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Oktober 2022, Großes Haus

Staatstheater Mainz Spielzeit 2022/23

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2 Öffnen Sie die App und halten Sie Ihr Smartphone auf die mit gekennzeichneten Bilder.

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Grenzenlos Kultur Vol. 24 22. September bis 02. Oktober 2022 Seite 274

Così fan tutte Wolfgang Amadeus Mozart 01. Oktober 2022, Großes Haus Oper Seite 40

Der staubige Regenbogen Hans Henny Jahnn 15. Oktober 2022, Kleines Haus Schauspiel Seite 94

Sweeney Todd Stephen Sondheim, Hugh Wheeler 22. Oktober 2022, Großes Haus Oper Seite 42

5 Premieren

Die Laborantin Ella Road 30. Oktober 2022, U17 Schauspiel Seite 96

Morpheus Studio (UA) Eine musikalische Expedition in das Reich des Schlafs 05. November 2022, U17 Oper Seite 44

Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch Michael Ende 12. November 2022, Großes Haus Schauspiel Seite 98

Please don’t touch the art piece (UA) Roy Assaf 25. November 2022, Leibniz-Zentrum für Archäologie Tanz Seite 186 Anna Karenina Leo Tolstoi 26. November 2022, Kleines Haus Schauspiel Seite 100

A Family Business (UA) Chris Thorpe 02. Dezember 2022, U17 Schauspiel Seite 102

Peter Pan Richard Ayres 17. Dezember 2022, Kleines Haus Oper Seite 46

Fast genial Benedict Wells 07. Januar 2023, U17 Schauspiel Seite 104

Die Eroberung von Mexico Wolfgang Rihm 29. Januar 2023, Großes Haus Oper Seite 48

7 Premieren

Fastnachtsposse 14. Februar 2023, Großes Haus Seite 284

Oma Monika – was war? Milan Gather 23. Februar 2023, U17 Schauspiel Seite 106

Der kleine Horrorladen Alan Menken, Howard Ashmann 04. März 2023, Großes Haus Schauspiel Seite 108

tanzmainz festival 08. bis 18. März 2023 Seite 276

Le Villi/Pagliacci Giacomo Puccini/Ruggero Leoncavallo 08. April 2023, Großes Haus Oper Seite 50 Das wirkliche Leben Adeline Dieudonné 21. April 2023, U17 Schauspiel Seite 110

Welcome Everybody (UA) Pierre Rigal 29. April 2023, Großes Haus Tanz Seite 188

Der Menschenfeind Jean-Baptiste Molière 30. April 2023, Kleines Haus Schauspiel Seite 112

Transit Anna Seghers 26. Mai 2023, Kleines Haus Schauspiel Seite 114

Salome Richard Strauss 02. Juni 2023, Großes Haus Oper Seite 52

9 Premieren

Im Dickicht (UA) Isabel Mundry, Händl Klaus 11. Juni 2023, Kleines Haus Oper Seite 54

Miss Donnithorne’s Maggot/ Eight Songs for a Mad King Peter Maxwell Davies 22. Juni 2023, U17 Oper Seite 56

NN (UA) Guy Weizman & Roni Haver 30. Juni 2023, Großes Haus Tanz Seite 190

Platonow Anton Tschechow 01. Juli 2023, Kleines Haus Schauspiel Seite 116

L’Angelica Nicola Antonio Porpora 13. Juli 2023, externer Ort Oper Seite 58 Just Club 14. Juli 2023, U17

Opernnacht am Dom 23. Juli 2023, Marktplatz

11 Premieren

Theaterkasse T 06131 2851-222 kasse@staatstheater-mainz.de

Abonnementbüro T 06131 2851-227 abo@staatstheater-mainz.de

Montag bis Freitag 10–19 Uhr Samstag 10–15 Uhr

Gruppenbetreuung T 06131 2851-226 gruppenbetreuung@ staatstheater-mainz.de Montag bis Freitag 10–18 Uhr

Kartenverkauf auch über www.staatstheater-mainz.com

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Vorwort ......................... 17

Oper ............................ 33 Schauspiel ...................... 83 tanzmainz ...................... 183 Konzert ......................... 213 justmainz ....................... 229 Kakadu Bar, Festivals und Extras ... 261

Wir ............................. 287 Service, Abos .................... 383 Freunde und Unterstützer ......... 419 Personalia ....................... 427 Impressum ...................... 447

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als wir hier im Theater den Spielplan 2022/23 konzipiert haben, geschah das noch ganz unter dem Eindruck der Coronazeit. Jetzt, im April 2022 kurz vor der Druckfreigabe des Jahresheftes, herrscht Krieg in der Ukraine. Wir finden uns in der Schnittmenge zweier existenzieller Krisen wieder.

Und in dieser Schnittmenge suchen wir mit unserem Theater nach Wegen, uns zu verhalten. Können wir an den Themen, die wir für die kommende Saison relevant fanden, festhalten? Können und sollen wir überhaupt angesichts der grauenhaften Ereignisse der letzten Wochen ‚einfach so‘ weiter Theater machen?

Um das vorwegzunehmen: Ja, wir sind überzeugt, dass wir unbedingt weiter spielen müssen, dass wir Kunst und Kultur möglicherweise jetzt sogar mehr denn je brauchen. Und: Nein, das

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liegt nicht daran, dass wir Lösungen und Antworten zu bieten haben. Wir können kein Virus bekämpfen und wir können keinen Krieg beenden. Den Menschen in den Luftschutzkellern in Kiew und Mariupol, den Flüchtenden, den verhafteten Oppositionellen in Russland hilft es nicht, wenn auf den Bühnen des Staatstheater Mainz gespielt wird. Ebenso wäre es wohlfeil und unangemessen, nun zu behaupten, die Stoffe der kommenden Saison ständen in inhaltlichem Zusammenhang zum jüngsten schrecklichen Geschehen in Europa. Der Respekt vor den vom Krieg direkt Betroffenen und ihrem Leid verbietet, daraus ein Etikett zu machen, das wir an das eine oder andere Stück hängen.

Unsere inhaltlichen Pläne für die kommende Spielzeit sind also unter anderen Vorzeichen entstanden und lassen sich auch nicht einfach umdeuten. Aber wenn wir nach der Sinnhaftigkeit unseres Tuns suchen, geht es möglicherweise gar nicht in erster Linie um konkrete Themen und Stoffe. Vielleicht hat noch kein Theaterstück, kein Gedicht und kein Roman je einen Krieg verhindert, wir scheinen ja nicht einmal in der Lage zu sein, aus ihnen zu lernen. Vielleicht geht es viel grundsätzlicher um den Prozess von Kunst. Um die vorsichtig gezeichnete Silhouette eines im gemeinsamen künstlerischen Schaffen entstehenden Freiraums. Um eine Methode. Und diese Methode des Denkens, Entwerfens, Fantasierens, Collagierens und Forschens, die Voraussetzung für das Entstehen von Kunst ist, unterscheidet sich wesentlich von dem, was man den Wirklichkeitszwang des Lebens und der Politik nennen könnte. Die Wirklichkeit verlangt schnelle Entscheidungen, rasches Handeln, klare Positionen. Die Kunst bezieht ihre Freiheit daraus, dass sie genau unter diesem Zwang nicht steht. Ich bin überzeugt, dass wir besonders in diesen

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Tagen das pflegen müssen, was Alexander Kluge „kooperierende Öffentlichkeit“ nennt, also das Sammeln vieler Stimmen, aus der Vergangenheit, der Gegenwart, der Zukunft. Das wechselseitige Kommentieren und Glossieren, das Sichverlieren in Ideen, Träumen, Bildern, Klängen, das Verdichten alltäglicher Sprache in Poesie oder Radikalität. Nicht zielverpflichtet, nicht linear. Poetik und Theater gelten der Suche nach Notausgängen, sagt Kluge auch. Wir sind auf ständiger Expedition zum Abseitigen und Unvermuteten und versuchen es über die Verwandlung, die Metamorphose und die Übersetzung zu finden. Im Theater ermöglichen wir die Gleichzeitigkeit von Jahrhunderten, literarische und ästhetische Mehrdimensionalität in Zeit und Raum, vielstimmig, bewusst unübersichtlich. Das klingt vage oder manchem gar eskapistisch und natürlich melden sich Künstler*innen auch sehr viel konkreter in aktuellen Debatten politisch zu Wort. Unsere ureigene Kraft allerdings speist sich aus der Freiheit, nicht unmittelbar pragmatisch sein zu müssen, wir dürfen unwahrscheinlich, ja sogar unglaubwürdig sein. Unsere zerrissene Welt zu betrachten, bedingt die Erlaubnis von Unvollständigkeit. Das Prinzip der Kunst, ihr Wesen, ist damit zugleich der Gegenentwurf zum Despoten- und Autokratentum, das nur die eine Wahrheit kennt, nur diese zulässt und sie mit Gewalt Menschen aufzwingt. Das macht Kunst politisch, ohne dass sie agitatorisch sein muss.

Ausgangspunkt unserer Überlegungen für die Spielzeit 22/23 nun also war die vorsichtige Freude darüber, dass wir nach langen Monaten der körperlichen und sozialen Distanz wieder mehr Nähe zueinander leben dürfen. Dies prägt unter anderem die Fotostrecke im Spielzeitheft. Es war uns wichtig, in diesem Jahr alle Mitarbeiter*innen zu zeigen, gemeinsam mit den Ensembles.

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Als Ausdruck großer Wertschätzung für das, was die Kolleg*innen geleistet haben, für ihren wunderbar widerständigen Willen, auch unter schwierigsten Bedingungen weiter Theater zu spielen. Zugleich drücken die Bilder aus, was uns verwirrt. Zum einen können wir einander wieder körperlich nah sein, wir wollen und suchen Berührung. Zum anderen aber sind viele von uns noch eingesponnen in den Kokon, der sich aus der Einsamkeit der Quarantäne, der Angst vor der Krankheit und den Sorgen um die Zukunft gebildet hat. So sind wir eng beieinander und bei aller scheinbaren Intimität doch noch sehr für uns – und das sieht man uns an.

Gesellschaftlich und politisch betrachtet, hat unser Denken als mündige Bürger*innen während der letzten zwei Jahre ein Thema besonders geprägt: „Follow Science“ wurde zu einem Glaubensbekenntnis unserer Zeit. Als berechtigte leidenschaftliche Forderung im Kampf gegen die Klimakatastrophe. Und als Überschrift über fast allen Debatten zum Umgang mit dem Virus. Doch was bedeutet das eigentlich? Welcher Wissenschaft genau sollen wir folgen – und ist es wirklich so, dass wir von Expert*innen auf unsere drängenden Fragen Antworten bekommen, die wir nur noch in Handlung übersetzen müssen? Interessanterweise wird „Science“ fast immer gleichgesetzt mit den vermeintlich faktensicheren Naturwissenschaften. Allerdings haben wir hier gar nicht immer die klaren Aussagen erhalten, die wir uns für eine einfache Marschrichtung wünschen. Prognosen haben sich häufig nicht erfüllt, Daten wurden unterschiedlich evaluiert. Und die medial überstrapazierten Virolog*innen wurden nicht müde zu unterstreichen, dass wir die Schlussfolgerungen für unser Handeln letztlich selber ziehen müssen. Dass Ergebnisse in der Wissenschaft immer vorläufige Ergebnisse

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sind, die revidiert werden können und müssen. Interessanterweise verhält sich unsere neuerwachte Begeisterung für Wissenschaft und Expertentum, aus der wir uns moralische Entlastung versprechen, gegenläufig zur Geistesgeschichte. Denn schon seit dem berühmten Satz von Sokrates „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ und allerspätestens seit der Aufklärung ist eigentlich bekannt, dass Wissenschaft – und damit ist nicht nur die Philosophie gemeint – dafür da ist, Fragen zu stellen, Querverbindungen aufzuzeigen. Skepsis und Vorsicht waren einmal ihr Wesen. Wir können uns nicht einfach selbst entlassen aus der Verantwortung, das Eigentliche hinter den Fakten zu suchen, Informationen miteinander in Beziehung zu setzen und schließlich: eine eigene Haltung zu entwickeln. Das ist herausfordernd, oft strapaziös und langsam. Zu langsam für die Geschwindigkeit, mit der wir entscheiden müssen. Daraus speist sich unsere Verunsicherung und während wir versuchen, irgendwie die richtigen Schritte zu gehen, simmert das Unwohlsein, nicht alles bedacht zu haben, zu wenig zu wissen, die Nadel tanzt auf unserem inneren Kompass, ohne eine klare Richtung vorzugeben.

Das Thema spiegelt sich in mehreren Produktionen der nächsten Spielzeit – so etwa im Schauspiel gleich in der Eröffnung mit Der staubige Regenbogen von Hans Henny Jahnn, in der es um die destruktiven Folgen des Fortschritts für die Umwelt geht und darüber hinaus um die Frage, wie unabhängig „die Wissenschaft“ eigentlich ihre Erkenntnisse gewinnen und vermitteln kann. Die Laborantin wagt sich an die schwierigen ethischen Fragen der Genforschung, A Family Business handelt von den ganz konkreten Auswirkungen globaler atomarer Rüstung auf uns Menschen und Anna Seghers’ Transit ist eine komplexe Auseinandersetzung damit, wie schwer

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