdem konnte die Steuerbarkeit bei so hohen Geschwindigkeiten nachgewiesen werden. Wie konnten Sie die Ergebnisse verwerten, die Sie durch das Projekt erhalten haben? Die gewonnenen aerodynamischen und flugmechanischen Daten sind so komplex und umfangreich, dass die Auswertung im Laufe der nächsten Jahre im Rahmen mehrerer Doktorarbeiten erfolgen wird. Ziel ist es, unsere Rechenverfahren zu validieren und zu erweitern. Dies wird mittelfristig „numerische Flugversuche“ ermöglichen, die bei der Entwicklung zukunftsweisender Flugzeug-/Raumfahrtkonzepte das Risiko tatsächlicher Flugexperimente erheblich reduzieren.
Am Abend des 22. Juni 2012 startete der scharfkantige Flugkörper Richtung Weltraum