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Surprise-Porträt

«Wenn du gibst, bekommst du zurück»

«Ich bin Sameera Failla, lebe seit 21 Jahren in der Schweiz und schätze mein Leben sehr. Das würde man vielleicht nicht erwarten, denn ich kann mich nicht so gut auf Deutsch ausdrücken. Auch all diese CHCHCH-Worte, das fordert mich nach wie vor heraus. Wenn sich die Leute jedoch Zeit nehmen und langsam mit mir sprechen, merken sie sehr schnell, dass ich viel zu erzählen habe.

Oft rutschen bei meinen Ausführungen italienische Wörter dazwischen, denn als Kind habe ich in der Schule Italienisch gelernt. Dies war in Asmara, der Hauptstadt von Eritrea, vor 50 Jahren ganz normal. Leider konnte ich die Schule nur bis zur sechsten Klasse besuchen. Ich wurde noch vor meinem 16. Lebensjahr verheiratet – auch so eine Tradition von früher.

Lange hielt diese Ehe aber nicht. Mein erster Mann starb nur wenige Jahre nach unserer Hochzeit an Krebs. Mit 21 Jahren heiratete ich ein zweites Mal und zog zu meinem Ehemann in den Sudan. Ich bekam zwei Kinder und hatte ein vergleichsweise angenehmes Leben. Mein Mann war Politiker und konnte uns daher gut versorgen. Doch seine politische Karriere wurde ihm zum Verhängnis. Er verschwand während der Unruhen des zweiten Bürgerkrieges. So stand ich mit 30 Jahren zum zweiten Mal ohne Mann da.

Die erste Zeit blieb ich bei der Familie meines Mannes, doch dann wurden die Besuche der Polizei immer häufiger. Ich fürchtete, dass die politischen Gegner meines Mannes auch mich beseitigen werden. So verkaufte ich all unser Gold, das Haus, unser Auto und finanzierte mit dem Erlös meine Flucht nach Europa. Der Schmuggler nutzte meine Situation natürlich schamlos aus, aber ich war einfach nur froh, dass jemand für mich ein Flugticket, ein Visum und einen gefälschten Pass organisierte. Ich wusste auch nicht, in welches europäische Land ich am Ende kommen werde – heute bin ich über meine «Landung» in der Schweiz sehr, sehr glücklich.

Die ersten Jahre im Asylheim in Kreuzlingen waren schwierig für mich. Als ich endlich eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung erhielt, begann ich zu arbeiten. Ich fand eine Stelle als Küchenhilfe und konnte auf eigenen Beinen stehen. Nach sieben Jahren war dieses Glück jedoch vorbei. Ich bekam immer stärkere Rückenprobleme, daher empfahl man mir eine Operation. Die Ärzte wollten eine neue Technologie ausprobieren, dabei wurde meine Lunge verletzt. Ich lag sieben Tage im Koma. Bis heute schlafe ich jede Nacht mit einer Sauerstoffmaske und muss starke Medikamente gegen meine Schmerzen nehmen. Man bot mir finanziellen Schadensersatz an – doch was nützt mir dieses Geld? Ich bin froh, dass ich noch lebe und hoffe, dass ich mich irgendwann wieder schmerzfrei bewegen kann. Seit fünf Monaten arbeite ich für Surprise. Zuvor war ich lange nur zuhause, wurde immer trauriger und schliesslich ganz verrückt. Ich begann mit der Zeit sogar mit der Wand zu sprechen. Ich habe zwar immer noch Schmerzen beim Arbeiten, denn leider ist das viele Stehen nicht gut für meine Knie und den Rücken. Doch wenigstens kann ich wieder «Grüezi» sagen und die vielen komplizierten CHCHCH-Wörter hören. Zum Glück unterstützen mich die Leute in vielen kleinen Dingen. So organisierte jemand einen Stuhl für mich, jemand anderes brachte mir eine Decke. Und wenn ich mit den Kund*innen Tee trinken und schwatzen kann, vergesse ich manchmal sogar meine Schmerzen.

Ich war schon immer gerne unter Leuten und freute mich über Gäste. Früher bewirtete ich in unserem Haus alle möglichen Bekannten. Ich kochte Essen und backte Kuchen für meine Freunde oder ich ging bei ihnen auf eine Tasse Kaffee vorbei. Es ist schön zu merken, dass sich meine alte Koch weisheit – wenn du etwas gibst, bekommst du auch etwas zurück – nun auch in anderen Lebensbereichen bestätigt. Umso lieber überrasche ich meine neuen Bekannten immer wieder mal mit einem Stück Kuchen.»

Sameera Failla, 62, verkauft Surprise in Bülach bei der Migros Sonnenhof, backt viel und verwöhnt gerne Gäste.

So schützen wir uns beim Magazinkauf

Liebe Kund*innen Die Pandemie ist noch nicht ausgestanden. Weiterhin gilt es, vorsichtig zu sein und Ansteckungen zu vermeiden. Deshalb bitten wir Sie, unsere Verkaufsregeln und die Bestimmungen des BAG einzuhalten. Vielen lieben Dank!

Halten Sie Abstand. Wo nötig tragen wir Masken. Wir haben Desin fektionsmittel dabei.

Merci für Ihre Solidarität und danke, dass Sie uns treu bleiben. Bis zum nächsten Mal auf der Strasse. Die Surprise Verkäufer*innen.