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se Ve, wie machsT Du Das?

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Vorschau: omega europeaN masTers

Der am 7. Mai verstorbene Severiano Ballesteros hat auch in der Schweiz unauslöschliche Spuren hinterlassen. Vor allem mit dem Omega European Masters in Crans­Montana wird der Name des charismatischen Magiers auf ewig verbunden bleiben. Golf Suisse hat sich auf Spurensuche begeben.

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Von Peter Lerch

Eine Trainingsrunde vor einem European Masters Anfang der Neunzigerjahre. Severiano Ballesteros ist wie so oft mit drei spanischen Kumpels von der European Tour unterwegs, einer von ihnen ist der renommierte Ryder Cup-Spieler José Rivero. Sie spielen um ein Bier oder um ein paar Peseten. Am 13. Loch, dem bergauf führenden Par 3, schlägt einer von ihnen den Ball hinter das Green. Von dort weg ist es für ihn schwer, den Ball mit einem Chip in die Nähe der weit hinten gesteckten Fahne zu bekommen, zumal das Green (es war noch das alte, vor dem Umbau) nach vorne abfällt. Prompt läuft der Ball kommt der Ball wenige Zentimeter neben dem Loch zum Stillstand. Aus den Gesichtern der drei Mitspieler sind lauter Fragezeichen abzulesen. Einer stellt die rhetorische Frage: «Seve, wie machst du das?» Dann sammeln sie die Bälle ein und trotten zum 14. Abschlag.

Charles-André Bagnoud aus Crans-Montana, international tätiger Schiedsrichter der ASG, war Augen- und Ohrenzeuge der typischen Episode. Er gehörte auch zu den rund 50 Personen, die aus nächster Nähe den zauberhaftesten der zahllosen zauberhaften Schläge sahen, die Ballesteros

…dass Ballesteros die theoretische

Möglichkeit für diesen Schlag erkannte und dass er überhaupt in Erwägung zog, den Schlag zu probieren.

drei, vier Meter über’s Loch hinaus. Der Spieler rechtfertigt das Versagen: «Es ist unmöglich, den Ball ans Loch zu bringen.» Damit stachelt er den Meister an. Ballesteros legt einen Ball an die besagte Stelle hinter dem Green und chippt ihn mit den bekannten weichen Bewegungen seiner magischen Hände wenige Zentimeter ans Loch. Jetzt wollen es die drei Compañeros aber genau wissen. Sie legen einer nach dem andern je zwei Bälle hin und versuchen es. Erfolglos. Alle sechs Bälle liegen drei bis vier Meter hinter dem Loch. Und zum Schluss noch einmal Seve. Wieder überall auf der Welt zeigte, einschliesslich des berühmten «Parkplatz-Schlags», dank dem er das British Open 1979 gewann.

Man schrieb den 5. September 1993. Ein wolkenloser Sonntagnachmittag. Der Kampf um den Sieg am European Masters spitzte sich zu. Auch Ballesteros hatte noch seine Chancen. Tausende von Schweizer Golffans säumten das 18. Green. Sie sahen ihren Liebling das Fairway heraufkommen und dann hinter der Mauer des Schwimmbads verschwinden. Wie so oft hatte er

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Automatischer Touch and Go durch patentierten Sensorgriff seinen Abschlag verzogen, diesmal stark nach rechts. Der Ball lag nur etwa 30 Zentimeter von der Mauer weg. Bagnoud als Referee und eine Schar von Fans begleiteten den Meister dorthin. Für alle übrigen blieben die Geschehnisse der nachfolgenden zehn Minuten hinter der fast drei Meter hohen Mauer verborgen. «Ich wusste zuerst nicht, wieso sich Ballesteros so viel Zeit nahm. Es war eigentlich ein klarer Fall.», sagt Bagnoud heute. Ballesteros hatte nach normalem Ermessen nur die Möglichkeit, den Ball quer auf offene Position und schlug mit einer kurzen, kraftvollen Bewegung zu. Der Ball zischte in einem unglaublich steilen Winkel schräg nach oben. Ballesteros traf genau die höchstens zehn Zentimeter hohe Luke zwischen der Mauer und dem darüber liegenden Geäst der Bäume. Irgendwann sahen die Zuschauer einen Ball dicht vor dem Green liegen. Erst als sie realisierten, dass es der Ball ihres Lieblings war, brauste der Applaus auf. Ballesteros veredelte seinen Wunderschlag mit einem perfekten Chip zum das Fairway zurückzuspielen, wie es jeder andere sofort getan hätte. Aber er stand da, grübelte und sinnierte. Was führte er im Schilde, da der Weg zum rund hundert Meter entfernten Green ja total versperrt war? Ballesteros kauerte am Ball und studierte offenbar irgendwelche Winkel. Nach einigen Minuten liess er sich vom Caddie das Sand Wedge reichen. Dann das Eisen 9, dann wieder das Sand Wedge, dann das Pitching Wedge. Er machte Dutzende von Probeschwüngen. Wozu? Inzwischen waren weitere sieben oder acht Minuten vergangen. Die Zuschauer rund um das Green und auf der Tribüne mussten sich fragen, was da los war. Endlich entschied sich Ballesteros für das Pitching Wedge. Er stellte sich an den Ball, drehte den Schläger in eine sehr

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Birdie. Leader Barry Lane aus England spielte das 18. Loch ein paar Minuten später. Er rettete sich mit einem Schlag Vorsprung auf Ballesteros als Sieger ins Ziel.

Bagnoud sagt: «Das Unglaublichste an der Geschichte ist für mich, dass Ballesteros die theoretische Möglichkeit für diesen Schlag erkannte und dass er überhaupt in Erwägung zog, den Schlag zu probieren.»

«De cet endroit, par un coup magique, Severiano Ballersteros…» steht auf der steinernen Gedenktafel, die seither an der Schwimmbadmauer zu finden ist. Es ist laut Bagnoud wirklich exakt die Stelle, an der der Ball lag. Viele Fans kennen das Monument. Heuer, am ersten European Masters nach dem Tod des Meisters, wird es erst recht eine veritable Pilgerstätte werden. Wer noch nie dort war, sollte es nachholen. Und versuchen, sich den Schlag an den Greenrand vorzustellen. OK-Präsident Gaston F. Barras sagt: «Es ist für mich ein grosses Privileg, Severiano Ballesteros kennengelernt zu haben. Er war eine aussergewöhnliche Persönlichkeit.» Barras erlebte Ballesteros schon zu Beginn der grossen Karriere, als der Spanier 1977 und 1978 die ersten zwei Siege im Wallis errang (der dritte folgte 1989). Ballesteros tourte damals mit ein paar anderen spanischen Jungprofis. Er soll alles mit ihnen geteilt haben – auch das Preisgeld. Später wurden die Bande zwischen Seve und Crans-Montana noch enger. Ballesteros leitete am Ende der Neunzigerjahre als Architekt den Platzumbau, «pour un salaire confidentiel» (Gaston Barras)

– für ein niedriges Entgelt, über das man nicht spricht. Ballesteros reiste damals oft auf das Hochplateau, um sich von der Neugestaltung der Greens nach seinen Vorstellungen zu überzeugen. Er akzeptierte mit Stolz, dass der Plan-BramoisKurs auf «Severiano Ballesteros» umgetauft wurde. Die Gugelhopf-Greens wurden zunächst von vielen Profis heftig kritisiert, vor allem 1999, als der Cut nach zwei Tagen plötzlich bei 5 über Par lag. «Die Greens waren damals noch sehr hart, die Bälle waren kaum zum Halten zu bringen.», erinnert sich Turnierdirektor Yves Mittaz. Inzwischen ist die Kritik längst einem Lob gewichen. Die weicher gewordenen Greens sind für die Profis eine reizvolle und faire Herausforderung.

Wenn es um die Einhaltung von Terminen mit Sponsoren ging, hatte es Mittaz mit Ballesteros nicht immer leicht. «Vor 20 Jahren hatten die Sponsoren im Golf noch nicht die Bedeutung von heute.» Nicht selten sagte Seve im letzten Moment ab. Anders tönt Medienchef Hugo Steinegger: «Seve war hochprofessionell. Er war immer pünktlich und verpasste niemals ein Date mit den Journalisten.»

Andererseits erwartete Ballesteros auch, dass sich die Journalisten, besonders die Fotografen, ihm gegenüber korrekt verhielten. Kaum etwas hasste er so sehr, wie wenn im Moment der höchsten Konzentration ein Auslöser klickte. Ballesteros merkte immer genau, woher das unerwünschte Geräusch kam. Er sagte kein Wort, blickte dem Sünder jedoch kurz in die Augen. Es war der unverwechselbare, charismatische Blick – «der Blick, der töten konnte», wie

Hugo Steinegger es ausdrückt. Die Fotografen wussten immer sofort, was es geschlagen hatte. Für den Rest der Runde war Ruhe. Nicht auszudenken, wie sich Seve in seinen besten Zeiten hätte wehren müssen, wenn es schon piepsende Handys gegeben hätte…

Ballesteros genoss es, in der Schweiz zu spielen. Er nahm meistens die ganze Familie mit und logierte mit ihr im Hotel Rhodania gleich beim ersten Abschlag. Mit den Barras pflegte er eine enge Freundschaft. Als er die Ferien in Gstaad verbrachte, fragte er bei Gaston F. Barras nach einem Babysitter nach. Barras’ Enkelin Laure reiste umgehend ins Berner Oberland und übernahm den Job – mit Vorliebe. Gegenüber den Leuten im Wallis war Ballesteros immer warmherzig und zuvorkommend, nie gebieterisch, wie er es aufgrund seiner Ausnahmestellung in der Sportwelt hätte sein können. Mit Gérard Bonvin, seinerzeit Vorstandsmitglied des Clubs, erlebte er ein schönes Müsterchen. Bonvin, Gaston Barras’ Neffe, nahm mit den TV-Leuten von Canal 9 vor Ort Interviews mit den Favoriten auf, die er der Gesellschaft am Eröffnungsabend vorführen wollte. Ballesteros erklärte sich sofort dazu bereit. Er war gerade am Üben auf dem Putting-Green. Schier unterwürfig fragte er den Filmer: «Ist es erlaubt, dass ich bei den Aufnahmen den Putter dabei habe und die Golfschuhe trage?» Bonvin war völlig perplex und stotterte: «Ja, natürlich dürfen Sie das.» Kein Zweifel: Hätte er nein gesagt, wäre Ballesteros ins Rhodania geeilt, hätte den Putter deponiert und wäre umgehend mit anderem Schuhwerk zurückgekommen. So war er. Ein Monsieur – der nicht nur in Crans-Montana unvergessen bleiben wird. wie Golf-Stars

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