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DIENSTLEISTUNGEN UND PROJEKTE, LEISTUNGSSPORT Ein Höhepunkt jagt den anderen
Nach den Sommer Paralympics 2021 rückte bereits der nächste Grossanlass in den Fokus: die Winter Paralympics in Peking. Aber auch die Powerchair Hockey Heim-WM zog das internationale Interesse auf sich.
Von Roger Getzmann, Bereichsleiter RSF (Autor: Andreas Heiniger, Leiter Leistungssport)
Pascal Christen und Murat Pelit im Ski Alpin sowie das Curling-Team vertraten die Schweiz an den Paralympics in Peking (China). Die Bilanz fiel durchzogen aus. Es gab weder Medaillen noch Diplomränge. Dass in der Schweiz sämtliche Co vid-Massnahmen eine Woche vor der Abreise nach Peking aufgehoben wurden, sorgte für eine grosse Virenlast, die zu ein paar positiven Fällen und viel Administrationsaufwand im Swiss Paralympics Team führten. Athlet*innen waren zum Glück keine betroffen.
Grosse Freude hingegen bereitete die Powerchair Hockey WM in Sursee. Das Schweizer Team gewann Bronze, der Anlass war einwandfrei organisiert und stiess auf grosses Publikumsinteresse.
Daneben blickt die Sportwelt bereits auf die Paralympics Paris 2024. Nicole Häusler sicherte der Schweiz im Sportschiessen den ersten Quotenplatz.
Auf Seiten der Sportentwicklung lancierten wir das Projekt «Spezialisierung 2028». Mit diesem Projekt möchte Rollstuhlsport Schweiz (RSS) seine Strukturen den neuen Möglichkeiten der Professionalisierung und den daran geknüpften Anforderungen anpassen. Dank des Zugangs von Rollstuhlsportler*innnen zur Spitzensportförderung der Schweizer Armee wird es in Zukunft vermehrt Profis im Rollstuhl geben. Dies erfordert zusätzliche Betreuungs- und Trainingsmöglichkeiten.
Badminton
Seit 2022 können unsere Athletinnen und Athleten auf das Fachwissen von sowohl Marc Lutz als auch neu Karin Suter-Erath zählen. Als ehemalige Topspielerin komplettierte sie das Trainer-Duo und durfte an der WM in Tokio (J) bereits erste Erfolge feiern. Mit Silber im Einzel bestätigte Cynthia Mathez ihre Form. Auch mit ihrer neuen Doppelpartnerin Ilaria Renggli lief es rund – Bronze im Damendoppel. Ilaria Renggli gewann zudem die Bronzemedaille im Einzel und wurde von Swiss Paralympic zur «Allianz Newcomerin des Jahres» gewählt. Ein weiteres Highlight der Saison war die perfekt organisierte SM in Näfels
Basketball
Die Gründung einer Frauen-Nationalmannschaft war zweifellos ein Höhepunkt des Jahres. Angeführt von Nationaltrainerin Eliane Keller freut sich das Team auf die ersten Erfahrungen auf europäischem Parkett. Einmal mehr gewannen die Pilatus Dragons den Schweizer Cup sowie die Meisterschaft. Am nationalen Turnier zu Beginn der Saison mussten sich die Zentralschweizer Drachen allerdings von den Rolling Rebels aus St. Gallen geschlagen geben. Vielleicht war das die Geburtsstunde einer schönen Rivalität.
Bob
Die Piloten Jonas Frei und Christopher Stewart griffen auch im Winter 2021/2022 wieder nach Medaillen. Während sich Routinier Christoph Stewart an der WM in Lillehammer (N) Bronze sicherte, überzeugte Jonas Frei mit dem phänomenalen Triple Weltmeister, Europameister, Gesamtweltcupsieger. Die noch junge Para-Sportart entwickelt sich rasant weiter.
Bogenschiessen
Mit seiner Selektion für die EM und dem 17. Rang hat Pascal Héritier im August 2022 die ersten Schritte im internationalen Wettkampfsport gemacht. Somit hat die Kooperation mit Swiss Archery im Bereich der Trainingszusammenzüge bereits zarte Früchte getragen.
Curling
Dem Schweizer Team gelang es an den Paralympics in Peking nicht, sein Potenzial auszuschöpfen. Die Enttäuschung über den letzten Rang war gross.
Mit Beatrix Blauel und Marcel Bodenmann haben eine renommierte Spielerin und ein erfahrener Curler die Schweiz an der ersten Mixed-Doubles WM vertreten und waren auch Teil des Teams der B-WM (beides in Lohja FIN). Der Aufstieg in die A-Gruppe gelang (noch) nicht, für den Weg an die Paralympics 2026 in MilanoCortina (I) wurden jedoch erste Weichen gestellt.
Fechten
Mehrere Fechtclubs aus allen Landesteilen zeigten grosses Interesse am Rollstuhl-Fechten. Um die Sportart weiterzuentwickeln, wurden regionale Turniere organisiert, bei denen Athletinnen und Athleten im Rollstuhl gegen Fussgänger (sitzend) antreten können, um Wettkampferfahrung zu sammeln.
Frederico De Oliveira, unser langjähriges Aushängeschild, trat nach beinahe zehn Jahren im Fechtsport aus dem Kader zurück. Mit seinem grossen Engagement hat er der Sportart ein Gesicht gegeben.
Golf
Im Bestreben, ein Schweizer «Para Golf»-Team aufzubauen, wurden 2022 in Zusammenarbeit mit PluSport und Swiss Golf die ersten gemeinsamen Aktivitäten geplant. Positiv zu dieser Entwicklung beigetragen hat die Durchführung der ersten «Swiss Golf Open G4D Championship» im Rahmen der «Swiss Golf National Championship».
Unser langjähriger Kaderathlet Urs Bucher gab per Ende 2022 seinen Rücktritt vom internationalen Leistungssport bekannt. Er hat viel zur Entwicklung der Sportart beigetragen.
Handbike
Der mit zwei Weltcup-Stationen und der Europameisterschaft vollgepackte Mai brachte eine Vielzahl von erfreulichen Podestplätzen. Zehn Medaillen konnten sich Sandra Stöckli, Fabian Recher und Benjamin Früh bis zur Saisonhälfte umhängen lassen und nahmen entsprechend zuversichtlich die WM-Vorbereitung in Angriff. In einem Höhentrainingslager mit hervorragender Infrastruktur in Kühtai (A) sammelte das Handbike-Team wichtige Erfahrungen. Ähnliches soll in Zukunft für den letzten Schliff vor Grossanlässen sorgen.
Sieben Handbikerinnen und Handbiker schafften die Selektionshürde für die WM in Kanada. Mit zwei bronzenen Auszeichnungen für Sandra Stöckli hat sich das Team jedoch eher unter Wert geschlagen.


Leichtathletik
Obwohl keine Titelwettkämpfe stattfanden, verblüfften unsere Leichtathletinnen und Leichtathleten 2022 die
Konkurrenz sowohl auf der Bahn wie auf der Strasse. Catherine Debrunner und Marcel Hug sorgten mit vier (von 100 m bis 800 m) respektive zwei Weltrekorden (über 1500 m und 5000 m) für Bahn-Highlights. Zudem brillierte Catherine Debrunner an ihrem Marathon-Debüt und siegte in Berlin und London. Die Freude ist gross, dass neben Manuela Schär nun zwei Schweizerinnen um die Podestplätze im Marathon buhlen. Marcel Hug gelang es nicht nur, alle Marathons dieser Saison für sich zu entscheiden, sondern setzte mit Streckenrekorden in London, Chicago und New York neue Massstäbe. Erneut war er Gesamtsieger der Abbott World Marathon Majors Serie.
Powerchair Hockey
Zweifelsohne war der Höhepunkt des vergangenen Sportjahrs die Heim-WM in Sursee. Die Bronzemedaille ist das wohlverdiente Resultat der umfangreichen Entwicklungsaktivitäten der letzten Jahre. Als Folge der WM erfuhr die Sportart deutlich mehr Sichtbarkeit und konnte damit einen spürbaren Schub im Nachwuchsbereich auslösen. Die nach der WM neu formierte Trainercrew unter der Leitung von Rico Romano löste das langjährige Erfolgsduo Daniel Pulver und Raphaël Mathis ab.
Rudern
Mit einem Orientierungstag für Ruderclubs konnte bei mehreren Clubverantwortlichen das Interesse am Para-Rowing geweckt werden. Der Schweizer Ruderverband ist sehr interessiert, den Sport zu fördern und so werden auch an der Lucerne Regatta am Rotsee zukünftig Para-Rower am Start sein. Der Seeclub Sempach hat sich auch 2022 aktiv am Sportcamp «move on» beteiligt.
Rugby
Der Sportkalender des Schweizer Rugbyteams enthielt drei Höhepunkte: einen beeindruckenden Sieg an der EM der A-Division im Februar, die erstmalige Beteiligung der Low Point-Rugby-Spieler an den World Games (die erste Teilnahme einer Behindertensportart überhaupt) und die Qualifikation für die WM im Oktober. Die Aktivitäten zur Nachwuchsgewinnung hingegen zeigten noch nicht ganz die erhofften Resultate. Am Konzept wird jedoch festgehalten.
Ski Alpin
Für die WM in Lillehammer (N) und die nachfolgenden Paralympics in Peking qualifizierten sich von den sitzenden Athleten Murat Pelit und Pascal Christen. An beiden Wettkampfstätten trafen die Athleten auf extrem schwierige Pistenverhältnisse. Somit erstaunte es nicht, dass es viele Ausfälle gab. Murat Pelit war mit einem 9. Rang im WM-Super-G zufrieden und erklärte seine Karriere nach den Paralympics als beendet.
Am Swiss Disabled Ski Cup nahmen in Veysonnaz, Wildhaus und Sörenberg insgesamt 23 Athletinnen und Athleten teil.
Sportschiessen
Nicole Häusler sicherte der Schweiz den ersten Quotenplatz für die Paralympics in Paris 2024. Die Selektionen für die EM im Februar und die WM im Oktober waren klare Zeichen für die Stimmigkeit ihrer Formkurve. Sämtliche persönlichen Ziele hat die Schützin erreicht, inkl. der ersten Finalqualifikation.

Mit Stefan Amacker betrat ein weiterer Schütze mit grossem Potenzial das internationale Terrain. Er feierte an der WM Premiere und sammelte wertvolle Erfahrungen.
Tennis
Das Damenteam qualifizierte sich zwar erfolgreich für den World Team Cup Final in Portugal, konnte sich dort den Ligaerhalt aber nicht sichern. Ohne ihre Spitzenspielerin Nalani Buob musste sich das Schweizer Team bestehend aus Angela Grosswiler, Gabriela Bühler und Annabelle Ribeaud mit dem elften Platz begnügen.
Die höchstrangierte Spielerin der Schweiz, Nalani Buob, gewann zum ersten Mal das ITF3-Turnier in Biel. Die im Herbst begonnene Spitzensport-RS soll Nalani Buob zudem unterstützen, den Aufstieg in die Top-15 der Welt fortzusetzen.
Tischtennis
Das erste Jahr des neuen Nationaltrainers Fabrice Descloux verlief sehr zufriedenstellend, insbesondere mit einem gezielteren Individualtraining für unsere Athletinnen und Athleten. Auch in diesem Jahr war die SM, welche zusammen mit der FussgängerSchweizer Meisterschaft durchgeführt wurde, ein grosser Erfolg.
Der Höhepunkt der Saison bildete die Teilnahme von Silvio Keller an der WM in Granada (E). Knapp war die Niederlage im Achtelfinal, sie lässt jedoch auf gute Leistungen für das kommende Jahr hoffen.
Wasserski
In dieser Saison durchlebte Christophe Fasel ein Wechselbad der Gefühle. Mit dem Europarekord in der Kategorie «Tricks» bewies er ein weiteres Mal, dass er nach wie vor nach Höherem strebt. Krankheitsbedingt verpasste er leider die EM in Österreich.
WCMX
Ende Jahr fanden die World Championships in Fontana (USA) statt. Lorraine Truong wurde grossartig Weltmeisterin. Dimitri Gross und Emilio Pargätzi belegten die Ränge 5 und 6. Auch davor war das Team sehr erfolgreich und konnte an den beiden Wettkämpfen mit Internationaler Besetzung in Bulle (Kanton Freiburg) und Füssen (D) je einen Sieg nach Hause tragen. Lorraine Truog gewann bei den Women Pro, Dimitri Gross bei den Men Pro.
Nationales Leistungszentrum für Rollstuhlsport (NLR)
Das NLR schaut auf ein weiteres erfolgreiches Jahr zurück mit immer mehr Interaktionen mit und unter den Athletinnen und Athleten. Die Zusammenarbeit und der gegenseitige Austausch mit den verschiedenen Sportarten ist sehr eng und intensiv. Projekte wie das Höhentrainingslager Handbike konnten unterstützt werden.
Leider verzeichnete das NLR eine wichtige personelle Veränderung: Claudio Perret verliess die Sportmedizin. Seine grosse Erfahrung im paralympischen Sport, seine Fachkompetenz sowie seine angenehme Art werden dem Team fehlen.
Nachwuchs
Obwohl vereinzelte Sportarten Nachwuchs verzeichnen konnten, blieb das Thema der Athletengewinnung relevant. Dementsprechend wurde ein sportspezifisches Nachwuchsförderkonzept in der Sportart Handbike erstellt, welches als Schwerpunkt die Athletengewinnung enthält. Dieses Konzept soll als Vor- lage für alle anderen Sportarten dienen. Bis Ende 2023 soll in allen Sportarten ein entsprechendes Konzept vorliegen.

Spitzensportförderung Armee

RSS verzeichnete 2022 fünf Sportsoldaten*innen und zwei Rekrutinnen der Herbst-RS 2022. Des Weiteren stehen zwei remilitarisierte Trainer im Einsatz. Die Zusammenarbeit mit dem Militär ist sehr erfreulich und die Feedbacks der Athletinnen und Athleten äusserst positiv. Es ist für alle Beteiligten ein sehr gelungenes und wertvolles Projekt.
