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overstory C Die Härte muss von innen kommen

«Triumph des Langweilers» schrieb der Spiegel über Luke Donald. Der Engländer demonstriert eindrücklich, wie wichtig das kurze Spiel ist. Aber es brauchte auch bei ihm einen inneren Wandel, um die Nummer eins zu werden.

Petra Himmel

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Luke Donald ist klein. Durchtrainiert, aber alles andere als ein Kraftpaket. Den Drive schlägt er im Schnitt 250 Meter weit. Kollegen wie Rory McIlroy, Bubba Watson oder Tiger Woods donnern den Ball gute 30 Meter an ihm vorbei. Luke Donald spielt den David im Golfzirkus der Goliaths. Vom «Bombergolf» eines Bubba Watson trennen ihn Welten. «Jedes Jahr zu

k uns T s T udierT

Der Ryder Cup 2012 findet quasi vor Luke Donalds Haustür statt. Längst nämlich ist der gebürtige Brite ein halber Amerikaner. Seine herausragende Amateurkarriere, zu der auch Walker-Cup-Einsätze gehörten, beschloss der Engländer an der amerikanischen Universität Northwestern College, wo er auch für das dortige Golfteam spielte. Donald machte einen Abschluss im Fach Kunst und beschäftigt sich auch heute noch gerne mit der Malerei. 2011 war für ihn nicht nur sportlich extrem erfolgreich, sondern auch privat sehr turbulent: Nach dem überraschenden Tod seines Vaters im November wurde wenige Tage später seine zweite Tochter Sophia geboren. Mit Ehefrau Diane hat Donald bereits Töchterchen Elle, das 2010 geboren wurde.

Beginn der Saison spiele ich wieder mit ein paar jungen Spielern und sie schlagen alle 20 bis 30 Meter an mir vorbei. Mir selbst kommt es vor, als würde ich immer kürzer», stöhnt er.

Ein Lächeln spielt dabei um seinen Mund: Luke Donald ist die Nummer eins der Weltrangliste. Er hat die Geldrangliste sowohl in den USA als auch in Europa im vergangenen Jahr gewonnen. «Das ist Historie», resümiert er diesen Erfolg, der vor ihm keinem anderen Spieler gelang. Dabei ist Understatement ganz der Stil des Briten. Donald ist kein Mann, der sich gerne in den Vordergrund drängelt. Sieben Top-Ten-Platzierungen hat er 2011 allein auf der PGA European Tour eingespielt, dazu vier Siege weltweit. «Er ist definitiv der konstanteste Spieler auf der Tour», analysiert ihn sein Kollege Kaymer. «Und ich denke, er ist im Moment wahrscheinlich der Spieler mit dem besten kurzen Spiel.»

Nicht spektakulär, aber solide

Tatsächlich sind schwierige Plätze mit engen Fairways und zahlreichen Bunkern ganz die Spielwiese des Briten. Was für die Konkurrenten zum Spiessrutenlauf wird, passt perfekt zu seinem Spiel. Er setzt den Drive zielsicher auf das Fairway, schlägt den Ball mit extremer Genauigkeit an die Fahne und leistet sich keine Fehler beim Putten und Chippen. Auf der US-Tour

Top im kurzen spiel

Die Statistikwerte der PGA European Tour aus der Saison 2011 zeigen: Im kurzen Spiel ist Luke Donald fast überall die Nummer eins. Bei den Putts pro Runde kommt er auf Rang 11.

Grüns in Regulation: 77,49%

Durchschnittliche Putts/Runde: 28,99

Putts/Grün in Regulation: 1,65

Sand Saves: 78,57 %

Durchschnittsscore pro Runde: 69,12 absolvierte er vergangene Saison beispielsweise 483 Löcher in Folge ohne einen Dreiputt. Das ist makellos – nicht spektakulär, aber effektiv. Genau genommen ist es die Perfektion des David-gegenGoliath-Prinzips.

«Ich bin sehr pingelig, wenn es um die Arbeit an meinem kurzen Spiel geht», erklärt er den Erfolg. Trotzdem spielte der 34-Jährige, den man aufgrund seiner Spielweise und ruhigen Art oft mit Bernhard Langer vergleicht, bis Mitte des Jahres 2010 enttäuschend. Die «Luke-DonaldKrankheit» hat ihm eine britische Tageszeitung damals vorgeworfen. «Ich wurde hingestellt als jemand, der gerne mitspielt, die Schecks

AugusTA isT nichT für donAld gemAchT

Wie immer macht Augusta National mit dem US Masters Anfang April den Anfang unter den vier Majors. Die Gruppe der möglichen Titelaspiranten ist tendenziell klein, sie wird limitiert durch die Schwierigkeiten des Platzes.

Martin Kaymer zum Beispiel, im vergangenen Jahr in Augusta noch als Nummer eins der Weltrangliste am Start, verpasste dann den Cut. Zum dritten Mal. «Das ist für mich nach wie vor die grösste Herausforderung, Augusta National einmal gut zu spielen», gesteht der Deutsche. Nein, zu den Favoriten gehört er ebenso wenig wie Donald, der auf den extrem langen Löchern dann doch unter seiner fehlenden Schlagweite leidet.

Tiger TrAinierTe wie wild

«Tiger-proofed» hat man die Massnahmen genannt, mit denen die Platzverantwortlichen in Augusta seit dem ersten Rekordsieg von Tiger Woods im Jahr 1997 aus dem Parklandkurs ein Monster gemacht haben. Für den Amerikaner selbst ist der Augusta National Golf Club nach wie vor wie ein zweites Zuhause. Viermal einstreicht, dem es aber eigentlich egal ist, ob er gewinnt.»

Zwei verschiedeNe lukes Sein eigentliches Problem identifizierte er an anderer Stelle: Lange gab es den Matchplay-Luke, der zu den erfolgreichsten Spielern der Welt gehörte. Das war der Mann, der bei zwei Walker Cups sieben von acht Spielen gewann, im Ryder Cup 2010 zur dominanten Figur wurde und 2011 die WGC Match Play Championship gewann, letzte Detail in sein Spiel zu verbeissen. «Man muss einfach hart sein, aber diese Härte muss von innen kommen», hat Donald erkannt.

Fitter uNd härter

Dave Alred hilft ihm dabei, sie hervorzulocken. Der Rugby-Coach trimmt Donald seit 2010 auf Härte. «Von Dave habe ich gelernt, dass es für nichts Grenzen gibt», erklärt der seinen Lernprozess. Er hat seine Fitness um 20 Prozent verbessert und gelernt, seine «Matchplay-Men- ohne nur ein einziges Mal während der Turnierwoche in Rückstand zu geraten. Daneben aber gibt es den Zählspiel-Luke, der bis heute auf den ersten Major-Titel wartet und vor allem durch Top-Ten-Platzierungen statt spektakuläre Siege punktet. Der Matchplay-Luke geht mit dem Gefühl auf den Platz, einen Gegner hinter den feindlichen Linien bekämpfen zu müssen. Der Zählspiel-Luke sieht keinen Grund, sich bis ins talität» anzuschalten, den Glauben an «den einen Schlag, die eine Gelegenheit, alles oder nichts» zu entwickeln. Damit verbunden ist ein Stück mehr Emotionalität beim Spiel. Da mangelt es dem Weltranglistenersten bis dato an Adrenalin. Zu gelassen, findet Alred, nimmt er Niederlagen wie Erfolge hin. Gerade bei den Major-Turnieren aber entscheidet oftmals nur der unbedingte Wille über den Sieg. hat er hier gesiegt. Sein Comeback nach der Sexaffäre fand im vergangenen Jahr hier statt. Jedes Grün, jeden Bahnverlauf kennt er im Detail. Augusta National soll der Ort werden, an dem er die Jagd auf den Major-Rekord von 18 Titeln, die Altmeister Jack Nicklaus gewann, wiederaufnimmt. Die Zeichen dafür stehen günstig. Woods hat die Saison 2011 mit einem Sieg beendet und ist mit einem dritten Rang bei der Abu Dhabi Championship in die Saison 2012 gestartet. Acht, zehn, vielleicht zwölf Jahre sei es her, dass er zum letzten Mal schmerzfrei auf einem Golfplatz stand, meint er. Jetzt, so der 32-Jährige, habe er erstmals wieder die Möglichkeit gehabt, richtig zu trainieren: «Ich konnte endlich einmal genügend Trainingsschläge und Wiederholungen machen. Wenn man nicht ausreichend Schläge macht und versucht ein Bewegungsmuster zu ändern, holt einen der Mangel an Wiederholungen sofort wieder ein.»

golfgöTTer: gefAllen schuldig

Trotzdem wird es selbst einem Tiger Woods in Hochform nicht mehr so leicht wie einst gelingen, die Gegner zu düpieren. Wo der

Amerikaner früher Gegner wie Ernie Els oder Phil Mickelson schon rein mental in die Schranken verwies, hat die junge Generation jegliche Angst vor dem Superstar verloren. Egal ob Rory McIlroy oder Matteo Manassero, Ryo Ishikawa oder Rickie Fowler – die Youngsters, die das Profigolf inzwischen beherrschen, kennen Tiger Woods als Spielpartner nur aus dessen schlechten Zeiten. Der Nordire McIlroy, als Weltranglistenzweiter im Moment der erfolgreichste Jungstar auf der Tour, kämpft in Augusta National mit Dämonen anderer Art. Im vergangenen Jahr schon schien ihm das grüne Jackett für den Sieger sicher. Der Vorsprung von vier Schlägen allerdings schmolz dahin, als McIlroy am zehnten Abschlag zuerst beinahe ein Haus linkerhand traf, das Loch mit einem Triple-Bogey beendete und von da an jegliche Fassung verlor. «Manchmal geben einem die Golfgötter etwas und manchmal nehmen sie einem etwas», philosophierte sein Landsmann Graeme McDowell bei der Abu Dhabi Golf Championship im Januar vor sich hin, nachdem er am zwölften Loch ein Ass geschlagen hatte. Rory McIlroy jedenfalls ist sich sicher: In Augusta National sind ihm die Golfgötter noch einen Gefallen schuldig.

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