Surprise Strassenmagazin 259/11

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Michael Krisztmann: «Wir sind nicht das Gericht der Schule.»

Probleme selber zu lösen. Wenn aber immer der Schulsozialarbeiter wie Deus ex machina auftaucht, geht ihnen diese Erfahrung verloren. Mühlemann: Das ist völlig richtig. Wenn ein Schüler über eine Kollegin herzieht oder sich über eine Lehrperson beklagt, besprechen wir mit ihm oft, wie er die Sache selber angehen kann. Wir sind tatsächlich nicht dazu da, jedes Problemchen wegzuwischen. Wenn man früher bei einem Problem zum Rektor geschickt wurde, war klar: Damit war eine Grenze überschritten. Wenn nun aber Gewalt mit Spielchen im Kreis behandelt wird – führt das nicht dazu, dass sie in den Bereich des Normalen rückt? Mühlemann: Im Gegenteil. Wenn wir das Thema Mobbing besprechen, bekommt Mobbing ein Gesicht. Oder Gewalt. Oft passiert Gewalt – ob verbal oder physisch – im Versteckten, in einer Ecke des Schulhofs. Wenn wir mit einer Klasse arbeiten, wird sie als das benannt, was sie ist. Und so steigen auch die Bereitschaft und der Mut von Leuten, sich zu melden. Sie setzen sich damit auseinander. Und sie müssen Farbe bekennen. ■

Michael Krisztmann, 39, erlangte seine Grundausbildung zum Sozialpädagogen an der FHNW. Er bildete sich an der Höheren Fachschule für Sozialpädagogik Luzern zum Praxisausbildner und an der Coachakademie Rebstein zum systemischen Coach und Berater weiter. Seit 2008 arbeitet er als Schulsozialarbeiter in Muttenz, seit August sitzt er in der fünfköpfigen Kommission der Schulsozialarbeiter Baselland. SURPRISE 259/11

Lukas Mühlemann: «Die Schüler müssen Farbe bekennen.»

Begleitung beim Erwachsenwerden Schulsozialarbeit ist ein eigenständiges Handlungsfeld der Jugendhilfe, das mit der Schule in formalisierter und institutionalisierter Form kooperiert. Ihren Anfang nahm sie vor etwa zehn Jahren, unterdessen gibt es praktisch in der ganzen Schweiz entsprechende Angebote. Allerdings werden sie unterschiedlich gehandhabt und werden je nach dem vom Kanton oder der Gemeinde finanziert und koordiniert. Die Kommission der Schulsozialarbeiter Baselland fordert, dass man die Schulsozialarbeit ausbaut. Die Mitglieder bezeichnen es als wünschenswert, dass man sich an den Empfehlungen von Avenir Social orientiert – der Interessensvertretung von Fachleuten aus Sozialarbeit, Sozialpädagogik und soziokultureller Animation: Sie empfiehlt eine 80-Prozent-Stelle auf 300 Schüler. Lukas Mühlemann ist in Aesch der einzige Schulsozialarbeiter und betreut mit einer 80-Prozent-Anstellung 600 Schüler. Michael Krisztmann ist mit dem gleichen Pensum der einzige in Muttenz, er betreut 700 Schüler aus drei Schulhäusern.

Lukas Mühlemann, 38, ist seit 2002 als Schulsozialarbeiter an der Sekundarschule Aesch BL angestellt. Seine Ausbildung zum Sozialarbeiter und zum COS Berater (Coaching, Supervision, Organisationsberatung) absolvierte er an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und am Zentrum für Agogik (ZAK).

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