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Die neue Nummer 1?

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Paulvs.Nick1up

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Nach dem British Open hat der Ire Padraig Harrington auch die PGA Championship im Oakland Hills CC in Michigan gewonnen; das vierte und letzte Major Tournament des Jahres 2008. Damit hat Harrington nicht nur mit grossem Abstand die Spitze der europäischen Order of Merit übernommen, sondern er ist auch auf die dritte Position im World Ranking vorgestossen, hinter dem verletzten Tiger Woods und dem etwas deroutierten Phil Mickelson, aber vor Sergio Garcia und Vijay Singh.

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Wer steckt hinter diesem Allerweltsnamen Harrington, hinter diesem unüblichen Vornamen Padraig, der gälischen Version von Patrick? In einem Vorort von Dublin 1971 geboren, wurde er 1996 relativ spät und nach einer erfolgreichen Amateurkarriere Pro – und die Erfolge stellten sich auch hier sogleich ein. Sieg im Spanish Open 1996, womit sofort alle Sorgen betreffend der Tourkarte vom Tisch waren – doch andere Sorgen stellten sich bald ein. Denn in den folgenden Jahren zementierte Paddy seinen Ruf als Ewiger Zweiter! Wenn man ihn heute gewinnen sieht, glaubt man das kaum; aber 1999 gelangen ihm immerhin vier solche Ehrenmeldungen. In diesen ersten Jahren seines Profilebens kam er auch zweimal ans Swiss Open nach Crans, das damals noch nicht den Namen von Omega trug, doch es gelang ihm nicht, sich besonders auszuzeichnen oder sich sogar in unauslöschliche Erinnerung zu spielen.

Wüsste man nicht, dass Harrington Ire ist, man würde ihn als verkorksten Bergler einstufen. Vielleicht bestand ein Zusammenhang zwischen seiner eher etwas unlockeren Art und seinen vielen verpassten Siegen. Und wenn man sein gegenwärtig perfekt funktionierendes Golfspiel bewundert, fragt man sich, wie es hat zehn lange Jahre gehen können, bis er erstmals auch die Order of Merit der European Tour hat gewinnen können.

Shannon – JFK

Iren haben schon früh einen unwiderstehlichen Drang westwärts Richtung USA gezeigt; immerhin hat auch der Namensgeber des heutigen Eingangstors der USA, John F. Kennedy, irische Wurzeln gehabt. Auch Padraig Harrington liess uns Europäer mit der Zeit mehr und mehr auf dem Trockenen sitzen – die amerikanische PGA Tour lockte. Er klassierte sich mehrmals gut, nachdem er bereits 2002 einen Sieg gelandet hatte (Target World Challenge). Doch sein Durchbruch «drüben» erfolgte 2005, mit den beiden Siegen in regulären Tour-Events (Honda Classic, Barclays Classic). Es schadete Harringtons Popularität in den USA in keiner Weise, dass seine Frau Caroline und seine beiden Kinder Patrick und Ciaran blonde Harre haben... das Jubeln über Siege zusammen mit Musterfamilien hat bereits Phil Mickelson in den Kultstatus erhoben.

Zu den statistischen Angaben zur Person gehören aber nicht nur Siege, sondern auch Preisgelder. Seit er 1996 in der European Tour aktiv ist, hat er jedes Jahr substanziell Kohle gemacht; zusammen runde 19 Millionen Euro, und es werden weitere dazu kommen. Nicht viel schlechter ist es ihm bisher in den USA ergangen – 15 Millionen Dollar sind es bis dato. Das ergibt zusammen ein ganz nettes Sümmchen, auch wenn man berücksichtigen muss, dass die an den Majors und den WGC-Turnieren gewonnen Preisgelder für beide Tours zählen. Andrerseits ist Harrington heute in der aufstrebenden Wirtschaftsnation Irland der mit Abstand populärste Sportler, und was das in Bezug auf «Endorsement Money» bedeutet, das kann man sich ungefähr zusammen fantasieren.

Padraig Harrington hat den Ruf eines Terriers. Davon kann der neue «Ewige Zweite», der Spanier Sergio Garcia, ein Liedchen singen. Vor einem guten Jahr sah er am British Open in Carnoustie wie der sichere Sieger aus; doch zwei, drei wacklige Abschläge während der Schlussrunde liessen den Ter- rier sozusagen Lunte riechen. Prompt spielte Harrington das superschwere Schlussloch von Carnoustie genau so, dass es ihm zum Playoff gegen Garcia reichte – nämlich trotz zwei Bällen im Wasser mit einem Doppelbogey. Wie man weiss, hatte Garcia im Playoff nicht die geringste Chance, und Harrington hatte sein erstes Major im Sack.

Verletzt sollte man sein...

Diesen Titel verteidigte er jetzt in Royal Birkdale souverän, obschon er eigentlich gar nicht hatte antreten wollen. Doch es scheint Mode geworden zu sein, Majors verletzt zu bestreiten – Tiger Woods humpelte zum Verdruss des Rocco Mediate über die Fairways von Torrey Pines und hielt auch eine Zusatzrunde lang durch (18-LochPlayoff), um das US Open zu gewinnen, bevor er sich ohne weiteren Verzug auf den Schragen des Chirurgen legte: Knieoperation.

So entschied sich Harrington halt, trotz einem stark schmerzenden Handgelenk und trotz extrem dichtem, zähem Rough in Birkdale zum British Open anzutreten. Planmässig ging es zuerst nicht so besonders gut; doch irgendwann packte der Terrier die Wade von Greg Norman und liess nicht mehr los (siehe hierzu auch die letzte Nummer von Golf Suisse). Norman scheiterte auf der Zielgeraden; auch er ist einer, der diese Rolle aus dem Effeff kennt!

Wiederum Garcia nahm sich Harrington nun an den PGA Championships vor. Der Spanier lag während der Schlussrunde, die sie gemeinsam spielten, mehrmals in Führung; so vier Holes vor Schluss einen Schlag, und diese vier Schlusslöcher hatten in dieser letzten Runde noch kein einziges Birdie zugelassen. Bis Harrington kam... weil Garcia die kurzen Putts verpasste, Harrington ihm aber längere vor der Nase einlochte, kam es wieder, wie es kommen musste. Schlusskommentar des Siegers: «Muss ich Mitleid mit Sergio Garcia haben? Sicher nicht. Ich konzentriere mich voll auf mein Spiel, und ich kann es kaum erwarten, bis das nächste Major kommt. Leider dauert das noch sieben Monate!»

■ Urs Bretscher

Sergio Garcia scheint einer der Lieblingsgegner von Paddy zu sein. Das will aber nicht heissen, dass dem Spanier schon die Golfclubs aus den Fingern fallen, wenn er den Namen Harrington nur schon hört.

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