Spielzeit 2018/19

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ersten Regieversuch gestartet. Zusammen mit einem Freund inszenierte ich Edward Albee´s Einakter Die Zoogeschichte an der damaligen Hochschule der Künste in Berlin. Das war übrigens meine erste Zusammenarbeit mit Gabriele Trinczek als Bühnenbildnerin, mit der ich ja bis heute zusammenarbeite – fünfundsechzig Inszenierungen später. Als ich 1988 die Schaubühne nach fünf sehr lehr- und arbeitsreichen Jahren verließ, begann meine Zeit als freischaffender Regisseur mit einer Inszenierung von William Mastrosimones Extremities am Stadttheater Aachen. Aber vorher setzte ich mich auf mein Motorrad und fuhr 10.000 Kilometer bis zum Ararat in der OstTürkei und wieder zurück, um diese Schaubühne irgendwie aus meiner Blutbahn zu bekommen. Vor allem während drei großer Inszenierungen mit Peter Stein hatte ich die Arbeitsweise der Schaubühne weitgehend verinnerlicht und versuchte nun, mich frei zu machen für meinen eigenen Weg. In den ersten Jahren inszeniert Matthias Gehrt in Bremen, Jena und am Staatsschauspiel Dresden, u.a. Samuel Beckett – Arbeiten, bei denen er sich immer mehr von einer reinen Abbildung von Realität auf dem Theater entfernt. Ihn interessiert es, tiefere Schichten, andere Bedeutungsebenen in den Stücken zu entdecken und offenzulegen und diese dann den Zuschauern möglichst emotional zu präsentieren.

„Dieses Beckett-Erlebnis, dass der Spieler auf der Bühne etwas Konkretes tut, wie zum Beispiel Zähneputzen, und dass das Getane über dieses Konkrete hinaus noch etwas

reist, nach Indien, Mittelamerika, USA, China. Und dann tauschten wir für eine befristete Zeit unsere Wohnung mit Freunden und zogen nach London. Dort lernte ich den Autor Gabriel Gba-

Matthias Gehrt und Gabriele Trinczek

ganz Anderes bedeuten kann, das war eine Art Urerfahrung für mich: nicht nur Geschichten erzählen, sondern im Zuschauer auslösen.” Das Jahr 1992 wird ein besonderes: Matthias Gehrt inszeniert mit Der Tod des Empedokles seinen ersten Hölderlin-Text, einen Autor, den er immer wieder aufsuchen wird. Und er führt zum ersten Mal im Ausland Regie: Eshu's Faust im englischen Cambridge. Im gleichen Jahr werden Gabriele Trinczek und er Eltern einer gemeinsamen Tochter. Während und nach der Schaubühne sind Gabriele Trinczek und ich viel ge-

damosi kennen, der übrigens zwanzig Jahre später für das Theater Krefeld und Mönchengladbach African Moon schrieb. 1992 lehrte Gabriel in Cambridge und fädelte dort die Realisierung eines von ihm geschriebenen Stückes ein: Eshu's Faust, eine afrikanische Adaption der Faust-Tragödie von Christopher Marlowe. Ich war sein Regisseur, und bei der Gelegenheit hatte ich zum ersten Mal Kontakt mit afrikanischen Schauspielern. Den Yoruba-Gott Eshu spielte Koffi Kôkô, ein weithin bekannter Tänzer, Choreograf und eine Art Voodoo-Priester. Und Koffi sagte mir damals: „This production will change your life.“ Damit sollte er Recht behalten.

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