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Lehrjahr in der US PGA Tour
den USA, doch er hatte viel gelernt und immerhin genug verdient, um neben den Auslagen auch einen schönen Lohn zu verbuchen.

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Wir trafen uns im «Sporting», dem berühmten Clubhaus-Restaurant im GC Crans-sur-Sierre, und bestellten in echter Aussie-Manier Cappuccinos. Gerade in Perth, der Heimat von Brett Rumford, gibt es eine weltklassemässige Cappuccino-Kultur. Fremantle, der am Meer gelegene Vorort, ist mehr oder weniger eine italienische Exklave; die Flaniermeile heisst dort «Cappuccino Strip». Brett hatte gerade das Credit Suisse Gold Pro-Am hinter sich, in welchem er per Zufall mit Golf Suisse-Redaktor Jacques Houriet zusammen spielte. Houriet, ein 0,6-Handicapper, spielte ihn regelrecht an die Wand, und als Entschuldigung konnte der zu diesem Zeitpunkt noch immer regierende Swiss-Open-Champion bloss den Jetlag vom Flug Dallas – Genf anführen, erst zwei Tage vorher. Was also war mit seinem Spiel los, und was war in den USA passiert?
gewonnen. Es ist viel weniger anstrengend, um den Sieg mitzuspielen». Mühe bereitete es ihm auch, nach Jahren in Europa, wo er seinen Startplatz auf sicher hatte und zu den etablierten Spielern der Tour gehörte, plötzlich wieder ein Underdog und Nobody zu sein. «Man ist zwar als Australier kein Problemfall in den USA, aber auch die Amerikaner sind im Sport eher für ihre Landsleute als für Ausländer».
Das Leben auf der Warteliste
Vor einem Jahr wurde er ziemlich überraschend Sieger des Omega European Masters – auf den Australier Brett Rumford hätte wohl kaum jemand als Sieger getippt. Doch er liess dem Engländer Philipp Archer im Playoff keine Chance, indem er am ersten Zusatzloch von ausserhalb des 18. Greens zum Birdie einchippte. Dann verblüffte «Rummy» weiter: er wurde Zweiter der Qualifikation für die US Tour und startete im Februar an der Bob Hope Chrysler Classic in Plam Springs mit einem 8. Rang zu seiner ersten Saison in den USA. Aber was ist seither geschehen?
Brett Rumford hatte immer gesagt, zur Titelverteidigung werde er wenn immer möglich nach Crans kommen. Nachdem er die Qualifikation für die Playoffs im FedEx Cup verpasst hatte, hielt er sein Versprechen und kam zurück in die Schweiz. In einem Gespräch vor dem Start zum Omega European Masters äusserte er sich offen über sein Spiel: er hatte Mühe in
«Zuerst ging alles bestens, mit einem Spitzenrang, und dann habe ich vor allem Cuts verpasst. Viel Mühe bereitete mir an den Turnieren der unglaubliche Rummel um die Spieler, was man sich von Europa aus kaum vorstellen kann. Wenn hier in Crans ein paar Dutzend Zuschauer ums Putting Green herum stehen, sind es in den USA Tausende, und die halten sich mit Zwischenrufen, Kommentaren und Autogrammwünschen nicht zurück!». Er musste auch bald mal feststellen, dass sein Spiel für die Anforderungen der US Tour eigentlich nicht besonders geeignet ist: es geht dort meistens um lange Drives und um das Treffen der im allgemeinen eher grossen Greens. Gerade die Drives sind eine Problemzone von Brett, und das wirkte sich aus. Er spielte zahlreiche Turniere, in welchem er ständig darum kämpfte, überhaupt den Cut zu überstehen. «Es ist extrem frustrierend, um einen Cut zu kämpfen. Das laugt aus, und wenn man es schafft, dann hat man noch gar nichts
Sein Status als Qualifikant aus der QSchool hiess für ihn, dass er immer erst kurzfristig wusste, ob er in einem Turnier starten konnte oder nicht. «In Europa konnte ich meine Saison am 1. Januar durchplanen, wenn ich wollte; doch das konnte ich jetzt vergessen. Es war immer unsicher, ob ich nun spielen konnte oder nicht, und das wirkte sich alles andere als leistungssteigernd aus». Meistens erfuhr er erst am Wochenende vor dem Turnier, ob er dabei war. Doch wahrscheinlich das grösste Problem war das Coaching. Er arbeitet seit Jahren mit einem Coach zusammen, der in London lebt – dort, wo Rumford während seinen Jahren in der European Tour seine Basis hatte. «Seit dem Januar habe ich ihn genau drei Mal gesehen, und das ist viel zu wenig. Mein Swing ist ständig in Veränderung, ich brauche meinen Coach regelmässig. Das wird so sicher nicht weitergehen können». Denn nicht nur das Coaching, sondern auch das Training kam zu kurz, vor allem wegen dem Umstand, dass es sehr schwierig ist, eine ruhige Ecke für konzentrierte Arbeit zu finden. «Ich habe immer relativ viel Trainingszeit gebraucht, um auf meinem besten Level zu spielen. Wahrscheinlich muss ich in den USA in der Nähe des Turnierortes einen andern Golfplatz finden, wo ich unerkannt üben kann!». Das sind natürlich mittlerweile eine ganze Reihe von ungünstigen Umständen, welche es schwierig machen, an der Spitze mitzuspielen. Die Frage lag deshalb nahe, ob denn dieses Abenteuer in Amerika auch irgendwelche positiven Dinge gebracht hat. «Natürlich! Vor allem Positives! Es ist ein unglaubliches Erlebnis, in der US PGA Tour zu spielen. Auch ich habe die meisten Spieler dort nur vom Fernsehen her gekannt, und jetzt bin ich plötzlich mit ihnen unterwegs. Ich lerne extrem viel, und ich habe ja auch acht Cuts geschafft und bisher fast 400000 Dollar Preisgeld gemacht. Und sieben Turniere stehen noch bevor...».
Im April 2008 kehrte Brett Rumford vorübergehend nach Perth zurück, um zu heiraten. Seine Frau Sally ist seither mit ihm unterwegs. Sie haben ein Haus in Dallas gemietet; Dallas liegt flug-strategisch optimal, trotzdem ist die Reiserei in den USA komplizierter als in Europa von London aus. Sally geniesst dieses Jahr vor allem auch als Touristin in den USA. Die US Tour bietet an allen Turnierorten spezielle Ausflugs-Programme für die Frauen der Spieler an, und das ist für Missis Rumford eine exzellente
Gelegenheit, einen guten Teil der USA kennen zu lernen. Nach dem Omega European Masters reisen die Rumfords direkt zurück, für den Schlussstress der US Tour. Ich bedanke mich für das Gespräch, das – wie gesagt – am Vortag der ersten Runde des Omega European Masters geführt wurde. Da wusste ich noch nicht, wie erfolgreich die Verteidigung des Titels für Brett Rumford ausfallen würde.
Das kann nicht manches Turnier der US PGA Tour bieten Vista Point «First Tee» in CransMontana!
