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Der Preis ist fast alles

Die Kunden freut’s, die Hersteller und den Handel ärgert es: Golfausrüstungen werden immer günstiger und der Ausverkauf dürfte auch diese Saison weitergehen.

Stefan Waldvogel

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«Es dreht sich fast alles nur noch um den Preis», sagt Stefan Weyrauch von Nike Golf Schweiz. Die preissensible Golfkundschaft kann sich freuen. Laut Weyrauch war das Material in den Läden «noch nie so günstig wie in dieser Saison». Dank dem beinharten Franken sind die Importe aus dem Dollar- und Euroraum klar günstiger geworden. Im vergangenen Sommer mussten die Hersteller und Importeure reagieren und die Preise anpassen. Dabei habe man den grössten Teil der Ware bereits Anfang des Jahres zu deutlich höheren Kursen eingekauft, erläutert Richard Christen von Mizuno. Der kurzfristige Währungsrabatt hat aber wenig geholfen: Nach einem guten ersten Halbjahr sind ab August die Umsätze im Schweizer Golfhandel deutlich gesunken. «Bei den Händlern nahe der Grenze war es extrem, aber auch in anderen Regionen gingen die Verkäufe um 20 bis 30 Prozent zurück», so Christen. klares üBeranGeBot

Das Fachgeschäft McGolf in Zürich feiert dieses Jahr 30. Jubiläum und Inhaber Teddy Ingold spricht von einem «sehr schwierigen Jahr». Man habe zwar noch gute Kundenfrequenzen, doch so viel Zurückhaltung im «Konsumzentrum Zürich» habe er noch nie erlebt. Was ihn zusätzlich beschäftigt, sind die deutlich gesunkenen Verkaufspreise: «Es gibt ein klares Überangebot, vor allem bei den grossen US-Marken, das hat in den vergangenen zwei Jahren zu einem Rückgang der Verkaufspreise um rund 40 Prozent geführt. Das kann man als Händler nie kompensieren», sagt Ingold. Im Pro-Shop von Montreux spürt man die Rezessionsängste ebenfalls: «Wir haben die Preise angepasst und müssen viel mehr persönlichen Service bieten, um gegen die grossen Ketten bestehen zu können», erläutert Martine Hediger, Leiterin des Ladens. Man könne sich wohl glücklich schätzen, insgesamt nur drei Prozent Umsatz verloren zu haben, ergänzt Hediger. Und auch für das laufende Jahr dürfe man «keine grossen Wunder erwarten».

Ähnlich tönt es beim Golf Center, der früheren

Golf-Espace-Gruppe: «Es gab vergangenes Jahr wohl in jedem Monat irgendwo einen Ausverkauf und die Leute reagieren extrem preissensibel», erklärt Jared Mika, bis vor kurzem Chef des Golf Centers Zürich in Wallisellen.

GeGen preisdiktat

Mit eigener Werkstatt, Fitting und anderen Service-Angeboten versuchen die Händler ihre Kundschaft bei Laune zu halten. «Wir müssen unsere eigene Stärke besser zur Geltung bringen und aufpassen, dass wir nicht als Showroom fürs Internet herhalten. Viele lassen sich bei uns beraten und kaufen dann irgendwo im Netz», beobachtet Mika die Entwicklung. Klar ist auch: Je grösser die Preisunterschiede gegenüber dem Ausland sind, desto mehr wird dies passieren. Allerdings haben die Händler vielenorts reagiert.

«Wir wehren uns gegen das Preisdiktat der Lieferanten und haben die Titleist-«Pro V1»-Bälle im vergangenen Herbst für 48 statt 79 Franken verkauft», führt Mika ein Beispiel an. Lange Zeit musste das Golf Center die Bälle teurer einkaufen, als sie in den ausländischen Läden zum Verkauf angeboten wurden. Seit kurzem betreibt das Golf Center eine eigene Verkaufsstelle in Frankreich. «So können wir Druck auf unsere Lieferanten ausüben und wir werden diese Saison keine Marken mehr anbieten, die teurer sind als in der EU», verspricht das Golf Center, mit 13 Filialen die Nummer zwei im Schweizer Golfhandel. nochMals niedriGere preise Bei Golfers Paradise, dem grössten Anbieter von Golfartikeln in der Schweiz, rechnet man ebenfalls mit nochmals gesenkten Preisen. Firmenchef Yves Thalmann: «Es gibt immer noch Hersteller, die rechnen bei einzelnen Produkten mit einem Eurokurs von 1,60. Wir kämpfen täglich mit unseren Lieferanten darum, dass sie die Kurse auch tatsächlich weitergeben und wir am Ende die Konsumenten profitieren lassen können.» Auf Hardware gibt es bei Golfers Paradise eigentlich immer einen Rabatt zwischen 20 und 35 Prozent. Laut Thalmann orientiere man sich dabei an Auslandspreisen und die grossen Preisnachlässe «passen den Herstellern natürlich nicht.» So liefert etwa TaylorMade Schweiz seit vergangener Saison nicht mehr an Golfers Paradise, mit Mizuno und Daiwa konnte sich Thalmann ebenfalls nicht einigen. «Wir können das nötige Material problemlos parallel importieren, das ist zum Glück erlaubt, wenn auch deutlich aufwändiger für uns», sagt der 40-jährige Firmenchef. Zum laufenden Streit mit TaylorMade will Thalmann nichts sagen: «Nur so viel, wir könnten sofort wieder einen Lieferantenvertrag unterschreiben, dann dürften wir aber nicht mehr als zehn Prozent Rabatt gewähren.»

Kurz angebunden zeigt sich auch TaylorMade Schweiz: «Golfers Paradise hat bei uns keine

Kundennummer mehr», sagt Erich Schärer, lange Jahre Verantwortlicher von TaylorMade in der Schweiz. Seit seiner Pensionierung arbeitet Schärer nun nur noch tageweise für den Marktleader. Mit dem Geschäftsjahr 2011 ist er hoch zufrieden: «Obwohl uns der Umsatz bei Golfers Paradise fehlt, konnten wir die Verkäufe 2011 nochmals steigern.» Die neuen, weissen Hölzer seien weltweit sehr gut angekommen und so habe man die Position als Nummer eins ausgebaut, erläutert Schärer, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. Entsprechend positiv blickt Schärer auf die laufende Saison: «Die Vorbestellungen aus dem Handel sind überraschend gut und ich erwarte auch dieses Jahr nochmals ein Plus.» Relativ optimistisch zeigt sich auch Hauke Lipp von Callaway Golf: «Unsere Vorbestellungen liegen ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres, angesichts der wirtschaftlichen Aussichten ist das durchaus erfreulich.» Bei den weltweit vertriebenen Produkten habe man die Preise klar nach unten angepasst, gleichzeitig biete man aber mit der Produktlinie «Legacy» ein Sortiment, das in Zentraleuropa, aber nicht in England oder den USA erhältlich ist. «So können wir dem Händler vor Ort und dem Endverbraucher ein qualitativ hochwertiges Produkt anbieten und brauchen uns dem

Preisvergleich durch das Internet nicht auszusetzen», erläutert Lipp.

«nicht Mehr schliMMer»

Auch bei Nike Golf gibt man sich positiv: «Mit den neuen Preisen haben die Händler kaum mehr einen Nachteil gegenüber dem Ausland und auch dank der vielen neuen Produkte dürfte die Saison doch eher besser werden», hofft Stefan Weyrauch. «Es kann eigentlich kaum mehr schlimmer werden als im zweiten Halbjahr 2011», urteilt auch McGolf-Chef Ingold. Für ihn ist auch klar, dass früher oder später die Preise wieder nach oben gehen müssten: «Die Rohstoffpreise sind schon deutlich höher und auch die Arbeitskosten in China steigen immer weiter. Da ist es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die Verkaufspreise wieder anziehen.» Viel dürfte davon abhängen, wie schnell sich der Schlägermarkt in den USA erholt und wie gross die Überkapazitäten der Hersteller sind.

Immerhin gibt es auch Kunden, denen der Preis mehr oder weniger egal ist: «Wir haben einige Stammkunden, die kaufen pro Saison gleich zwei oder drei Sets. Es ist keine Seltenheit, dass jemand für mehrere 10 000 Franken pro Jahr einkauft», erzählt Mika vom Golf Center Zürich.

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