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Masters- s ieger Jordan s pieth: au fregend sind nur seine ergebnisse

Alles an ihm ist normal, unaufgeregt. Dabei schrieb Jordan Spieth am Masters seine eigene Geschichte.

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Petra Himmel

Das Finale am 18. Grün verlief wie erwartet: kein Siegesschrei, kein Freudentanz, keine Tränen oder sonstigen grossen Emotionen. Jordan Spieth feierte seinen ersten Major-Triumph und ersten US-Masters-Sieg mit einer geballten Faust, einem Lächeln. Die Sensation seines Erfolges schien ihn nicht zu überraschen. Selbst die Tatsache, dass er mit 18 unter Par den Turnierrekord von Tiger Woods aus dem Jahr 1997 egalisierte, konnte ihn nicht überwältigen. Der 21-jährige Texaner war seit seiner 64er-Runde am Donnerstag, der niedrigsten Auftaktrunde in der Geschichte des US Masters, auf Rekordjagd. Er dominierte von Beginn weg das Feld, liess seine Verfolger Phil Mickelson und Justin Rose im Verlauf der Schlussrunde nie näher als drei Schläge an sich herankommen. «Das war ziemlich beeindruckend», gestand ihm der Kollege Rory McIlroy am Sonntag zu, als sich Spieth dem 18. Grün näherte.

Schon Lehrge L d bezah Lt Erinnerungen an das Jahr 1997 wurden wach, als Tiger Woods seinen ersten Masters-Sieg als jüngster Spieler aller Zeiten feierte, im Verlauf der Veranstaltung allein 20 neue Rekorde aufstellte und von da an die Golfwelt dominierte. Spieth hat die Videoaufzeichnungen von diesem Sieg oft genug gesehen. Woods war sein Vorbild – nicht als Mensch, aber als Spieler. Der 14-fache Major-Sieger war bei seinem ersten Masters-Sieg 21 Jahre wie er. Die beiden Amerikaner sind die einzigen Spieler, denen mehrfach ein Sieg bei der prestigeträchtigen US Junior Amateur Championship gelang. Beide haben bei ihrem ersten Auftritt als Profi in Augusta Lehrgeld gezahlt: Woods verpasste 1996 den Cut. Spieth verspielte im vergangenen Jahr den Sieg, als er nach den ersten neun Löchern der Finalrunde ungeduldig wurde, sich drei Bogeys leistete und Bubba Watson den ersten Platz überlassen musste. gehabt», gestand ihm auch Justin Rose zu, der sich am Ende den zweiten Platz mit 14 unter Par gemeinsam mit Phil Mickelson teilte. Der dreifache Major-Champion zählt ohnehin zu den grössten Fans des jungen Spieth: «Jordan ist der Spieler, dem ich am liebsten zusehe», stellte er schon vor mehr als einem Jahr fest. «Ich halte ihn für einen Superstar. Mir gefällt, wie ruhig sein Schläger am Ende des Rückschwungs sitzt», schwärmte er. «Egal

Haar in einer seiner beigen Khaki-Hosen und mit dunkelblauem Shirt neben Strahlemann Rickie Fowler in seinem orangen Lieblingsoutfit platzieren, wäre Spieth nahezu unsichtbar. Alles an ihm ist normal, unaufgeregt. Als er am Sonntagabend erzählte, die Finalrunde sei «extrem an die Nerven gegangen» und er habe «die ganze Nacht überhaupt nicht geschlafen», klang das weit abgeklärter als bei seinem Vorgänger Bubba Watson, der 2014 die Tränen nicht zurückhalten konnte.

«Das hat mich hungrig gemacht», erklärte er am Sonntagabend seinen Sieg. «Ich wollte einfach nur Geduld haben.» Seine Strategie setzte er ziemlich überzeugend um: Spieth, der im Verlauf von vier Turniertagen allein 28 Birdies spielte, war vor allem brillant, wenn es um die Vermeidung von Katastrophen ging. «Wenn er schon einen Ball schlecht schlägt, dann wenigstens an den richtigen Fleck», resümierte der Ex-Masters-Champion Nick Faldo. «Jedes Mal, wenn ich dachte, ich habe eine Chance, hat er wieder alles im Griff wie die Situation ist, die Geschwindigkeit des Schwungs bleibt, er geht nicht schneller, sein Gesichtsausdruck ändert sich nicht. Bei manchen dieser Youngsters mit viel physischem Talent hat man das Gefühl, sie sitzen auf einem Pulverfass. Bei Jordan Spieth hat man dieses Gefühl nie.»

Der Texaner besticht stattdessen durch Ruhe und Gelassenheit. Wo ein Grossteil der Kollegen auf wild bunte Klamotten und ausgefallene Schuhe setzt, will Spieth die Unauffälligkeit. Würde man den 21-Jährigen mit dem lichten

Aufregend wird der Mann allerdings, wenn es um seine Ergebnisse geht: Spieth, in Dallas zuhause, drängt seit Monaten mit aller Macht an die Spitze der Weltrangliste. Er gewann Ende 2014 die Australian Open, holte sich eine Woche später den Sieg bei der Hero World Challenge mit zehn Schlägen Abstand auf Henrik Stenson. Der nächste Titel folgte vor drei Wochen: Spieth gewann zuerst die Valspar Championship in Florida und wurde dann zweimal Zweiter bei Turnieren in Texas. Er ist die Nummer zwei der Welt. «Er war ziemlich beeindruckend», gestand Rory McIlroy seinem direkten Verfolger nach diesem Masters zu. Wie bei Rory McIlroy wird man auch bei Jordan Spieth in den nächsten Wochen und Monaten viele Vergleiche mit Tiger Woods ziehen. Doch so ähnlich die Erfolge der beiden im Alter von 21 Jahren sind, so unterschiedlich sind die beiden Typen. Mit dem Kinderstar Tiger Woods, der stets im Mittelpunkt stand und sich nie viel um seine Kollegen scherte, hat der freundliche Spieth wenig gemein. Vielleicht deshalb, weil er sich schon als Kind einordnen musste: In einer fünfköpfigen Familie mit einer behinderten Schwester spielte der junge Jordan selbst dann nicht die Hauptrolle, als er als Amerikas bester Juniorgolfer für Furore sorgte.

«Ich woL Lte e I n fach SpI e L e n»

Wo Earl Woods jeden Trainingsschlag seines Sohnes verfolgte, hat der kleine Spieth sein Spiel mehr oder minder selbst in die Hände genommen – zu Beginn nur mit Hilfe eines Kinder-Gruppentrainings im Heimatclub Brookhaven. Da spielte der Achtjährige einfach vor sich hin. «Ich war nie Driving-Range-versessen», erinnert er sich. «Ich habe immer ein paar Bälle auf der Range geschlagen, um an meinem Schwung zu arbeiten und ein paar Flugbahnen auszutesten. Aber dann wollte ich raus auf den Platz und mit meinen Freunden spielen.» Mit zwölf hatte er die Konkurrenz in Texas im Griff, schoss seine erste 62er-Runde. Sein Schwung war schrecklich, aber effektiv. Er bekam einen neuen Coach, zum ersten Mal intensives Einzeltraining. Aus Spieth wurde ein Golfer, der vor allem ein Talent dafür zu haben schien, in den entscheidenden Situationen noch einmal über sich hinauszuwachsen. «Irgendwie passiert das einfach», sagt er über sich selbst. «Immer dann, wenn ich in meinem Leben so richtig mitten im Geschehen bin, kann ich mich noch einmal ein Stückchen mehr konzentrieren.»

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