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«ich war am Boden!»
Der europäische Profigolfsport ist ein hartes Business. Kaum ein anderer hat dies in den letzten Jahren auf derart bittere Weise erfahren wie Raphaël De Sousa. Letzten Sommer war er am Tiefpunkt angelangt. 2011 soll es nun endlich wieder aufwärts gehen.
Von Peter Lerch
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Eigentlich, da sind sich alle einig, besitzt Raphaël De Sousa ein aussergewöhnliches Talent. Wenn er seine Begabung ausschöpft, kann er mit dem kleinen weissen Ball Dinge tun, von denen andere Pros nur träumen. Er kann den Golfball, wie dressiert, zielgenau über die Fairways fliegen lassen, Platzrekorde spielen, Turniere gewinnen, Preisgelder sammeln. Wenn, ja wenn…
Es sind bald acht Jahre her, dass der damals 20-jährige Genfer die Fachleute auch ausserhalb der Schweiz aufhorchen liess. Bei der bedeutendsten Amateur-Meisterschaft Europas, der British Amateur Championship, kämpfte er sich über fünf K.O.-Runden bis ins Finale. Auf dem British Open-Platz Royal Troon bei Glasgow verhinderte einzig der renommierte englische Amateur Gary Wolstenholme die Sensation, die dem jungen Schweizer neben einem ehrenvollen Titel Einladungen zu den bedeutendsten Profiturnieren überhaupt (British Open 2003, US Masters 2004) eingebracht hätte.
Der Trugschluss
Nach weiteren herausragenden Leistungen als Amateur wurde De Sousa im Herbst 2003 Profi. In jenem Jahr spielte sein Genfer Kollege Julien Clément in seiner Rookie-Saison mit grossem Erfolg auf der European Tour. Clément/De Sousa schienen die Nachfolge des Tandems Paolo Quirici/André Bossert aus den Neunzigerjahren antreten zu können. Schienen, denn es kam anders. Clément büsste die Tourkarte Ende 2004 ein (und hat sie bis heute nicht zurückgewonnen), und De Sousa schaffte den erhofften raschen Aufstieg nicht.
Par 5, an dem ihm am Vortag ein Eagle geglückt war, fing er sich ein ärgerliches Bogey ein. Von diesem Moment an lief alles in die falsche Richtung. De Sousa büsste einen Schlag um den anderen ein – und verpasste zuletzt mit einer
Gary Wolstenholme die Sensation…
Eine Saison um die andere zog ins Land. Dann, 2008, zeigte «Raphaël» endlich während mehreren Wochen, wozu er fähig war. Er reihte im Mai und im Juni auf der Challenge Tour, dem zweithöchsten Circuit, ein gutes Ergebnis an das andere. In Manchester und in Turin wurde er Zweiter, im belgischen Houthalen (6.) und in Lyon (5.) glückten ihm weitere Top Ten-Klassierungen. Mit dem daraus gewonnenen Preisgeld stiess er unter die besten zehn Spieler der Challenge Tour-Gesamtwertung vor. Das Oberhaus der Golfprofis, die European Tour, schien in greifbarer Nähe (am Schluss des Jahres steigen jeweils die besten 20 direkt in die European Tour auf).
WenDe im
Wylihof
Mit einem weiteren Topresultat beim «Heimturnier», der Credit Suisse Challenge, hätte De Sousa den Aufstieg praktisch schon sicherstellen können. Im Wylihof begleiteten ihn denn auch viele Fans, um seinen kommenden «Aufstieg» würdig zu feiern. Als ihr Liebling die erste Runde mit 67 Schlägen (6 unter Par) und mit dem 4. Zwischenrang hinter sich gebracht hatte, waren sie begeistert. Anderntags startete er furios mit zwei weiteren Birdies, sein Name tauchte zwischenzeitlich ganz zuoberst auf dem Leaderboard auf. Just am relativ einfachen 4. Loch, dem
77er-Runde um einen Schlag den Cut für die Finalrunden und damit das Preisgeld. Die Enttäuschung sass tief.
AufsTieg knApp verpAssT
In den darauffolgenden Wochen klassierte sich De Sousa kein weiteres Mal mehr unter den besten zehn. In der Preisgeldrangliste rutschte er kontinuierlich ab. Vor dem «Grand Final» der Challenge Tour in Brindisi nahm er als 20. gerade noch den letzten Aufstiegsplatz ein. In Süditalien wurde er nur 31. – und fiel gleichsam im letzten Moment in die breite Abteilung der Habenichte zurück, in den 23. Schlussrang. Es fehlten ihm zuletzt weniger als 4000 Euro Preisgeld für den Aufstieg.
«Das war ein schwerer Schlag für mich. Ich hatte die grösste Mühe, mich davon zu erholen», sagt De Sousa heute im Rückblick. In der Tat folgte eine schauderhafte Baisse von beinahe zwei Jahren. 2009 hatte er ein ordentliches Startrecht auf der Challenge Tour, die Bilanz war jedoch niederschmetternd: 17 Turniere gespielt, 15 Mal den Cut verpasst, ein 20. und ein 70. Rang als «Ausbeute» und ein «Verdienst» von 1824 Euro.
TiefpunkT Am omnium
Doch damit war De Sousa noch nicht auf dem Tiefpunkt angelangt. Für 2010 gehörte er keiner ordentlichen Spielerkategorie der Challenge
Tour mehr an. Er fragte vier Veranstalter für eine Starterlaubnis und erhielt eine einzige Antwort (aus Marokko, mit abschlägigem Bescheid). Anfang des Jahres erlitt er zu allem Übel noch eine Schulterverletzung. «Ich fühlte mich dann lange Zeit überhaupt nicht bereit, irgendwelche Turniere zu spielen.» Das Comeback gab er erst Mitte Juli bei der Credit Suisse Challenge im Golf Sempachersee. Der 131. Platz unter 156 Spielern bestätigte sein ungutes Gefühl. Der absolute Tiefpunkt folgte eine Woche später. Am Omnium Suisse in Aigle wurde er mit Runden von 79 und 76 Schlägen 51. – hinter Dutzenden von Amateuren und Teaching Pros.
Heute ist De Sousa imstande, seine schwerste Zeit schonungslos und differenziert zu analysieren. «Nach diesem Omnium war ich am Boden, so weit unten wie nie vorher. Es stimmte überhaupt nichts mehr, weder in meinem Kopf noch mit meinem Spiel. Heute weiss ich, was falsch gelaufen ist. Ich wollte mit aller Gewalt Fortschritte machen und arbeitete fast nur an der Technik, und ganz sicher zu viel. Ich drehte mich im Kreis. Alles Leichte und Spielerische war verschwunden, sogar die Motivation war weg. Dabei war das Problem vor allem ein mentales. 2009 und 2010 verlor ich zunehmend das Selbstvertrauen. Zuletzt hatte ich den Überblick über alles verloren. Ich wusste nicht mehr, wo mir der Kopf stand.»
ArbeiT miT sTeve rey
Vielleicht wüsste er das heute immer noch nicht, wenn da nicht noch der Herbst 2010 gekommen wäre. Er begann in der vermeintlich schwierigsten Phase seines Lebens die Zusammenarbeit mit dem neuen ASG-Assistenzcoach Steve Rey. «Das war sehr, sehr nützlich. Er half mir, die Dinge wieder zusammenzubringen und das Gleichgewicht zwischen den einzelnen Bereichen zu finden. Diese Balance ist das Wichtigste überhaupt.»
Der Erfolg stellte sich schlagartig ein. De Sousa meisterte im September problemlos die erste Stufe der Qualifikation zur PGA European Tour 2011. In der zweiten Stufe Ende November in Murcia lieferte er das spielerisch wertvollste Ergebnis seiner Profikarriere ab. Mit lauter ausgezeichneten Runden (67/67/68/65, total 17 unter Par) spielte er die Konkurrenz in Grund und Boden. Er siegte mit sieben und mehr Schlägen Vorsprung. «Ich war komplett ‚in meiner Zone’. Das war schon ein tolles Gefühl.»
Dabei wurde er von Steve Rey, aber auch vom jungen Pro Gregori Baumann als Caddie unterstützt. «Es stimmte einfach alles.»
De Sousa beschloss, zwischen der zweiten Qualifikationsstufe und dem bereits am 4. Dezember beginnenden sechstägigen Qualifikations-Final im katalanischen Girona nach Genf zurückzukehren. Das stellte sich als Fehler heraus. Das Wetter schlug in ganz Europa Kapriolen. Flughäfen blieben tagelang geschlossen und De Sousa hatte keine Möglichkeit, nach Spanien zurückzufliegen, und musste im Auto reisen. Die Vorbereitung wurde knapp. «Zudem spielten wir auf zwei Plätzen, die mir nicht unbedingt liegen. Alles lief ein bisschen weniger gut als in Murcia.» Mit grossen Auswirkungen. Zuletzt musste er den 127. Rang hinnehmen, «natürlich eine grosse Enttäuschung.» In der vierten Runde verpasste er mit 74 Schlägen den Cut für die besten 70, der ihm eine gute erkennen», sagt der Genfer. «Das Resultat in Murcia hat mir sehr geholfen. Ich fühle, dass das Golf noch in mir ist. Ich bin wieder motiviert und sehe, wie ich meinen Weg weitergehen muss.» hilfe von Aussen
Kategorie für die Challenge Tour 2011 eingebracht hätte. Jetzt gehört er der (tiefen) Kategorie 12 an. «Ich rechne trotzdem damit, etwa 15 Turniere spielen zu können», sagt De Sousa.
«2010 war ein seltsames Jahr, aber im Nachhinein für mich das nützlichste. Ich kann jetzt vieles
Auf diesem Weg hat De Sousa Ende Januar bereits Pflöcke eingeschlagen. Er vereinbarte eine Zusammenarbeit mit dem englischen Trainer Mike Walker von der renommierten Academy von Pete Cowen. Bereits beim ersten Besuch der Schule in der Nähe von Sheffield konnte De Sousa während drei Tagen ein Training absolvieren, das ihm die Augen öffnete. Die Analyse förderte unter anderem kleine, aber hinderliche Fehler im Schwung-Timing zutage.
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Einlösbar bis Ende Dezember 2011.
Abhilfe schafft er nun mit einem technischen, aber auch mit einem mentalen Approach. De Sousa ist überzeugt, dass er jetzt in ein Umfeld eingebettet ist (mit Rey und Walker als wichtigste Bezugspersonen), das ihn endlich entscheidend voranbringen wird.
Für seinen Neubeginn kann De Sousa auf einen ausreichenden finanziellen Support zählen. Er wird von Swiss Golf (Credit Suisse) und vom Swiss Golf Pro Supporter Club unterstützt. Mit dem Goldverarbeiter PAMP SA von der MKS-Gruppe in Genf weiss er einen weiteren persönlichen Sponsor im Rücken. Überdies rekrutierte der frühere Club Captain Maxime de Raemy im Golfclub Genf jährlich einige Mäzene. Vor diesem Hintergrund versteht man, wenn De Sousa mit viel Zuversicht und einem Schmunzeln sagt: «Jetzt kann ich meine Karriere beginnen.»
Peter Lerch ist Chefredakteur der Schweizer Sportinformation mit Büros in Zürich und Genf und ist ein profunder Kenner der Schweizer Golfszene.
