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VorsCHau

VorsCHau

Ihr Rücken war stark verkrümmt und sie spielt mit fünf Schrauben und einem Titaniumseil in der Wirbelsäule. Trotzdem wurde die Amerikanerin Stacy Lewis (28) die umjubelte Nummer eins im Damengolf.

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Stacy Lewis ist klein, man könnte sie leicht übersehen. Eine typische amerikanische Proette eben mit einem wippenden Pferdeschwanz, einem ständigen Lächeln auf dem Gesicht. Das Lächeln täuscht. Stacy Lewis ist ehrgeizig, eine kleine Kampfmaschine, die auf dem Golfplatz alles gibt. Nein, unüberwindbare Hindernisse gibt es für die 28jaehrige nicht. Wie sonst hätte sie sich Mitte März beim RR Founders Donnelly Cup den Sieg geholt, nachdem sie in der dritten Runde wegen eines Fehlers ihres Caddies zwei Strafschläge erhalten und mit vier Schlägen Rückstand in die Schlussrunde gestartet war. Stacy Lewis arbeitete sich systematisch zurück, gewann das Turnier, wird seitdem als neue Weltranglistenerste im Damensport geführt. In gewisser Weise ist die Geschichte der Amerikanerin ein kleines Wunder. Als Elfjährige erhielt sie die Diagnose von schwerer Scoliose. Ihre Wirbelsäule war extrem verkrümmt. Von da an trug sie täglich 18 Stunden eine Oberkörperschiene. Nur zum Duschen und Golfspielen durfte sie abgelegt werden. «Golf war für mich immer eine Entschuldigung, die Schiene nicht zu tragen», erklärt sie heute. In der Schule galt sie nie als normales Kind, der Golfplatz wurde zum Fluchtort, an dem sich das Mädchen in unzähligen Putts und Schwüngen verlor. Als man ihr mit 18 fünf Schrauben und eine Metallschnur in die Wirbelsäule setzte, um den Rücken zu begradigen, war Golf kein Thema mehr. «Ich konnte meine Wirbelsäule sechs Monate weder abbiegen noch drehen», erinnert sie sich. Vater Dale hat noch heute vor Augen, wie sich vor Schmerz die Schweissperlen auf dem Gesicht der Tochter bildeten, wenn sie nur auf die Toilette gehen wollte. Mittlerweile hat sie sich längst an das Metall in ihrem Rücken gewöhnt.

FAST SChON EIN K I NDERSPIEL

Angst vor Anstrengungen hat die Amerikanerin seitdem nicht mehr. «Meine Persönlichkeit ist dadurch eine andere geworden», erklärt sie sich selbst. «Ich bin einfach in der Lage, mich durch etwas zu kämpfen und etwas durchzustehen.» Verglichen mit den Wirbelsäulenproblemen ist der Weg auf Platz eins der Weltrangliste ein Kinderspiel gewesen. Und das, obwohl Familie Lewis laut Tochter Stacy grosse Trainings- und Turnierreisen nie finanzieren konnte. «Ich habe mein Golf zuhause gelernt und ganz viel in der Gegend gespielt. Ich habe ja noch zwei Schwestern, da konnte ich nie nach Florida oder Kalifornien fliegen. Das war nie überhaupt nur eine Möglichkeit.» Trotzdem schloss sie das Jahr 2007 als beste Collegegolferin ab und gewann 2008 die Qualifying School vor Michelle Wie. 2011 machte sie am Schlusstag der Kraft Nabisco Championship einen Rückstand von zwei Schlägen auf Yani Tseng wett, um am Ende mit drei Schlägen Vorsprung zu gewinnen. tseng: Verschlafen mit folgen

Das Röntgenbild der fünf Schrauben (unten).

Glücklich, gesund und umringt von Fans: Die Weltnummer eins Stacy Lewis.

Yani Tseng, abgelöst als Nummer 1 (ganz rechts).

Seit diesem ersten Majorsieg scheint Lewis auf jeden Fall unschlagbar. Sechsmal hat sie seitdem gewonnen, und Yani Tseng, die zwei Jahre die Spitze der Weltrangliste besetzte, damit vom Thron verdrängt.

VORBILDLICh F ü R DIE J U NGEN Amerikas Golfszene hat den Führungswechsel jubelnd kommentiert. In einer Zeit, in der immer weniger Teenager zum Golfschläger greifen, immer mehr Mädchen zu Fussball oder Basketball wechseln, sind Vorbilder im Golfbereich dringend gesucht. Lewis jedenfalls tut sich mit der Rolle nicht schwer. Die 28-Jährige hat einmal abgesehen von ihrer Krankheitsgeschichte eine blitzsaubere Karriere vorzuweisen. Beste Amateurin der USA ist sie gewesen, die University of Arkansas ist mit ihr im Collegeteam zu einer Macht im Collegegolf geworden. Stacy Lewis hat als eine der wenigen Proetten von heute auch tatsächlich einen Uni-Abschluss vorzuweisen, gilt als intelligent und sprachgewandt.

Doppelt dumm gelaufen für die langjährige Nummer eins der Welt, Yani Tseng. Zunächst verlor sie ihren Spitzenrang an Stacy Lewis und nur kurz darauf vergab sie die Chance auf die Titelverteidigung bei der Kia Classic bevor das Turnier überhaupt begonnen hatte. Sie verpasste die Teetime um 9.10 Uhr für ihr ProAm und nach den Regeln der LET musste sich für dieses Vergehen vom Turnier zurückziehen. Tseng entschuldigte sich nachträglich über Twitter und gab zu, sie habe extra verschlafen, weil ihr nicht wohl gewesen sei.

Vor allem aber nützt sie ihre Prominenz permanent für gute Zwecke. Bei zig Treffen mit scoliosekranken Mädchen hat Lewis über ihre Krankheitsgeschichte referiert. Wer will, kann dies auf ihrer Website nachlesen, die einen treffenden Titel hat: www.stacysback.com

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