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25 JAHRE GOLF FÜR ALLE

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Vor 25 Jahren sah die Schweizer Golfwelt noch deutlich anders aus. Weniger als 25 000 Aktive verteilten sich auf exakt 51 Golfclubs, die dem Schweizer Golfverband angehörten. Praktisch überall gab es lange Wartelisten, dazu kamen Eintrittsgebühren zwischen 30 000 und 60 000 Franken. Der im Mai 1994 eröffnete Golf&Country Club Erlen beispielsweise verlangte für eine Aktie damals 47 000 Franken. Später mussten die Mitglieder wegen finanziellen Schwierigkeiten noch nachzahlen. Da kam das neue Angebot des Grossverteilers genau zum richtigen Zeitpunkt: Unter dem Motto «Golf für alle» eröffnete die Genossenschaft Migros Luzern 1995 den ersten Golfpark in Holzhäusern, zwischen Zug und Luzern.

Die Anlage bot beim Start 18 Löcher, einen 6-LochÜbungsparcours und ein grosses Golfodrom, dazu kamen ein Selbstbedienungsrestaurant und eher spartanische Garderoben.

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Der Erfolg war von Beginn weg phänomenal: «Auf den 140 Abschlagplätzen werden über eine Million Bälle pro Monat abgeschlagen», schrieb die Luzerner Neuste Nachrichten bei der offiziellen Einweihung. Die Clubmitglieder zahlten damals 5000 Franken Eintritt und eine Jahresgebühr von 2300 Franken. Entsprechend begehrt waren die ersten Migros-Mitgliedschaften. Für die 300 Plätze gab es vier Mal mehr Interessenten. Anders als in den Privatclubs ist bis heute die Hälfte der Tee Times für Greenfee-Spieler reserviert. Zudem können Clubmitglieder in der Regel am Wochenende nur für Samstag oder Sonntag reservieren.

Grosse Investitionen

Heute gilt Holzhäusern immer noch als eine der meistbespielten Anlagen in ganz Europa. Der Golfpark wurde erst kürzlich komplett modernisiert: Für 16 Millionen

Die Migros eröffnete 1995 ihre erste Public Golf Anlage in Holzhäusern. Wir zeigen, wie daraus der grösste Anbieter im Schweizer Golf wurde.

STEFAN WALDVOGEL

Franken wurde die Clubhaus-Infrastruktur erneuert, eine neue Golfarena mit topmodernem Trackman-System entstand sowie die neue 9-Loch-Par-3-Executive-Anlage. Mit dem VP Bank Ladies Open wird Holzhäusern im September nun auch erstmals für internationales Spitzengolf genutzt (siehe Seite 48).

Am Anfang der Erfolgsgeschichte stand der Hauptinitiant und damalige Migros-Chef Eugen Hunziker. Er war zudem der erste Präsident des Golfclubs Ennetsee. Hunziker kündigte beim Start in Holzhäusern den Bau von fünf bis sechs weiteren Migros Golfparks an. So wurden 1999 die ersten neun Spielbahnen im Golfpark Signal de Bougy oberhalb von Lausanne eröffnet, dazu kam im gleichen Jahr der erste Ausbau mit neun weiteren Löchern in Holzhäusern. 2000 folgte mit dem Grossprojekt in Waldkirch der nächste Schritt. Hier startete die Migros Genossenschaft Ostschweiz gleich mit drei Mal neun Spielbah-

Migros Golfparks In Zahlen

233 Mitarbeiter beschäftigen die sieben Anlagen insgesamt (umgerechnet auf 100 Prozent)

210 Spielbahnen stehen für die Golferinnen und Golfer insgesamt zur Verfügung

5747 Mitglieder sind in den sieben Clubs der Migros-Anlagen aktuell registriert (inklusive Junioren)

18 803 025 Driving Range Bälle wurden 2019 insgesamt geschlagen

789 Platzreife-Prüfungen wurden im vergangenen Jahr erfolgreich absolviert nen, dazu ein kleiner Übungsplatz mit drei Löchern. Kurz darauf eröffneten die Anlagen in Otelfingen bei Baden und in Moossee bei Bern (siehe Timeline).

Zum 10-Jahre-Jubiläum des ersten Golfparks in Holzhäusern schrieb die SonntagsZeitung vom «Drive des Jahrzehnts», und weiter «Die Migros riss mit ihrem Einstieg ins Golfgeschäft eine versnobte Sportart aus einem 25-jährigen Tiefschlaf und löste einen Boom aus, den in der Schweiz niemand für möglich gehalten hätte.»

Schlangen am Schalter

Marco Popp erinnert sich an seine Zeit als damaliger Leiter des Golfpark Holzhäusern: «Die Nachfrage war so gross, dass es für Reservationen des Öfteren auch Warteschlangen am Schalter gab. Wir hatten ja noch keine TeeTime-Software. Die Reservationen wurden in ein grosses Buch eingetragen und mussten telefonisch oder persön- lich vorgenommen werden.» Lachend erzählt Popp weiter: «Bei Startzeiten alle acht Minuten kam da einiges zusammen.»

Der Golfclub Ennetsee hatte beispielsweise im Jahr 2003 nicht weniger als 500 Leute auf der Warteliste, gleichzeitig bildeten die Golflehrer des Golfparks Holzhäusern mehr als 600 Neugolferinnen und Neugolfer pro Jahr aus. Dieses Potential wollte man auch für den Golfpark nutzen und die Neugolfer nicht verlieren. «Die Golferinnen und Golfer erhielten bei bestandener PR eine sogenannte Green Card. Daraus entstand in einem zweiten Schritt die Migros GolfCard. Das war eine wichtige Entwicklung in der Golfgeschichte der Migros», erinnert sich Popp. Die Public-Golf-Organisation wurde 2006 gegründet, mittlerweile gehören ihr mehr als 19 000 Golferinnen und Golfer aus der Schweiz an (siehe Grafik).

Weitere Projekte geplant

Zwar gab es Anfang der 2000er Jahre diverse Projekte für weitere Golfplätze der Migros, unter anderem auch in Bellinzona, realisiert wurde allerdings keines davon. Al- lein für die zuletzt geplante Anlage in Wädenswil entstanden «extrem hohe Projektkosten». Der Golfboom flachte vor allem in Deutschland sehr schnell ab, und es standen immer wieder Golfplätze für einen symbolischen Euro zum Kauf. Allerdings entschied sich die Migros schon früh, wenn überhaupt, nur in der Schweiz in Golfprojekte zu investieren, weiss Marco Popp. Statt selber noch eine Anlage zu bauen, kaufte sich die Migros Genossenschaft Aare vor fünf Jahren den Golfplatz Limpachtal in der Nähe von Solothurn. So bietet die Migros aktuell an acht Standorten exakt 210 Spielbahnen für ihre Clubmitglieder und Greenfee-Spieler. Seit der jeweiligen Eröffnung wurde zudem jeder der bestehenden Golfparks mindestens einmal erweitert. So kamen weitere 57 Spielbahnen innerhalb der bestehenden Anlagen dazu.

Kürzer und schneller

In Oberkirch wurde beispielsweise der 6-Loch-Parcours auf neun Spielbahnen erweitert, wie in Holzhäusern stehen dort zusätzlich auch noch neun Spielbahnen als

«Pitch&Putt» zur Verfügung. «Auf den Kurzspiel-Anlagen bieten wir mit dem FunGolf-Angebot die optimale Möglichkeit für Nicht-Golfer, den Sport kennen zu lernen. Das ist der ideale Einstieg für Familien, Vereine, Schulen oder ähnliche Gruppen – so unkompliziert wie Minigolf, aber viel lustiger», sagt Marco Popp. Nicht nur bei den Einsteigern, auch bei den erfahrenen Golfsportlern zeigt sich der Trend zu schnelleren und kürzeren Runden. Dies bestätigt auch ein Blick in die Buchungszahlen der letzten Jahre. Schon seit längerem werden beispielsweise in Holzhäusern mehr 9-Loch als herkömmliche 18-Loch Tee Times gebucht.

Auch in den anderen Golfparks ist dieser Trend ersichtlich. Zu den Auswirkungen der aktuellen Corona-Situation mit dem Lockdown gleich zum Start der Golfsaison sei es schwierig, eine Prognose zu stellen, meint der erfahrene Golfmanager.

Hemmschwellen abbauen

Die Migros mache enorm viel, um das Ziel «Golf für alle» umzusetzen. «Der Sport in der freien Natur bleibt ein grosses Bedürfnis. Mit möglichst tiefen Hemmschwellen, etwa mit dem FunGolf-Angebot oder Golf in der Schule, wollen wir weiterhin mithelfen, neue Interessierte an den Sport heranzuführen», erläutert Popp, der als ehemaliger Tennisspieler vor 27 Jahren selber «per Zufall» zum Golfen gekommen war. «Ich wohnte direkt neben der ersten Public-Golf-Anlage in Bubikon und war sofort fasziniert», erzählt er. Die Faszination sei ihm in diesem Dienstleistungsjob auch nach fast 20 Jahren geblieben, fügt er an, auch wenn sich in der Golfwelt seither viel verändert habe. «Die Leute sind ganz sicher anspruchsvoller geworden, sie sind viel gereist und erwarten beispielsweise die gleichen Greens wie in den Ferien auf Hawaii. Das macht den Job nicht einfacher, aber es wird auch nie langweilig», meint er. Gleichzeitig muss er auch immer noch Missverständnisse klären: «Auch Clubmitglieder glauben öfters, dass wir als Migros Golfpark vom Migros-Kulturprozent unterstützt werden. Das gilt aber nur für die Klubschulen, alle Freizeitanlagen sind betriebswirtschaftlich geführt und erhalten keine internen Subventionen.» •

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