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Big Business golf!
Ben Hogan war der erste dominierende amerikanische Nachkriegsgolfer. Später rückte Arnold Palmer ins Blickfeld des Interesses. Palmer brachte etwas Neues, Anderes ins Spiel: Aufregung und nackte Aggression. Dank seines Managers Mark McCormack und des sich rasch ausweitenden Interesses an Fernsehübertragungen wurde Palmer zur Legende. Er war ein Held, dessen Erfolge von Millionen von Fernsehzuschauern und Fans («Arnie‘s Army» genannt) mitverfolgt wurden. Er machte Golf als das populär, was es heute ist: ein Profi-Sport für Zuschauer, Teilnehmer und finanzkräftige Sponsoren.
Der Einzug des Fernsehzeitalters veränderte die Natur des professionellen Golfs in vielfacher Hinsicht. Spieler wie Palmer, Jack Nicklaus und Gary Player zogen Sponsoren an, gingen als erste Golfdollarmillionäre in die Sportgeschichte ein (Tiger Woods sollte gut 40 Jahre später die Milliardengrenze knacken). Sie bestätigten damit, was Walter Hagen Jahrzehnte zuvor in bescheidenerem Rahmen vorgelebt hatte: dass auf die weltbesten Profi-Golfer auch gutes, grosses Geld warten würde. Sehr grosses Geld sogar.
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umkämpfter milliardenmarkt!
In der Golf-Hardwarebranche herrscht nicht erst seit der Finanzkrise ein harter Kampf um Meinungen, Marktanteile und Millionen. Klar, das Image ist perfekt, exklusiv, international und relativ skandalfrei. Doch wer schon einmal in Orlando zur PGA Merchandise Show war, der weiss spätestens dann, was viele Macher im Golf antreibt – nicht etwa die Liebe zum ehrwürdigen Sport, sondern einzig und allein das Biiiiig Business.
Dicht gedrängt stehen die Menschenmassen vor den Messeständen und treten sich auf die Füsse, um möglichst als erste etwaige Neuheiten zu erspähen. So war es als Ely Callaway seine Big Bertha auf den Markt brachte, John Solheim sich mit dem «ISI Titanium Driver» nach jahrelangem Zögern doch auf den Markt der «Dicken» vorwagte und so war es auch als Barney Adams einst seine «Tight Lies» erstmals in Orlando präsentierte. Der Blick aufs Bankkonto dürfte Adams nach der Messe heiter gestimmt haben. Die schlechten Zeiten, als noch niemand den «Schlägerdoktor» wie einen Gott verehrte und seine Schlägerentwicklungen ungenutzt in Regalen verstaubten, waren vorbei. Spieler vom Schlage eines Stuart Appleby (Idea Pro Gold, 18°), Rickie Fowler (Idea Pro Black, 18° und 20°), Graeme McDowell (Idea Pro, 17° und 21°), Heath Slocum (Idea Pro Gold, 18°), Rory Sabbatini (Super Pro Black, 20°) und Steve Marino (Idea Pro Black, 20°) vertrauen – auch ohne Vertrag –den Hybrids des texanischen Produzenten. Der Chief Executive Officer von Adams Golf hat dank Orlandos Stimmungsbarometer Karriere gemacht. Wie so viele vor und nach ihm. Sie alle schwimmen mit den dicken etablierten Fischen Titleist, Callaway, TaylorMade, Ping, Mizuno ganz weit oben in dem milliardenschweren Dollar-Gesamtmarkt und schnappen sich gegenseitig die grossen Kundenaufträge vor der
Nase weg. Goldene Zeiten also für Normalgolfer. «Dies sind sehr volatile Zeiten für die Golfindustrie», stellte auch John Zurek, PGA Senior Director of Golf Expositions vor Jahren schon fest. «Sie verändert sich ständig in den Zeiten des globalen Wettbewerbs, der Finanzkrise und technologischer Errungenschaften. Die Anforderungen an die Industrie werden immer höher. Davon profitiert letztendlich der Konsument.» Und Vater Staat. Allein die vier Messetage bringen jährlich über 70 Millionen Dollar in die lokale Haushaltskasse.
In guten Jahren sorgen über 50 000 Pros und Facheinkäufer sowie mehrere tausend Fachkunden aus weit über 70 Ländern für gesunde Verkaufszahlen – auch wenn der Boom zu Beginn des Jahrtausends nicht mehr erreicht wird. Dennoch reden wir hier von einem geschätzten Gesamtauftragswert von mehreren Milliarden Dollar. Ein Markt, der immer wieder Begehrlichkeiten weckt. So entschied jüngst das Bezirksgericht des Districts Delaware in einem seit 2006 dauernden Patentrechtsstreit zwischen Acushnet (u.a. Titleist und FootJoy) und Callaway Golf zugunsten von Acushnet, dem führenden Hersteller von u.a. Golfbällen (Umsatz 2010: über 1,2 Milliarden US$), der weltweit selbst über 700 aktive Patente, mehr als jeder andere Hersteller von Golfbällen, hält. Streitpunkt waren vier Patente, die Callaway durch Titleists Pro V1-Golfbälle verletzt sah.
Daneben kommt selbstverständlich auch die Show nicht zu kurz. Es knallt und kracht, blitzt und donnert, faucht und brodelt in den klimatisierten Hallen in bester Super Bowl-Atmosphäre. Und mittendrin Golflegenden rund um Arnold Palmer, Nancy Lopez, Ian Poulter. Gelassen schreiben sie Autogramme, lächeln unermüdlich in die Kameras. Es gilt, die eigenen Bekleidungslinien zu promoten. Denn da ziehen die «alten grossen Namen» immer noch besser als futuristischer Hightech.
RandeRscheinungen…
• Nicht Millionen aber immerhin noch zwischen 50.000 und 100.000 US$ (so eine jüngste Umfrage) setzt eine ganz andere Berufsgruppe pro Jahr um, die sich seit Jahren am Rande des Big Golfbusiness gütlich eingerichtet hat: die der professionellen Balltaucher. Ihr favorisiertes Tauchgebiet: Inselgrüns. Ihre schlimmsten Feinde: Alligatoren und Wasserschlangen.
• Hierzulande, wie auch in weiten Teilen Europas immer noch unerkannt, in Amerika aber längst guter Standard: Golf als Förderer der lokalen Wirtschaft und somit eine sprudelnde Einnahmequelle des Staates. So war die Golfindustrie allein in Wisconsin im Jahr 2008 verantwortlich für die Schaffung 38.431 neuer Jobs mit einem Gesamtsalär von rund 771 Millionen US$. Die mit Golf verbundenen Gesamteinnahmen beliefen sich auf 2,4 Milliarden US$. Das Finanzamt freut’s.
• Rund 122 Firmen treten derzeit als Titelsponsoren von Golfveranstaltungen weltweit in Erscheinung (darunter u.a. BMW, Volvo). Zu den Grossen der Branche zählen dabei mit Omega, Rolex, Zurich und Credit Suisse auch diverse Schweizer Unternehmen.
• Schweizer Händler geben sich gewohnt zurückhaltend. Sie prognostizieren nur geringe Zuwachsraten im Vergleich zu den Vorjahren, speziell bei Bällen und Handschuhen. Im Schlägersegment erwarten Lieferanten nach einem weiteren Jahr der Stagnation des Marktes in 2010 eine leichte Erholung. Ärgern tut die etablierten Marken jedoch Billigangebote der Discounter bzw. sinkende VK-Preise und der damit verbundene Markenverfall.