Digitaltag 2018

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ganze Gründerzeit bekanntermassen über 50 Millionen Euro Kapital einsammeln konnten, kommen von Frauenseite oft Fragen in dieser Hinsicht. Sie wollen wissen, ob ihre Geschäftsidee überhaupt das Zeug zu einem Business-Case hat und ob sie damit Investoren gewinnen können. Eine Frage, die mich erstaunt.

Wie antworten Sie? Alex: Es gibt keine Produkte oder Geschäftsmodelle, die per se ein BusinessCase sind. In allererster Linie kommt es auf deine Ambitionen an und darauf, wie gross du das Ganze machen willst. Wenn wir mit Start-up-Investoren sprechen, legen uns diese meist drei Thesen zum tiefen Frauenanteil in der Gründerszene vor. Dürfen wir Sie damit quälen? Alex: Bitte sehr.

Anna Alex Funktion: Co-Gründerin Outfittery Alter: 33 Karriere: Studium in Freiburg und Paris. Startete ihre Karriere bei Rocket Internet in Berlin. In Zürich hatte Alex die IT eines Schweizer Online-Unternehmens geleitet, bevor sie Outfittery startete. Das Unternehmen: Outfittery wurde 2012 gegründet und bedient Kunden in acht Ländern. Zielgruppe sind Männer zwischen 25 und 50 Jahren. Ein persön­ licher Stylist stellt eine Kleiderbox zusammen und schickt sie nach Hause.

Von Bidder: 1 Prozent? Alex: Ein bisschen mehr: 2. Aber egal,

Fotos: Florian Kalotay/13 Photo

welche Zahlen man zu diesem Thema herbeizieht: Es ist immer zu wenig.

Sie bewegen sich beide seit einigen Jahren in dieser Szene. Wie hat sich der Frauenanteil bei den G ­ ründern seither verändert? Alex: Es hat sich ein wenig verbessert. Ich werde öfters von Frauen angesprochen, die gründen möchten, aber noch in der Ideenphase sind. Das ist grossartig.

Aber natürlich geht alles immer noch viel zu langsam.

Um welche Ratschläge werden Sie gebeten? Von Bidder: Ich höre relativ oft von Frauen, dass sie keine Mitgründer finden. Und es gibt das Thema Stabilität: Viele Frauen, die mich anschreiben, sind ein paar Jahre vor der Familienplanung. Sie fragen: Ich könnte jetzt gründen, aber was passiert, wenn es doch nicht klappt? Alex: Weil wir mit Outfittery über die

These eins: Wenn man als junger Mensch, beispielsweise als Uniabgänger oder -abgängerin, eine Firma gründet, muss man den allergrössten Teil seines L ­ ebens diesem Thema widmen. Man reduziert seine Vita komplett auf die Firma, geht mit Tunnelblick durchs Leben. Frauen, besagt These eins, liege das w ­ eniger, sie möchten mehr haben vom Leben. Alex: Wer sagt so was? Wagniskapitalisten, die typischerweise männlich sind. Alex: Ich bin ja gespannt, was da noch kommt. Zur These eins: Sie haben Glück, dass dieser Schwachsinn nicht von Ihnen stammt. Von Bidder: Das ist keine These, das ist eine Beleidigung. Was dieser Ausspruch eigentlich besagen will, ist doch dies: Frauen möchten halt irgendwann Kinder ­haben. Ein schlecht kaschierter Verweis, der die Frauen daran erinnern soll, wie laut ihre biologische Uhr tickt. Obacht, hier kommt These Nummer zwei: Wer gründet und Geld sucht für sein Unternehmen, muss laut t­ rommeln für seine Sache. Und ständig sagen, wie gut man ist. Das Leben als ständiges Pitchen sei etwas, das Männern in der Regel besser liege als Frauen. Sagen VentureKapitalisten. Auch eine Beleidigung? 

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