tango – magazin für schule und studium – 2016/01

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Die Maturaarbeit war die Chance, die Erfahrungen mit MS filmisch zu verarbeiten.

ra bleibt praktisch bis zum

Der Film soll zeigen,

letzten Atemzug im Raum.

dass die Würde eines Men-

Ich finde es wichtig, auch

schen

die Frage nach der eigenen

Menschen, die krank sind,

Endlichkeit ohne ethische

erfüllen viele unserer «An-

Scheuklappen zu führen.

forderungen»

Wer entscheidet darüber,

können sie ihre Würde er-

unter welchen Umständen

halten? Wie können wir ihre

über

allem

nicht.

steht.

Wie

ein Leben lebenswert ist? Ich bin überzeugt, dass

Würde stärken? Wie gehen wir mit Menschen

es ganz wichtig ist, sich über das eigene Ende Ge-

um, die nicht dem allgemeinen Leistungsideal

danken zu machen. Und da gehört aktive Sterbe-

entsprechen? Mein Film soll helfen, die eigenen

hilfe aus meiner Sicht dazu. Mama hat sich nie

Wertevorstellungen zu hinterfragen. Im besten

dazu geäussert, auch nicht darüber, wie lange

Falle schafft er Verständnis und zeigt: Es gibt

man sie künstlich am Leben halten soll. Und nun

auch Qualitäten, die nicht an Leistung gebunden

kann sie es nicht mehr. Diese Ohnmacht ist nicht

sind.

einfach auszuhalten.

Im Film versuche ich, mit dieser Ohnmacht, aber auch mit der damit verbundenen Wut, irgendwie umzugehen. Zu akzeptieren, was nicht mehr geändert werden kann, aber drohende Verluste nicht kampflos hinzunehmen. Dass es Men-

TANGO FACTS MULTIPLE SCHICKSALE

schen gibt, die auf derart positive Weise mit die-

Jann Kesslers Dokumentarfilm wurde an den Solothurner

ser Situation umgehen können, hat mich tief be-

Filmtagen und danach in vielen Schweizer Kinos gezeigt.

eindruckt und geprägt. Ich bin sehr gewachsen an diesem Projekt und den Erfahrungen, die ich dadurch gemacht habe. Ich bin extrem dankbar

Beachte auch facebook.com/MultipleSchicksale oder www.ms-film.ch

dafür, dass aus der Maturaarbeit nach etwa 2000 Stunden Arbeit ein 85-minütiger Film geworden ist, der in vielen Kinos gezeigt wurde. Jann Kessler, 20, hat die Kantonsschule Frauenfeld besucht und nun ein Zwischenjahr eingelegt. Danach will er studieren, ist sich aber betreffend Studienfach noch unschlüssig. Sicher ist: Er wird weitere Filme drehen. «Das ist die Sprache, in der ich mich am Intensivsten ausdrücken kann.»

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